G. F. Unger Western-Bestseller 2522 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2522 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Wyatt Earp betrachtet zuerst den Gefangenen, dann Jim Hanrahan. Und dann nickt er kühl. »In Ordnung! Dies ist Cole Hayman, auf den wir eine Belohnung von tausend Dollar aussetzten. Bringen Sie ihn herein! Ich stelle Ihnen die Empfangsbestätigung aus. Mit ihr können Sie sich bei der Stadtkasse die Fangprämie holen.«
Wyatt Earp öffnet die Zelle. Der Gefangene streckt sich sofort auf der harten Holzpritsche aus und sagt dabei stöhnend und heiser: »Hanrahan, ich habe einen Bruder! Und ich habe gute Freunde. Du bist schon so gut wie tot.« Nach diesen Worten wendet er sich an Wyatt Earp und verlangt: »Ich will einen Arzt. Dieser Kopfgeldjäger hat mich verwundet. Bevor ihr den Versuch macht, mich aufzuhängen, müsst ihr mich erst einmal wieder gesund ...«
»Schon gut, Hayman«, unterbricht ihn Wyatt Earp. »Du wirst gleich die Hilfe eines Arztes bekommen.«
Earp geht mit Jim Hanrahan ins Office, nimmt dort vom Schreiber die ausgestellte Empfangsbestätigung, liest sie sorgfältig durch und unterschreibt sie. Er reicht den Zettel Jim Hanrahan und sagt kalt: »Bleiben Sie nicht in der Stadt, Kopfgeldjäger! Verlassen Sie Dodge City!«
Jim Hanrahan strafft sich unmerklich, und seine rauchgrauen Augen werden schmal. »Ist das ein Befehl?«, fragt er gefährlich sanft ...


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Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Der Revolvermann

Vorschau

Impressum

Der Revolvermann

Wyatt Earp betrachtet zuerst den Gefangenen, dann Jim Hanrahan. Und dann nickt er kühl. »In Ordnung! Dies ist Cole Hayman, auf den wir eine Belohnung von tausend Dollar aussetzten. Bringen Sie ihn herein! Ich stelle Ihnen die Empfangsbestätigung aus. Mit ihr können Sie sich bei der Stadtkasse die Fangprämie holen.«

Wyatt Earp öffnet die Zelle. Der Gefangene streckt sich sofort auf der harten Holzpritsche aus und sagt dabei stöhnend und heiser: »Hanrahan, ich habe einen Bruder! Und ich habe gute Freunde. Du bist schon so gut wie tot.« Nach diesen Worten wendet er sich an Wyatt Earp und verlangt: »Ich will einen Arzt. Dieser Kopfgeldjäger hat mich verwundet. Bevor ihr den Versuch macht, mich aufzuhängen, müsst ihr mich erst einmal wieder gesund ...«

»Schon gut, Hayman«, unterbricht ihn Wyatt Earp. »Du wirst gleich die Hilfe eines Arztes bekommen.«

Earp geht mit Jim Hanrahan ins Office, nimmt dort vom Schreiber die ausgestellte Empfangsbestätigung, liest sie sorgfältig durch und unterschreibt sie. Er reicht den Zettel Jim Hanrahan und sagt kalt: »Bleiben Sie nicht in der Stadt, Kopfgeldjäger! Verlassen Sie Dodge City!«

Jim Hanrahan strafft sich unmerklich, und seine rauchgrauen Augen werden schmal. »Ist das ein Befehl?«, fragt er gefährlich sanft ...

Die Augen des Marshals werden schmal und kalt, und unter dem Schnurrbart pressen sich die Lippen seines geraden Mundes zusammen. Er betrachtet Jim Hanrahan noch einmal genau.

Er sieht einen Mann, der nicht viel jünger ist als er. Jim Hanrahan mag achtundzwanzig Jahre zählen. Er ist etwas kleiner, doch er wirkt vollendet proportioniert. Er hat ein schmales, dunkelbraunes Gesicht und zwei ruhige, rauchgraue Augen.

Earp sagt nun widerwillig: »Cole Haymans Bruder ist in der Stadt. Er wird Ihren Skalp haben wollen. Also wird es zumindest einen Toten geben. Ich aber bin von der Stadt dafür angeworben, die Ziffer der gewalttätigen Todesfälle möglichst niedrig zu halten. Also, Hanrahan! Sobald Sie die Fangprämie kassiert haben, verlassen Sie die Stadt. Dies ist ein Befehl!«

Jim Hanrahan nickt. »Ich habe den Befehl gehört. Zu Ihrer Information möchte ich Ihnen sagen, dass ich ein unbescholtener, freier amerikanischer Bürger bin, der in der Lage ist, hier in Dodge City seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.«

Mit diesen Worten geht er langsam hinaus.

Wyatt Earp blickt nachdenklich auf die Tür, die sich hinter ihm sachte schließt. Dann blickt er den Schreiber an und sagt: »Du kannst zum Mittagessen gehen. Dann sagst du Whiley Bescheid, dass er mich ablösen soll.«

Der alte Schreiber geht wortlos. Wyatt Earp kehrt bald darauf in den Zellenraum zurück. Er tritt vor die Gittertür und betrachtet den Gefangenen.

»Cole, wo hat er dich erwischt?«, fragt er ruhig.

»Am großen Cimarron-Knie«, erwidert Cole bereitwillig und fügt hinzu: »Kommt der Arzt bald? Ich bekomme sonst bestimmt eine schlimme Entzündung und Wundfieber. Ja, ich habe es schon.«

»Gleich, Cole, gleich wirst du den Arzt bekommen. Erst will ich noch einige Fragen beantwortet haben. Er hat dich also auf dem Santa-Fe-Weg am großen Knie des Cimarron River eingeholt und gefangen. Deine Beute hattest du natürlich nicht mehr bei dir, nicht wahr?«

»Vielleicht hat er sie, vielleicht hat dieser Hundefloh das Geld, welches ich raubte?« Cole fragt es spöttisch.

Doch Wyatt Earp schüttelt den Kopf.

»Dann hätte er dich nicht lebendig hergebracht«, sagt er trocken. »Es waren zwei Säcke voller Goldstücke, die du raubtest. Es war eine schwere Beute. Ein Aufgebot hetzte dich und dein Pferd war müde. Du hattest kein leichtes Papiergeld erbeutet. Es waren Zehn-Dollar-Stücke. Du musstest unterwegs auf deiner Flucht die beiden schweren Säcke verstecken. Sag mir, wo du sie versteckt hast. Es kann gar nicht weit von Dodge City entfernt sein, keine zehn Meilen weit. Sag es mir, Cole!«

»Bin ich verrückt?«, fragt dieser zurück. »Ihr könnt alle zur Hölle gehen, besonders dieser Jim Hanrahan! Ich habe nur Angst, dass mein Bruder Mac offen auf ihn losgeht und ihn zu einem Revolverkampf fordert. Das müssen Sie verhindern, Earp! Denn dieser Jim Hanrahan ist ein Revolvermann, wie ich noch keinen sah. Oh, ich habe ihm aufgelauert, als ich herausfand, dass er meiner Fährte folgte. Als er nahe genug war, hatte ich schon den Revolver auf ihn angelegt. Er spürte es irgendwie mit einem besonderen Sinn und reagierte blitzschnell. Meine Kugel ging fehl, und er zerschoss mir unmittelbar danach den Arm. Er wird meinen Bruder Mac töten, wenn er es mit ihm versuchen sollte. Marshal, Sie müssen das verhindern!«

Wyatt Earp bewegt sich nicht. Groß, knochig, breit und schweigsam steht er hinter der Gittertür und denkt nach.

»Wo ist das Geld versteckt?«, fragt er dann.

»Wollen Sie mich erpressen? Soll ich Ihnen das Versteck verraten, damit Sie einen Zweikampf zwischen Hanrahan und meinem Bruder verhindern? Nun gut, beschützen Sie meinen Bruder, und lassen Sie mich flüchten. Dann bekommen Sie die Hälfte der Siebenunddreißigtausend-Dollar-Beute, die ich ...«

Er bricht heiser ab, selbst erschrocken über seine Kühnheit, so mit Wyatt Earp zu reden.

Dieser sagt nichts mehr – kein einziges Wort. Er wendet sich ab und geht hinaus.

✰✰✰

Jim Hanrahan stellt vor dem angrenzenden Stadthaus fest, dass die Stadtkasse über die Mittagszeit geschlossen ist. Jim bringt deshalb erst einmal sein Pferd in den Mietstall, damit es dort eine gute Mahlzeit bekommt und im Schatten des Schutzdaches die heiße Tageszeit verbringen kann.

Dann begibt er sich in ein Restaurant und von dort aus nach einem kräftigen Mittagessen in den Long Branch Saloon. Hier bestellt er einen Whisky und kauft sich eine Zigarre.

Der Barmann sagt sanft: »Hat Cole Hayman nicht das gestohlene Geld bei sich gehabt? Die Firma, der das Geld gehört, hat fünftausend Dollar Belohnung für die Wiederbeschaffung des Geldes ausgesetzt.«

»Er hatte es nicht bei sich, als ich ihn fing«, sagt Jim Hanrahan ruhig.

Der Barmann betrachtet ihn abschätzend.

»Cole Haymans Bruder Mac ist in der Stadt«, sagt er dann. »Er hat die ganze Nacht in der Fair Play Hall gespielt und eine Menge Geld gewonnen. Gegen Morgen hat er dann einige Lokalrunden gegeben und sich tüchtig betrunken. Er wird jetzt seinen Rausch ausgeschlafen haben. Er wird verkatert und denkbar schlechter Laune sein. Er ist ein Spieler und Revolverheld. Er ist anders als sein kleiner Bruder Cole. Der ist nur ein Viehdieb und Straßenräuber, der eine Postkutsche ausraubte. Mac Hayman ist anders. An Ihrer Stelle würde ich nicht warten, bis er – oh, da kommt er ja schon!«

Hinter Mac Hayman drängt sich ein ganzer Schwarm Neugieriger herein. Sie alle sind in Erwartung eines Kampfes.

Denn Mac Hayman ist in denkbar schlechter Katerstimmung, und es ärgert ihn natürlich sehr, dass sein kleiner Bruder nun eingefangen wurde und von der Jury ganz gewiss schuldig gesprochen werden wird. Denn die Aussagen der Augenzeugen waren zu eindeutig. Und wenn Cole Hayman von der Jury erst einmal für schuldig befunden wurde, wird der Richter die Todesstrafe aussprechen.

Denn Cole Hayman hatte bei seinem Überfall auf die Postkutsche den Begleitmann, der Widerstand leisten wollte, erschossen.

Das war Straßenraub und Mord.

Dafür wird Cole Hayman mit dem eigenen Leben bezahlen.

Sein großer Bruder Mac kommt schweigend herein, ein großer, schlanker und langhaariger Mann im eleganten Prinz-Albert-Rock, blütenweißem Hemd, bestickter Seidenweste, äußerlich ganz und gar einer jener gefährlichen Spieler, die einen bestimmten Typus dieser Zeit verkörpern, also eine Erscheinungsform mit besonders charakteristischen Merkmalen.

Er geht an den Schanktisch, betrachtet Jim Hanrahan im Spiegel und sagt dann, als sich ihre Blicke im Spiegel begegnen: »Sie haben meinen Bruder eingefangen?«

Jim Hanrahan nickt leicht.

»Um die Fangprämie zu kassieren?«

»Meine Beweggründe gehen Sie nichts an, Mister«, sagt Jim Hanrahan sanft. Er greift in seine Westentasche, legt ein kleines Geldstück auf den Tisch und wendet sich ab.

»Ich möchte mit Ihnen keinen Streit, Mister Hayman«, sagt er und geht auf die Tür zu.

Mac Hayman lässt ihn sechs Schritte machen. Dann erliegt er seinen wilden Wünschen.

»Aber ich will Streit mit Ihnen!«, ruft er mit jäh losbrechendem Zorn, und zugleich ergreift er eine halb volle Flasche vom Schanktisch und schleudert sie mit aller Kraft.

Jim Hanrahan bekommt sie zwischen die Schultern, und die Krempe seines Hutes, den er ja an der Windschnur im Nacken hängen hat, mildert den Aufprall etwas.

Doch Mac Hayman ist ein großer und kräftiger Mann, und er warf mit aller Kraft.

Jim Hanrahan fällt auf Hände und Knie. Es ist ihm, als hätte ihn ein Pferd zwischen die Schultern getreten. Die Luft bleibt ihm weg, und die Lähmung strömt wie Blei durch seine Glieder. Er kann sich nicht bewegen, muss froh sein, dass er nicht zur Seite fällt.

Wie aus weiter Ferne hört er Mac Haymans Stimme mit kalter Verachtung und zugleich heißer Wut sagen: »Wenn du ein Sheriff oder eine andere Art von Gesetzesvertreter wärst – nun, dann würde ich es hinnehmen können. Dann würde ich sagen, dass mein Bruder sein eigener Hüter ist, dass er sein Risiko einging und dass er nun einmal sein Spiel verlor, weil er zu viel wagte und mit seinen Karten nichts anzufangen wusste. Aber du bist kein Gesetzesmann! Du bist ein Kopfgeldjäger, ein Bursche, der wegen der ausgesetzten Prämien Menschen jagt, so etwa wie ein Wolfsjäger Wölfe! Ich hasse deine Sorte! Ihr verdient euer Geld durch Menschenjagd! Und sie werden meinen kleinen Bruder hängen, weil du dir tausend Dollar verdienen wolltest!«

Er redete sich immer mehr in eine wilde Wut hinein. Irgendwie verschafft es ihm in seiner Katerstimmung eine gewisse Befriedigung, nun so wild toben zu können.

Nach einer kleinen Pause sagt er heiß: »Steh auf! Aufstehen! Und dann dreh dich um und zieh deinen Revolver! Denn ich will dich zurechtstutzen! Ich will dir den Spaß an der Fangprämie verderben!«

Jim Hanrahan kauert immer noch, doch er bekommt nun wieder Luft. Die Lähmung in seinen Glieder schwindet. Sein Kopf wird wieder klar. Doch der Schmerz ist nun stark. Jim Hanrahan hört die Worte und die Herausforderung zum Kampf.

»Ich kann Ihre Erregung verstehen, Hayman«, sagt er. »Doch sie sollten mich jetzt zufriedenlassen. Ich möchte keinen Streit mit Ihnen. Was ich tat, ist gesetzlich. Auf Ihren Bruder ist eine Belohnung ausgesetzt. Ich verdiente sie mir. Das ist gesetzlich.«

Die Zuschauer haben sich rechts und links an den Wänden aufgestellt und halten sich bereit, Deckung unter den Tischen zu suchen. Sie befinden sich alle in Gefahr, sollten die Kugeln fliegen. Und dennoch riskieren sie diese Gefahr – aus Sensationsgier.

Jim Hanrahan macht den ersten Schritt.

Die Stimme hinter ihm sagt schrill: »Noch zwei Schritte, und ich ziehe den Revolver und schieße. Du bist selbst schuld, wenn du mir dann noch den Rücken zukehrst.«

Jim Hanrahan zögert zwei Atemzüge lang.

Dann macht er den ersten Schritt.

»Eins!« So zählt Mac Hayman und zieht seinen Revolver.

Und da geschieht es! Jim Hanrahan spürt und hört irgendwie, dass hinter ihm eine Hand nach dem Colt schnappt und die Waffe aus dem Schulterholster gezogen wird, den Mac Hayman unter dem Prinz-Albert-Rock trägt.

Die Zuschauer, die in den Long Branch Saloon strömten, bekommen an diesem Tage etwas zu sehen. Sie begreifen in dieser Sekunde, dass es neben Wyatt Earp, Doc Holliday, Wild Bill Hickok, Bat Masterton und all den Revolvermännern mit großen Namen auch noch andere gibt, die nicht so bekannt sind, aber deshalb nicht weniger gefährlich kämpfen können.

Denn Jim Hanrahan wirbelt nun herum. Er duckt sich dabei.

Und noch bevor er seine Drehung – dieses Herumwirbeln – vollendet hat, befindet sich der Revolver in seiner Hand.

Mac Haymans Schuss geht fehl.

Denn obwohl er zuerst zog und sofort zielen konnte, kommt Jim Hanrahan ihm zuvor.

Er zerschießt Mac Hayman den Revolverarm.

Der Revolver poltert aus Haymans Hand zu Boden. Dann hört man ihn gepresst stöhnen. Er muss sich am Schanktisch festhalten. Doch er starrt mit geweiteten Augen auf Jim Hanrahan – so als wäre dieser eine einmalige Naturerscheinung.

Alle sehen zu, wie er aus dem Saloon geht.

Und sie wissen, dass sie einen Revolvermann sahen, der diesen Mac Hayman ebenso gut auch hätte töten können. Sie sahen einen Mann, der eine schreckliche Befähigung zum Revolvermann besitzt.

Sie fragen sich alle, wie dieser Fremde wohl heißen mag.

✰✰✰

Jim Hanrahan holt zuerst sein Pferd. Dann kauft er im Store etwas Proviant. Und dann geht er zur Stadtkasse, wobei ihm sein rotbraunes Pferd »Apache« wie ein folgsamer Hund folgt.

Er legt die Quittung des Marshals vor, muss seine Personalien angeben und bekommt die Belohnung ausgezahlt, die man auf die Ergreifung Cole Haymans ausgesetzt hatte.

Und nun erst weiß man in Dodge City, dass Jim Hanrahan 1842 im Hot Springs County von Arkansas geboren wurde. Damit wird klar, dass man noch nie von ihm hörte.

Als Jim draußen in den Sattel steigen will, kommt Wyatt Earp auf dem Plankengehsteig entlang. Er bleibt stehen, blickt Jim Hanrahan an und sagt: »Ich hörte, dass Sie in Selbstverteidigung den Revolver abfeuerten. Da Sie überdies die Stadt verlassen, ist die Sache für mich erledigt.«

»Für mich auch«, erwidert Jim Hanrahan und sitzt auf.

Er reitet davon, ohne sich noch einmal umzusehen, und er nimmt die Erkenntnis mit, dass er gegen diesen Wyatt Earp eine instinktive Abneigung verspürt, die er eigentlich nicht so recht begründen kann.

Jim Hanrahan reitet nicht weit, nur bis zum Arkansas River und diesen dann ein Stück stromauf bis hinter die Furt. Er findet einen guten Uferplatz im Schatten einiger Bäume. Er lässt sein Pferd weiden und sucht sich eine geeignete Angelrute.

Dann fängt er einige Forellen für das Abendbrot und verbringt den Nachmittag wie ein Nichtstuer und Satteltramp. Am Abend brät er sich dann die Forellen und legt sich zur Ruhe.

Er erwacht nach Mitternacht, sattelt sein Pferd und reitet zur Stadt zurück. Die Stadt ist noch recht laut und betriebsam.

Die Herden in den Verladecorrals brüllen, und die Leerzüge rollen von Osten her heran, während die vollen Viehzüge mit ihrer brüllenden Fracht nach Osten zu abfahren. Es wird hier Tag und Nacht verladen. Und all die Treiber, die mit den Texasherden den langen Trail herausgekommen waren, verjubeln in der Stadt ihren Lohn.

Es ist eine wilde, sündhafte und lasterhafte Stadt.

Jim Hanrahan lässt sein Pferd in einer Gasse stehen und setzt seinen Weg zu Fuß fort. Er gelangt dann in die dunkle Seitengasse, die am Gefängnis vorbei irgendwohin in das Gewirr der Hütten und primitiven Bauten am Rande der Stadt führt.

Jim Hanrahan gleitet in eine Nische des gegenüberliegenden Hauses und blickt zu den kleinen Fenstern des Gefängnisses empor. Eines dieser Fenster gehört zu Cole Haymans Zelle. Und da Jim Hanrahan im Zellenraum war, sich dort gründlich genug umsah, weiß er auch, welches Fenster es ist.

Es ist sehr hoch, so hoch, dass der Gefangene es drinnen nicht erreichen kann. Und von der etwas tiefer liegenden Gasse ist es noch höher. Ein Mann, der sich auf die Schultern eines anderen Mannes stellt, könnte seine Nasenspitze gerade hoch genug in Fensterhöhe bringen, um hineinsehen zu können. Aber vom flachen Dach aus könnte ein Mann, der sich auf den Bauch legt und sich weit genug über den Dachrand beugt, das Fenster erreichen, hinein in die Zelle sehen oder etwas hinein in diese Zelle fallen lassen.

Hinter dem Gefängnis findet Jim einen Baum. Er klettert daran empor und an einem starken Ast entlang. Der Sprung von dort ist sehr gefährlich, aber Jim Hanrahan schafft ihn mit einer affenartig wirkenden Geschicklichkeit.

Wenig später kann er dann in die Zelle blicken.

Aber die Zelle ist leer, und wie Jim sehen kann, steht die Gittertür offen.

Doch nicht lange. Es kommt ein Mann in die Zelle, der sich auf die Holzpritsche legt. Dann taucht Cole Hayman wieder in Jims beschränktem Blickfeld auf. Cole bindet dem Mann, der sich freiwillig auf die Holzpritsche legt, Hände und Füße zusammen und ein Tuch vor den Mund und verlässt die Zelle.

Jim Hanrahan aber überlegt nur drei Sekunden. Und seine Überlegungen gehen davon aus, dass der Mann, der nun gefesselt in Cole Haymans Zelle liegt, der Nachtwächter des Gefängnisses ist.

Und es sah ganz so aus, als hätte sich der Mann sehr willig und gehorsam »überwältigen« lassen.

Cole bricht also wieder aus. Jim Hanrahan, der hergekommen ist, um ihm irgendwie die Chance zu einem Ausbruch zu verschaffen, ohne selbst dabei von Cole Hayman erkannt zu werden, kommt schnell zu der Erkenntnis, dass auch andere Leute auf die Idee kamen, den lieben Cole Hayman noch einmal laufen zu lassen.

Jim Hanrahan grinst plötzlich, als er daran denkt, wer die gleiche Idee wie er hatte. Denn dies ist für ihn leicht zu erraten.

Und nun beeilt er sich.

Denn das Spiel wird jetzt erst richtig in Gang kommen. Es ist ein Fünftausend-Dollar-Spiel.

Denn fünftausend Dollar – nun, genau diese Summe ist als Belohnung für die Wiederbeschaffung der siebenunddreißigtausend Dollar ausgesetzt, die der liebe Cole Hayman vor einigen Tagen aus einer Postkutsche raubte, wobei er den Begleitmann erschoss.

Jim Hanrahan springt vom Dach und gleitet davon. Er muss nun sehr vorsichtig und schnell sein.

Er schwingt sich wenig später auf sein Pferd und reitet aus der tobenden Stadt, die nun noch lauter lärmt und tollt, so als wollte sie so kurz vor der Polizeistunde noch recht viel von all den fragwürdigen Freuden auskosten.

Jim reitet bis zu jenem Ort, wo Cole Hayman vor einigen Tagen die Postkutsche ausraubte. Jim zieht sich mit seinem Pferd unter einige Bäume zurück, und er wird nun vollkommen unsichtbar in dieser Nacht. Er holte einige Lappen aus der Satteltasche und umwickelt die Hufe seines Pferdes.

Dann wartet er.

Er muss nicht lange warten.

Cole Hayman hat sich nicht nur ein Pferd gestohlen, nein, er bringt noch ein Reservepferd mit. Er hält nicht an, als er den Ort erreicht, wo vor einigen Tagen der Überfall stattfand und ein Mann der Faro Companie, der als bewaffneter Begleitmann fuhr, getötet wurde.

Cole Hayman biegt nach rechts ab und reitet durch eine Hügellücke. Er kommt dabei dicht an der Baumgruppe vorbei, in deren Schutz Jim Hanrahan und sein Pferd bewegungslos verharren.

Als er verschwunden ist, sitzt Jim auf und folgt ihm.

Die beiden galoppierenden Pferde des Verfolgten machen eine ganze Menge Lärm in der Nacht, zumal das Gelände bald rauer und steiniger wird. Jim folgt also dem Staubgeruch und dem Hufschlag, und er hält sich dicht hinter Cole Hayman.

Jim grinst bei dem Gedanken, dass er sich nun gewissermaßen zwischen dem Verfolgten und dessen Verfolger geschoben hat.

So geht es nun einige Meilen weit durch das raue Hügelland.

Dann verstummt der Hufschlag jäh.

Jim wartet zehn Atemzüge lang. Und als es dann vor ihm immer noch still bleibt, da weiß er, dass er handeln muss.

Er schwingt sich aus dem Sattel, lässt sein Pferd zurück und grinst wieder bei dem Gedanken an den Mann, der ihm folgte und der nun ebenfalls sein Pferd verlassen und nach vorn kommen wird. Wenn dieser Mann dann hier auf Jims rotbraunes Pferd stößt, wird er dieses Rätsel zwar sehr schnell lösen, er wird aber zugleich auch wissen, dass jemand ihm zuvorgekommen ist.

Die Nacht ist zwar nicht hell, aber auch nicht so schwarz wie die Seele eines Sünders. Jim kann einigermaßen gut erkennen, was der liebe Cole acht Schritte entfernt macht. So nahe ritt Cole heran, schon allein deshalb, um die sehr schweren Geldsäcke nicht so weit schleppen zu müssen.

Er holt sie aus einem Dornbusch, der so dicht ist, dass selbst ein Wiesel Mühe hätte, sich darin zu bewegen, ohne gestochen zu werden.

Cole Hayman flucht deshalb unentwegt, obwohl er doch gewissermaßen einen »Schatz« hebt. Er arbeitet mit einem Messer, wird jedoch zerkratzt und zerschunden von den Dornen und zerreißt auch seine Kleidung. Als er dann keuchend und schnaufend die beiden klirrenden Goldsäcke zu den Pferden bringt, tritt Jim ihm entgegen und sagt herzlich: »Das ist ein Pech, nicht wahr, Cole?«

Dieser stößt einen wilden Schrei aus, lässt die Säcke fallen und greift nach dem Revolver.