G. F. Unger Western-Bestseller 2587 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2587 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Jones Gall sieht die Express-Postkutsche kommen. Er hat seinen Platz im Speisehaus gut gewählt. Das Gespann der Kutsche hält neben dem Fenster. Er sieht die drei Shannahans nacheinander aus der Kutsche klettern.
Oldman Shannahan lässt die schwere Reisetasche, in der sich mehr als vierzigtausend Dollar in Scheinen und zehntausend Dollar in Zwanzigdollarstücken befinden, nicht aus der Hand.
Jones Gall nimmt seinen Revolver heraus und legt ihn auf den Oberschenkel. Dann lehnt er sich zurück und wartet. Sein gesenkter Kopf befindet sich außerhalb des Lichtscheins der Lampe. Nur der Kopfverband leuchtet weiß. Doch der Verband verändert ihn auch.
Jetzt erscheint eine junge Frau in einem grünen Reisekostüm, das gut zur Kupferfarbe ihres Haares passt. Als sie in das Licht der Lampe tritt und sich nach einem geeigneten Platz umsieht, bemerkt Jones Gall ihre seltsam anziehenden grünen Augen. Es ist auch sonst eine Menge an ihr zu bestaunen, doch darauf kann Jones Gall jetzt nicht achten.
Als fünfter Fahrgast kommt ein grauhaariger Mann herein, dem Jones auf den ersten Blick den ehemaligen Armeeoffizier ansieht. Er und die junge Frau gehören offenbar nicht zusammen, denn er bittet um Erlaubnis, an ihrem Tisch Platz zu nehmen. Doch das sieht Jones Gall nur mit einem flüchtigen Seitenblick.
Seine Aufmerksamkeit gilt den drei Shannahans. Dabei wirkt er nicht sonderlich angespannt, obwohl er den schussbereiten Colt unter der Tischplatte verborgen hält ...


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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Sun Pass

Vorschau

Impressum

Sun Pass

Jones Gall sieht die Express-Postkutsche kommen. Er hat seinen Platz im Speisehaus gut gewählt. Das Gespann der Kutsche hält neben dem Fenster. Er sieht die drei Shannahans nacheinander aus der Kutsche klettern.

Oldman Shannahan lässt die schwere Reisetasche, in der sich mehr als vierzigtausend Dollar in Scheinen und zehntausend Dollar in Zwanzigdollarstücken befinden, nicht aus der Hand.

Jones Gall nimmt seinen Revolver heraus und legt ihn auf den Oberschenkel. Dann lehnt er sich zurück und wartet. Sein gesenkter Kopf befindet sich außerhalb des Lichtscheins der Lampe. Nur der Kopfverband leuchtet weiß. Doch der Verband verändert ihn auch.

Jetzt erscheint eine junge Frau in einem grünen Reisekostüm, das gut zur Kupferfarbe ihres Haares passt. Als sie in das Licht der Lampe tritt und sich nach einem geeigneten Platz umsieht, bemerkt Jones Gall ihre seltsam anziehenden grünen Augen. Es ist auch sonst eine Menge an ihr zu bestaunen, doch darauf kann Jones Gall jetzt nicht achten.

Als fünfter Fahrgast kommt ein grauhaariger Mann herein, dem Jones auf den ersten Blick den ehemaligen Armeeoffizier ansieht. Er und die junge Frau gehören offenbar nicht zusammen, denn er bittet um Erlaubnis, an ihrem Tisch Platz zu nehmen. Doch das sieht Jones Gall nur mit einem flüchtigen Seitenblick.

Seine Aufmerksamkeit gilt den drei Shannahans. Dabei wirkt er nicht sonderlich angespannt, obwohl er den schussbereiten Colt unter der Tischplatte verborgen hält ...

Zuerst kommt Oldman Shannahan herein, die Tasche in der Rechten. Er trägt seinen Revolver links. Und er würde niemals den Fehler begehen, die wertvolle Tasche in die Linke zu nehmen.

Oldman Shannahan erinnert an einen alten Wolf, der schon voller Narben ist – und der dennoch mit seiner Klugheit und Erfahrung jedes Rudel bei der Jagd führen kann.

Sein Blick gleitet scharf in die Runde. Doch er kann Jones Gall in der Ecke nicht erkennen. Das Licht der Lampe blendet ihn und seine beiden Söhne noch zu sehr. Denn sie kommen aus der dunklen Postkutsche herein. Und die Beleuchtung draußen vor der Tür ist schwach.

Oldman Shannahan entscheidet sich für den Tisch neben der Tür.

Seine Söhne Ollie und Rowdy setzen sich gleichfalls. Sie wirken wachsam und misstrauisch. Vielleicht wittern sie instinktiv eine Gefahr, die sie nur noch nicht erkennen.

Dann werden sie von der Serviererin abgelenkt, die ihnen schon die Suppe bringt.

Als sie schlürfend löffeln, da geschieht es plötzlich.

Ihre Augen haben sich an das Licht gewöhnt.

Und überdies hat sich Jones Gall an seinem Ecktisch vorgebeugt. Sein Kopf ist nun in den Schein des Lampenlichts geraten.

Oldman Shannahan lässt plötzlich den Löffel fallen. Er zischt den Söhnen seine Befehle zu und will sich erheben.

Doch Jones Gall sagt laut in den Raum: »Zu spät, Oldman Lobo, zu spät, Amigos!«

Die drei erstarren.

»Da ist ja Jones Gall«, murmelt Ollie Shannahan staunend. »Hat der denn Flügel wie eine Fledermaus?«

»Ja, wie kommt er denn hierher?«, staunt sein Bruder Rowdy. »Oder ist das am Ende gar nicht Jones Gall, sondern ein anderer Knabe, der ihm ähnlichsieht wie ein Wildkater dem anderen?«

Es ist nun still im Raum. Das Klappern des Bestecks und das Klirren des Geschirrs verstummen.

Oldman Shannahan sagt in die Stille: »Jones Gall, hast du dich wegen uns so mächtig beeilt? Du hast den kürzeren Weg durch die Sawatch-Kette genommen und dabei gewiss fast das Pferd zuschanden geritten, nicht wahr? Und auch du musst halb tot sein!«

Oldman Shannahan bekommt keine Antwort darauf. Jones Gall sagt vielmehr pulvertrocken: »Bring es mir, Oldman Shannahan! Bring mir, was du Nick Barton abgenommen hast!«

Einige der Gäste, die der Tür nahe sind, verlassen den Raum. Andere, darunter auch das so ungleiche Paar am Nebentisch, das mit den Shannahans gekommen ist, ziehen sich in die andere Ecke zurück.

»Du bist ja verrückt, mein Junge«, sagt Oldman Pierce Shannahan endlich kalt. »Nick Barton ist tot. Es war ein ehrlicher Zweikampf. Ich bin sein Erbe, denn wir haben um den Erlös seines Wagenzuges gekämpft. Du hast Barton nicht schützen können. Du warst noch nicht mal die paar Dollar wert. Und was willst du denn noch?«

Jones Gall nickt.

»Richtig«, sagt er. »Nick Barton hat mich angeworben. Er hatte mein Wort. Das gilt noch immer! Ich hatte den Auftrag, das Geld sicher ans Ziel zu bringen. Sein Tod ändert nichts an meinem Auftrag. Deine Jungs hätten mich im Mietstall von Grand Junction nicht mit der Radspeiche niederschlagen dürfen, sondern töten müssen. Und jetzt her damit!«

»Du bist ja verrückt, Jones Gall!«, erwidert Oldman Shannahan. Seine Stimme klingt nun gepresst. »Du wirst dabei draufgehen, Jones, mein Junge. Ich will dir etwas geben – ja? Fünftausend Dollar? Und dann trennen wir uns als Freunde. Denn sonst – oha, Junge, sonst gibt es hier ein bitteres Sterben! Du gehst drauf – vielleicht auch ich oder einer meiner prächtigen Jungs. Warum wollen wir uns gegenseitig ...«

»Du redest zu viel, Oldman Shannahan«, unterbricht ihn Jones Gall. Dabei entgeht ihm nicht, dass Ollie Shannahan, der sich neben seinem Bruder Rowdy zumindest halb gegen Galls Sicht gedeckt glaubt, inzwischen seinen Revolver gezogen hat.

Rowdy wirft sich plötzlich mitsamt seinem Stuhl nach hinten. Und Ollie schießt auch wirklich unter dem Tisch hindurch.

Doch im selben Moment wird er getroffen. Er sieht nicht mal mehr, dass seine Kugel Gall verfehlt.

Er erlebt auch nicht mehr, wie sein brüllender Bruder Rowdy am Boden die Waffe freibekommt – und wie auch sein Vater die Waffe herausschnappt.

Dieser Oldman Shannahan ist noch immer ein gefährlicher Revolvermann.

Die Schüsse krachen dumpf. Der Pulverdampf breitet sich aus, beißt in den Augen.

Als Jones Gall seinen Revolver leer geschossen hat, verharrt er unter dem Tisch, unter den er sich hat fallen lassen. Und er kann nichts anderes tun als warten.

Er hört die stöhnenden Atemzüge der Gegner. Und dann hört er Oldman Shannahan mühsam sagen: »Hölle, warum musstest du ihm die Treue halten? Ich hätte dir auch zehntausend Dollar gegeben. Denn jetzt – oh, jetzt hat keiner mehr etwas von dem Geld – keiner ...«

Jones Gall hört das noch.

Dann wird er selbst bewusstlos.

Er hat gegen drei der gefährlichsten Banditen und Revolvermänner auf tausend Meilen in der Runde gekämpft.

Gegen die Shannahans hat noch nie ein einzelner Mann bestehen können.

✰✰✰

Als er erwacht, da weiß Jones Gall, dass er gewonnen hat.

Er begreift, dass er in einem Bett liegt. Jemand hat ihn entkleidet und seine Wunden versorgt.

Jones Gall seufzt erleichtert. Denn jetzt endlich spürt er die Freude, am Leben zu sein, atmen zu können.

Jones Gall bemerkt plötzlich, dass er nicht allein ist.

Am Fußende seines Bettes steht ein Mann. Jones erkennt ihn wieder. Es ist der wie ein ehemaliger Colonel aussehende Reisende aus der Postkutsche.

Der Mann betrachtet Jones ernst.

»Die Wunden sind nicht schlimm«, sagt er dann. »Es war wohl mehr die Erschöpfung, die Sie umgeworfen hat. Und diese alte Platzwunde am Kopf sieht mir so aus, als ob Sie mit einer Gehirnerschütterung jenen Ritt durch die Sawatch-Kette geschafft haben, den die meisten Männer im gesunden Zustand nicht vollbringen. Sie brauchen nur zwei oder drei Tage Ruhe. Kann ich noch etwas für Sie tun, Gall?«

Dieser schließt einen Moment die Augen. Er kann so besser nachdenken.

»Das Geld in der Reisetasche von Oldman Shannahan«, murmelt er schließlich. »Wo ist die Reisetasche?«

»Unter Ihrem Bett«, erwidert der Fremde. »Ich habe mir gedacht, dass Sie großen Wert darauf legen werden, nicht umsonst gekämpft zu haben. Ich habe schon alles geregelt. Ich bin Colonel T.B. Brennan.«

»Wenn Sie ein Pater wären, würde ich Sie wahrhaftig für einen Menschenfreund halten«, grinst Jones Gall verzerrt. »Aber Sie sind nicht mal Reverend. Also warum helfen Sie mir? In der Reisetasche sind fünfzigtausend Dollar. Und ich liege angeschossen in einem Bett. In dieser Siedlung gibt es kein Gesetz! Sind Sie wahrhaftig ein ehrenwerter Wohltäter? Gibt es das in diesem Land, wenn fünfzigtausend Dollar so leicht zu bekommen sind?«

Colonel T.B. Brennan lächelt seltsam. Es ist eine Mischung aus Weisheit, Bitterkeit und Nachsicht in diesem Lächeln. Er zeigt zwei gesunde Zahnreihen und wirkt dabei einige Jahre jünger. Wahrscheinlich ist er trotz seines grauen Haars nicht älter als fünfzig Jahre. Auch seine Bewegungen sind noch vital und voller Spannkraft.

»Gall«, sagt er, »man darf von Menschen nicht zu viel erwarten. Jeder ist sich mehr oder weniger selbst der Nächste und achtet darauf, dass man ihn nicht betrügt. Vielleicht wäre ich mit Ihren fünfzigtausend Dollar auf und davon – wenn ich nicht mit Ihnen ein Geschäft machen wollte, das mehr einbringt – viel mehr. Aber darüber reden wir in ein oder zwei Tagen. Ich hole Ihnen etwas zu essen, nicht wahr?«

Mit diesen Worten verlässt er das Zimmer.

Jones Gall staunt.

Was kann das für ein Geschäft sein, das mehr einbringt als fünfzigtausend Dollar?

Übrigens gehören ihm diese fünfzigtausend Dollar gar nicht! Die muss er an die Familie eines Toten schicken, dem er sein Wort gegeben hat. Er konnte nicht verhindern, dass dieser Mann getötet wurde. Aber er konnte ihm treu bleiben.

Als die Tür sich öffnet, da glaubt er, dass Colonel Brennan zurückkommt. Doch es ist nicht Brennan.

Die junge Frau aus der Postkutsche tritt ein. Sie hat sich umgekleidet. Sie setzt sich an den Bettrand.

»Hallo, Engel!«, sagt Jones Gall. »Sie habe ich doch vor einiger Zeit in einem Restaurant beim Abendessen gesehen. Wieso sind Sie mit mir im Himmel? Sind Sie ein richtiger Engel?«

»Bestimmt nicht«, lächelt sie. Dann beugt sie sich vor und holt die Reisetasche unter dem Bett hervor. Sie öffnet sie ohne Zögern und sieht hinein.

»Ist noch alles in der Tasche?«, fragt er. »Es müssen fünfzigtausend Dollar sein.«

Sie zuckt nur mit den Schultern. Aber sie greift hinein und wühlt in den Geldbündeln, betastet auch die ledernen Beutel mit den Goldstücken.

»Es kann schon stimmen«, sagt sie. »Die Shannahans jedenfalls hatten nur wenige Dollars in den Taschen. Diese fünfzigtausend Dollar bedeuten Ihnen wohl sehr viel, ja?«

»Nicht mir. Aber der Mann, dem sie gehörten, hinterlässt eine große Familie und hat, um dieser Familie eine sichere Existenz zu schaffen, eine Menge Schulden gemacht. Doch das ist eine lange Geschichte, Ma'am Grünauge. Sind Sie auch an den fünfzigtausend Dollar interessiert?«

Sie schließt die Tasche und schiebt sie unter das Bett auf den alten Platz zurück.

»In gewissem Sinne ja«, lächelt sie. »Ich wollte vor allen Dingen wissen, ob das Geld noch vorhanden ist. Denn dieser Colonel sucht überall nach Hammeln, denen er das Fell abziehen kann. Ich wunderte mich wirklich, dass er die günstige Gelegenheit noch nicht wahrgenommen hat.«

Jones Gall sieht sie an. Er spürt, dass sie nicht übertreibt und jedes Wort ernst meint.

»Ich bin Eartha Overland. Und ich lasse den Colonel nicht mehr aus den Augen, bis Sie wieder selbst auf sich achten können, Gall.«

Er grinst. Und nun wird der Hunger in seinem Magen immer böser. Vielleicht funkeln seine Augen deshalb schon wieder recht lebendig.

»Sie kennen also den Colonel ...«

»Er weiß nicht, wie gut ich ihn kenne«, unterbricht sie ihn schnell und erhebt sich vom Bettrand. »Es kann sein«, sagt sie dann nachdenklich, »dass dieser Colonel Ihnen ein Geschäft vorschlägt. Dann wird er von Ihnen verlangen, über den Sun Pass zu reiten und dort oben einiges zu riskieren.«

»Und dann?«, fragt Jones Gall nachdenklich.

»Ich kannte einen Mann«, murmelt sie, »der ritt für den Colonel zum Sun Pass hinauf und starb dort oben. Nun, wir werden sehen. Wenn Sie schlau sind, dann sagen Sie dem Colonel nichts davon, dass ich auf Ihrer Seite bin. Betrachten Sie mich als Trumpfkarte im Ärmel.«

»Herz-Dame«, grinst Jones Gall und versucht eigentlich nur seine Verwirrung zu tarnen.

Sie lächelt. »Manchmal fehlt auch eine kleine Zwei zum Flush, nicht wahr?«

Sie geht zur Tür und öffnet sie.

Jones Gall kann vom Bett aus sehen, dass der Colonel draußen steht. Er trägt ein Tablett. Und vielleicht hat ihn dieses Tablett mit den Schüsseln, der Kanne und der Tasse gehindert, das Ohr an die Tür zu legen.

»Hallo, Miss Overland!«, sagt er forsch. »Haben auch Sie nach dem Mann sehen wollen, der mit den drei gefährlichsten Banditen und Revolverhelden zurechtgekommen ist? Sind Sie am Ende deshalb nicht mit der Kutsche weitergefahren?«

Sie sieht ihn an und nickt.

»Während des Krieges war ich Krankenschwester in einem Militärlazarett. Und es hätte doch sein können, dass unser Patient Fieber bekommt. Aber nun sieht es so aus, als könnte er morgen schon wieder aufstehen. Ich sehe Sie gewiss später unten in der Gaststube, Colonel?«

Sie lässt ihn vorbei, geht dann hinaus und schließt die Tür. Der Colonel steht noch eine Weile mit dem Rücken zur Tür und lauscht auf die sich entfernenden Schritte. Dann sieht er unter das Bett.

»Die Tasche liegt jetzt anders«, sagt er.

»Sie wollte wissen, ob das Geld noch vorhanden ist«, erwidert Jones Gall. »Doch wie lange wollen Sie mich noch hungern lassen, Colonel?«

Dieser setzt das Tablett ab, kommt zu ihm ans Bett, stopft ihm ein paar Kissen in den Rücken und setzt ihm dann das Tablett auf die Oberschenkel.

»Sie ist schön«, sagt er nachdenklich, während er hinter das Fußende des Bettes tritt, die beiden Messingkugeln umklammert und zusieht, wie Jones Gall die Fleischsuppe aus der Schüssel zu löffeln beginnt.

»Sie ist eine schöne Frau – aber sie kommt aus den Saloons. Vielleicht war sie während des Krieges einmal Krankenschwester – aber danach war sie es nicht mehr. Jones, sie ist eine Abenteurerin, eine Spielerin. Sie kann jedem Mann den Kopf verdrehen. Was werden Sie mit dem Geld tun, Jones Gall?«

Dieser betrachtet ihn kauend.

»Sind die Shannahans tot?«, fragt er.

Der Colonel nickt.

»Sie sind tot«, sagt er. »Oldman Shannahan starb sofort, seine Söhne innerhalb weniger Stunden. Es gibt ja hier keinen Doc weit und breit. Ich denke, dass im Arizona- und New-Mexico-Territorium Belohnungen ausgesetzt sind für die Shannahans. Aber dann müssten wir Zeugenaussagen sammeln und sie vom hiesigen Postagenten bestätigen lassen.«

»Ich will keine Kopfprämie kassieren«, unterbricht ihn Jones Gall. Seine Wunden sind hoch an der rechten Schulter und dicht über der rechten Hüfte. Er wird seine rechte Seite eine Weile schonen müssen. Sein Kopf schmerzt zum ersten Mal seit Tagen nicht mehr.

»Könnte Ihnen diese Schöne nicht den Kopf verdrehen, Colonel?«, fragt Jones nach einer Weile und trinkt dann die Milch. Er schüttelt sich, denn er mag keine Milch. Aber die Vernunft befahl ihm, doch welche zu trinken. Denn er will möglichst schnell wieder im Vollbesitz seiner körperlichen Fähigkeiten sein.

»Mir auch«, gibt der Colonel zu. Er geht zum Fenster und setzt sich dort auf den Stuhl.

»Sie müssen nicht warten, Colonel«, murmelt Jones Gall. »Sie können mir schon jetzt sagen, was für ein Geschäft es ist und warum Sie gerade mich für den richtigen Partner halten.«

Der Colonel denkt eine Weile nach. Er nimmt eine Zigarette und zündet sie an.

»Es geht um eine Million in Gold«, sagt er schließlich. »Eine Million! Was sind dagegen schon fünfzigtausend Dollar? Nichts! Nicht mal der Sperling in der Hand im Vergleich zur Taube auf dem Dach sind fünfzigtausend Dollar, zumal sie Ihnen nicht gehören und Sie offenbar die feste Absicht haben, das Geld den Erben Ihres einstigen Bosses zu übergeben. Und damit kommen wir auch zu dem Grund, warum ich gerade Sie für den geeigneten Partner halte. Sie halten Ihr Wort! Sie halten sogar einem Toten gegenüber Ihr Wort. Das ist eine Basis, auf die man alles stellen kann – alles! Dazu kommt, dass Sie in der Lage sind, mit drei so gefährlichen Revolvermännern wie den Shannahans zurechtzukommen, und das ist fast ebenso wichtig. Ich müsste mich sonst mit einer ganzen Mannschaft verbünden. Doch dann müsste ich mit vielen Männern teilen. Habe ich Ihre Frage einleuchtend beantworten können?«

Er fragt es mit schief geneigtem Kopf. Seine graugrünen Augen sind schmal.

Jones Gall leert nun den Teller mit Apfelmus.

»Ja, das leuchtet mir alles ein«, sagt er. »Sie suchen einen Partner, der sein Wort schon allein aus Selbstachtung halten und Sie nicht eines Tages betrügen wird. Sie suchen auch einen Revolverkünstler der allerersten Garnitur, denn solch ein Mann passt in den Plan viel besser als ein ganzes Rudel hartbeiniger Burschen, die dann vielleicht noch um ihre Anteile an der Million kämpfen würden. Colonel, wo ist diese Million zu holen? Ich hoffe doch, dass Sie mir nicht zumuten, eine Bank zu berauben oder einen Geldtransport zu überfallen? Wenn Sie dafür einen Partner suchen, dann sind Sie hier falsch!«

Der Colonel lacht.

»Langsam, Jones – langsam. Erst muss ich Ihr Wort haben, dass Sie mir so treu sind wie jenem Nick Barton. Erst müssen Sie mir schwören, dass wir Partner sein werden – nur Sie und ich. Und selbst dann, wenn Sie mitmachen werden, muss ich Ihr Wort haben, dass Sie alles vergessen und zu keinem Menschen darüber reden. Sie müssen mir schwören bei allem, was Ihnen heilig ist. Nur dann werde ich Sie einweihen!«

Jones Gall ist fertig mit dem Essen. Er schweigt.

Der Colonel beobachtet ihn aus erfahrenen Augen. Er weiß, dass dieser Revolvermann Jones Gall nun auf die feinen Zeichen seiner Ahnung lauscht.

Der Colonel gibt sich Mühe, freundlich zu denken, nur gute Gefühle in sich zu haben. Denn ein Mann wie Jones Gall kann solche Ströme auffangen.

»Sie haben mein Wort, Colonel«, sagt dieser dann leise. »Doch ich warne Sie. Mit mir macht man keine krummen Sachen. Und wer glaubt, mich reinlegen zu können, dem bekommt das nicht. Sie haben mein Wort auf alle Bedingungen. Und nun los! Was ist mit der Million? Wem gehört sie? Und wo befindet sie sich?«

»Dazu muss ich etwas weiter ausholen«, murmelt der Colonel. Und als er zu sprechen beginnt, da geschieht dies aus Erinnerungen heraus, die sein Gesicht verhärten und ihn so verändern, dass man endlich erkennt, wie hart dieser Mann ist.