G. F. Unger Western-Bestseller 2516 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2516 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Jubal Nolan beobachtet seinen Freund Chuck Bennett mit einiger Besorgnis. Aber er verbirgt diese Besorgnis gut. Auf Jubals dunklem, scharf geschnittenen und hageren Gesicht ist keinerlei Ausdruck zu erkennen. Seine rauchgrauen Augen sind halb geschlossen. In seinem Mundwinkel hängt eine Zigarette, deren Rauch das Gesicht manchmal für Sekunden verschleiert. Jubal Nolan steht inmitten eines Kreises neugieriger Zuschauer hinter dem Stuhl seines Freundes Chuck Bennett. Und genau wie die vielen Zuschauer beobachtet er das scharfe Pokerspiel.
Seit einigen Stunden spricht man in Laramie von diesem Spiel. Man erzählt sich, dass vor mehr als vierundzwanzig Stunden ein drahtiger, verwegener Ire im Imperial Saloon mit einigen harten Burschen ein Pokerspiel angefangen hat und immer noch pausenlos gewinnt.
Der drahtige, verwegene Ire ist Chuck Bennett. Am Mittag des Vortages fing er mit zwanzig Dollar, die Jubal Nolan ihm bewilligte, nur so zum Spaß an.
Jetzt hat er ungefähr viertausend Dollar gewonnen, und das ist ein Vermögen, für das ein guter Cowboy zehn Jahre arbeiten müsste. Mit viertausend Dollar könnte man eine Treibherde oder gar ein Ranch kaufen.
Doch jetzt sieht es so aus, als würde Chuck Bennett die große Summe wieder verlieren. Jubal, der einen kurzen Blick in Chucks Karten werfe konnte, kann sich nicht vorstellen, wie Chuck mit diesem lächerlichen Blatt das Spiel gewinnen will ...


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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Weg der Männer

Vorschau

Impressum

Weg der Männer

Jubal Nolan beobachtet seinen Freund Chuck Bennett mit einiger Besorgnis. Aber er verbirgt diese Besorgnis gut. Auf Jubals dunklem, scharf ge‍schnittenen und hageren Gesicht ist keinerlei Ausdruck zu erkennen. Sei‍ne rauchgrauen Augen sind halb geschlossen. In seinem Mundwinkel hängt eine Zigarette, deren Rauch das Gesicht manchmal für Sekunden verschleiert. Jubal Nolan steht inmitten eines Kreises neugieriger Zuschauer hinter dem Stuhl seines Freundes Chuck Bennett. Und genau wie die vielen Zuschauer beobachtet er das scharfe Pokerspiel.

Seit einigen Stunden spricht man in Laramie von diesem Spiel. Man erzählt sich, dass vor mehr als vierundzwanzig Stunden ein drahtiger, verwegener Ire im Imperial Saloon mit einigen harten Burschen ein Pokerspiel angefangen hat und immer noch pausenlos gewinnt.

Der drahtige, verwegene Ire ist Chuck Bennett. Am Mittag des Vortages fing er mit zwanzig Dollar, die Jubal Nolan ihm bewilligte, nur so zum Spaß an.

Jetzt hat er ungefähr viertausend Dollar gewonnen, und das ist ein Vermögen, für das ein guter Cowboy zehn Jahre arbeiten müsste. Mit viertausend Dollar könnte man eine Treibherde oder gar ein Ranch kaufen.

Doch jetzt sieht es so aus, als würde Chuck Bennett die große Summe wieder verlieren. Jubal, der einen kurzen Blick in Chucks Karten werfen konnte, kann sich nicht vorstellen, wie Chuck mit diesem lächerlichen Blatt das Spiel gewinnen will ...

Mit Chucks Karten hätte selbst ein blutiger Anfänger nicht einmal drei Cents geboten. Aber der kleine rotköpfige sommersprossige Ire bietet wie verrückt und wirkt so selbstsicher, als hätte er einen Royal Flush in der Hand.

Als Chuck Bennett wieder zweihundert Dollar in die Tischmitte schiebt und dann nochmals um vierhundert Dollar erhöht, da steigen zwei der fünf Pokerspieler seufzend aus.

Der Berufsspieler, der den Spieltisch vom Saloonwirt gemietet hat, und ein riesiger Frachtwagenmann halten noch mit. Und der Frachtwagenzugführer knurrt jetzt grimmig: »Mister Rotkopf, auf Ihren Bluff falle ich nicht rein. Geben Sie sich nur keine Mühe, mein Junge. Ich halte mit bis in die Hölle. Sie können mich nicht aus dem Spiel bluffen, Sie Irensohn!«

Nach diesen bitteren Worten sucht der Mann sein letztes Geld zusammen und kann mit knapper Not gerade noch den Einsatz halten.

Nun ist die Reihe wieder an Chuck Bennett. Der grinst voller Freude und sagt mit hintergründiger Sanftheit: »Wir werden schon herausfinden, wer hier am Tisch blufft. Ich halte weiter und erhöhe abermals um vierhundert, ihr munteren Burschen.«

Der Berufsspieler starrt ihn an, blickt nochmals in seine Karten und gibt dann auf. Nun sind nur noch Chuck Bennett und der riesige Wagenzugführer im Spiel.

Aus dem dichten Kreis der Zuschauer hört man heftige Atemzüge. Jemand sagt: »Dem ist jetzt das Geld ausgegangen und der Rotkopf fordert immer noch nicht. Jetzt muss Rick Stammer aufgeben. Er kann nicht mehr mitbieten, denn sie spielen ja ohne Limit.«

Dann ist es still rings um den Spieltisch.

Der Riese knurrt grimmig und wendet sich an den dichten Kreis der Zuschauer.

»Wer kann mir mit tausend Dollar aushelfen?«, fragt er. »Ich biete als Sicherheit einen schweren Mervile-Frachtwagen, acht gute Maultiere und eine Ladung von zweitausend Büchsen Pfirsichen. Habt ihr gehört? Zweitausend Büchsen Pfirsiche!«

Es bleibt eine ganze Weile still. Ja, fast alle Männer haben schon gehört, dass man jetzt auch herrliches Obst in Büchsen hier an die Indianergrenze gebracht hat. Pfirsiche in Büchsen sind eine Sensation, genauso wie die neuen Remington-Schnellfeuergewehre, von denen man ebenfalls spricht.

Es bleibt also eine Weile ganz still in der Runde.

Dann sagt eine Stimme: »Was soll ein Mann, wenn er nicht gerade einen Store besitzt, mit zweitausend Büchsen Pfirsichen anfangen? Vielleicht verderben sie in den Büchsen, bevor er sie alle gegessen hat?«

Der Frachtwagenzugführer tippt sich gegen die Stirn.

»Ihr Narren«, grollt er, »ihr einfältigen Pulveraffen. Ich kann euch die Sache vorrechnen. In der Alderschlucht graben mehr als achttausend Männer nach Gold. Sie leben dort ein Hundeleben und lechzen nach Obst und Gemüse wie ein Trunkenbold nach Whisky. Meine zweitausend Büchsen Pfirsiche werden in der Alderschlucht mit Gold aufgewogen. Habt ihr das begriffen? Jede Büchse bringt fünf Dollar ein! Habt ihr das jetzt endlich begriffen?«

Wieder ist es eine Weile still.

Jemand seufzt: »Wenn ich jetzt nur tausend Dollar hätte. Das wäre das Geschäft meines Lebens!«

Aber eine andere Stimme sagt: »Du müsstest die Ladung erst den langen Weg bis nach Virginia City bringen, Charly. Und die Chancen sehen nicht besonders gut aus. Es könnte sein, dass du die Pfirsiche an die roten Gentlemen abgeben musst und dabei auch noch deinen Skalp verlierst. Tausend Dollar hier in Laramie sind sicherer als die Aussicht auf zehntausend Dollar am Ende des Bozeman-Weges. Dazwischen liegt eine nette kleine, rauchige Hölle, nicht wahr?«

Als dieser Sprecher verstummt, ist eigentlich alles gesagt, denn in Laramie hat es sich in den letzten Tagen herumgesprochen, dass mehrere Frachtwagenzüge unterwegs verschollen sind.

Inzwischen hat Jubal Nolan lange genug nachdenken können. Und weil er ein Mann ist, der gut rechnen kann und schnell zu der Erkenntnis kam, dass zehntausend Dollar ein gewisses Risiko wert sind, hebt er lässig die Hand und sagt: »Sie bekommen die tausend Dollar von mir, Mister. Schreiben Sie mir eine Übereignung aus.«

Der Wagenboss starrt ihn einige Sekunden lang an.

»Wenn ich das Spiel gewinne, habe ich Rückkaufsrecht?«, fragt er.

»Nein.« Jubal Nolan lächelt sanft. »Ich kaufe jetzt einen Frachtwagen mit Ladung von Ihnen. Dieser Kauf hat mit dem Ausgang des Spieles nichts zu tun.«

Nach Jubals Worten wird es wieder still. Einige Männer nicken beifällig, denn Jubals Angebot ist wirklich nicht unfair, da es sehr zweifelhaft ist, ob er die Ladung jemals bis nach Virginia City durchbringen kann. Es ist sogar wahrscheinlich, dass auch dieser Frachtwagen sein Ziel nicht erreichen wird. Die Chancen für Jubal Nolan stehen nur eins zu fünf, denn ein schlauer Mann hat inzwischen ausgerechnet, dass in den letzten zwei Monaten nur jeder fünfte Wagen den Bozeman-Weg hinter sich bringen und Virginia City in der Alderschlucht erreichen konnte.

Auch der Wagenboss scheint sich das zu überlegen. Wenn er die tausend Dollar annimmt, verliert er zwar die Chance, seine Pfirsiche teuer zu verkaufen – aber, wie schon gesagt, es ist nur eine sehr geringe Chance.

Tausend Dollar jedoch sind etwas, was wirklich vorhanden ist. Und überdies hat er mit den tausend Dollar die Möglichkeit, weiter im Spiel zu bleiben. Chuck Bennett hat selbst kaum noch tausend Dollar und kann deshalb den Pott nicht höher treiben.

Aus diesen Überlegungen heraus nickt der Wagenboss, holt ein abgegriffenes Notizbuch aus der Tasche und schreibt die Übereignung aus.

Jubal Nolan hat inzwischen tausend Dollar hervorgeholt und bekommt dafür den Schein. Er liest die Worte darauf und nickt.

Das Spiel geht weiter.

Chuck Bennetts Augen funkeln, als er seine letzten Dollars einsetzt. Als sie dann beide kein Geld mehr zur Verfügung haben, wendet sich Chuck um und fragt Jubal: »Kann ich auch eine Anleihe machen? Vielleicht verkauft dieser Mister noch etwas, nicht wahr? Ich möchte den Pott noch etwas höher treiben.«

Jubal Nolan schüttelt den Kopf. »Der Pott ist voll genug«, murmelt er.

Und das stimmt auch. Mehr als fünf Dutzend Augenpaare starren auf den Geldhaufen in der Tischmitte. Es sind rund zehntausend Dollar. Viertausend sind von Chuck, und sie sind sein ganzer Spielgewinn, den er seit dem Mittag des Vortages einheimste. Viertausend Dollar sind von dem Frachtwagenboss. Das andere Geld stammt von den Spielern, die dann ausstiegen.

Chuck Bennett seufzt.

Dann sieht er den Riesen an und nickt: »Also gut, ich fordere. Zeigen Sie die Unterhosen!«

Er grinst verwegen und etwas leichtsinnig.

Der Wagenboss schnauft, wischt sich über das Gesicht und deckt dann langsam auf.

Er hat drei Achten und zwei Buben.

Chuck Bennett seufzt. Er zuckt mit den Schultern und sagt: »Schade! Ich hätte darauf geschworen, dass ich Sie aus dem Spiel bluffen könnte, Mister. Aber Sie sind wirklich eine harte Nummer. Nun, es war ein feiner Spaß, nicht wahr? Ich werde mich jetzt ins Bett legen und etwas schlafen. Es war eine prächtige Pokerrunde.«

Er erhebt sich und deckt seine Karten gar nicht auf. Nun steht er neben Jubal und blickt zu diesem auf.

»Bruderherz«, sagt er sanft, »ich habe meinen Spaß gehabt, und er hat nur zwanzig Dollar gekostet. Das war billig, wenn ich daran denke, was ich in mehr als vierundzwanzig Stunden alles hätte trinken können.«

Er geht durch die Gasse, die ihm die Zuschauer öffnen.

Jubal folgt ihm nicht. Er bleibt noch. Wie alle anderen Zuschauer sieht er, dass der Wagenboss seine riesige Hand ausstreckt und Chuck Bennetts Karten umwendet.

Es ist nur ein lächerliches Paar und drei Fehlkarten, die überhaupt nichts taugen.

Der Wagenboss grinst breit und zufrieden. Er blickt zu Jubal hoch und sagt: »Ihr Freund konnte mich wirklich nicht bluffen. Niemand kann Rick Stammer bluffen. Niemand! Und ich werde den Wagen mit der Ladung jetzt für tausendfünfhundert Dollar von Ihnen zurückkaufen. Da verdienen Sie immerhin fünfhundert Dollar dabei. Das ist doch genug.«

»Nein«, erwidert Jubal – und er spricht in dem gedehnten, ruhigen, singenden Tonfall eines Texaners weiter: »Ich habe Ihnen doch gesagt, Stammer, dass mein Kauf nichts mit den Spiel zu tun hat. Wo finde ich den Wagen?«

Der Riese erwidert nichts. Er nimmt seinen großen Hut ab und streicht das viele Geld vom Tisch in den Hut hinein. Dann erhebt er sich und nickt Jubal zu.

»Ich zeige Ihnen den Weg«, sagt er kehlig und wendet sich dem Ausgang zu.

Jubal folgt ihm.

✰✰✰

Es ist später Nachmittag. Die Straße von Laramie ist sehr belebt. Ein buntes Menschengemisch hat sich hier am Anfang des Bozeman-Weges eingefunden. Alle diese Leute warten auf bessere Nachrichten aus dem Indianerland.

Der Bozeman-Weg führt quer durch das Vertragsland der Sioux-Stämme. Das wäre an sich nicht schlimm, denn als die Verträge abgeschlossen wurden, die den Indianern das Land garantierten, wurde auch ausgehandelt, dass Frachtwagenzüge den Bozeman-Weg benutzen dürfen.

Diese Abmachung zwischen Roten und den Weißen wurde jedoch am selben Tage ungültig, als bekannt wurde, dass die Unionsarmee eine Kette von Forts längs des Bozeman-Weges errichten wollte.

Von diesem Tag an, da von Fort Laramie aus eine Truppe ins Powder-River-Land marschierte, um mit dem Bau des Forts zu beginnen, war der Krieg da.

Zwischen Laramie und den Goldfeldern im Norden stehen mehr als sechstausend Indianerkrieger, die den Soldaten der Union glatt überlegen sind. Es sind nicht irgendwelche Indianer, sondern Sioux und Cheyennes, die sich von den anderen Indianern so sehr unterscheiden wie echte Berglöwen von Wildkatern.

Und die Armee wird mehr als zehn Jahre brauchen, um diesen Bissen zu zerkauen.

So liegen die Dinge nun.

Aber am Ende des Bozeman-Weges wartet das Gold der Alderschlucht, deshalb werden die Wagenfurchen des Bozeman-Weges nie verwehen. Immer wieder werden Wagenzüge nach Norden rollen. Der Wunsch nach Reichtum ist stärker als die Furcht vor dem Tod. Darum sammeln sich hier in Fort Laramie die Menschen aller Sorten und warten auf eine Chance, die es ihnen erlaubt, die Reise zur Alderschlucht fortzusetzen.

Jubal Nolan folgt dem Frachtwagenführer in einem halben Schritt Abstand. Rick Stammer sieht ihn einmal über die Schulter hinweg an und grinst seltsam.

Sie verlassen die kleine Stadt, die im Schutz des Forts lebt, und sehen die vielen Camps in der Runde. Ja, hier warten überall die Wagenzüge, die Frachtwagenzüge und die Karawanen der Auswanderer, die Wagen der Büffeljäger und die Wagenzüge der Armee.

Ein Camp reiht sich an das andere. Wenn es dunkel wird, kann man ein Feuer neben dem anderen erkennen. Und überall wird gearbeitet. Wagen werden überholt und für die Weiterfahrt vorbereitet. Maultiere und Pferde werden beschlagen. Ausrüstung wird überprüft und instand gesetzt.

Bald wird wieder ein Wagenzug nach Norden aufbrechen und sein Glück probieren.

Rick Stammer steuert auf ein Wagencamp am Ufer des Laramie River zu. Auf den Wagenplanen und an den Wagen ist überall zu lesen: J. Leavenland & M. Bannister – Frachtfahrten.

Auch in diesem Camp wird gearbeitet. Jubal Nolan sieht stämmige Fuhrleute, und er bekommt gleich den Eindruck, dass dies eine sehr hartbeinige und raue Mannschaft ist.

Er folgt dem Wagenboss immer noch, und so erreichen sie einen noch ziemlich neuen Mervile-Doppelwagen, der im Schatten eines Baumes steht.

Hier hält Stammer an und klatscht mit seiner großen, hornigen Hand gegen die Seitenwand.

»Das ist der Wagen«, grinst er.

Jubal Nolan nickt. »All right, Mister. Dann werden wir jetzt die acht Maultiere anspannen. Ich sehe, dass dieser Wagen nicht zur Bannister- und Leavenland-Company gehört und ...«

»Ich bin der Wagenboss dieses Frachtzuges«, sagt Rick Stammer grimmig. »Und ich habe einen eigenen Wagen mit eigener Fracht mit in diesem Zug.«

Er hat kaum ausgesprochen, da kommt ein Mann um den Wagen herum. Dieser Mann sieht wie ein Mexikaner aus. Er ist fast so groß wie Rick Stammer, nur wirkt er geschmeidiger als dieser. Sein Gesicht ist dunkel und narbig. Seine Augen sind lackschwarz und etwas schräg.

In seinen Händen trägt er eine der langen Maultierpeitschen, und das wohl fünfundzwanzig Fuß lange Leder hat er über die Schulter gehängt. Das Ende mit dem Metallknaller schleift über dem Boden nach.

»Was ist los?«, fragt er, aber Stammer spricht zu Jubal weiter: »Das ist José Hongara. Er ist mein Fahrer und mein Freund.«

Nach diesen Worten reicht er dem Mexikaner den mit Geld gefüllten Hut und knurrt: »Halt ihn einen Moment, José. Ich muss eben mal diesen langbeinigen Kuhtreiber aus Texas verprügeln und ihn auf diese Art überzeugen, dass er mir meinen Wagen zurückverkaufen soll. Yeah, José, ich brauchte etwas Geld, um nicht aus einem Pokerspiel aussteigen zu müssen. Und da habe ich für einen Moment diesen Wagen mitsamt der Fracht verkauft. Und dann habe ich zehntausend Dollar gewonnen, wovon fast die Hälfte allerdings schon vor dem Spiel mir gehört hat. Und nun will ich gerne unseren Wagen und die Fracht von diesem Texassohn zurückkaufen. Aber ich muss den Jungen erst noch richtig davon überzeugen, dass es für ihn besser ist, wenn er sich nicht länger weigert.«

Nach diesen Worten wendet sich Rick Stammer nach Jubal Nolan um und zeigt ihm die Fäuste.

»Also«, sagt er rau, »es wird ziemlich schlimm für dich, Texasboy. Mit diesen zwei prächtigen Fäusten konnte ich bisher noch jeden Mann überreden, mir einen Gefallen zu tun. Und deine Kanonen nützen dir nichts. Ohne meine Zustimmung bekommst du diesen Wagen nicht aus dem Camp. Aber ...«, er unterbricht sich und grinst selbstgefällig, »... ich verspreche dir, dass du gewonnen hast, wenn du mich von den Beinen schlagen kannst und ich nicht mehr aufstehen kann. Hast du mich verstanden?«

»Yeah«, murmelt Jubal Nolan und nickt. »Du hast dir das fein ausgedacht, Stammer«, fügt er hinzu. »Aber jetzt denke ich erst recht nicht daran, dir den Wagen und die Fracht zurückzuverkaufen. Auf Drohungen reagiere ich sehr sauer.«

Er schnallt während seiner Worte den Waffengurt ab und legt ihn über das Hinterrad des Wagens.

»Ein Frachtfahrer aus Missouri kann immer noch zu jeder Tageszeit einen Kuhtreiber aus Texas in den Boden schlagen, Langer«, knurrt Rick Stammer, senkt den Kopf, schiebt die Fäuste vor und stürmt dann gegen Jubal Nolan an.

Rick Stammer ist massig und riesig. Er wiegt sicherlich zweihundertzwanzig Pfund. Aber auch Jubal Nolan misst mehr als sechs Fuß. Er wiegt ungefähr hundertneunzig Pfund, und es ist kein Gramm Fett oder überflüssiges Fleisch an ihm. Er ist so zäh und hager, wie es ein sehniger Reiter nur sein kann.

Sie prallen jedoch nicht gegeneinander, weil Jubal Nolan leicht zur Seite gleitet und dann sofort einen Schwinger herumzieht. Jubals harte Faust kracht trocken und sehr deutlich hörbar auf Ohr und Kinnwinkel des riesenhaften Wagenbosses. Da Rick Stammer ins Leere stürmt und sich herumwerfen will, hat er keinen festen Stand, als ihn dieser Schwinger trifft.

Im Camp verlassen die Männer ihre Arbeitsplätze. Eine scharfe Stimme ruft: »He! Seht es euch an! Seht es euch an! Stammer verprügelt einen Texassohn! Seht es euch an!«

Die Frachtfahrer kommen herbei, bilden einen weiten Halbkreis und beobachten die Sache mit Kennerblicken. Sie verstehen etwas von solchen Kämpfen, die es immer wieder unter rauen Burschen gibt.

Jetzt, nach wenigen Sekunden, wissen sie schon, dass sie einen wirklichen Kampf sehen werden.

Und weil der lange sehnige Cowboy aus Texas ihren Wagenboss nun abermals trifft und Rick Stammer sich sogar auf den Boden setzt, da ruft einer der Frachtwagenfahrer erregt: »Diesen Jungen kann Rick nicht schlagen! Oha, seht euch an, was ein schneller Mann mit Rick Stammer machen kann.«

Ein anderer knurrt jedoch sofort böse: »Sam, du hast nicht richtig ausgeschlafen, sonst würdest du wissen, dass ein Mann aus Missouri niemals gegen einen Texassohn verlieren kann, weil es so eine Ungerechtigkeit ganz einfach auf dieser Erde nicht geben kann.«

Die beiden Sprecher starren sich einige Sekunden böse an, und es sieht so aus, als wollten auch sie einen Kampf anfangen. Aber dann sagt der erste mit einem plötzlichen Grinsen: »Richtig, Pete, du bist ja auch aus Missouri. Aber ich bin aus Texas. Und ich setze einen Monatslohn auf diesen langen Satteltramp!«

Er hat kaum ausgesprochen, als Jubal von Rick Stammer mit einem Schwinger von den Beinen gefegt wird und über den Boden rollt. Der Wagenboss folgt ihm und hechtet dann vorwärts und landet schwer und massig auf Jubal.

Und nun rollen sie beide kämpfend am Boden umher.

Stammer kommt knurrend auf die Füße. Er keucht und schnauft vor Anstrengung, wischt sich Schweiß und Staub aus dem Gesicht und stürmt wieder vorwärts.

Er ist gemein. Das zeigt sich jetzt, als er nach dem Gegner treten will. Rick Stammer kämpft nun auf die mitleidlose und unbarmherzige Art. Er beachtete jene Regeln nicht mehr, die zwar ungeschrieben sind, die aber jeder stolze Mann respektiert.

Nein, Stammer gehört nicht zu der Sorte, die gewisse Grenzen nie überschreitet. Er ist ein wilder Bulle, und er kennt kein anderes Ziel als die völlige Vernichtung des Gegners.

Jubal Nolan kann sich zur Seite rollen, als Rick Stammers große Füße dicht neben ihm auf den Boden stampfen. Er hat in den wenigen Sekunden wieder einen klaren Kopf bekommen und springt rasch auf.

Als Stammer erneut mit gesenktem Kopf und vorgeschobenen Fäusten angreift, rennt er in Jubals Aufwärtshaken.

Rick Stammer schwankt auf den Absätzen seiner hohen Lederstiefel, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gerannt. Für einen Moment wirkt sein breitflächiges Gesicht irgendwie einfältig und voll ungläubigen Staunens.

Jubal Nolan weiß, dass er jetzt seine Chance hat. Wenn er es jetzt nicht schafft, dann wird Stammer diesen Kampf gewinnen.

Deshalb sehen die zuschauenden Männer jetzt etwas, was sie nicht für möglich hielten. Sie sehen, wie der lange Texasmann, der eben noch schwer angeschlagen war, mit einem Mal zu explodieren scheint.

Jubal trifft den Gegner zweimal schwer, bevor Stammer rückwärts taumelnd einige müde Schläge versucht. Dann fällt Stammer auf den Rücken, grunzt, rollt sich mühsam auf Hände und Knie und stemmt sich wieder hoch.

Jubal geht schnell um den Mann herum. Als Stammer auf den Beinen ist, die Arme wieder hochgenommen hat und sich halb blind nach dem Gegner umsieht, da trifft ihn der Texasmann wieder. Stammer stößt ein Keuchen aus. Es klingt verzweifelt und angstvoll. Alle Zuschauer hören es – und sie wissen es zu deuten.