G. F. Unger Western-Bestseller 2527 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2527 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Der Marshal steht bewegungslos da und blickt zum Saloon hinüber. Er wirkt nachdenklich - und sehr einsam.
Aus dem Saloon ruft eine wilde Stimme: »Hoi, Kinkaid, alter Knabe! Komm nur herein, Bruderherz! Ich werde dir einen warmen Empfang bereiten! Denn hier ist eine geschlossene Gesellschaft! Hier trinkt Mister Billy Hackmoore mit Mister Billy Hackmoore! Und wir haben einen solchen Spaß, wir zwei Gentlemen, dass wir uns nicht stören lassen wollen! Hoi, wer wagt es, den Löwen zu reizen?« Die Stimme klingt schrill und betrunken.
Der Marshal wendet sich plötzlich um. Sein Blick schweift über die Menge.
»Ich brauche eine kleine Hilfe«, sagt er. »Ich möchte Billy Hackmoore nicht erschießen müssen, deshalb brauche ich Hilfe. Wie ist es mit dir, Larry King?«
Er blickt einen der Reiter an, die hinter der Zuschauermenge halten. Doch der Reiter schüttelt schweigend den Kopf.
»Und du, Saba Sage?«
Wieder schüttelt einer der Reiter den Kopf.
Als der Marshal nun die Zuschauerversammlung betrachtet, ziehen sich alle zurück ...


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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Verlorene Fährte

Vorschau

Impressum

Verlorene Fährte

Der Marshal steht bewegungslos da und blickt zum Saloon hinüber. Er wirkt nachdenklich – und sehr einsam.

Aus dem Saloon ruft eine wilde Stimme: »Hoi, Kinkaid, alter Knabe! Komm nur herein, Bruderherz! Ich werde dir einen warmen Empfang bereiten! Denn hier ist eine geschlossene Gesellschaft! Hier trinkt Mister Billy Hackmoore mit Mister Billy Hackmoore! Und wir haben einen solchen Spaß, wir zwei Gentlemen, dass wir uns nicht stören lassen wollen! Hoi, wer wagt es, den Löwen zu reizen?« Die Stimme klingt schrill und betrunken.

Der Marshal wendet sich plötzlich um. Sein Blick schweift über die Menge.

»Ich brauche eine kleine Hilfe«, sagt er. »Ich möchte Billy Hackmoore nicht erschießen müssen, deshalb brauche ich Hilfe. Wie ist es mit dir, Larry King?«

Er blickt einen der Reiter an, die hinter der Zuschauermenge halten. Doch der Reiter schüttelt schweigend den Kopf.

»Und du, Saba Sage?«

Wieder schüttelt einer der Reiter den Kopf.

Als der Marshal nun die Zuschauerversammlung betrachtet, ziehen sich alle zurück ...

Jim Carmody, der eben erst in die Stadt geritten kam und wie ein Satteltramp wirkt, betrachtet das narbige Gesicht des Marshals. Er glaubt nicht, dass der Mann Furcht hat. Es wird wahrhaftig so sein, dass er Hilfe haben möchte, weil er den wilden Jungen dort drinnen nicht erschießen, sondern ihm auf eine andere Art beikommen will. Denn dieser Billy Hackmoore scheint ein heißes Eisen zu sein.

Jim Carmody denkt daran, dass er einige Dollars gebrauchen könnte und dass vor allen Dingen sein Pferd neue Hufeisen haben muss.

Der Marshal blickt noch einmal zu den wartenden Reitern, und als er nun Jim Carmodys Blick begegnet, da hält er mit seinem schweifenden Blick inne. Er blickt Carmody fest an.

Carmody hat die Hände über dem Sattelhorn liegen. Nun hebt er die Linke und bewegt den Zeigefinger. »Für zehn Dollar helfe ich Ihnen, Marshal. Und für fünfzig Dollar hole ich ihn allein heraus – ohne jede Hilfe.«

Als seine ruhige Stimme verklingt, haben sich ihm alle Gesichter zugewandt. Und alle Augen betrachten ihn.

Aus dem Hintergrund sagt eine heisere Stimme: »Oha, ein Satteltramp, den der Hunger so sehr in den Bauch beißt, dass ihm jede Gelegenheit recht ist, einige Dollars verdienen zu können.«

Und damit hat der Sprecher im Hintergrund die Sache ziemlich genau eingeschätzt.

»So ist es«, sagt Jim Carmody. »Ich bin abgebrannt. Aber ich fürchte mich nicht. Ich bin auch kein Bürger dieser Stadt. Deshalb helfe ich dem Marshal nur für Geld.«

Seine Worte treibt einigen Männern die Schamröte in die Gesichter.

Der Marshal aber sagt: »Steigen Sie ab, Cowboy. Ich muss Sie als meinen Gehilfen vereidigen. Ich stelle Sie für diese Amtshandlung für zehn Dollar Lohn ein. Gehen Sie zur Hintertür des Saloons, stoßen Sie diese auf und schießen Sie in den Raum, ohne sich sehen zu lassen. Wenn Sie dreimal geschossen haben, hören Sie auf, denn ich springe dann durch die Vordertür in den Saloon. Was dann sein wird, kann man noch nicht voraussagen. Ist alles klar?«

Jim Carmody nickt. Und dann blickt er noch einmal vom Sattel aus auf die Menschenansammlung.

Einer der Reiter neben ihm sagt jedoch: »Marshal, das ist nicht fair. Dieser Satteltramp weiß sicherlich nichts von Billy Hackmoores großem Bruder.«

Der Reiter, den der Marshal mit Larry King angeredet hatte, wendet sich nun direkt an Jim Carmody.

»Bruder«, sagt er zu Jim Carmody, »du musst wissen, dass dieser Billy Hackmoore, der dort drinnen den wilden Affen spielt, einen großen Bruder hat. Im Vergleich zu diesem Bruder ist er ein kleiner, bösartiger, giftiger Pinscher, der jeden ins Bein beißt. Und dieser große Bruder ist kein anderer als Logan Hackmoore, für den etwa zwei Dutzend besonders harte Nummern reiten. Logan Hackmoore glaubt an seinen Bruder wie eine gute Mami an den missratenen Sohn. Und er zieht jedem Narren das Fell ab, der den lieben Billy beim Ohr nimmt. Das ist ein harter Job für zehn Dollar, Bruder. Wenn du knapp bei Kasse bist, so könnte ich dir einige Dollars borgen.«

»Danke«, murmelt Jim Carmody. »Ich habe aber dem Marshal schon zugesagt.«

Er setzt sein Pferd in Bewegung und reitet durch die Gasse, die die Zuschauer für ihn öffnen. Er reitet bis zur Ecke des Saloons, sitzt hier ab und geht zu Fuß in die Gasse hinein, die an der Seitenfront des Saloons entlangführt.

Als er die Hinterseite erreicht hat, schwenkt er ohne Zögern ein und gelangt über einen Hof, auf dem einige Schuppen stehen, zur Hintertür. Er öffnet sie, betritt einen Flur, von dem aus einige Türen in irgendwelche Räume führen. Er findet schnell die richtige Tür, denn er hört Billy Hackmoore dahinter singen:

»Als die Mexikaner vor Alamo lagen,

Da hatte kein Texaner Furcht!

Nur Jim Bowies Papagei,

Der legt vor Angst ein grünes Ei!«

Billy Hackmoore bricht nach dieser Strophe in ein wildes Gelächter aus. Dann beginnt er zu schießen. Und immer nach jedem Schuss klirrt es splitternd. Er schießt auf Flaschen, die sich in einem Regal befinden.

Jim Carmody öffnet die Tür einen winzigen Spalt. Doch so winzig der Spalt auch ist und so vorsichtig er die Tür auch öffnete, der betrunkene Wilde dort drinnen scheint einen besonderen Sinn zu haben. Denn es pfeift nun eine Kugel dicht über Jims Kopf durch den Spalt. Und da Jim sich blitzschnell aus der Schusslinie bringt, sich also neben der Tür an die Wand presst, trifft ihn die zweite Kugel, die tiefer gezielt wurde, zum Glück nicht.

Drinnen kreischt der Betrunkene: »Zeig mir noch einmal deine Nasenspitze! Hoi, zeig sie mir! Und du wirst sehen, wie schnell ich sie treffen kann!«

Es folgt nun ein gellendes Gelächter. Und es ist völlig klar, dass der wilde Junge dort drinnen einen Vollrausch hat, der ihn unzurechnungsfähig macht.

Und trotz dieser Volltrunkenheit schießt er gefährlich genau und schnell.

In Jim Carmody ist eine tiefe Bitterkeit. Er spürt seinen beißenden Hunger, und er macht sich nun bittere Vorwürfe, dass es mit ihm nun so weit gekommen ist, dass er für zehn Dollar an solchen Dingen teilnimmt.

Aber zehn Dollar sind für ihn jetzt ein riesiges Vermögen. Er kann davon einige Tage leben und sich eine Arbeit suchen. Ja, er will wieder einer geregelten Tätigkeit nachgehen. Die Fährte, der er schon viele Jahre folgte, hat sich wieder einmal verloren.

Doch diesmal wird er nicht wieder nach neuen Spuren suchen, nach Anhaltspunkten und Möglichkeiten.

Nein, er hat nun genug. Er will sich jetzt die zehn Dollar verdienen, die für ihn der erste Schritt zu einem geregelten Leben werden sollen.

Und so stößt er mit dem Fuß die Tür auf, hält sich in Deckung und schiebt nur den Revolverlauf um den Türrahmen herum in den Gastraum. Er beginnt zu schießen, und er hofft, dass seine Kugeln keinen besonderen Schaden anrichten.

Als er zum dritten Mal abdrückt, wird sein Feuer erwidert. Und der Trunkenbold stößt wilde Schreie aus. Das Holz splittert vor Jims Gesicht vom Türrahmen.

Jim zählt die Schüsse, doch er hat den Burschen nun schon mehr als sechsmal schießen gehört. Das beweist, dass Billy Hackmoore zumindest zwei Revolver zur Hand hat.

Die Vordertür – es ist eine doppelte Schwingtür – kracht nun auf. Die beiden Türflügel prallen gegen die Wände. Jim kann von seinem Standpunkt zwar nicht den Schanktisch und den wilden Billy sehen, wohl aber doch den Marshal, der sich durch die Tür schleudert, auf dem Boden landet und sich zwischen die Stühle und Tische rollt.

Billy Hackmoores Revolver krachen mehrmals, und dann liegt der Marshal plötzlich still.

Jim begreift, dass der Marshal getroffen wurde. Er fühlt sich irgendwie mitschuldig daran. Es kommt ihm so vor, als hätte er nicht genug getan, um dem Marshal beizustehen. Und es geht ihm jetzt nicht mehr um die zehn Dollar Lohn.

Ein Mann verließ sich auf seinen Beistand. Und dieser Beistand war offensichtlich nicht gut genug.

Er hört den wilden Billy kreischend rufen: »Ich habe ihn getroffen! Hoi, er wollte mich angreifen, doch ich habe es ihm besorgt! Niemand schießt so gut wie Mister Billy Hackmoore! Wer will es noch probieren? Wer will noch mal und hat noch nicht? He, du Bursche dort an der Hintertür! Willst du es versuchen? Du kannst einen fairen Kampf bekommen! Steck deine Kanone ins Holster und komm zum Vorschein. Auch ich werde meine Waffe im Holster haben! Also komm, Bursche!«

Jim Carmody überlegt, und er glaubt jedes Wort. Denn dieser betrunkene Bursche ist großspurig und siegesgewiss. Der will jetzt ganz auf Revolverkämpfer machen und fühlt sich prächtig in dieser Pose, nachdem er den gewiss gefährlichen Marshal ausschalten konnte.

Jim Carmody steckt seinen Revolver weg und ruft: »Also gut, Billy! Ich komme!«

»Komm nur! Ich bin neugierig, wen ich da zu sehen bekomme!«

Jim tritt durch die Hintertür ein.

Billy Hackmoore ist ein rotköpfiger, sommersprossiger, nicht sehr großer, drahtiger und krummbeiniger Bursche. Und er ist herausgeputzt wie Buffalo Bill Cody, wenn dieser in seinem Zirkus auftritt, mit dem er zurzeit die ganze Welt bereist.

Ja, Billy Hackmoore trägt einen roten Knebelbart, und seine roten Haare sind leicht gelockt und hängen ihm bis über den Jackenkragen. Seine Jacke ist aus hellem Rehleder und befranst wie das Lederhemd eines Indianerhäuptlings. Er trägt eine schwarze Lederhose und bunt bestickte Maßstiefel aus San Antonio.

Billy Hackmoore hat seinen Revolver tatsächlich im Holster und lehnt lässig an einem Schanktisch.

Hinter der Theke sind Spiegel, Ölbilder und Flaschenregale. Einige Flaschen wurden zerschossen.

Und Billy Hackmoore hielt sich genau an sein Versprechen.

Doch er hält noch eine zweite Waffe in der Hand, hielt sie bis jetzt seitlich an seinem Körper verborgen. Wahrscheinlich ist es die Waffe des Saloonbesitzers, die hinter dem Schanktisch griffbereit lag. Er richtet die Mündung nun auf Jim Carmody und grinst böse.

»Ich lege immer noch jeden Burschen rein«, sagt er schrill, »der sich für einen Schlaukopf hält. Doch gegen mich seid ihr alle Dummköpfe. Ich bin Billy Hackmoore. Ich bin nicht nur der kleine Bruder von Logan Hackmoore – ich bin ich, verstehst du? Ich bin ich, Billy Hackmoore!«

Jim Carmody versteht es gut. Oh, er versteht mit einem Mal, dass dieser Billy im Schatten eines großen Bruders lebt und sich jeden Tag aufs Neue gegen diesen Bruder wie ein lächerlicher Wicht vorkommt, der nichts taugt, nie etwas taugen und niemals auch nur halb so groß und beachtlich wie der große Bruder sein wird.

Ja, das ist Billys Problem. Jim Carmody erkennt es sofort. Denn er hatte ebenfalls solch einen Bruder. Und er war nicht immer ein Satteltramp.

Jim Carmody atmet langsam aus. Dann sagt er: »Billy, ich möchte keinen Streit mit dir. Aber ich bekomme vom Marshal zehn Dollar für meine Hilfe. Und zehn Dollar sind für mich zurzeit ein ganzer Berg Geld. Ich habe die Schüsse genau gezählt. Der Colt im Holster ist leer. Und auch die Waffe in deiner Hand muss leer sein. Du solltest also ...«

»Sie ist nicht leer«, sagt Billy Hackmoore heftig und ganz mit dem Eigensinn Betrunkener. »Ich bin nicht so betrunken, dass ich nicht mehr weiß, wie viel Schuss ich abgegeben habe. Ich habe noch eine Kugel zur Verfügung. Und die reicht für dich. Bring mir deinen Revolver! Nimm ihn mit den Fingerspitzen aus der Holster! Leg ihn auf den Schanktisch und stoß ihn zu mir! Vorwärts!«

Seine Worte kommen immer mühsamer und unbeholfener. Seine Trunkenheit nimmt noch zu.

Aber er ist immer noch gefährlich. In seinen rötlichen Augen leuchtet es gefährlich. Er ist ein Bursche, der sich sonst sehr klein und gering fühlt und der sich berauscht, um sich groß und gewaltig zu fühlen. Er gibt niemandem eine Chance.

In Jim Carmody ist nun ein kalter Zorn darüber, dass er sich so reinlegen ließ. Aber vielleicht machte ihn der Hunger etwas leichtsinnig.

Er zieht seinen Revolver mit den Fingerspitzen. Denn sein Bluff, dass Billy Hackmoores Colt leer wäre, führte zu keinem Erfolg. Er wirft die Waffe nun in die Luft und fängt sie am Lauf wieder auf.

»Du hast gewonnen, Billy«, sagt er, und er sieht nun, wie sich der Marshal unter den Tischen und Stühlen bewegt. Er hört ihn stöhnen. Und auch Billy Hackmoore hört es.

Unwillkürlich bewegt er den Revolver, den er auf Jim gerichtet hat, in die Richtung des Marshals.

Das genügt für Carmody. Der Revolver, den er am Lauf gepackt hält, macht einen Salto. Carmody kann das so geschickt wie ein Jongleur.

Jim Carmody fängt den Revolver am Kolben. Und fast gleichzeitig kracht der Schuss. Die Kugel zerschlägt Billy Hackmoores Arm. Und er lässt den Revolver fallen, fällt auf die Knie und wird bleich und fast grün im Gesicht.

»Du lieber Gott ...«, ächzt er.

Und dann fällt er aufs Gesicht. Seine Trunkenheit, der heftige Schrecken, den seine Verwundung ihm einjagte, und natürlich auch die einsetzenden Schmerzen, sie machten ihn bewusstlos.

Jim Carmody seufzt bitter.

Er hält den Revolver noch schussbereit in der Hand und blickt sich um. Der Marshal kommt nun unter den Tischen hervor. Als er sich langsam und stöhnend aufrichtet, sieht Jim an der Schläfe des Mannes Blut. Der Marshal bekam also einen Streifschuss, und die Kugel wirkte wie ein Keulenhieb.

»Glück gehabt, Marshal«, sagt Jim. Und als er erkennen kann, dass der Mann bei Verstand ist, fügt er hinzu: »Ich habe es eilig, die zehn Dollar zu bekommen, sehr eilig!«

Der Marshal steht nun vor ihm. Er greift in die Westentasche und reicht Jim ein Zehndollarstück.

»Kommen Sie nachher in mein Office und quittieren Sie mir den Betrag für die Abrechnung bei der Stadtkasse«, sagt er gepresst, denn er hat schlimme Kopfschmerzen.

Jim Carmody betrachtet den Marshal auf eine nachdenkliche Art. Es ist, als suchte er in seiner Erinnerung.

»Wie ist Ihr Name, Marshal?«, fragt er.

»Kinkaid, Sol Kinkaid. Und Ihrer?«

»Carmody. Jim Carmody aus dem Franklin County in Nevada«, murmelt Jim sanft, doch sein Blick ist scharf und forschend. »Waren Sie schon einmal in Nevada, Kinkaid?«, fragte er sanfter noch als zuvor.

In Kinkaids Gesicht hatte sich nichts bewegt. Und auch jetzt zeigt sich kein Ausdruck in diesem narbigen Gesicht.

»Nein«, sagt er. Er wendet sich ab, nimmt sein Halstuch, geht damit hinter den Schanktisch und taucht es in die Spülwanne. Als er es dann gegen die blutende Schläfe presst, schnauft er erleichtert.

Durch die Schwingtür kamen indes einige Bürger der Stadt.

»Holt den Doc«, sagt Sol Kinkaid bitter. »Dieser wilde Affe wurde in den Arm geschossen. Und er hatte noch Glück. Er kam noch gut davon.«

Jim Carmody geht langsam hinaus. Er muss sich gegen den Strom eintretender Männer drängen.

Draußen stehen noch mehr Leute, auch Frauen und größere Kinder.

Sie betrachten ihn stumm.

Er aber nimmt sein Pferd und geht die Straße zurück zu der kleinen Imbissstube, an der er vorbeigeritten war, als er in die Stadt kam. Er lässt sein Pferd an einem Tränktrog stehen und geht in die Imbissstube.

Das Gastzimmer ist leer. Auch hinter dem Anrichtetisch ist niemand. Aus der Küche hört er das Klappern von Geschirr. Irgendwelche Genüsse braten in Pfannen, wie Jim riechen und auch hören kann.

»Hallo, Bedienung!«, ruft er ziemlich scharf, denn sein Hunger ist bösartig und setzt ihm so sehr zu, dass er es kaum noch aushalten kann.

»Ich komme gleich!« Dies erwidert ihm eine Frauen- oder Mädchenstimme auf eine ruhig-fröhliche Art. Dann hört er, wie in einer großen Pfanne Steaks umgedreht werden.

Das Wasser läuft ihm im Mund zusammen, und er glaubt einen Moment, von einem Wolf in den Magen gebissen zu werden. Er muss immerzu schlucken. Aber als dann das Mädchen aus der Küche tritt, vergisst er für einen Moment seinen rasenden Hunger.

»Sie müssen warten«, sagt sie zu ihm. »Ich kann erst in einer halben Stunde meinen Gästen etwas vorsetzen. Speisen müssen kochen oder braten. Und ein Abendbrot ist ein Abendbrot und kein spätes Mittagessen. Die Sonne steht immer noch eine Handbreit über den Hügeln.«

Nachdem sie ihm dies sagte, will sie mit einer raschen Wendung in die Küche zurück. Er aber sagt schnell: »Madam, ich habe fast zwei Tage nichts gegessen. Vielleicht ...«

Er verstummt, denn es widerstrebt ihm, nun offensichtlich um etwas zu bitten. Er richtet sich gerade auf und wendet sich ab.

»Schon gut«, murmelt er. »Ich kann noch eine Weile warten. Ich sehe ein, dass Speisen erst gar sein müssen.«

Er will hinaus. Doch sie hat ihn inzwischen schärfer und sorgfältiger betrachtet. Vielleicht konnte sie erkennen, dass er kein gewöhnlicher, abgerissener Satteltramp ist.

»Sie können etwas Rauchfleisch und Brot haben«, sagt sie. »Sozusagen als Vorspeise. Und Kaffee hätte ich auch schon fertig.«

Sie lächelt auf eine gute Art, und er begreift, dass sie sich auf Männer versteht und erkannt hat, dass er nach einem langen und harten Ritt vor Hunger fast bewusstlos wird.

Sie deutet auf einen Tisch dicht bei der Anrichte.

»Warten Sie einen Moment, Cowboy. Sie sind doch ein Cowboy?«

Sie hat es zwar eilig, dies sieht man ihr an. Und dennoch betrachtet sie ihn auf eine sorgfältige Art. Es ist leichter Zweifel in ihrem Blick zu erkennen.

»Ich warf früher das Lasso«, murmelt er, und er kann sehen, wie ihr Blick sich nun auf seinen Revolver richtet, wie sie sich wie unter dem Einfluss einer bestimmten Erkenntnis strafft und ihr Blick und ihre ganze Art kühler werden.

Aha, denkt er bitter, sie hat nun erkannt, was ich bin. Und sie mag keine Revolverschwinger, nein, die mag sie nicht.

Sie geht wortlos in die Küche zurück. Jim aber setzt sich an den kleinen Tisch. Er bekommt wenig später die versprochenen Dinge vorgesetzt, und der heiße Kaffee ist stark und schwarz, so wie ihn die Männer hier in diesem Land gern haben.

Wenige Minuten später kommt ein Mann herein. Es ist jener Reiter, den der Marshal Larry King nannte, den er um Hilfe bat und der diese Hilfe verweigerte.

Nun erkennt er Jim, hält bei ihm an und sagt: »Ich würde mich nicht länger als zwei Stunden in Starbow aufhalten, Bruder. Denn sonst kommt Logan Hackmoore und bricht dir alle Knochen im Leib.«

Beim Klang seiner Stimme erscheint das Mädchen wieder in der Küchentür. Er wendet sich zu ihr, deutet mit dem Daumen auf Jim und sagt: »Der Marshal hat Billy Hackmoore mithilfe eines Fremden aus dem Saloon geholt. Der Marshal bekam einen Streifschuss, doch der Fremde schoss den wilden Billy in den Arm. Und das ist der Fremde. Er bekam zehn Dollar für diesen Job, und er setzt einen Teil davon bei dir in Nahrung um, Susan.«

Da sie wahrscheinlich nicht aus der Küche konnte, hatte sie wohl diesen Larry King gebeten, ihr über den Verlauf der Dinge Bericht zu erstatten.