G. F. Unger Western-Bestseller 2612 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2612 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Im Angelcanto Canyon trafen sich die Bösen dieser Welt. Ich wusste das genau, denn ich gehörte dazu, ich, den man in diesem Land Jerry Queene nannte.
Aber was war in diesem Land schon ein Name? Ein Name war nichts, gar nichts, wenn man seinen Besitzer nicht respektierte. Und respektiert wurde hier nur der Stärkere, der Härtere. Jeder musste sich selber helfen. Und da das manchmal schwer war, schloss man sich zu Mannschaften oder, besser gesagt, zu Banden zusammen, zu Rudeln oder gar Horden.
Nach Angelcanto kamen sie alle. Es war Niemandsland zwischen Mexiko-Sonora und dem Arizona-Territorium der Union. Und nur im Niemandsland konnten sich die Geächteten, die Verlorenen, der Abschaum der Grenze, die Gehassten und Gejagten treffen.
Ich kam damals mit einem recht üblen Rudel nach Angelcanto in den gleichnamigen Canyon. Wir waren Pferdediebe, und die Pferdeherde, die wir in den Canyon und dann in einen Corral des Ortes trieben, bestand aus fast hundert recht guten Tieren, unter denen sich mehr als ein Dutzend erstklassiger Criollos befanden, die man eigentlich nur unter Brüdern handelt oder seinen Söhnen und besten Freunden schenkt.
Aber wir selbst brauchten keine Pferde. Wir waren erstklassig beritten und wollten andere Dinge ...


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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

All right, Jerry Queene!

Vorschau

Impressum

All right, Jerry Queene!

Im Angelcanto Canyon trafen sich die Bösen dieser Welt. Ich wusste das genau, denn ich gehörte dazu, ich, den man in diesem Land Jerry Queene nannte.

Aber was war in diesem Land schon ein Name? Ein Name war nichts, gar nichts, wenn man seinen Besitzer nicht respektierte. Und respektiert wurde hier nur der Stärkere, der Härtere. Jeder musste sich selber helfen. Und da das manchmal schwer war, schloss man sich zu Mannschaften oder, besser gesagt, zu Banden zusammen, zu Rudeln oder gar Horden.

Nach Angelcanto kamen sie alle. Es war Niemandsland zwischen Mexiko-Sonora und dem Arizona-Territorium der Union. Und nur im Niemandsland konnten sich die Geächteten, die Verlorenen, der Abschaum der Grenze, die Gehassten und Gejagten treffen.

Ich kam damals mit einem recht üblen Rudel nach Angelcanto in den gleichnamigen Canyon. Wir waren Pferdediebe, und die Pferdeherde, die wir in den Canyon und dann in einen Corral des Ortes trieben, bestand aus fast hundert recht guten Tieren, unter denen sich mehr als ein Dutzend erstklassiger Criollos befanden, die man eigentlich nur unter Brüdern handelt oder seinen Söhnen und besten Freunden schenkt.

Aber wir selbst brauchten keine Pferde. Wir waren erstklassig beritten und wollten andere Dinge ...

Als wir im Dorf das Lachen und Kreischen der Frauen hörten, wurde uns allen ein wenig heiß unter dem Skalp, und wir hätten am liebsten die Pferde vergessen und uns in das Vergnügen gestürzt, welches dort offenbar im Gange war.

Doch dann erinnerten wir uns schnell wieder daran, dass man auch in dieser hier so unheilen Welt nichts umsonst bekam – gar nichts.

Zuerst mussten wir unsere Pferde zu Geld machen. Dollars, Pesos, Goldstaub, dies mussten wir uns erst beschaffen. Dann konnte es losgehen mit dem Stillen des Hungers nach tausend Sünden.

Unser Anführer war Picacho, ein Mann, von dem man nicht wusste, ob seine Vorfahren edle Spanier gewesen waren, oder ob er nur wie ein Hidalgo aussah.

Aber auf keinen Fall war er seiner Lebensart nach ein Hidalgo, obwohl diese ja auch für Gold und Reichtum ganze Völker ausgerottet hatten. Picacho hatte nur ein paar Dutzend Gegner umgebracht und dies zumeist im Zweikampf.

Er übernahm dann auch das Aushandeln der Preise für unsere Pferdeherde. Denn Interessenten gab es genügend. Hier in Angelcanto waren reichlich Aufkäufer versammelt, die nirgendwo so billig an Diebesgut jeder Art kommen konnten und deren Verbindungen weit reichten.

Wir überließen alles unserem Picacho, denn der hatte Erfahrung im Aushandeln der Preise. Er kannte die meisten Aufkäufer und Hehler. Auch wurde er von allen ganz besonders respektiert.

Wir lungerten um den Corral herum – wir, das waren zwölf Burschen wie ich. Wir gehörten zu der Sorte, die sich durch Kühnheit behauptete. Als wir damals losritten, um die Pferde zu holen, waren wir siebzehn Mann. Fünf von uns lagen irgendwo dort draußen. Sie hatten mit ihrem Leben dafür bezahlen müssen, dass es uns anderen bald sehr prächtig gehen würde für ein paar Tage.

Im Ort war ein großes Fest im Gange. Wir hörten Trompeten, irgendwelche Fiedeln und Pfeifen. Dazu tönte Gesang, klatschten brettharte Hände im Takt. Wahrscheinlich klapperten dazu auch Kastagnetten – doch die hörte man bis zu uns nicht.

Der Geruch von gebratenen Hammeln und Ochsen kam bis zu uns, wenn der Wind wehte. Mit Sicherheit gab es auch genug zu trinken, angefangen vom Tequila bis zum bösen Mescal-Schnaps.

Ein paar Mädels strichen jetzt schon um uns herum.

Und Pedro Guadalupe winkte einer kleinen, dicken Mexikanerin zu und rief zu ihr hinüber: »Ay, Chica, warte auf mich! Ich komme, sobald ich was in der Tasche klingeln habe. Du bist die Schönste von allen hier. Dich will ich, mein Täubchen!«

Er lachte dabei und ließ seine weißen Zähne unter dem wilden Schnauzbart blinken.

Ich spürte mehr und mehr, wie in mir die Ungeduld wuchs. Es kribbelte in mir. Vor einigen Tagen war ich fünfundzwanzig Jahre alt geworden, aber da ich den ganzen Krieg mitgemacht hatte und diese fast fünf Kriegsjahre doppelt zählten, kam ich mir sehr viel älter vor. An Erfahrungen war ich das gewiss auch.

Und dennoch war ich ein Pferdedieb geworden. Das war besser, als ein Satteltramp zu sein und betteln zu müssen.

Jawohl, das war besser für einen wilden Burschen, der sonst wahrscheinlich ein Bandit geworden wäre.

Ich sah dann und wann all die anderen Reiter unseres Rudels an, die wie ich immer ungeduldiger warteten, indes Picacho für uns feilschte und inzwischen schon bei zehn Dollar für jedes Tier angelangt war.

Aber fünfzehn Dollar oder den Gegenwert in Pecos oder Goldstaub wollte er haben. Es würde noch eine Weile dauern.

Ich sah mich also um unter meinen Sattelgefährten. Keiner gefiel mir besonders. Mit keinem hatte ich in den letzten Wochen Freundschaft schließen können.

Ich hockte mich in den Schatten eines alten und halb verfallenen Gemäuers, drehte mir von meinem letzten Tabak eine krumme Zigarette und wartete.

George Ines kam zu mir. Er war ein Satteltramp wie ich, der aber auch die spanische Sprache beherrschte wie ein Mexikaner. Er hockte sich neben mir auf die Absätze und kaute an einem Halm. Seine zusammengekniffenen Augen starrten in die Ferne, so, als könnte er dort irgendwelche Bilder sehen.

Schließlich sagte er: »Es werden kaum mehr als hundert Dollar auf jeden von uns kommen. Das ist Hühnerdreck, nicht mehr. Wenn wir uns weiter mit Kleinmist abgeben, kommen wir nie richtig hoch. Wir sollten unser Geld für einen großen Coup aufbewahren. Verstehst du? Wir sollten uns seriös ausstaffieren und dorthin gehen, wo die Minen wieder in Betrieb genommen werden. Vielleicht könnten wir einen Geldtransport schnappen oder eine Bank erleichtern. Zwanzigtausend Dollar geteilt durch vier, das ist was anderes. Oder?«

Ich sagte immer noch nichts, aber ich dachte nach.

Er aber murmelte, so, als wollte er mich mit zwei guten Namen locken. »Charly Mannen und Pecos Cannon machen schon mit. Mit dir wären wir komplett. Und wir vier sind die besten Nummern der ganzen Mannschaft. Aus uns kann was Großes werden. Na?«

Ich dachte immer noch nach. Denn da war wieder die Versuchung, die Schwelle, die zu überschreiten war.

Sollte ich mitmachen und endgültig ein Bandit werden? Sollte ich einmal was wagen?

Aber ich zögerte noch. Da war in meinem Kern tief drinnen noch ein ungutes Gefühl. Es war eine Warnung, das wusste ich genau.

Also war es besser, ich versuchte Zeit zu gewinnen.

Ich durfte George Ines und die beiden anderen nicht beleidigen. Sie sollten nicht glauben, dass ich sie nicht mochte oder mich zu gut fühlte für sie. Denn diese Strolche waren sehr eitel und stolz.

Ich sagte: »George, frag mich morgen früh wieder. Ich werde genau zwanzig Dollar anlegen für ein paar Stunden. Frag mich morgen wieder.«

Er sah mich lauernd von der Seite her an. Dann erhob er sich wortlos und ging davon.

Ich wartete weiter, fiel in einen Zustand des Dahindämmerns. Hier im Schatten war es angenehm zu hocken.

Plötzlich hörte ich sie alle zufrieden rufen und lachen. Einige tanzten vor Freude umher.

Denn Picacho hatte endlich unsere Pferde für fünfzehn Dollar das Stück verkauft und genau den Preis erzielt, den er hatte haben wollen. Dass einige der Tiere den zehnfachen Preis wert waren, störte uns nicht. Wir konnten sie ja nur an einen Hehler verkaufen.

Es wurde gleich bezahlt, und als einer der ersten Reiter bekam ich von Picacho meinen Anteil. Er klopfte mir auf die Schulter.

»Du kannst jederzeit wieder mit mir reiten, Amigo«, grinste er mich an. »Du bist ein Hombre von der besonderen Sorte. Amüsiere dich richtig, Compadre.«

✰✰✰

Es weilten damals drei oder vier große Banditenbanden aus Sonora in Angelcanto. Es waren starke Banden von je mehr als hundert Mann. Mexikanische Banditenbanden waren immer so stark. Dafür lebten sie anspruchsloser. Diese Bandoleros waren meist schon zufrieden, wenn sie satt werden konnten und ab und zu etwas Tequila und eine Puta bekamen.

Außer diesen drei oder vier starken Banden aus Sonora waren noch rund ein Dutzend kleinere Rudel oder Mannschaften da, solche wie wir zum Beispiel. Und dann gab es noch ein paar Partnerschaften und Einzelgänger.

Angelcanto war also voll, und die Camps befanden sich im ganzen Canyon rings um den Ort. Es herrschte Jubel und Trubel.

Ich machte mich daran, die ersten Dollars anzulegen, einzutauschen gegen ein paar Sünden, die man in dieser Welt hier für Frieden hielt.

Aber dann traf es mich wie der Blitz.

Das Mädchen war wie eine Apachin gekleidet. Es trug einen weiten bunten Rock, eine enge Bluse, Apachen-Stiefel und ein paar Ketten. Ihr blondes Haar war mit einem grünen Band zusammengebunden.

Das Mädchen stand hinter einem Mann. Und der Mann saß an einem Tisch und spielte mit anderen Männern das alte, gute, böse und üble Pokerspiel in der einfachsten Art.

Er legte zwei Buben und zwei Damen hin und grinste schon zufrieden, weil er so sicher war, den Pott gewonnen zu haben. Er war ein Bursche, der oft und gerne auf diese Art grinste. Auch als er sah, dass seine Karte nicht gut genug war, weil sein Gegenspieler, der mitgehalten hatte, vier Achten aufdeckte, grinste er noch.

Sein Gegenspieler grinste nicht. Denn das gehörte nicht zu seiner Art.

Diesen Gegenspieler kannte ich.

Es war Bronco Benavente, ein Banditenführer aus Sonora, der einen ganzen Maultierzug voll wertvollem Silberzeug, Teppichen und kostbaren Stoffen hergebracht hatte.

Bronco Benavente grinste also nicht.

Aber er strich das Geld ein und sagte: »Amigo, mit mir darfst du nicht spielen. Bei mir verlierst du deine Hosen. Jetzt kannst du nicht mehr weiter, mein guter Rafael, nicht wahr? Aus?«

Er fragte es herausfordernd. Oh, es war eine beleidigende Art, die von ihm ausging. Jener Rafael jedoch grinste immer noch.

»Oh, ich kann dich schlagen, du Witwenmacher«, sagte er. »Schon beim nächsten Spiel bist du dran. Das kann ich deutlich fühlen – hier drinnen. Ich weiß es genau, dass ich dir beim nächsten Spiel die Hosen ausziehe. Willst du deine Hosen riskieren, Bronco?«

Nun lachten sie alle, und es standen mehr als ein Dutzend Zuschauer um den Tisch.

Ich sah wieder auf das Mädchen in der Apachen-Tracht.

Und wieder traf es mich wie ein Stich ins Herz.

Vielleicht war sie für andere Burschen nicht so schön. Doch für mich war sie es.

Es lag gewiss nicht so sehr an ihren gelben Haaren und den grünen Augen, auch gar nicht so sehr daran, dass sie so prächtig gewachsen war und die Bluse für sie ein wenig zu eng zu sein schien.

Nein, es lag nicht so sehr an ihren äußeren Vorzügen, dass sie mir gefiel wie niemals ein anderes Mädchen zuvor.

Es war etwas anderes.

Aber darüber wurde ich mir erst allmählich klar.

Aber dann spürte ich es.

Lebenskraft!

Denn ihrer Kleidung nach kam sie von den Apachen. Doch sie war angloamerikanischer Abstammung. Und sie gehörte jetzt jenem Rafael Bradshaw, von dem ich schon gehört hatte. Er sah zwar gut aus, doch er war übel. Vielleicht hatte er sie den Apachen abgehandelt oder gestohlen wie ein Pferd. Das war jedoch unwichtig. Sie gehörte ihm. Denn sonst hätte sie nicht hinter ihm gestanden wie eine Sklavin hinter ihrem Herrn.

Ja, sie war seine Sklavin. Das war wörtlich gemeint. In diesem Land gab es noch viele Sklaven. Selbst Kinder verkaufte man als Sklaven. Und bei schönen Frauen war das ein gutes Geschäft.

Jener Rafael hob seine Hand und tippte mit dem Zeigefinger gegen seinen Nacken.

Das war für das Mädchen ein Zeichen. Sie begann ihm den Nacken zu massieren.

Verdammt, wie kam solch ein Hundesohn wie dieser Rafael Bradshaw zu solch einem Mädchen? Wie mochte sie heißen?

Ja, sie gehörte ihm. Sie massierte ihm den Nacken, und sie tat es auf eine wunderbare Art.

Auch jener Bronco Benavente sah es. Er leckte sich die dicken Lippen und sah so aus wie ein Mann, der gerne mit Rafael Bradshaw getauscht hätte. Sein Gesicht bekam plötzlich einen Ausdruck von bauernschlauer Verschlagenheit.

Und dann sagte er: »Amigo Rafael, mein Guter! Compadre! Bester Compañero, was hättest du denn einzusetzen gegen meine Hose, he? Denk scharf nach, mein Guter! Denn meine Hose ist nicht nur gefüllt mit meinem Hintern. Nein, die Taschen sind voller Gold- und Silberstücke. Sie ist wertvoll, meine Hose. Und dann musst du an das Prestige denken, welches ich verlöre, müsste ich hier vor allen Leuten meine Hose ausziehen und dir übergeben. He, ist das etwas wert? Also, was kannst du dagegen ins Spiel bringen?«

Stille herrschte, atemlose Stille.

Denn es war eine Herausforderung, wie sie nach den Herzen aller am Tisch sitzenden und umherstehenden Hombres war.

Ich sah das Mädchen an, dessen Namen ich noch nicht wusste und dessen Lebenskraft ich deutlich spürte.

Sie sah auf diesen Bronco Benavente, und ich konnte erkennen, wie sie erschrak und sich fürchtete. Ich konnte sehen, wie die Panik von ihr Besitz ergreifen wollte. Ihre Hände massierten nicht mehr Rafael Bradshaws Nacken. Sie machte den leisen Ansatz zu einer Bewegung, so als wollte sie sich umwenden und fortlaufen. Doch dann fiel ihr ein, dass dies nicht ging.

Sie bekam sich wieder unter Kontrolle. Ihre Lebenskraft wuchs wieder in ihr empor und half ihr. Nur einen Moment schloss sie die Augen. Ihre Lippen pressten sich zusammen. Sie schluckte würgend.

Als sie die Augen öffnete, sah sie mich an.

Geradewegs.

Verdammt ja, sie sah gerade und fest in meine Augen.

Nein, sie bettelte nicht um Hilfe. Sie sah mich nur ruhig an.

Und ich wusste, sie würde auch bei diesem Bronco Benavente, der gegen diesen Rafael ein Urviech war, nicht zerbrechen.

Ja, sie rechnete sich schon etwas aus. Auch ich tat es. Jeder von uns Zuschauern wusste, was kommen würde.

Denn Bradshaw hatte eigentlich nur noch drei Dinge zu bieten – nämlich seinen Sattel, sein Pferd und das Mädchen.

Rafael Bradshaw grinste stärker. Obwohl er zuvor noch mühsam schluckte, war sein Grinsen schon wieder verwegen und siegessicher. Er deutete mit dem Daumen über die Schulter hinweg auf das Mädchen.

»Gefällt sie dir, alter Witwenmacher, ja? Das glaube ich. Jedem gefällt sie mächtig. Ich habe sie von Loco. Und ich musste sie teuer bezahlen. Ich musste Locos Bruder und noch zwei andere Mescaleros aus dem Jail in Concho befreien, um bei ihm einen Wunsch freizuhaben. Sie ist gewiss tausend Dollar wert, Amigo Bronco. Und wenn sie dir den Nacken massiert, dann ...«

»Du redest zu viel, Rafael«, brummte Bronco Benavente und wischte sich über sein bärtiges, zerfurchtes Gesicht, auf dem Schweißtropfen glänzten.

»Also setz sie ein«, knurrte er. »Gegen meine Hose mit allem, was in den Taschen ist. Willst du? Wenn nicht, dann scher dich weg von diesem Tisch! Dann wollen wir ohne dich weiterpokern.«

Wieder war es eine verächtliche Herausforderung.

Es juckte mich, Rafael Bradshaw zu erschießen.

Wie konnte er einen Menschen als Einsatz in ein Spiel bringen, dazu noch eine hilflose Frau?

Verdammt noch mal, mir wurde wieder einmal mehr klar, wie tief ich gesunken war, welchen Umgang ich hatte und in was für miesen Camps ich mich aufhielt.

Ich sah Rafael Bradshaw plötzlich nicken.

Und das Mädchen hinter ihm massierte nicht länger seinen Nacken. Es trat einen Schritt zurück. Ihr Blick, der soeben noch mir gegolten hatte, wurde schmal, richtete sich auf Bronco Benavente.

Ich konnte ihr ansehen, wie sie innerlich erschauerte.

Dann starrte sie ins Leere, so als wäre sie wahrhaftig eine Indianerin und hätte sich in ihr Schicksal ergeben.

Heiliger Rauch, in meinem Magen verkrampfte sich etwas, wurde zu einem harten Klumpen. Und dann durchströmte mich der heiße Wunsch, diesem Girl helfen zu können.

Warum eigentlich?

Ich hatte schon eine Menge Not und Leid gesehen, besonders das von Frauen und Mädchen. Das brachte der verdammte Krieg so mit sich. Aber es hatte mich nie so sehr berührt wie jetzt.

Ich sah auf Bronco Benavente. Dieser leckte sich wieder die dicken Lippen. Er starrte auf das Mädchen.

»Ist sie auch gut?« So fragte er Rafael Bradshaw, und er brauchte nicht näher zu erklären, was er wissen wollte.

»Ich bin ein Caballero«, erwiderte Bradshaw. »Und ein Caballero redet nicht über solche Dinge. Er genießt und schweigt.« Dabei grinste er, und ich war schon halbwegs entschlossen, ihn vom Stuhl zu reißen und ihm meine Faust ins Maul zu stopfen.

Aber dann ließ ich es. Denn jetzt wurden die Karten gemischt.

Diesmal wurde kein Poker gespielt. Nein, die höchste Karte musste gezogen werden. Das war so üblich bei dieser Art von Zweikämpfen.

Die Entscheidung fiel schnell.

Bronco Benavente zog eine Sieben. Sein wildes Gesicht verzerrte sich böse. Denn seine Chancen waren nun gar nicht mehr gut, dass er seine Hose würde behalten können. Besser als seine Herzsieben waren eine ganze Menge Karten, schlechter nur noch sehr wenige.

Rafael Bradshaw hatte schon so gut wie gewonnen.

Er lachte nun lauthals, begnügte sich nicht länger mit seinem Grinsen. Lachend sagte er: »Nun, Bronco, mein Guter, du kannst schon mal den Gürtel aufschnallen und die Stiefel ausziehen. Deine Hose gehört mir schon so gut wie sicher. Denn wir haben keine Zweier, Dreier, Vierer, Fünfer und Sechser im Spiel. Du hast kein Glück bei den Frauen, mein Bester.«

Unter der Herzsieben gab es nur noch die Karosieben.

Bronco Benavente sagte nichts mehr.

Er saß da wie ein unförmiger Muskelberg. Er wartete wie die Verkörperung eines drohenden Unheils.

Rafael Bradshaw lachte plötzlich nicht mehr. Er vergaß sogar sein Grinsen. Sein Blick wurde vorsichtig.

Und plötzlich spürten wir alle, dass er sich Sorgen machte. Er begriff, wie gefährlich es für ihn sein würde, diesem Banditenführer die Hose abzugewinnen. Ja, er spürte den Atem der Gefahr.

Doch er konnte nicht mehr aussteigen.

»Worauf wartest du denn noch?« So fragte ihn Bronco Benavente grollend.

Rafael Bradshaws Finger zitterten ein wenig.

Dann griff er zu, nahm unter den ausgebreiteten Karten eine auf, blickte sie an und wurde blass und blutleer unter seiner gebräunten Haut.

Er warf die Karte auf den Tisch.

Es war die Karosieben – die einzige Karte, welche schlechter war in diesem Spiel als die Herzsieben.

Er stand auf und schlich davon.

Hinter dem leer gewordenen Stuhl stand das Mädchen.

Und es sah wieder mich an.

Mich!