G. F. Unger Western-Bestseller 2611 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2611 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als Thor Mannerhan die Tür von Angela Dunnhills Etablissement öffnen will und die Vorfreude ihm den Mund trocken macht, da wird diese Tür einen Moment früher von innen geöffnet - und dann stehen sie sich wieder einmal gegenüber. John Finnegan könnte von der Gestalt und Größe her Thor Mannerhans Bruder sein, doch er ist hellblond, Mannerhan dagegen ist dunkel. Finnegans Augen sind hellblau und Mannerhans Augen sind grün.
Sie betrachten sich, und Finnegans blinkendes Grinsen wird für Mannerhan sofort wieder zu einer Herausforderung. Er hört Finnegan sagen: »Nun, mein Freund, du kommst auch in diesem Frühjahr zu spät. Ich habe längst schon mit Angela allen Spaß der Welt gehabt. Sie wird nicht mehr viel Feuer aufbringen für dich. Warte besser einige Tage.«
Nach diesen Worten drängt er sich an Thor Mannerhan vorbei. Dieser starrt ihm nach - und einen Moment lang sieht es so aus, als wollte er ihm mit zwei langen Schritten nacheilen, um ihn an der Schulter zu fassen und herumzureißen. Doch er lässt es bleiben.
Aber in diesem Moment spürt Thor Mannerhan einmal mehr, wie sehr John Finnegan eine Herausforderung für ihn ist, und er weiß mit absoluter Sicherheit, dass sie es eines Tages auf Leben und Tod auskämpfen werden, wer von ihnen der bessere Mann ist.
Ja, so muss und wird es kommen!


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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Zwei in der Hölle

Vorschau

Impressum

Zwei in der Hölle

Als Thor Mannerhan die Tür von Angela Dunnhills Etablissement öffnen will und die Vorfreude ihm den Mund trocken macht, da wird diese Tür einen Moment früher von innen geöffnet – und dann stehen sie sich wieder einmal gegenüber. John Finnegan könnte von der Gestalt und Größe her Thor Mannerhans Bruder sein, doch er ist hellblond, Mannerhan dagegen ist dunkel. Finnegans Augen sind hellblau und Mannerhans Augen sind grün.

Sie betrachten sich, und Finnegans blinkendes Grinsen wird für Mannerhan sofort wieder zu einer Herausforderung. Er hört Finnegan sagen: »Nun, mein Freund, du kommst auch in diesem Frühjahr zu spät. Ich habe längst schon mit Angela allen Spaß der Welt gehabt. Sie wird nicht mehr viel Feuer aufbringen für dich. Warte besser einige Tage.«

Nach diesen Worten drängt er sich an Thor Mannerhan vorbei. Dieser starrt ihm nach – und einen Moment lang sieht es so aus, als wollte er ihm mit zwei langen Schritten nacheilen, um ihn an der Schulter zu fassen und herumzureißen. Doch er lässt es bleiben.

Aber in diesem Moment spürt Thor Mannerhan einmal mehr, wie sehr John Finnegan eine Herausforderung für ihn ist, und er weiß mit absoluter Sicherheit, dass sie es eines Tages auf Leben und Tod auskämpfen werden, wer von ihnen der bessere Mann ist.

Ja, so muss und wird es kommen!

Ein Grollen steigt aus seiner Kehle.

Dann wendet er sich wieder der offenen Tür zu und starrt in die Diele des Hauses hinein.

Es ist ein festes Holzhaus, eigentlich schon eine Villa. Echte und teure Hölzer wurden hier verwendet. Dieses schöne Haus ist sozusagen ein Symbol für den Holzreichtum dieses Landes. Die Diele ist nobel ausgestattet. Auch hier ist Luxus erkennbar.

Am Fuß der Treppe, auf dem teuren Teppich, steht Angela Dunnhill, die Chefin dieses Hauses. Sie sieht ihn fest an.

Aus den unteren Räumen des Hauses klingt Klaviermusik, tönt Gelächter, hört man Frauen- und Männerstimmen. Dieses Etablissement ist voller Gäste, die sich von Angela Dunnhills Schönen unterhalten lassen. Dieses Etablissement erfüllt gehobene Ansprüche. Hier werden zwar die gleichen Sünden begangen wie in den billigen und primitiven Spelunken am Flusshafen, doch mit Niveau und künstlerischem Stil. Angelas Dollar-Elstern üben das älteste Gewerbe der Welt gewissermaßen ästhetisch, also geradezu schöngeistig aus und vermitteln ihren Gästen die Illusion, dass sie es mit wirklichen Ladys zu tun hätten.

Thor Mannerhan tritt langsam ein und nähert sich der schönen Angela Dunnhill bis auf einen Schritt.

»Er war hier bei dir«, sagte er. »Und ich dachte, du wärst nicht wie deine Mädchen. Ich glaubte, du wärst nur für mich da.«

Sie erwidert nichts, sieht ihn nur ruhig an, und es ist eine Spur von Bedauern in ihrem Blick. Sie ist eine mehr als schöne Frau, denn ihre Schönheit wirkt lebendig, herausfordernd, wie eine starke, anziehende Kraft.

Ihre grünen Katzenaugen funkeln nach Thor Mannerhans Worten noch stärker. Aber weil sie immer noch nichts sagt, wird er noch zorniger.

»Ich dachte, dass ich der Mann wäre, der dich dazu bringen könnte, dieses Haus aufzugeben und mit mir zu kommen. Du weißt, dass ich reich und mächtig bin und dir alles bieten könnte – alles. Verdammt, warum hast du mich mit Finnegan betrogen? Antworte mir endlich!«

»Ich liebe euch beide«, erwidert sie schlicht. »Das ist es. Denn ihr seid beide besondere Männer, solche, die man unter zehntausend anderen kein weiteres Mal findet. Warum, zum Teufel, gibt es gleich zwei von eurer Sorte in diesem Land? Ich liebe euch beide. Und Finnegan ist früher aus den Wäldern und den Fluss heruntergekommen als du. Willst du ein Bad nehmen? Soll ich ...«

»Nein«, unterbricht er sie grob, »Finnegan sah ziemlich zufrieden aus. Und für mich ist nicht gut genug, was er übrig lässt. Angela, du bist nicht anders als deine Mädchen.«

Nach diesen Worten wendet er sich ab, tritt wieder hinaus und zieht die schwere Tür hinter sich zu. Er saugt die Luft ein, und er fühlt sich verraten, betrogen und in seinem Stolz verletzt. Denn er ist ja kein kleiner Pinscher in diesem Lande. In den Wäldern oben am Fluss beherrscht er ein riesiges Gebiet. Der Holzreichtum seines Gebietes ist viele Millionen wert. Für ihn arbeiten mehr als hundert Mann als Holzfäller, in Sägemühlen und als Flößer. Er ist ein Großer mit Macht.

Aber das ist Finnegan auch. Er wird sich dessen bewusst, als er jetzt an Finnegan denkt und an seinem Zorn beinahe zu ersticken droht. Vergebens versucht er, sich mit dem Gedanken zu beruhigen: Aaah, sie sind doch alle nur Huren, die es mit jedem Kerl treiben, der ihnen genug bezahlen kann. Aaah, ich kann mir hier in all den Häusern am Flusshafen ein ganzes Dutzend Weiber kaufen, von denen keine schlechter ist als Angela. Was habe ich Narr eigentlich von so einer Treue erwartet? Ich war ein Narr.

Er setzt sich in Bewegung. Aber es ist ihm jetzt nicht mehr nach Frauen zumute. Er geht in Timberlees Kasino. Seine Taschen sind voller Geld, denn seine Männer brachten in den vergangenen Tagen einige Riesenflöße den Fluss herunter. Seine Schiffe schafften Schindeln, Eisenbahnschwellen und Bretter, die von seinen Sägemühlen hergestellt wurden, zum Flusshafen, in dem Seeschiffe anlegen können und gierig mit offener Ladeluke auf den Holzsegen warten.

Er selbst kam aus den Wäldern an die Küste herunter, um zu kassieren, Geschäfte abzuschließen, Waren zu bestellen – und um weitere Männer anzuwerben. Und er kam auch her, weil er zu Angela Dunnhill wollte. Denn ein Mann kann nicht ewig ohne eine Frau in den Wäldern leben.

Er verlässt dann die Bar des Timberlee-Kasinos und begibt sich in den Spielsalon. Und als er dort wenig später John Finnegan inmitten einer Pokerrunde hocken und einen gewonnenen Pokertopf einstreichen sieht, da glaubt er, dass es sein Schicksal ist, immer wieder auf Finnegan zu stoßen.

Und so zögert er nicht, tritt bald darauf an den Tisch und fragt, ob es den Gentlemen recht sei, wenn er mitspielte.

Finnegan lacht sofort schallend und grinst dann blinkend, sagt: »Sicher, wenn ich Pech in der Liebe hätte, würde ich auch hoffen, Glück im Spiel zu haben, und es versuchen. Willkommen in unserer Runde! Wir kennen uns ja alle. Ich muss dich den anderen Gentlemen nicht vorstellen. Nicht wahr, niemand hat etwas dagegen, wenn er hier bei uns sein Geld verliert?«

Sie alle lachen und machen ähnliche Bemerkungen wie Finnegan. Sie alle sind Holzfäller- und Flößerbosse, Schiffskapitäne. Sie alle haben mit Holz zu tun und können Tausende von Dollars verlieren, ohne mit der Wimper zu zucken.

Er bekommt bald darauf Karten. Und schon ist er mitten im Spiel. Mit drei Siebenern in der Hand bietet er mit und probiert sein Glück gleich richtig aus. Er bekommt dann noch die vierte Sieben dazu und streicht schließlich den Pokertopf ein wie zuvor Finnegan.

Dabei grinst er Finnegan an, und weil dieser das Grinsen als Herausforderung ansieht und auf gleiche Weise erwidert, sagt Mannerhan: »Das wird eine lange Nacht, Finnegan. Wirst du das auch durchhalten können? Ich meine, du hast doch wohl in letzter Zeit nicht viel Schlaf bekommen – oder?«

»Nein«, grinst Finnegan. »Ich war mit anderen Dingen beschäftigt, wie du ja genau weißt. Aber wenn's sein muss, dann halte ich drei Nächte und drei Tage durch. Vielleicht kennst du mich noch nicht richtig, Mannerhan.«

Dieser erwidert nichts, aber man sieht ihm an, dass er sich auf das Spiel konzentriert mit all seinen Sinnen und Instinkten.

✰✰✰

Es ist drei Nächte und drei Tage weiter, als Thor Mannerhan am Abend dieses dritten Tages in einem schmutzigen Hotelbett erwacht. Langsam kommt die Erinnerung in ihm zurück, und er bleibt ganz bewegungslos liegen und hofft, dass alles nur ein böser Traum war, der nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Aber indes die Erinnerung in ihm immer klarer wird, vergrößert sich die Gewissheit, dass diese schrecklichen Erinnerungen kein Traum waren, sondern böse, grausame Wirklichkeit sind.

Das Spiel dauerte bis heute früh im Morgengrauen. Da endlich wusste er, dass er auch diesmal von Finnegan geschlagen worden war. Und er fand noch ein paar Dollars in der Tasche für ein billiges Hotel. Er war schon halb bewusstlos, als er hier in diesem Zimmer bäuchlings aufs Bett fiel und alles vergaß. Doch jetzt wird seine Niederlage in diesem schmutzigen Zimmer zur grausamen Wahrheit.

Es war ein gigantischer Kampf mit wechselnden Mitspielern. Sie machten nur ganz wenige Pausen, ließen sich auch das Essen an den Nebentisch kommen – auch den Barbier zum Rasieren, und fast alle anderen Großen kamen, um einige Runden oder Stunden mitzuspielen.

Mannerhan gewann die erste Nacht und den ersten Tag – und auch dann noch bis zur Mitte der zweiten Nacht. Doch dann wendete sich das Glück John Finnegan zu. Jetzt ist Finnegan doppelt so reich, doppelt so groß und doppelt so mächtig. Finnegan gewann ihm alles ab – einfach alles. Eigentlich müsste Mannerhan jetzt wieder als Holzfäller anfangen.

Natürlich würde ihn jeder maßgebende Mann als Vormann nehmen, aber er müsste wieder als Arbeitnehmer Geld verdienen. Er hat all seine Wälder verloren, seine Sägewerke, seine Dampfmaschinen und Transportmöglichkeiten, zu denen auch zwei Dampfboote zählen. Er verlor sein Kapital – alles. Denn zuletzt setzte er auf vier Asse und verlor dennoch damit gegen einen Royal Flush.

Eine Mannschaft könnte er nicht ausrüsten. Nichts gehört ihm mehr. Finnegan hat ihn vernichtet. Und das alles, weil Mannerhan seine Niederlage nicht hinnehmen konnte.

Dieses Gefühl der Niederlage entstand, als Finnegan ihm aus Angela Dunnhills Haus entgegentrat. Sein Stolz war verletzt und er wollte Finnegan beim Poker bestrafen. Nun aber hat er endgültig verloren.

Ich werde ihn töten müssen, um wieder stolz sein zu können, denkt er und erschrickt über seine Gedanken. Denn sie lassen ihn den Hass erkennen, den er nun gegen Finnegan spürt, einen Hass, der ihn in die Hölle führen wird. Hass führt immer in die Hölle. Seine Vernunft sagt ihm das. Doch er kann ja gar nicht mehr vernünftig denken und handeln.

Finnegan war stets eine Herausforderung an ihn. Doch jetzt, da er gewissermaßen zweimal gegen Finnegan der Dumme war, jetzt hasst er ihn wie einen Todfeind.

Er erhebt sich und verlässt das Hotel.

✰✰✰

Eine halbe Stunde später pocht Thor Mannerhan im oberen Stockwerk des River Pig House an eine Tür und hört drinnen die grollende Stimme seines Vormannes Jake Hammer fragen: »Welcher Narr will mich da stören? He, wer du auch bist, du musst total beknackt sein! Denn wenn ich aufstehe und die Tür aufmache, dann wirst du Purzelbäume rückwärts schlagen.«

Jake Hammers grollende Stimme gleicht am Ende einem Wutausbruch. Und dann ertönt auch noch die Stimme eines wütenden Mädchens: »Haut ab, ihr dort draußen! Zur Hölle mit euch! Schleicht euch!«

Es ist nun ganz klar, dass sich das Pärchen in diesem Zimmer durch das hämmernde Klopfen sehr gestört fühlt. Von innen kracht dann auch noch ein Gegenstand gegen die Tür und fällt splitternd zu Boden. Wahrscheinlich war es eine leere Flasche, die Jake Hammer vom Bett aus gegen die Tür warf.

Im ganzen River Pig House wird es nun laut. Aus allen anderen Zimmern tönen Flüche. Es fühlen sich noch andere Paare gestört. Aber Thor Mannerhans Stimme tönt noch lauter und grollender. Er ruft hart: »Hoiii, Jake, komm heraus! Ich brauche dich! Und ich brauche alle Jungs! Zum Teufel, wie lange wollt ihr denn noch zentnerschwere Mädchen stemmen! Raus hier! Ich brauche euch!«

Es wird still. Dann öffnen sich einige Türen. Männer, die nackt sind oder nur Unterzeug tragen, treten auf den Gang. Auch Jake Hammer zeigt sich. Er ist ein bulliger, stiernackiger, glatzköpfiger Bursche mit Armen, die zu lang sind. Er starrt seinen Boss einige Atemzüge lang schweigend an, und es findet offenbar zwischen ihnen eine stumme Zwiesprache statt. Sie brauchen keine Worte, denn sie kennen sich schon zu lange. Die Jahre in den Wäldern und auf den Strömen haben sie zu einem Paar gemacht, welches sich ergänzt.

Jake Hammer nickt plötzlich. »All right, Boss«, sagt er kehlig. Dann blickt er den Gang entlang. »Ihr habt es gehört, Jungs! Der Boss braucht euch! Ihr seid fertig hier!« Nach diesen Worten sieht er Mannerhan fragend an.

Dieser sagt knapp: »Kommt zum Dampfboot! Ich will die Mannschaft möglichst vollzählig und schnell beim Dampfboot haben!« Nach diesen Worten wendet er sich ab und geht die Treppe hinunter.

Hinter ihm beginnen die Mädchen zu schimpfen, denn sie fühlen sich um ihr Geschäft gebracht. Mannerhan kümmert sich nicht darum. Er erreicht unten am Treppenfuß die Diele und betritt von dieser aus die Bar. Mädchen sind keine zu sehen; sie sind alle auf den Zimmern. Hinter der Bar steht Mamie Mayflower mit ihren dreihundert Pfund Gewicht und starrt ihn aus himmelblauen Augen vorwurfsvoll an.

»Warum holst du mir die Gäste weg?« So fragt sie bitter. »Als deine Jungs kamen, gingen viele andere Gäste. Jetzt gehen auch deine Jungs. Ist das denn fair?«

»Nein«, pflichtet ihr Mannerhan bei, »das ist nicht fair. Irgendwann mache ich das alles wieder gut, Mamie. Du könntest mir tausend Dollar leihen, denn ich bin im Moment knapp mit Bargeld.«

Sie sieht ihn aus schmalen Augen an. »Du hast alles verloren, was du besitzt«, sagt sie schließlich. »Es hat sich herumgesprochen im ganzen Hafen. Es war ein Pokerspiel wie ein Kampf um Leben oder Tod. Und du hast verloren. Kannst du mir tausend Dollar jemals wieder zurückzahlen?«

Er grinst und nickt. »Sie haben mich mit gezinkten Karten im Timberlee Kasino betrogen. Sie müssen mir auch was in die Drinks getan haben, sodass ich nicht mehr klar denken konnte. Ich mache jetzt Krieg. Und wer nicht zu mir hält, der ist gegen mich. Gib mir tausend Dollar oder lass es bleiben. Sag ja oder nein.«

Sie nickt, öffnet ihre Kasse, holt Geld hervor und schiebt es ihm über die Bar. Und dann schenkt sie für ihn und für sich ein.

»Wenn sie dich betrogen haben, Thor, dann sollen sie zur Hölle fahren«, murmelt sie und stößt mit ihm an.

Von oben kommt ein Mann herunter und tritt zu ihnen an die Bar.

Es ist jedoch nicht Jake Hammer oder einer von den Männern der Mannschaft. Es ist ein Fremder mit einem Texanerhut, ein Mann, der unter der offenen Jacke einen Colt im Holster trägt. Der Mann ist groß, hager und dunkel und schrägäugig wie ein Comanche. Er trägt einen Sichelbart, dessen Enden über die Mundwinkel hängen und etwas von seinem hartlippigen Mund verbergen.

Die Stimme des Mannes ist kühl und klingt gedehnt, als er fragt: »Brauchen Sie Hilfe, Mister Mannerhan? Ich bin Concho Lane. Und ich hörte schon von Ihnen. Ich sah auch zwei- oder dreimal zu in jenen Tagen und Nächten, die Sie Poker spielten im Timberlee Kasino. Ich hörte soeben, bevor ich in die Bar kam, wie Sie zu Mamie sagten, dass man Sie betrogen hätte und Sie deshalb Krieg machen wollten. Nun, Sie können meinen Colt mieten.«

Concho Lane spricht mit lässiger und leidenschaftslos klingender Stimme, so als unterhielte er sich über Nebensächlichkeiten. Doch er bietet seinen Colt an. Das kann nur bedeuten, dass er bereit ist, damit Blut zu vergießen und zu töten. Er ist ein Revolvermann.

Mamie und Mannerhan begreifen es schnell.

»Sie sind aber weit von Ihrer Heimatweide entfernt«, murmelt Mannerhan. »Hatten Sie dort zu viele Schatten auf der Fährte, dass Sie sich in Oregons Wäldern verstecken müssen? Wollen Sie den Schutz eines Mächtigen? Halt! Antworten Sie noch nicht! Hören Sie erst zu. In den Wäldern und auf den Flüssen dort bin ich ein Mächtiger. Aber auch ein Mächtiger muss Männer an seiner Seite haben, auf die er sich verlassen kann. Wenn Sie mit mir kommen, um mir mit dem Colt zu dienen, dann werden Sie so manche Drecksarbeit damit erledigen müssen. Doch Sie werden zugleich meinen Schutz bekommen. Und wenn Sie nichts taugen, jage ich Sie zum Teufel. Meine Männer sind die härtesten.«

»Und die von Finnegan, wie ich hörte«, sagt der Texaner Concho Lane und grinst. »Was zahlen Sie mir?«

»Was Sie wert sind, aber das wird sich erst noch herausstellen«, erwidert Mannerhan. Dann wendet er sich Jake Hammer zu, der jetzt an der Spitze einiger Männer in die Bar kommt. Es sind durchweg hagere, grobknochige und sehnige Burschen. Die Arbeit in den Wäldern und auf den Flüssen hat sie zu einer Sorte gemacht, wie sie zäher und härter nirgendwo gemacht werden kann.

Mamie Mayflower schenkt für sie alle wortlos die Gläser voll.

Sie trinken. Und dann gehen sie wortlos. Sie folgen Thor Mannerhan, der immer noch ihr Boss ist. Auch der texanische Revolvermann Concho Lane geht mit ihnen.

Als sie gegangen sind, kommen auch die Mädchen von oben herunter. Sie maulen und schimpfen. Aber Mamie Mayflower sagt zu ihnen: »Regt euch nicht auf, meine Engelchen. Das macht Thor Mannerhan schon wieder gut. Er braucht seine Jungs, denn es wird Krieg geben in den Wäldern des Deschutes River und am Willamette. Zwischen den beiden Flüssen liegen hundert Meilen Waldland. Und dort wird der Krieg stattfinden. Wenn Mannerhan gewinnt, wird er hier seine Leute ein Fest feiern lassen. Nur er selbst wird zu Angela Dunnhill gehen. Vielleicht tut er das jetzt auch noch mal.«

✰✰✰

Vor Angela Dunnhills Haus hält Thor Mannerhan jäh inne. Er blickt über die Schulter auf Jake Hammer. »Schwärmt aus und besetzt das Dampfboot. Wenn Finnegans Männer schon an Bord sein sollten, dann werft sie in den Fluss. Macht Dampf auf! Ich komme bald nach.«

Er wendet sich nach links und geht auf Angela Dunnhills Haus zu. Die Hafengegend hier in Vancouver am Columbia River ist voller Tingeltangels, Saloons, Freudenhäusern und billigen Hotels. Der Hafen ist voller Schiffe, die allesamt Holz übernehmen, das Dutzende von Sägemühlen in die gebräuchlichsten Formen schnitten.

Thor Mannerhan öffnet die Tür von Angela Dunnhills Etablissement, so wie er es vor einigen Tagen schon mal tun wollte, als John Finnegan, der das Haus verlassen wollte, ihm entgegentrat. Nun tritt er ein.

Angela Dunnhill erscheint in der noblen Empfangsdiele. Als sie ihn erkennt, hält sie inne.

»Ich habe mit dir zu reden«, sagt er. »Gehen wir auf dein Zimmer. Denn ich möchte dir alles in Ruhe erklären. Und ich habe nicht viel Zeit. Gehen wir!« Er geht um die Treppe herum zu einer Tür, die in Angela Dunnhills Privaträume führt. Ihre Räume sind die einzigen Privatzimmer hier im Erdgeschoss. Er kennt sich aus und geht zuerst in das nobel und geradezu kostbar eingerichtete Wohnzimmer, von dem aus eine Tür ins Schlafzimmer und eine zweite hinaus auf die überdachte Terrasse führt.

Angela Dunnhill, die ihm gefolgt ist, schließt hinter sich die Tür und lehnt sich dagegen. Im Lampenschein betrachten sie sich.