G. F. Unger Western-Bestseller 2538 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2538 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Nachmittagshitze liegt gnadenlos über Fort Catalina und saugt den letzten Rest von Feuchtigkeit aus dem Land und seinen Lebewesen.
Die Catalina-Berge schimmern hinter dem Hitzeschleier und scheinen tausend Geheimnisse und Gefahren zu bergen.
Der San Pedro River, an dessen Westufer das Fort liegt, ist nur ein Rinnsal geworden.
Und dennoch macht die I-Abteilung in der Hitze auf dem Paradeplatz Strafdienst.
Lieutenant Zane Weaver steht im Schatten eines der Wachtürme und ruft mit klarer und metallisch klingender Stimme die Befehle.
Sie exerzieren zu Fuß, obwohl sie ja Kavalleristen sind. Aber es ist nun mal Strafdienst. Der Staub, den sie aufwirbeln, füllt den weiten Platz. Manchmal, wenn der leichte Wind den Staub etwas lichtet, kann man erkennen, wie sehr sie schwitzen und sich der Rücken ihrer Feldblusen dunkel gefärbt hat ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Mescalero-Fährte

Vorschau

Impressum

Mescalero-Fährte

Die Nachmittagshitze liegt gnadenlos über Fort Catalina und saugt den letzten Rest von Feuchtigkeit aus dem Land und seinen Lebewesen.

Die Catalina-Berge schimmern hinter dem Hitzeschleier und scheinen tausend Geheimnisse und Gefahren zu bergen.

Der San Pedro River, an dessen Westufer das Fort liegt, ist nur ein Rinnsal geworden.

Und dennoch macht die I-Abteilung in der Hitze auf dem Paradeplatz Strafdienst.

Lieutenant Zane Weaver steht im Schatten eines der Wachtürme und ruft mit klarer und metallisch klingender Stimme die Befehle.

Sie exerzieren zu Fuß, obwohl sie ja Kavalleristen sind. Aber es ist nun mal Strafdienst. Der Staub, den sie aufwirbeln, füllt den weiten Platz. Manchmal, wenn der leichte Wind den Staub etwas lichtet, kann man erkennen, wie sehr sie schwitzen und sich der Rücken ihrer Feldblusen dunkel gefärbt hat ...

Einige der Soldaten brechen nacheinander zusammen und bleiben im Staub unter der gnadenlosen Sonne liegen. Doch der Strafdienst geht weiter. Die Befehle von Lieutenant Zane Weaver klingen sogar noch schärfer.

Und über allem hängt die Flagge der Union an ihrem hohen Mast und bewegt sich nur träge, wenn wieder mal ein schwacher Wind von den Bergen herüberweht.

Die keuchenden Soldaten finden dennoch die Kraft zum Fluchen, und so verfluchen sie ihren Schinder. Doch das hilft ihnen wenig. Erst als der Lieutenant wieder einmal seine Nickeluhr aus der Tasche zieht und feststellt, dass die Zeit des Strafdienstes um ist, wird ihr Leiden beendet.

Er lässt sie antreten in einer Reihe und geht dann von Mann zu Mann. Ja, er blickt jedem in die Augen – und einige erwidern seinen harten Blick voller Trotz und lassen ihn erkennen, wie sehr sie ihn hassen.

Er tritt einige Schritte zurück und kann nun besser die Reihe übersehen. Auch sie sehen ihn, und sie sehen einen hageren, geschmeidig wirkenden indianerhaften Mann. Ihr Hass weht von ihnen zu ihm herüber. Er kann ihn wie einen heißen Hauch spüren.

Unter ihnen ist auch ein Sergeant, sind zwei Corporals. Sie mussten ebenfalls mitmachen. Und das war für sie als Unteroffiziere besonders entwürdigend.

Seine Stimme klingt hart: »Jetzt habt ihr es wohl endlich begriffen, so hoffe ich. Und wenn nicht, dann bekommt ihr es noch mal von mir. Ich möchte nicht mit einer Patrouille auf Apachen-Jagd reiten, die in ihren Feldflaschen Tequila statt Wasser hat. Und wenn auch nur ein einziger Narr unter euch ist – ihr müsst mit ihm büßen. Wegtreten zum Zeugdienst!«

Die Reihe löst sich auf. Einige von ihnen müssen gestützt und geführt werden.

Sie wollen zu ihrer Mannschaftsbaracke hinüber. Doch dann halten sie alle inne, auch der Lieutenant, der zu seinem Quartier wollte.

Denn von einem der Wachtürme, der den Sektor nach Westen überwacht, tönt der Ruf des Postens: »Hoiii, die Scott-Patrouille kommt zurück! Sie bringen Tote und Verwundete mit!« Die Stimme des Soldaten oben auf dem Turm heult voller Wut.

Im Fort aber wird es nun auf andere Art lebendig.

Überall kommen sie aus den Baracken, Werkstätten, der Kommandantur und den Offizierswohnungen und -quartieren.

Und dann warten sie bewegungslos und stumm.

Auf der Veranda der Kommandantur erscheint der Major.

Zu ihm eilen die Offiziere.

Vor den Offizierswohnungen erscheinen auch drei Frauen.

Und vor dem Lazarett wartet der Feldarzt mit den beiden Sanitätern.

Es ist fast eine Zeremonie, denn dies alles spielte sich ähnlich auch vorher schon immer wieder ab.

Keine der Patrouillen kommt ohne Verluste zurück ins Fort – keine.

Wenig später kommen sie herein, angeführt von Lieutenant Stanley Scott und dem Scout, dessen Name einfach nur Pecos ist.

Sie ritten vor fünf Tagen aus und waren zweiundzwanzig Reiter.

Jetzt sitzen noch siebzehn von ihnen in den Sätteln. Die anderen fünf bringt man in Decken gehüllt quer über den Sätteln ins Fort zurück.

Und der Friedhof wird abermals frische Gräber aufweisen.

Von den siebzehn Reitern sind einige verwundet, auch der Lieutenant, dessen Frau Reva vor dem kleinen Offiziershaus steht, die Hände vor der Brust gefaltet hat und lautlos ein Dankgebet zum Himmel sendet. Nur ihre Lippen bewegen sich stumm. Sie ist eine hübsche Frau, noch jung. Doch ihre junge Schönheit wird schnell verblühen in diesem gnadenlosen Land. Denn hier verdorrt alles. Und es gibt keine Sicherheit hier, weder bei Tag noch bei Nacht.

Denn dies ist Apachenland, Mescalero-Land.

Lieutenant Stanley Scott ist ziemlich schwer angeschossen. Doch seine heisere Stimme klingt dennoch beherrscht.

Er lässt die Patrouille einschwenken, sodass sie vor der Kommandantur nebeneinander nach rechts in einer Reihe hält.

Dann reitet er vor die Veranda der Kommandantur, salutiert zum Major hinüber und meldet: »Sir, ich melde mich mit meiner Patrouille zurück. Wir hatten Feindberührung und verloren fünf Reiter. Sieben Mann insgesamt sind verwundet.«

Er verstummt verbittert und ganz und gar wie ein resignierender Verlierer, der am Ende ist mit seinem Stolz.

Der Major grüßt dankend und erwidert: »Lassen Sie absitzen und wegtreten in die Quartiere. In zwei Stunden erwarte ich Sie mit dem Patrouillenbuch zum Bericht, Lieutenant.«

Er wendet sich ab und verschwindet mit seinem Adjutanten in der Kommandantur, so als könnte er den Anblick der geschlagenen Patrouille nicht länger ertragen.

Und so kann er nicht sehen, dass zwei der Verwundeten von ihren Pferden fallen. Doch der heimgekehrten Patrouille wird nun geholfen. Von allen Seiten eilt man herbei, und es wird geflucht.

Lieutenant Stanley Scott, der seinen verwundeten Arm in der Schlinge trägt und überdies noch einen Streifschuss über einer seiner Rippen erhielt, sitzt mühsam ab, lässt die Zügel seines Pferdes einfach fallen und stolpert zu der kleinen Adobehütte hinüber, in der er mit seiner jungen und hübschen Frau Reva lebt. Und das ist für seine Frau ein erbärmliches Leben im Vergleich zu ihrem früheren.

Sie empfängt ihn mit den Worten: »Stan, ich habe Tag und Nacht gebetet.«

»Ich weiß, Reva«, krächzt er und stolpert durch die offene Tür hinein in die kleine Hütte.

Sie folgt ihm, schließt die Tür und hilft ihm, sich der blutgetränkten Feldbluse zu entledigen.

Dabei murmelt sie: »Diesmal hat dieser verdammte Mescalito dich noch nicht töten können, Stan. Aber das wird er wohl bald schaffen, weil der Major euch alle immer wieder hinausreiten lässt. Ihr seid Mescalito und dessen Horde nicht gewachsen. Es ist ein ungleicher Kampf. Er schafft euch, verdammt! Und all mein Beten wird nicht helfen, dich am Leben zu erhalten. Weißt du, Stan, ich habe früher nie viel gebetet. Ich war nie ein frommes Mädchen. Ich musste dich erst heiraten und mit dir in dieses verdammte Land und in dieses Fort kommen ...«

Sie verstummt, denn nun sieht sie auf seinem entblößten Oberkörper und an seinem Arm die Wunden.

»Ich hole den Doc«, spricht sie hart.

»Nein«, widerspricht er. »Der Doc muss erst die anderen Verwundeten versorgen. Ich habe meine Männer in eine Falle geführt und einfach kein Vorrecht bei dem Versorgen der Wunden. Leg mir neue Notverbände an. Dann werde ich mich ein wenig ausruhen und später zum Doc gehen. In zwei Stunden muss ich auch zum Major.«

Sie erwidert nichts, stößt nur einen fauchenden Laut aus, etwa so wie eine gereizte Wildkatze.

Aber sie tut dann, was er will.

Und als sie ihn notdürftig versorgt hat und er auf dem Bett liegt, sich endlich entspannen und ausruhen kann, da setzt sie sich auf den Bettrand und nimmt seine Hand in die ihre.

Nach einer Weile murmelt sie: »Stan, ich halte das nicht mehr lange aus. Ich werde zerbrechen, denn ich war zuvor ein verwöhntes Mädchen aus einem wohlhabenden Elternhaus in einer zivilisierten Welt. Es war schon schlimm während des Bürgerkriegs, als du Captain auf Kriegszeit warst – aber jetzt in diesem gottverdammten Land, in dem die Mörder auf euch warten ...«, sie schluckt heftig, »... jetzt seid ihr die ärmsten Hunde auf dieser Erde.«

Als sie verstummt, da erwidert er nichts. Er liegt nur da, erschöpft, ausgebrannt, mit schmerzenden Wunden.

Erst nach einer Weile murmelt er heiser: »Reva, du hast einen Soldaten geheiratet. Und die Armee hat mich nun mal in dieses Land geschickt.«

»Sie hat dich zum Sterben verurteilt«, murmelt sie. »Und ich werde mit dir sterben, weil ich dich liebe. Ich werde zwar lebendig sein – doch innen wird alles in mir sterben.«

Sie sieht nun, dass er vor Erschöpfung eingeschlafen ist. Und so geht sie hinaus.

✰✰✰

Indes haben sich auch die Reiter der zurückgekehrten Patrouille in ihrer Baracke mit letzter Kraft auf die Schlafpritschen geworfen.

Es bleibt lange still in der Baracke der H-Abteilung.

Dann spricht eine heisere Stimme: »Halleluja, wir leben noch! Mescalito bekam unsere Skalpe diesmal noch nicht. Aber für uns alle kommt bald das Ende. Ich spüre es im Urin, wenn ich mal pinkeln muss.«

Einige Stimmen lachen heiser. Dann fragt eine Stimme: »He, Burte, hast du Furcht vor dem Sterben?«

Aber jener Burte lacht nachsichtig. »Mein Junge«, spricht er dann, »fürchten tun sich die Jungen. Die denken darüber nach und wollen herausfinden, was sie im Moment des Todes denken und fühlen werden, fragen sich, wie schwer das Sterben ist. Aber wir älteren Männer haben schon viele Enttäuschungen und Niederlagen erlebt. Wir haben nicht mehr viel Freude am Leben, wenn man so im Mist steckt wie wir hier. Dann ist es manchmal leichter, einfach aufzugeben und sich nicht länger zu quälen. Ihr Jungen könnt immer noch hoffen. Wisst ihr, das Leben besteht zum großen Teil aus Heucheleien und dummen Regeln. Es gibt nur wenige Dinge, die wichtig sind für einen Mann. Und wenn einer nicht nach den Regeln der Herde lebt, dann wird er zum Einzelgänger und lebt abseits des Rudels. Wir hier stehen unter Befehl und müssen mit dem Rudel leben. Aber mir gefällt das schon lange nicht mehr. Deshalb habe ich keine Furcht vor dem Tode, verdammt.«

Es ist still nach den Worten des alten Burte.

Doch dann fluchen sie durcheinander.

»Wie alt bist du eigentlich, Burte?«, fragt eine Stimme.

Weil Burte nicht sofort antwortet, lacht eine andere Stimme: »Tausend Jahre! Ja, Burte muss tausend Jahre alt sein!«

Nun lachen sie alle, so müde und erschöpft sie auch sein mögen. Denn es ist ein dankbares Glücksgefühl in ihnen. Sie sind lebend zum Fort zurückgekommen. Sie kamen noch einmal davon.

Nun können sie zehn Tage lang im Fort bleiben und hier Dienst tun, bevor sie wieder hinaus müssen, um die Fährte der Mescaleros aufzunehmen, ihr zu folgen und Mescalito und dessen Horde in Bewegung zu halten.

Burte, der lange schwieg, meldet sich plötzlich von seiner Schlafpritsche her mit den Worten: »Jungs, ich bin noch keine fünfzig Jahre alt – glaube ich. Aber ich nehme es immer noch mit jedem von euch auf. Das schreibt euch hinter die Ohren.«

Er verstummt grimmig.

»Also bist du unser Vater.« Ringo lacht, ein Ex-Cowboy vom Brazos. Und dann fährt er fort: »He, Jungs, kennt ihr die Geschichte von dem alten Greis, der eine junge Nymphomanin geheiratet hat?«

Sie schweigen. Aber eine Stimme vom anderen Ende der langen Reihe ihrer Schlafpritschen fordert: »Spuck sie aus, Ringo!«

Dieser lacht schon in Vorfreude und erzählt: »Nun, man fragte den Alten, wie er denn die junge Nymphe verkraften könne. Denn er wäre doch schon ziemlich alt und sie so jung und unersättlich nach Liebe. Hoiii, lachte da der Opa und erwiderte, dass sie in einem großen Haus wohnen würden, wo er sich überall verstecken könne. Hahahaha!«

Sie lachen etwas müde mit Ringo. Doch dann murrt einer: »Die Geschichte hast du uns schon mehrmals erzählt. Du lässt nach mit deinen Witzen, Ringo.«

Eine Weile herrscht Schweigen. Sie ruhen noch aus. Aber nach etwa einer halben Stunde erheben sie sich von ihren Schlafpritschen und beginnen Zeugdienst zu machen.

Sie müssen ihre Uniformen säubern, sonst dürfen sie nicht in die lange Küchenbaracke, wo sich der Mannschafts-Speiseraum befindet mit Tischen und Bänken.

Sie verspüren einen gewaltigen Hunger, sind auch halb verdurstet.

Nachher werden sie den Zeugdienst gründlicher machen und auch ihre Waffen pflegen.

Der normale Dienstbetrieb im Fort hat sie wieder in seiner Routine.

Nur ihre Pferde müssen sie an diesem Tag nicht versorgen. Dies ist Aufgabe der Stallmannschaft, die vom Stall-Sergeant beaufsichtigt wird, jedoch auch ständig wechselt.

Es hat sich herausgestellt, dass die heimkehrenden Patrouillen körperlich nicht mehr in der Lage sind, ihre Pferde gut genug zu versorgen, also abzureiben, zu massieren, zu säubern von all den Kletten und Stacheln der Dornenbüsche und Kakteen.

Denn dieses Land ist auch zu den Pferden gnadenlos.

✰✰✰

In der Adobehütte säubert Reva Scott die Uniform ihres Mannes.

Sie verharrt am Fußende ihres Bettes und betrachtet ihren vor Erschöpfung schlafenden Mann, erinnert sich an die vielen glücklichen Stunden mit ihm. Auch in diesem primitiven Bett haben sie sich nach seiner Heimkehr immer wieder geliebt, als würden sie es zum letzten Mal tun dürfen.

In Reva ist eine bittere Resignation und Traurigkeit.

Sie liebt Stanley Scott, aber sie weiß jetzt, dass sie dennoch nicht stark genug sein wird für dieses Leben.

Und so wird sie ihn bei der nächsten Gelegenheit verlassen. Er tut ihr leid. Aber sie kann es nicht ändern, und ihr Hass gegen die Armee wächst.

Sie hat ihm seine zweite Uniform zurechtgelegt und weckt ihn nun aus dem tiefen Schlaf der Erschöpfung.

Er setzt sich stöhnend auf, fragt heiser: »Was ist, Reva?«

»Du musst mit dem Patrouillentagebuch zum Major«, erwidert sie ruhig.

Er knirscht einen Fluch und erhebt sich dann, dehnt und streckt die steifen Glieder.

Sie betrachtet ihn, nackt wie er ist. Und sie sieht einen prächtig proportionierten Mann. Ja, sie liebt seinen Körper.

Nun muss sie ihm beim Ankleiden helfen, denn er kann den linken Arm nur unter Schmerzen bewegen. Die Wunde auf der Rippe ist mit einem breiten Pflaster geschlossen. Er kann nur flach atmen.

Dann geht er hinüber zur Kommandantur.

Sein Scout Pecos erwartet ihn schon. Sie treten nacheinander ein, durchqueren die Schreibstube. Hier springen der Sergeant und der Corporal auf, so wie es beim Eintreten eines Offiziers Vorschrift ist.

Der Sergeant sagt: »Sir, der Major wartet schon ungeduldig. Vorsicht, Sir.«

Stanley Scott nickt nur.

Dann treten sie ein und sehen alle Offiziere des Forts versammelt. Sie stehen an den Wänden. Nur der Major sitzt hinter seinem Schreibtisch, und er wirkt wie ein Adler auf seinem Horst. Sein Name ist John Travis. Während des Bürgerkriegs war er Colonel auf Kriegszeit und wurde wie alle Offiziere in der reorganisierten Armee um zwei Ränge zurückgestuft.

»Also berichten Sie, Lieutenant«, verlangt er.

Scott tritt vor, legt das Patrouillentagebuch vor den Major auf den Schreibtisch, macht sodann drei Schritte rückwärts und verhält.

»Sir«, beginnt er und muss erst einmal wie würgend schlucken, »es ist ganz einfach. Wir können Mescalito und dessen Horde nicht vernichten. Er ist stets schneller als wir. Und wer seiner Fährte folgt, der reitet irgendwo in einen Hinterhalt. Denn Ihre Befehle, Sir, sind zu eindeutig und lassen keine eigenen Entscheidungen auf Grund der jeweiligen Situation zu. Unsere Patrouillen sollen ihn jagen und sofort angreifen, sobald er mit seiner Horde in Schussnähe ist. Wir können ihn auf diese Art nicht vernichten.«

Als er verstummt, herrscht Stille.

Es sind Captain Bill Johnstone, Lieutenant Zane Weaver und Lieutenant Herb Lane zugegen.

Es gab bis vor einigen Tagen noch zwei weitere Offiziere im Fort. Doch diese kamen von ihren Patrouillenritten nicht zurück – nicht einmal tot. Sie blieben irgendwo dort draußen. Man konnte sie nicht ins Fort heimbringen.

Der Major schweigt noch und blättert im Patrouillentagebuch.

Der Scout Pecos meldet sich nun ungefragt zu Wort und spricht trocken: »Major, es ist nun mal so, dass Apachen die besten Guerillas der Welt sind. Die schwerfällige Armee hat keine Chance gegen sie – nicht in diesem Land, welches sie einst in grauer Vorzeit eroberten. Major, solange Sie an die Überlegenheit Ihrer Soldaten glauben, werden Sie stets verlieren. Basta!«

Pecos – seiner Aussprache nach ist er Texaner – hat nun brutal alles gesagt.

Der Major starrt ihn mit seinen flintsteinharten Augen böse an.

Dann blickt er in die Runde und fragt: »Und wie ist Ihre Meinung, Gentlemen?«

Es ist für die Offiziere eine böse, hinterhältige Frage. Denn wenn sie dem Scout Pecos zustimmen, dann halten auch sie die Taktik des Majors für unklug, um nicht dumm zu sagen.

»Reden Sie! Sie zuerst, Captain!« Er faucht es böse.

Der Captain erwidert trocken: »Für mich sieht es ganz einfach aus. Unsere Patrouillen reiten hinter Mescalito immer nur hinterher, versuchen ihn einzuholen auf seinen Raubzügen und zum Kampf zu stellen. Aber er ist in diesem Land schneller und ausdauernder. Wir können ihn nur erledigen, wenn wir ihn dorthin treiben, wo eine andere Abteilung von uns auf ihn wartet. Dann haben wir ihn eingekeilt. Anders geht es nicht, Sir.«

Er verstummt hart. Er ist ein nur mittelgroßer Mann mit krummen Reiterbeinen und einem gewaltigen Schnurrbart. Während des Bürgerkrieges war er Lieutenant Colonel.

Er ist Witwer und lebt allein in seiner Adobehütte.

Die anderen Offiziere nicken stumm, lassen erkennen, dass er alles in ihrem Sinne gesagt hat.

Und so nickt der Major und spricht: »Ich werde darüber nachdenken. Doch was Sie vorschlagen, bedeutet letztlich, dass wir stets zwei Patrouillen draußen haben müssen. Aber ich habe nur drei Abteilungen für den Patrouillendienst. Denn die Fortbesatzung besteht zu zwei Dritteln aus Infanteristen. Gentlemen, es kommen noch härtere Zeiten auf Sie zu. Sie können gehen.«

Sie salutieren schweigend und folgen dem Captain hinaus. Und der Major blättert wieder im Patrouillentagebuch von Lieutenant Scott und tritt dann vor die Landkarte.

Aber er weiß, dass die Landkarte ungenau ist, besonders was die Catalina Mountains betrifft.

Denn dort in den Bergen gibt es noch viele Geheimnisse.

Die beiden Lieutenants Zane Weaver und Herb Lane gehen zu ihren Adobehütten und ihren Frauen zurück.

Nur Stanley Scott zögert. Er wendet sich draußen an den Scout Pecos und fragt: »Pecos, wollen Sie mit mir einen Drink nehmen? Ich bin Ihnen diesen Drink schuldig. Ohne Sie wären wir nicht davongekommen.«

Der hagere, lederhäutige Texaner sieht ihn ernst an.

»Ja, nehmen wir einen Drink zur Brust«, sagt er. »Aber nur einen. Dann gehen Sie besser zu Ihrer Frau. Und angeschossen sind Sie ja auch, nicht wahr?«

Sie setzen sich in Bewegung und verschwinden in der Kantine, in der es für Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften getrennte Räume gibt.

Und indes sie in der Offizierskantine ihren Drink nehmen, haben Lieutenant Weaver und Lieutenant Lane ihre Hütten erreicht und sehen sich in diesen ihren Frauen gegenüber.

Sarah Lane ist eine ernste und irgendwie verschlossene Frau. Sie ist auf eine herbe Art hübsch, und sie ist im achten Monat schwanger.

Als er eintritt, fragt sie ruhig: »Wann wirst du wieder hinaus müssen, Herb?«

»Wahrscheinlich morgen schon«, erwidert er, tritt zu ihr und nimmt sie vorsichtig in die Arme. Als sie sich küssen, da spürt er in ihrem Leib die Tritte des noch ungeborenen kleinen Wesens.