G. F. Unger Western-Bestseller 2566 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2566 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als die Postkutsche den Stadteingang erreicht, wird sie von einem dicken Mann angehalten, der mit ausgebreiteten Armen mitten auf der staubigen Fahrbahn steht.
Windy, der alte, ledern und zäh wirkende Fahrer, hält das Sechsergespann fluchend an und fragt durch den aufgewirbelten Staub auf den Dicken nieder: »He, Weaverly, was soll das?«
Der Dicke aber spricht zu ihm empor: »Die Hacketts sind gerade bei der Arbeit. Ich möchte nicht, dass sich die schöne Abbot & Downing Chase plötzlich mitten im Kugelhagel befindet und die ganze Sache stört. Wartet also. Es wird gleich vorbei sein.«
Weaverly ist der Bürgermeister von Silverhole, einer kleinen Silberstadt in den Whitestone Hills.
Aus der Postkutsche beugen sich nun einige Köpfe ins Freie, darunter aus dem hinteren linken Fenster der Kopf einer Frau.
Die noch junge und ungewöhnlich schöne Frau fragt mit dunkler und etwas kehlig klingender Stimme: »He, Mister, sagten Sie soeben, dass die Hacketts bei der Arbeit wären?«
Der Dicke wendet sich ihr zu und tritt dann neben die Kutsche. »Gewiss, Lady, das sagte ich. Die Männer des berühmt-berüchtigten Hackett-Clans sind gerade dabei, die Fowley-Bande aus unserer Stadt zu jagen.«


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Inhalt

Cover

Der böse Clan

Vorschau

Impressum

Der böse Clan

Als die Postkutsche den Stadteingang erreicht, wird sie von einem dicken Mann angehalten, der mit ausgebreiteten Armen mitten auf der staubigen Fahrbahn steht.

Windy, der alte, ledern und zäh wirkende Fahrer, hält das Sechsergespann fluchend an und fragt durch den aufgewirbelten Staub auf den Dicken nieder: »He, Weaverly, was soll das?«

Der Dicke aber spricht zu ihm empor: »Die Hacketts sind gerade bei der Arbeit. Ich möchte nicht, dass sich die schöne Abbot & Downing Chase plötzlich mitten im Kugelhagel befindet und die ganze Sache stört. Wartet also. Es wird gleich vorbei sein.«

Weaverly ist der Bürgermeister von Silverhole, einer kleinen Silberstadt in den Whitestone Hills.

Aus der Postkutsche beugen sich nun einige Köpfe ins Freie, darunter aus dem hinteren linken Fenster der Kopf einer Frau.

Die noch junge und ungewöhnlich schöne Frau fragt mit dunkler und etwas kehlig klingender Stimme: »He, Mister, sagten Sie soeben, dass die Hacketts bei der Arbeit wären?«

Der Dicke wendet sich ihr zu und tritt dann neben die Kutsche. »Gewiss, Lady, das sagte ich. Die Männer des berühmt-berüchtigten Hackett-Clans sind gerade dabei, die Fowley-Bande aus unserer Stadt zu jagen.«

»Aha«, stößt die junge Schöne aus. »Und was haben die Hacketts gegen die Fowleys?«

»Eigentlich persönlich nichts.« Der Dicke grinst. »Aber sie wurden von der Stadt für den Job angeworben. Denn die Fowleys haben sich hier bei uns eingenistet wie Parasiten. Wir alle hier mussten sie an unseren Einkünften beteiligen. Sie nannten das Schutzgeld und pressten die Stadt aus wie eine Frucht. Und da ließen wir den Hackett-Clan kommen. Gleich geht's los. Die Fowleys stellen sich, denn feige sind sie nicht. Zumindest ist ihr Revolverstolz stärker als jede Furcht. Denn wenn sie unsere Stadt weiter melken und auspressen wollen, dann müssen sie sich gegen die Hacketts behaupten. Ist Ihnen nun alles klar, schöne Lady?«

Die Schöne nickt.

Und dann steigt sie aus, springt vom Trittbrett der Kutsche in den fast knöcheltiefen Staub. Und als sie bei dem Dicken verhält, da spricht sie ganz ruhig: »Das sehe ich mir an.«

»Das werden Sie nicht«, faucht der dicke Bürgermeister. »Ich werde Sie nicht so dicht ...«

»Doch, das werden Sie«, unterbricht sie ihn. »Denn ich bin eine Hackett.«

Nach diesen Worten setzt sie sich in Bewegung, und der Dicke holt tief Luft, will etwas sagen. Doch er lässt es bleiben und murmelt nur bitter: »Wenn sie eine Hackett ist ...« Er bricht ab und macht nur eine müde und resigniert wirkende Armbewegung. Dann blickt er nach rechts und links zu den Leuten an den Straßenrändern und ruft: »Sie ist eine Hackett!«

Und da lassen sie die Schöne gehen, bewundern nur ihr geschmeidiges Schreiten durch den knöcheltiefen Staub. Sie bewegt sich wie eine ausgebildete Tänzerin, hat ihre Röcke etwas gerafft, sodass man ihre Beine bis über die Waden sehen kann.

O ja, sie ist wie eine wirkliche Lady gekleidet, die aus dem seriösen Boston kommt, nicht etwa aus New Orleans. Die Gegensätze dieser beiden Städte könnten nicht größer sein, und so ist es auch bei der Kleidung der Ladys. Boston bevorzugt englische Mode, New Orleans die französische.

Sie sehen die Schöne also in die Stadt schreiten. Am rechten Arm trägt sie eine Beuteltasche, und auf dem Kopf ist ein kleines rosafarbenes Hütchen zu bewundern. Ihr Haar hat die Farbe von reifem Weizen.

Die schnurgerade verlaufende Straße mit der staubigen Fahrbahn ist menschenleer. Nur aus den Fenstern der oberen Stockwerke beugen sich da und dort Köpfe.

Die junge Schöne ist wirklich eine Hackett. Ihr Vorname ist Emely. Und sie hat tatsächlich von Boston eine lange Reise hinter sich, die Wochen dauerte, da sie ja nach ihrem Clan suchen musste.

Sie kommt nun an der Silverhole Hall vorbei, wo auf dem Balkon des oberen Stockwerks die Amüsier- und Tanzmädchen voller Neugierde und Sensationsgier stehen.

Eines dieser Mädchen ruft zu Emely Hackett nieder: »He, Schwester, was kitzelt dich so, dass du ganz nahe dabei sein willst, wenn sich Männer gegenseitig umbringen?«

Emely Hacket hält inne und blickt zu den Pussycats hinauf, die spöttisch auf sie niederblicken.

»Oh, ihr Süßen, kümmert euch nicht um mich! Passt lieber auf, dass ihr nicht vom Balkon runterfallt.«

Nach diesen Worten geht sie weiter. Sie aber lachen hinter ihr her. Und eine sagt dann: »Zu welcher Sorte gehört die wohl? Ist sie eine wirkliche Lady oder eine Edelhure?«

Aber das hört Emely Hackett nicht. Ihre Aufmerksamkeit ist nach vorn gerichtet. Sie legt noch etwa fünfzig Yards zurück, dann treten einige Männer aus einer Gasse hervor und bilden quer über die Fahrbahn hinweg eine Front. Es sind fünf Männer. Sie werfen Blicke auf Emely Hackett, welche angehalten hat und nun mitten auf der Fahrbahn steht, also hinter ihnen, sodass sie ihr den Rücken zukehren.

Das gefällt ihnen nicht. Und so ruft ihr einer zu: »He, Süße, geh schnell zur Seite! Verdrücke dich in die Hausnische da drüben!«

Aber Emely erwidert nichts.

Sie verharrt bewegungslos. Nun ließ sie auch die gerafften Röcke wieder fallen. Sie starrt an den fünf Männern vorbei weiter die Straße hinauf.

Und dort werden nun vier andere Männer sichtbar. Auch sie bilden auf der Fahrbahn eine Front. Doch sie verharren nicht, sondern bewegen sich vorwärts, nähern sich also Schritt für Schritt den fünf Wartenden.

Es ist still in der Stadt. Und dennoch ist es, als würde eine Wolke des Unheils über Silverhole schweben und der kalte Atem bevorstehender Gewalttat wehen wie kalter Hauch.

Emely Hackett erkennt die vier Männer, die den fünf Wartenden mit ruhigen Schritten entgegenkommen. Und je näher sie kommen, umso besser erinnert sich Emely an sie, obwohl viele Jahre vergingen, seit sie sich trennten.

Ja, da ist ihr Onkel Phil Hackett, der Bruder ihres Vaters. Da sind Johnny und Rusty ihre Brüder. Und da ist noch Lance, ihr Vetter, den sie damals schon als junges Ding besonders mochte. Ja, das sind die Hacketts.

Ihr Revolverruhm war schon damals beachtlich.

Und jetzt ist er noch beachtlicher und legendärer.

Einst waren sie sieben. Damals gehörte Emelys Vater noch dazu, ebenso waren die beiden Brüder ihrer Mutter noch dabei. Doch diese drei Revolvermänner sind schon lange tot.

Der Hackett-Clan besteht nur noch aus vier Mann und Emely.

Wer wird jetzt sterben?

Das fragt sie sich und öffnet ihre Beuteltasche, holt dort den Revolver heraus.

Als einer der fünf Männer vor ihr sich umsieht, da bemerkt er es und wendet sich ihr zu: »He, Süße, willst du etwa mitmachen?«, fragt er staunend.

»Ich bin eine Hackett«, erwidert sie.

Im nächsten Moment aber beginnen die Revolver zu krachen. Denn die vier Hacketts sind nun nahe genug. Es wurden keine Worte mehr gewechselt, denn es gab nichts mehr zu sagen.

Die Fowleys beherrschen die Silberstadt.

Und die Bürger von Silverhole ließen die Hacketts kommen. Sie wollten wieder frei sein. Es gab also nichts mehr zu sagen.

Die Revolver erfüllen mit ihrem Krachen und Donnern die Straße zwischen den beiden Häuserreihen.

Und dann beginnt das Sterben und Blutvergießen.

Emely Hackett kann nicht mehr nur zusehen. Denn der Bursche, der sich ihr zuwandte und den Revolver in ihrer Hand sah, schnappt nach der Waffe. Dabei brüllt er böse: »Sie ist eine Hackett, verdammt!«

Er zaubert seinen Revolver gedankenschnell heraus, doch als er den Lauf hochschwingt und die Mündung auf Emely richten will, da trifft ihn ihre Kugel voll.

Er fällt in den Staub.

Und auch das Krachen der anderen Revolver verstummt. Nun ist es wieder unheimlich still. Selbst der Hund in einem der Hinterhöfe jault nicht mehr.

Die Leute von Silverhole sehen nun drei Fowleys am Boden liegen.

Zwei stehen noch, aber sie halten sich nur mühsam auf den Beinen, denn sie wurden böse angeschossen.

Die Hacketts dagegen stehen alle noch. Aber zwei von ihnen wurden ebenfalls verwundet. Man sieht es nun, als sie sich zu bewegen beginnen. Dennoch sind sie die Sieger, denn keiner von ihnen fiel um.

Und dann kommen die Bürger von Silverhole angelaufen. Sie brüllen, fluchen und stoßen befreite Schreie aus, so als fühlten sie sich als die Sieger.

Sie stürzen sich auf die besiegten Fowleys. Es ist ja keine Gefahr mehr für sie vorhanden.

Emely kümmert sich nicht um dieses Geschehen.

Sie sieht Onkel Phil, Vetter Lance und ihren Brüdern Johnny und Rusty entgegen.

Ihren Revolver hält sie immer noch in der Hand, jedoch mit der Mündung zum Boden gerichtet. Und es sieht fast so aus, als würde sie die Waffe zu Boden fallen lassen wollen, so als wäre sie ihr zu schwer geworden. Dann sind die vier Hacketts bei ihr.

»Du bist Emely«, spricht ihr Onkel grimmig. »Nicht wahr, du bist Emely? Was für ein Teufel hat dich geritten? Kleine, hast du Locokraut gefressen?«

Seine Stimme klingt richtig böse, grollend, giftig. Aber in seinen stahlblauen Augen erkennt sie die Sorge. Und sie erinnert sich wieder daran, dass der Onkel sie wie ein Vater geliebt hat und auch sie ihn wie einen Vater liebte, nachdem sie ihren Vater verloren hatte.

Sie will etwas erwidern, doch da ruft ihr Bruder Johnny: »Seht doch mal, wie schön sie geworden ist! Hey, was ist aus der kleinen Kröte geworden!«

Johnny blutet zwar an der Seite, wo seine Jacke von einer Kugel aufgerissen wurde. Aber er achtet nicht auf seine blutende Wunde. Er staunt Emely an.

Rusty und Lance aber nicken heftig, und Lance spricht dann überzeugt: »Ja, sie ist ein neues Weltwunder geworden. Und schießen kann sie wie jeder Hackett. Aber wir hätten die fünf Fowleys auch ohne dich geschafft, Emely.«

Onkel Phil mischt sich nun grimmig wieder ein und spricht trocken: »Gehen wir ins Hotel. Diese feige Stadt soll nicht zusehen und auch nicht zuhören. Überdies müssen wir unsere Wunden versorgen. Mir läuft das Blut in die Stiefel. Gehen wir endlich!«

Sie gehorchen ihm. Denn er ist der Kopf des Clans.

»Ich habe noch Gepäck in der Kutsche«, spricht Emely.

»Das wird vor dem Hotel abgeladen.« Rusty grinst. »Da kannst du dich drauf verlassen, Kleine. Denn eigentlich gehört die Stadt jetzt uns. Wir könnten die Fowleys ablösen, hahaha! Aber Onkel Phil ist halt immer noch ein seriöser Geschäftsmann. Gehen wir also, Kleine!«

Emely erwidert nichts. Doch sie geht inmitten der vier Männer das kurze Stück bis zum Silverhole Hotel. Hier empfängt sie der dicke Bürgermeister mit den drei Stadträten.

Die vier Männer wirken etwas unsicher.

»Wenn Sie jetzt die Stadt verlassen wollen, dann werde ich Ihnen sofort Ihr Honorar auszahlen, Sir.«

So spricht Bürgermeister Weaverly mit vorsichtiger Höflichkeit.

»Wir bleiben noch eine Weile«, erwidert Phil, Hackett. »Und wir brauchen fünf gute Zimmer in Ihrem Hotel, Mister Weaverly. Unsere Pferde sollen bestens im Mietstall versorgt werden.«

»Yes, Sir«, murmelt der Dicke, und in seinen Augen erkennt man den Ausdruck von Sorge.

✰✰✰

Sie versammeln sich in Phil Hacketts Zimmer, denn dieses ist das größte. Überdies wurde Phil ja am Bein verwundet. Er sitzt bequem in einem Sessel und hat das inzwischen gut versorgte Bein auf einen Hocker gelegt. Der Verband weist einen roten Fleck auf. Doch nun blutet die Wunde nicht mehr. Lance hat seinem Vater die Kugel herausgeholt.

Auch Emely ist im Zimmer. Sie hat ebenfalls in einem Sessel Platz genommen. Rusty aber steht am Fenster und blickt auf die Straße hinunter.

Ohne den Kopf ins Zimmer zu wenden, spricht er trocken: »Was für eine feige Bande doch hier in Silverhole lebt. Sie haben die überlebenden Fowleys fast totgeschlagen. Und die Toten karrten sie zum Friedhof vor der Stadt. Nun kommen sie zurück. Jetzt glauben sie, dass ihre Stadt wieder sauber und rein wäre. Wir sollten nun die Stelle der Fowleys einnehmen. Hier könnte man tüchtig melken. Diese Stadt inmitten des Silberlandes braucht Schutz. Wir sollten bleiben.«

Es bleibt still nach seinen Worten.

Doch dann spricht Phil Hackett ruhig: »Nein! Wir bleiben bei unserer Linie und helfen nur dort mit unseren Colts, wo man uns darum bittet und ein gutes Honorar zahlt. Wir sind keine Fowleys. Basta! Und nun kommen wir zu dir, Emely. Was für ein Kraut hast du gegessen, dass du auf die verrückte Idee kamst, nach uns zu suchen und zu uns zu kommen? Was ist mit deiner Mutter? Wir schickten euch damals nach dem Tod deines Vaters nach Boston. Du solltest in ein nobles Internat, wo man aus dummen Mädchen richtige Ladys macht. Und deine Mutter sollte ein schönes Leben führen können und in deiner Nähe wohnen. Was ist passiert? Und wieso kannst du so gut mit einem Revolver umgehen? Antworte, meine Kleine, antworte schnell!«

Seine Stimme klingt mehr als nur ärgerlich.

Aber Emely lächelt ihn an und erwidert: »Mom hat sich vor zwei Jahren in einen Kapitän und Schiffseigner verliebt. Er nahm sie mit an Bord. Wahrscheinlich hat er sie drüben in Europa sogar geheiratet. Ich war ihr nicht böse, als sie mich verließ. Denn sie hat ein Recht auf ihr eigenes Leben und ein neues Glück. Und ich war ja inzwischen erwachsen geworden. Auch ich verliebte mich in einen Mann. Er war ein Abenteurer, Glücksjäger und Spieler. Ich verließ das Internat und ging mit ihm in die weite Welt. Er brachte mir eine Menge bei, auch den Umgang mit einem Revolver. Und ich lerne stets schnell, sehr viel schneller als andere Mädchen. Er hat mich auch zur Frau gemacht. Mir ist eine Menge auf dieser Erde nicht mehr fremd. Er wurde in einem kleinen Hafen am Spieltisch erschossen, weil einer seiner Gegenspieler nicht verlieren konnte. Und da kam ich auf die Idee, nach euch zu suchen. Ich bin halt auch eine Hackett und kein sanftes Lamm. Ich wusste immer, womit ihr das Geld verdient habt, welches mir meine Mutter schickte. Ich las auch alle Briefe, Onkel Phil, die du Mom sandtest. Ich bin eine Hackett, und ich meine, dass Abenteuer auch mein Leben süß machen werden. Also werde ich bei euch bleiben und mich nützlich machen. Basta!«

Als sie verstummt, holt Phil Hackett Luft, um etwas loszulassen. Aber sie sagt mit ruhiger Stimme: »Halt, Onkel Phil, halt! Bevor du jetzt etwas sagst, bedenke, dass ich inzwischen kein dummes Ding mehr bin, welches ihr im Internat zu einer Lady machen lassen wolltet. Ich bin jetzt zweiundzwanzig Jahre alt und eine erwachsene Frau. Als ich mit Mom nach Boston musste, war ich vierzehn. Und auch aus meinen Brüdern und Lance, meinem Vetter, wurden ja inzwischen gestandene Männer. Also, Onkel Phil, behandle mich nicht wie ein dummes Ding.«

Sie verstummt ernst, und weil Phil Hackett in ihre grünblauen Augen sieht, kann er eine Menge erkennen.

Er lässt also die Luft wieder ab. Dann nickt er und blickt in die Runde. Und die drei jüngeren Männer – keiner ist älter als dreißig – grinsen ihn an.

Lance spricht zuerst. Er sagt ruhig: »Sie ist eine Hackett, eine besonders schöne Hackett. Sie ist gebildet und kann wie eine Lady auftreten.«

»Aber sie kann auch schießen«, sagt ihr Bruder Johnny und grinst dabei. »Wenn sie nicht meine kleine Schwester wäre, würde ich alles versuchen, sie ins Bett zu bekommen. Und dies wird jeder Mann wollen. Sie könnte uns sehr nützlich sein auf unseren Wegen.«

Er hat nun alles gesagt und damit Lances Meinung noch ergänzt.

Lance sieht nun seinen Vater Phil an und spricht mit einem Lachen in der Kehle: »Du würdest überstimmt werden, Oldman Hackett.«

✰✰✰

In dieser Nacht legt Evelyn dann gewissermaßen ihre Aufnahmeprüfung ab. Und sie wird eine Sensation in der Spielhalle von Silverstone. Ihre Schönheit kommt im Lampenschein voll zur Geltung, und ihr Kleid ist von wirklich erlesener, seriöser Eleganz. Es ist kein frivol lockendes Kleid, welches alle Reize zeigt – nein, es ist das Kleid einer Lady. Und dennoch lässt es alle Schönheit ahnen, die unter der roten Seide verborgen ist.

Emely spielt gegen fünf hartgesottene Burschen. Zwei von ihnen sind reiche Minenbesitzer, einer lässt auf seinem Claim fünf Arbeiter für sich schuften – und zwei leben von unbestimmbaren Einkünften, sind wahrscheinlich Banditen, welche Silbertransporte überfallen.

Rings um den Pokertisch hat sich ein dichter Kreis gebildet.

Und sie alle bewundern die schöne Frau, erfreuen sich an ihrem Lächeln, an ihren Bewegungen, wenn sie die Karten austeilt, oder am Klang ihrer Stimme. Sie bietet einen faszinierenden Anblick.

Die fünf missmutig wirkenden Spieler am Tisch strömen genau das Gegenteil aus.

Als die Einsätze wieder einmal erhöht werden, weil Emely Hackett mit ihrer dunklen und melodisch klingenden Stimme sagt: »Ich gehe mit und erhöhe um fünfhundert«, da wirft einer der Spieler fluchend seine Karten hin und schiebt mit den Kniekehlen den Stuhl zurück, indes er sich erhebt.

Der Stuhl kippt um. Und der Mann sagt böse: »Lady, Sie sind wunderschön, aber Ihr Kartenglück ist mir zu unheimlich. Ich kann nicht mehr daran glauben, dass die Karten nur auf Ihrer Seite sind. Verdammt, schöne Lady, wie machen Sie das?«

Emely, welche diesmal die Karten austeilt, legt ihr Blatt fast bedächtig hin. Dann spricht sie langsam: »Mister, wenn Sie gegen eine Frau nicht verlieren können, dann scheren Sie sich zum Teufel und jammern nicht herum.«

Ihre Worte würden unter Männern nun gewiss einen Kampf zur Folge haben, denn der Mann trägt einen Revolver tief unter der Hüfte.

Aber weil er glaubt, sich nicht mit einer schönen Frau schießen zu können, muss der Mann nun auf andere Weise seinen Zorn herauslassen. Und so stößt er hervor: »He, du siehst aus wie eine Lady, aber ich wette, das ist nur dein Trick. Du bist in Wirklichkeit ...«

»Halt, Mister!« Eine scharfe Stimme unterbricht ihn mit diesen beiden Worten.

Und im nächsten Moment löst sich der dichte Kreis der Zuschauer auf. Und der wütende Verlierer bekommt nun den Sprecher besser zu sehen.

Es ist Rusty Hackett. Er steht etwas weiter rechts vom Pokertisch, etwa drei Schritte von Emely entfernt. Und nun fügt er seinen beiden ersten Worten hinzu: »Wenn Sie die Lady beleidigen, bekommen Sie es mit mir zu tun.«

»Und wer bist du?« So fragt der wütende Mann hart. »He, wer bist du, Rotkopf?«

»Ich bin der Bruder dieser Lady. Und unser Name ist Hackett. Wollen Sie meine Schwester also beleidigen oder nicht?«

Der Mann weiß plötzlich Bescheid, und so hartgesotten er auch sein mag, er weicht zurück, hebt sogar die Hände in Brusthöhe.

Als er weit genug zurückgewichen zu sein glaubt, wendet er sich um und verschwindet mit schnellen Schritten.

Die Spannung löst sich nun.

Jemand sagt: »Das war es wohl.«

Der Kreis, welcher sich öffnete, sodass Rusty freistand, schließt sich immer noch nicht wieder um den runden Pokertisch.

Nun blicken alle Augen auf Rusty Hackett. Und sie sehen einen hartbeinig wirkenden Feuerkopf, von dem eine beherrschte Wildheit ausgeht. Sie ahnen es alle, dass dieser Mann explodieren kann wie eine Sprengladung, wenn er seine Wildheit nicht mehr zu beherrschen vermag. Sie brennt in seinem Kern wie ein Feuer.

Emely aber sagt am Tisch: »Gentlemen, wir sollten das Spiel beenden. Oder ist noch jemand unter Ihnen, der nicht verlieren kann und mich deshalb beleidigen möchte? Was kann ich dafür, dass ich besser Poker spiele als Sie, Gentlemen?«