G. F. Unger Western-Bestseller 2517 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2517 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ich war ein abgerissener Satteltramp wie Tausende entlassener Soldaten nach dem verlorenen Krieg. Ich nahm jeden Job, der sich mir bot. Meist handelte es sich um Revolverjobs als Postbegleiter, Marshal oder Minenwärter. So wurde ich bekannt.
Ich, Socorro Kane, der Revolvermann.
Eigentlich hatte mein Leben gar keinen rechten Sinn. Ich lebte von einem Tag zum anderen. Gewann Freunde, die mich verrieten und betrogen. Begegnete Frauen, die nichts taugten. Ich verlor in diesen Jahren mehr und mehr den Glauben an die Welt und die Menschen und wurde mehr und mehr zu einem einsamen Wolf.
Aber eines Tages lernte ich Julia Stafford kennen, und nach und nach begriff ich, dass ich letzten Endes doch zu einem bestimmten Zweck in diese Welt gesetzt worden war.
Jawohl!
Ich musste John McClellan schlagen.
Das sollte meine Aufgabe werden ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Socorro

Vorschau

Impressum

Socorro

Ich war ein abgerissener Satteltramp wie Tausende entlassener Soldaten nach dem verlorenen Krieg. Ich nahm jeden Job, der sich mir bot. Meist handelte es sich um Revolverjobs als Postbegleiter, Marshal oder Minenwärter. So wurde ich bekannt.

Ich, Socorro Kane, der Revolvermann.

Eigentlich hatte mein Leben gar keinen rechten Sinn. Ich lebte von einem Tag zum anderen. Gewann Freunde, die mich verrieten und betrogen. Begegnete Frauen, die nichts taugten. Ich verlor in diesen Jahren mehr und mehr den Glauben an die Welt und die Menschen und wurde mehr und mehr zu einem einsamen Wolf.

Aber eines Tages lernte ich Julia Stafford kennen, und nach und nach begriff ich, dass ich letzten Endes doch zu einem bestimmten Zweck in diese Welt gesetzt worden war.

Jawohl!

Ich musste John McClellan schlagen.

Das sollte meine Aufgabe werden ...

Ich hatte schon mein Antilopensteak im Bauch und war dabei, mir die Sterne zu betrachten, als ich den Reiter kommen hörte. Sein Pferd hinkte und musste restlos erschöpft sein, denn es stolperte immer wieder.

Mein Feuer war heruntergebrannt und glühte nur noch, aber ein erfahrener Mann konnte es riechen. Auch der Duft meines Kaffees und des Steaks hing noch in der Luft.

Ich fühlte mich in meinem Camp sicher. Den ganzen Tag war ich geritten und hatte weder Fährten noch irgendwelche andere Zeichen gesehen, die mir gesagt hätten, dass ich nicht allein durchs Land ritt.

Nun kam dieser Reiter.

Aber er wusste, was sich gehört. Er hielt weit genug entfernt an und rief heiser: »He, Feuer!«

Ich hatte mich inzwischen aus dem Bereich des schwachen Feuerscheins zurückgezogen. In diesem Land musste man mehr als vorsichtig sein. Es gab hier nur Jäger und Gejagte.

Der Fremde dort draußen in der Nacht war kein Mexikaner. Das hatte ich sofort erkannt, obwohl er nur zwei Worte sprach.

Ich erwiderte: »All right.«

Da kam er heran.

Er war ein Soldat auf einem Armeepferd.

Aber er hatte keinen Sattel, keine Ausrüstung – nichts außer dem Pferd, das er mithilfe eines Strickes nach indianischer Art gezäumt hatte.

So ritt er in den schwachen Lichtschein des glühenden Feuers. Ich konnte ihn im Sternenlicht gut sehen. Der Mond war noch hinter fernen Bergen versteckt.

Ich fragte: »Dir geht es wohl nicht besonders gut, Soldat?«

Es gefiel mir irgendwie, dass er nun grinste – zwar schief und bitter, doch er grinste.

»Ach«, sagte er, »ich habe schon schlechtere Zeiten erlebt. Aber ich möchte nicht behaupten, dass es mir ausgesprochen gut geht. Hast du noch etwas in deinen Pfannen und Töpfen, Bruder?«

Ich sagte: »Kaffee ist noch da. Und dort in dem Leinenbeutel ist Fleisch. Du brauchst dir nur eine Scheibe abzuschneiden und vorher die Pfanne heiß werden lassen.«

»Danke!«, sagte er und saß ab. Es gefiel mir, dass er seinem müden Tier dankbar Hals und Brust klopfte. Das Tier wanderte zu meiner grauen Grulla-Stute hinüber, die zwischen den Büschen am Wasser stand. Ich sah, dass der Braune sein linkes Vordereisen verloren hatte und deshalb lahmte.

Der Soldat stellte erst meine Bratpfanne in die Glut. Dann nahm er das Antilopenfleisch aus dem Leinenbeutel und schnitt sich ein Stück ab. Als er das Steak in die Pfanne legte, zischte es scharf.

Während das Fleisch briet, trank er meinen Kaffee.

Als er das Steak umdrehte, sah er zu mir herüber.

»Keine Fragen?«

Ich betrachtete ihn. Er war groß, hager und von jener Art, die an einen rötlichen Wüstenwolf denken ließ, der es gelernt hatte, einer zustoßenden Klapperschlange auszuweichen, sie dann hinter dem Kopf zu fassen und ihr so das Genick zu brechen.

Der Soldat hatte rötliches Haar, eine Menge Sommersprossen und helle Augen. Er war mehr ein zweibeiniger Wolf als ein Soldat.

Ich sagte: »Du bist weit weg von der Armee, Mister Blaubauch. Das muss für einen richtigen Soldaten sehr schlimm sein. Niemand weckt ihn, niemand sagt ihm, was er tun soll. Niemand bringt ihm neue Kunststücke bei. Kein Hornist bläst ihm das Schlummerlied. Ich sah mal in Fort Apache, wie die Soldaten ihre Füße zeigen mussten. Ein junger Leutnant aus West Point wollte sehen, ob sie sich innerhalb der letzten Woche die Füße gewaschen hatten. Die Armee ist wie eine richtige Mom, nicht wahr?«

Er grinste wieder.

Dann nahm er sich das Steak vor. Ich schätzte, dass er etwa zwei Tage nichts zu essen gehabt hatte.

Zwischen zwei Bissen sagte er: »Ja, ich bin weit weg von der Armee. Und ich will noch viel weiter weg. Ich dachte schon, dass ich entkommen wäre. Doch fünfzig Meilen von hier musste ich mein Camp wie ein Blitz verlassen. Ich konnte mich nur auf das ungesattelte Pferd werfen. Aber inzwischen werden die Jungs meine Spur verloren haben. Und selbst wenn sie mich finden sollten, so betrifft dich das nicht – oder?«

Nun wusste ich alles. Er war ein Deserteur. Er war von der Armee abgehauen. Aber das war mir gleichgültig. Ich war kein Aufseher für die Armee. Im Gegenteil, ich mochte die Armee so gern wie Schmierseife im Kaffee.

Ich hätte es nicht anders gemacht, denn ich war Socorro Kayne, und es gab eine Menge Leute, die fluchten, sobald sie meinen Namen hörten – oder sie sprachen diesen Namen wie einen Fluch aus.

Ich war einer dieser streifenden Wölfe, die nur für sich selbst sorgen, weil sie daran glauben, dass sie inmitten einer schlechten Welt ihre eigenen Hüter wären. Und ich hatte von meinem zwölften Lebensjahr an allein für mich sorgen müssen.

Ich grinste. »Iss und trink dich nur richtig voll, Hombre. Doch wenn du dann wieder unternehmungslustig bist, möchte ich dich warnen. Bei mir kannst du dich nicht für die Weiterreise ausstatten. Nur ein Stück Blei für die Reise zur Hölle kannst du von mir bekommen. Also mach dich lieber mit dem Gedanken vertraut, ohne Sattel und auf einem lahmenden Gaul weiter zu müssen.«

Er sah mich kauend an und grinste abermals.

Er war gefährlich. Im Stiefelschaft seiner hohen Kavalleriestiefel trug er einen Kavallerie-Colt. Der Revolverkolben befand sich also in Kniehöhe. Er konnte ihn hockend schneller aus dem Stiefelschaft holen als aus dem Hosenbund ziehen.

Ich wusste, dass er es versuchen würde, wenn er eine winzige Chance erkannte. Er brauchte ein gutes Pferd, einen Sattel, Ausrüstung und Proviant. Nur so konnte er der Armee entkommen. Vielleicht wurde er nicht nur als einfacher Deserteur verfolgt. Es konnte sein, dass er noch eine Menge mehr auf dem Kerbholz hatte – vielleicht ein Verbrechen, für das man ihn hängen würde.

Solch ein Bursche musste – wollte er sich retten – einfach alles versuchen.

Als er grinste, spürte ich, dass er meinen warnenden Worten nicht die notwendige Bedeutung beimaß. Aber ich wollte ihn wirklich nicht erschießen müssen. Meine Liste war schon lang genug.

»Hombre, ich glaube, du hast es noch nicht richtig kapiert«, sagte ich darum. »Mein Name ist Socorro Kayne. Glaubst du, es macht mir Spaß, dich wie einen Hammel abzuschießen, der nicht hören wollte?«

Er zeigte mir plötzlich seine Handflächen.

»Socorro bist du?«, staunte er. »Dann muss ich mich ja bei dir bedanken. Dann bist du so fair wie eine Klapperschlange, die ja auch laut genug rasselt und warnt, bevor sie zustößt. Oha ich bedanke mich Bruder! Aber – hier, ich hätte ohnehin nur bluffen können.«

Er ergriff mit zwei Fingern seinen Colt und zog ihn langsam aus dem Stiefelschaft. Dann warf er mir die Waffe zu. Es war ein richtiger Kavallerie-Colt.

Aber die Trommel war leer. Nicht eine einzige Patrone war darin.

Als ich am Lauf roch, wurde mir klar dass er noch vor einigen Stunden damit geballert hatte.

Ich warf ihm die Waffe zurück, und an der Art, wie er sie sich aus der Luft griff, erkannte ich, dass wir zu einer Gilde gehörten.

Er war ein Revolvermann wie ich.

»Ich bin Vansitter«, sagte er, »Virg Vansitter. Natürlich habe ich schon von Socorro Kayne gehört. Vielen Dank für Speise und Trank. Sonst ist für mich wohl wahrhaftig nichts zu holen.«

Er erhob sich und ging zu seinem Pferd. Er kümmerte sich gründlich um das Tier und ich passte auf, dass er sich nicht auf meine graue Grulla-Stute werfen konnte. Ich war bereit, ihn mit einem Schuss wieder auf die Erde zu holen.

Aber er wagte es nicht.

Er kam ans Feuer zurück.

»Das Fußgelenk ist geschwollen«, sagte er. »Pferde sind gar nicht so dumm. Das Tier stand mit dem Fuß im Wasser und kühlte sich das Gelenk. Wegen des Wassers muss ich hier bleiben. Sonst würde ich dich nicht länger belästigen, Socorro Kayne.«

Er setzte sich wieder und lehnte sich gegen einen Stein. Er war müde und ausgebrannt, und das Essen musste ihn noch müder gemacht haben. Aber er wollte wach bleiben.

Ich sagte: »Wenn du meinst, dass sie nicht zu dicht hinter dir sind dann kannst du ruhig schlafen. Ich bin kein Freund der Armee.«

»Das glaube ich«, grinste er. »Hast du etwas Tabak?«

Ich warf ihm den Beutel hinüber, und er drehte sich eine Zigarette. Als er sich vorbeugte, um sich aus dem Feuer ein Stück glühendes Holz zu greifen, erkannte ich die wachsame Anspannung in seinem Gesicht.

Er hatte noch nicht aufgegeben, nach einer Chance zu lauern. Er wollte mich immer noch überrumpeln. Was ich besaß, war für ihn lebenswichtig.

Vielleicht hatte er mir nur seinen leeren Colt gezeigt, damit ich Hemmungen bekommen sollte, auf ihn zu schießen, sobald er mich angriff.

Er sog an seiner Zigarette. Dann sagte er plötzlich: »Diese Weiber – je feiner sie tun, umso gerissener und falscher sind sie. Bei einem Flittchen weißt du sofort, was du erwarten kannst. Aber wenn sie so tun, als wären sie was Besonderes ...« Er verstummte.

»Die Welt ist schlecht«, fuhr er nach einer Weile fort. »Und manchmal gibt es zwischen einem Flittchen und einer Offiziersfrau keinen Unterschied – höchstens den, dass das Flittchen ehrlich ist, weil es sich zu erkennen gibt.«

Er verstummte bitter.

Er fluchte dann, wie man nur an der Südgrenze fluchen kann – und wie man als Soldat flucht, wenn man in einer miesen Lage ist.

»Ich will es nicht hören«, sagte ich. »Und ich mag keine Burschen, die ihr Unglück in die Gegend heulen. Außerdem kannst du die Welt nicht ändern. Eine Offiziersfrau ist eine Lady durch und durch. Daran kann ein ungewaschener Strolch nichts ändern. Es wäre auch dumm, es zu versuchen. Wenn dich jemand reingelegt hat, hilft dir kein Jammern.«

Er nickte.

»Ich will dir nur klarmachen«, sagte er, »wie sehr ich in der Klemme sitze und wie wenig ich dafür kann. Vielleicht lässt du dich dann erweichen und gibst mir dein Pferd. Du könntest meinen Verfolgern sagen, dass ich es dir mit Gewalt abnahm. Ich will dir meine Geschichte erzählen, damit du mir zu einer Chance verhilfst. Also, ich gehörte zur Besatzung von Camp Catalina. Die Frau eines Captains war von Anfang an hinter mir her. Und ich gebe zu, dass auch ich jede Chance nutzte, die sie uns verschaffte. Es gab da einige Möglichkeiten. Außerdem war ich zum Schutz aller Offiziersfrauen abkommandiert, wenn sie in der näheren Umgebung Spazierritte machten. Man wusste, wie schnell und gut ich schießen konnte. Nun, auf einem Spazierritt geschah es dann. Der Captain erwischte uns. Aber er schoss daneben. Ich schoss besser. Und dann sagte dieses Flittchen zu mir, dass ich desertieren müsse, wollte ich meinen Hals retten. Denn sie würde schwören, dass ich ihr Gewalt antun wollte und ihr Mann, der Captain, noch zur rechten Zeit kam. Oha, zuerst wollte ich auch sie erschießen. Aber dann türmte ich. Das war vor einer Woche. Gestern hatten sie schon mein Camp umzingelt. Ich entkam auf dem Gaul. Und jetzt gib mir eine Chance, Socorro! Soll ich wegen eines Flittchens, das ihren Mann betrog und dann zu feige war, dafür einzustehen, gehängt werden? Sie hätte zugeben können, dass sie ihn gerne mit mir betrog, dass er zweimal auf mich schoss und nicht traf – und dass ich in Notwehr handelte, weil mich seine dritte Kugel wahrscheinlich erwischt hätte. Socorro, hilf mir! Gib mir dein Pferd! Sonst will ich gar nichts – nur dein Pferd. Vielleicht ein paar 44er Patronen.«

Nach dieser langen Rede schwieg er.

Ich wusste nicht, ob ich diesen Virg Vansitter bedauern, verachten oder verspotten sollte – verspotten deshalb, weil meiner Meinung nach jeder Mann sein eigener Hüter ist.

Aber ich kam nicht mehr dazu, mich für eine dieser drei Möglichkeiten zu entscheiden.

Denn wir erhielten Besuch.

Das musste schon mehr als nur Zufall sein.

✰✰✰

Wenn sich in diesem Land bei Nacht drei Menschen trafen, als hätten sie es miteinander abgesprochen, so war das wahrhaftig eine Fügung.

Es war nur ein Reiter, der da kam. Die Richtung, aus der er sich näherte, war der des Deserteurs entgegengesetzt. Doch das brauchte nichts zu bedeuten zu haben. Wenn die Armee einen erfahrenen Scout und Menschenjäger auf den Deserteur angesetzt hätte, würde dieser einen Bogen um mein Camp geschlagen haben.

Auch dieser Reiter wusste, was sich gehört. Er hielt in respektvoller Entfernung an und rief: »Hallo, Feuer!«

Es war eine Frauenstimme.

Ich staunte nicht weniger als Virg Vansitter, der am Rand des Feuerscheines verharrte und sich beim Klang der Stimme entspannte und hörbar ausatmete.

Eine Frau hier und mitten in der Nacht – oha, das war so selten wie eine blühende Rose im Winter hoch oben auf der Mogollon Mesa.

»Hallo, Madam!«, erwiderte ich. »Hier sind nur zwei reinblütige weiße Gentlemen. Sie können kommen.«

Und sie kam.

Ich legte etwas Holz ins Feuer, sodass die Flammen höher schlugen und wir das Wunder besser betrachten konnten.

Sie saß auf einem Rinderpferd, auf einem nicht großen, zähen und wendigen Tier also, das einen Cowboysattel trug. Am Sattelhorn hing ein Lasso. Sie hatte Hosen an und saß in einem Männersattel. Über den Hosen trug sie eine grüne Flanellbluse und eine rehlederne Jacke. Sie war jung und hatte blondes Haar, wie ich im Feuerschein erkannte. Sie hatte es zu einem Pferdeschwanz im Nacken zusammengebunden. Einen Hut trug sie nicht.

An der Art, wie sie auf dem Pferd saß, konnte man erkennen, dass sie im Sattel aufgewachsen war.

Ihr braunes Gesicht wirkte auf den ersten Blick herb, obwohl es jung und reizvoll war.

Vom Sattel aus sah sie zuerst mich und dann Virg Vansitter an. Aber von Vansitter richtete sie ihren Blick wieder auf mich.

»Ich brauche Hilfe«, sagte sie dann ruhig. Ihre Stimme klang nicht flehend und hilflos bittend. Sie sprach ruhig, als hätte sie einen Job zu vergeben.

Dann schwang sie sich leicht und geschmeidig aus dem Sattel. Sie war etwas über mittelgroß, und es war alles richtig an ihr.

Bisher hatte ich ihr Revolverholster nicht bemerkt, denn sie trug es auf der mir abgewandten Seite. Doch nun sah ich es.

Es war leer. Entweder hatte sie ihre Waffe verloren, oder jemand hatte ihr das Schießeisen abgenommen.

Nun wurde es interessant.

Sie blickte Vansitter an. »Ist die Armee hier in der Nähe, Soldat?«

»Ich hoffe nicht!« Virg Vansitter grinste. »Werden Sie von Indianern oder Banditen verfolgt, Schwester?«

Sie nickte. »Es ist nur einer«, sagte sie. »Aber dieser eine Mann ist kein anderer als Roy Slater, auch Pecos Slater genannt. Wenn die beiden Gents hier nicht fremd sind, dann ...«

»Ich kenne Roy Slater«, sagte ich. »Warum verfolgt er Sie?«

Sie lächelte bitter.

»Es ist die alte Geschichte. Eine Frau braucht Hilfe und glaubt, sie für Geld von einem Mann bekommen zu können. Doch der Mann will kein Geld. Er will für seine Hilfe eine andere Bezahlung. Er will die Frau. Und weil sie sich weigert, erpresst er sie mitten in der Wildnis. Er glaubt, dass er die Frau einbrechen, klein machen und sich unterwerfen kann. Und die Zeit arbeitet für ihn. Ich bin Julia Stafford. Ich besitze die Broken Arrow Ranch. Sie liegt siebzig Meilen weiter westlich bei Apache Arrow. Ich muss nach Osten über den Mateo Pass. Mit fünfhundert Rindern für das Reservat muss ich hinüber. Wenn ich die Herde nicht pünktlich abliefere, verliere ich den Kontrakt. Die Hannaghan-Brüder halten den Pass besetzt. Ich hatte Pecos Slater angeworben, dass er den Pass öffnet. Doch er wollte plötzlich keinen Revolverlohn in Form von Dollars. Ich konnte auf seine Forderungen nicht eingehen. Deshalb brauche ich Hilfe. Vielleicht sind Sie bereit, mit mir zum Pass hinaufzureiten und die Hannaghan-Brüder zum Teufel zu jagen? Ich zahle ein Zehntel vom Erlös für die Herde, sobald wir am Ziel sind. Wie ist es, Gentlemen?«

Sie sprach das letzte Wort mit Bedacht. Es war, als wollte sie uns besonders darauf hinweisen, dass sie uns für echte Gentlemen hielt, die einer Lady helfen würden. Wenn wir keine Gentlemen waren, sollten wir uns wenigstens wie solche ihr gegenüber verhalten.

Das war ihre unausgesprochene Bitte. Aber es war schon mehr eine Aufforderung. Diese Julia Stafford konnte nicht betteln. Sie war stolz.

Während ich alles überdachte, sagte Virg Vansitter: »Ich würde Ihnen gerne helfen, Schwester, aber mein Revolver ist leer. Wahrscheinlich müsste ich oben am Pass sogar ein Gewehr haben. Es tut mir leid. Ich helfe schönen Frauen gerne aus der Not.«

Sie betrachtete ihn nachdenklich – aber sie zeigte ihm weder Ablehnung noch Sympathie.

»Wenn mir Socorro Kayne ein paar Patronen geben würde«, sagte er, »dann könnte ich ...«

Ich brauchte ihr keine Antwort zu geben.

Denn die Dinge entwickelten sich ohnehin von selber weiter.

Es war etwas in Gang gekommen, was nicht mehr aufzuhalten war.

Ich spürte es plötzlich mit untrüglichem Instinkt.

Es kam nämlich noch ein Reiter.

Er war Julia Stafford ganz gewiss gefolgt. Dass er in dieser Sternennacht ihre Fährte nicht verlor, bewies seine Qualität.

Ich wusste sofort, dass es nur Roy Slater sein konnte. Slater lebte davon, Fährten zu verfolgen, Menschen zu jagen, aufzuspüren und zu töten. Das war sein Job.

Slater war ein zweibeiniger Wolf, den man sich mieten konnte, wenn der Revolverlohn hoch genug war.

Er ritt nicht ans Feuer heran. Er rief das Feuer auch nicht an. Er schickte sein Pferd allein zum Feuer, damit uns das Tier ablenken sollte.

Er selbst schlug einen Bogen. Und als wir erkannten, dass es sich um ein reiterloses Sattelpferd handelte, war Slater schon von der Seite her an den Rand des Feuerscheins gelangt. Ich sah ihn jedoch kommen, denn ich rechnete mit solch einem Trick. Ich hätte ihn selbst angewandt.

Ich stand halb hinter einem hüfthohen Stein verborgen und hielt meinen Colt in der Hand.