G. F. Unger Western-Bestseller 2586 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2586 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Es ist ein hitzeflimmernder Tag auf dem Wagenweg zwischen El Paso und Santa Fe. Die sechsspännige Abbot&Downing‑Postkutsche wird in eine Staubwolke eingehüllt, als sie vor der Station im Spanish Bit Canyon anhält, um ein neues Gespann zu bekommen. Auch als sich die Staubwolke auflöst und die Sicht wieder klarer wird, ist nichts zu erkennen, was auf einen Verdruss hindeuten könnte.
Ringo Quaid, der neben dem Fahrer als Begleitmann auf dem hohen Bock sitzt, betrachtet die vier Sattelpferde und die beiden Packtiere an der Haltestange beim Wassertrog mit einem forschenden Blick.
Doch er kennt die Brandzeichen dieser Tiere. Das verschnörkelte R steht für den Namen Renegade, und die vier Renegade‑Brüder sind gute Bekannte von ihm, fast schon Freunde. Denn damals ritten sie gemeinsam in den Krieg und gehörten zur selben Einheit innerhalb der Texas‑Brigade.
Von den Renegades muss er gewiss keinen Verdruss erwarten ...


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Seitenzahl: 156

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Jagd auf Ringo

Vorschau

Impressum

Jagd auf Ringo

Es ist ein hitzeflimmernder Tag auf dem Wagenweg zwischen El Paso und Santa Fé. Die sechsspännige Abbot & Downing-Postkutsche wird in eine Staubwolke eingehüllt, als sie vor der Station im Spanish Bit Canyon anhält, um ein neues Gespann zu bekommen. Auch als sich die Staubwolke auflöst und die Sicht wieder klarer wird, ist nichts zu erkennen, was auf einen Verdruss hindeuten könnte.

Ringo Quaid, der neben dem Fahrer als Begleitmann auf dem hohen Bock sitzt, betrachtet die vier Sattelpferde und die beiden Packtiere an der Haltestange beim Wassertrog mit einem forschenden Blick.

Doch er kennt die Brandzeichen dieser Tiere. Das verschnörkelte R steht für den Namen Renegade, und die vier Renegade-Brüder sind gute Bekannte von ihm, fast schon Freunde. Denn damals ritten sie gemeinsam in den Krieg und gehörten zur selben Einheit innerhalb der Texas-Brigade.

Von den Renegades muss er gewiss keinen Verdruss erwarten ...

Die vier Brüder treten nun aus dem Stationshaus, wo es einen großen Gastraum gibt, auf die Veranda hinaus: vier große, hagere und sehnige Burschen in hellen Staubmänteln. Jeder hält eine Schrotflinte um den Kolbenhals gefasst.

Sie grinsen zu Ringo Quaid herüber und winken ihm lässig zu, so als freuten sie sich über seinen Anblick.

Und auch er winkt zurück.

Nicht die Spur eines Misstrauens ist in ihm.

Indes ruft der Fahrer neben Ringo zur Seite nieder: »Aussteigen, Leute! Zehn Minuten Pause. In der Station gibt es kalte Limonade und auch einen Happen. In zehn Minuten geht es weiter.«

Aus der Kutsche kommen einige Passagiere zum Vorschein, zwei davon sind Handelsvertreter, der Dritte ist ein Soldat, der aus dem Urlaub zurück zu seiner Einheit muss. Dann sind noch zwei Frauen zu sehen, deren etwas zu auffällige Kleidung verrät, dass sie jenem Gewerbe nachgehen, welches man für das älteste auf dieser Erde hält – oder zumindest für eins der ältesten.

Sie alle gehen zum Stationshaus hinüber. Die vier Renegade-Brüder greifen höflich vor den beiden Tingeltangelmädchen – oder was sie auch sonst sein mögen – an die Hüte.

Lance Renegade sagt: »Schade, ihr zwei Süßen, dass wir keine Zeit haben. Doch schon euer Anblick macht den Tag so richtig schön.«

Die Mädchen lachen und verschwinden im Gastraum.

Der Fahrer und Ringo Quaid sind inzwischen vom hohen Bock geklettert, und nun erst wundern sie sich, dass der Stationsmann und dessen Gehilfe noch kein frisches Sechsergespann in Bereitschaft halten. Sie sehen die beiden Stationsmänner drüben an den Corralstangen lehnen.

Der Fahrer ruft ärgerlich hinüber: »He, was ist denn los, Jorge? Verdammt, wo ist das frische Gespann?«

Inzwischen bewegen sich die vier Renegade-Brüder.

Jeff Renegade tritt auf den Fahrer und Ringo Quaid zu. Sein Grinsen ist immer noch freundlich, als er sagt: »Ringo, du musst das nicht persönlich nehmen, denn wir haben nichts gegen dich. Wir wollen nur das Gold.«

Ringo Quaids Linke – es ist seine Revolverhand – zuckt nach dem Colt. Doch Jeff Renegade hob schon während seiner Worte wie zufällig den Doppellauf der Schrotflinte. Er hält das höllische Ding immer noch nur mit einer Hand um den Kolbenhals gefasst. Doch die Hähne sind gespannt. Wenn er die Abzüge durchzieht, wird es gewaltig krachen.

Und so nimmt Ringo Quaid die Linke wieder vom Revolvergriff.

Der Fahrer neben ihm flucht böse, denn auch er kennt die Renegade-Brüder. Wer kennt sie nicht in diesem Land?

Ringo Quaid schüttelt ungläubig den Kopf und fragt: »Ihr macht doch nur Spaß, nicht wahr? Das meint ihr gewiss nicht ernst – oder?«

»Doch.« Jeff Renegade nickt. »Es ist bitterster Ernst. Und es täte mir wirklich leid, dir mit Indianerschrot ein Loch in den Bauch schießen zu müssen. Also bleib ruhig, mach die Schnalle auf und lass den Gurt fallen. Auch du, Bates!«

Die letzten Worte gelten dem Fahrer.

Dieser flucht wieder böse und spricht: »Ihr müsst verrückt geworden sein. Warum wollt ihr nun zu den Gesetzlosen gehören, zu den Gejagten? Die Minengesellschaft wird eine Belohnung aussetzen. Sagt endlich, dass dies alles nur ein Scherz ist, und dann vergessen wir die ganze Sache einfach. Gut so?«

Aber Jeff Renegade schüttelt den Kopf.

Inzwischen kamen zwei seiner Brüder zur Kutsche. Nun sind sie dabei, die vier Goldkisten aus der Kutsche zu heben, die dort unter den Sitzbänken transportiert wurden, damit das schwere Gewicht auf den Achsen und Rädern ruhte, die Kutsche also nicht hecklastig wurde, was der Fall gewesen wäre, hätte man das Gold im hinteren Gepäckkasten transportiert.

Jeff Renegade aber hält Ringo Quaid und den Fahrer immer noch in Schach.

»Wisst ihr«, spricht er, »wir sind es leid, wertlose Rinder auf einer verschuldeten Ranch zu züchten – Rinder, für die es vorerst keine Absatzmärkte gibt. Vielleicht wird das in einigen Jahren mal anders, aber so lange wollen wir nicht mehr warten. Und Old Jim Renegade ist tot.«

Nun weiß Ringo Quaid Bescheid. Old Jim Renegade, der Vater der vier Brüder, war die starke Kraft, die diese verwegenen Burschen davon abhielt, Gesetzlose zu werden, sich zu holen, was sie mit ehrlicher Arbeit nicht bekommen konnten.

Denn die Ranch ist hoch verschuldet, weil die Steuereintreiber der Union keine Gnade und kein Erbarmen kannten. Gewiss, die Ranch besitzt an die fünftausend Rinder, vielleicht sogar zehntausend. Doch selbst das Abhäuten kostet mehr als eine Rinderhaut. Die Transportkosten nach dem Osten sind zu hoch. Und niemand will Longhornrinder kaufen, die sich während des Krieges zwischen Nord und Süd wie die Kaninchen vermehrten, sodass sich nicht mal das Bränden lohnte. So ist die Situation in Texas und New Mexico.

Dies alles schießt Ringo Quaid durch den Kopf.

»Euer Vater hätte durchgehalten und auf bessere Zeiten gewartet. Ihr könnt jetzt immer noch aufhören. Denkt an die Zeit, da wir gemeinsam unter General Jack ritten, den man Stonewall Jackson nannte. Habt ihr das vergessen? Ich bin immer noch euer Sattelgefährte Ringo. Verdammt, hört auf!«

Aber Jeff Renegade schüttelte bedauernd den Kopf.

»Es tut uns wirklich furchtbar leid«, erwidert er, »aber wir haben es uns lange überlegt. Nimm es nicht so schwer, Ringo. Einmal verliert jeder mal. Als wir erfuhren, dass du, der Erste Deputy von Las Cruces, den Begleitmann machen würdest, da wussten wir, dass Gold in der Kutsche sein würde. Mach uns keinen Ärger, Ringo. Irgendwann wirst auch du mal wieder gewinnen.«

Es ist nun alles gesagt, was zu sagen ist.

Nun weht nur noch der Atem von Gefahr.

Drüben beim Stationshaus steht Bros Renegade. Er würde dort die Fahrgäste nicht herauslassen. Lance und Chet Renegade heben nun die Goldkisten auf die beiden Packtiere und schnüren sie auf den Packsätteln fest, binden Segeltuchplanen darüber.

Und Jeff Renegade bewacht den Fahrer und den Deputy Sheriff Ringo Quaid aus Las Cruces.

Der Stationsmann und dessen Gehilfe bei den Corrals rühren sich nicht.

Erst als Jeff Renegade ihnen winkt, dass sie kommen sollen, setzen sie sich in Bewegung und treten zu Ringo Quaid und dem Fahrer.

Jeff Renegade sagt ruhig: »Diese Poststation hat einen wunderbaren Kühlkeller, nicht wahr? Dort habt ihr auch genug zu essen und zu trinken, bis jemand kommt und euch brüllen hört. Und sogar die Gesellschaft zweier Süßen habt ihr dort unten. Ihr könnt euch besaufen und auch amüsieren. Geht voran!«

Er tritt zur Seite und winkt mit dem Gewehrlauf.

Und so setzen sie sich alle in Bewegung.

Drinnen werden die Fahrgäste inzwischen von der Frau des Stationsmannes bedient, und sie beginnen zu schimpfen und zu klagen, als sie begreifen, dass sie in den Kühlkeller müssen. Besonders die beiden Tingeltangelmädchen lassen jetzt erkennen, dass sie gar nicht süß und lieb sind, sondern richtige Hacken.

Eine sagt böse zu den Renegade-Brüdern: »Ihr Stinker, ich wünsche euch, dass ihr euch bei der nächsten Puta die Lustseuche holt. Uns in einen Keller einzusperren! Wir werden in El Paso erwartet. Lasst euch nur nicht mal in El Paso blicken. Dort werden sie euch die Eier abschneiden.«

Die Renegade-Brüder lachen nur verständnisvoll und nachsichtig.

Lance sagt beruhigend: »Nehmt es doch nicht so schrecklich ernst, Schwestern. Vielleicht könnt ihr dort unten im Keller ein schönes Fest feiern.«

Sie müssen nun alle die Treppe hinunter. Dann schließt sich die Luke. Sie können unten hören, wie die Luke über ihnen zugenagelt wird und man schwere Möbel auf sie schiebt.

Der Stationsmann zündet dann eine Laterne an.

»Vielleicht kommt bald jemand«, sagt er hoffnungsvoll.

Draußen aber reiten die vier Renegade-Brüder mit vierhundert Pfund Gold, in Barren gegossen, davon. Sie reiten nach Süden.

Im Süden – etwa hundert Meilen entfernt – liegt El Paso, der Durchgang nach Mexiko, denn nichts anderes bedeuten die Worte El Paso.

Und drüben in Mexiko wollen sie ein neues Leben beginnen. Dort werden sie Fürsten sein, Könige, die im Reichtum nur so schwimmen werden. Denn in Mexiko ist jeder Dollar so groß wie ein Wagenrad.

✰✰✰

Es ist zwei Tage später, als Ringo Quaid in Las Cruces dem Distrikt-Sheriff von Mesilla, Las Cruces und Las Palomas Bericht erstattet und mit den Worten schließt: »Sie haben nur zwei Tage und zwei Nächte Vorsprung. Und sie sind gewiss nach Mexiko hinüber, weil sie glauben, dass sie dort sicher sind vor unserem Gesetz.«

»Das sind sie doch wohl auch – oder?« So fragt der Distrikt-Sheriff grimmig zurück, grimmig, weil er sich um seine Wiederwahl Sorgen machen muss, wenn sich die Minengesellschaft hinter den Gegenkandidaten stellt.

»Nicht vor mir«, erwidert Ringo Quaid. »Ich bitte um Urlaub, unbefristeten Urlaub, Sheriff.«

Dieser sieht ihn fest an. Sheriff Blake ist ein alter, erfahrener, eisgrau gewordener Falke. Und er kann in Ringo Quaid lesen.

Deshalb denkt er: Sie haben seinen Stolz verletzt. Er hielt sie für Freunde und gute Kameraden. Sie ritten zusammen durch den Krieg und gehörten zu einer Elitetruppe. Er nimmt diesen Verrat nicht hin.

Nachdem Sheriff Blake dies gedacht hat, nickt er.

»Der Urlaub ist genehmigt – bei vollem Gehalt. Ich zahle für drei Monate Vorschuss. Ja, machen Sie Urlaub, Ringo.«

✰✰✰

Wenig später tritt Ringo Quaid in den Schneiderladen von Elisa Macpice.

Sie sucht irgendwelche Knöpfe in einer großen Schachtel für ein Kleid, welches sie für die dicke Frau des Storehalters in Arbeit hat.

Als er eintritt, verharrt sie und sieht ihn fest an.

Sie ist eine mehr als nur hübsche junge Frau. Ihr Mann fiel im Krieg. Und nun glaubt man in Las Cruces, dass Ringo Quaid eines Tages ihr zweiter Mann werden wird.

»Ich habe es schon gehört«, spricht sie ruhig. »Tut mir leid, Ringo Joe.«

Sie nennt ihn stets Ringo Joe, nicht einfach nur Ringo, denn Joe ist sein richtiger Name. Den Namen Ringo bekam er schon als Kind, weil er als kleiner Junge fast wie ein blondes ringellockiges Mädchen aussah.

Er machte keine Bewegung auf sie zu, obwohl er weiß, dass sie erwartet, von ihm in die Arme genommen zu werden. Aber diesmal nimmt er sie nicht in die Arme. Und diesmal sagt er: »Ich reite hinüber nach Mexiko, und ich weiß nicht, ob ich wiederkommen kann. Warte also nicht länger als drei Monate. Tut mir leid, Elisa, aber ich muss ihnen das Gold wieder abjagen – ich muss.«

Nach diesen Worten wendet er sich ab, um zu gehen.

Sie aber spricht herb hinter ihm her: »Ja, ich weiß, dein Stolz, dein verdammter Stolz. Ich werde verdammt lange auf dich warten, verdammt lange, Ringo Joe.«

Er hört es noch, indes er die Tür hinter sich zuzieht und die Ladenglocke bimmelt.

Aber innerlich ist er schon meilenweit von Elisa weg.

Deshalb nahm er sie auch nicht in seine Arme.

Er spürt, dass er einen neuen Weg beginnt.

✰✰✰

Er macht sich wenig später auf seinem mausgrauen Wallach auf den Weg, einer Kriegsbeute, die er einem Colonel der Unionsarmee abnahm. Und er reitet die knapp hundert Meilen bis El Paso in zwei Tagen, trägt dabei seinen Stern in der Tasche und gleicht einem der vielen Reiter, die zu dieser Zeit überall im Südwesten umherstreifen, von einer Stadt zur anderen reiten und überall nach irgendwelchen Chancen Ausschau halten.

Es ist schon spät in der Nacht, als er in El Paso den Mietstall erreicht und dem Stallmann einen Dollar gibt.

»Waren meine Freunde schon hier?« So fragt er ruhig. »Vier Mann mit Staubmänteln und zwei Packpferden. Die Tiere trugen den R-Brand. Waren sie schon hier?«

Der Stallmann nickt.

»Ich nahm die Tiere in Zahlung gegen andere«, spricht er. »Sie wollten frische Tiere. Ich habe die mit dem R-Brand hier. Wollen Sie auch einen Tausch machen, Mister?«

»Nein.« Quaid schüttelt den Kopf. »Der Graue ist morgen wieder wie neu, wenn wir ihn jetzt gut versorgen. Und das machen wir beide gemeinsam. Er muss nicht nur abgerieben, sondern auch durchmassiert werden. Und dann bekommt er bestes Futter. Na los, mein Freund.«

Es ist dann fast eine Stunde später, als er sich gewaschen hat und in ein Restaurant zum Abendessen geht.

Nur an einem Tisch, an dem schon eine Frau sitzt, ist noch ein Platz frei. Es ist ein kleiner Tisch in der Ecke, und die Frau ist von jener reizvollen und eigenwilligen Schönheit, an die sich nur selbstbewusste Burschen heranwagen, die selbst außergewöhnliches Format haben.

»Darf ich?« So fragt er und nimmt seinen Hut ab.

Sie blickt lächelnd zu ihm hoch.

»Ist das Ihr Magen, den ich soeben knurren hörte?«, fragt sie zurück. Ihre Stimme klingt etwas kehlig, jedoch sehr melodisch. Es ist die schöne Stimme einer auf eine rassige Art schönen Frau.

Er nickt und lächelt zurück. Dann setzt er sich, und wieder sehen sie sich lächelnd an.

»Der Hammelbraten ist zu empfehlen«, berät sie ihn. »Sie sind lange und hart geritten, nicht wahr? Sie riechen nach Pferd. Aber ich mag Pferdegeruch. Auf der Flucht?«

»Nein«, erwidert er und gibt der herbeitretenden Bedienung seine Bestellung auf.

Dann sieht er wieder in die grünen Augen der schwarzhaarigen Frau.

Sie ist eine Abenteurerin, eine Glücksjägerin, denkt er. Und sie beobachtet gut und hat eine feine Nase für jede Art von Witterung.

»Dann sind Sie auf einer Fährte«, stellte sie sachlich fest. »Kopfgeldjäger?«

Nun staunt er doch über den feinen Instinkt dieser schönen Frau. Und er erwidert: »Sie fragen sehr direkt, Lady. Ist das Ihre Art?«

Sie schüttelt den Kopf.

»Nur in bestimmten Situationen, und auch nur, wenn es sich lohnen könnte für mich. Denn es scheint mir fast, als hätte das Schicksal Sie an meinen Tisch geführt, weil nur dieser eine Platz noch frei war.«

Er möchte etwas antworten, doch die Bedienung bringt ihm das Essen.

Sie sagt: »Guten Appetit. Essen Sie erst, bevor Sie Fragen stellen. Einem hungrigen Mann sollte man nicht mit seinen Problemen kommen.«

Wieder blickt er in ihre grünen Augen. Auf ihrer Nase sind einige Sommersprossen, und ihr Haar glänzt im Lampenschein. Ja, sie ist verdammt begehrenswert, denkt er und beginnt zu essen.

Er ist hungrig wie ein Wolf nach einem langen Blizzard, doch er isst bedächtig, nimmt sich Zeit. Und immer wieder, wenn er seinen Blick vom Teller nach oben richtet, sieht er in ihre Augen.

Und so fragt er sich: Was will sie von mir? Ja, es ist ihm klar, dass sie etwas von ihm will – Hilfe vielleicht. Denn sie sprach etwas von einem Schicksal, das ihn an ihren Tisch führte.

Nach einigen Bissen lächelt er ernst und sagt: »Reden Sie, Lady! Mein Name ist Quaid, Joe Quaid.«

Sie lächelt wieder ernst und in ihren Augen ist ein Funkeln.

»Ich bin April Maryland«, spricht sie. »Haben Sie in dieser Stadt schon eine Unterkunft? Wissen Sie schon, wo Sie diese Nacht schlafen werden?«

»Nein«, erwidert er und hält einen Moment Messer und Gabel still. Denn nun muss er diese April Maryland wahrhaftig anstaunen. Ihre Fragen klangen fast wie ein eindeutiges Angebot. Aber er vermag es nicht zu glauben – nicht bei dieser Frau, denn sie ist ganz gewiss kein Flittchen oder eine dieser mannstollen Frauen, deren sexuelles Begehren eine Krankheit ist.

Sie sieht fest in seine Augen und spricht dann ganz ruhig: »Dann können Sie bei mir in meinem Hotel übernachten.«

Nun ist es heraus. Und er vermag es nicht zu glauben. Er staunt sie an.

Und sie schüttelt leicht den Kopf.

»Nein, nein«, sagt sie und lächelt. »Ich brauche Hilfe, Schutz. Ich bin nicht das, was man wohl mannstoll nennt. Es ist wahrscheinlich so, dass man mich diese Nacht in meinem Zimmer überfallen wird. Ich kenne die Verfolger nicht, aber ich weiß, dass ich ihnen nicht entkommen konnte.«

»Und warum sind Sie in Gefahr?« So fragt er ganz ruhig.

»Ich habe in Socorro mehr als zehntausend Dollar beim Poker gewonnen«, erwidert sie. »Der Verlierer war der stolze Sohn eines reichen und mächtigen Mannes, ein übler, arroganter Junge. Ich musste dann aus Socorro flüchten, sprang im letzten Moment in die abfahrende Postkutsche.«

Nun weiß Ringo Joe Quaid fast alles.

»Es gibt immer wieder Burschen, die nicht verlieren können«, murmelt er. »Aber vielleicht haben Sie den stolzen Prinzen betrogen.«

»Nein«, erwidert sie schlicht und lehnt sich zurück, so als hätte sie nichts mehr zu sagen.

Er beendet seine Mahlzeit, lässt sich den Nachtisch kommen und noch einmal die Kaffeetasse füllen.

»Ich bin kein edler Ritter«, spricht er dann, »dem es eine besondere Ehre ist, einer Prinzessin aus der Not zu helfen. Vielleicht würde ich töten müssen.«

Sie nickt. »Ja, vielleicht. Ja, das könnte sein.«

Noch einmal schweigt sie. Dann spricht sie spröde: »Tausend Dollar für Ihren Colt und wenn ich diese Nacht überlebe und morgen die Postkutsche nach Mexiko benutzen kann – tausend Dollar.«

Als sie verstummt, da weiß er, dass sie wirklich um ihr Leben fürchtet. Nun bewundert er sie. Denn sie sitzt ganz ruhig in diesem Restaurant und vertraut darauf, dass sie unter den vielen Gästen sicher ist. Dennoch fürchtet sie sich vor der kommenden Nacht.

Als er wieder in ihre grünen Augen sieht, da erkennt er darin ein Versprechen.

Zu seiner eigenen Überraschung nickt er und spricht: »Also gut, ich verbringe diese Nacht für tausend Dollar in Ihrem Zimmer.«

✰✰✰

Als sich das Restaurant leert, gehen sie hinauf. Sie tun es, als der Portier nicht hinter dem Anmeldepult steht und auch sonst niemand zu sehen ist, der beobachten könnte, dass April Maryland nicht allein hinaufgeht. Sie gehen auch nicht zusammen, sondern in Abständen.

Oben hat sie ihre Zimmertür nur angelehnt. Er gleitet schnell hinein.

»Hat jemand Sie gesehen?« So fragt sie leise.

»Ich glaube nicht«, erwidert er und deutet auf das Bett.

»Das ist groß genug.« Er lächelt. »Und ich bin müde nach einem Hundertmeilenritt. Wecken Sie mich. Meinen Colt habe ich unter dem Kopfkissen.«

Er schnallt den Waffengurt ab, nimmt den Colt in die Hand, entledigt sich seiner Stiefel und legt sich auf das Bett.

Sie aber lehnt neben dem Fenster an der Wand und staunt. »He«, faucht sie dann, »ich zahle Ihnen nicht tausend Dollar fürs Schlafen.«

»Zur rechten Zeit bin ich wach.«

Er gähnt. Und dann hört sie, dass er von einem Atemzug zum anderen eingeschlafen ist.

Was für ein Mann! So denkt sie und sieht auf seine beiden Satteltaschen, die er mit aufs Zimmer nahm. Sie ist versucht, in diesen beiden Satteltaschen nachzusehen, doch sie lässt es bleiben.