G. F. Unger Western-Bestseller 2579 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2579 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Zuerst ist der Hufschlag zu hören. Wenig später taucht der Reiter an der Grenze des Feuerscheins auf, hält sein Pferd an und bleibt eine Weile bewegungslos. Dann knarrt das Sattelleder. Der Reiter sitzt ab. Er kommt langsam und sporenklirrend näher.
»Hallo«, sagt er scharf. »Ich suche Reb Ward. Und ich habe ihn gefunden, nicht wahr?«
Er starrt über das Feuer hinweg auf den am Boden hockenden Reb Ward nieder. Er ist ein großer, geschmeidiger und verwildert aussehender Bursche. Er trägt zwei Colts tief unter den Hüften, und die Holster sind an die Oberschenkel gebunden. Er schiebt den Hut zurück und grinst.
Reb Ward sieht den Jungen, der ein berühmter Revolvermann werden möchte, ruhig an. Dann fragt er sanft: »Was soll es sein, Junge?«
»Ich habe in Dodge darauf gewartet, dass Sie kommen würden, Ward«, sagt der junge Bursche heiser und etwas gepresst. »Ich habe auf den großen Reb Ward gewartet. Und jedem, der es hören wollte, habe ich gesagt, dass der große Reb Ward nicht groß und schnell genug für mich ist ...«


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Seitenzahl: 156

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Kriegsfeuer

Vorschau

Impressum

Kriegsfeuer

Zuerst ist der Hufschlag zu hören. Wenig später taucht der Reiter an der Grenze des Feuerscheins auf, hält sein Pferd an und bleibt eine Weile bewegungslos. Dann knarrt das Sattelleder. Der Reiter sitzt ab. Er kommt langsam und sporenklirrend näher.

»Hallo«, sagt er scharf. »Ich suche Reb Ward. Und ich habe ihn gefunden, nicht wahr?«

Er starrt über das Feuer hinweg auf den am Boden hockenden Reb Ward nieder. Er ist ein großer, geschmeidiger und verwildert aussehender Bursche. Er trägt zwei Colts tief unter den Hüften, und die Holster sind an die Oberschenkel gebunden. Er schiebt den Hut zurück und grinst.

Reb Ward sieht den Jungen, der ein berühmter Revolvermann werden möchte, ruhig an. Dann fragt er sanft: »Was soll es sein, Junge?«

»Ich habe in Dodge darauf gewartet, dass Sie kommen würden, Ward«, sagt der junge Bursche heiser und etwas gepresst. »Ich habe auf den großen Reb Ward gewartet. Und jedem, der es hören wollte, habe ich gesagt, dass der große Reb Ward nicht groß und schnell genug für mich ist ...«

»Du willst mit mir kämpfen, Freund? Warum?« So fragt Reb Ward.

»Ich bin Jim Ringo, und man nennt mich Brazos Jim. Sagt Ihnen der Name etwas, Mister?«

Bei den letzten Worten klatscht der Bursche seine Handflächen gegen die Kolben der Revolver. Und sein ganzer Körper erzittert dabei vor Ungeduld.

»Los, ziehen Sie schon, damit ich Sie zur Hölle schicke!«, stößt er wild hervor.

Reb Ward bewegt sich immer noch nicht. Aber sein bitteres Seufzen ist deutlich hörbar. Und dann sagt er: »Die Ringo-Sippe aus Texas? Ich habe dann und wann mit einigen Männern dieser Sippe zu tun gehabt. Zuletzt versuchte es Alamo Ringo mit mir. Das war vor zwei Jahren. Und vor fast vier Jahren versuchte Clay Ringo mir eine Herde abzunehmen. Er hatte ein wildes Rudel bei sich. Aber es gelang ihm nicht.«

»Und vor fünf Jahren kämpfte Jesse Ringo mit Ihnen und wurde getötet, nicht wahr?«, fragt der Junge heiser. »Jesse Ringo war mein Onkel«, fügt er hinzu.

Und abermals klatschen seine Hände gegen die Kolben seiner Waffen. Mit einer bösen Heftigkeit zischt er: »Los! Stehen Sie auf, Ward! Es ist ein neuer Ringo gekommen. Und diesmal wird die Sache anders ausgehen. Ich habe tausend Gründe, um ...«

»Nur ruhig, mein Junge«, unterbricht ihn Reb Ward bitter.

»Stehen Sie endlich auf und ziehen Sie Ihren Colt«, zischt Jim Ringo, und sein geschmeidiger Körper spannt sich, macht sich bereit für ein schnelles Handeln.

Reb Ward bewegt sich nicht. Er schweigt.

Aber Buck Fargo sagt vom Küchenwagen her: »Jim! Jimmy! Brazos Jim! Ah, mein Junge, deine Sippe taugte nicht viel, jedenfalls nicht die Männer! Jesse Ringo war also dein Onkel? Er hatte in Tombstone einen Geldschrank ausgeräumt und war auf der Flucht. Er nahm Reb Wards Pferd mit, und weil Reb Ward sein gutes Pferd zurückhaben wollte, verfolgte er deinen Onkel. Selbst als die Aufgebote die Verfolgung aufgaben, verfolgte er ihn noch. In Hays City sah er dann sein Pferd vor einem Saloon stehen, ging hinein und wurde von Jesse Ringo mit Kugeln empfangen. Junge, was sollte Reb Ward wohl tun?«

Der Koch verstummt scharf. Er tritt einige Schritte näher und sagt dann heftiger: »Dein Onkel Alamo, mein Junge, war ein Viehdieb. Und er wollte Reb Ward eine Treibherde abnehmen. Und auch dein großer Bruder Clay Ringo versuchte das, Junge ...«

»Das weiß ich alles!«, unterbricht ihn Jim Ringo heiser. »Und ich bin auch nicht hier, um Rache zu nehmen. Ich will ganz einfach herausfinden, ob ich den berühmten Reb Ward schlagen kann.«

»Das haben schon viele Narren versucht, mein Sohn«, knurrt Buck Fargo. »Überall traten Reb Ward solche Narren wie du in den Weg. In jeder wilden Stadt, in jedem wilden Camp. Jeder wollte berühmt werden und der große Bursche sein, der es mit Reb Ward aufnehmen ...«

»Genug, Buck!«, sagt Reb Ward hart und erhebt sich langsam. Er starrt Jim Ringo über das Feuer hinweg an. Und er atmet einige Male tief und gepresst.

»Jim«, sagt er dann bitter, »du kannst es noch nicht von meinem Standpunkt sehen. Mach nicht weiter! Hör auf! Revolverruhm führt mitten in die Hölle, und du musst darin leben, bis ein Bursche kommt, der dich eines Tages tötet. Und dann lebt jener andere Bursche in der Hölle. Du bist noch jung ...«

»Zwanzig Jahre alt, Mister!«

»Also noch jünger, als ich dachte.«

»Ich kann Sie besiegen, Reb Ward!«

»Vielleicht – und was dann? Dann bist du der berüchtigte Revolvermann Jim Ringo, der schneller als Reb Ward war. Und dann kommen all die ruhmsüchtigen Narren aus allen Himmelsrichtungen und fordern dich heraus. Dann musst du immer wieder kämpfen, um am Leben bleiben zu können. Und dann musst du ...«

Reb Ward bricht ab. Er hebt seine Hand und wischt sich über das Gesicht.

»Wenn du lange genug am Leben bleibst, wirst du eines Tages erkennen, welch Narr du gewesen bist. Du wirst dich mit fünfundzwanzig so alt wie ein Greis fühlen, denn die Jahre in der Hölle zählen zehnfach. Du wirst schlimme Träume haben und ...«

Wieder bricht er ab und seufzt. Denn er begreift, dass er mit Worten nicht alles sagen kann.

Er dreht sich langsam um, wendet dem Burschen den Rücken zu und tritt zu dem zweiten Wagen. Hier liegen mehr als zwei Dutzend Deckenrollen am Boden. Er bückt sich, sucht die ihm gehörende Rolle und geht damit zu einem Baum. Dort kniet er nieder und rollt das Deckenbündel auseinander.

»Ward, Sie werden nicht kneifen«, sagt die Stimme Jim Ringos schrill. »Ich fordere Sie heraus! Sie werden nicht kneifen! Ich bin hergekommen, um mit dem großen Reb Ward zu kämpfen. Muss ich erst zu Ihnen kommen, um Ihnen einen Fußtritt zu geben oder Sie ins Gesicht zu schlagen?«

Reb Ward setzt sich auf sein bereitetes Lager. Er zieht den rechten Stiefel aus, dann den linken. Dann kniet er nochmals und löst ganz langsam die Schnalle seines Waffengurts. Er nimmt den Gurt ab und wirft ihn einige Schritte zur Seite. Langsam streckt er sich aus und zieht die Decke über seinen langen Körper bis zum Kinn herauf.

Ganz ruhig sagt er dann: »Junge, ich kämpfe nicht mit jedem verrückten Bengel, der sich einen traurigen Ruhm schaffen möchte.«

Jim Ringos Hände schnappen mit einem Male nach den Waffen. Er reißt sie heraus und ruft: »Stehen Sie auf! Oder ich jage Sie ...«

»Es hat keinen Sinn, mein Junge«, mischt sich Buck Fargos Stimme vom Küchenwagen her ein. »Du bekommst hier keinen Kampf. Er hat seine Waffe abgelegt und will schlafen. Und wenn du dennoch schießen solltest, bekommst du die beiden Ladungen dieser Schrotflinte. Setz dich auf dein Pferd und verschwinde. Du hast dich geirrt. Reb Ward hat nie nur so zum Spaß gekämpft und deshalb, um zu beweisen, dass er schneller ist mit dem Colt als jeder Narr, der das herausfinden wollte. Reb Ward hat immer nur seinen oder den ihm anvertrauten Besitz geschützt. Und weil wir am Ziel sind, kannst du ihm nicht diese Herde stehlen, sodass er dich verfolgen müsste.«

»Dann werde ich sein Pferd stehlen!«, schnappt der Junge. »Ich weiß, dass er einen großen Rappen reitet. Ich werde mir diesen Rappen jetzt aus dem Corral dort drüben heraussuchen. Ward, wollen Sie mich jetzt nicht endlich aufhalten?«

»Nimm nur den Rappen, Freund«, murmelt Reb von seinem Lager her. »Nimm ihn! Ich verzichte lieber auf den Rappen, der dich ohnehin zum Mond feuern würde, sobald du auf ihn kletterst, als dass ich auf dich schieße. Ich war auch mal so ein wilder Junge wie du. Und damals wollte ich auch eine Menge Ruhm erringen. Und niemand hat mich vor der Hölle bewahrt, durch die ich dann musste.«

Nach diesen Worten zieht er sich die Decke über das Gesicht und dreht sich auf die Seite.

Jim Ringo atmet zitternd aus. Er blickt zur Seite. Buck Fargo hat eine Schrotflinte aus dem Küchenwagen genommen und hält sie schussbereit in den Händen.

Jim Ringo schiebt die Colts in die Holster und verharrt eine Weile mit gesenktem Kopf.

»Eines Tages werde ich mich dennoch mit Reb Ward messen«, sagt er voller Trotz. »Ich habe mich hier zum Narren gemacht. Er nimmt mich nicht für voll. Aber ich werde ihm noch beweisen, dass ich ihn schlagen kann. He, Reb Ward, wenn Sie wieder eine Herde treiben, dann werde ich Sie aufhalten. Und dann bekomme ich meinen Kampf!«

Er geht stolpernd zu seinem Pferd, sitzt auf und reitet in Richtung Stadt zurück.

Und sicherlich ist er innerlich sehr verwirrt und muss das Erlebte erst noch verarbeiten. Er konnte noch nicht begreifen, weshalb seine Herausforderung wirkungslos blieb. Er wird noch lange darüber nachdenken müssen, warum Reb Ward so ganz anders war, als die vielen Legenden und Geschichten es zu berichten wissen.

Aber die Wirklichkeit ist ja oft sehr viel anders.

Und ein Kämpfer ist noch längst nicht ein ruhmsüchtiger Killer, der keiner Herausforderung aus dem Weg gehen kann.

Vielleicht, wenn Jim Ringo lange genug nachdenkt, wird er eines Tages darauf kommen, dass ein Kämpfer und ein Rowdy nicht dasselbe sind.

Abermals erklingen Hufschläge. Diesmal sind es mehrere Reiter, die sich von der Stadt her dem Herdencamp nähern.

Buck Fargo eilt zu seinem Küchenwagen und nimmt wieder die Schrotflinte in die Hand. Reb Ward erhebt sich, zieht die Stiefel an und legt sich den Waffengurt um.

Es sind zwei Reiter. Einer davon ist Cliff Morrow, dem die Herde gehörte, die Reb nach Dodge City brachte. Bei ihm ist ein großer Mann, dessen weißer Spitzbart im Feuerschein rötlich leuchtet. Er trägt einen breitkrempigen Hut, einen langen Rock mit flaschengrünen Aufschlägen und darunter eine grüne Weste. Eine dicke Uhrkette glitzert im Feuerschein.

Die beiden Reiter sitzen ab. Cliff Morrow ist sogar noch eine Idee größer als Reb Ward. Er ist auch schwerer und wirkt sehr massig und beeindruckend. Er nimmt den Hut ab und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Sein Haar wirkt jetzt im Flammenschein rötlich, aber es ist bei Tageslicht weißblond.

Reb Ward macht sich über Cliff Morrow keine Illusionen mehr. Dieser Viehaufkäufer, der immer wieder große Herden in Texas aufkauft und sie von tüchtigen Treibern nach Kansas bringen lässt, ist kalt, hart und gierig.

Er bleibt mit dem Fremden am Feuer stehen und späht zu Reb hinüber.

»Reb«, sagt er halblaut, »es gibt für euch alle eine Überraschung. Aber zuerst möchte ich dich mit diesem Gentleman bekannt machen, Reb. Komm nur, denn es ist wichtig!«

Reb bewegt sich ruhig. Etwas an dem Fremden kommt ihm bekannt vor. Und als er dicht vor den beiden Männern verhält und der Fremde seinen Hut zurückschiebt, erkennt ihn Reb.

Sie lächeln beide plötzlich. Und indes sagt Cliff Morrow: »Das ist mein Herdenboss, Colonel.«

»Ich kenne ihn, Morrow«, sagt der Mann und reicht Reb die Hand. »Und ich habe Ihnen gleich gesagt, Morrow, dass mein Angebot nur dann gilt, wenn Reb Ward die Herde nach Norden bringt. Ich kaufe sonst lieber eine andere Herde und werbe Reb Ward als Herdenboss an.«

Er hat die Worte zu Cliff Morrow gewendet gesprochen. Jetzt sieht er wieder Reb an.

»Nun, mein Junge«, sagt er, »du wirst dich sicherlich noch an mich erinnern?«

»Sicher, Colonel Lorring«, grinst Reb. »Ich war vor mehr als zehn Jahren der jüngste und undisziplinierteste Lieutenant Ihrer Abteilung.«

»Das warst du, mein Junge«, lächelt der alte Riese. »Aber ich war immer stolz auf dich, obwohl du mir viel Kummer machtest. Leider konnte ich mich nach dem Krieg nicht mehr um dich kümmern, denn man holte mich ja nach Washington.«

»Es ging dann auch schnell bergab mit mir«, sagt Reb. »Ohne meinen väterlichen Freund kam ich mit der Armee nicht mehr zurecht. Und ich war froh, dass der Krieg bald beendet war.«

Er richtet seinen Blick kurz auf Cliff Morrow und dann wieder auf den Colonel.

»Was hat der Wortwechsel zu bedeuten, den ich soeben hörte?«

»Setzen wir uns«, sagt der Colonel und geht zu Rebs Sattel, der immer noch beim Feuer liegt. Er setzt sich langsam und schnauft dabei. Die beiden anderen Männer hocken sich auf die Absätze. Dann holt der Colonel Zigarren hervor und reicht sie herum. Buck Fargo hustet leise im Hintergrund, und der Colonel wendet den Kopf und sagt: »Wenn Sie eine gute Zigarre lieben, Freund, dann holen Sie sich eine.«

Buck Fargo kommt, nimmt die Zigarre und reicht dann einen glühenden Ast herum. »Er ist der beste Treibherdenkoch auf dem Chisholm Trail«, sagt Reb sanft. »Er nennt sich Buck Fargo, und er wird wütend, wenn jemand seinem Sauerteigfass näher als zehn Yards kommt.«

»Das sind die richtigen Köche, die ihren Sauerteig wie den eigenen Augapfel hüten«, brummt der Colonel und sieht Cliff Morrow an.

Der starrt Reb Ward seltsam an und sagt dann trocken: »Das Treiben ist noch nicht beendet, Reb. Dodge City ist nicht das Ende. Wir treiben weiter.«

Reb Ward schweigt eine Weile. »Wohin?«, fragt er dann sanft, sehr sanft.

»Tausend Meilen weiter – bis hinter den Powder River«, erwidert Cliff Morrow genauso sanft, und in seinen hellen Augen erscheint der Ausdruck einer kalten Härte.

Buck Fargo, der etwas abseits hockt, beginnt grimmig zu lachen.

Aber Reb lacht nicht. Er starrt Cliff Morrow nur stumm an. Und der beginnt nun ausführlicher zu werden. Er starrt auf den Glühpunkt der guten Zigarre und sagt: »Sie und diese Mannschaft haben einen Vertrag mit mir, Reb, nicht wahr? Und in diesem Vertrag steht, dass jeder Mann bis zum Ende des Treibens seine Pflicht erfüllen muss. Jeder Reiter, der vorher ausscheidet, verliert seinen Lohn. Das Ende des Treibens, also der Zielort, wird vom Eigentümer der Herde bestimmt. So steht es doch im Vertrag, nicht wahr?«

»Sicher«, sagt Reb. »Aber es kamen nur drei verschiedene Städte infrage: Hays City, Abilene oder Dodge City. Nur eine dieser drei Städte kam infrage. Und weil hier in Dodge City die Rinderpreise am besten standen, haben wir die Herde an diesen Ort gebracht. Von einem Treiben bis fast an die Montanagrenze steht nichts in unserem Vertrag.«

Als er verstummt, schlägt Cliff Morrow sich klatschend auf den Oberschenkel. Sein Lächeln ist kalt, als er trocken sagt: »Das Ziel bestimme ich. Sie und die Mannschaft treiben nur die Herde. Und wir sind noch nicht am Ziel. Wir müssen bis hinter den Powder River. Wer vorher kündigt, bekommt keinen Lohn.«

»Dann haben die Jungs vier Monate umsonst gearbeitet? Dann haben sie für nichts gekämpft auf all den langen Meilen? Und dann sind Pete und Line umsonst unterwegs gestorben? Und dann ist Wego nutzlos im Red River ertrunken? Morrow, ich glaube, Sie werden jetzt eine Menge Verdruss mit mir bekommen.«

Er sagt es hart und warnend. Cliff Morrows Augen werden schmal.

»Reb«, sagt er, »drohe mir nur nicht. Wer seinen Lohn erhalten will, muss das Treiben weiterhin mitmachen. Überdies gibt es von hier ab doppelten Lohn. Ich habe meine Herde zum doppelten Marktpreis an die Regierung der Vereinigten Staaten verkauft. Deshalb zahle ich auch doppelten Lohn. Und auf eine tüchtige Prämie soll es mir ebenfalls nicht ankommen.«

Als diese Worte verklungen sind, wendet sich Reb dem Colonel zu, denn nun weiß er, dass die Erklärung von dieser Seite kommen muss.

Colonel Frank Lorring nickt beruhigend.

»Ich bin nicht mehr im Armeedienst«, sagt er. »Ich bin Sonderbeauftragter für Indianerfragen. Die Armee kämpft nun fast schon seit zehn Jahren ununterbrochen gegen die Sioux-Nation und die Cheyenne-Stämme. Wir haben es immer noch mit Crazy Horse, Red Cloud und all den anderen großen Häuptlingen zu tun. Und einer von ihnen ist mit jedem Jahr mächtiger geworden – Sitting Bull. Die Armee bereitet sich auf einen großen Feldzug vor, der den Indianerkrieg endlich beenden soll.«

»Und was haben die Rinder damit zu tun?«, fragt Reb trocken.

»Viel«, murmelt der Colonel. »Es gibt noch eine ganze Anzahl friedlicher Indianerdörfer, deren Häuptlinge sich Sitting Bulls Kriegsmacht noch nicht angeschlossen, sondern mit uns Friedensverträge abgeschlossen haben. Diese friedlichen Dörfer schlagen ihr Winterquartier am Powder River auf. Die Regierung hat sich verpflichtet, diese Dörfer mit Lebensmitteln und allen anderen notwendigen Dingen zu versorgen. Und dazu gehören die fünftausend Rinder, die Mister Morrow an mich verkauft hat. Wenn diese Herde vor Anbruch des Winters nicht geliefert wird, werden wir vertragsbrüchig. Dann aber können die Häuptlinge ihre jungen Krieger nicht mehr in den Dörfern halten. Dann bekommt Sitting Bull Verstärkung von mehr als tausend Kriegern. Und dann wird es für die Armee noch schlimmer, als es ohnehin werden wird.«

Er verstummt trocken.

Reb Ward nickt. »Ich verstehe«, sagt er sanft, »die Regierung hat den friedlichen Dörfern eine ganze Menge versprochen, vielleicht wieder einmal mehr, als man halten kann. Und weil man die Roten schon so oft betrogen hat, werden sie diesmal keine Entschuldigung hinnehmen und sich auf Sitting Bulls Seite schlagen.«

Der Colonel nickt.

»Die Büffel sind weniger geworden«, murmelt er. »Vor zwanzig Jahren gab es noch mehr als fünfzig Millionen Büffel. Aber dann wurden die Schnellfeuergewehre erfunden, und jedes Jahr metzelten die Büffeljäger einige Millionen dieser Tiere ihrer Häute wegen nieder. Es gibt noch einige große Herden im Indianerland. Doch die friedlichen Dörfer dürfen nicht mehr jagen. Ohne diese Rinderherde werden sie im Winter mächtig hungern. Und ihre Krieger werden sich verraten und betrogen fühlen und ...«

»Schon gut«, murmelt Reb Ward. Er erhebt sich und starrt in die Nacht hinaus. In der Ferne sind die Lichter von Dodge City zu erkennen.

Und mehr als tausend Meilen im Norden liegt der Powder River.

Dazwischen aber liegt sicherlich für eine Treibherde die Hölle.

Und dennoch sagt Reb Ward nach einer langen Pause: »Jeder Reiter hat zwanzig Dollar Vorschuss bekommen. Es wird sicherlich zwei Tage dauern, bis sie von Dodge City genug haben. Ich denke, dass ich in zwei Tagen mit den Jungs wieder vernünftig reden und sie fragen kann, ob sie mitmachen wollen.«

»Von Laramie aus bekommen wir eine Eskorte der Armee zum Schutz«, murmelt der Colonel. Er erhebt sich plötzlich und tritt zu Reb. Er legt diesem die Hand auf die Schulter.

»Junge, ich war immer stolz auf dich. Du bist nun ein Mann geworden. Hilf mir und allen armen Teufeln, die jetzt für die Armee reiten und den Indianerkrieg beenden sollen. Hilf uns! Bring die Herde zum Powder River! Du rettest dadurch Hunderten von Menschen das Leben. Denn es ist so, dass auch die Indianer sterben werden, wenn sie den Frieden aufgeben und zu Sitting Bull gehen. Hilf uns, Reb! Es ist eine Aufgabe für einen besonderen Mann und eine tüchtige Mannschaft. Es wird sehr schwer sein, denn Sitting Bull wird versuchen, uns aufzuhalten. Und selbst viele engstirnige Burschen der Armee sind gegen uns, weil sie alles mit anderen Augen sehen und ein Indianer nicht viel mehr für sie ist als eine Ratte, die man totschlagen muss. Hilf mir, Reb! Es gibt keinen besseren Treibherdenboss und Kämpfer als dich. Wenn ich eine Chance habe, dann nur mit deiner Hilfe.«