G. F. Unger Western-Bestseller 2580 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2580 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Tonto Rim, so nennt man den Rand der mächtigen Mogollon Mesa in Arizona, auf der die Tonto-Apachen lebten.
Vom Tonto Rim kann man in das mächtige Tonto Basin blicken. Und fast alle Menschen halten dabei den Atem an, sind verzaubert von der Schönheit der Ebene zu ihren Füßen, in der es damals noch Bären, Pumas und Truthähne gab und natürlich auch allerlei anderes jagdbares Wild.
Im Tonto-Becken - diesem gewaltigen Tal - fanden immer wieder Kämpfe und Fehden zwischen Rinderzüchtern und den Besitzern riesiger Schafherden statt.
Beide Seiten warben Revolvermänner an.
Eines Tages kam auch der Revolvermann Clay Brody vom Tonto Rim herunter ins Becken. Doch er kam nicht als angeworbener Revolvermann, sondern aus einem anderen Grund.
Dies hier ist seine Geschichte.


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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Er kam vom Tonto Rim

Vorschau

Impressum

Er kam vomTonto Rim

Tonto Rim, so nennt man den Rand der mächtigen Mogollon Mesa in Arizona, auf der die Tonto-Apachen lebten.

Vom Tonto Rim kann man in das mächtige Tonto Basin blicken. Und fast alle Menschen halten dabei den Atem an, sind verzaubert von der Schönheit der Ebene zu ihren Füßen, in der es damals noch Bären, Pumas und Truthähne gab und natürlich auch allerlei anderes jagdbares Wild.

Im Tonto-Becken – diesem gewaltigen Tal – fanden immer wieder Kämpfe und Fehden zwischen Rinderzüchtern und den Besitzern riesiger Schafherden statt.

Beide Seiten warben Revolvermänner an.

Eines Tages kam auch der Revolvermann Clay Brody vom Tonto Rim herunter ins Becken. Doch er kam nicht als angeworbener Revolvermann, sondern aus einem anderen Grund.

Dies hier ist seine Geschichte.

Es war in der kleinen Silberstadt Silver Hole, als mich die drei Bullock-Brüder im Silver Hole Saloon einkeilten.

Sie wollten sich die tausend Dollar verdienen, die ein reicher Schafzüchter auf meinen Skalp ausgesetzt hatte. Doch Skalp, dies war symbolisch gemeint. Er wollte meinen Revolver, den er gut kannte. Denn damit hatte ich seinen Sohn getötet, der einen Silbertransport überfiel, den ich beschützte.

Ich sah sie im Spiegel, der hinter der Bar hing.

Und sie sahen mich.

Einer stieß einen wilden Schrei der Freude aus. Denn die tausend Dollar Kopfgeld schienen ihnen nun leicht verdientes Geld.

In mir war eine Menge Bitterkeit. Ich hatte einen Schaf-Rinder-Krieg hinter mir und für die Rinderzüchter gekämpft. Dann war ich fortgeritten mit meinem Revolverlohn und hatte geglaubt, alles hinter mir gelassen zu haben.

Doch nun hatte es mich doch wieder eingeholt.

Ich erkannte die Bullock-Brüder sofort. Das war nicht schwer, denn sie glichen sich äußerlich wie Bulldoggen.

Im Saloon wurde es plötzlich still, so als hielte alles den Atem an.

Denn die drei Bullocks wirkten nicht wie Gäste, die wegen eines Drinks hereingekommen waren.

Sie stellten sich zu dritt hinter mir auf.

Dann bellte Slim Bullocks heisere Stimme: »He, Brody, dreh dich um, verdammt! Glotz uns nicht im Spiegel an! Unser Bruder Fess wartet schon lange auf dich in der Hölle – zu lange!«

Ja, es war etwa sieben Wochen her, als ich die Rinderzüchter-Mannschaft gegen die Mannschaft der Schafzüchter führte, deren harter Kern die vier Bullocks waren.

Sieben Wochen ...

Und sie hatten nicht ausgereicht für mein Davonkommen.

Die Schatten auf meiner Fährte hatten mich eingeholt.

Ich wusste, wenn ich mich umdrehte, dann würden sie mich umzubringen versuchen. Sie wussten, dass ich schneller ziehen und schießen würde als jeder von ihnen. Und so würde es kein faires Duell werden. Sie würden zu dritt gegen mich ziehen.

Mehr als zwei von ihnen konnte ich nicht schaffen.

Der Dritte würde mich töten.

Und so war das für mich der Tag des Sterbens.

Ich nahm noch mal das Glas in die Hand, führte es an den Mund und leerte es.

Ja, ich war davon überzeugt, dass dies jetzt mein letzter Drink war.

Ob ich Fess Bullock wirklich in der Hölle wiedersehen würde?

Denn in die Hölle kam ich gewiss. Das konnte gar nicht anders sein. Ich gehörte nicht zu den Reinen und Guten. Denn ich tat zwar Gutes, doch dies auf böse Weise. Aber das tun im Krieg wahrscheinlich alle, weil jeder für etwas kämpft, an das er glaubt.

Nun, ich leerte also das Glas.

Als ich es auf den Schanktisch stellte, da sprach eine ruhige Stimme scharf: »Lasst eure Waffen stecken! Oder ich schieße mit! Und ich bin der Marshal von Silver Hole!«

Im großen Spiegel hinter der Bar sah ich ihn. Ja, er trug einen Marshalstern und hatte in der Ecke des Raumes inmitten einer Pokerrunde gesessen. Nun hatte er sich erhoben und kam einige Schritte weiter nach vorn, verhielt dann im Gang zwischen den Tischen.

O ja, er gefiel mir von Anfang an. Doch wer konnte sich darüber wundern? Denn er kam mir ja schließlich zu Hilfe, indem er sich einmischte.

Schon allein deshalb war er mir von Anfang an sympathisch. Doch da war noch etwas anderes: Er sprach wie ein Texaner, war also ein Landsmann von mir. Und seit Alamo hielten die Texaner überall zusammen. Das gehörte zu unserer stolzen Geschichte.

Aber die drei Bullocks zeigten sich nicht besonders beeindruckt. Sie waren ein eingespieltes Trio, und dies zeigten sie sofort.

Einer wandte sich dem Marshal zu.

Die beiden anderen warteten darauf, dass ich mich umdrehen würde.

Und jener, der den Marshal anstarrte, der sagte heiser: »Misch dich nicht ein mit deinem Blechstern.«

»Doch, das werde ich«, erwiderte der Marshal. Seine Stimme klang nun noch ruhiger und schleppender, ganz und gar texanisch.

Ich sah ihn im Spiegel an und sprach: »He, Marshal, das sind die Bullocks. Wenn Sie sich hier einkaufen, dann wird es nicht leicht für Sie. Und sie stinken nach Schafen, mein Freund.«

Was ich zuletzt sagte, war eigentlich keine Beleidigung. Ich erwähnte die Schafe nur, um klarzumachen, zu welcher Sorte die Bullocks gehörten, nämlich zu der Partei der Schafzüchter, die mit ihren sich schnell vermehrenden Herden den Südwesten zu erobern versuchten.

»Ich weiß«, sprach der Marshal. »Denn ich kann ihren herben Duft wittern.«

Ja, er sagte »herben Duft«, nicht Gestank. Er wollte sie absolut nicht beleidigen.

Ich konnte nicht länger warten. Es war genug geredet worden, und die Bullocks waren von ihrem Vorhaben nicht abzubringen.

Und so wirbelte ich herum und schoss dabei unter meinem linken Arm hindurch. O ja, ich traf einen der Bullocks mit dem ersten Schuss, dann den zweiten, in dessen Mündungsfeuer ich sah, indes ich mein Herumwirbeln vollendete. Seine Kugel brannte nur wie ein Peitschenhieb über meine Rippe.

Ich dagegen hatte gewonnen, das erkannte ich sofort.

Und der Marshal?

Die Frage schoss jäh durch meinen Kopf.

Denn auch er und der dritte Bullock hatten geschossen. Sie waren noch eingehüllt von ihrem Pulverdampf so wie ich und die beiden anderen Bullocks auch, obwohl diese ja umgefallen waren.

Der Marshal und der dritte Bullock standen noch – aber sie schwankten. Keiner von ihnen bekam den Revolver mehr hoch. Es schien, als wären die Waffen für sie zu schwer geworden.

Dann sanken sie beide fast gleichzeitig auf die Knie und fielen nach vorn.

Heiliger Rauch, es war vorbei.

Einige Gäste im Saloon begannen zu niesen, weil der Pulverdampf ihre Nasen reizte.

Eine heisere Stimme sagte: »O Vater im Himmel ...«, dann brach sie ab.

Ich hielt mir die schmerzende Seite und trat näher zum dritten Bullock und zum Marshal.

Der rotköpfige Bullock war tot, das sah ich sofort.

Doch den Marshal hörte ich stöhnen.

Und so rief ich scharf: »Gibt es einen Doc in dieser verdammten Stadt?«

Es war der Barmann, welcher erwiderte: »Drei Häuser weiter ...«

Ich sah auf den stöhnenden Marshal nieder und schätzte sein Gewicht ab. Doch er wog gewiss so viel wie ich, nämlich mehr als hundertsechzig Pfund trotz aller sehnigen Hagerkeit.

Ich würde ihn nicht schonend tragen können.

Und so deutete ich auf zwei der Gäste, die ich für Silberschürfer hielt ihrer Kleidung nach. »Helft mir! Wir hängen die Tür dort drüben aus, und transportieren ihn auf der Tür wie auf einer Trage.«

Sie gehorchten sofort. Denn sie hatten mich kämpfen und überleben gesehen. Ich besaß ihren ganzen Respekt.

✰✰✰

Der Doc war ein tüchtiger Mann, was Schusswunden betraf. An der Wand hing sein Bild, welches ihn als Feldarzt der Konföderierten zeigte. Über der Uniform trug er eine weiße, vorn offene Jacke oder einen kurzen Kittel.

Ich sah ihm zu, wie er die Kugel aus dem Bauch des Marshals holte, dann die Wunde versorgte. Er hatte das Einschussloch aufschneiden müssen, um an die Kugel heranzukommen.

Nun nähte er die Wunde zu. Auch meine Streifwunde versorgte er.

Dann sahen wir uns an. Ich brauchte nicht zu fragen, denn er sah die Frage in meinen Augen. Seine Lippen verzogen sich unter dem weißen Schnurrbart zu einem Lächeln, welches seine Zufriedenheit erkennen ließ.

Dann sagte er: »Er wird es schaffen in einigen Wochen. Die Kugel hat nichts von seiner Leber zerrissen. Ist er Ihr Freund?«

»Das wissen wir noch nicht«, erwiderte ich. »Doch ohne seine Hilfe wäre ich tot. Ich bin ihm eine Menge schuldig.«

Der Doc nickte. Ich aber fragte: »Wie ist sein Name?«

»Farley, Tom Farley. Und Ihrer?«

»Brody, Clay Brody.«

Er betrachtete mich noch einmal prüfend und fragte: »Texasbrigade?«

Ich nickte.

»Welchen Rang?«

»Captain«, erwiderte ich.

Nun nickte er und deutete auf den immer noch bewusstlosen Tom Farley. »Dann müssen Sie ihn kennen.«

Ich trat nochmals an das Krankenbett und sah auf Tom Farley nieder. Er war ein dunkelhäutiger Typ, einer von der Sorte, die niemals einen Sonnenbrand bekommt. Auch seine Haare waren schwarz. Er war ein indianerhafter Mann.

Nun begann ich mich an ihn zu erinnern.

»Er trug damals einen schwarzen Vollbart«, sagte ich zum Doc. »Und er war Lieutenant und Adjutant bei Stonewall Jackson. Aber wir hatten nichts miteinander zu tun. Ich versorgte die Armee mit Rindern und Pferden, die ich den Yankees stahl. Ich war der erfolgreichste Pferde- und Rinderdieb der Rebellenarmee.«

Ich sprach zuletzt mit einem Klang von Ironie.

Der Doc grinste. »Dann wurden die Patienten in meinem Lazarett manchmal mit Ihren Steaks gefüttert«, sprach er.

Ich nickte nur, aber dann sagte ich doch: »Darauf bin ich stolz. Aber heute würde ich als Pferde- oder Rinderdieb gehenkt werden.«

Er nickte heftig. Dann deutete er auf Tom Farley. »Für den können Sie jetzt nichts tun. Der hat viel Blut verloren und wird Wundfieber bekommen. Aber vielleicht wird er Sie in drei oder vier Tagen erkennen, wenn Sie ihn dann besuchen.«

»Das werde ich bestimmt, Doc. Ich bleibe in dieser Stadt, bis ich ihm gesagt habe, dass ich ihm etwas schuldig bin.«

Der Doc betrachtete mich ernst.

Dann nahm er den Marshalstern vom blutigen Hemd, welches er ihm vom Leibe schnitt und zu Boden warf.

Er hielt mir den Blechstern hin. »Nehmen Sie ihn. Treten Sie an seine Stelle. Ich werde vor den drei Stadträten bezeugen, dass er Sie zum Deputy ernannte. Diese verdammte Stadt braucht einen Marshal. Sie sind auch dieser Stadt einen Marshal schuldig.«

Ich staunte und fühlte mich einen Moment lang in einer Falle.

Doch es war wohl so, dass ich eine Schuld bezahlen musste, weil ich noch lebte.

Also nahm ich den Stern und steckte ihn mir an.

»Ich informiere die Stadträte«, sagte der Doc. »Gehen Sie ins Office. Dort werden Sie Paco, den Stadtschreiber, vorfinden. Der führt auch die Register.«

»Und warum ist er nicht hier bei seinem Boss?« Ich fragte es fast verächtlich.

Aber der Doc schüttelte den Kopf. »Paco Ramondo muss einen Gefangenen bewachen, den wir morgen bei Sonnenaufgang hängen und den seine Freunde vorher aus der Zelle holen wollen. Paco kann das Office nicht verlassen.«

Ich schüttelte stumm den Kopf und beschloss, mich über nichts mehr zu wundern. Dann ging ich hinaus.

✰✰✰

Ich stieß von Anfang an auf allergrößten Respekt. Denn mein Kampf mit den Bullock-Brüdern hatte sich herumgesprochen. Und dass ich nun den angeschossenen Marshal vertrat für die ersten Tage, dies wurde mir ebenfalls hoch angerechnet.

Ich lernte in den nächsten Tagen auch die drei Stadträte kennen. Es waren vernünftige Männer, Geschäftsleute, denen vor allen Dingen daran lag, dass in der Minenstadt die Dollars rollten, es aber dennoch nicht zu wild zuging, sodass es ein bestimmtes Maß an Sicherheit gab.

Ich hatte nicht viel Mühe, die Stadt unter Kontrolle zu halten. Natürlich musste ich da und dort einige Wild Bills zurechtstutzen, aber das war normal in solch einer Stadt.

Ich war am nächsten Tag auch dabei, als sie einen Mann henkten, denn es gab hier in Silver Hole einen Gerichtshof. Der Verurteilte hatte im Bordell eines der Mädchen erdrosselt und sich dann den Weg freizuschießen versucht.

Doch die dicke Chefin des Hauses hatte ihm von hinten einen Stuhl auf den Kopf gehauen.

Nun, sie hängten ihn also auf. Er hatte getötet und war verurteilt worden. Und auf Mord stand im Arizona-Territorium und auch in Colorado die Todesstrafe.

Paco Ramondo, der Stadtschreiber, der zugleich das Register des Claim- und Minen-Office führte, war erleichtert. Er war ein Halbmexikaner, der mit seiner Nickelbrille irgendwie gelehrt wirkte.

Er sagte: »Mister Brody, ich bin froh, dass es vorbei ist. Denn dieser Hurenmörder hat einige Freunde in der Stadt. Sie alle gehören zu den Silberbanditen, die sich immer wieder die Lohngelder der Minen aus den Postkutschen holen. Sie hätten ihren Kumpan gewiss bald herauszuholen versucht.«

Ich nickte nur und fragte mich, wie lange ich hierbleiben und den Job noch machen musste. Denn Tom Farley ging es schlecht.

Ich besuchte ihn jeden Tag im Krankenzimmer des Doc. Seine Wunde hatte sich böse entzündet. Der Doc aber sagte: »Der wird wieder, ja, der wird wieder. Doch es dauerte eine Weile, wahrscheinlich viele Wochen.«

Immer dann, wenn ich das hörte, da verspürte ich stets ein tiefes Schuldgefühl gegenüber Tom Farley.

Es war dann am vierten Tag, als er trotz des immer noch ziemlich starken Wundfiebers einigermaßen bei Besinnung war. Er erkannte mich und versuchte ein trotziges Grinsen.

Dann fragte er heiser: »Habe ich ihn geschafft?«

»Der ist bei seinen Brüdern in der Hölle«, erwiderte ich.

Da schloss Tom Farley wieder die Augen.

Am fünften Tag ging es ihm deutlich besser.

Der Doc sagte: »Jetzt hat er den Punkt überwunden.«

Tom Farley war über dem Berg.

Wir grinsten uns an.

Dann aber kam Paco Ramondo herein.

»Boss, es kam Post für Sie«, sagte er. »Der Brief war länger als drei Wochen unterwegs, weil die Postlinie einen gewaltigen Umweg machen musste.«

Tom Farley nahm den Brief und warf einen Blick darauf.

»Das ist die Schrift meiner Schwester«, murmelte er dann. »Ich bekam zuletzt vor über einem Jahr Post von ihr, als ich ihr schrieb, dass ich Marshal von Silver Hole wurde. Sie ist irgendwo im Tonto Basin mit einem Rinderzüchter verheiratet und schrieb mir damals, dass sie sehr glücklich wäre. Und sie heißt ja auch nicht mehr Ellen Farley, sondern Savage. Ihr Sohn muss jetzt etwa sieben oder acht Jahre alt sein. Verdammt, wie die Zeit vergeht. Damals war noch Krieg zwischen Nord und Süd, und nachher zog ich überall herum. Ich hätte sie längst schon mal besuchen sollen, um meinen Schwager John und meinen Neffen Tom – den sie nach mir genannt haben – kennenzulernen.«

Er verstummte mit einem bedauernden Klang in seiner noch schwachen und heiseren Stimme. Als er den Brief öffnen wollte, gehorchten ihm seine zitternden Finger nicht richtig. Er war noch zu schwach, um den Brief aufreißen zu können.

Und so gab er ihn mir, weil ich ja auf seinem Bettrand ihm am nächsten saß.

»Mach ihn auf und lies ihn mir vor«, verlangte er.

Ich zögerte, aber dann gehorchte ich und las die wenigen Zeilen, die mich sehr beeindruckten, weil sie schrecklich sein mussten für Tom Farley in dessen Hilflosigkeit, in die er ja durch mich geraten war.

»Was schreibt sie?« Farleys Stimme klang wie die eines Mannes, der eine ungute Ahnung spürt, weil mein Gesichtsausdruck ihm nicht gefiel.

Ich zögerte und tauschte mit Paco Ramondo einen Blick.

Doch dann las ich vor:

»Bruder Tom,

sie haben meinen Mann getötet und mich zur Witwe und deinen Neffen Tom zur Halbwaise gemacht. Nun wollen sie uns vertreiben. Ich habe sonst niemanden, den ich um Hilfe bitten kann. Denn auch unsere Reiter vertrieben sie. Wenn du kommen solltest, um uns beizustehen, dann hüte dich vor einem Revolvermann, dessen Name Brian Roberts ist.

Deine Schwester Ellen.«

Als ich geendet hatte, hörte ich das hilflose Stöhnen von Tom Farley.

Paco Ramondo räusperte sich, so als hätte er etwas sagen wollen, sich dann aber zurückgehalten.

Ich aber spürte nur noch das Gefühl einer Schuld.

Und so hörte ich mich ruhig sagen: »Tom, wenn du nichts dagegen hast, dann reite ich vorerst an deiner Stelle hin – und später kommst du nach. Es ist wohl vor allen Dingen notwendig, dass deine Schwester mit ihrem kleinen Sohn nicht allein ist.«

Er sah mich prüfend an, und in diesem Moment wussten wir beide, dass wir zueinander wie Brüder sein würden, richtige Texaner, deren Besonderheit damals in Alamo entstand, als sie nur 185 Mann stark gegen siebentausend Mexikaner kämpften und allesamt starben.

Doch damals entstand Texas, weil das standhafte Alamo General Houston die Zeit verschaffte, eine Armee aufzubauen.

Ich sah, wie Tom Farley mühsam schluckte.

Dann sprach er heiser: »Ich werde nachkommen, sobald ich auf einem Pferd sitzen kann. Mein Freund, du musst hinüber zur Painted Desert und von dort aus auf die Mogollon Mesa bis zu ihrem Rim im Süden. Dann musst du hinunter ins Tonto Basin. Irgendwo dort gibt es die Lone Star Ranch. Und mach dir keine Gedanken, dass du hier kein Marshal mehr sein kannst an meiner Stelle. Die Stadträte werden einen anderen Mann finden. Reite zu meiner Schwester, mein Freund.«

✰✰✰

Am dritten Tag erreichte ich die Painted Desert, die Bunte Wüste.

Es war ein ungewöhnlich stilles und wie leer wirkendes Land, durch welches ich tagelang ritt, immer höher und höher hinauf zum Great Plateau, zur Mogollon Mesa.

Längst hatte ich das unfruchtbare Land hinter mir gelassen. Vor mir waren nun Zedernwälder. Sie bedeckten die ansteigenden Hänge. Ich ritt auf einsamen, kaum erkennbaren Pfaden. Doch immer mehr wichen die Zedern buschigen Bäumen, und es gab immer wieder Grasflächen.

Dann stieß ich auf eine breite, stinkende Fährte und hielt an.

Mit Bitterkeit betrachtete ich über den Pferdekopf hinweg diese Fährte. Sie stank nach Schafskot.

Ja, dies hier war die Hinterlassenschaft von einigen Tausend Schafen. Es war eine dieser riesengroßen Herden, gegen deren Besitzer und Revolvermannschaften ich schon einmal gekämpft hatte.

Mit meiner Bitterkeit stiegen all die Erinnerungen wieder in mir hoch.

Diese große Grasfläche wurde vor einigen Tagen völlig zerstört, denn die Schafe fraßen alles ab bis zu den Wurzeln hinunter.

Ich verspürte wieder meine Abneigung gegen diese bähenden, hilflosen Tiere, deren Hilflosigkeit zugleich auch ihre Stärke war.

Denn sie waren etwas wert. Und weil sie etwas wert waren, mussten sie gehütet und geschützt werden.

Ich hasste ihren Gestank, ihren Kot, verdammt. Und sie zerstörten die beste Grasweide für Jahre. Ihre Besitzer aber besaßen Macht. Und sie waren überall dabei, für ihre Riesenherden das Land zu erobern.

Als es Abend wurde, schlug ich mein Camp an einem kleinen Tümpel inmitten eines Fichtenwäldchens auf, der noch die Reste der Schneeschmelze enthielt, die hier oben sehr spät eingesetzt hatte.

Denn die Nächte waren kalt hier oben. Ich unterhielt die ganze Nacht ein Feuer.

Ich schlief tief und fest, obwohl ich dann und wann erwachte, um neues Holz ins Feuer zu legen.