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Ich war müde und ausgebrannt, denn ich saß schon an die zwanzig Stunden im Sattel. Auch mein Pferd war am Ende. Ich nahm den letzten Schluck aus der Wasserflasche, starrte auf das Dorf hinunter und erinnerte mich daran, wie ich es mir am Vortag bei Rosita Gonzales hatte bequem machen wollen.
Ich hatte mir schon die Stiefel ausgezogen und war dabei gewesen, zu Rosita ins Bett zu steigen, als es an der Haustür klopfte. Dazu rief eine heisere Stimme: »He, Johnny Mahoun! Ich sehe dein Pferd im Corral! Du musst also drinnen im Haus sein! Steck deinen Kopf zum Fenster raus, denn ich habe dir etwas zu sagen! He, Johnny Mahoun, es eilt!«
Nun, Johnny Mahoun, das ist mein Name. Und auch mein Pinto stand im Corral von Rosita Gonzales' kleinem Anwesen am Rand der Stadt. Es hätte wenig Sinn gehabt, mich nicht zu zeigen. Und so steckte ich den Kopf aus dem Fenster und blickte aus dem oberen Stockwerk des kleinen Adobe-Hauses auf den Reiter nieder, der schadenfroh zu mir empor grinste.
Verdammt, mir schwante nichts Gutes. Verdruss kam auf mich zu. Und mein Schäferstündchen mit Rosita konnte ich ganz gewiss vergessen ...
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Er kam aus Sonora
Vorschau
Impressum
Er kam aus Sonora
Ich war müde und ausgebrannt, denn ich saß schon an die zwanzig Stunden im Sattel. Auch mein Pferd war am Ende. Ich nahm den letzten Schluck aus der Wasserflasche, starrte auf das Dorf hinunter und erinnerte mich daran, wie ich es mir am Vortag bei Rosita Gonzales hatte bequem machen wollen.
Ich hatte mir schon die Stiefel ausgezogen und war dabei gewesen, zu Rosita ins Bett zu steigen, als es an der Haustür klopfte. Dazu rief eine heisere Stimme: »He, Johnny Mahoun! Ich sehe dein Pferd im Corral! Du musst also drinnen im Haus sein! Steck deinen Kopf zum Fenster raus, denn ich habe dir etwas zu sagen! He, Johnny Mahoun, es eilt!«
Nun, Johnny Mahoun, das ist mein Name. Und auch mein Pinto stand im Corral von Rosita Gonzales' kleinem Anwesen am Rand der Stadt. Es hätte wenig Sinn gehabt, mich nicht zu zeigen. Und so steckte ich den Kopf aus dem Fenster und blickte aus dem oberen Stockwerk des kleinen Adobe-Hauses auf den Reiter nieder, der schadenfroh zu mir empor grinste.
Verdammt, mir schwante nichts Gutes. Verdruss kam auf mich zu. Und mein Schäferstündchen mit Rosita konnte ich ganz gewiss vergessen ...
Ich kannte den Burschen. Er hieß Pepe Sanchez, und ich hatte schon mit ihm drüben in Sonora Rinder gestohlen und dem Indianer-Agenten für seine Reservations-Apachen verkauft.
Er sagte: »Ich suche dich schon mehr als zwei Tage. Deshalb eilt es sehr.«
»Was willst du, Pepe?« So fragte ich grollend, denn hinter mir flüsterte Rosita im Bett lockende Worte, damit ich mich beeilte mit meinem Gespräch mit Pepe Sanchez.
Er hob achtungsheischend seinen Zeigefinger.
»Pass auf«, sagte er dabei. »In San Angelo sitzt einer deiner Amigos in der Klemme. Er kam aus Sonora herüber und war schon ziemlich böse angeschossen. Ihm folgte eine ganze Meute, die von ihm offenbar etwas haben will, was er nicht hergeben möchte. Wahrscheinlich werden sie warten, bis er an seinen Wunden verreckt ist. Denn so lange er lebt, kommen sie nicht durch die Tür. Schon als er angeritten kam, rief er mir zu, dich zu suchen. Er würde versuchen, lange genug durchzuhalten. Aber wir sollten uns beeilen, ich, dich zu finden, und du, schnell genug zu kommen. Jetzt weißt du alles, Johnny Mahoun. Und nun kannst du dich zwischen Alvaro Ruiz und der schönen Rosita entscheiden. Aber wenn du jetzt reitest, dann werde ich an deiner Stelle bei ihr bleiben, hahaha! Und das habe ich wohl verdient – oder?«
Wieder lachte er. Dann zog er sein Pferd herum und ritt zum Corral hinüber, in dem mein Pinto stand. Er war ziemlich sicher, dass ich in den nächsten Minuten reiten würde.
Ich wandte mich ins Zimmer zurück.
Sie lag verlockend da in all ihrer Schönheit.
Als ich wieder in meine Hosen stieg, da sagte sie beleidigt: »Johnny Mahoun, was gibt es auf dieser Welt Wichtigeres als mich? Vielleicht dieser Alvaro Ruiz, der ein Bandit und Pferdedieb ist? Was geht es dich an, dass er in der Klemme steckt? Wenn du mich jetzt seinetwegen verlässt, dann brauchst du dich hier nie wieder sehen zu lassen! Basta!«
Ihre schwarzen Augen glitzerten. Und als ich in meine Stiefel fuhr, da sprang sie aus dem Bett und fauchte wie eine Katze. Und dann begann sie nach allem zu greifen, was sich zum Werfen eignete.
Ich entging ihren Pantoffeln, einigen Vasen und dem Weinkrug, der noch gefüllt war. Ich ergriff meinen Hut und meinen Waffengurt. Dabei musste ich mich immer wieder ducken oder blitzschnell ausweichen. Aber meine Reflexe waren erstklassig.
Ich sprang dann – weil es einfacher war – gleich aus dem Fenster nach unten und landete federnd.
Drüben beim Corral hatte Pepe Sanchez schon mein Pferd gesattelt. Als ich losritt, grinste er zu mir empor.
»Ich werde dich bei Rosita gut vertreten«, versprach er mir.
Ja, so war das also gewesen vor etwa zwanzig Stunden.
Und nun blickte ich auf das Dorf San Angelo nieder, wo Alvaro Ruiz in der Klemme saß. Mir war klar, dass ich dort unten für die Hombres ein verdammter Gringo war. Denn ich sah genauso aus, nämlich blond, sehr blond sogar, und helläugig. Mir sah jeder den Gringo an.
Dabei war ich in diesem Land hier geboren und aufgewachsen. Ich sprach Spanisch ebenso wie Englisch. Und drei Jahre hatte ich als Knabe bei den Apachen gelebt. Aber dennoch sah ich wie ein Gringo aus.
Ich entschloss mich nun endlich und ritt hinunter auf das Dorf zu. In diesem Land kannte man mich. Auch ich kannte eine Menge Hombres. Deshalb war ich gespannt, wen ich antreffen würde.
Als ich zwischen den ersten Adobe-Hütten ins Dorf ritt, wirkte alles sehr still und wie ausgestorben. Auch auf den Feldern des Dorfes hatte ich niemanden arbeiten gesehen. Die Menschen hatten sich also alle verkrochen. Denn der Atem bevorstehender Gewalttat wehte. Ich konnte es spüren, wittern mit meinem Instinkt für lauernde Gefahr.
Dennoch ritt ich weiter bis zu einem Wassertrog neben dem Brunnen. Denn mein Pferd und ich, wir waren halb verdurstet in der sengenden Hitze. Wir waren staubig und lechzten nach Wasser.
Als ich um den Brunnen herumritt, um zum Wasserbecken zu gelangen, da hatte ich endlich freie Sicht auf das Gasthaus. Es war eine Mischung aus Fonda und Bodega. Das Obergeschoss war vorgebaut, sodass es unten schattige Arkaden gab.
Dort hockten einige Hombres. Sie starrten zu mir her, und ich wusste, dass sie es waren, die Alvaro Ruiz hierher gejagt hatten.
Ich kümmerte mich vorerst nicht um sie, versorgte mein Pferd mit Wasser und ließ es mit hängenden Zügeln am Brunnen stehen.
Ich wandte mich nun der Fonda zu.
Und die Kerle dort beim Eingang unter den Arkaden warteten schon auf mich. Einige kannte ich vom Sehen. Und einen kannte ich gut. Denn mit ihm hatte ich mal Rinder gestohlen drüben in Sonora, herüber ins Arizona-Territorium gebracht und an den Indianeragenten verkauft. Der Hombre hieß Jaime Manolin, und er war ein Pistolero und Bandit, einer von der Sorte, welche wenig Mühe hatte, für einen Raubzug eine starke Bande zusammenzuholen und deren Anführer zu sein. Er galt als erfolgreicher Anführer, der stets reiche Beute machte. Wenn er Reiter suchte, dann kamen diese aus allen Richtungen, um unter seiner Führung zu reiten. So einer war also Jaime Manolin. Dabei sah er gar nicht besonders imposant aus. Er konnte sich leicht als Bauer verkleiden. Prächtig war nur sein Schnurrbart.
Er zeigte mir unter diesem Schnurrbart seine weißen Zahnreihen. Sie blinkten scharf. Und dann sagte er: »Sei gegrüßt, El Gringo. Dass du noch lebst! Lange nichts von dir gehört. Weißt du noch, wie wir beim letzten Mal in El Paso um die schöne Puta würfelten. Obwohl ich gewann, sagte sie dann, dass sie doch lieber mit dir auf ihr Zimmer ginge. Du bist mir noch eine Revanche schuldig, nicht wahr, El Gringo?«
»Sie taugte nicht viel«, erwiderte ich. »Du hast nichts versäumt damals. Sie sah nur vielversprechend aus, aber sonst war sie eine Kuh. Alvaro Ruiz hat nach mir geschickt. Ist er dort oben? Seid ihr die Muchachos, die ihn jagten?«
Er grinste immer noch blinkend, indes er nickte. Und in seinen schwarzen Augen erkannte ich das gefährliche Glitzern eines Raubtieres, welches sich die Beute nicht mehr abjagen lassen will.
»Si, so ist es«, sprach er. »Und es ist uns nur recht, dass du ihn besuchst. Denn er hat etwas, was wir gerne hätten. Vielleicht kannst du ihn überreden, es uns zu geben. Dann werden wir alle gute Amigos und Compañeros sein. Geh nur hinein.«
Ich staunte, aber ich ließ es mir nicht anmerken.
»Was hat er, was auch ihr gerne hättet?« Ich konnte mir nicht verkneifen, danach zu fragen.
Jaime Manolin erhob sich von der Bank, auf der er bisher saß. Dann griff er in die Tasche und holte etwas hervor, was sich als ein Stück weich gegerbtes Leder erwies. Es mochte ein Stück von einem befransten Lederhemd sein. Ein solches Lederhemd trug auch ich.
Auf dem Stück, welches Jaime Manolin hinhielt, erkannte ich eine Zeichnung. Jemand hatte mit roter Farbe auf das gelbe, dünne und weiche Leder wie auf Pergament etwas aufgezeichnet.
»Es gibt fünf solcher Stücke«, erklärte mir Jaime Manolin. »Alvaro Ruiz hat eins, ich habe eins – aber wer die drei anderen hat, wissen wir noch nicht. Alvaro könnte dir die drei anderen Namen sagen. Und dann wären wir Compañeros und suchen nach der Karte den verborgenen Schatz.«
Nun wusste ich es also. Das Lederstück, welches mir Jaime Manolin zeigte, war nur ein Stück einer Schatzkarte. Auch Alvaro Ruiz hatte solch ein Stück. Und er wusste, wo die drei anderen zu finden waren. Wenn er starb, nahm er dieses Wissen mit ins Grab.
Ich starrte Jaime Manolin in die schwarzen Augen. Dann nickte ich stumm und ging hinein. Im Haus war es angenehm kühl. Ich stieg die Treppe hinauf. Das Zimmer war leicht zu finden, denn die Zimmertür hatte einige Löcher, die so aussahen, als hätte jemand von innen durch die Tür nach draußen geschossen.
Ich hielt neben der Tür an und klopfte sachte. Dann rief ich halblaut: »Hoi, Alvaro, ich bin gekommen! Johnny Mahoun ist hier. Kann ich hinein zu dir?«
»Komm nur«, hörte ich ihn heiser sagen.
Ich beeilte mich nicht sehr, sondern bewegte mich ganz ruhig.
Drinnen lehnte ich mich mit dem Rücken an die nun wieder geschlossene Tür und sah zu Alvaro hinüber. Er lag auf dem Bett, hielt den Colt in der Hand und hatte die Mündung auf die Tür gerichtet.
»Verdammt, das hat aber lange gedauert«, sagte er mühsam. »Es ist bald aus mit mir, musst du wissen. Habe ich dich von wichtigen Geschäften wegholen lassen?«
»Na ja ...«, sagte ich und dachte an die schöne Rosita. »Doch jetzt bin ich ja hier«, fuhr ich schließlich ein wenig hilflos fort, denn ich sah, dass es mit Alvaro zu Ende ging. Nur sein unbändiger Wille ließ ihn noch um jede Minute seines Lebens kämpfen.
Ich ging zu ihm hinüber und setzte mich auf den Bettrand.
Er hatte mehrere Wunden und viel Blut verloren. Schlimmer noch war jedoch, dass sich die Wunden entzündet hatten. In seinem rechten Bein hatte er wahrscheinlich den Brand. Ja, er war am Ende. Und er wusste es so genau wie ich, wahrscheinlich noch sicherer.
Er grinste verzerrt und sprach dann: »Dir bin ich noch etwas schuldig, Johnny Mahoun. Du hast mich damals durch den Rio Grande geschleppt, obwohl auch du angeschossen warst. Ohne deine Hilfe wäre ich aufgeknüpft worden von unseren Verfolgern damals. Und du bist auch der einzige Bursche hier im Land, der mit Jaime Manolin zurechtkommen wird. Schick ihn zur Hölle und nimm dir den zweiten Lederlappen. Dann fehlen dir nur noch drei. Diese findest du bei Vance Hackett, Bac Henderson und Jok Slade. Du kennst sie ja alle. Den Lederlappen von Juan Bonito hat Jaime Manolin schon. Juan ist tot, ich bin bald tot – und Jaime Manolin will die anderen Lappen. Dazu braucht er die Namen. Er kennt die anderen Namen nicht. Denn als wir fünf Partner uns drüben in Sonora trennten, da blieb er Juan und mir auf der Fährte. Hast du alles verstanden, Johnny?«
»Genau«, sagte ich. »Aber um was geht es dabei? Was bedeuten die Lederlappen? Sie sind dann wohl eine vollständige Landkarte, wenn man sie richtig zusammensetzen kann. Und was für eine Bedeutung hat diese Karte? Führt sie zu einem verborgenen Schatz?«
»Unsere Beute war groß«, ächzte Alvaro Ruiz.
Obwohl es ihm schlecht ging und er gewiss von einem Atemzug zum anderen sterben konnte, sah er immer noch wie ein edler spanischer Hidalgo aus. Dabei war er stets ein Bandit gewesen. Doch ich wusste, er hatte zuletzt in Sonora an der Revolution teilgenommen, die sich gegen Maximilian und die Franzosen richtete. Doch weil er mit seiner Horde wie ein Bandit hauste, bekam er es mit Benito Juarez zu tun, der ja Ordnung schaffen wollte.
Ich konnte mir denken, wie es dann ausging. Alvaro Ruiz und dessen Vertraute und Getreue machten sich mit einer Kriegsbeute auf die Socken. Sie wurden verfolgt von Juarez' Soldaten. Und sie mussten ihren zusammengeraubten Schatz vergraben, verstecken oder sonst wie verbergen. Und so fertigten sie eine Landkarte an und zerschnitten sie sofort wieder. Jeder bekam ein Stück davon. Und nur zusammen konnten sie wahrscheinlich den Ort wiederfinden.
Ich wollte Alvaro Ruiz noch etwas fragen – aber als ich ihn ansah, da erkannte ich, dass er schon zum letzten Male ausgeatmet hatte. In seiner nun offenen Hand hielt er den Lederlappen.
✰✰✰
Oh, ich wusste, es wurde damals während der Revolution drüben in Sonora und in ganz Mexiko viel Beute gemacht. Denn überall plünderten die Truppen. Manche waren nichts anderes als Banditenbanden.
Ich musste also glauben, dass Alvaro Ruiz und dessen Gefährten auf der Flucht einen Beuteschatz verstecken mussten, weil sie sonst zu sehr bei ihrer Flucht behindert wurden, weil sie sich auch trennen mussten und es gewiss auch noch andere Gründe geben mochte.
Ich konnte jetzt aussteigen oder weitermachen. Wenn ich aber weitermachte, dann bekam ich es unten mit Jaime Manolin und dessen Hombres zu tun.
Ich entschloss mich binnen drei Sekunden.
Denn solch eine Chance – das war meine Überzeugung – bekam ein Mann nur einmal im Leben, nur einmal und nie wieder. Und so nahm ich den Lappen aus der Hand des Toten und steckte ihn ein.
Dann zog ich den Colt und sprang aus dem Fenster. Es war eine wirklich gelungene Überraschung für Jaime Manolin und dessen Hombres. Denn sie glaubten, dass ich aus der Tür kommen würde.
Als ich unten im Staub landete und hochschnellte, da wussten sie sofort, was die Glocke geschlagen hatte. Sie brüllten und kreischten vor Überraschung, Schrecken und Wut. Und sie schnappten ihre Kanonen heraus, um es mir zu besorgen.
Aber ich war im Vorteil. Ich konnte dreimal abdrücken, bevor sie selbst loszuballern begannen – und da waren sie schon drei weniger. Meine erste Kugel traf Jaime Manolin.
Sie waren fünf Mann, aber die beiden Letzten ergriffen die Flucht. Sie sprangen schießend rückwärts ins Haus hinein. Aber sie trafen mich nicht. Ich ließ sie laufen. In meinem Revolver war nur noch eine Kugel, und die behielt ich für alle Fälle lieber noch in der Waffe.
Jaime Manolin und die beiden anderen Kerle lebten noch. Sie begannen mich zu verfluchen. Jaime Manolin starb dabei. Ich holte mir bei ihm den zweiten Lederlappen.
Die beiden anderen Kerle fluchten immer noch.
Ich sagte zu ihnen: »Ihr Pfeifen hattet doch alle Chancen, warum klagt ihr also? Wenn ihr zu dämlich seid, um in fünffacher Überzahl zu gewinnen, dann seid ihr doch selbst schuld – oder?«
Und dann ging ich.
Die Leute von San Angelo würden Alvaro Ruiz gewiss beerdigen. Sie hatten ja sein Pferd und seinen Sattel, seinen Colt und gewiss noch einige andere Dinge. Die waren gewiss der reelle Gegenwert für einen Sarg und die Arbeit des Beerdigens.
Für Jaime Manolin war ich nicht zuständig.
Ich ging zu meinem müden Pferd, welches sich am Wassertrog nur ein wenig erfrischen und erholen konnte. Aber ich hielt es für besser, nicht in San Angelo zu bleiben. Alvaro Ruiz, der aus Sonora kam, hatte vielleicht nicht nur Jaime Manolin und dessen Rudel auf der Fährte gehabt. Da kamen vielleicht noch andere böse Pilger aus Sonora herüber. Und die Compañeros von Jaime Manolin lebten ja noch. Zwei hatte ich angeschossen und zwei waren geflüchtet. Wenn sie Verstärkung bekamen, waren sie bald hinter mir her. Ich stieg also wieder in den Sattel und ritt davon.
Ich dachte an Bac Henderson, Vance Hackett und Jok Slade. Ich kannte sie alle etwas mehr und etwas weniger gut. Bac Henderson kannte ich am besten, Jok Slade am wenigsten.
Wir gehörten zu jenen Burschen im Lande, welche im Grunde nur von ihren Colts lebten. Man konnte sich von uns beschützen lassen, und in diesem Lande gab es immer Leute, welche Schutz brauchten, weil sie, um ihre Geschäfte abwickeln zu können, mit viel Bargeld reisen mussten. Pferdehändler, Viehaufkäufer, fahrende Storebesitzer und Händler, Pferde- und Rinderzüchter mussten sich gegen Diebe schützen. Postkutschen benötigten bewaffnete Begleitmänner. Die Armee brauchte Scouts gegen die Apachen. In den Saloons wurden Rauswerfer benötigt. Und so mancher Ort ließ sich von einem Revolver-Marshal beschützen.
Von Bac Henderson, den ich am besten kannte, wusste ich, dass er immer wieder nach Jericho ritt, wo es eine Menge Minen in der Umgebung gab.
Die Hauptattraktion dort in Jericho war Doña Agatas Etablissement, und zu dieser Doña Agata zog es Bac Henderson immer wieder. Denn sie war ein Prachtweib. Ich kannte sie nur vom Sehen, und das lag daran, dass ich immer dann, wenn ich nach Jericho kam oder dort durchritt, ziemlich pleite war und mir einen Besuch in ihrem Etablissement nicht leisten konnte.
Aber jetzt würde ich hinreiten. Denn ich hoffte, Bac Henderson dort zu finden.
✰✰✰
Als ich drei Tage später Jericho zu sehen bekam, da war ich schon einigermaßen vorbereitet. Denn unterwegs war ich bereits an einigen verlassenen Minen vorbeigekommen und hatte einen alten Gold- und Silbersucher getroffen, der mir gesagt hatte, was mich erwarten würde.
Denn Jericho war so gut wie tot. Die Minen und Claims im Lande hatten keinen Gewinn mehr abgeworfen. Und so waren sie alle, die hier auf das Glück gehofft hatten, nach und nach fortgezogen. Dies dauerte nun schon Monate an. Jericho war eine sterbende Stadt.
Ein paar Leute waren noch da, zumeist alte, die nicht mehr den Mut zum Weggehen hatten. Ich ritt geradewegs vor Doña Agatas Fonda, von der aus man in das dahinterliegende Etablissement gelangen konnte, in dem die Mädchen wahrhaftig große Klasse waren, nicht nur billige Putas.
Ich ging in die Fonda und sah Doña Agata im Hintergrund, dort wo sich der Durchgang zum Etablissement der Schönen befand.