G. F. Unger Western-Bestseller 2568 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2568 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Die Stadt hieß Sundown City und lag am Fuße des Sundown Pass. Sie gefiel mir nicht besonders, aber an diesem Abend war ich hungrig, durstig, staubig und gewiss nicht wählerisch.
Schon beim Hineinreiten witterte ich, dass dies ein Ort war, in der Burschen wie ich schnell Verdruss bekamen. Nicht zuletzt lag das an mir, Stapp Ballangher vom Brazos River in Texas, mehr als sechs Fuß groß und hundertachtzig Pfund schwer.
Ich war damals noch einer von diesen heißblütigen und eitlen Dummköpfen, die jede Herausforderung annahmen, um sich zu beweisen, was für prächtige Kerle sie doch waren.
Als ich damals an jenem schwülen Abend nach Sundown City ritt, war ich auf den Tag genau sechsundzwanzig Jahre alt. Es war mein Geburtstag ...


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Inhalt

Cover

Verlorener Mann

Vorschau

Impressum

Verlorener Mann

Die Stadt hieß Sundown City und lag am Fuße des Sundown Pass. Sie gefiel mir nicht besonders, aber an diesem Abend war ich hungrig, durstig, staubig und gewiss nicht wählerisch.

Schon beim Hineinreiten witterte ich, dass dies ein Ort war, in dem Burschen wie ich schnell Verdruss bekamen. Nicht zuletzt lag das an mir, Stapp Ballangher vom Brazos River in Texas, mehr als sechs Fuß groß und hundertachtzig Pfund schwer.

Ich war damals noch einer von diesen heißblütigen und eitlen Dummköpfen, die jede Herausforderung annahmen, um sich zu beweisen, was für prächtige Kerle sie doch waren.

Als ich damals an jenem schwülen Abend nach Sundown City ritt, war ich auf den Tag genau sechsundzwanzig Jahre alt. Es war mein Geburtstag ...

Meine Geschichte fängt damit an, dass ich gegen Mitternacht dazu gezwungen wurde, einem großspurigen Hombre meine Linke auf die Leber zu setzen und ihm die Rechte als kurzen, trockenen Haken auf Kinnwinkel und Ohr zu knallen.

Als er dann zu meinen Füßen lag, dicht beim Schanktisch auf den mit Sägemehl bestreuten Dielen des Sundown Saloons, war die Sache noch längst nicht vorbei.

Der Hombre hatte einige Freunde, und diese Burschen konnten ihn nicht verlieren sehen. Sie machten sich daran, mir zu zeigen, dass in ihrer miesen Town noch jeder Fremde auf irgendeine Art klein gemacht werden konnte.

Und sie machten mich klein!

Doch es fiel ihnen nicht leicht.

Ich kam danach sogar noch bis hinaus auf die Straße und zu meinem Pferd. Aber als ich mich in den Sattel zog, fiel ich auf der anderen Seite wieder hinunter. Dann schwanden meine Sinne.

Das Erwachen kam mir vertraut und bekannt vor. Schon viele Male war ich auf ähnliche Art erwacht – nämlich in einer Zelle.

Die frühe Morgensonne blinzelte durch ein kleines Gitterfenster. Drüben im Office brach das Schnarchen des Nachtmarshals ab. Er hatte sich wohl nach seiner letzten Runde auf das Feldbett gelegt.

Ich hörte eine Tür schlagen. Es war also jemand von der Straße ins Office gekommen. Eine harte Stimme fragte: »Frank, was war das heute Nacht?«

Die Stimme des Nachtmarshals erwiderte gähnend: »Ach, da war so ein texanischer Toro – ein zweibeiniger Kampfstier, der wie ein zu groß geratener Comanche aussieht. Er bekam mit unseren Jungs Streit und verprügelte sie. Dabei ging der Saloon fast völlig in Trümmer. Danach wollte er aufsitzen und fortreiten, dieser Comanche vom Brazos. Aber er fiel auf der anderen Seite vom Pferd. So konnte ich ihn mühelos aufsammeln und in die Zelle schaffen lassen. Sein Geld wird für den Schadenersatz nicht ganz ausreichen. Aber wenn wir sein Pferd und seinen Sattel verkaufen, wird es wohl einigermaßen hinkommen.«

Er nannte mich Comanche, weil ich ein ziemlich dunkler Typ mit schwarzen Haaren war. Und wenn ich nicht so groß gewesen wäre, hätten mich sicherlich viele für einen als Weißen verkleideten Comanchen gehalten.

Ich hörte das alles und noch ein paar Dinge mehr.

Dabei bewegte ich mich vorsichtig und betastete meinen Körper.

Aber alle Schmerzen waren nicht so schlimm wie die Vorwürfe, die ich mir selber machte.

Es war wieder einmal alles zum Teufel gegangen, was ich mir während der vergangenen Monate anschaffte und wofür ich harte und gefährliche Arbeit geleistet hatte.

Das Pferd war hin. Mein Zweihundertdollar-Sattel ebenfalls. Außerdem hatte ich fast zweihundert Dollar in der Tasche gehabt.

Als Erinnerung würde ich ein paar Narben mehr in meinem braunen Gesicht behalten – verheilte Risse, die einem erfahrenen Mann deutlich sagen würden, dass ich ein unbeherrschter Dummkopf war, der sich mit anderen Dummköpfen prügelte.

Ich schwor mir an diesem bitteren Morgen, dass ich ein neues Leben anfangen würde. Ganz bestimmt!

Dann traten die beiden Marshals in den Zellenraum und besichtigten mich.

Der Tagesmarshal sagte: »Mann, auf solche Komiker wie dich warten wir hier in Sundown City nur. Für euch ist dies hier der richtige Ort, um rasiert zu werden. Hier bekommen alle ihre Lektion.«

»Jawohl«, sagte ich, »so muss das auch sein, wenn diese feine Stadt etwas auf sich hält. Und wie ist es mit einem Frühstück, Sir?«

Sie zuckten beide zusammen, als wären sie gestochen worden. Dann bekamen sie schmale Augen und verkniffene Lippen. Wortlos gingen sie hinaus.

Ich aber legte mich wieder auf die harte Holzpritsche zurück. Wenn ich nichts zum Frühstück bekam, musste ich mich vor Anstrengungen hüten.

Einige Stunden vergingen ohne besondere Ereignisse. Ich pflegte mich, so gut ich konnte, bediente mich aus dem Wasserkrug, um zu trinken und um die Schwellungen in meinem Gesicht zu kühlen.

Zwischendurch schlief ich ein Stündchen.

Wenn ich wach war, dachte ich über mich nach.

Vor etwa zwei Jahren war ich aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden. Einige Monate war ich drüben in Mexiko gewesen und hatte zu einer Gringo-Revolvermannschaft gehört, die sich ein reicher Hacendado hielt, um sich vor Banditen zu schützen.

Später schmuggelte ich Silber, weil es in Mexiko billiger war als bei uns in den Staaten. Schließlich hörte ich von dem geplanten Bahnbau im Norden und machte mich mit meinem Gewinn aus dem Rindergeschäft auf den Weg. Ich sagte mir, dass es dort, wo man eine Bahn durch den Kontinent bauen wollte, für mich eine ganze Menge Chancen geben musste.

Auf diesem Weg war ich nun bis Sundown City gekommen, nachdem ich schon da und dort meine Zeichen hinterlassen hatte. Aber jetzt saß ich in der Klemme. Auf ehrenwerte Art würde ich mich da wohl kaum herauswinden können.

Ich musste mir etwas einfallen lassen. Doch was?

Wenn mir nichts einfiel, würden sie mich zu Fuß und ohne Ausrüstung aus der Stadt jagen. Ich würde dann auf der tiefsten Stufe angelangt sein, auf die ein Bursche aus Texas, der schon reiten konnte, bevor er laufen lernte, hinabsteigen kann. Ich würde nicht mal mehr ein Satteltramp sein, sondern ein Landstreicher, der zu Fuß durch den Staub schleicht.

Ich würde mir etwas stehlen müssen. Wie sollte ich sonst zu einem Pferd, einem Sattel und einem Revolver kommen, zu jenen drei Dingen, die ein Texaner haben muss, um sich als Mensch zu fühlen?

Am späten Mittag bekam ich mexikanische Bohnen. Sie hatten dabei nicht mit Gewürzen gespart.

Ich aß das Zeug, denn ich wusste, dass ich nichts anderes bekommen würde. Aber ich musste einigermaßen bei Kräften bleiben. Sonst war ich bald ganz verloren.

Etwas später brachte mir der Marshal eine Liste, die ich unterschreiben musste. Es war eine Anerkennung des angerichteten Schadens im Saloon. Es wäre dumm von mir gewesen, nicht zu unterschreiben. Sie hätten mich schon irgendwann weich bekommen.

Als ich unterschrieben hatte, war ich alles los, was irgendwelchen Wert besaß. Der Marshal sagte, dass sie mein Pferd, meinen Sattel, meinen Revolver, meine Nickeluhr und die Silbersporen versteigern würden. Wenn die Summe größer wäre als der angerichtete Schaden, würde ich noch etwas rausbekommen, sozusagen als Zehrgeld. Aber wenn ich wollte, könnte er mich schon nach Anbruch der Dunkelheit laufen lassen. Ich müsste höllisch schnell aus dem Stadtbereich verschwinden.

Das wollte ich. Ich wusste, dass ich hier in Sundown City nur noch mehr Verdruss bekommen konnte, nichts anderes als Verdruss. Da war es besser, zu Fuß davonzuschleichen.

Ich kam zu Fuß genau eine Meile weit nach Norden. Dabei hielt ich mich am Rand der Wagenstraße. Eine Idee, wie ich meine Situation verbessern konnte, war mir immer noch nicht gekommen. Einmal hielt ich an und blickte zu einem Haus hinüber, dessen Licht friedlich und warm in die Nacht leuchtete.

Mir wurde deutlich bewusst, wie wenig ich in meinem Leben von freundlicher und häuslicher Wärme mitbekommen hatte – von jener Wärme, die man innerhalb einer Familie findet, in einem Heim und an einem festen Platz.

Ich überlegte, ob ich zu diesem Haus hinübergehen sollte, um einen Job zu erbitten oder ein Pferd zu stehlen. Doch dann ließ ich es und ging weiter.

Wie schon gesagt, ich kam eine Meile weit.

Dann geriet ich an eine Gabelung der Wagenstraße. Unter einer mächtigen Burreiche, in deren Schatten eine kleine Siedlung Platz gefunden hätte, standen einige Pferde und lungerten einige Reiter herum, deren Zigaretten wie rote Punkte unter dem Baum auf glühten.

Ich hatte jenes komische Gefühl in der Magengegend, das mich stets warnte, wenn ich wieder dabei war, meinen Skalp in Gefahr zu bringen. Ich hielt es deshalb für besser, ruhig und bescheiden vorbeizugehen.

Aber da sagte eine Stimme: »Nun komm schon her! Du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich so einfach ziehen lassen?«

Ich kannte die Stimme, obwohl sie etwas undeutlicher war als in der vergangenen Nacht. Doch inzwischen hatte der Sprecher einige Zähne verloren. Weil ich das einkalkulierte, erkannte ich die Stimme. Sie gehörte Bob King. Das war der Bursche, mit dem ich gestern den Streit hatte. Bob King war der Bulle im Corral, der es mir hatte zeigen wollen.

Sie hatten also hier auf mich gewartet. Das wurde mir klar, während ich am Straßenrand stand, zu ihnen unter den Baum spähte und überlegte, ob es Sinn hätte, fortzulaufen. Es wäre sinnlos gewesen. So trat ich näher.

»Nun, Jungs«, sagte ich trocken, »jetzt habt ihr mich also richtig, nachdem mich diese lausige Stadt ausgeplündert hat. Eine faire Stadt hätte euch zumindest die Hälfte zahlen lassen.«

Da lachten sie durcheinander.

»Es ist unsere Stadt«, sagte Bob King schließlich. »Weißt du, unsere Väter, Onkel oder Bosse sind die Leute, von denen diese Stadt lebt. Und was bist du dagegen? Komm her! Setz dich zu uns. Uns ist etwas eingefallen. Du hast Glück, Amigo – mächtig Glück! Wir brauchen dich nämlich. Komm her und sieh dir an, was wir für dich haben!«

Ich gehorchte, und als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich bei den anderen Pferden auch meinen Schecken.

»Wir haben dein Pferd und deinen Sattel durch einen Freund bei der Versteigerung erworben«, sagte Bob King friedlich. »Auch deinen Colt kauften wir zurück. Du kannst alles wiederhaben, wenn wir uns einigen können.«

Ich stand still da und überlegte. Ich glaubte längst nicht mehr an Wohltäter oder Menschenfreunde. Mein Misstrauen gegen diese Welt war vollkommen. Ich wusste, dass alles seinen Preis hat, dass man für alles auf irgendeine Art bezahlen muss. Deshalb fragte ich nach einer Weile: »Was dachtet ihr euch denn so?«

Ich konnte sie in der Dunkelheit grinsen sehen. Sie waren fünf Burschen, keiner älter als ich, zumeist zwei oder drei Jahre jünger. Sie waren Söhne von mächtigen Bossen und waren hart, wild und machten gerne verwegene oder gar böse Späße.

Bob King sagte trocken: »Wir reiten nach Prairie City. Das liegt östlich von hier an der Kansas-Bahn. Dort reißt ein Hombre sein großes Maul immer wieder auf und verspricht hundert Dollar für jede Runde, die ein Mann gegen Mike Sullivan auf den Beinen bleibt. Wir halten dich für den Mann, der das schaffen könnte. Deshalb sind wir bereit, alles zu vergessen, dir dein Eigentum zurückzuschenken und auf dich hohe Wetten abzuschließen. Vergiss aber nicht, dass wir mit den Revolvern besser sind als mit den Fäusten. Hast du alles verstanden, du Indianer?«

»Genau«, sagte ich. »Und von Mike Sullivan habe ich nicht nur gehört. Ich habe ihn sogar in Fort Worth und in Wichita schon kämpfen gesehen. Der kann mich mit einer Hand zu Brei schlagen, wenn man ihm den anderen Arm am Rücken festbindet. Es tut mir leid, dass wir zu keinem Geschäft kommen können, Gentlemen.«

Nach diesen Worten ging ich weiter. Aber ich kam nicht weit, nur etwa hundert Schritte. Dann hatten zwei Reiter mich eingeholt und mir ihre Lassos übergeworfen.

Wie einen Bullen schleiften sie mich über den Boden unter die Burreiche zurück, wo Bob King und die anderen Jungs saßen.

»Du hast es vielleicht noch nicht richtig begriffen«, sagte Bob King. »Doch du musst mit Mike Sullivan kämpfen. Wir wollen es! Und wir würden dir das Leben verdammt schwer machen, wenn du dich noch länger wie eine Jungfrau sträubst – wie eine Jungfrau vor dem ersten Kuss, haha! Wir glauben, dass ein Bursche, der uns so zusetzen konnte wie du, selbst gegen Hammer-Mike Sullivan eine Chance hat. Jetzt hast du die Wahl, Bruder.«

Er sagte mir nicht, was sein würde, wenn meine Wahl gegen seine Wünsche gerichtet wäre. Aber ich wusste es auch so. Außerdem dachte ich, dass der Weg nach Prairie City noch weit und ich lieber im Sattel eines Pferdes wäre. Ich sagte ihnen, dass ich es ja mal versuchen könnte.

»Natürlich wirst du es versuchen«, meinte Bob King mit falscher Sanftheit und trügerischer Freundlichkeit, hinter der eine böse Gemeinheit lauerte. »Du kennst uns noch nicht richtig«, sagte er weiter. »Wir waren gestern im Sundown Saloon ziemlich betrunken und unsicher auf den Beinen. Deshalb konnten wir dich nicht klein machen, so wie wir bisher jeden Hombre, den es juckte, klein gemacht haben. Es gibt genug Leute, die sich hinter der hohlen Hand zugrinsen und einander zuflüstern, dass wir ›Glorreichen Fünf‹ – so nennt man uns insgeheim – sehr schlecht ausgesehen hätten, als wir mal an einen wirklich harten Burschen gerieten. Na schön, du kannst nun zeigen, was du auf dem Kasten hast. Du wirst Hammer-Mike Sullivan schlagen müssen. Verstehst du? Müssen! Wenn du das nicht schaffst, bist du ein verlorener Mann. Dann füllen wir dich voll Blei. Ich schwöre es dir. Das ist kein Bluff. Bist du nun richtig im Bilde, mein Junge?«

Er nannte mich seinen Jungen. Dabei war ich gewiss zwei Jahre älter als er. Doch er war eine böse Nummer und richtig giftig, weil ich ihn im Saloon vor allen Leuten mit zwei Schlägen umgelegt hatte.

Dabei war er doch der stolze und hoffnungsvolle Sohn eines großen, mächtigen Vaters. Wahrscheinlich stand er so sehr im Schatten dieses Vaters, dass er immer wieder verrückte Dinge tun musste, um sich selbst auch groß und beachtlich zu fühlen. Und ich hatte ihn mit zwei Schlägen zum Gespött der Leute gemacht. Das konnte er nicht schlucken.

Seine Freunde waren von seiner Art. Sie wollten mich gewissermaßen zu einem Kampf zwingen, der für mich eine böse Bestrafung sein würde, selbst wenn ich ihn gewinnen konnte. Ich hatte jenen Preisboxer Hammer-Mike Sullivan wahrhaftig schon in Fort Worth und Wichita kämpfen sehen.

Boxkämpfe waren damals in den meisten Staaten und Territorien verboten. Dennoch fanden sie statt. Man kämpfte ohne Handschuhe, und eine Runde dauerte damals so lange, bis einer der Kämpfer niedergeschlagen wurde. Nachdem er sich erholt hatte, ging es weiter bis zur Aufgabe. Es kam deshalb vor, dass ein Boxkampf über siebzig oder noch mehr Runden ging. Denn eine Runde konnte zehn Sekunden oder auch zehn Minuten dauern, nämlich immer bis zum Niederschlag eines der Gegner.

Ich wusste das alles, und ich wusste auch, wie grausam sich diese Preisboxer zerschlugen.

»Ich bin voll und ganz im Bilde«, sagte ich zu Bob King und seinen vier Freunden.

✰✰✰

Es tat gut, wieder auf meinem Pferd zu sitzen und den vertrauten Sattel unter dem Hosenboden zu spüren. Doch das waren auch die einzigen guten Gefühle in mir, während wir durch die Nacht ritten.

Mein Pferd war erstklassig. Es hatte mal hundert Dollar gekostet. Damals bekam man schon für fünfzig Dollar ein Tier, das über dem Durchschnitt lag.

Aber meinen fünf »Freunden« hätte ich nicht davonreiten können. Sie waren noch besser beritten, denn sie saßen auf Dreihundert-Dollar-Pferden. Zudem behielten sie mich meistens in ihrer Mitte. Sie hätten mich auch bei einem Fluchtversuch leicht aus dem Sattel schießen können, denn die Nacht war hell.

Es gab einfach keine Chance.

Ich hörte mir ihre Unterhaltung an und erfuhr so eine ganze Menge über sie. Bob King und Will Cantrell waren die Söhne mächtiger Rancher. Hank Stone lebte im Schatten und Schutz eines älteren Bruders, der ihr Erbe verwaltete.

Cash Brennan überließ die Leitung seiner ebenfalls ererbten Ranch einem väterlichen Vormann.

Und Cole Clayton musste sich damit abfinden, dass seine Mutter noch das Kommando auf der Ranch führte und offenbar mit ihrem Vormann gut harmonierte.

Da wurde mir so einiges klar.

Am späten Nachmittag kamen wir nach Prairie City.

Der Schienenstrang der Kansas-Bahn kam von Abilene und ging hier durch bis nach Dodge City.

Als wir unsere Pferde in den Hof des Mietstalles brachten, konnten wir das große Plakat an der Stallwand lesen:

HAMMER-MIKE SULLIVAN

fordert jeden Mann heraus,

der mehr als hundert Dollar einzusetzen hat.

Doch Vorsicht!

HAMMER-MIKE SULLIVAN

blieb bisher westlich des Missouri ungeschlagen!

Das konnte man lesen. Daneben war Hammer-Mike Sullivan gezeichnet. Der Maler hatte ihm sehr geschmeichelt. Ich aber wusste schon, wie er in Wirklichkeit aussah.

Plötzlich spürte ich wieder das flaue Gefühl in der Magengegend.

Meine »Freunde« grinsten mich an, als wir unsere Pferde in einen Corral brachten.

Jemand fragte den Stallmann, wo man sich für einen Kampf mit Sullivan anmelden könnte.

»Wer will denn mit ihm kämpfen?«, fragte der Stallmann und ließ seine flinken Augen über uns flitzen. Dann blieb sein Blick auf mir hängen.

»Das ist Comanche-Ballangher«, sagte Bob King. »Er hat uns vorgestern in Sundown City verprügelt, obwohl wir fünf Mann gegen ihn waren. Sehen wir schwächlich aus? Aber er hat uns geschlagen. Wir denken, dass er auch diesen Hammer-Mike schlagen wird, und setzen alles auf ihn, was wir nur auftreiben können. Wo ist die Anmeldung?«

»Im Prairie Saloon zwischen achtzehn und zwanzig Uhr«, sagte der Stallmann und ging um mich herum wie ein misstrauischer Pferdehändler um ein zum Kauf angebotenes Pferd.

»Der wird es nicht schaffen«, meinte er dann. »Der sieht zwar wie ein Comanche aus, aber er ist zu hager, zu dünn. Der hat nicht genug Masse, um richtig hart schlagen zu können. Ich werde nicht auf ihn wetten.«

Ich sagte nichts, sondern schluckte nur.

Meine fünf »Freunde« grinsten, und als wir gingen, sagte Bob King zu mir: »Lass dir nur nicht einreden, dass du ihn nicht schlagen kannst. Denn du musst ihn schlagen, weil du sonst ein verlorener Mann bist, ein toter Mann irgendwo auf der Prärie.«

Wir gingen zuerst in ein Restaurant, und wieder durfte ich essen, so viel ich wollte.

Als wir später den Prairie Saloon betraten, hatte sich die Sache dort schon herumgesprochen. Der Stallmann war kein Freund von Geheimnissen. Wahrscheinlich gehörte es zu seinem Geschäft, jede Nachricht schnellstens zu verbreiten.

Nun, den fünf wilden Jungs aus dem Sundown County war das nur recht. Sie nahmen auch sofort die Einladung an, die uns ein Angestellter des Saloons brachte, während wir uns noch umsahen. Wir brauchten nur an die lange Bar zu treten. Dort warteten sie auf uns.

Hammer-Mike Sullivan war da. Sein Manager und Agent stand neben ihm. Osborne Brianman hieß er. Außerdem war auch noch Johnny Shalacko dabei, ein übler Revolvermann, der für sie arbeitete und ihnen Revolverschutz gab. Ich kannte sie aus Fort Worth und Wichita.

Osborne Brianman fragte sarkastisch: »Das ist wohl euer Comanche-Ballangher?«

Bob King ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er grinste nur und machte eine lässige Handbewegung.