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Die beiden Hartgesottenen, die dem Apachen so erbarmungslos die Füße rösten, lassen kein Auge von ihrem Gefangenen.
Als Brod Kane nahe genug ist, hört er einen der beiden Kerle fragen: »Woher hast du das Gold? Wo konntest du diese Brocken losbrechen? Sag es uns, Amigo! Wir wollen nichts anderes als eine Beschreibung des Ortes. Spuck es aus! Los, Loco!«
Und weil sich der Indianer nicht bewegt, nicht einmal mit einer Wimper zuckt, nimmt der Weiße noch ein Stück Holz aus dem Feuer. Was er damit machen will, ist klar.
Aber Brod Kane macht nicht mehr mit. Er ist jetzt dicht genug heran, um sich seiner Schüsse sicher zu sein. Er sagt mit trockener Stimme: »Nun, ihr Bastarde, jetzt werdet ihr aufhören!«
Sie zucken zusammen, wollen herumwirbeln, aber dann erstarren sie. Denn sie sind zu erfahren. Sie wissen, dass er sie nicht angeredet hätte, wenn er sie nicht sofort töten könnte. Überdies kennen sie seine Stimme.
Deshalb wenden sie nur ihre Köpfe - mehr tun sie nicht. Und sie sehen, dass er auf sie zielt. Sie wissen auch, dass er einer der wenigen Zwei-Hand-Männer ist, die wirklich mit beiden Waffen gleichzeitig schießen und treffen können.
Langsam erheben sie sich. Ihre Bewegungen sind vorsichtig, doch lauernd.
Brod Kane sagt: »Tretet das Feuer aus! Los! Und zieht ihn weg! Ich sage es nur einmal!«
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Goldwölfe
Vorschau
Impressum
Goldwölfe
Die beiden Hartgesottenen, die dem Apachen so erbarmungslos die Füße rösten, lassen kein Auge von ihrem Gefangenen.
Als Brod Kane nahe genug ist, hört er einen der beiden Kerle fragen: »Woher hast du das Gold? Wo konntest du diese Brocken losbrechen? Sag es uns, Amigo! Wir wollen nichts anderes als eine Beschreibung des Ortes. Spuck es aus! Los, Loco!«
Und weil sich der Indianer nicht bewegt, nicht einmal mit einer Wimper zuckt, nimmt der Weiße noch ein Stück Holz aus dem Feuer. Was er damit machen will, ist klar.
Aber Brod Kane macht nicht mehr mit. Er ist jetzt dicht genug heran, um sich seiner Schüsse sicher zu sein. Er sagt mit trockener Stimme: »Nun, ihr Bastarde, jetzt werdet ihr aufhören!«
Sie zucken zusammen, wollen herumwirbeln, aber dann erstarren sie. Denn sie sind zu erfahren. Sie wissen, dass er sie nicht angeredet hätte, wenn er sie nicht sofort töten könnte. Überdies kennen sie seine Stimme.
Deshalb wenden sie nur ihre Köpfe – mehr tun sie nicht. Und sie sehen, dass er auf sie zielt. Sie wissen auch, dass er einer der wenigen Zwei-Hand-Männer ist, die wirklich mit beiden Waffen gleichzeitig schießen und treffen können.
Langsam erheben sie sich. Ihre Bewegungen sind vorsichtig, doch lauernd.
Brod Kane sagt: »Tretet das Feuer aus! Los! Und zieht ihn weg! Ich sage es nur einmal!«
Sie gehorchen. Einer tritt das Feuer auseinander. Der andere Hartgesottene bückt sich, zieht ein Messer aus dem Stiefelschaft und schneidet die Schnüre durch, mit denen die Beine des Gefangenen an in den Boden gerammten Pflöcken festgebunden sind. So war es leicht für sie, ihm die Füße zu verbrennen.
Der Apache stöhnt erleichtert.
Die drei Weißen aber betrachten sich wieder. Die beiden Hartgesottenen besitzen noch immer ihre Waffen. Jener, der den Gefangenen losschnitt, lässt die Hand, in der er noch immer das Messer hält, langsam sinken.
Brod Kane grinst.
»Den Messertrick kenne ich auch«, sagte er. »So von unten nach vorn zischen lassen nicht wahr? Versuch es mal, Hombre! Versuch es!«
Wieder betrachten sie sich.
»Ihr seid doch Sego Ballanger und Johnny Hannagan«, sagt Brod Kane. »Und euer toter Partner dort drüben ist Bob Flint. Die Armee hat mich angeworben, um euch hinter die Schliche zu kommen. Ich kriege eine Prämie für euch, und weil ich dagegen bin, dass Weiße den Apachen Waffen verschaffen, verdiene ich mir diese Prämie sogar ganz gern. Wollt ihr tot oder lebendig nach Fort Apache gebracht werden?«
Sie zögern. Lauernd wägen sie ihre Chancen ab. Dass er ihnen bisher die Waffen ließ, bedeutet nicht viel, weil er seine schussbereit hält.
»Gib uns eine Chance, Mister«, verlangt Ballanger. »Du bist doch Brod Kane, Gun-Kane. Gib uns eine Chance, denn wir sind mit dem Colt nicht so gut wie du. Sei fair!«
Da grinst er wieder.
»So fair wie ihr, nicht wahr?«, fragt er, aber er erwartet keine Antwort. »Ich möchte euch nicht tot nach Fort Apache transportieren müssen«, spricht er weiter. »Bis Fort Apache muss man fünf Tage lang reiten. Ihr würdet gegen den Himmel stinken, käme ich mit euch hinunter zur heißen Ebene unterhalb des Rim. Überdies bekommt ihr von der Armee erst noch eine faire Verhandlung, bevor ihr gehängt werdet. Na, wie wollt ihr es haben?«
Sie zögern immer noch, lauern und überlegen.
Aber da sagt der Apache plötzlich: »Töte sie, Kane, töte sie! Dann gehört dir das Gold, welches ich ihnen für die Waffen gab. Es ist viel Gold! Es ist wertvoller als die Prämie. Du brauchst sie nicht nach Fort Apache zu bringen. Du hast das Gold, wenn sie tot sind. Gold!«
Der Apache beherrscht die englische Sprache gut. Aber er spricht sie mit spanischem Akzent.
»Du bist Loco«, sagt Kane. »Du bist jener einflussreiche Häuptling, der über Nacht bekannt wurde und zu dem die Krieger aller Stämme stoßen, weil sie ihn für einen neuen Messias halten.«
Der Apache – er ist nicht nur an seinen Füßen durch das Feuer so grausam verletzt worden, sondern auch noch an der rechten Schulter verwundet – nickt.
»Ja, ich bin Loco«, sagt er. »Und ich habe schon von dir gehört, Kane. Du arbeitest manchmal für die Armee. Du hast schon so manchen Soldaten vor dem sicheren Tod bewahrt. Du kannst reich werden, Kane, unwahrscheinlich reich. Aber du musst sie jetzt töten und mir vertrauen. Das Gold, das ich ihnen für die Waffen gab, ist nur eine kleine Anzahlung. Los, Kane! Schnell! Töte diese Hundesöhne! Töte sie!«
Kane bekommt schmale Augen, und er scheint zu zögern.
Da heben Sego Ballanger und Johnny Hannagan wie auf ein Kommando ihre Hände, und sie heben sie hoch, damit es keine Missverständnisse geben kann. Hannagan sagt heiser: »Das wäre Mord, Kane! Richtiger Mord! Darf ein Armeescout morden? Es ist deine Pflicht, uns unversehrt der Armee zu übergeben! Das ist deine verdammte Pflicht!«
»Mach dir nur keine Sorgen über meine Pflichten, Hannagan«, murmelt Brod Kane. »Nehmt die Pfoten herunter, und löst die Schnallen eurer Waffengurte. Macht aber alle Bewegungen langsam. Los!«
Sie gehorchen.
Als die Waffengurte am Boden liegen und sie einige Schritte zurücktreten müssen, sagt Ballanger: »Kane, sei nur kein Narr! Loco brachte uns Gold für die Waffen. Sieh es dir an! Das ist kein Goldstaub, den man aus einem Creek waschen konnte. Das sind auch keine Nuggets aus einer Goldtasche oder einem Goldnest. Diese Goldbrocken stammen von einer dicken Goldader. Es ist reines Gold. Man kann es mit dem Messer leicht kerben. Dieser rote Hundesohn kennt eine Goldader. Wenn wir zusammenhalten, Kane, können wir alle reich werden. Allein könntest du es gar nicht schaffen. Du brauchst tüchtige Partner, die sich in diesem Land mit den Apachen auskennen. Wir sind richtig, und wenn du erst einmal auf die dämliche Armee pfeifst, werden wir gute Partner sein. Wo das Gold herkommt, muss es so viel geben, dass wir es gar nicht auf einmal fortschaffen können. Es ist genug da! Vielleicht für mehr als ein Dutzend Partner. Denn wir glauben, dass Loco den sagenhaften ›Goldenen Canyon‹ gefunden hat. Begreifst du das, Kane?«
Der nickt, dann grinst er wieder.
»Ihr habt Pech, Jungs«, sagt er. »Hinter mir kommt Lieutenant Herb Blayne mit einer Patrouille. Sie haben jetzt gewiss schon mein Pferd gefunden, das ich dort hinten ließ, und auch der Ring um dieses Camp ist inzwischen sicher schon geschlossen. Was nun geschehen wird, kann ich nicht mehr beeinflussen ...«
»Du Hundefloh, wir dachten, wir hätten es nur mit dir zu tun«, unterbricht ihn Hannagan.
Doch Ballanger sagt schnell: »Mit dir zusammen nehmen wir es auch mit einigen Pferdesoldaten auf, Kane. Los, gib uns eine Chance, wenn du ans Gold herankommen möchtest.«
»Die Patrouille stieß erst vor wenigen Stunden auf eure und meine Fährte«, sagte Kane. »Und Lieutenant Herb Blayne ist kein milchgesichtiger Knabe aus West Point. Blayne war achtzehn Jahre Soldat, bis sie ihn endlich aus dem Sergeantstand zum Offizier machten. Seinem Alter und seinem Können nach müsste er Colonel sein. Er ist der Kommandant von Camp Concho am Concho Lake, und er geht von dort aus selbst auf Patrouille. Aber ich habe den Auftrag, euch nach Fort Apache zu schaffen. Dies muss auch Lieutenant Blayne respektieren.«
Er hat kaum ausgesprochen, als eine harte Stimme aus den Felsen in die Senke herunterruft: »He, Kane, haben Sie Schwierigkeiten?«
»Nein, Blayne«, erwidert Brod Kane.
Er, seine beiden weißen Gefangenen und auch der Apache Loco betrachten die Patrouille und den Lieutenant. Sie kommen von allen Seiten in die Senke herunter. Der Lieutenant hat seine Männer gut verteilt. Und was für Männer sind das? Es sind die härtesten und erfahrensten Reiter, die sich ein erfahrener Grenzoffizier aussuchen durfte. Die meisten Soldaten wirken äußerlich ziemlich nachlässig. Sie tragen ihre Hosenträger über den Reithemden, was eigentlich verboten ist. Aber sie sind scharfäugige Apachenkiller, erfahrene Kämpfer und zähe Reiter. Es sind zwölf Mann, und das ist schon fast die halbe Besatzung von Fort Concho.
Sie haben auch Brod Kanes Pferd mitgebracht, und wahrscheinlich haben sie erst an diesem grauen und narbigen Wallach erkannt, dass sie Brod Kanes Fährte verfolgen, der wiederum einer anderen Fährte folgt.
Lieutenant Herb Blayne kommt auf einem stämmigen Braunen angeritten. Als er aus dem Sattel klettert, schnauft er zufrieden. Er ist bullig, starkknochig und rothaarig. Seine hellen Augen liegen tief unter buschigen Brauen verborgen. Sein Gesicht ist dunkel, voller harter, tiefer Linien und Narben. Dieser Lieutenant strömt eine grimmige Härte aus.
Als er den Hut abnimmt und sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn wischt, erkennt man, dass sein verklebtes Haar einst blond war, jetzt aber grau ist.
Auf seinen stämmigen und leicht gekrümmten Beinen wandert er umher, sieht sich alles an, nickt grimmig dem Apachen zu und findet schließlich auch die Lederbeutel mit den Goldbrocken. Er untersucht und prüft sie lange.
Dies alles geschieht wortlos. Schweigend warten auch seine Männer, die immer noch in der Runde verteilt sind. Aber ihren scharfen Augen entgeht nichts.
Brod Kane sieht sie sich alle der Reihe nach an. Einige kennen ihn, grüßen ihn grinsend mit einem Kopfnicken. Mit dem Sergeant Mel Mulford tauscht Kane einen längeren Blick aus. Denn mit ihm ist er fast befreundet. Und Mulford ist jetzt das, was Blayne war, bevor er Lieutenant wurde, nämlich ein eisenharter, erfahrener und durch nichts mehr zu erschütternder Sergeant im Apachenland. Aber auch Mel Mulford sagt nichts, beobachtet nur.
Der Lieutenant sieht sich auch die drei toten Apachen und den toten Weißen an, untersucht die Packlasten der sechs Maultiere und nimmt sogar einige Gewehre in die Hand.
Während dies geschieht, wächst die Spannung. Denn dieser grauköpfige eisenharte Lieutenant ist gewissermaßen der Herrgott. Er hat Befehlsgewalt über die ihm unterstellten Soldaten und Weisungsbefugnisse über alle Weißen. Denn hier ist Kriegsgebiet.
Wie dieser Lieutenant auch entscheiden wird – gut oder schlecht, klug oder dumm –, alle sind davon betroffen.
Er betrachtet die beiden weißen Gefangenen mit einem schrägen Blick. Dann sieht er Kane an.
»Im Auftrag der Armee?«, fragt er. »Reiten Sie für die Armee, Kane?«
»Ich sollte herausfinden«, sagt Kane, »wer den Apachen seit einiger Zeit moderne Waffen liefert und womit die Apachen bezahlen. Ich habe den Auftrag, überlebende Gefangene nach Fort Apache zu bringen. Der Apache dort ist Loco. Sie können mir zwei oder drei Reiter mitgeben, Blayne. Dann schaffe ich das schon bis ...«
»Wir werden sehen«, unterbricht ihn der Lieutenant. »Wir werden sehen, Kane. Erst einmal bleiben wir hier bis morgen.«
Er wendet sich seinem Sergeant zu. »Biwak, Sergeant! Stellen Sie vier Posten auf. Die Leichen werden begraben. Der Sanitäter soll sich um die Wunden des Apachen kümmern. Die beiden Gefangenen bekommen Handschellen.«
Nachdem er dies gesagt hat, geht er wieder dorthin, wo die beiden Ledersäckchen mit dem Gold liegen. Er nimmt in jede Hand einen und geht damit zu einem roten Felsen hinüber, bei dem er sich niedersetzen und mit dem Rücken anlehnen kann.
Sego Ballanger ruft plötzlich wild und scharf über das ganze Camp: »Das ist Adergold! Wo das herkommt, ist noch mehr! Loco hat den sagenhaften ›Goldenen Canyon‹ entdeckt! Jungs, wir können allesamt Millionäre werden! Und wir – mein Partner und ich – wissen ungefähr, wo Loco und dessen Horde ihr Camp haben! Wir wissen, wo sie sich aufhalten. Es muss in der Nähe des Goldes sein. He, ihr Pferdesoldaten, denkt mal richtig nach! Wollt ihr je nach Dienstgrad für zehn oder zwanzig Dollar im Monat für die verdammte Armee reiten oder zwei Millionen in Gold bekommen? Jeder von euch kann ...«
Er kommt nicht weiter. Denn Sergeant Mel Mulford versetzt ihm einen Tritt. Der Sergeant sagt dabei kein Wort.
Auch alle anderen schweigen. Sie blicken auf den verwitterten Lieutenant. Sie alle sehen, dass er sich ein paar Goldbrocken aus dem Beutel holt und das Metall sorgfältig prüft.
Plötzlich richten sich alle Blicke auf den Apachen, den der Sanitäter der Patrouille versorgt. Der Rote liegt mit geschlossenen Augen da und scheint bewusstlos zu sein. Sie alle begreifen, dass der Apache der Schlüssel zum Gold ist.
Brod Kane, der sein Pferd im Schatten zweier Bäume festband, geht mit seiner Wasserflasche zum Creek, füllt sie, wäscht sich das Gesicht und begibt sich dann mit der Wasserflasche zum Lieutenant. Er hockt sich dicht neben ihm an den Felsen, trinkt einige Schlucke, dreht sich eine Zigarette, raucht diese halb und sagt dann: »Das ist ein Problem, nicht wahr, Blayne?«
Die kleinen, harten Augen des Lieutenants betrachten ihn kalt: »Wie meinen Sie das, Revolvermann?«
»Man kann es drehen und wenden, wie man will«, murmelt Kane. »Man kann es von oben, von unten und von allen möglichen Seiten betrachten, es ist ein Problem. Sie kennen die Sage vom ›Goldenen Canyon‹, nicht wahr? Jeder Mensch in diesem Land, der lange genug hier gelebt hat, hat schon einmal die Legende gehört. Seitdem man die Reste der Spanier und das Gold in der Höhle fand, weiß man ziemlich sicher, dass es ihn irgendwo geben muss. Und wir sind dicht daran, es herausfinden zu können. Das weiß jeder von uns.«
»Na und?«, fragt Herb Blayne. »Was mich betrifft, so habe ich als Offizier der Union die Pflicht, herauszufinden, woher die Apachen das Gold haben, mit dem sie sich immer wieder neue Waffen in großen Mengen beschaffen können. Wenn wir einen großen Aufstand verhindern wollen, bei dem die Apachen dann besser ausgerüstet sein würden als die Armee, muss ich das Gold finden. Das ist meine Pflicht.«
Brod Kane nickt. »Sicher«, sagt er. »So ist es!«
Sie tauschen noch einen Blick aus, dann erhebt sich der Lieutenant, um das Camp zu inspizieren.
Broderick Kane sieht ihm nachdenklich nach. Er weiß eine Menge über Herb Blayne. In der Armee hier im Südwesten ist Lieutenant Blayne eine bekannte und schon fast legendäre Gestalt. Es gibt viele Geschichten über Blayne, die man sich in allen Quartieren, in den Kantinen und an den Campfeuern erzählt.
Es gibt auch Dutzende von Offizieren, die heute schon Captain oder gar Major sind, aber als junge Lieutenants das Glück hatten, den damaligen Sergeant Blayne als Schutzengel und Lehrmeister zu haben – und die deshalb von allen Patrouillen lebend zurückkamen.
Dieser Herb Blayne hat für die Armee im Südwesten eine Menge getan und nicht nur für die Armee, sondern auch für die weiße Bevölkerung. Aber dennoch erhält er den kargen Sold eines Lieutenants, muss in jeder Offiziersmesse ganz unten am Tisch bei den jungen Offizieren sitzen und wird eines Tages mit einer lächerlich winzigen Pension entlassen werden.
Doch auch ein Mann wie Lieutenant Herb Blayne, ein Mann, der in der Armee grau wurde und dabei einsam blieb – auch solch ein Mann hat Wünsche.
Und jeder Mann in diesem Camp hat Wünsche.
Und schon immer haben Menschen vom Gold die Erfüllung aller Wünsche erwartet – von Wünschen, die bisher für sie nur unerfüllbare Träume waren, doch nun plötzlich in greifbare Nähe rückten.
Kane sieht auf die Soldaten. Es entgeht ihm nicht, dass deren Blicke sich immer wieder auf die beiden Beutel mit Gold richten, die der Lieutenant zuband und die er neben Kane am Felsen liegen ließ.
Wenn wir den »Goldenen Canyon« oder auch nur eine dicke Goldader finden sollten, dann wird sich jeder von uns in einen gierigen Goldwolf verwandeln, denkt Kane. Jeder, auch ich.
✰✰✰
Nach dem Abendessen schlägt Sergeant Mel Mulford sein Lager neben Broderick Kane auf, der schon auf seiner Decke liegt und Kopf und Nacken auf seinen Sattel gebettet hat. Kane raucht und blickt zu den Sternen auf. Die beiden Männer befinden sich außerhalb des Feuerscheins und abseits der anderen Männer.
Sergeant Mel Mulford, der schweigsam ist und bei dessen Anblick man unwillkürlich an ein zähes, knochiges, eisenhartes und störrisches Armee-Maultier denken muss, murmelt nach einer Weile: »Den juckt es nach dem Gold nicht weniger als jeden von uns, Brod. Dies ist die Chance, auf die jeder Hundefloh, der bei der verdammten Armee eine Zuflucht fand, nur gewartet hat. Und von hunderttausend Soldaten, die überall auf dem Kontinent verteilt sind, haben wir diese Chance, nur wir! Brod, wenn wir die Goldader finden oder gar den ›Goldenen Canyon‹, was wird dann sein? Was glaubst du? Wir sind alte Freunde, Brod, nicht wahr? Wir haben oft miteinander in den schlimmsten Saloons Pumaspucke gesoffen und all die haarigen Jungs hinausgeprügelt. Wir sind oft auf Patrouille geritten, du als Scout und ich als Sergeant. Wir konnten uns aufeinander immer verlassen. Brod, daran sollten wir jetzt besonders denken. Du und ich, wir bringen eine Menge auf die Beine, nicht wahr?«
»Ja«, sagt Brod Kane. Und nach einer Weile fügt er hinzu: »Warten wir ab, alter Pferdesoldat. Und denk darüber nach, ob du deinen Eid brechen würdest für einen Haufen Gold. Denk mal darüber nach.«
»Wenn ich Millionär wäre«, sagt Mel Mulford, »könnte ich – ach ich könnte eine solche Menge, dass es mir zu viel ist, es aufzuzählen. Und ich brauche nicht mehr darüber nachzudenken. Brod, der Lieutenant lässt dich nicht mit deinen Gefangenen nach Fort Apache reiten. Und er findet sogar eine logische Erklärung für seine vorläufigen Absichten, die mit Sicherheit die Billigung des Colonels in Fort Apache finden würden. Er muss den Apachen den Goldschatz nehmen, um zu verhindern, dass die Apachen schon bald einen Krieg führen, in dem sie die besseren Waffen besitzen und es ihnen auch nicht an anderer Ausrüstung und Proviant fehlt, so wie es zumeist bisher war. Mit einigen Millionen an Gold könnten sie der Armee eine Menge Verdruss bereiten. Der Lieutenant handelt richtig. Es fragt sich nur, was sein wird, wenn ...«
»Dann können wir darüber uns immer noch den Kopf zerbrechen, Sergeant«, sagt Brod Kane, und in seiner Stimme ist ein Beiklang von Wildheit und Härte, den der alte Sergeant genau spürt.
Sie unterhalten sich nicht weiter.
Im Camp schläft bald alles. Nur die Posten rufen sich manchmal an, wie es Vorschrift ist bei der Armee.
Der Lieutenant schläft bei den Felsen und den beiden Beuteln mit Gold. Jeder im Camp weiß es.
Kurz vor Morgengrauen ertönt dann der wilde Schrei, der das Camp weckt. Alle springen hoch. Sie hören das stöhnende Ausatmen eines Sterbenden, und sie glauben, dass sich ein Apache zwischen sie geschlichen haben könnte, um den Lieutenant zu töten oder den gefangenen Loco zu befreien, denn das stöhnende Ausatmen und der wilde Schrei zuvor kamen von dort, wo der Lieutenant bei den Felsen sein Lager aufgeschlagen hat.
Mel Mulfords Stimme tönt dann über das Camp, während sie alle verharren, nach allen Seiten sichern und auf einen Angriff warten. Mulford fragt trocken: »Lieutenant, was ist?«