G. F. Unger Western-Bestseller 2563 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2563 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als ich die Wasserstelle erreichte, da wusste ich genau, dass noch zwei Apachen hinter mir her waren, um ihre drei Vettern zu rächen, die es nicht geschafft hatten, mich zu erledigen. Denn als sie auf meine Fährte stießen, waren sie fünf gewesen. Sie hatten mein Pferd und meine Waffen gewollt, wahrscheinlich auch meinen Proviant. Als sie mich in meinem Camp überfielen, hatte ich die Gefahr im allerletzten Moment erkannt. Ich schoss mir den Weg frei und warf mich auf mein ungesatteltes Pferd. Ja, ich entkam.
Aber zwei von ihnen folgten mir. Ob ich die drei anderen getötet hatte, wusste ich nicht. Doch zumindest konnten sie mir nicht mehr folgen.
Mir ging es ziemlich schlecht. Denn auf meinem sattellosen Pferd und ohne Stiefel war ich schon drei Tage und drei Nächte unterwegs. Bald würde die vierte Nacht beginnen.
Und ich wusste, sie waren irgendwo in meiner Nähe und wollten immer noch mein Leben. Mein einziger Freund war mein Colt. Aber auch mit diesem Ding hatte es einen Haken, denn er war nicht mehr voll geladen ...


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Inhalt

Cover

Keine Chance in Jericho

Vorschau

Impressum

Keine Chancein Jericho

Als ich die Wasserstelle erreichte, da wusste ich genau, dass noch zwei Apachen hinter mir her waren, um ihre drei Vettern zu rächen, die es nicht geschafft hatten, mich zu erledigen. Denn als sie auf meine Fährte stießen, waren sie fünf gewesen. Sie hatten mein Pferd und meine Waffen gewollt, wahrscheinlich auch meinen Proviant. Als sie mich in meinem Camp überfielen, hatte ich die Gefahr im allerletzten Moment erkannt. Ich schoss mir den Weg frei und warf mich auf mein ungesatteltes Pferd. Ja, ich entkam.

Aber zwei von ihnen folgten mir. Ob ich die drei anderen getötet hatte, wusste ich nicht. Doch zumindest konnten sie mir nicht mehr folgen.

Mir ging es ziemlich schlecht. Denn auf meinem sattellosen Pferd und ohne Stiefel war ich schon drei Tage und drei Nächte unterwegs. Bald würde die vierte Nacht beginnen.

Und ich wusste, sie waren irgendwo in meiner Nähe und wollten immer noch mein Leben. Mein einziger Freund war mein Colt. Aber auch mit diesem Ding hatte es einen Haken, denn er war nicht mehr voll geladen ...

Die Wasserstelle erkannte ich an dem frischeren Grün zwischen den roten Felsen. Ich war fast verdurstet, und auch mein gutes Pferd fiel gewiss bald um. Dennoch verhielten wir und witterten hinüber.

Mein grauer und narbiger Wallach war ein Kriegspferd, das von Comanchen geschult und abgerichtet wurde. Aber das war schon einige Jahre her.

Was mich warnte, war die Tatsache, dass aus dem frischen Grün zwischen den roten Felsen keine Vögel aufflogen bei unserer Annäherung. Sie mussten also schon vorher fortgeflogen sein. Ja, es war wahrscheinlich, dass die beiden Apachen vor mir dort angekommen waren und nun auf mich warteten. Denn ich musste zum Wasser. Wenn ich und mein Pferd dort drüben kein Wasser bekommen konnten, würden wir im Laufe des nächsten Tages umkommen.

Ich wollte mich gerade dazu entschließen, abzusitzen und mich neben meinem Pferd zu Fuß der Wasserstelle zu nähern, immerzu bereit, in Deckung zu gehen oder sonst wie reflexartig zu reagieren, als die beiden Apachen angriffen.

Ich warf mich vom Pferderücken, rollte von meinem Grauen weg und kniete dann. Sie schossen im Anreiten mit ihren Gewehren auf mich.

Und ich schoss mit meinem Colt zurück. Einen traf ich, denn ich sah ihn im Sattel schwanken. Dann traf ich den Zweiten. Er fiel vom Pferd. Das Pferd des anderen lief mit seinem Reiter weiter.

Ich erhob mich schnaufend.

Das war es also. Ich hatte gewonnen. Der Weg zum Wasser war für mich frei. Der einzige noch überlebende Apache war verwundet und hatte die Flucht ergriffen.

Ich hätte eigentlich Grund zum Jubeln gehabt. Aber das tat ich nicht. Endlich begann ich nachzudenken. Dass die Apachen mich nicht in sicherer Deckung erwartet, sondern plötzlich angegriffen hatten, war geradezu blödsinnig gewesen von ihrem Standpunkt aus. Deshalb mussten sie einen bestimmten Grund für diese Ungeduld und Eile gehabt haben, denn allgemein waren sie geduldig und konnten warten.

Ich konnte an diesem sterbenden Tage nicht mehr so gut nachdenken, denn ich war erschöpft, fast verdurstet und ziemlich am Ende. Doch endlich begriff ich es. Es kamen Reiter, wahrscheinlich welche von meiner Hautfarbe. Deshalb konnten die Apachen nicht länger warten. Sie hatten noch einmal mit einem allerletzten Angriff ihr Glück versucht. Anders konnte es nicht sein.

Ich trat zu meinem Pferd und klopfte ihm gegen den Hals. Dann ging ich zu den Felsen und dem Grün hinüber. Das Tier folgte mir wie ein Hund.

Es gab dort zwischen den Felsen eine Quelle, die eine natürliche Wanne füllte, die so groß und tief war, dass man darin hätte schwimmen können. Ich trank und goss mir mithilfe des Hutes immer wieder Wasser über den Kopf. Dann sah ich den Reitern entgegen, die von der anderen Seite zwischen den Felsen sichtbar wurden.

Sie kamen mit schussbereiten Waffen, waren vorsichtig, aber entschlossen. Sie hatten natürlich die Schüsse gehört und wahrscheinlich auch den flüchtenden und verwundeten Apachen gesehen.

Es waren vier Reiter auf drei Pferden. Einer der Männer musste unterwegs sein Pferd verloren haben, denn er ritt bei einem anderen Mann mit. Und einer der Reiter hatte seinen Sattel bei sich auf dem Pferd.

Ich stand nun am Rand des Wassers und sah den Ankömmlingen entgegen. Es waren Hartgesottene, dies erkannte ich sofort. Ich erfasste es instinktiv, etwa so, wie man beim Anblick eines Wolfsrudels sofort erkennt, dass man es nicht mit einer Hundemeute zu tun hat.

Ja, es waren Hartgesottene. Sie strömten etwas aus, was schwer zu beschreiben war. Es war nicht nur verwegene Kühnheit, sondern zugleich auch eine Strömung von Gnadenlosigkeit, die nur den eigenen Vorteil kennt.

Auch sie betrachteten mich.

Aber eigentlich gab es ja keinen Grund für Verdruss mit ihnen.

Oder doch?

Selbst wenn sie Banditen waren – bei mir gab es nichts zu erbeuten.

Oder doch?

Zum zweiten Mal fragte ich mich das.

Denn mir wurde klar, dass einer dieser Reiter kein Pferd mehr besaß. Ich aber hatte eins, wenn auch ohne Sattel. Doch sie hatten ja einen überzähligen Sattel bei sich.

Noch indes sie tranken, sich erfrischten und auch ihren Pferde die Tränke ermöglichten, wurde ich mir darüber klar, dass es Verdruss geben würde, wenn sie Banditen waren.

Aber ich konnte nichts anderes tun als warten.

Nach einer Weile kamen sie auf meine Seite. Einer sagte: »Nun, Verdruss gehabt mit den Apachen?«

Ich nickte nur und betrachtete den Mann, der kein Pferd mehr besaß und hinter einem der Reiter mit auf einem Pferd gesessen hatte. Auch er sah mich an, indes er sich näherte. Er trug noch seine Sporen. Sie klingelten leise.

Er war blond und blauäugig. Aber seine Augen standen schräg, und er hatte einen dünnlippigen, harten Mund, über dem ein sichelförmiger Bart hing, der jedoch nicht blond, sondern rot war.

Er grinste plötzlich und sagte aus dem Mundwinkel zu den anderen Männern: »Ich sehe ihm an, dass er schon etwas wittert. Könnt ihr es ihm auch ansehen?«

Sie nickten, indes sie mich aufmerksam betrachteten und prüften.

Einer sagte: »Vance, der gehört zu unserer Sorte, denke ich.« Es klang irgendwie vermittelnd und warnend zugleich.

Doch jener Vance schüttelte unwillig den Kopf und sah mich fest an. »Wer bist du? Woher kommst du? Und wohin willst du?« So fragte er knapp.

Ich grinste ihn an und erwiderte: »Amigo, das geht dich einen Dreck an.«

Aber auch er grinste und nickte dann.

»Ja, das stimmt wohl«, sagte er. »Na schön, machen wir es kurz. Ich habe mein Pferd verloren. Und unser Weg ist noch weit. Ich möchte nicht mehr hinter meinem Partner hocken und dessen Pferd überlasten. Deshalb werde ich mir dein Tier nehmen, verstanden? Was dagegen?

»Sicher«, erwiderte ich, »eine Menge sogar. Aber ich hätte wohl kaum eine Chance. Gibst du wenigstens zu, dass dies Pferdediebstahl ist und du ein Pferdedieb bist?«

Er grinste. Sie alle grinsten. Dann sagte er: »Oha, wenn's nur das ist – wir sind schlimmere Burschen als nur Pferdediebe. Du bist also einverstanden, dass ich dein Pferd nehme?«

»Natürlich nicht«, erwiderte ich. »Aber ich kann wohl im Moment wenig dagegen tun und ...«

»Hoiii, du hast doch einen Colt! Und soeben hast du noch gegen Apachen gekämpft. Du könntest eine Menge dagegen tun, dass ich dein Pferd nehme. Denn die Sache betrifft nur dich und mich. Und wenn du mich von den Beinen schießen kannst, dann brauchte ich dein Pferd nicht mehr, nicht wahr, hahaha.«

Sein Lachen klang heiser. Und in seinen schrägen Augen funkelte es. Er war ein Bursche, der keinem Kampf aus dem Weg ging und sich immer wieder beweisen musste, dass er der Größte war.

»Mein Colt ist leer«, sagte ich. »Die Apachen jagten mich schon vor drei Tagen aus meinem Camp. Ihr seht doch, dass ich keinen Sattel, kein Gepäck und nicht mal Stiefel an den Füßen habe. Mein Colt ist leer. Vorhin verschoss ich die letzte Kugel.«

Nach diesen Worten wartete ich.

Sie staunten. Aber dann begannen sie zu grinsen.

»Dein Pech, Hombre«, sprach jener Vance dann. »Aber das ist fast immer so. Wenn man erst mal in eine Pechsträhne gerät, dann hält das eine Weile an. Aber diesmal ist es kein Pech mehr, dass du einen leeren Colt hast. Es ist dein Glück. Wahrhaftig. Denn ich bin Vance Vansitter. Mich besiegt keiner im Duell mit dem Colt. Und weil das so ist, steht mir dein Pferd zu. Verstanden?«

Wieder schüttelte ich den Kopf.

»Du hältst dich also für einen Auserwählten, nur weil du schneller als andere Männer ziehen und schießen kannst?« So fragte ich ihn.

Er nickte und grinste dabei.

»Das ist Naturgesetz«, erwiderte er. »Sieh dich um unter allen Lebewesen. Die stärksten Exemplare überleben. Na, vielleicht wirst auch du es überleben, wenn du dich hier lange genug ausruhst. Meinen Namen kennst du. Ich bin in Jericho zu finden. Aber komm lieber nicht dorthin. Du hättest keine Chance in Jericho. Also bleib weg von Jericho.«

Nach diesen Worten wandte er sich ab.

Er holte seinen Sattel, den einer der Reiter zu Boden geworfen hatte. Er nahm ihn und trat zu meinem Wallach. Dieser legte die Ohren an und wirkte wie ein tückisches Maultier.

Und wenn ich gepfiffen hätte, würde er ausgekeilt haben. Aber es hätte ihm wenig genutzt. Sie hätten ihn bald eingefangen und ihm gezeigt, wie schnell er auf die Nase fallen konnte. Das wollte ich ihm ersparen. Und so ließ ich alles geschehen.

Niemand sprach noch etwas. Sie erfrischten sich und ihre Pferde an der Wasserstelle. Dann ritten sie davon. Und der letzte Mann drehte sich im Sattel noch einmal um und sagte nachdrücklich: »Du hättest wirklich keine Chance in Jericho. Bleib weg von dort.«

Dann waren sie fort. Und ich stand da ohne Stiefel und mit einem leeren Colt in der Holster.

Aus Jericho waren sie also, und das musste eine Banditenstadt sein, in der es kein Gesetz gab. Überhaupt der Name Jericho. Ich hatte einmal von der uralten befestigten Stadt Jericho gelesen, die im Jordantal unweit vom Toten Meer lag. Sie wurde von Josua zerstört und gelangte unter Herodes dem Großen wieder zu neuer Blüte.

Aber das war ja wohl um die Zeit, da Christus geboren wurde, wenn ich mich richtig an das erinnern konnte, was ich mal las.

Und nun gab es hier in diesem Land ein Nest, das sich ebenfalls Jericho nannte. Und es war offenbar ein Banditennest.

✰✰✰

Ich war schon den zweiten Tag unterwegs. Mehrmals hatte ich meine Fußlappen neu umbinden müssen, weil ich sie immer wieder durchlief. Der Hosenstoff war nicht besonders haltbar, wenn man ihn als Schuhwerk benutzte.

In meinen Füßen steckten Dornen. Die Beine bis zu den Knien hinauf waren voller Schnitte. Sie bluteten. Der Weg nach Jericho wurde für mich mehr und mehr zu einem mühsamen Kampf ums Überleben.

Als es dann zum dritten Mal Mitternacht wurde, da sah ich das Feuer in der Nacht.

Ja, da unten in der Senke brannte ein Feuer.

Wahrscheinlich gab es dort eine Wasserstelle. Denn warum sonst würde dort jemand lagern und ein Feuer in Gang halten, welches meilenweit zu sehen war?

Ich hielt an und blickte zu jenem roten Auge hin, welches das Feuer war. Und dann hörte ich etwas. Es war ein vielstimmiges, wie zitternd klingendes Bähen.

Schafe! Dort am Feuer waren Schafe! Heiliger Rauch, ich war auf eine wandernde Schafherde gestoßen.

Sie rastete dort, und wahrscheinlich gab es dort wirklich Wasser und ein wenig Grün, also Futter.

Ich verließ den alten Wagenweg und ging auf das Feuer zu.

Bald hörte ich das fortwährende Bähen der Tiere lauter und klarer. Dann tauchte ein Hund vor mir auf. Es war ein großes, zottiges Tier, das es gewiss auch mit einem Wolf aufnehmen konnte. Der Hund bellte nicht, aber sein leises Knurren sagte mir, dass er mich anspringen würde, wenn ich noch einen einzigen Schritt vorwärts machte.

Und so rief ich mit heiserer Stimme durch die Nacht und das Bähen der Tiere: »Hoiii, Leute, hier ist jemand, der zum Wasser möchte! Hört ihr mich? Holt den Hund von mir weg!«

Einen Moment lang blieb es still. Sogar das vielstimmige Bähen der Tiere schien leiser zu werden.

Dann tönte eine Frauenstimme, deren Klang dunkel und kehlig war: »Komm her, Beißer! Komm her!«

Ich staunte über die Frauenstimme. Denn sie ließ mich von Anfang an glauben, dass ihre Besitzerin etwas Besonderes war, jung noch, selbstbewusst, energisch und von jener Schönheit, die nicht oberflächlich ist, sondern mehr von innen, von der Persönlichkeit, heraus kommt.

Der Hund knurrte noch einmal. Dann wandte er sich ab und lief zum Feuer. Ich folgte ihm langsam, und so durstig und erschöpft ich auch war, ich verspürte eine ungeduldige Neugier und Erwartung, wollte unbedingt so schnell wie möglich die Besitzerin der Stimme sehen.

Und dann sah ich sie. Sie stand neben dem Feuer, hatte eine Hand auf den Kopf des großen Hundes gelegt und betrachtete mich.

Ich vergaß meine Not noch mehr und sah sie ebenfalls bewegungslos an. So verharrten wir einige Atemzüge lang.

Was ich im Feuerschein erkennen konnte, übertraf meine Erwartungen. Ja, sie war jung noch, aber doch schon eine Frau. Sie mochte fünfundzwanzig sein, war also an die fünf Jahre jünger als ich. Und sie war für eine Frau mittelgroß und wog gewiss kaum mehr als hundertzehn Pfund.

Ihr Haar leuchtete bei Tag gewiss wie reifer Weizen. Aber ihre Augen schienen dunkel zu sein, vielleicht sogar schwarz.

Sie strömte aus, was eine reizvolle Frau nur ausströmen kann an all den Dingen, die einen Mann anziehen und die Erfüllung seiner Wünsche werden konnten.

»Sie hatten wohl eine Menge Pech?« So fragte sie, und wieder berührte mich das dunkle, kehlige und dennoch so melodisch klingende Timbre ihrer Stimme.

»Ja, ein wenig«, erwiderte ich.

Sie nickte. Dann streckte sie ihre Hand aus und sagte: »Solange Sie in diesem Camp sind, möchte ich Ihren Colt. Bitte geben Sie ihn mir.«

Da konnte ich nur schief grinsen. »Der ist leer«, sagte ich.

»Trotzdem«, beharrte sie. »Und ich sollte Ihnen auch sagen, dass Paco dort drüben bei seinem Hirtenwagen steht und Sie über seinen Gewehrlauf betrachtet.«

Ich wandte den Kopf. Ja, dort drüben stand ein zweirädriger Hirtenwagen, wie ihn die Schafhirten mexikanischer Abstammung benutzten auf ihren Wanderungen mit den Herden. Im Schatten dieses Wagens sah ich einen kleinen Mann.

Und der große Hund neben der jungen Frau begann wieder drohend zu knurren, so als hätte er jedes Wort verstanden.

Ich seufzte, nahm dann vorsichtig den Colt mit zwei Fingern heraus und warf ihn ihr zu. Sie fing ihn geschickt auf, und ich konnte erkennen, dass sie mit einer Waffe gewiss gut umzugehen vermochte.

Sie trug einen geteilten Rehlederrock zu Stiefeln und eine Flanellbluse. In der Tasche dieses Reitrocks hatte sie ganz gewiss eine kleine Waffe stecken.

Ich kümmerte mich nicht mehr um sie, um den Hund oder jenen Paco. Ich ging zum Wasser hinüber, und als ich den Tümpel erreichte, ging ich weit genug hinein. Denn an den Rändern hatten die Schafe alles verunreinigt.

Das Wasser reichte mir in der Mitte des Tümpels bis zu den Hüften. Ich legte mich hinein, tauchte unter, und dann trank ich. Das Wasser war warm, wärmer jedenfalls als die Nacht. Ich befreite mich von Staub und getrocknetem Schweiß und fühlte mich bedeutend besser, als ich wieder ans trockene Ufer stieg.

Nun erst roch ich den penetranten Geruch der Schafe und ihres Kots. Und nun erst wurde mir bewusst, wie wenig ich Schafe mochte.

Als ich an das Feuer trat, um meine nasse Kleidung ein wenig trocknen zu lassen, da knurrte mein Magen vernehmlich.

»Sie haben wohl einen gewaltigen Hunger?«, fragte die gelbhaarige Frau.

»Ich könnte einen ganzen Hammel essen«, erwiderte ich. »Seit vier Tagen bekam ich nur dann und wann etwas Wasser in den Bauch, ein paar Mesquitebohnen und Kakteenmark. Hätten Sie etwas zu essen für mich?«

Sie deutete auf den großen Topf beim Feuer. »Da sind noch Bohnen und etwas Rauchfleisch«, sagte sie und warf mir mit einer plötzlichen und völlig unerwarteten Bewegung meinen Colt wieder zu.

Ich fing die Waffe mit einem schnellen Reflex, und ich fing sie am Kolben, sodass sie schussfertig in meiner Hand lag – wenn, ja wenn sie geladen gewesen wäre. Das alles ging so schnell, dass mich erst dann meine Gedanken wieder einholten.

Aber nun begriff ich, wie erfahren sie war im Umgang mit Männern, die einen Colt trugen wie ich. An der Art, wie ich reflexartig reagierte und den Colt richtig fing, sodass er schussbereit in meiner Hand lag, erkannte sie, dass ich ein Revolvermann war.

Ich steckte meine Waffe weg, hockte mich beim Feuer nieder und begann, aus dem Topf zu essen.

Sie fragte nach einer Weile, indes sie mir den Kaffeebecher füllte und dann reichte: »Sind Sie aus Jericho?«

»Nein«, sagte ich kauend. »Doch da will ich hin. Wie weit ist es denn bis nach Jericho?«

»Zehn oder zwölf Meilen«, erwiderte sie. »Aber so genau weiß ich das nicht. Vielleicht sind es zwanzig. In diesem verdammten Land ist nichts sicher.«

Mir wurde indes etwas besser. Die ersten Bissen Nahrung in meinem Magen beruhigten diesen, und es war mir, als strömten schon neue Säfte und damit auch Kräfte in meinen Körper.

»Sie haben wohl kein Pferd für mich?« So fragte ich und fügte schnell hinzu: »Ich kann dafür zahlen. Dass ich nicht mal Stiefel an den Füßen habe, hat nichts damit zu tun, dass ich mir keine kaufen könnte. Wissen Sie, mich jagten Apachen aus meinem Camp, als ich mir gerade die Stiefel auszog. Verstehen Sie?«

Sie nickte und betrachtete mich im Feuerschein mit neuem Interesse.

»Nein, wir haben kein Pferd hier«, sagte sie. »Und das Maultier, das den Hirtenwagen zog, wurde mit den anderen Reit- oder Zugtieren gestohlen. Dieses Land ist verdammt unsicher. Mein Bruder ist hinter den Dieben her. Deshalb warten wir hier.«

Der Hirte, der mich ständig mit dem Gewehr unter Kontrolle hielt, näherte sich nun dem Feuer. Ich blickte ihn über die Schulter hinweg an. Er war ein alter, krummbeiniger Mexikaner, und er roch zehn Schritte gegen den Wind nach Schafen. Er betrachtete mich aufmerksam. Ich sah, dass er einer dieser erfahrenen und unwahrscheinlich genügsamen Hirten war, die mit ihren Herden lebten und nichts anderes kannten als die Sorge um ihre Schafe.

Er hielt das Gewehr in der Armbeuge. Es war ein sehr altes Gewehr, doch ich war sicher, dass er damit vortrefflich umgehen konnte. Denn um die Schafe zu beschützen, musste er oft auf Wölfe und Coyoten schießen, auch auf Pumas.

»Was wollen Sie in Jericho?« So fragte die gelbhaarige Frau nach einer Weile.

Ich überlegte kauend, ob ich ihr Auskunft geben sollte. Aber als ich ihre Augen im Schein des Feuers sah, da erkannte ich darin etwas, was mich dazu brachte, zu ihr zu sagen: »Ach, man hat mir mein Pferd gestohlen. Und der Pferdedieb will in Jericho auf mich warten.«

Sie begriff die ganze Sache sofort.