1,99 €
Es gab in der griechischen Mythologie jenen Höllenhund, den man Zerberus nannte. Er hatte drei Köpfe, einen Schlangenschweif und bewachte den Eingang zur Unterwelt.
Jeden Eintretenden wedelte er freundlich an, ließ ihn herein, jedoch nicht wieder hinaus. Und erst der mächtige Herkules vermochte ihn wegzuführen.
Dies ist die Geschichte von Jake Turnbull, den man Höllenhund nannte.
Er hatte zwar keine drei Köpfe, dafür aber drei ihm hörige Revolverschwinger, die ihm ohne Gewissensbisse dienten, weil sie sich in der Macht sonnten, die ihr Herr und Meister auf die Menschen ausübte - auch wenn es eine brutale und Menschen verachtende Macht war.
Und so musste erst ein Mann wie Pernel Scott kommen - so wie damals Herkules in der Göttersage -, um den Höllenhund zu bezwingen.
Doch was Herkules schaffte, dies ist im wirklichen Leben unter uns Menschen vielleicht gar nicht möglich.
Und so sollte die Geschichte von Jake Turnbull, dem Höllenhund, und seinem Bezwinger Pernel Scott eigentlich eine spannende Geschichte werden ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Der Höllenhund
Vorschau
Impressum
Der Höllenhund
Es gab in der griechischen Mythologie jenen Höllenhund, den man Zerberus nannte. Er hatte drei Köpfe, einen Schlangenschweif und bewachte den Eingang zur Unterwelt.
Jeden Eintretenden wedelte er freundlich an, ließ ihn herein, jedoch nicht wieder hinaus. Und erst der mächtige Herkules vermochte ihn wegzuführen.
Dies ist die Geschichte von Jake Turnbull, den man Höllenhund nannte.
Er hatte zwar keine drei Köpfe, dafür aber drei ihm hörige Revolverschwinger, die ihm ohne Gewissensbisse dienten, weil sie sich in der Macht sonnten, die ihr Herr und Meister auf die Menschen ausübte – auch wenn es eine brutale und Menschen verachtende Macht war.
Und so musste erst ein Mann wie Pernel Scott kommen – so wie damals Herkules in der Göttersage –, um den Höllenhund zu bezwingen.
Doch was Herkules schaffte, dies ist im wirklichen Leben unter uns Menschen vielleicht gar nicht möglich.
Und so sollte die Geschichte von Jake Turnbull, dem Höllenhund, und seinem Bezwinger Pernel Scott eigentlich eine spannende Geschichte werden ...
Pernel Scott legt seine letzten zehn Dollar auf den Ladentisch und sieht zu, wie der Storebesitzer den Rest der Schuldsumme im Schuldbuch für gelieferte Waren streicht.
Sie sehen sich dann an wie zwei Männer, die sich mögen.
»Bei mir hast du immer Kredit«, sagt Pat Logan und legt ihm dann fünfzig Cents auf den Ladentisch, denn diese fünfzig Cents sind das Restgeld.
Und sie sind nun alles, was Pernel Scott an »Geldvermögen« noch besitzt.
Er nimmt sie und nickt Pat Logan zu. »Danke, Pat. Vielleicht komme ich noch mal darauf zurück.«
Als er hinausgeht, da ist sein Schritt so leicht, als würde er nur knapp über hundertzwanzig Pfund wiegen. Doch er wiegt mehr als hundertsechzig trotz seiner sehnigen Hagerkeit.
Seine Sporen klingeln leise.
Draußen steht sein Pferd. Es ist ein ziemlich hässlicher Pinto, schwarzweiß gefleckt und sehr böse wirkend, so als würde er im nächsten Moment auskeilen.
Pernel löst die Zügelenden mit einem Ruck von der Haltestange und sagt knapp: »Komm mit!«
Er geht nun schräg über die staubige Main Street zum Saloon hinüber, und der Pinto folgt ihm wie ein Hund, wird dann vor dem Saloon angebunden und sieht zu, wie sein Herr auf der Saloonveranda Platz nimmt, nachdem er zuvor durch die offene Tür hineingerufen hat: »Bring mir ein Bier heraus, Mike!«
Pernel kippt den Stuhl zurück, sodass die Lehne an der Hauswand einen Halt findet, und legt seine Füße auf das Verandageländer, wartet so geduldig auf das Bier.
Mike, der Wirt, bringt es ihm und fragt: »Na, wie geht's?«
»Prächtig«, erwidert Pernel. »Du siehst doch, dass ich mir ein warmes Bier leisten kann, Mike.«
»Mein Bier ist nicht warm«, grollt Mike und geht beleidigt in den Saloon zurück. Aber das ist Pernel mehr als recht, denn er muss nachdenken. Ja, er hat eine Menge nachzudenken über die Frage, wie es weitergehen soll mit ihm.
Als er das Bierglas halb geleert hat, stellt er es neben sich auf die Außenfensterbank und dreht sich eine Zigarette.
Es ist ein stiller Vormittag. Die kleine Rinderstadt wirkt verschlafen. Fliegen summen um einen Haufen Pferdeäpfel, die mitten auf der Fahrbahn im Staub liegen.
Als Pernel sich die Zigarette anzündet, sieht er den Reiter kommen, und als er ihn erkennt, da wird er neugierig und wachsam.
Denn da kommt Big Morgan McKenzie geritten, ein Mann, den man als Cattle King bezeichnet und bei dessen Anblick man unwillkürlich an einen alten und zerzausten Adler denken muss, dem das Jagen immer schwerer fällt.
Morg McKenzie lenkt wenig später seinen grauen Wallach neben Pernels Pinto an die Haltestange, sitzt ziemlich mühsam ab und betritt steifbeinig die Veranda. Als er sich neben Pernel auf einen Stuhl setzt, da kommt auch schon Mike heraus und fragt: »Was soll's denn sein, Sir?«
»Bier und eine Zigarre, Mike.«
»Yes, Sir!«
Mike verschwindet. Die beiden Männer auf der Veranda aber schweigen noch.
Erst als Mike das Bier und die Zigarre gebracht hat, beginnt nach einer Weile das Gespräch zwischen Pernel und dem alten Adler. »Du hattest es als mein Vormann besser als jetzt, Pernel. Oder nicht?«
»Ich musste Ihre Befehle ausführen, Mister McKenzie. Und manche dieser Befehle passten mir nicht. Sie sind ein harter Mann, Mister McKenzie. Ich wollte nicht länger mehr der böse Hund sein, den Sie ...«
»Schon gut, lassen wir das«, unterbricht ihn der Cattle King. »Du hast dich lieber selbstständig gemacht auf einer Einmann-Ranch am Rand meiner Weidegrenzen. Nun gut, nun gut, ich kann das verstehen. Denn so wie du, so habe auch ich mal angefangen. Das war damals nach Alamo, als Texas eine Republik wurde und ich noch jünger war als du. Ja, ich kann dich verstehen. Doch ich bin jetzt zu dir gekommen, um dich um Hilfe zu bitten. Hier sind tausend Dollar für zukünftige Spesen. Und ich werde zwei gute Männer auf deiner Ranch arbeiten lassen während deiner Abwesenheit. Die werden sich um deine paar Rinder und Pferde kümmern und alle angefangenen Arbeiten vollenden – zum Beispiel die Scheune und den Stall fertig bauen, auch das Dutzend Mustangs zureiten. Du kannst also unbesorgt fort.«
»Und wohin für tausend Dollar?«
In Pernels Stimme ist eine Menge Misstrauen.
McKenzie zieht erst einige Male kräftig an der Zigarre.
Dann spricht er heiser: »Du hast sicher gehört, dass meine Tochter heimgekommen ist. Sie wuchs bei ihrer Mutter auf, die mich damals verließ, weil sie sich zu sehr vor den Comanchen fürchtete. Und sie nahm auch unser Kind mit. Ja, ich habe gut für sie gesorgt. Sie hatten ein gutes Leben in New Orleans. Jessica besuchte ein nobles Internat. Als ihre Mutter vor einem halben Jahr starb, kam sie her, um ihren Vater kennenzulernen, den sie verlassen musste, als sie noch ein kleines Mädchen war. Pernel, sie wurde eine wunderschöne junge Frau.«
»Ich weiß, Sir«, murmelt Pernel Scott. »Denn ich sah sie zwei- oder dreimal aus einiger Entfernung. Und sie ritt wie der Teufel. Warum sprechen wir jetzt über sie?«
»Weil sie mir weggelaufen ist.«
»Hoiii, das kann ich verstehen!« Pernel Scott grinst. »Wenn sie in New Orleans in einem Internat erzogen wurde, nachdem Ihnen Ihre Frau mit ihr weggelaufen war, dann hat sie sich auf einer Rinderranch gewiss nicht wie eine Prinzessin gefühlt. Soll ich sie suchen und zu Ihnen zurückbringen, Sir – auch gegen ihren Willen?«
»Nein, sie ist mit einem Kerl weg, einem verdammten Spieler und Abenteurer. Sie muss in San Antonio – wohin ich sie mitgenommen hatte, als ich einen Zuchthengst ersteigern sollte – den Verstand verloren haben. Der Bursche heißt Clay Roberts und sieht aus wie ein Apoll. Und du weißt doch hoffentlich, wer Apollo war, he?«
»Ein Gott.« Pernel grinst wieder. »Der Sohn von Zeus und Leto, die ihm Zwillinge schenkte, Apollo und Artemis. Na gut, Ihre Tochter ist also mit diesem Kerl abgehauen. Jeder Mensch geht eines Tages seinen Weg. Soll ich diesen Apollo umbringen für tausend Dollar Revolverlohn oder was sonst?«
Der alte Cattle King pafft nach der ziemlich bösen Frage einige Rauchwolken in die Luft.
Dann aber erwidert er: »Pernel, ich will nur, dass sie nicht ohne Hilfe ist, wenn dieser Kerl sie enttäuscht. Ich will, dass du unbemerkt von ihr in ihrer Nähe bist, wohin sie mit diesem Kerl auch geht. Du sollst so eine Art beschützender Engel sein, der über ihr schwebt. Verstehst du mich? Sie soll ihre Lebenserfahrungen machen können. Ich traue dem Burschen nicht, der ihr den Kopf verdrehte. Er ist nicht nur ein verdammter Kartenhai, sondern auch ein Revolvermann. Sie soll nicht ohne Schutz sein. Hilf mir, Pernel. Nimm die tausend Dollar und folge ihnen mit der nächsten Postkutsche zum Mississippi. Denn dorthin lösten sie die Fahrkarten. Es wird leicht sein, ihrer Fährte zu folgen, denn beide sind ein wunderschönes Paar, an das sich jeder erinnert, der es sah. Hilf mir, Pernel. Ich bin ein alter Mann geworden. Und noch niemals habe ich einen anderen Mann um Hilfe gebeten. Doch jetzt ...«
Morgan McKenzie verstummt heiser.
Pernel Scott aber erwidert: »Ich könnte mit den tausend Dollar meiner eigenen Wege gehen, und Sie würden nie wieder etwas von mir hören. Wieso vertrauen Sie mir?«
»Weil du ein stolzer Bursche bist, der seine Ehre vor sich selbst nicht verlieren will. Und weil das so ist, würde ich deinem Wort vertrauen. Gib es mir. Und während deiner Abwesenheit wird deine kleine Ranch ständig wachsen und gedeihen, weil zwei gute Männer an deiner Stelle dafür sorgen. Schlag ein, Pernel Scott! Lass mich nicht betteln, denn du warst mein Vormann. Ich weiß, dass ich keinen besseren Mann finden kann.«
Als er verstummt, da hat er alles gesagt. Und es ist ihm höllisch schwergefallen, einen Mann, der ihn als Vormann verließ, um Hilfe zu bitten.
Pernel Scott denkt eine Minute lang nach.
Morgen McKenzie ist nun kein stolzer Adler mehr, sondern nur noch ein besorgter Vater.
Pernel Scott entscheidet sich nach dieser Minute endgültig – und vielleicht liegt es nicht so sehr an den tausend Dollar und den beiden Reitern, die seine kleine Ranch in Gang halten werden. Nein, er verspürt den Wunsch nach einem Abenteuer.
Und überdies hat er auch wieder das Bild der schönen Jessica McKenzie vor Augen.
Und so sagt er, indes er den Umschlag mit dem Geld an sich nimmt: »Mister McKenzie, Sie haben mein Wort. Ich nehme von hier aus die Mittagspostkutsche nach Osten. Wie lange ist das Paar schon weg? Wie groß ist der Vorsprung?«
»Zwei Wochen. Und ich danke dir, mein Junge.«
»Ich bin nicht Ihr Junge, Mister McKenzie. Und sorgen Sie dafür, dass mein Pinto gut versorgt wird.«
Nach diesen Worten erhebt sich Pernel Scott, verlässt die Veranda und tritt zu seinem Pferd, klopft ihm Hals und Brust und spricht ruhig: »Ich komme wieder, Comanche. Ich komme wieder.«
Dann geht er davon, um sich in der Postagentur die Fahrkarte zu holen.
Old Man Morgan McKenzie aber blickt ihm bewegungslos nach und murmelt nach einer Weile: »Vielleicht bist du doch mein Junge – eines Tages.«
✰✰✰
Es wird eine lange Fährte. Aber sie ist klar und leicht zu verfolgen. Denn man erinnert sich da und dort an das schöne Paar, mag es bei den Pferdewechsel-Stationen der Postlinie, in den Städten am Wege und in den Spielhallen sein.
Der Spieler mit der schönen Frau hinterließ überall seine Zeichen.
Zumeist gewann er beim Poker. Und in Dallas erschoss er einen Mitspieler, der ihn des Faschspiels bezichtigte und zuerst seinen Revolver zog.
Da das Paar die Reise da und dort immer wieder für ein oder zwei Tage und Nächte unterbrach, holt Pernel Scott ständig auf.
Er kleidete sich in Dallas auch neu ein und wirkt nicht mehr wie ein Rindermann in abgenutzter Weidetracht. Eigentlich sieht er sehr seriös aus, und man könnte ihn fast für einen Mann halten, der seinen Weg längst schon gemacht hat und geschäftlich unterwegs ist.
Den Revolver trägt er nun im Schulterholster unter der stets offenen Jacke. Seine wenigen Siebensachen hat er in einer großen Reisetasche bei sich.
Am Mississippi hat er das Paar endlich eingeholt. Er schafft es, kurz hinter ihnen an Bord der »Delta Queen« zu gelangen.
Er sieht Jessica und den Mann nun aus nächster Nähe.
Oh ja, er sieht einen prächtigen Burschen und eine wunderschöne Frau.
Und ihr gemeinsamer Weg nach Norden hinauf an Bord der »Delta Queen« wird gewiss voller Überraschungen sein. Da ist er sicher.
Doch er wird sich sehr zurückhalten.
✰✰✰
In diesen Tagen, indes die »Delta Queen« den Mississippi stromaufwärts dampft, Pernel Scott das Paar aus einigem Abstand beobachtet und dabei zu der Überzeugung gelangt, dass Jessica McKenzie und Clay Roberts sich wirklich lieben und recht glücklich sind miteinander, da geschieht viertausend Meilen weiter im Norden etwas, das irgendwann einmal nach vielen Monaten das Schicksal von Jessica McKenzie und Clay Roberts beeinflussen wird – so unvorstellbar dies auch erscheinen mag.
In den Bitter Roots erreicht ein gewisser Jake Turnbull mit seinen drei Revolvermännern eine kleine Stadt am Eingang eines langen Tales, das Bitter Roots Gulch genannt wird. Und die kleine Stadt trägt den Namen Bitter Roots Lodge.
Wie ein Korken im Flaschenhals befindet sie sich im Talzugang, und wer in die Gulch hinein oder aus ihr heraus will, der muss durch diese Stadt Bitter Roots Lodge.
Jake Turnbull und seine Männer halten erst eine Weile auf dem Pass und sehen sich die ganze Sache an. Sie haben von ihrem Standort einen weiten Blick durch den gewaltigen Canyon, der sich nur wenig windet, sodass sie über dreißig Meilen hinweg bis zu seinem Ende sehen können.
Dort im Nordwesten endet die Furche vor einer Felswand, die fast wie die Mauer einer gewaltigen Talsperre wirkt.
Jack Turnbull ist ein großer, schwerer und sehr beachtlich wirkender Mann, von dem ständig eine starke Kraft und eiskalte Härte ausgehen, und wer in seine leuchtend blauen Augen blickt, der kann ihrem Blick nicht lange standhalten, er spürt die suggestive Wirkung, die von ihm ausgeht und weiß, dass er sich von dem rotblonden Bart des Mannes nicht täuschen lassen darf.
Seine drei Begleiter hören ihn nun sagen: »Das ist es, Jungs, das ist es. Dies ist die große Falle. Jetzt weiß ich, warum Oven Hardin uns kommen ließ. Ja, schon jetzt ist mir alles klar. Also reiten wir zu meinem alten Freund. Gewiss ist er ein wichtiger Bursche dort unten in dieser Stadt.«
Er reitet wieder an, und der Wagenweg windet sich den Hang hinunter in die Tiefe.
Sie folgen ihm. Fast wirken sie wie seine Söhne, doch sie sind es nicht. Er hat sie in den vergangenen Jahren da und dort aufgelesen und geformt.
Und nun genießen sie die Macht, die sie unter seiner Führung immer wieder erleben können.
Jeder für sich allein wäre nur ein Revolverschwinger geblieben. Doch jetzt sind sie eine Macht.
Ihre Namen sind Fess Halloway, Virg Duane und Hogjaw Palladine.
Und nun folgen sie ihrem Herrn und Meister zu einem neuen Coup. Denn sie wissen, die kleine Stadt dort unten wird bald ihnen gehören.
Das war immer so, wohin sie auch kamen.
Es ist fast eine Stunde später, als sie die ersten Häuser erreichen und auf einem Schild lesen: Bitter Roots Lodge.
Sie nähern sich nun der Mitte der Stadt und lesen überall an den Hauswänden die Schilder. Es gibt eine Bank, ein Theater, einen Dentisten, ein Hotel, einige Saloons, einen großen General Store und natürlich auch noch andere Geschäfte.
Dann halten sie vor dem Lodge House, dem größten Tingeltangel der Stadt, zu dem auch das Bordell gehört.
Und überall herrscht reges Treiben, ist Leben und Bewegung.
Diese kleine Stadt boomt.
Denn in der Bitter Roots Gulch wird Gold gefunden. Und so sind hier alle Sorten der Menschheit versammelt, die Guten und die Bösen, die Reinen und die Sündigen.
Sie sitzen ab und gehen hinein.
Es ist später Nachmittag geworden. Deshalb ist schon mächtig viel Betrieb im Lodge House. An der langen Bar – sie ist gewiss länger als zwanzig Yards – stehen die durstigen Kehlen nebeneinander. Als die vier Ankömmlinge sich in die Reihe drängen, da murren einige Stimmen böse.
Duane schlägt mit der flachen Hand auf die Schanktischplatte und verlangt: »Stell eine Flasche hierher, Keeper, schnell!«
Einer der vier Barkeeper winkt unwillig ab und erwidert: »Immer der Reihe nach. Ich bediene hier noch, Mann.«
Aber das hätte er nicht sagen sollen.
Denn Virg Duane hat plötzlich wie durch Zauberei seinen Revolver in der Hand und klopft mit dem langen Lauf auf die Schanktischkante.
Und nun zeigt der Keeper, wie erfahren er ist im Umgang mit Revolverschwingern. Denn er kommt die drei Schritte herbei, bringt eine Flasche mit und stellt auch vier Gläser auf.
»Du lernst schnell.« Virg Duane grinst.
»Ich bekomme fünf Dollar«, erwidert der Barmann nur.
»Du bekommst nichts, denn wir sind Gäste des Hauses!« Virgil Duane lacht heiser. »Oder gehört dieser Laden nicht einem gewissen Oven Hardin?«
»Doch«, erwidert der Barmann und wendet sich ab, um wieder die anderen Gäste zu bedienen.
Die vier Ankömmlinge aber haben nun reichlich Platz. Denn alle anderen durstigen Kehlen weichen nach den Seiten zurück.
»Jungs«, spricht Jake Turnbull dann ruhig, »treibt es nicht zu toll. Noch gehört uns diese Stadt nicht. Ich muss erst zu Oven Hardin. Dann erst werden wir wissen, wo es hier langgeht.«
Er stellt das leere Glas ruhig auf die Tischplatte und geht bis zum Ende der Bar. Dort gibt es eine Tür, wo auf einem Schild zu lesen ist: Privat.
Er öffnet die Tür und tritt ein.
An einem Schreibtisch sitzt ein schwergewichtiger Mann.
»Hey, Oven«, spricht Turnbull ruhig. »Ich bin gekommen!«
»Fast schon zu spät«, erwidert Oven Hardin. »Aber offenbar hat meine Nachricht dich irgendwo erreicht. Ich habe fast ein Dutzend Briefe verschickt.«
»Wir kommen von Bozeman, Oven. Gegen wen brauchst du Hilfe?«
Indes er spricht, tritt er an den Schreibtisch, nimmt sich eine Zigarre aus dem Kistchen und beißt deren Spitze ab. Er spuckt das abgebissene Stück achtlos auf den Teppich, setzt sich in den Sessel und bohrt seine Sporen in den Teppich, als er seine langen Beine ausstreckt.
Oven Hardin beobachtet ihn aus schmalen Augen und denkt dabei: Er ist noch härter, rauer und rücksichtsloser geworden. Und er kostet nun aus, dass ich ihn brauche. Ob es klug war, ihn herzuholen?
Nachdem er dies gedacht hat, spricht er ruhig: »Ich verliere die Kontrolle über die Stadt. Und der ganze Canyon ist voller Gold. Sie schaffen es fort, und ich komme nicht dran. Denn es gibt hier neuerdings Vigilanten, die ihr eigenes Süppchen kochen. Bald werde ich um alles kämpfen müssen, was ich mir hier erobert habe. He, ich brauche einen Höllenhund.«
Als Oven Hardin verstummt, schweigt Jake Turnbull eine Weile und pafft einige Rauchwolken in die Luft, die seinen Kopf einhüllen.
Dann aber fragt er ruhig: »Und wer genau ist dein Problem, Oven?«