G. F. Unger Western-Bestseller 2582 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2582 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

In der Höhle, in der sie mit ihren Pferden vor dem tobenden Blizzard Schutz fanden, ist es warm. Denn sie konnten den Eingang mit großen Felsbrocken verschließen. Sie waren schon hungrig, als sie sich hier in der Schlucht auf die Lauer legten. Nun, nach drei Tagen und drei Nächten, beraten sie, welches von ihren drei Pferden sie schlachten sollen.
»Wir sollten auslosen«, sagt der riesige Dave Dundee.
»Ja, wir sollten auslosen«, sagt auch Jim, der hübsche, blonde und blauäugige Jüngste. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal bereit sein würde, mein eigenes Pferd zu essen. Das ist kannibalisch! Wie tief kann ein Mensch doch sinken, wenn es ihm so richtig dreckig geht. Zuerst waren wir bereit, die Postkutsche anzuhalten und auszurauben. Doch dann kam der Blizzard und trieb uns in diese Höhle. Und jetzt sind wir dazu bereit, unsere eigenen Pferde zu essen. Heiliger Vater im Himmel, wenn das unsere Mom wüsste!«
»Nur gut, dass sie es nicht weiß, Kleiner«, brummt Dave. Dann schweigen sie und blicken über das schwach glühende Feuer hinweg auf Adam Dundee, den ältesten von ihnen ...


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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Die Dundees

Vorschau

Impressum

Die Dundees

In der Höhle, in der sie mit ihren Pferden vor dem tobenden Blizzard Schutz fanden, ist es warm. Denn sie konnten den Eingang mit großen Felsbrocken verschließen. Sie waren schon hungrig, als sie sich hier in der Schlucht auf die Lauer legten. Nun, nach drei Tagen und drei Nächten, beraten sie, welches von ihren drei Pferden sie schlachten sollen.

»Wir sollten auslosen«, sagt der riesige Dave Dundee.

»Ja, wir sollten auslosen«, sagt auch Jim, der hübsche, blonde und blauäugige Jüngste. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal bereit sein würde, mein eigenes Pferd zu essen. Das ist kannibalisch! Wie tief kann ein Mensch doch sinken, wenn es ihm so richtig dreckig geht. Zuerst waren wir bereit, die Postkutsche anzuhalten und auszurauben. Doch dann kam der Blizzard und trieb uns in diese Höhle. Und jetzt sind wir dazu bereit, unsere eigenen Pferde zu essen. Heiliger Vater im Himmel, wenn das unsere Mom wüsste!«

»Nur gut, dass sie es nicht weiß, Kleiner«, brummt Dave. Dann schweigen sie und blicken über das schwach glühende Feuer hinweg auf Adam Dundee, den ältesten von ihnen ...

Sie hören ihn nun sagen: »Es geht nicht. Wenn wir eines der Pferde töten, macht der Blutgeruch die beiden anderen verrückt. Diese Höhle ist zu klein. Es geht hier nicht. Wir müssen den Eingang aufbrechen und das betreffende Tier hinausführen. Wir müssen es draußen schlachten.«

Sie denken über seine Worte nach, und er ist der Älteste. Auf seine ruhige Art war er schon immer ihr Anführer. Das war vor dem Krieg so, als sie der Texas-Brigade angehörten und unter General Stonewall Jackson ritten, und das ist auch jetzt noch so, wo sie als entlassene Kriegsgefangene ohne jedes Ziel, ohne Halt und ohne Zukunft sind.

Denn von ihrer Sorte gibt es Zehntausende, die den Westen unsicher machen und von denen nicht wenige Burschen zu Banditen wurden, weil sie glaubten, keine andere Chance zu haben, um sich wieder einmal satt essen zu können und um ein neues Hemd oder ein Paar Stiefel kaufen zu können.

»Also gut«, sagt Adam Dundee. »Wir nehmen mein Pferd. Wir brauchen nicht auszulosen. Ich werde mein Tier töten.«

Als er es gesagt hat, schweigen sie eine Weile. Dave und Jim denken über die Entscheidung des älteren Bruders nach. Da sie sich nur ungern von ihren Pferden trennen, nimmt er wieder einmal das Schwere und Unangenehme auf sich.

Das hat er schon immer getan, denn er ist seit acht Jahren Vater und Mutter für sie. Als vor acht Jahren ihre Mutter starb, war er zwanzig. Dave war sechzehn. Jim war vierzehn.

Und ihr Vater ist schon vor mehr als zehn Jahren von einem Comanchen getötet worden, damals daheim in Texas.

»Nein«, sagt Jim plötzlich, »wir nehmen mein Pferd. Ich bestehe darauf. Wir nehmen meinen Mister Speck!«

»Das mache ich nicht mit«, meldet sich Dave mit seiner urigen Bassstimme. »Wir schlachten meinen Big Red!«

Und nachdem dies alles gesagt ist, steht es wieder unentschieden zwischen den drei Dundees. Sie schweigen eine lange Zeit und blicken auf das glühende Feuer.

»Ich bin der Ältere«, sagt Adam dann. »Ich habe das Vorrecht! Machen wir erst einmal den Eingang frei!«

Er erhebt sich, schwankt etwas auf den Füßen, drängt dann die Pferde zur Seite und bewegt sich schwerfällig zum Eingang.

Seine Brüder folgen ihm. Sie beginnen die aufgetürmten Steine fortzuräumen. Diese Arbeit fällt ihnen schwer. All diese Felsstücke, die sie vor Tagen mühelos aufgetürmt hatten, wiegen ihnen nun doppelt und dreifach. Daran ist ihre Erschöpfung schuld.

Als dann das erste Loch entstanden ist, verschnaufen sie erst einmal, um sich zu erholen.

Und da halten sie plötzlich alle drei den Atem an.

Bisher hörten sie den Blizzard heulen, und manchmal brüllte er sogar.

Doch jetzt ist es still. Es ist genauso,als wäre irgendwo eine Tür zugeschlagen worden und damit der heulende Lärm ausgesperrt.

Die Brüder blicken sich an. Da sie nun schon ein Loch gemacht haben, dringt das erste graue und trübe Tageslicht zu ihnen.

»Der Blizzard ist gestorben«, flüstert Jim.

»Es ist vorbei, und wir brauchen unsere Pferde nicht zu essen«, ächzt Dave. »Wir kommen hier heraus. Und bis zur nächsten Pferdewechselstation der Postlinie sind es keine fünfzehn Meilen. Das müssen wir doch schaffen.«

Adam Dundee sagt nichts. Er beginnt wieder mit der Arbeit. Und als ihm nun seine Brüder helfen, da wirken sie alle drei sehr viel frischer und kräftiger. Sie schaffen den Rest dann viel schneller und treten hinaus vor die Höhle.

Die frische Luft macht sie zuerst irgendwie betrunken und wirft sie fast um. Doch dann sehen sie einen klaren Himmel, an dem bald die Sonne strahlen wird.

Die drei Dundees holen ihre Pferde aus der Höhle, satteln sie und schnallen ihre recht dünnen Deckenrollen hinter den Sätteln fest.

Die Schlucht ist mit Schnee gefüllt. Es ist ein schweres Stück Arbeit für die drei vom Hunger arg geschwächten Männer, sich mit den Pferden durch den tiefen Schnee aus der Schlucht zu arbeiten.

Doch die Gewissheit, dass es fünfzehn Meilen weiter eine Station der Postlinie gibt, verleiht ihnen ungeahnte Kräfte.

Es ist im April des Jahres 1867 in Montana nördlich der Last Chance Gulch. Die Poststraße führt durch diese Schlucht nach Norden zur Schiffslandestelle bei den Great Falls des oberen Missouri.

Die drei Brüder aber wenden sich nach Süden.

Denn von Süden her aus der Last Chance Gulch sollte die Postkutsche mit dem Gold kommen. Im Süden liegt die nächste Pferdewechselstation.

Sie hoffen, dass sie dort ohne Geld etwas zu essen bekommen. Denn kein Mensch, selbst in diesem rauen Goldland von Montana nicht, wo es kaum Erbarmen gibt, wird drei Reiter, die mit knapper Not dem Blizzard entkamen, fortschicken, wenn sie anklopfen und um etwas Nahrung bitten.

Nach mehr als zwei Meilen, für die sie eine gute Stunde brauchten, stoßen sie auf die Postkutsche.

Zuerst hätten sie diese fast nicht erkannt, denn sie steht etwas abseits vom Weg, und sie steht schief. Sie ist zugeschneit wie ein großer Felsen. Erst beim genauen Hinsehen erkennt man, dass es eine Kutsche ist, die aus irgendeinem Grund vom Weg abkam, der dann das linke Vorderrad brach und deren Sechsergespann zum Teil ausgeschirrt und zum anderen Teil im Geschirr von Wölfen zerrissen wurde.

Die Fenster der Kutsche sind vereist. Auch die Türen sind zugefroren. Dave Dundee bekommt jedoch dann die linke Tür auf.

Als er in die Kutsche blickt, ächzt er heiser: »Heiliger Vater!«

Und seine beiden Brüder stapfen durch den Schnee, stellen sich neben ihn. Sie blicken alle drei in die Kutsche hinein.

Soeben dachten sie noch alle an das Gold, welches die Kutsche befördern sollte, wie sie in Erfahrung gebracht hatten. Sie wollten sich vor drei Tagen dieses Gold nehmen. Deshalb hatten sie in der Schlucht gewartet.

Eben hatten sie sich gefragt, ob dieses Gold vielleicht noch in der Kutsche sein könnte.

Doch nun vergessen sie es für eine Weile.

Denn die Kutsche ist nicht leer. Es sind Menschen drinnen.

Auf der vordersten Bank liegt ein Mann in dem dunklen Anzug eines berufsmäßigen Spielers.

Am Boden vor der hinteren Bank kauert eine Frau.

Beide sind erfroren, sind tot und steif.

Auf der hinteren Bank jedoch, vor der die Frau in ihrer knienden Haltung erfror, da liegt ein großer Packen.

Es sind Decken und zwei mit Pelz gefütterte Mäntel, die irgendwas einhüllen. Es muss etwas sein, was sehr empfindlich und kostbar ist. Denn sonst hätten die beiden Toten gewiss nicht die beiden Decken und Mäntel hergegeben.

Auf der Bank liegt überdies noch ein Blatt Papier. Die Frau musste es wohl geschrieben haben. Daher ihre kauernde Haltung.

Adam Dundee langt in die Kutsche hinein und holt das Papier heraus. Dann räuspert er sich und schluckt mehrmals und liest dann mit heiserer und manchmal sehr gepresst klingender Stimme vor:

»Gott im Himmel sei uns gnädig, uns und unserem Kind! Denn ich glaube nun, dass alles zu Ende ist. Ich hatte eine lange Pechsträhne, und er, der als ehrlicher Spieler galt, spielte zum ersten Male falsch. Der andere Spieler schoss ihm in die Schulter, und obwohl Fred eigentlich im Bett liegen müsste, verließen wir das Camp Gulch City. Und dann brach der Blizzard los. Der Fahrer wollte umkehren, wollte zurück zur Station, bei der wir das Gespann gewechselt hatten. Doch der Schnee lag schon einen Fuß hoch. Als der Fahrer die Kutsche wendete, kam er zu weit vom Weg ab. Das Rad brach. Der Fahrer spannte ein Pferd aus. Er wollte die Station erreichen und versprach, uns Hilfe zu senden. Doch das ist schon sehr lange her. Mein Mann ist inzwischen hier in der Kutsche gestorben. Und auch ich kann nicht mehr lange durchhalten. Ich habe soeben noch einmal unser Kind gefüttert und in alle warmen Sachen eingehüllt, die ich zur Verfügung habe. Gott im Himmel sei uns gnädig – meinem Mann, weil er nicht für uns sorgen konnte und weil er nur ein Spieler war, der zuletzt zu einem Falschspieler wurde. Und mir sei Gott gnädig, weil ich damals von daheim fortlief und nun mein Kind hier in dieser Not lassen muss. Und dem kleinen Fred sei Gott gnädig, weil er doch ein so unschuldiges und hilfloses Kind ist. Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug dafür beten, dass er gerettet wird.«

Adam Dundees Stimme klingt brüchig, als er verstummt.

Dave Dundee aber deutet auf das große Paket auf der Bank.

»Ob das Kind noch lebt?«

Adam Dundee beugt sich weit in die Kutsche hinein und schlägt das Bündel auseinander.

In den pelzgefütterten Mänteln und umgeben von den Decken war das Kind warm wie ein Schäfchen in seiner Wolle.

Als Adam Dundee nun Decken und Mäntel zur Seite schiebt, als die frische und noch ziemlich kalte Luft in diese warme Schlafhöhle gelangen kann – nun, da schlägt das Kind plötzlich die Augen auf und beginnt kräftig zu schreien.

Die drei Dundees staunen. Sie vergessen ihren Hunger, ihre Schwäche und alle Probleme.

»Oh, es ist ja noch so klein«, ächzt Dave. Er hebt seine mächtige Faust. »So groß wie meine Faust ist der Kopf ja bloß.«

»Es ist noch kein Jahr alt«, schätzt Adam Dundee. »Und es brüllt vor Hunger. Jungs, wir müssen damit höllisch schnell zur Station. Wenn wir das nicht schaffen, bevor ...«

Er spricht es nicht aus. Aber sie alle wissen, was er meint.

Sie haben nichts, was sie diesem Kind geben können.

»Sehen wir nach, was sonst noch vorhanden ist«, murmelt Adam. Er klettert hinauf auf den Bock und macht dort alles frei von Schnee. Er findet die große Geldkassette unter dem Fahrerbock. Er kann sie kaum heben und wirft sie hinunter. Sie verschwindet im tiefen Schnee, doch Dave zerrt sie wieder heraus.

»Die ist voller Goldstaub«, sagt er dabei keuchend. »Dieser Blechkasten ist voller Gold, sage ich euch!«

Sie betrachten den Blechkasten schweigend. Dem Gewicht nach zu urteilen muss ungefähr für acht- bis zehntausend Dollar Goldstaub oder gar Nuggets darin enthalten sein.

Oh, was können drei hungrige und abgerissene Burschen wie die Dundees mit diesem Vermögen alles anfangen!

Ja, es ist ein Vermögen, ein riesiges Vermögen für sie.

Vor den Dundees liegt das Gold, welches sie vor etwas mehr als drei Tagen mit Gewalt in ihren Besitz bringen wollten.

Doch jetzt haben sie das Gold kampflos bekommen. Sie haben es gewissermaßen gefunden – jedenfalls sieht es für sie so aus.

Aber dann hören sie plötzlich wieder das Kind in der Kutsche schreien. Es schrie die ganze Zeit, doch es drang nicht in ihr Bewusstsein. Sie waren zu sehr mit dem Gold beschäftigt.

Jetzt aber hören sie den Kleinen wieder bewusst.

Und zugleich erkennen sie das Problem. Sie reagieren auf drei verschiedene Arten.

Adam Dundees ruhiges Gesicht wird noch ruhiger und geradezu ausdruckslos. Es bleibt alles tief in ihm verborgen. Doch in seinen Augen, die immer noch auf die Kiste blicken, zeigt sich nun der unverkennbare Ausdruck eines tiefen Bedauerns.

Der hübsche blonde und verwegen wirkende Jim Dundee aber bewegt sich unruhig, nimmt den alten Armeehut ab, fährt sich durch das wirre Lockenhaar und sagt gepresst: »Es – es muss doch einen Weg geben, nicht wahr? Wir werden doch eine Möglichkeit finden, um uns mit dem Gold davonmachen und das Baby dennoch irgendwo in gute Hände geben zu können?«

In seine Stimme kommt ein irgendwie verstörter und zugleich auch bittender Klang. Und nun wird er wütend. Er wendet sich halb ab und blickt in die Kutsche hinein.

»Zum Teufel, alles wäre so einfach, wenn dieses brüllende ...«

Aber weiter spricht er nicht. Er verstummt mit einem Seufzen. Denn er sieht nun wieder dieses kleine, faltige und rote Gesicht – und diesen kleinen Mund, der so weit aufgerissen werden und so laut kreischen kann.

»Du lieber Gott«, murmelt er. »Was kann der Kleine doch brüllen. Der wird vielleicht mal Sergeant bei der Armee oder ...«

Er verstummt, denn ihm fällt nicht ein, zu was sich ein besonders tüchtiger Brüller noch eignen würde. Auf jeden Fall ist er dem Kleinen plötzlich nicht mehr so böse.

»Er kann ja nichts dafür«, murmelt er. »Es ist ja sowieso ein Wunder, dass er noch lebt. Und es ist gewiss ein zweites Wunder, dass wir ihn so schnell fanden und zu guten Leuten bringen können.«

Als er dies gesagt hat, fährt er wieder herum und blickt die beiden älteren Brüder an.

»Zuerst bekamen wir das Gold nicht, weil der Blizzard kam«, sagt er heiser. »Und jetzt sieht es fast so aus, als würden wir es nicht bekommen können, weil es diesen kleinen Brüllkopf gibt, ha?«

»Wir sollen vielleicht davor bewahrt werden, Banditen zu werden«, sagt Dave Dundee nun langsam mit seinem tiefen Bass. Und er fügt noch tiefer hinzu: »Der arme Wicht – er hat keine Eltern mehr. Brüder, was ist dies doch für eine erbärmliche Welt. Seine arme Mutter! Was – was tun wir bloß?«

Als er dies gesagt hat, blicken er und Jim auf Adam.

Der sagt: »Wir müssen zur Poststation, daran gibt es nichts zu rütteln. Und wenn wir den nächsten Goldtransport rauben, dann wird man uns nicht verdächtigen – uns nicht! Denn wir liefern ja diesmal nicht nur ein hungriges Waisenkind, sondern auch das viele Gold ab. Wir werden als ehrliche Burschen gelten.«

✰✰✰

Als sie etwas mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt haben, kommen ihnen einige Reiter entgegen, auf kräftigen, ausgeruhten und gut gefütterten Pferden. Und auch die Reiter sind ausgeruht und voller Kraft, so wie es nur Männer sein können, die während eines drei Tage und drei Nächte langen Blizzards nichts anderes taten als schlafen, essen und Karten spielen.

»Es ist gut, dass ihr uns entgegen kommt«, sagt Adam Dundee zu ihnen. »Die beiden Erwachsenen, die in der Kutsche waren, sind erfroren. Sie haben alle Decken und auch die Mäntel um dieses Kind gehüllt. Deshalb lebt es noch. Und in dieser Kiste dort ist das Gold. Wir wollten sie nicht in der Kutsche lassen. Habt ihr vielleicht etwas zu essen und zu trinken bei euch?«

Das haben sie. Denn sie wollten doch dem Ehepaar Hilfe bringen. Sie haben sogar noch heißen Kaffee, in den sie Rum mischten.

Dieses Feuerwasser bringt die Dundees wieder auf die Beine, und sie bekommen dann auch genügend zu essen. Auch ihre Pferde haben einige Hand voll Brot bekommen.

Drei der Männer reiten dann auf der tiefen Fährte der Dundees zur Kutsche weiter, um die Toten zu bergen.

Der Stationsagent und dessen Gehilfe aber kehren mit den Dundees zur Station zurück, und da es hier eine Milchkuh gibt, wird nun auch endlich das Kind gefüttert. Es war unterwegs eingeschlafen, vom vielen Schreien und vom Hunger ganz und gar erschöpft.

»Wo kann man es hinbringen?«, fragt Adam Dundee den Stationsmann.

Der blickt ihn seltsam an. »Bringt es nach Gulch City ins Hauptbüro. Man wird eine Frau finden müssen, die dieses Würmchen versorgt. Doch das wird schwer sein. Wer nimmt in diesem Land schon solch einen kleinen Kerl in Pflege? Hier haben die Leute alle Hände voll zu tun, um für sich selbst zu sorgen. Sie ziehen in dieses Land, um Gold zu finden oder durch Geschäfte zu schnellem Reichtum zu kommen. Hier verschwendet man keinen Gedanken an solche kleinen Kinder. Bringt es zu Mark Maverick! Ihm gehört diese Postlinie. Und dieser Kleine war sein Passagier. Er wird sich schon etwas einfallen lassen. Bleibt hier über Nacht. Ich gebe euch auf Geschäftskosten noch ein gutes Frühstück und sorge im Stall auch für eure verhungerten Gäule. Aber morgen müsst ihr weiter nach Gulch City mit dem Kleinen. Wir werden euch auch die Habseligkeiten seiner Eltern mitgeben. Vielleicht hatten sie etwas Geld, sodass für den Kleinen für die erste Zeit gesorgt ist.«

✰✰✰

Als sie am nächsten Morgen weiterreiten, schmilzt überall der Schnee. Die Sonne wärmt, und es ist sicher, dass bald überall die Frühlingsblumen blühen.

Sie haben die wenigen Habseligkeiten der Eltern des Kindes bekommen, einen Ausweis des Mannes und eine Heiratsurkunde.

Drei Dollar und sieben Cent waren die ganze Barschaft, die das Paar bei sich hatte.

Sie nehmen das Kind abwechselnd zu sich, halten es als kleines Bündel im Arm, und sie müssen immerzu daran denken, dass dieses kleine, hilflose Würmchen hier in diesem rauen und gesetzlosen Goldland einfach verloren ist, wenn sie nicht jemanden finden, der es versorgt.

»Wenn man es richtig bedenkt«, sagt Jim Dundee einmal nachdenklich, »dann hat uns dieser kleine Knilch davor bewahrt, Banditen zu werden. Wenn dies ein Zeichen sein soll, dann sind wir ihm zu großem Dank verpflichtet.«

»Woran willst du erkennen, dass dies ein Zeichen ist?«, fragt Dave zweifelnd.

»Nun, wenn wir plötzlich eine Chance bekommen würden«, erwidert Jim sofort. »Eine Chance, um unseren Lebensunterhalt auf ehrenwerte Art bestreiten zu können. Wenn ich es mir richtig ausrechne, dann hungern wir nun schon drei Jahre – nämlich von jenem Tage an, da wir in Gefangenschaft gerieten. Und als wir dann nach Kriegsende entlassen wurden, wurde es noch schlimmer. Wir ritten dann nach Norden, weil wir hörten, dass man hier Gold findet. Doch man kann nicht nach Gold graben, wenn man nichts zu essen hat. Wir könnten uns nicht mal eine Schaufel, eine Picke und einen Hammer kaufen.«

»Wir werden sehen«, sagt Adam.

✰✰✰

Sie erreichen Gulch City erst am Abend, reiten die Hauptstraße entlang und biegen in den Hof der Maverick-Post- und Frachtgesellschaft ein.

Die Fenster des Blockhauses sind erleuchtet. Als sie ihre Pferde anhalten und absitzen wollen, öffnet sich eine Tür. Ein glatzköpfiger Mann, der sich einen Zuckersack als Küchenschürze umgebunden hat, erscheint in dem erhellten Rechteck und fragt knapp: »Was wollt ihr hier?«

»Wir möchten zu Mister Maverick«, erwidert Adam Dundee. »Wir bringen Nachrichten von der letzten Post, die im Blizzard stecken blieb, und wir bringen den einzigen Überlebenden!«