G. F. Unger Western-Bestseller 2622 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Als Jeremy Lassiter den Reiter kommen hört, verlässt er sofort das Feuer und verharrt jenseits des Feuerscheins im Schatten der roten Felsen, die bei Tag so farbenprächtig durch das Grün der Büsche leuchteten.
Der Reiter kommt, entgegen aller üblichen Regeln, ohne Anruf zum Feuer geritten. Das Pferd hält mit gesenktem Kopf an. Es ist ein völlig erschöpftes Tier ohne Sattel. Der Reiter lenkt es wie ein indianischer Pferdedieb mit einem behelfsmäßigen Zaumzeug aus einem Stück Lasso. Aber nun kann er nicht mehr. Sein Seufzen ist bitter und schmerzvoll. Dann schwankt er auf dem Pferderücken, sinkt nach vorn, umklammert den Pferdehals und lässt sich mühsam und mit letzter Kraft vom Pferd gleiten. Er muss sich jetzt stehend am Pferd festhalten.
»He, wer ist an diesem Feuer? Wer bist du, Mister? Komm raus und zu mir, wenn du deine Haut retten willst und Interesse an dreihundert Dollar hast. Komm her, Hombre, bevor ich am Ende bin. Und gib mir einen Schluck - gib mir einen Schluck von irgendeiner Flüssigkeit.«
Die Stimme des Ankömmlings ist kaum zu verstehen, so heiser, stöhnend und gepresst klingt sie. Und die meisten seiner Worte muss Jeremy Lassiter mehr oder weniger erraten ...


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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Tag der Vergeltung

Vorschau

Impressum

Tag der Vergeltung

Als Jeremy Lassiter den Reiter kommen hört, verlässt er sofort das Feuer und verharrt jenseits des Feuerscheins im Schatten der roten Felsen, die bei Tag so farbenprächtig durch das Grün der Büsche leuchteten.

Der Reiter kommt, entgegen aller üblichen Regeln, ohne Anruf zum Feuer geritten. Das Pferd hält mit gesenktem Kopf an. Es ist ein völlig er‍schöpftes Tier ohne Sattel. Der Reiter lenkt es wie ein indianischer Pferdedieb mit einem behelfsmäßigen Zaumzeug aus einem Stück Lasso. Aber nun kann er nicht mehr. Sein Seufzen ist bitter und schmerzvoll. Dann schwankt er auf dem Pferderücken, sinkt nach vorn, umklammert den Pferdehals und lässt sich mühsam und mit letzter Kraft vom Pferd gleiten. Er muss sich jetzt stehend am Pferd festhalten.

»He, wer ist an diesem Feuer? Wer bist du, Mister? Komm raus und zu mir, wenn du deine Haut retten willst und Interesse an dreihundert Dollar hast. Komm her, Hombre, bevor ich am Ende bin. Und gib mir einen Schluck – gib mir einen Schluck von irgendeiner Flüssigkeit.«

Die Stimme des Ankömmlings ist kaum zu verstehen, so heiser, stöhnend und gepresst klingt sie. Und die meisten seiner Worte muss Jeremy Lassiter mehr oder weniger erraten ...

Er tritt aus der Dunkelheit in den Feuerschein, nähert sich dem Fremden und sieht dann, dass dieser schwer angeschossen ist.

Er muss das Ausschussloch vorne haben. Jeremy Lassiter erkennt es instinktiv. Das bedeutet aber auch, dass der Fremde den Einschuss in den Rücken bekam.

Ein Flüchtling also, ein Mann, der verfolgt wird und seinen Verfolgern nur schwer angeschossen entkommen konnte.

Aber er muss ein sehr erfahrener und auch harter Mann sein, der sich nach Indianerart ein Pferd stehlen und dies auch so reiten konnte. Und er blieb trotz der sehr schweren Verwundung im Sattel.

Doch nun ist er am Ende. Sein Blutverlust ist schlimm. Wahrscheinlich hält ihn noch der letzte Rest einer unglaublichen Energie aufrecht.

Jeremy Lassiter holt eine Flasche mit Tequila aus seinem Gepäck. Er lässt ihn einen Schluck trinken, und er versucht nicht, den Mann anzufassen oder ihn gar auf den Boden zu legen. Er weiß, dass der Fremde ohnehin gleich umfallen wird und das, was er zu sagen hat, stehend sagen will.

Und da hört er es auch schon kurz und knapp.

»Drei Mann verfolgen mich aus Canyon Station. Drei! Und sie werden auch dich töten, Freund – weil ich mit dir gesprochen habe. Reite schnell! Schüttle sie ab. Dein Pferd wird frisch sein. Reite zu John Bannack in Concho. Sag ihm, dass ich, Cash Callahan, nicht mehr kommen kann. Sag ihm, dass ich eine Spur fand in Canyon Station – eine heiße Spur. Er wird dir die dreihundert Dollar zahlen, die er mir versprochen hat. Reite!«

Die Knie werden nun unter ihm weich. Er kann nicht mehr länger aufrecht bleiben. Jeremy Lassiter fängt ihn auf und lässt ihn zu Boden gleiten.

Aber als er ihn noch einmal aus der Tequilaflasche trinken lassen will, da erkennt er, dass es zu spät ist.

Dieser Cash Callahan ist tot.

Lassiter durchsucht ihn – und er findet keine Waffe bei ihm, auch sonst nichts. Die Kleidung des Mannes ist zerschlissen und staubig. Im Feuerschein betrachtet Lassiter die Hände des Toten.

Es sind starke, lange und geschmeidige Hände. Es sind die Hände eines Revolvermannes, der zuletzt schwere Arbeit leisten musste. Denn die Innenflächen sind mit frischen Schwielen bedeckt.

Einige Atemzüge lang verharrt Lassiter, und er wiederholt in Gedanken jedes Wort, welches er diesen Cash Callahan sagen hörte.

Lassiter wird sie nicht wieder vergessen.

Er erhebt sich von der Seite des Toten, verharrt einige Sekunden, lauscht angespannt – und erkennt, dass es schon zu spät ist für eine Flucht.

Cash Callahans Verfolger sind schon da. Das rote Feuerauge in der Nacht ist der Punkt für sie, den sie einschließen müssen.

Jeremy Lassiter braucht nur einen kurzen Blick auf seinen Red zu werfen. Das Verhalten seines Wallachs sagt ihm genug. Er weiß deshalb die leisen Geräusche in der Runde richtig zu deuten.

Langsam zieht er sich zurück, bis er mit dem Rücken wieder an einem der roten Felsen lehnt. Er hält seinen Colt bereit und wartet.

Jeremy Lassiter ist ein dunkler, indianerhafter Mann mit graugrünen Augen. Er ist erfahren in diesem Land – und er besitzt den Ruf eines Revolvermannes, der es nirgendwo lange aushält.

Jetzt verharrt er völlig ruhig.

Nach einer Weile kommt ein Reiter geradewegs auf das fast erloschene Feuer zugeritten. Dieser Reiter hält einen halben Steinwurf entfernt und ruft: »Hoi, Feuer!«

Jeremy Lassiter rührt sich nicht.

Er wartet geduldig und hält den Colt bereit.

Sein Pferd und das Tier des toten Callahan stehen in der Nähe. Der Reiter hat die Tiere längst sehen müssen.

Lassiter lauscht nach rechts und nach links. Er weiß zu gut, dass der Reiter ihn ablenken soll, indes die beiden anderen zu Fuß herangeschlichen kommen und das Camp vorsichtig wie zwei Wölfe umkreisen.

Der Reiter kommt nun näher. Er ist ein hagerer Mann, der sich nun etwas in den Steigbügeln aufstemmt, um über einige Büsche hinwegsehen zu können.

»Hoi, hören Sie«, sagt der Reiter. »Ich bin Deputy Marshal. Ich sehe da das gestohlene Pferd und auch den Mann am Boden. Das ist gut! Damit ist alles erledigt. Sie können zum Vorschein kommen, Mister, wer Sie auch sein mögen.«

Aber Lassiter gibt keine Antwort.

Bald schon hört er links neben sich ein Geräusch – und dann sieht er auch schon den schleichenden Mann zum Vorschein kommen. Leicht gebückt erscheint die dunkle Gestalt zwischen Büschen und großen Steinen.

»Hier«, sagt Lassiter ruhig und gleitet gleichzeitig zur Seite. Es ist eine gedankenschnelle Bewegung.

Und er sieht dabei in das Mündungsfeuer, erwidert es, indes er der ersten Kugel entgeht, die dicht neben ihm gegen den Felsen klatscht und dabei zuvor durch sein über dem Gürtel aufgebauschtes Hemd fetzt.

Er kann erkennen, dass er selbst besser getroffen hat, sieht es an der Art, wie der Mann zu Boden geht und dabei vor sich in den Boden schießt, weil ihm die Waffe zu schwer wird.

Lassiter gleitet um den Felsen herum. Er hört den Ruf des Reiters: »Jube, er hat Stapp erledigt! Hölle, er schoss Stapp von den Beinen!«

Lassiter gleitet um den Felsen herum und erklettert diesen von hinten. Es ist ein großer Felsen, größer als ein großer Elefant. Oben liegen ein paar losgebrochene Stücke.

Lassiter nimmt eines und wirft es in die Büsche.

Sofort blitzt ein Mündungsfeuer auf. Der Mann dort in den Büschen feuert zweimal. Dann erwischt ihn Lassiter.

Und dann gleitet er vom Felsen und macht sich auf den Weg. Er findet bald darauf die beiden anderen Sattelpferde, nimmt einem Tier das Lasso vom Sattelhorn und läuft auf den Wagenweg, neben dem sein Feuer brannte.

Als er das Lasso aufgespannt hat, hört er den Reiter kommen.

Der Bursche hat genug. Es genügte ihm, dass seine beiden Begleiter erledigt wurden. Er hat schnell begriffen, dass das Schicksal es schlecht mit ihnen meinte, als es Callahan an diesen Ort führte.

Als sein Pferd gegen das ausgespannte Lasso rennt, überschlägt es sich und wirft den Reiter in den nächsten Busch. Es ist ein Dornenbusch, aus dem der Bursche nicht aus eigener Kraft herauskommen kann.

Lassiter zieht ihn an den Beinen heraus.

Der Mann hat seinen Colt verloren, liegt keuchend auf dem Rücken und hat eine ganze Menge Schmerzen.

»Mann, ihr seid nicht die feinsten Gents«, sagt Lassiter. »Ihr seid gewiss auch keine Deputys. Ich denke, dass ihr ganz miese Pilger seid. Also erzähl mir mal, mein Freund, warum ihr hinter ihm her wart – und warum ihr mich sofort umlegen wolltet, kaum dass ich ›Hier‹ sagte. Heraus mit der Sprache – oder ich werfe dich wieder in den Busch hinein.«

»Dann tu es doch, du Hundesohn«, keucht der Mann und setzt sich langsam auf. Er stöhnt dabei, und es geht ihm gewiss wirklich sehr schlecht.

Lassiter geht zum Pferd hin, welches sich inzwischen erhoben hat.

Als er hinter sich den scharfen Atemzug des Mannes hört, wirbelt er herum. Er entgeht dem geworfenen Messer nur haarscharf. Das Messer fährt durch das Sattelleder des Pferdes und verletzt das Tier schmerzvoll. Es wiehert auf und rast davon.

Lassiter aber geht auf den Mann zu. Dieser scheint nur auf ihn zu warten. Er hat sich erhoben und blickt ihm lauernd und leicht vorgeneigt entgegen.

Dann aber stößt er die Hand nach vorn.

Lassiter fängt beide Kugeln des kleinen Derringers auf, den der Bursche, wie zuvor das Messer auch, aus dem Stiefel oder von sonst woher gezaubert haben muss.

Es ist ein Reflex, der Lassiter schießen lässt. Als das doppelte Mündungsfeuer vor ihm aufblitzt und die Kugeln ihn stoßen, da zieht und schießt er blitzschnell.

Aber er bleibt auch nachher auf den Beinen. Die Kugeln konnten ihn nicht umwerfen. Er war noch zu weit entfernt. Der Mann hätte noch etwas warten sollen. Die Kugeln eines Derringers haben eine geringe Ausgangsgeschwindigkeit.

Doch es waren fast sechs Schritte, und wahrscheinlich war auch die Pulverladung zu schwach oder das Pulver zu schlecht.

Lassiter bekam beide Kugeln ins Fleisch. Sie sitzen nicht tief – eine im Muskelfleisch des linken Oberschenkels, die andere in der rechten Hüfte. Sie durchschlug den Gürtel und verlor dabei schon eine Menge von ihrer Kraft.

Er seufzt bitter. In was ist er da hineingeraten?

Oh, er weiß, dass er diesen John Bannack in Concho danach fragen muss. Dieser Mann wird ihm vielleicht außer den dreihundert Dollar auch eine Aufklärung geben können.

✰✰✰

Es ist kein langer Weg bis Concho, nur etwa siebzig Meilen. Doch für einen verwundeten Mann, der nicht so im Sattel bleiben kann wie sonst, sind es selbst auf solch einem prächtigen Pferd wie Red zwei volle Tage.

Jeremy Lassiter hat sich die beiden Kugeln selbst mit seinem Messer entfernt und die Wunden heftig bluten lassen, bevor er eine Menge von seinem Tequila hineingoss und sie dann verband.

Es ist schon fast Abend, als er vom Hügel aus auf die Häuser von Concho blickt. Der Ort wird von einem engen Bogen des Concho Creek eingeschlossen. Über den Creek führt eine Brücke. Dieser Brücke verdankt der Ort seine Existenz.

Jeremy Lassiter war schon zwei- oder dreimal hier, doch stets nur auf der Durchreise und um sich auszurüsten.

Als die Sonne im Westen schon fast untergegangen ist und von Osten her die blauen Schatten der Nacht das Rot des Himmels fressen, da hält Lassiter vor dem großen Store an und liest den Namen John Bannack.

Nun weiß er, dass er am Ziel ist. Er lässt seinen Red am Wassertrog stehen und geht hinein. Eine dralle Frau mexikanischer Abstammung erscheint aus einem Nebenraum und fragt nach seinen Wünschen.

»Ich möchte zu Mister John Bannack«, sagt Lassiter ruhig.

Sie betrachtet ihn im Lampenschein, entdeckt seine mitgenommene Kleidung und sieht in sein dunkles und hageres Indianergesicht, welches auch einem Comanchen gehören könnte.

»Im Büro wird er sein«, sagt sie. »Dort die Tür führt in den Anbau. Klopfen Sie nur an, Señor.«

Lassiter tut es. Er hört eine Stimme, öffnet, tritt ein und sieht John Bannack.

Bannack ist ein bulliger, glatzköpfiger und vollbärtiger Mann, einer von jener Sorte, die ständig so wirkt, als wollte sie alles auf die Hörner nehmen. Er hält seinen massigen Kopf etwas gesenkt, sodass er unter der Stirn hinweg auf sein Gegenüber blicken muss.

»Kann ich etwas für Sie tun?« So fragt er. Seine Stimme klingt rau.

Lassiter schließt die Tür, nähert sich Bannack und sagt dann leise: »Ich bringe Grüße von Cash Callahan.«

Bannack, der mit einer Flasche zu seinem Schreibtisch trat und sich dort ein Glas vollschenken wollte, verharrt mitten in der Bewegung. Dann aber vollendet er sein Vorhaben, aber seine Hand zittert leicht.

»Wollen Sie auch einen Schluck? Da steht ein Glas. Das ist bester Bourbon aus Kentucky. Na?«

Lassiter holt sich ein Glas von einem Tischchen, tritt zu ihm und lässt sich eingießen. Jetzt zittert Bannacks Hand nicht mehr. Er hat sich wieder fest in der Hand und unter Kontrolle.

»Cash Callahan ...«, sagt Bannack und wirkt wie ein Mann, der erst nachdenken muss, um sich überhaupt an den Namen erinnern zu können.

»Ich vertrete ihn gewissermaßen«, erwidert Lassiter.

»Und warum kommt er nicht selbst?«

»Er kann nicht – weil ein toter Mann nichts mehr kann, gar nichts mehr. Callahan schaffte es nur noch bis zu mir. Bevor er starb, redete er noch eine Weile. Und dann kamen auch schon die drei Burschen, die ihn so schlimm angeschossen und dann verfolgt hatten. Mister Bannack, bevor ich weiterspreche, bekomme ich dreihundert Dollar. Callahan versprach sie mir. Und dann möchte ich von Ihnen wissen, um was es geht. Ich möchte Ihre Version hören und mit Callahans Geschichte vergleichen. Übrigens – mein Name ist Lassiter, Jeremy Lassiter.«

»Der aus Laredo?«

»Ja, der aus Laredo.«

John Bannack blickt Lassiter noch einmal scharf an, nickt dann. »Ja, Sie sehen wie ein Mann aus, der Lassiter sein könnte – der Revolvermann Jeremy Lassiter, der ...«

»Schon gut«, murmelt Lassiter. »Ich weiß, wer ich bin und was andere Leute von mir halten. Ich weiß auch, dass es Leute gibt, die meinen Namen wie einen Fluch aussprechen. Aber kommen wir lieber zur Sache. Ich bin weit geritten und habe zwei Kugelwunden. Zuerst also die dreihundert Dollar, die Callahan mir in Ihrem Namen versprach.«

Er geht nach diesen Worten mit dem noch halb vollen Glas in der Hand zu einem Sessel und lässt sich darin nieder.

John Bannack sieht, wie Lassiter bei jedem Schritt hinkt.

»Callahans Verfolger ...«, beginnt Bannack.

»... die haben sich mit mir eingelassen«, unterbricht ihn Lassiter. »Was glauben Sie, woher ich die beiden Kugellöcher habe?«

»Sind Sie mit Callahans Verfolgern zurechtgekommen?« John Bannack fragt es heiser. Und er fügt leiser, doch dafür eindringlicher hinzu: »Das ist doch wichtig, nicht wahr? Das ist ...«

»Sie wollten mich töten wie Callahan, und sie gerieten an den falschen Mann«, unterbricht ihn Lassiter abermals.

Dann schweigen sie, sehen sich an. John Bannack überlegt. Aber er füllt nochmals sein Glas, will auch das von Lassiter füllen. Dieser schüttelt den Kopf.

»Nein, mehr als einen Whisky trinke ich nie.«

Bannack setzt sich. Aber er öffnet die Schreibtischlade, holt Geld heraus und zählt es auf den Schreibtischrand, sodass Lassiter es vom Sessel aus nehmen kann.

Doch Lassiter nimmt es noch nicht.

»Jetzt erzählen Sie, Mister Bannack«, sagt er. »Wenn Ihre Geschichte mit der von Callahan übereinstimmt, werde ich Ihnen sagen, was er mir sterbend noch mitteilte. Also?«

Bannack nickt.

»Dieses Land hier war nach dem Bürgerkrieg fast tot«, beginnt er. »Die Schutztruppen waren abgezogen worden, um auf den Kriegsschauplätzen zu kämpfen. Und Apachen und Banditen wurden immer schlimmer. Ich kam nach dem Krieg her, eröffnete den Store, brachte eine Fracht- und Postlinie in Gang und machte in einigen großen Zeitungen im Osten Reklame. Ich wollte Menschen herlocken, Siedler, Farmer und auch Pferde- und Rinderzüchter. In diesem Land rings um Concho und zu beiden Seiten des Creeks ist Platz für alle. Ich wollte Concho zum Mittelpunkt machen, und ich hoffte, dass in diesem Territorium ein neues County entstehen würde und Concho County-Hauptstadt werden könnte. Das waren meine Ziele.«

Er macht nun eine Pause, nippt am Whisky und denkt noch einmal nach.

»Es ging eine Postkutsche verloren«, sagt er dann. »Eine Kutsche mit Fahrer, Begleitmann und neun Passagieren verschwand spurlos. Apachen oder Banditen, dies vermutete man. Aber man fand keine Spur – gar nichts. Die Kutsche, sechs Pferde und elf Menschen verschwanden spurlos. Einfach fort – in Luft aufgelöst – nicht mehr da. Keine Spur mehr. Nichts!«

John Bannacks Worte wurden zuletzt mehr und mehr eine Art hilfloses Gestammel. In seine Stimme kam eine tiefe Ratlosigkeit.

Und nachdem er eine kleine Pause gemacht hat, trinkt er wieder aus dem Whiskyglas. Aber er ist kein Mann, der schnell betrunken wird.

»Wo sind sie geblieben?« So fragt er. »Und dann noch der Wagenzug?«

»Welcher Wagenzug?« Dies fragt Lassiter merkwürdig sanft.