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Juan Rodriges und ich hatten eine Herde Wildpferde gefangen. Es waren zum Schluss genau siebenundfünfzig brauchbare Tiere. Die meisten davon waren erstklassig und würden im Schnitt zwanzig Dollar bringen. Das war für uns ein guter Verdienst.
Doch in diesem Land war man nie sicher vor Apachen und Banditen. Als wir im Laufe einiger Tage an verschiedenen Spuren merkten, dass man uns belauerte, wurden wir wachsam.
Am Tag zuvor hatte ich die ganze Nacht gewacht. Den darauf folgenden Tag hatte ich ein halbes Dutzend von unseren Biestern eingebrochen. Es war also verständlich, dass ich in der nächsten Nacht wie ein Toter schlief.
Mein Partner Juan Rodriges wachte. Und auf Amigo Juan konnte man sich verlassen. So war es immer gewesen. Doch heute war es anders. Als der Schuss krachte, fuhr ich nicht hoch, wie es wahrscheinlich mancher Mann getan hätte. Ich rollte mich zur Seite und hielt auch schon den Colt in der Hand, den ich griffbereit unter der Decke gehabt hatte. Doch ich war nicht schnell genug.
Denn ich bekam ein Ding über den Schädel gezogen, dass ich nicht einmal mehr die Engel singen hörte, sondern nur noch das Gefühl hatte, mir würde der Kopf in tausend Stücke zerspringen ...
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Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Adios, Hombre
Vorschau
Impressum
Adios, Hombre
Juan Rodriges und ich hatten eine Herde Wildpferde gefangen. Es waren zum Schluss genau siebenundfünfzig brauchbare Tiere. Die meisten davon waren erstklassig und würden im Schnitt zwanzig Dollar bringen. Das war für uns ein guter Verdienst.
Doch in diesem Land war man nie sicher vor Apachen und Banditen. Als wir im Laufe einiger Tage an verschiedenen Spuren merkten, dass man uns belauerte, wurden wir wachsam.
Am Tag zuvor hatte ich die ganze Nacht gewacht. Den darauf folgenden Tag hatte ich ein halbes Dutzend von unseren Biestern eingebrochen. Es war also verständlich, dass ich in der nächsten Nacht wie ein Toter schlief.
Mein Partner Juan Rodriges wachte. Und auf Amigo Juan konnte man sich verlassen. So war es immer gewesen. Doch heute war es anders. Als der Schuss krachte, fuhr ich nicht hoch, wie es wahrscheinlich mancher Mann getan hätte. Ich rollte mich zur Seite und hielt auch schon den Colt in der Hand, den ich griffbereit unter der Decke gehabt hatte. Doch ich war nicht schnell genug.
Denn ich bekam ein Ding über den Schädel gezogen, dass ich nicht einmal mehr die Engel singen hörte, sondern nur noch das Gefühl hatte, mir würde der Kopf in tausend Stücke zerspringen ...
Irgendwann erwachte ich. Mein Kopf schmerzte unerträglich, doch langsam begann ich zu denken und mich zu erinnern.
Ich spürte Luftmangel, und mir war fürchterlich übel. Mir war noch immer schwarz vor Augen. Ich glaubte plötzlich, blind zu sein. Diese Angst jagte mir einen Schock ein.
Aber dann wurden aus den schwarzen Nebeln vor meinen Augen feurige Kreise. Und danach erkannte ich über mir die funkelnden Arizonasterne wie in den vergangenen Nächten.
Ich nahm meine Arme hoch und tastete mit zitternden Händen vorsichtig nach meinem Kopf.
Er war tatsächlich noch da. Aber mit einer bösen Platzwunde, die zu einer großen Beule anschwoll.
»Ay, Hombre«, sagte eine Stimme, »du bekommst einen zweiten Kopf. Er ist schnell gewachsen. Und es tat weh, nicht wahr?«
Ich wischte mir über das Gesicht und sah endlich den Sprecher in der hellen Nacht. Er saß keine drei Schritte von mir entfernt ruhig auf einem Stein, rauchte einen langen, dünnen mexikanischen Glimmstängel und trug einen dieser typischen Mexikanerhüte mit spitzer Krone, dessen breite Krempe sein dreieckiges Gesicht beschattete. Obwohl er immer wieder spanische Worte gebrauchte, war er kein Mexikaner. Seine Kleidung täuschte, oder er war von angloamerikanischen Leuten aufgezogen worden.
Ich richtete mich langsam auf und hielt mir dabei den Kopf fest. Nebel wogten vor meinen Augen.
Mein Colt war weg. Auch mein Gewehr lag nicht in meiner Reichweite. Und drüben lag mein Partner Juan Rodriges leblos da. Ich begriff, dass sie ihn zusammengeschossen hatten, damit er nicht den ersten Schuss abgeben konnte.
Ich aber war einem der Banditen vor die Füße gerollt. Er hatte mit dem Gewehrkolben zugeschlagen.
Nach einer Weile lichteten sich die Schleier vor meinen Augen.
Ich sagte: »Amigo, warum habt ihr das mit uns gemacht?«
Der Mann lachte leise. »Ay, man muss leben«, sagte er. »Diese schönen Caballos bringen viel Geld für Putas und noch eine Menge mehr. Diese Welt wird immer schlechter. Nirgendwo bekommt man etwas geschenkt. Wenn ich aufgeraucht habe, werde ich dich töten. Ich bin zurückgeblieben, um dich zu töten. Dein Partner wird sterben. Der macht es nicht mehr lange.«
Nun wusste ich Bescheid.
Sie waren eine Bande, die sich nach einem Verdienst umgesehen hatte. Unsere siebenundfünfzig Wildpferde – zum Teil schon etwas zugeritten – waren ihnen eine willkommene Auffrischung ihrer Kasse. Und weil sie harte Jungs waren, hatten sie Juan zusammengeschossen und mir eins auf den Kopf gegeben.
Ich sah den Mann an, der zurückgeblieben war, um auch mich zu töten. Doch ich konnte nicht viel von ihm erkennen. Der große Hut beschattete sein Gesicht.
»Ich werde aus dem Jenseits auf dich niederspucken, wenn du mir keine Chance gibst. Wenn du ein richtiger Hombre bist, dann gibst du einem anderen Hombre eine Chance.«
Er lachte leise, und es klang etwas Ärger in seiner Stimme.
»Amigo, wie stellst du dir denn eine Chance vor?«, fragte er nach einigen Atemzügen.
»Wenn du ein Mann wärst, ein richtiger Hombre«, sagte ich, »dann brauchtest du nicht erst zu fragen. Gib mir meinen Colt und versuch es dann mal, mich umzulegen. Ich stecke den Colt in den Hosenbund. Du kannst ihn ins Holster tun. Und dann ...«
Er lachte nun laut.
»Bin ich verrückt? Vielleicht bist du ein berühmter Pistolero, dem ich nicht das Wasser reichen kann, obwohl ich noch keinen Gegner fand, der mich schlagen konnte. Aber ich bin nicht nur ein Bandit und Revolvermann, ich bin auch ein Mann, der einem anderen keine Chance gibt.«
Er schnippte mir den Rest seines Glimmstängels vor die Füße und erhob sich mit einer leichten Bewegung, die mir zeigte, wie geschmeidig er war. Ein Wolf, der lässig in der Sonne kauerte, erhebt sich auf die gleiche geschmeidige Art.
Er ging zu seinem wartenden Pferd und saß auf. Es war ein verrückt gefleckter Schecke, den ich unter hundert anderen Pintos erkennen würde. Als der Bursche im Sattel saß, überlegte er es sich noch einmal. Er holte seinen linken Colt heraus, lässig und schnell.
Dann zielte er auf mich.
Ich hatte mich inzwischen auf die Füße gestellt und stand schwankend da wie ein Betrunkener. Mit meinem Gleichgewichtsgefühl war etwas nicht in Ordnung. Manchmal verschleierte sich alles vor meinen Augen. Und mein Kopf schien immer noch platzen zu wollen.
Aber ich vergaß und verdrängte meine Not. Ich stand schwankend da und wartete auf die Kugel. Ich konnte nichts tun, gar nichts. Denn ich hätte mich nur sehr langsam und unsicher bewegen können. Für einen verzweifelten Angriff war ich zu langsam. Ich war noch wie gelähmt.
»Denk dran, Hombre!«, sagte ich. »Aus dem Jenseits werde ich auf dich niederspucken. Jeder Mann muss einem anderen eine Chance geben. Das ist einfach so und kann nicht anders sein.«
Da lachte er wieder auf seine merkwürdige Art. Es war eine wilde Belustigung und zugleich ein ärgerlicher Widerwillen in diesem Lachen.
»Okay, ich mache eine Ausnahme und gebe dir eine Chance, Hombre«, sagte er dann. »Ich lasse dich leben. Vielleicht schaffst du es, aus dem Horsemesa-Land herauszukommen. Das ist deine Chance.«
Er steckte den Revolver weg und ritt an.
»Adios, Hombre!«, rief er noch über die Schulter.
»Adios, Hombre!«, wiederholte ich heiser und musste dann schlucken.
Als der Hufschlag seines Pferdes verklungen war, hörte ich meinen Partner Juan Rodriges stöhnen.
Ich ging zu der ausgestreckten Gestalt. Als ich niederkniete, wurde mir wieder schlecht. Mein Kopf machte einfach nicht mit. Als ich ihn neigte, um auf Juan zu blicken, schien er wieder zu platzen.
»Wasser«, sagte Juan schwach, »gib mir Wasser, Amigo.«
Ich sah nun, dass ihn die Kugel in den Magen getroffen hatte.
Er würde langsam und schwer sterben. Und wenn ich ihm Wasser gab, würde es ihm noch schlimmer ergehen.
Ich sah mich um.
Die Banditen hatten uns nicht nur die Pferde gestohlen. Diese Bande hatte alles gebrauchen können, einfach alles. Von unserer Ausrüstung war nichts mehr vorhanden. Was auch nur drei Cent wert war, hatten diese Aasgeier mitgenommen.
Sogar die Stiefel hatten sie mir gestohlen. Bisher war mir das noch gar nicht aufgefallen. Meine Not war viel zu groß. Erst jetzt, da ich mich umsah, erkannte ich es.
Ich nahm mein Halstuch, ging zur Quelle, machte es möglichst nass und hielt auch einen Moment meine schmerzende Beule unter den dünnen Wasserstrahl, der aus einer Felsspalte floss.
Dann wusch ich Juans schweißbedecktes Gesicht. Er saugte an einem Zipfel, und die ganze Zeit hielt er die Hände über seinem Leib.
Ich konnte ihm nicht helfen. Wahrscheinlich hätte nicht mal ein richtiger Doc ihm helfen können.
Juan wusste, dass er sterben musste.
Plötzlich war sein Verstand wieder scharf.
Er sagte: »Compadre, hast du eine Zigarette für mich?«
Ich fand meinen Tabakbeutel in der Brusttasche meines Hemdes. Er enthielt noch ein wenig Tabak. Ich rauchte die Zigarette an und steckte sie Juan zwischen die Lippen.
Nach zwei Zügen sagte er mühsam: »So ist das im Leben. Fünfhundert Dollar fehlten mir noch für den kleinen Rancho, den ich kaufen wollte. Ich habe ihn schon angezahlt. Geh zu meiner Rosita und sag ihr, dass es mir leidtut, Amigo.«
»Ja, Hombre«, sagte ich, »das werde ich tun. Ich werde Rosita alles erklären.«
»Ich bin gern mit dir geritten, Bac Catshum«, sagte er zu mir. »Adios, Hombre! Ich glaube, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden. Adios!«
Dann starb er.
Ich drückte ihm die Augen zu und dachte: Adios, Hombre!
Juan hatte nicht verlangt, dass ich ihn rächen sollte, aber ...
Ich unterbrach meine Gedanken.
Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass ich Juan rächen und für das, was man uns angetan hatte, Schadenersatz und Genugtuung fordern konnte, denn nach menschlichem Ermessen war ich verloren.
Ich besaß nicht mal mehr Stiefel und einen Hut. Der Weg aus dem Horsemesa-Land war für mich kaum zu schaffen.
Aber ich wollte es schaffen. Ich wollte sogar auf der Fährte bleiben.
Diese Banditen hatten sich den falschen Mann ausgesucht. Ich war kein Hammel, dem man einfach das Fell abziehen konnte.
Ich legte mich neben meinen toten Partner nieder. Ich brauchte Ruhe wie eine lebensrettende Medizin. Ich konnte nicht länger in Bewegung bleiben.
Erst mussten meine schrecklichen Kopfschmerzen einigermaßen erträglich werden. Ich legte mir das nasse Tuch auf die Beule. Dann entspannte ich mich und machte es wie ein erfahrener Indianer, der sich den unvermeidlichen Dingen geduldig ergibt.
Ich schlief sogar ein, bis mich gegen Ende der Nacht die Kälte weckte. Die Felsen, die während des heißen Tages die Wärme speicherten, hatten diese längst abgegeben. Und ich besaß keine Decken, keinen wärmenden Mantel. Selbst das Feuer brannte nicht mehr. Das hatte der Mann ausgetreten, der mich eigentlich töten sollte.
Meine Kopfschmerzen waren zwar noch da, doch nicht mehr so schlimm und böse wie am Anfang.
Ich musste Juan Rodriges in seinem Unterzeug beerdigen. Denn seine Hose, das Reithemd und die Jacke brauchte ich, um mir die Füße zu umwickeln. Auch Juan hatten die Banditen die Stiefel abgenommen. Aber sie hätten mir ohnehin nicht gepasst, denn Juan Rodriges war mehr als einen Kopf kleiner als ich und hatte um drei Nummern kleinere Füße. Ich war groß und wog bei aller Hagerkeit um die hundertachtzig Pfund.
Ich deckte Juan mit Steinen zu, so gut ich konnte. Als ich fertig war, hatte er einen hohen Hügel über sich. Ich war wieder erledigt und musste mich hinlegen. Meine Nahrung bestand nur aus Wasser von der Quelle.
Am späten Nachmittag, als die Schatten schon lang wurden, machte ich mich auf den Weg.
Die Fährte war im Staub gut zu erkennen. Siebenundfünfzig Pferde, dazu die Tiere von fast einem Dutzend Reitern, hinterließen schon eine Menge Spuren.
Ich war Bac Catshum, den man daheim in Texas als jungen Burschen oft Comanche-Catshum oder Bac-Cat genannt hatte.
Ich war ein Mann, der ohne Nahrung und mit bloßen, nur mit Lappen umwickelten Füßen drei Tage und drei Nächte laufen konnte.
Der geschmeidige Hombre mit dem Mexikanerhut und dem dreieckigen Gesicht, dessen Lachen ich nicht vergessen würde, hatte mir das wahrscheinlich nicht zugetraut. Und wenn, dann glaubte er wohl, dass er mit einem fast toten Mann nicht viel Mühe haben würde.
Ich ging also los – ohne Waffen, ohne Nahrung, ohne Wasser, ohne Schuhe.
Und ich ließ mir Zeit. Ich wanderte bedächtig. Das war die einzige Art, um vielleicht doch zu einem Ziel zu gelangen.
Ich wanderte den ganzen Nachmittag und die Nacht hindurch bis zum Sonnenaufgang. Ich fand eine Quelle, trank mich satt und entfernte mich etwa eine Meile davon, bevor ich mich verkroch. Meine Fährte löschte ich gut.
✰✰✰
Ich schlief abermals bis zum späten Nachmittag und machte mich wieder auf den Weg. Unterwegs grub ich ein paar essbare Wurzeln aus und fand einige Beeren. Der Hunger wurde dadurch aber nicht besser, sondern eher noch schlimmer.
Ich gelangte kurz vor Mitternacht an den Rand des Horsemesa-Landes und musste nun über eine Ebene nach Süden. Die Ebene war fast zwanzig Meilen breit. Es gab Hügelketten, Buschzonen, ein paar Creeks und Senken. Im blassen Mond- und Sternenlicht wirkte diese Ebene harmlos, aber sie war es nicht.
Ich musste schneller gehen. Morgen bei Tagesanbruch durfte ich nicht mehr über die Ebene wandern. Jeder Apachenspäher konnte mich dann von einem Hügel mit einem einzigen Blick ausmachen.
Es war eine harte Sache.
Nach etwa zehn Meilen brach ich zusammen und glaubte, es nicht mehr schaffen zu können. Und dann ging ich doch weiter.
Fast jede Meile musste ich mich setzen und die Lappen an meinen Füßen anders festbinden. Ich hatte diese Lappen durchgelaufen und abermals durchgelaufen. Sie bestanden eigentlich nur noch aus Löchern.
Unterwegs hatte ich einen starken Knüppel gefunden.
Er war meine einzige Waffe.
Als ich kurz nach der Morgendämmerung den Rand der Ebene erreichte und mich neben einer Wasserstelle niederknien wollte, bei der die Banditen auch die gestohlenen Pferde getränkt hatten, erkannte ich noch rechtzeitig aus den Augenwinkeln den undeutlichen Schatten einer Bewegung.
Die Wasserstelle wurde von einigen Felsen und Bäumen eingesäumt. Von einem der Felsen kam der Apache.
Weil ich mich unter ihm wegduckte, verfehlte er mich. Seine Hand griff ins Leere, statt in mein dichtes, ziemlich langes Haar. Sein Messer streifte mich nur.
Er kugelte über den Boden und minderte seinen Fehlsprung durch eine Rolle.
Als er hochkam, traf ich ihn mit dem Knüppel.
Ich zerschlug ihm das linke Schlüsselbein und stieß ihm dann das Ende des Knüppels ins Gesicht.
Dann gab ich es ihm nochmals beidhändig von oben, sodass der Knüppel brach. Als ich mir danach den jungen Krieger besah, erkannte ich, dass er nie wieder einen Weißen überfallen würde.
Wenig später wusste ich, dass er allein gewesen war. Er war einer dieser streifenden Krieger, die ein langsam ziehendes Kriegsrudel nach allen Richtungen aussendet, um nach Beute zu spähen. Sein Rudel würde ihn vielleicht erst nach vielen Stunden vermissen oder gar erst nach Tagen.
Ich fand sein Pferd und wusste sofort, dass es ein Rinderpferd war, das einst einem Rindermann gehört hatte. Es trug den Herz-Brand, einen Cowboysattel, und es begrüßte mich zufrieden. Denn meine Witterung war ihm vertrauter.
Der Apache hatte das Gewehr noch im Sattelschuh. Er selbst trug den Waffengurt und Colt des ursprünglichen Pferdebesitzers.
Es war klar, dass die Apachen vor Tagen irgendwo eine Ranch, eine Treibherde oder einen einsamen Reiter überfallen hatten. Mir kam dies jetzt zugute. Ich fand auch etwas Trockenfleisch und ein paar kalte Tortillas in den Satteltaschen.
Als ich weiter nach Süden ritt, ging es mir schon besser.
Die Waffen, die ich nun besaß, waren gut.
Es handelte sich um einen Reb-Army-Revolver und einen »Colt Revolving Carbine«, mit dem man bis auf zweihundert Yards noch recht genau schießen konnte. Dieses Revolvergewehr war sechsschüssig wie ein Colt.
Der Südstaaten-Revolver lag mir gut in der Hand. Er musste einem Mann gehört haben, der gewiss besser schießen konnte als der Durchschnitt. Er war fast so gut wie meine eigene Waffe, die ich mir am Ende der Fährte wiederholen wollte.
✰✰✰
Es wurde eine lange Fährte.
Ich musste noch zwei Tage lang im Sattel bleiben.
Dann kam ich nach Santa Rosa.
Es lag dicht an der Grenze und war ein kleines Nest, dessen alte Mission einst von den Spaniern errichtet worden war.
Die Mission von Santa Rosa war ein Zeichen dafür, dass die Missionare es verstanden hatten, Hunderte von Indianern zu taufen und jahrelang an der Mission bauen zu lassen.
Jetzt war die große Mission ziemlich verfallen und wahrscheinlich unbewohnt. Eine Glocke war nicht mehr vorhanden. Der Turm war nur noch ein erhöhter Aussichtspunkt, von dem aus man weit über das Tal bis zu den wilden Hügeln in der Runde und hinüber nach Mexiko spähen konnte.
Die Stadt war klein. Sie bestand aus einigen Dutzend Mexikanerhütten und einem Dutzend anderer Gebäude, wie die Angloamerikaner sie errichten. Beide Ortsteile waren durch einen Creek getrennt, über den eine Brücke führte.
Später erfuhr ich, dass der Creek die Grenze war und der mexikanische Teil von Santa Rosa auf mexikanischem Boden lag.
Ich betrachtete alles von einem Hügel aus.
Ich entdeckte auch die Pferde in dem großen Corral vor dem amerikanischen Ortsteil. Es fand dort offenbar eine Auktion statt. Ich begriff, dass man meine und Juans Pferde verkaufte.
Natürlich war mein erster Impuls, hinunterzureiten und eine Menge Wirbel zu machen. Denn wenn dort im Ort rechtschaffene Leute lebten, würden sie mir gewiss gegen die Pferdediebe Beistand leisten und mir zu meinem Recht verhelfen.
Doch dann holte mich mein Verstand schnell wieder ein.
Deshalb ritt ich nicht sofort hinunter.
Denn solche Nester wie dieses da, die direkt an der Grenze lagen, konnten manchmal böser sein als ein Korb voller Klapperschlangen.
Ich blieb also den Rest des Tages auf dem Hügel, von dem aus ich alles gut beobachten konnte.
Ich merkte mir die Burschen gut, die sich dort unten wie Pferdeverkäufer gebärdeten. Da mir die Bande gleich am Anfang fast den Schädel eingeschlagen hatte, kannte ich keinen dieser hartgesottenen Hombres. Nur den einen, der bei mir geblieben war, würde ich an seinem Lachen, an seinem Hut und an dem dreieckigen Gesicht erkennen.
Ich sah ihn auch jetzt. Ich erkannte ihn sofort. Seinen Hut, seine Bewegungen, die Gestalt – und auch das Pferd, das er außen am Corral festgebunden hatte.
Der Pferdehandel ging mit dem Tag seinem Ende zu. Ich sah unsere Pferde, die wir in wochenlanger Arbeit gefangen und zugeritten hatten, mit ihren neuen Besitzern verschwinden. Ein besonders starkes Rudel, mehr als ein Dutzend Tiere, wurde über die Brücke zur mexikanischen Seite getrieben. Andere Rudel trieb man in die Hügel.
Mehr als tausend Dollar hatten Juan und ich uns vom Verkauf der Pferde versprochen.
Nun war Juan tot.
Ich würde es noch seiner Rosita in Santa Cruz mitteilen müssen. Vielleicht würde ich auch für seinen Bruder Paco eine Nachricht hinterlassen können. Paco war ein Bandit, der in Mexiko lebte. Er war einer von der Sorte, die davon träumt, einmal General einer Revolutionsarmee zu sein.
Als die Nacht hereinbrach, ritt ich hinunter. Mein Ziel war der Creek, etwa eine Meile östlich der Stadt. Es musste dort eine Übergangsmöglichkeit geben. Das erkannte ich aus der Ferne.
Ich kam auch einigermaßen gut auf die mexikanische Seite und wandte mich ein Stück nach Mexiko hinein. Ich hatte mir den Verlauf des staubigen Wagenweges eingeprägt und stieß bald auf ihn.
Ich wandte mich auf dem Weg nach Norden und kam nach etwa einer Meile von Mexiko her zur Stadt.