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»Mister«, sagt Terry McRay zu seinem Pferd, »du hast gestern meinen Tabaksbeutel und heute Morgen mein letztes Stück Seife angeknabbert. Ich sehe nicht ein, warum ich dir etwas abgeben soll! Pass auf, du gescheckter Ziegenbock, eines Tages frisst du mal etwas, was dir nicht bekommt. Ich habe mal von einem Mann gehört, der soll Karbid gefressen haben. Und dann hat er Wasser ...«
Weiter kommt Terry nicht, denn sein Pinto schnappt jetzt blitzschnell zu, erwischt das größte Stück Pfannkuchen und zieht sich rückwärts mit seiner Beute zurück.
Terry droht mit der Faust. »Ich frage mich«, ruft er scheinbar wütend, »warum ich mich mit solch einem Pferdebiest abgebe. Deine Mutter war eine Bergziege! Und dein Vater war ein Wildkater! Komm nur nicht wieder in meine Nähe, Wild Bill!«
Der Pinto wiehert seltsam, sodass es wirklich fast wie das spöttische Meckern eines Ziegenbocks klingt. Betont gleichgültig wendet sich das »Pferdebiest« dann den spärlichen Gräsern zu, zupft hier und da und schielt dabei ständig nach seinem Herrn.
Einem aufmerksamen Beobachter würde jedoch sofort klar geworden sein, dass sich Mann und Pferd sehr zugetan sind. Der Mustang trägt auch keine Kandare, nicht einmal ein Gebiss. Die Zügel aus geflochtenen Pferdehaaren sind unmittelbar an einem leichten Stirnriemen befestigt, und der Reiter trägt an seinen alten und abgetretenen Stiefeln keine Sporen. Das ist seltsam in diesem Land ...
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Seitenzahl: 158
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Sattelgefährten
Vorschau
Impressum
Sattelgefährten
»Mister«, sagt Terry McRay zu seinem Pferd, »du hast gestern meinen Tabaksbeutel und heute Morgen mein letztes Stück Seife angeknabbert. Ich sehe nicht ein, warum ich dir etwas abgeben soll! Pass auf, du gescheckter Ziegenbock, eines Tages frisst du mal etwas, was dir nicht bekommt. Ich habe mal von einem Mann gehört, der soll Karbid gefressen haben. Und dann hat er Wasser ...«
Weiter kommt Terry nicht, denn sein Pinto schnappt jetzt blitzschnell zu, erwischt das größte Stück Pfannkuchen und zieht sich rückwärts mit seiner Beute zurück.
Terry droht mit der Faust. »Ich frage mich«, ruft er scheinbar wütend, »warum ich mich mit solch einem Pferdebiest abgebe. Deine Mutter war eine Bergziege! Und dein Vater war ein Wildkater! Komm nur nicht wieder in meine Nähe, Wild Bill!«
Der Pinto wiehert seltsam, sodass es wirklich fast wie das spöttische Meckern eines Ziegenbocks klingt. Betont gleichgültig wendet sich das »Pferdebiest« dann den spärlichen Gräsern zu, zupft hier und da und schielt dabei ständig nach seinem Herrn.
Einem aufmerksamen Beobachter würde jedoch sofort klar geworden sein, dass sich Mann und Pferd sehr zugetan sind. Der Mustang trägt auch keine Kandare, nicht einmal ein Gebiss. Die Zügel aus geflochtenen Pferdehaaren sind unmittelbar an einem leichten Stirnriemen befestigt, und der Reiter trägt an seinen alten und abgetretenen Stiefeln keine Sporen. Das ist seltsam in diesem Land ...
Plötzlich schnaubt Wild Bill leise und warnend. Terry erhebt sich sofort, seine Rechte fühlt wie beiläufig nach dem Colt, und er rückt sich die schwere, tief geschnallte Waffe besser zurecht.
Dann wartet er ruhig, hört bald darauf die Hufschläge einiger Reiter und richtet nun seine Aufmerksamkeit auf die Mündung eines Canyons, der von Westen her die Schulter des Berges durchbricht und hier auf der Wasserscheide des Passes endet.
Fünf Reiter tauchen auf.
Und sie wirken wie fünf grimmige Winterriesen. Das Unwahrscheinliche an ihnen ist jedoch, dass sie überdies noch fünf zottige Riesengäule reiten. Gäule, von denen man meint, dass es allerhöchstens einen auf tausend Meilen im Umkreis von dieser Sorte geben könnte.
Aber es ist dennoch so: Fünf Riesen kommen auf fünf Riesengäulen angeritten. Sie wirken grimmig und böse. Eine wilde Kraft und Urwüchsigkeit geht von ihnen aus.
Der Riese an ihrer Spitze ist grauhaarig. Sein Vollbart flattert im leichten Wind, und seine scharfe Adlernase hackt im Rhythmus des Reitens auf und nieder.
Terry McRay ist fremd in diesem Land. Er ist davon überzeugt, dass er sonst gewiss über diese fünf Muskelberge Bescheid wüsste. Fünf solche Männer müssen einfach so bekannt sein wie zum Beispiel fünf rote Elefanten, wenn es solche und in diesem Land gäbe.
Indes er auf das Näherkommen der Reiter wartet, schiebt sich sein Pinto neben ihn und verhält sich vollkommen ruhig. Nur die Augen des Pferdes funkeln. Wie ein Wachhund steht das scheckige Tier neben seinem Herrn.
Und dann hält der riesige Graubart auf dem Weg sein mächtiges Tier an, wendet sich im Sattel um und sieht McRay mit einem wilden Blick an.
»Mann«, sagt er mit tiefer und harter Stimme, »Mann, haben Sie ein gelbhaariges Mittelgewicht gesehen, mit einem Bärtchen unter der Babynase und einer Gitarre hinterm Sattel? Haben Sie solch einen verdammten Dandy hier in der Gegend herumreiten sehen, Mister?«
»Ich hatte nicht das Vergnügen, Mister«, erwidert Terry sanft und sieht die anderen vier Männer an, die hinter dem riesigen Anführer eine finstere Gruppe bilden und ganz so wirken, als hielten sie sich für eine unüberwindliche Armee.
Es sind Brüder, wahrscheinlich sogar Vierlinge. Und wenn sie früher gewiss auch sehr winzig waren, so hat eine wunderbare Laune der Natur aus ihnen mächtige Riesen werden lassen.
Sie sind rothaarig, sommersprossig und mit Muskeln bepackt, die jeden Moment ihre Hemden zu sprengen drohen. Ihre wasserhellen Augen verraten eine Menge Sturheit, und ganz offensichtlich ist in ihren großen Köpfen nicht allzu viel Verstand enthalten. Terry fragt sich unwillkürlich, was diese vier Ungetüme anstellen werden, wenn der Alte nicht mehr das Kommando hat und nicht mehr für sie denken kann. Er sieht den Graubart wieder an.
»Hat Ihnen der Gelbkopf die Brieftasche geklaut, Mister?«, fragt er sanft und ruhig.
»Mehr als das! Oha! Schwarzes Schneegestöber und Höllenmist! Dieser gelbhaarige Hecht hat uns die Ehre gestohlen! Wir sind schon eine ganze Woche hinter ihm her, und er zeigte uns jeden Tag immer wieder neue Tricks! Aber wir erwischen ihn! Wir bekommen ihn so sicher, wie ich Brad Rocky heiße! Und wenn wir bis zum Nordpol reiten müssten! Aaaah ...«
Nach diesen Worten reitet er wieder an, und seine vier zweibeinigen Büffel folgen ihm wortlos.
Terry McRay blickt ihnen nach. Er hätte gerne gewusst, was diese fünf Rockys auf eine lange Fährte gelockt hat. Aber er ist gewöhnt, nur im äußersten Notfall Fragen zu stellen. Er schiebt wieder seinen Hut in den Nacken, kratzt sich hinter dem Ohr und murmelt schließlich: »Ich hätte sie vielleicht um eine Krume Tabak anhauen können. Sie hätten gewiss einen Mann gut verstanden, dem ein verdammter Gaul den Tabaksbeutel aufgefressen hat.«
Indes sind die fünf Reiter schon ziemlich weit entfernt. Sie reiten unten in einen abfallenden Canyon hinein und verschwinden bald hinter der Biegung.
»Nun, ich werde auch weiter ...«, beginnt Terry, doch da schnaubt sein Pinto abermals.
Zuerst hört Terry eine klangvolle Männerstimme und das melodische Klimpern einer Gitarre. Es ist eine schöne Baritonstimme, und sie singt das alte Lied vom armen Cowboy, der keine Heimat hat und sich überall in ein Mädchen verliebt und der, da er arm ist, nirgendwo eine Chance bekommt.
Der Gesang ist überdies auch noch dem Takt der Hufschläge angepasst.
Eine kleine Weile später kommt der Sänger aus dem Canyon geritten.
Weizenblonde Locken leuchten in der Sonne. Aber das Gesicht des Burschen ist sehr gebräunt. Weiße Zähne und blaue Augen blitzen. Seine Kleidung ist blitzblank und wie neu. Das Zaumzeug seines Pferdes ist prächtig herausgeputzt. Allein der silberbeschlagene Sattel muss einen Cowboy-Jahreslohn gekostet haben. Seine Stiefel sind feinste Maßarbeit, und der Coltkolben ist mit Silber und Elfenbein ausgelegt.
Im Damensitz hockt er auf einem prächtigen Rappen und verstummt erst mit seinem Gesang, als er dicht bei Terry anhält. Der erkennt jetzt auch, dass der hübsche Bursche ein kleines Bärtchen unter der Oberlippe trägt. Doch als er in die blauen Augen des Mannes sieht, erkennt er darin neben Sorglosigkeit und Leichtsinn auch eine Portion Männlichkeit und Stolz.
»Hallo, Kamerad«, lächelt der Blonde. »Geht es hier nach Silverhorn?«
Terry nickt kurz.
»Dann bin ich also wieder auf dem richtigen Weg! Nun, nach meiner Berechnung müssten vor nicht allzu langer Zeit fünf rothaarige Gentlemen hier vorbeigeritten sein.«
»Einer war grauhaarig«, verbessert Terry freundlich, denn der Blonde ist ihm sehr sympathisch.
»So? Nun, das wundert mich eigentlich, Kamerad! Vor einer Woche war Brad Rocky noch so rot wie seine Söhne. Sollte er sich wirklich so geärgert haben, dass sein Haar erbleichte? Hat er Ihnen vielleicht ...«
»Yeah, er hat mich nach einem gelbhaarigen Baby gefragt«, grinst Terry.
Die blauen Augen des Sängers leuchten plötzlich ärgerlich auf, und kalte Funken des Unwillens tanzen in ihnen. Aber dann bezwingt er seinen Ärger und lächelt wieder freundlich.
»Sie haben nicht zufällig etwas Tabak bei sich, Kamerad?«, fragt er höflich.
Terry schüttelt den Kopf und deutet mit dem Daumen auf seinen Pinto.
»Der Ziegenbock hat gestern meinen Tabaksbeutel gefressen. Es war noch genügend drin.«
Der Blonde schenkt dem Mustang einen interessierten Blick, greift dann in die Tasche und holt einen gefüllten Beutel heraus.
»Nun, wenn das so ist, so müssen wir uns eben mit meinem Tabak begnügen. Wissen Sie, Mister, ich nehme gern, wenn irgendwo Überfluss ist, aber ...«
Er verstummt und grinst wie ein beschämter Lausejunge. Und tatsächlich, er wird sogar rot. Langsam rutscht er aus dem Sattel. Und dann hocken sie sich beide nach Cowboyart auf die Absätze und drehen sich Zigaretten.
Es ist ein guter Tabak. Terry McRay zieht den Rauch ein und stößt ihn behaglich aus. Dann begegnen sich die Augen der beiden Männer mit einem festen Blick.
»Danke«, murmelt Terry. »Ich sehne mich seit gestern nach einer Zigarette. Sie haben deshalb etwas gut bei mir, Mister.«
Der Blonde macht eine wegwerfende Handbewegung. Er sieht nachdenklich den Passweg hinunter, wo die fünf Rockys vor einer Weile verschwunden sind.
»Waren sie sehr ärgerlich? Übrigens, mein Name ist Jim Pancake. Nein, ich will Sie nicht verulken, Mister, ich heiße wirklich so!«
Er sagt es besänftigend, denn er hatte bemerkt, wie Terrys rauchgraue Augen schmal und scharf wurden. Und das ist vielleicht kein Wunder, denn Pancake heißt Pfannkuchen!
»Schon in Ordnung, ich glaube es«, grinst Terry. Und als Jim Pancake dieses Grinsen erwidert und sie sich wieder in die Augen sehen, spüren sie eine warme Sympathie füreinander.
»Ja, sie waren so wütend wie gereizte Grizzlybären. Und der Graubart erzählte etwas von einer gestohlenen Ehre.«
Jim Pancake begann bitter zu lachen.
»Diese Narren! Diese verdammten Narren!«, ruft er, und in seinen sonst so freundlichen und hübschen Augen sind plötzlich wieder jene kalten Funken des Unwillens, den nur ein Mann versprüht, der kämpfen kann und der sich nie und nirgendwo herumstoßen lässt.
Er wirft die Zigarette weg und dreht sich zauberhaft schnell eine neue. Dabei sieht er Terry nachdenklich an.
»Hm«, knurrt er, und in seinen Augen leuchtet der Zorn. »Hm, Mister, ich möchte Sie nicht mit meinen Angelegenheiten belästigen. Aber jemand hat Ihnen erzählt, ich hätte seine Ehre gestohlen. Ah, ich will Ihnen erst einmal beschreiben, wie diese Ehre aussah! Hahaha, diese Ehre der Rockys wiegt über zwei Zentner, Mister! Und ...«
»Mein Name ist Terry McRay«, sagt Terry sanft dazwischen, und sofort sieht ihn Jim Pancake sehr interessiert an. Er spitzt die Lippen, pfeift kurz und nickt dann.
»Von Ihnen habe ich schon gehört, weiter im Süden haben Sie einen großen Namen. Ah, Sie sind also der ...«
»Wir waren zuletzt bei der Ehre der Rockys, die zwei Zentner wiegen soll«, erinnert Terry sanft.
Wieder grinsen sie sich an, und sie fühlen zwischen sich eine gewisse Gemeinsamkeit. Denn obwohl Jim Pancake ganz gewiss ein leichtsinniger und sorgloser Satteltramp ist, ist er ganz bestimmt im Grund seines Wesens ein stahlharter Reiter, vielleicht ein Spieler, aber einer, der nicht des Gewinns wegen, sondern der Freude halber stets einen hohen Einsatz wagt und immer bereit ist, seinem Schicksal zu begegnen. Jim Pancake ist nichts anderes als das Sinnbild eines Abenteurers im Wilden Westens.
Und Terry McRay?
Nun, der hat als Kämpfer einen großen Namen.
Vielleicht hat er Freude an einem guten Kampf, so wie Jim Freude am Spiel und ziellosen Herumstreifen hat.
Jim kichert jetzt voller Lust. Sein Zorn ist schon wieder verraucht. In seinen Augen funkelt es.
»Die Mädchen haben mir noch nie Glück gebracht«, sagt er sorglos. »Und die Rockys haben ein Mädchen in ihrer Hütte, das die Schwester der vier rothaarigen Elefanten und die Tochter eines Seelöwen ist. Als ich zufällig in ihr kleines abgelegenes Tal kam, waren alle Männer abwesend. Ich will nicht behaupten, dass sie irgendwo eine Bank ausgeraubt haben, aber bestimmt haben sie Vieh gestohlen. In diesem Tal fand ich nämlich eine Menge Rinder, deren Brandzeichen so verschieden waren wie unsere Namen. Und es waren fast ein Dutzend verschiedener Brandzeichen. Nun, sie sind schon eine raue Sippe, diese Rockys. Als ich vor der Hütte hielt, kam das Mädchen sofort heraus. Sie war so hässlich wie die Tochter eines Gorillas, so dumm wie eine Kuh – und so gut wie eine Märchenfee. Ja, gut war sie!«
Jim Pancake verstummt, dreht sich eine neue Zigarette, raucht sie an und nickt noch einmal bekräftigend.
»Yeah, sie war gut. Ich erkannte es gleich, als ich in ihre Kuhaugen sah. Überdies hatte ich schon drei Tage nichts gegessen. Ich bin wohl manchmal doch zu sorglos und verlasse mich auf mein Glück, dass ich ein gastliches Haus finde.
Nun gut, ich behandelte sie wie eine richtige Lady. Und ich wette, dass in ihrem Leben noch niemals ein Mann so höflich und nett zu ihr gewesen ist. Warum, dächte ich, sollte ich diesem hässlichen Monstrum nicht auch mal eine Freude machen.
Ich bezahlte das Festessen, welches sie mir innerhalb von zwei bis drei Stunden unermüdlich zubereitete, mit tausend Komplimenten. Sie erlebte die schönste Freude ihres Lebens. Ganz gewiss konnte sie sich mit einem Mann noch nie so nett unterhalten. Einmal weinte sie sogar, weil ich ihr sagte, dass für mich das gute Herz einer Frau wichtiger wäre als ihre Schönheit. Sie fiel mir plötzlich um den Hals und küsste mich.
Da sie aber noch einen leckeren Nachtisch zubereitet hatte, bin ich nicht weggelaufen, sondern habe ausgehalten. Der Nachtisch war auch wirklich prächtig. Walderdbeeren mit Eierschnee! Und dann war ich sehr müde. Ich hatte drei Stunden nichts anderes getan als nur erzählt und zwischendurch gegessen. Ich glich gewissermaßen einem müden und voll gepfropften Falken, der nicht mehr fliegen konnte. Irgendwie muss ich dann eingeschlafen sein. Als ich erwachte, lag ich auf einem Sofa und mit dem Kopf auf ihrem Schoß.
Ja, und dann kamen plötzlich ihre Brüder und ihr Vater herein.
Sie sahen das Bild – und zuerst wollten sie mich sofort in Stücke reißen. Aber da schrie Marylin, so hieß das gute Kind, dass ich ein ehrenwerter Freier wäre und wir uns verlobt hätten.
Sofort wurden die fünf Nashörner mächtig freundlich. Ich musste sogar einige Stunden mit ihnen trinken. Zwischendurch spielten wir Poker und aßen von den guten Dingen, die Marylin immer wieder in der Küche zubereitete. Später war ich dann so betrunken, dass ich erst im Wagen wieder aufwachte.«
Wieder macht Jim eine Pause. Nun ist sein Gesicht bekümmert.
»Was für ein Wagen?«, fragt Terry teilnahmsvoll, obwohl er sich das Lachen nicht mehr verkneifen kann und schon einige Male offen grinsen musste.
»Sie hatten einen Wagen angespannt, Stroh hineingeworfen und mich draufgelegt. Wir mussten, als ich aufwachte, schon einige Stunden unterwegs gewesen sein, denn es war schon wieder Tag, und in der Ferne sah man die Häuser einer kleinen Stadt. Auf dem Bock saß Marylin, die sie immer May nannten. Sie fuhr schnell, und sie konnte mit dem feurigen Gespann gut umgehen. Um den Wagen herum ritten ihre Brüder als Ehrengarde. Vorne ritt der Alte. Hinten war mein Pferd angebunden.«
Nach diesen Worten dreht sich Jim nach seinem Rappen um, und er sieht ihn dicht beim ramsnäsigen Pinto stehen. Die beiden Tiere beschnuppern sich, als wären sie gute Freunde.
»Nanu, Joker geht doch sonst auf jeden Gaul los!«, ruft Jim verwundert.
»Das tut mein Wild Bill sonst auch immer«, lächelt Terry.
Und wieder sehen sie sich in die Augen und grinsen sich an. Sie verlieren kein Wort mehr über das Wunder, dass sich ihre Pferde, die sich sonst wie streitlustige Wildkater benehmen, so gut vertragen. Sie drehen sich abermals Zigaretten, und dann berichtet Jim weiter.
»Als wir in die Stadt kamen, hielten wir vor der Kirche an. Ich war noch ziemlich benommen. Der Whisky, den wir getrunken hatten, war nämlich aus Pumaspucke, Schlangengift und Salzsäure hergestellt. Ich war also noch nicht richtig aufgewacht. Aber das änderte sich schnell, als ich drinnen beim Pater hörte, dass ich Marylin heiraten sollte. Von diesem Moment an war ich hellwach. Es ging dann alles sehr schnell. Ich bin durch das Fenster gesprungen und habe es mit drei Sprüngen und einem Riesensatz bis in den Sattel meines guten Joker geschafft.
Von dieser Minute an hatte ich sie auf der Fährte. Zuerst dachte ich, ich könnte sie mit einigen Tricks abschütteln – oder ihnen die Lust zur weiteren Verfolgung nehmen. Jetzt ist es mir klar, dass ich sie nur immer wütender dadurch gemacht habe. Sie sind Bulldoggen, und je länger sie auf meiner Fährte reiten, umso fester setzt sich die Idee in ihren sturen Schädeln fest, dass sie mich erwischen müssen, um wieder ruhig schlafen zu können.«
»So ist es«, nickt Terry McRay langsam. »Diese Männer denken immer nur an eine Sache, und erst dann, wenn diese Sache erledigt ist, denken sie an andere Dinge. Es ist schlimm mit solchen Büffeln. Dann und wann bin ich solchen Burschen begegnet, und du hast gleich fünf Exemplare auf der Fährte, Kamerad.«
Jim Pancake nickt bitter. »Und dabei hat das Mädel bestimmt nur deshalb etwas von der Verlobung gesagt, weil sie mich retten wollte. Ah, ich habe eine Lektion bekommen! Bisher bin ich davongelaufen, weil ich Marylins Kummer nicht noch vergrößern wollte. Aber jetzt laufe ich nicht mehr davon. Ich bin noch nie vor einer Sache weggelaufen! Die fünf Nashörner sollen ihren Kampf bekommen. Und wenn ich es überstehe, wird diese Welt noch einmal so schön werden!«
Er ruft die letzten Worte schon wieder sorglos und siegesgewiss. Alle Sorgen und jeder Zorn scheinen ganz plötzlich verschwunden zu sein. Er erhebt sich, geht zu seinem Pferd und schwingt sich in den Sattel. Terry sieht und erkennt, dass dieser mittelgroße Bruder Leichtsinn geschmeidig wie ein Panther ist.
Er geht ebenfalls zu seinem Pferd und hebt auf diesem Weg schnell sein Bündel auf.
Indes er es festschnallt, hört er Jims Frage: »Kommst du von Silverhorn, oder ist dort dein Ziel?«
»Ich will vorerst nach Silverhorn. Ob ich länger als eine Nacht dort bleibe, das weiß ich nicht«, murmelt Terry. In seinen grauen Augen erscheint ein kaltes Licht und verlischt wieder.
Ohne weitere Worte sitzt er auf. Gemeinsam reiten sie die Passstraße abwärts.
Als es dann Abend wird und die gelben Lichter der kleinen Stadt vor ihnen in der Nacht blinzeln und ihnen den Weg weisen, da hält Jim seinen prächtigen Rappen an.
»Nun, Terry, es war nett, ein Stück mit dir zu reiten. Ich wünsche dir eine Menge Glück. Mir sieht es so aus, als suchtest du nach einem Mann. Vielleicht findest du ihn in dieser Stadt da. Es soll eine wilde Stadt sein. Ich schlage hier einen Bogen. Irgendwie werde ich mich mit den Rockys befassen. Sie werden wahrscheinlich getrennt die Stadt nach mir durchsuchen. Also, Freund ...«
Er spricht nicht weiter, zieht sein Pferd zur Seite und reitet von der staubigen Wagenstraße in das Dunkel der Nacht hinein.
Terry will ihm etwas nachrufen, doch er lässt es. Er hat sich noch nie in die Entscheidungen eines Mannes gemischt.
Langsam reitet er weiter. Und als er die ersten Häuser der Stadt erreicht, tritt ihm ein Riese in den Weg.
Es ist einer der Rocky-Brüder, der ihn anruft: »Hallo, wer bist du, Mann?«
Terry verspürt plötzlich einen maßlosen Ärger in sich über die Selbstverständlichkeit, mit der einer der fünf Riesen sich auf die Straße stellt, als wäre er ein Sheriff.
Er richtet sich im Sattel ein wenig auf und sagt dann kühl: »Ich bin McRay! Und jetzt geh aus dem Weg, Rocky!«
»Ah, wir kennen uns schon?«, knurrt der Riesenkerl und tritt näher. »Da will ich doch mal sehen, wer du bist, wenn wir uns kennen.«
Er hebt seine gewaltigen Arme und greift mit seinen Riesenhänden nach Terrys Gürtel. Es scheint ihm völlig unwichtig zu sein, dass hier im Land jeder Reiter einen Colt hat. Terry wird sich darüber klar, dass sich diese Riesenbullen von Schusswaffen nicht einschüchtern lassen. Ihr Gefühl der Kraft und Stärke muss so mächtig in ihnen sein, dass sie sich für so gewaltig wie Grizzlys halten, wie Grizzlys, denen Schusswaffen gar nicht bekannt sind.