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Die ersten dreizehn Runden verlaufen ziemlich ausgeglichen. Keiner der beiden Preisboxer kann besondere Vorteile für sich verbuchen.
Aber es ist ein gewaltiger Kampf. Darüber sind sich alle Zuschauer einig. Hier am Fluss kämpfen wahrhaftig die beiden größten Preiskämpfer, die man zwischen der Ostküste und dem Mississippi je gesehen hat.
Man kämpft noch mit den bloßen Fäusten. Und jede Runde endet mit dem Niederschlag eines der beiden Kämpfer. Wenn der Niedergeschlagene zur nächsten Runde antritt, geht der Kampf weiter.
Bisher ging Ken Maddegan sechsmal zu Boden. Sein Gegner Rude Stonebreaker musste siebenmal auf die Planken des großen Floßes, das zwischen zwei Landebrücken verankert wurde. Das Ufer, die beiden Landebrücken und einige Schiffe, die im Fluss ankern, sind voller Zuschauer. Der ganze Kampf ist ein Volksfest, ein gewaltiges Spektakel. Und Ken Maddegan muss nun zum siebten Mal auf die Bretter. Wie wird es weitergehen?
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Seitenzahl: 155
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Maddegan, der Mann vom Fluss
Vorschau
Impressum
Maddegan,der Mann vom Fluss
Die ersten dreizehn Runden verlaufen ziemlich ausgeglichen. Keiner der beiden Preisboxer kann besondere Vorteile für sich verbuchen.
Aber es ist ein gewaltiger Kampf. Darüber sind sich alle Zuschauer einig. Hier am Fluss kämpfen wahrhaftig die beiden größten Preiskämpfer, die man zwischen der Ostküste und dem Mississippi je gesehen hat.
Man kämpft noch mit den bloßen Fäusten. Und jede Runde endet mit dem Niederschlag eines der beiden Kämpfer. Wenn der Niedergeschlagene zur nächsten Runde antritt, geht der Kampf weiter.
Bisher ging Ken Maddegan sechsmal zu Boden. Sein Gegner Rude Stonebreaker musste siebenmal auf die Planken des großen Floßes, das zwischen zwei Landebrücken verankert wurde. Das Ufer, die beiden Landebrücken und einige Schiffe, die im Fluss ankern, sind voller Zuschauer. Der ganze Kampf ist ein Volksfest, ein gewaltiges Spektakel.
Und Ken Maddegan muss nun zum siebten Mal auf die Bretter. Wie wird es weitergehen?
Dies fragen sich viele Zuschauer nicht nur aus Neugierde oder aus Sympathie für den einen oder anderen der beiden Kämpfer. Nein, es steht für viele dieser Zuschauer auch noch eine Menge Geld auf dem Spiel. Denn die Wetten sind hoch.
Auch der Preiskämpfer Ken Maddegan hat gewettet, und weil er ein ehrlicher Mann ist, wettete er auf seinen eigenen Sieg. Es wäre einfacher gewesen, auf den Sieg des Gegners zu setzen und sich nach einigen Runden kampfunfähig zu stellen. Dann wäre der Einsatz schnell verdoppelt worden, denn die Wetten standen für seinen Gegner.
Doch das ist nicht Maddegans Art.
Er weiß, dass Hunderte ihr ganzes Geld auf seinen Sieg wetteten.
Und er ist nicht der Mann, der Vertrauen mit Verrat erwidert. Nein, diese Ehrenhaftigkeit und diesen Stolz hat er sich bewahrt. Deshalb wettete er auf seinen Sieg.
Und er wettete all seine Ersparnisse aus all seinen Kämpfen. Das machte er immer so. Bisher gewann er stets, verdoppelte seinen Einsatz zumeist.
Für ihn stehen elftausend Dollar auf dem Spiel.
Wenn er gewinnt, wird er zweiundzwanzigtausend Dollar besitzen – verliert er, wird er wieder ganz am Anfang stehen und somit um Jahre zurückgeworfen sein.
Seine beiden Betreuer haben ihn auf die Bank gesetzt. Sie arbeiten emsig an ihm und mühen sich, ihn wieder innerhalb der Minutenfrist kampffähig zu machen.
Shorty ruft ihm ins Ohr: »He, Ken, hörst du mich? Bist du wieder da?«
Er nickt nur, und er hört Shorty leiser sagen: »Du musst mit der Rechten seinen linken Haken abblocken und mit der Linken voll reinhauen! Dreh dich dabei, damit du dein Gewicht hinter die Ramme setzen kannst. Hast du verstanden?«
Ken Maddegan nickt.
In seinem Kopf wurde indes alles wieder klar. Er hat den Niederschlag verdaut, und er weiß, dass er die Schmerzen von Rude Stonebreakers Schlägen erst später richtig spüren wird. Einige neue Narben werden hinzukommen.
Er muss sich erheben, denn die fünfzehnte Runde beginnt. Die Zuschauer brüllen und johlen. Die Menge ist wie verrückt.
Er dreht sich langsam um, wartet auf Rude Stonebreakers Angriff. Stonebreaker umkreist ihn und bewegt dabei rhythmisch seine Fäuste, als wären es die beiden Kolben einer Lokomotive.
Stonebreaker ist größer und schwerer als Maddegan. Er wiegt gewiss an die zweihundertdreißig Pfund und hat einen glatt rasierten Kopf. Sein Vollmondgesicht bekommt durch einen Mongolenbart, der ihm über die Mundwinkel hängt, ein asiatisches Aussehen.
Aber er ist deutscher Abstammung, ein Mann, dessen Vorfahren daheim in Germany Steinbrecher hießen.
Er ist hart und kennt keine Gnade, und dennoch kämpft er fair. In Stonebreakers Augen erkennt Maddegan eine absolute Zuversicht und den Glauben an den Sieg.
Dann greift Stonebreaker plötzlich an, lässt seine Fäuste fliegen.
Darauf aber hat Maddegan gewartet. Jetzt gelingt ihm auch, was Shorty ihm vorhin riet. Er blockiert Stonebreakers Linke.
Und als Stonebreaker mit der Rechten nach seinem Kopf schlägt, ist Stonebreakers Leberpartie einen Moment ungedeckt. Maddegan duckt diese Rechte ab und rammt ihm seine Linke auf die ungedeckte Leberpartie. Er dreht sich dabei aus der Hüfte heraus, bleibt jedoch mit den Füßen fest auf dem Boden stehen, setzt seine hundertneunzig Pfund Gewicht hinter diesen Schlag.
Stonebreaker fällt auf die Knie und stützt sich mit beiden Händen auf die Planken. Dies gilt als Niederschlag. Die fünfzehnte Runde ist beendet.
Er geht zu der Bank und seinen beiden Betreuern zurück.
»Siehst du«, sagt Shorty zu ihm, »so muss man es machen. Was habe ich dir gesagt?«
Maddegan setzt sich, lässt sich trocken reiben und das Gesicht waschen. Er blutet aus einigen Rissen und Abschürfungen. Aber er nimmt nicht wahr, was Shorty und Riley mit ihm machen. Er beobachtet Rude Stonebreaker auf der anderen Seite, sieht, dass sie ihn wieder einigermaßen auf die Beine bekommen. Die sechzehnte Runde hat begonnen, und nun umkreist er Stonebreaker. Er darf ihm keine Erholung gönnen. Stonebreakers Blick verrät immer noch Schmerz. Sein linkes Bein scheint fast unbeweglich zu sein. Vielleicht ist seine ganze linke Seite, von der Lebergegend ausgehend, ein einziger Schmerz.
Maddegan greift an. Er schlägt nach Stonebreakers Kopf – und dann trifft er ihn noch mal auf die Leber. Es ist fast der gleiche Schlag. Stonebreaker stöhnt abermals schmerzvoll.
Alles wiederholt sich.
»Jetzt hast du ihn«, sagt Shorty und hält ihm die Flasche hin. »Willst du einen Schluck, Tiger?«
Maddegan nimmt die Flasche und trinkt. Ja, er hat einen schalen Geschmack im Mund. Der Tee, den Shorty stets in der Flasche bereithält, erfrischte ihn bisher immer sehr. Und er wird ihm auch den schalen Geschmack im Mund nehmen.
Er schmeckt heute etwas bitter, dieser Tee. Maddegan nimmt noch einen zweiten Schluck, um herauszufinden, ob der Tee heute so bitter schmeckt wie noch nie zuvor oder er sich dies beim ersten Schluck nur eingebildet hat.
Er möchte zu Shorty sagen, dass der Tee heute so bitter ist, denn auch nach dem zweiten Schluck schmeckt er das deutlich in seinem Mund – aber da beginnt die siebzehnte Runde.
Er erhebt sich und nähert sich dem Gegner.
Stonebreaker wirkt nun noch müder, angeschlagener.
Maddegan macht sich wieder daran, ihn so hart wie nur möglich zu treffen. Er kommt sich wie ein Schlächter vor, wie ein primitiver Steinzeitmensch. Denn der Gegner kann sich kaum noch wehren – nur versuchen, möglichst lange auf den Beinen zu bleiben und sich immer wieder nach einer Rundenpause zu stellen.
Maddegan trifft ihn einige Mal am Kopf, dann auf die empfindlichen Körperpartien. Stonebreaker brummt schmerzvoll, schwankt, tappt schwerfällig herum, versucht zu kontern – aber er ist zu angeschlagen.
Aber mit Maddegan passiert nun etwas. Er spürt eine jähe Müdigkeit. Sie ist plötzlich in all seinen Gliedern. Die Luft wird ihm knapp. Er kann sich nur noch langsam bewegen.
Verdammt, was ist mit mir los? Dies fragt er sich. Warum mache ich jetzt plötzlich schlapp? Was ist das? Was ist los mit mir?
Panik will ihn erfassen. Er zwingt sich mit aller Energie, bewegt sich noch schneller und trifft Stonebreaker mehrmals.
Aber seine Schläge haben keine Kraft mehr. Sie tönen nicht mehr trocken und hart. Sie klatschen mehr, und er kann in Stonebreakers Blick eine dumpfe Verwunderung erkennen. Seine Fäuste scheinen plötzlich Zentner zu wiegen. Er kann sie kaum noch heben. Mehrmals schlägt er an Stonebreakers Kopf vorbei, obwohl Stonebreaker sich kaum bewegt.
Was ist mit mir los? So denkt Maddegan, und dieser Gedanke ist wie ein Schrei in ihm.
Stonebreaker nähert sich ihm jetzt, holt weit aus. Maddegan kann dem Schwinger nicht ausweichen. Er sieht ihn kommen und ist wie gelähmt, nimmt ihn voll.
Es ist kein besonders schwerer Schwinger, denn Stonebreaker fehlt es an Kraft. Normalerweise hätte Maddegan diesen Schwinger grinsend weggesteckt. Aber jetzt geht er zu Boden.
Die Runde ist aus.
Shorty und Riley müssen ihn hochheben und zur Bank schleifen.
»Was ist denn los mit dir?« Dies fragt Shorty. Er hält ihm die Flasche mit dem Tee vor den Mund. »Trink mal! Der macht dich vielleicht frisch! Das ist gewiss nur ein vorübergehender Schwächeanfall!« Aber Maddegan will nicht trinken.
»Sauf es selbst«, keucht er, »sauf das verdammte Zeug doch selbst!«
Shorty flucht ärgerlich. Indes arbeiten er und Riley fieberhaft an Maddegan. Sie massieren ihn, waschen ihn mit gutem Ohio-Wasser, das man vom Floß aus mit einem Eimer aus dem Fluss schöpfen kann.
Riley leert sogar einen halben Eimer über Maddegans Kopf aus. Das macht ihn etwas munterer. Als die nächste Runde beginnt und er sich erhebt, wirkt er etwas frischer. Er geht um Stonebreaker herum und trifft diesen mehrmals, jedoch nicht hart genug. Es fehlt ihm an Kraft.
Dann bekommt er Stonebreakers Hammer gegen die Schläfe.
Maddegan fällt.
Von diesem Moment an weiß er nichts mehr.
✰✰✰
Das Erwachen ist schlimm. Er erwacht wie ein Betrunkener, der unter die Hufe eines Gespannes und die Räder eines Wagens kam. Und der bittere Geschmack in seinem Mund ist wie pure Galle.
Der bittere Geschmack in seinem Mund zwingt ihm die Erinnerung auf.
Er setzt sich auf und wischt sich mehrmals übers Gesicht, reibt sich die Augen. Es ist Nacht. Über ihm sind die Sterne. Drüben, weiter flussabwärts noch im Schutze des Flussbogens, da leuchten die Lichter der Stadt.
Er liegt noch auf dem Floß, auf dem er seine größte Niederlage erlitt.
Als er sich aufsetzt, stöhnt er leise.
Jemand sagt: »Jetzt ist er aufgewacht. Wir brauchen ihn also nicht in den Fluss zu werfen. Er ist aufgewacht.«
Er sieht empor und in die Runde.
Ja, da sind einige menschliche Schatten oder Silhouetten in der Nacht. Aber sie halten sich nicht zwischen ihm und den Lichtern der Stadt auf – nein, die haben den dunklen Fluss im Hintergrund.
»Was ist los?«, fragt er heiser und kennt seine Stimme kaum. »Shorty, wo bist du? Riley?«
Er erhält weder von Shorty noch von Riley eine Antwort und begreift, dass er hier offenbar mit Fremden allein auf dem Floß ist, auf dem sein Kampf gegen Stonebreaker stattfand.
»Steh auf, Boxer«, sagt eine Stimme zu ihm. »Du wirst Shorty und Riley gleich wiedersehen. Gehen wir! Oder sollen wir dich vorher erst noch in den Fluss werfen, damit du munterer wirst? Das kannst du haben. Willst du?«
Er knurrt nur und kommt schwankend auf die Füße. In seinem Kopf dreht es sich. Aber sie lassen ihm noch etwas Zeit. Wahrscheinlich wissen sie, wie ihm ist.
Er stolpert dann über einige Dinge, die auf dem Floß liegen. Es sind Flaschen, Steine und Holzstücke, wie jeder Fluss sie als Treibgut ans Ufer wirft.
Er begreift, dass die Zuschauer vor Enttäuschung ein wahres Bombardement auf das Floß und auf ihn nieder hageln ließen, wobei sie alles warfen, was sie in die Hände bekommen konnten.
Er stellt fest, dass es zwei Männer sind, die ihn gewissermaßen in ihre Gewalt brachten. Nun, vor zwei Mann hat er sich nie gefürchtet – und auch nicht fürchten müssen. Doch jetzt ist er ein kranker Mann. Schon ein einziger Gegner könnte ihn von den Beinen schlagen.
Sie verlassen das Floß, arbeiten sich den Uferhang hinauf, erreichen den Uferweg.
»Gehen wir«, sagt einer der Männer und stößt ihm gegen die Schulter. »Gehen wir, Boxer. Und versuche keine Dummheiten! Wir sind zwar keine Preiskämpfer, doch jetzt hättest du keine Chance gegen uns. Überdies sind wir bewaffnet. Gehen wir! Los!«
Er gehorcht.
Die Bewegung tut ihm gut. Sein Blutkreislauf kommt wieder in Gang. Die Schmerzen überall fügten ihm Stonebreakers Fäuste zu. Aber auch Stonebreaker wird die Schmerzen von den Fäusten des Gegners spüren. Das ist immer so nach solchen Kämpfen.
Er denkt einen Moment an Stonebreaker und tut es ohne Groll. Stonebreaker kämpfte sauber. Es gab von ihm keine gemeinen Tricks.
Wenn Stonebreaker auf seinen eigenen Sieg gesetzt hatte – und das tat fast jeder Preisboxer, der etwas auf sich hielt –, dann war er jetzt zumindest ein wohlhabender Mann.
Maddegan denkt an die zweiundzwanzigtausend Dollar, die er reicher sein könnte, hätte er diesen Kampf gewonnen.
Zweiundzwanzigtausend Dollar!
Heiliger Rauch! Es ist eine unvorstellbar große Summe für ihn.
Als Ken Maddegan an das verlorene Geld denkt, wird er sich seiner totalen Niederlage erst richtig bewusst.
Er fragt sich, was die beiden Männer, die ihn vor sich her stoßen, mit ihm vorhaben. Es kann gewiss nichts sein, was gut ist. Nein, das wird es ganz bestimmt nicht sein. Denn er spürt die grimmige Entschlossenheit der Männer. Sie stoßen ihn manchmal vorwärts, als wäre er ein betrunkener Strolch und nicht der berühmte Preiskämpfer Ken Maddegan, den man auch Tiger nennt.
Er spürt in sich einen grimmigen Entschluss reifen.
Wenn sie mit ihm noch ein Stück gehen sollten – vielleicht nur zwei- bis dreihundert Yards weit –, wird er sich so weit erholt haben, dass er es mit ihnen wagen kann.
Sein Kopf wird von der kühlen Nachtluft immer klarer. Ja, seine Reflexe werden bald wieder einigermaßen funktionieren.
Aber dann erreichen sie ein Gebäude. Es steht ziemlich nahe am Fluss, und es handelt sich offenbar um eine Bootswerft, um ein scheunenartiges Gebäude also, in dem man Flussboote baut oder repariert.
Eine kleine Seitentür öffnet sich.
Drinnen ist Lichtschein.
Als Ken Maddegan eintritt, sieht er Shorty und Riley, seine beiden Betreuer, auf die er sich bisher so gut verlassen zu können glaubte und die er generös von seinen erkämpften Börsen bezahlte.
Es geht ihnen gar nicht gut. Sie sind an Stützbalken gebunden wie an Marterpfähle. Zwei Männer haben ihnen die Oberkörper entblößt und sie mit einer Bullpeitsche bearbeitet.
Sie betrachten Ken Maddegan.
»Na, ist er wieder einigermaßen beieinander?« So fragt einer.
Und einer der beiden Männer, die Maddegan brachten, erwidert trocken: »Der hat sich unterwegs immer besser erholt. Ich wette, er überlegte zuletzt schon, wie er Bat und mich klein machen könnte.«
Der Sprecher verstummt mit einem grimmigen Lachen.
Aber sein Partner sagt: »Dann hätte ich ihm gezeigt, dass ich es auch noch ganz gut kann und auch mal Preiskämpfer war. Es hätte noch gelangt für ihn. Denn er ist vorerst nur noch die Hälfte wert.«
Sie schweigen nun alle vier und betrachten ihn.
Ken Maddegan nimmt den Blick von Shorty und Riley und sieht die vier Männer der Reihe nach an.
Er kann sie schlecht einordnen, aber er hält sie für Männer vom Fluss, vielleicht aber auch für Flößer. Und Flößer sind die allerhärteste Sorte.
»Was bedeutet das?«, fragt er.
Sie lassen das Schweigen noch eine Weile andauern. Dabei spürt er ihre grimmige Entschlossenheit.
Schließlich sagt einer: »Ja, kommen wir zur Sache. Weißt du, wir waren schon immer deine Bewunderer. Wir sahen dich schon einige Male kämpfen und wetteten immer auf deinen Sieg. Es traf sich irgendwie immer so gut, dass wir einige Male dann in deiner Nähe waren, wenn du einen Kampftag hattest. Am Anfang, als du noch nicht so bekannt warst und die Wetten manchmal vier oder gar fünf zu eins gegen dich standen, gewannen wir eine Menge Geld. Wir erhielten unseren Einsatz vierfach oder fünffach zurück. Wir waren stets deine Verehrer, hielten große Stücke auf dich und glaubten an dich. Auch diesmal wieder. Aber dann sahen wir dich untergehen, nachdem du schon fast der Sieger warst. Unser guter Bulle hier kennt sich jedoch aus. Bat Mullen war selbst einmal Preiskämpfer. Ja, der kennt sich aus. Und so wurden wir mehr als misstrauisch.«
Er verstummt nach diesen Worten.
Dafür übernimmt jener bullige Bat Mullen das Reden.
»Aber wir trauten dir nicht zu«, spricht er, »dass du dich absichtlich schlagen ließest. Nein, das trauten wir dir nicht zu. Und dennoch war mir klar, dass mit dir etwas passiert war. Ich habe dich während der Pausen stets scharf beobachtet. Ich sah, wie dich dieser Wurzelzwerg aus der Flasche trinken ließ und wie es von diesem Moment an abwärts ging mit dir. Ich sah, wie du dich mühtest und nicht untergehen wolltest. Und in der nächsten Pause lehntest du den Trunk aus der Flasche ab. He, hattest du die Knockouttropfen geschmeckt? Schmeckte es bitter?«
Er verstummt grollend.
Und an seiner Stelle übernimmt der dritte Mann das Weitersprechen. Er sagt: »Wir schnappten uns deine beiden Helfer. Sie hatten sich verdrückt und dich allein auf dem Floß liegen lassen. Verstehst du? Allein warst du! Aber wir schnappten sie uns. Und jetzt werden sie dir etwas erzählen, was sie schon uns erzählt haben. Wir haben sie windelweich geprügelt. Nun reden sie. Nicht wahr, du Wurzelzwerg, oder nicht?«
Er hält noch die Maultierpeitsche in der Hand, und er steht ein halbes Dutzend Schritte von Shorty weg. Nun schnellt das Ende der Peitsche hoch und klatscht gegen Shortys Bauch.
Shorty stöhnt vor Schmerz. Dann keucht er gepresst: »Ich sag ja alles! Ich will ja alles sagen. Nur schlag mich nicht mehr. Schlag mich nicht mehr! Es ist genug. Aaah!«
Ken Maddegan muss mühsam schlucken.
Er nähert sich Shorty.
Ja, er hat Shorty restlos vertraut. Shorty ist ein ehemaliger Cowboy aus dem Süden, der nicht mehr reiten kann, weil ein Wildpferd ihm zu viele Knochen brach beim Zureiten.
»He, Shorty«, sagt Ken Maddegan und beugt sich vor, um dem kleinen Mann ins Gesicht sehen zu können.
Aber Shorty kann ihm nicht lange in die Augen blicken, nur einen kurzen Moment. Dann blickt er wieder zu Boden.
»Tut mir leid, Ken«, stöhnt er. »Oh, es tut mir ja so leid! Aber ...« Er bricht ab.
»Was aber?«, knirscht Ken Maddegan. »Heraus mit der Sprache! Was aber?«
»Der Trust ...«, beginnt Shorty. Doch er bricht ab, so, als erklärte das zweite Wort alles, einfach alles.
»Weiter«, verlangt Maddegan, »weiter, Shorty!«
»Befehl vom Trust«, stöhnt dieser. »Du solltest verlieren! Wir hatten keine andere Wahl, Riley und ich. Wir wären jetzt tot, hättest du gewonnen. Es stand ohnehin alles auf der Kippe. Beinahe hättest du Stonebreaker geschlagen, bevor du bereit warst, aus der Teeflasche zu trinken. Vorher spültest du dir nur immer den Mund mit Wasser aus. Ja, ich habe es getan. Ich tat das Mittel in den Tee, das man mir gab. Du musstest verlieren. Verzeih mir, wenn du kannst, Ken Maddegan. Was ist falsch daran, wenn man noch eine Weile leben möchte?«
Ken Maddegan geht ein Licht auf.
Nun hat der Trust auch ihn erwischt.
Er musste einen Kampf verlieren, weil die Bosse des Trusts das so beschlossen hatten. Vielleicht glaubten sie jetzt, dass bei seinem nächsten Kampf die Wetten dann wieder schlechter für ihn stehen würden. Und dann konnte man – wenn sie ihn gewinnen ließen – beim nächsten Kampf mehr verdienen.
Er hört sich sagen: »Na gut, Shorty, na gut! Dein Hemd musste dir wohl näher sein als meines. Nun gut! Ich konnte wohl nicht von dir und Riley verlangen, dass ihr euch wegen mir mit den Bossen der Ströme anlegt. Vor diesen Banditen kuschen ja ganz andere Burschen. Na schön.«
Er wendet sich an die vier harten Burschen, in deren Gewalt er sich mit Shorty und Riley befindet. »Ich habe selbst alles verloren, was ich mir in den vergangenen Jahren erkämpfte. Ich habe selbst jeden Dollar auf meinen Sieg gesetzt. Was wollt ihr?«