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Royal Honstone schlendert durch die Stadt Starmile. Er prägt sich jedes Haus, jede Gasse, jede Häuserlücke und Hausnische ein. Er hat die Stadt im Kopf, als hätte er schon viele Jahre darin gelebt.
Als es langsam dunkel wird, geht er in den Speiseraum des Hotels. Eine Stunde später kauft er sich einige Zigarren und tritt auf den Gehsteig.
Royal steht im Schatten des überdachten Gehsteigs und beobachtet, wie eine Horde Reiter vor dem »Paradise« absitzt, die Pferde an die Haltestangen bindet und Mann für Mann durch die Doppelschwingtür verschwindet. Die Abendpost kommt von Westen her hereingerasselt. Vom Bahnhof pfeift eine Lok. Dann hört man einen Viehzug abfahren.
Diese Stadt ist ein wildes Ungeheuer und erwacht erst jetzt richtig zum Leben, denkt Royal. Nun, ich bin ein Spieler. Ich lebe von solchen Städten.
Er wirft seine Zigarre in den Staub der Fahrbahn, bückt sich unter dem Gehsteiggeländer hindurch und geht zum »Paradise« hinüber.
Die Stunde des Spielers ist gekommen ...
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Royal Flush
Vorschau
Impressum
Royal Flush
Royal Honstone schlendert durch die Stadt Starmile. Er prägt sich jedes Haus, jede Gasse, jede Häuserlücke und Hausnische ein. Er hat die Stadt im Kopf, als hätte er schon viele Jahre darin gelebt.
Als es langsam dunkel wird, geht er in den Speiseraum des Hotels. Eine Stunde später kauft er sich einige Zigarren und tritt auf den Gehsteig.
Royal steht im Schatten des überdachten Gehsteigs und beobachtet, wie eine Horde Reiter vor dem »Paradise« absitzt, die Pferde an die Haltestangen bindet und Mann für Mann durch die Doppelschwingtür verschwindet. Die Abendpost kommt von Westen her hereingerasselt. Vom Bahnhof pfeift eine Lok. Dann hört man einen Viehzug abfahren.
Diese Stadt ist ein wildes Ungeheuer und erwacht erst jetzt richtig zum Leben, denkt Royal. Nun, ich bin ein Spieler. Ich lebe von solchen Städten.
Er wirft seine Zigarre in den Staub der Fahrbahn, bückt sich unter dem Gehsteiggeländer hindurch und geht zum »Paradise« hinüber.
Die Stunde des Spielers ist gekommen ...
Die Mahagonibar ist gewiss sechzig Fuß lang. Die Männer stehen zwei oder drei Glieder tief davor, und fünf Barkeeper lassen die gefüllten Gläser wie Zauberer über die Nickelplatte gleiten.
Royal erreicht einen dicken Vorhang, geht hindurch, öffnet eine Tür und betritt den Spielsaal.
Er bleibt eine Weile an einem Farotisch stehen und sieht zu. Dann schlendert er weiter und kommt an einen anderen Tisch. Hier haben die Zuschauer einen dichten Kreis gebildet, aber als Royal näher tritt, weicht der Kreis plötzlich auseinander.
»So geht das nicht! So geht das nicht, du Schuft! So etwas kannst du mit mir nicht machen!«
Eine wilde, böse Stimme brüllt es. Stühle fallen um. Ein großer Mann springt auf und reißt seinen Colt heraus.
Aber der dunkel gekleidete Bankhalter macht nur eine schnelle Handbewegung. Plötzlich liegt ein kleiner Colt Derringer in seiner Hand. Die kleine Waffe muss sich im Ärmel des Spielers befunden haben. Es knallt zweimal kurz.
Der große Mann mit dem Colt kam gar nicht zum Schuss. Er stellt sich auf die Zehenspitzen, lässt die Waffe fallen, dreht sich halb um die eigene Achse und bricht zusammen.
»Schafft ihn hinaus!«, ruft der Bankhalter über die Schulter und sieht dann in die Runde.
»Gentlemen, er griff, wie Sie alle sahen, zuerst zur Waffe. Und ich spiele ehrlich. Er hatte keinen Grund für seine Handlungsweise. Das Spiel geht weiter.«
Zwei Männer tragen den stöhnenden Mann hinaus. Die Stühle werden aufgerichtet und die Chips sortiert. Der Kreis schließt sich wieder.
Royal gleitet auf den frei gewordenen Stuhl und kommt dabei einem anderen Mann zuvor, der fluchend neben ihm stehen bleibt.
»Vielleicht kann ich mich in dieses Spiel einkaufen?« Royal lächelt höflich und sieht dabei den Bankhalter an.
Der hat ein bleiches, hageres Gesicht. Seine Augen sind scharf und stechend.
»Neu hier, Mister?«, fragt er sanft.
»Wer ist nicht neu in dieser jungen Stadt?« Royal lächelt kühl zurück. Und dann erhält er seine Karten, wirft einen schnellen Blick hinein und legt sie verdeckt auf den Tisch. Er beobachtet die drei anderen Mitspieler und schätzt sie binnen weniger Sekunden haargenau richtig ab.
Der Bankhalter ist gefährlich, ein eiskalter, mitleidloser und schlauer Bursche, eben ein richtiger Kartenhai von Format.
Dann ist ein dicker Viehaufkäufer da, der schnaufend und sehr eingehend seine Karten betrachtet und seine rot angelaufenen Augen fragend auf Royal richtet.
»Wir spielen hier ohne Limit, Mister.«
»Das dachte ich mir.« Royal lächelt kühl.
Ein hagerer, falkenäugiger Mann, dessen Haar schon grau ist und den Royal für einen Mann hält, der mit seiner Mannschaft eine Herde abgeliefert hat, eröffnet das Spiel mit fünfzig Dollar.
Der vierte Mann trägt die Tracht der Weide. Er ist noch ein junger Bursche mit hübschem Gesicht. Er ist sehr nervös und hat nur noch wenige Dollar vor sich liegen. Er zählt sie kurz und sagt dann heiser: »Ich nehme den Satz an und verdoppele!«
Er sagt es schrill und etwas ärgerlich.
Nun kommt die Reihe an Royal. Er schiebt zweihundert Dollar in die Mitte und nimmt die beiden obersten Karten von seinem Häufchen.
»Zwei andere bitte«, sagt er sanft und sieht dann in die schmalen Augen des Bankhalters, der ihm zwei Karten über die Tischplatte schleudert.
Dann schiebt der Bankhalter tausend Dollar in die Mitte.
»Lassen wir den Gaul mal richtig laufen«, sagt er leise.
»Verdammt, ich tue es immer wieder«, murmelt der dicke Viehaufkäufer schnaufend und verdoppelt sogar noch.
Der falkenäugige Rancher steigt aus.
»Kann ich den Gentlemen einen Schuldschein ausschreiben, ich meine: Akzeptieren die Gents den Schuldschein als Einsatz? Mir ist im Moment das Geld ausgegangen, und die Bank hat schon geschlossen.«
Die Stimme des jungen Mannes klingt noch schriller als vorher.
»Jake, Sie wissen, dass Sie in diesem Haus kreditwürdig sind«, murmelt der Bankhalter. Er wendet er sich an Royal. »Das ist Mister Jake Scott, der Erbe der S-auf-dem-Balken-Ranch. Sie sind einverstanden, Mister?«
Der nickt, und der junge Mann schreibt schnell einige Worte auf ein Blatt Papier und schiebt es in die Mitte.
Nun ist Royal an der Reihe.
»Angenommen«, sagt er sanft. Als er dann seinen Einsatz macht und die zweitausend Dollar in der Mitte liegen, weiß er, dass er nur noch knapp fünfzig Dollar in der Tasche hat.
Und der lange, dürre Berufsspieler grinst und hält den Einsatz.
»Genug!«, knurrt der Viehhändler und deckt auf.
Rings um den Tisch ist es unwirklich still. Alle Zuschauer halten den Atem an.
Achttausenddreihundertfünfzig Dollar liegen auf dem Tisch. Das Spiel ist vorher schon hart und rau gewesen, als Royal noch nicht dabei war. Aber dann wurde es noch wilder. Und nun entscheidet es sich.
Der Viehhändler hat drei Vieren aufgedeckt.
»Ich bin nicht besser«, sagt Jake Scott schrill.
Als Royal seine Karten aufdeckt, tritt in seine Augen eine gewisse Neugierde, denn er hatte sich die beiden letzten Karten noch gar nicht angeschaut.
Die erste Karte ist die Herz Neun.
Und die zweite die Herz Zehn!
Royal lächelt sanft.
»Das erste Spiel in einer neuen Stadt«, sagt er, »bedeutet für mich viel. Nun, Gents, ich habe einen Flush bis zum König!«
Und er deckt die drei anderen Karten auf. Und alle sehen es: Neun – Zehn – Bube – Dame – König von einer Farbe.
Herzfarbe!
»Ich dachte es mir gleich, Sie sind Royal Flush«, sagt der hagere Spieler und starrt Royal mit glitzernden Augen an. »Ich habe diese Märchen nie geglaubt, aber ich selbst habe die Karten ausgeteilt und habe es gesehen. Nun, das Spiel ist beendet! Sie haben gewonnen, Royal Flush!« Er erhebt sich und steckt sein restliches Geld ein. »Feierabend«, sagt er.
Die anderen starren Royal seltsam an.
»Verdammt, das ist genauso gut wie Falschspiel!«, brüllt der junge Jake Scott plötzlich schrill und springt auf.
Der dichte Kreis der Zuschauer, der wie gebannt das Geschehen beobachtete und nur bei der Nennung von Royals Spitznamen in ein Murmeln ausbrach, spritzt auseinander.
Royal bewegt sich nicht und sieht den jungen Mann an, der vor Wut bebt und die Hand am Colt hat.
»Junger Freund«, sagt er sanft, »Poker ist ein Glücksspiel. Und jeder Spieler hofft auf sein Glück und darauf, dass er richtig bluffen kann. Ich habe Glück im Spiel. Haben Sie etwas dagegen?«
»Da-da-das ist kein Glück! Das ist Zauberei!«
»Es ist Glück, junger Mann«, murmelt Royal bitter und rafft seinen Gewinn zusammen. Den Schuldschein über zweitausend Dollar liest er sorgfältig und steckt ihn in die Tasche.
Dann erhebt er sich.
»Wollen Sie noch etwas von mir, Mister Scott?«
»Ah, gehen Sie zur Hölle!«, ruft der junge Mann und wendet sich schnell ab.
»Sie werden in der ganzen Stadt niemanden mehr finden, der sein Glück mit Ihnen messen will.« Der lange Spieler grinst und geht ebenfalls davon.
Auch der dicke Viehaufkäufer wendet sich schnaufend ab. Er braucht sicherlich dringend einen Whisky. Die Zuschauer zerstreuen sich und gehen zu den anderen Spieltischen. Der falkenäugige Rancher tritt langsam an Royal heran.
»Ich habe auch einige Geschichten über Sie gehört, aber alles für übertrieben gehalten«, sagt er zu Royal. Er mustert ihn scharf. »Ich will Sie nicht beleidigen Mister, aber irgendwie ist es nicht fair. Ich spiele mehr als dreißig Jahre Poker, aber ich kann meine Royal Flushs an einer Hand abzählen. Und Sie sollen sie am laufenden Band in die Hand bekommen. Immer die höchsten Karten und das beste Blatt. Nein, es ist nicht fair!«
»Warum nicht? Soll ich, weil ich gerade in dieser Beziehung Glück habe, keine Karte mehr anrühren, nur um ...«
»Es ist nicht fair, weil Sie vorher schon ganz genau wissen, dass Sie niemals verlieren werden. Sie riskieren überhaupt nichts! Und alle anderen Männer, die sich zum Poker setzen, sind bereit, etwas zu riskieren. Sie sind deshalb unfair, Royal Flush! Vielleicht haben Sie dem Teufel Ihre Seele verschrieben und bekommen deshalb in einem Spiel immer die beste Karte.«
»Nicht immer, manchmal verliere ich auch. So schnell wie heute ist es noch nie ...« Royal bricht ab, denn der grauhaarige Rancher geht davon und zuckt dabei mit den Schultern.
So ist es immer, denkt Royal. Ich bin bekannt wie ein bunter Hund. Wenn ich in einem Spiel einen Flush in die Hand bekomme, so erkennt man mich gleich als den berüchtigten Royal Flush. Niemand wagt es dann noch, gegen mein sagenhaftes Glück anzugehen. Nun, ich werde es beim Faro oder beim Roulette versuchen.
Er wendet sich um und tritt an einen der beiden Roulettetische. Man macht ihm bereitwillig Platz. Der Croupier starrt ihn zwei Sekunden an und ruft dann: »Bitte das Spiel zu machen, Gentlemen!«
Dabei sieht er Royal noch immer unverwandt an.
Royal lächelt und holt dreitausend Dollar aus der Tasche.
»Finale 7«, sagt er ruhig und beobachtet, wie der Croupier die dreitausend Dollar in Chips umwechselt und diese auf die Nummern 7, 17 und 27 schiebt.
Und dann setzen alle anderen Männer wie verrückt, zwar kleinere Beträge nur, aber voller Erwartung und Neugierde. Dabei starren sie Royal an, voller Neid, gierig – und man merkt es manchem an, dass er seine Seele wirklich dem Teufel verschreiben würde, wenn er wie Royal ein ebenso sagenhaftes Glück haben würde.
»Nichts gebt mehr!«, ruft der Croupier plötzlich schrill, als viele Männer wie Royal auf Finale 7 setzen wollen. Und die Elfenbeinkugel klirrt im Rad, springt und klappert und bleibt endlich mit einem leisen Klicken liegen.
Es ist plötzlich so still, dass man von der Straße die grölenden Stimmen einiger Betrunkener hören kann.
Dann ruft der Croupier heiser, und seine Augen, die Royal anstarren, glitzern seltsam: »Siebzehn! Schwarz, Impair und Manque!«
Das ist es wieder, denkt Royal. Er ist bitter, und es freut ihn nicht.
Die Menschen im Raum sind ganz still. Sie starren ihn nur an. Der Croupier schiebt ihm mit dem Rechen eine große Menge Hundertdollarchips zu. Royal stopft sie langsam in seine Taschen. Jemand berührt seinen Arm. Er sieht sich um und blickt in die harten Augen eines rotblonden Mannes.
»Mister Luke Steward möchte Sie sprechen«, sagt der Mann zu ihm.
Royal nickt. »Sicher. Nur eine Minute. Ich tausche meine Chips erst an der Kasse um. Etwas dagegen?«
»Nein«, sagt der Rotblonde sanft und bleibt an seiner Seite.
Royals Seitentaschen werden dick, als er die vielen Dollarscheine hineinstopft. Als er sich abwendet und dem Mann folgt, hat sich ein großer Halbkreis gebildet. Einige Dutzend Augenpaare starren ihn an.
Er folgt dem Rotblonden. Sie durchqueren einen kleinen Raum und treten dann in ein Spielzimmer. Royal schließt die Tür hinter sich und stellt sich neben sie an die Wand.
Auf einem kleinen Tisch in der Ecke befinden sich eine Anzahl Whiskyflaschen und einige Platten mit belegten Broten.
An dem runden Spieltisch sitzen einige Männer. Der lange, dürre und dunkelgesichtige Berufsspieler, der bei der Pokerrunde die Karten ausgeteilt und dann aufgegeben hatte, ist dabei. Aber er spielt in dem Kreis der anderen Männer sichtlich eine untergeordnete Rolle. Vielleicht ist er überhaupt nur hier, weil er über Royals Glück Bericht erstattet hat.
Ein großer, blonder und prächtig anzusehender Mann erhebt sich mit einer geschmeidigen Lässigkeit. Er ist gut einen Kopf größer als Royal und bestimmt dreißig bis vierzig Pfund schwerer – ein Prachtbild von einem Mann. Er ist bestimmt nicht älter als dreißig Jahre, also in Royals Alter. Seine stahlblauen Augen blitzen. Sie sind zwingend und verraten viel von dem Format dieses Mannes.
»Ich bin Luke Steward«, sagt er ruhig und freundlich. Zugleich werden seine Augen dunkel und hart. Sie sind eine Drohung.
»Sie sind also der große Bursche, der sich diese junge Stadt in die Westentasche gesteckt hat.« Royal lächelt auf gleiche Art, und auch seine rauchgrauen Augen verdunkeln sich. In ihm ist plötzlich der untrügliche Instinkt, dass der große Mann dort ihn gern auf ein bestimmtes Format zurechtstutzen möchte.
Er sieht in Luke Stewards Augen und fühlt immer klarer, dass dieser Mann sein Gegner werden muss. Und wenn das kommt, so wird es höllisch werden.
»Royal Flush, die Legenden über Ihr Glück sind keine Märchen oder Übertreibungen. Ihr Glück ist wirklich nicht zu schlagen«, sagt Luke Steward höflich. Aber sein Lächeln ist wie das Zähnezeigen eines Tigers. »Ich halte mich jedoch auch für einen Glückspilz«, fügt er hinzu. »Und ich würde es recht gerne einmal ausprobieren ...«
»Ich nehme jede Einladung an«, unterbricht ihn Royal sanft. Dann sieht er die anderen Männer der Reihe nach an.
Den kleinen Dicken mit dem Glatzkopf hält er sofort für den Bankier dieser Stadt. Und der andere Mann ist gewiss ein großer Rancher. Er ist massig und hat in seinen grauen Augen den Ausdruck eines harten Mannes, der mit seinen Untergebenen und Mitmenschen rau und unduldsam verfährt.
»Das ist Mister Houston Timber von der Spornrad-Ranch«, sagt Luke Steward höflich. »Und dies ist Mister Oliver Wimmer, der Bankier dieser prächtigen Stadt. Mit Robin Consil haben Sie eben Poker gespielt, Royal. Und das ist Red Montana. Er hat Sie doch höflich zu mir gebeten?«
»Das hat er.« Royal nickt und sieht den Rotblonden noch einmal an. Er hat ihn anfangs schon als gefährlich eingeschätzt, doch jetzt stuft er ihn noch eine ganze Klasse höher ein. Von Red Montana hat er bereits einige Dinge gehört. Dieser Mann hat sich mit seinen Colts bereits einen traurigen Ruhm geschaffen. Red Montana ist nichts anderes als ein berüchtigter eiskalter und mitleidloser Revolverbandit.
»Setzen Sie sich, Royal«, sagt Luke Steward und deutet auf einen freien Stuhl.
Royal bewegt sich leicht und geschmeidig durch den Raum und nimmt Platz. Red Montana, der dicht hinter Luke Steward stehen blieb, kommt um den Tisch herum und verhält hinter Royal. Der sieht ihn über die Schulter an.
»Nicht hinter mir, Freund«, sagt er zu ihm und macht eine leichte Kopfbewegung. »Gehen Sie wieder auf die andere Seite zu Ihrem Herrn und Meister. Verstanden!«
Er sieht, wie in Red Montanas Augen eine heiße und jähzornige Flamme aufzuckt, jäh wieder verlischt und einer kalten Wut Platz macht.
Oliver Wimmer, der Bankier, und Robin Consil, der Spieler, stoßen wie auf Kommando ein zweistimmiges Kichern aus. Houston Timber, der Rancher, starrt Royal neugierig an.
Luke Steward macht eine leichte Handbewegung.
»Komm zu mir herüber, Red«, sagt er lässig.
Der Revolvermann gehorcht wie ein Hund, aber er zittert dabei vor unterdrückter Wut am ganzen Körper.
»Wer soll für uns mischen, Royal? Ich setze tausend Dollar darauf, dass ich die höhere Karte ziehe. Kein Poker oder Black Jack also – einfach eine Karte abnehmen. Wollen wir so unser Glück probieren, Royal?«
»Jedes Spiel und wie Sie es wollen.« Royal lächelt. »Ich werde nie passen, Luke, wenn Sie mir ein Spiel antragen.«
»Ich weiß, ich weiß – oh, ich kenne Sie schon richtig, Royal! Ich kenne Sie so gut wie mich, und Sie kennen mich so gut wie sich selbst. Wir wissen beide Bescheid. Nun, diese Dinge werden später geklärt. Vorerst möchte ich einmal wissen, wer mit den Karten das Glück auf seiner Seite hat.« Er lächelt fast herzlich, aber wieder steht in seinen leuchtenden Augen die Drohung.
»Sie sind ein weiser Mann, Luke.« Royal lächelt zurück. Dann macht er eine Kopfbewegung zu Houston Timber. »Vielleicht mischen Sie für uns?«
»Das mache ich«, sagt der Rancher. Seine Hände sind mächtig und seine Handgelenke ungewöhnlich breit. Er reißt die Hülle auf, mischt die Karten sorgfältig und langsam und legt sie mitten auf den Tisch.
»Ich nehme die sechste Karte von oben«, sagt Luke Steward.
Royal zuckt leicht mit den Schultern.
»All right – die siebte Karte für mich.«
Houston Timber deckt die Karten auf.
Er tut es langsam und bedächtig. Die Farben und Bilder glänzen im Lampenschein.
Die sechste Karte ist ein Ass – das höchste Ass.
Die Siebte ist eine Sieben – die Karo-Sieben.
Robin Consil, der Spieler, atmet hörbar auf.
Red Montana sagt: »Oha!«
Oliver Wimmer schüttelt enttäuscht seinen Glatzkopf.
Houston Timber legt seine großen Hände flach auf den Tisch.
Und Luke Steward lächelt Royal an, der ruhig tausend Dollar aus seiner Tasche holt und über den Tisch schiebt.
»So groß ist Ihr Glück also auch wieder nicht, und das wollte ich feststellen, Royal. Wollen wir noch einmal? Einsatz zweitausend Dollar?«
»Nur zu, Luke.« Royal lächelt zurück. Und dann mischt Houston Timber wieder. Und wieder wählen die Männer dieselben Karten: Luke Steward die sechste und Royal Honstone die siebte.
Die sechste ist ein König – und die siebte ist wieder die Karo-Sieben.
Robin Consil stößt ein leises Lachen aus. Red Montana murmelt ein unverständliches Wort. Der Bankier wiegt nachdenklich den Glatzkopf, und Houston Timber legt seine Hände wieder flach auf den Tisch.
Royal zahlt zweitausend Dollar. Als er sie über den Tisch schiebt, sieht er ruhig in Luke Stewards Augen.
»Was ist mit Ihrem Glück plötzlich passiert, Royal?«
»Vielleicht macht es sich Ihnen gegenüber nicht bemerkbar, Luke.«
»Wollen wir noch einmal, damit ich es richtig erkenne, Royal? Sie haben dreitausend Dollar verloren. Sie können sie bei gleichem Einsatz zurückholen.«
Royal nickt und sagt zu Houston Timber: »Mischen Sie bitte!«
Und dann werden die Karten wieder aufgedeckt. Die sechste für Luke Steward, und die siebte für Royal Honstone.
Die sechste Karte ist eine Königin – und die siebte ist zum dritten Mal die Karo-Sieben.
Jetzt lacht Consil und ruft: »Verdammt, er hat im Saloon nur unverschämtes Glück gehabt! Luke, du hast ihn dreimal geschlagen!«
»Jeder kann ihn schlagen, wenn er sich nicht von ihm bluffen lässt«, murmelt Red Montana heiser und seine Augen richten sich gierig auf Royal.