G. F. Unger Western-Bestseller 2631 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Maggie Ballard und ihre Mädchen stehen an der Reling der »Willamette Queen«, als das Dampfboot an einer der Landebrücken von River Bend festmachen will. Es ist schon fast Abend, und die wilde Stadt am Willamette River kommt langsam in Betrieb.
An einem Pfahl der Landebrücke lehnt ein Mann.
Maggie Ballard deutet zu ihm hinüber und sagt dann zu ihren sieben Mädchen: »Seht ihr den da? Das ist Luke Larkin, der Marshal von River Bend. Er ist ein verdammter Hundesohn, ein Mistkerl, wie es keinen zweiten gibt. Und er nennt sich das Gesetz von River Bend. Ich bin sehr froh, dass wir hier nur Holz übernehmen und einige Passagiere und Stückgut absetzen. Gleich geht es weiter. Denn müssten wir in dieser Stadt bleiben, ginge es uns schlecht. Wir würden bald nur noch für diesen Hundesohn anschaffen.«
Sie hat kaum ausgesprochen, als einer der beiden Kessel der »Willamette Queen« wie eine aufgepustete Tüte, die man zwischen zwei Händen zum Platzen bringt, explodiert ...


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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Das Gesetz von River Bend

Vorschau

Impressum

Das Gesetz von River Bend

Maggie Ballard und ihre Mädchen stehen an der Reling der »Willamette Queen«, als das Dampfboot an einer der Landebrücken von River Bend festmachen will. Es ist schon fast Abend, und die wilde Stadt am Willamette River kommt langsam in Betrieb.

An einem Pfahl der Landebrücke lehnt ein Mann.

Maggie Ballard deutet zu ihm hinüber und sagt dann zu ihren sieben Mädchen: »Seht ihr den da? Das ist Luke Larkin, der Marshal von River Bend. Er ist ein verdammter Hundesohn, ein Mistkerl, wie es keinen zweiten gibt. Und er nennt sich das Gesetz von River Bend. Ich bin sehr froh, dass wir hier nur Holz übernehmen und einige Passagiere und Stückgut absetzen. Gleich geht es weiter. Denn müssten wir in dieser Stadt bleiben, ginge es uns schlecht. Wir würden bald nur noch für diesen Hundesohn anschaffen.«

Sie hat kaum ausgesprochen, als einer der beiden Kessel der »Willamette Queen« wie eine aufgepustete Tüte, die man zwischen zwei Händen zum Platzen bringt, explodiert ...

Die Explosion ist gewaltig, und das kochende Wasser schießt mit den Trümmern der Deckaufbauten auf der Backbordseite gen Himmel.

Da sie aber mit der Steuerbordseite anlegen wollen, werden Maggie und deren Mädchen nicht sofort in Mitleidenschaft gezogen – auch alle anderen Passagiere nicht, die an der Reling das Anlegen beobachten wollten.

Maggie Ballard ist eine entschlossene Frau. Sie kreischt mit sich überschlagender Stimme: »Springt! Zum Teufel, springt!«

Sie tun es sofort, denn sie sind keine dummen Gänse, sondern erfahrene Frauen, die sich schon mehr als einmal in Gefahr befanden.

Als sie untertauchen zwischen dem Schiff und der Landebrücke, da fliegt auch der zweite Kessel in die Luft, mit ihm der Rest der Aufbauten – und viele menschliche Körper.

Es ist eine der üblichen Schiffskatastrophen, wie sie in diesen Jahren auf den Strömen nicht selten vorkommen, weil die Maschinisten immer wieder die Überdruckventile zu fest zudrehen müssen, um genügend Dampf zu schaffen als Kraft gegen die reißende Strömung.

Der Willamette River führt leichtes Hochwasser. Vorhin noch wurde diese Dampfkraft benötigt, beim Anlegen dann aber nicht mehr.

Maggie Ballard, deren Mädchen und einige andere Passagiere, die ebenfalls sofort sprangen, bleiben lange unter Wasser und werden von der Strömung fortgerissen.

Als sie endlich auftauchen und dem Ufer zustreben, sehen sie, dass die Reste der »Willamette Queen« brennen. Denn natürlich flogen auch die Feuerbuchsen auseinander und schleuderten die Glut überallhin.

Sie sammeln sich dann endlich keuchend an Land, hocken beisammen wie eine Schar durchnässte Hennen. Einige übergeben sich, weil sie zu viel Wasser schluckten.

Dann sagt Esther voller Überzeugung: »Merde, merde, merde!«

Sie ist französischer Abstammung und kommt aus New Orleans. Und dort sagt man nun mal »Merde«, wenn man sich Luft machen will.

Josie pflichtet ihr sofort bei und spricht bitter: »Ja, da sitzen wir jetzt drin bis zum Hals.«

Neben ihnen stieg ein Mann an Land, der sich ebenfalls am Ufer hinhockte, um sich die sehr teuer aussehenden Stiefel auszuziehen und das Wasser auszugießen. Dieser Mann wendet ihnen den Kopf zu und spricht tröstend: »Schwestern, es hätte schlimmer kommen können, nicht wahr? Ihr schafft es gewiss schnell, wieder auf die Beine zu kommen. Euch geben hier gewiss viele Anleger Kredit zu günstigen Zinsen. Ihr seid bald wieder ganz oben. Denn jede von euch ist schön. Ihr seid alle was Besonderes. So schöne Frauen ...«

»Sie reden Unsinn, Bruder«, unterbricht ihn da Maggie Ballard. »Sie wissen wohl nicht, was dies für eine Stadt ist? Haben Sie denn nicht den Mann auf der Landebrücke gesehen? Noch nie etwas von Luke Larkin gehört, dem Gesetz von River Bend?«

Ihre Stimme klingt zuletzt voll höhnender Bitterkeit.

»Doch, doch«, erwidert der Mann, indes er sich die Stiefel wieder anzieht. Es sind Cowboystiefel aus allerfeinstem Leder, wie sie nur von besonderen Künstlern in Texas angefertigt werden und die so viel kosten wie fünf gute Pferde.

»O ja«, spricht er weiter. »Ich habe von diesem Town Marshal schon gehört.« Er erhebt sich. »Viel Glück, Schwestern«, spricht er noch und geht dann auf der Uferstraße davon.

Sie sehen ihm nach. Dann spricht Esther: »Der ist doch ein Texaner. Da wette ich. Was macht ein Texaner hier oben in Oregon auf dem Willamette River? Der ist aber weit weg von seiner Heimatweide.«

»Das sind viele Texaner«, erwidert Maggie Ballard, »besonders dann, wenn sie als Revolverschwinger oder Spieler unterwegs sind oder Schatten auf ihren Fährten haben. Zerbrechen wir uns nicht unsere Köpfe wegen dieses Burschen. Gehen wir!«

Die brennenden und qualmenden Reste der »Willamette Queen« wurden indes von der Strömung abgetrieben. Da und dort hocken Überlebende, die sich ans Ufer retten konnten.

In der nahen Stadt aber gehen jetzt überall die Lichter an.

Der Fluss wird eingesäumt von gewaltigen Wäldern. Überall sind Sägemühlen. Und aus den Wäldern schafft man auf den Zuflüssen – zumeist angestaute Creeks – fortwährend Holz heran.

Dieses Holz ist vergleichbar mit Gold oder Silber, denn es bringt Geld. Holzfäller, Sägewerkarbeiter und Flößer – all diese hart arbeitenden Burschen lassen in einer Stadt wie dieser jede Nacht den Puma raus, stürzen sich in rasende Orgien, die erst mit dem letzten Dollar ihr Ende nehmen.

Auch Maggie Ballard wollte mit ihren Mädchen zu solch einer Stadt. Denn den Holzfällern und Flößern das schwer verdiente Geld abzunehmen, dies ist ihr Gewerbe. Doch nun sitzen sie in der Stadt fest, die sie meiden wollten, weil es hier Luke Larkin gibt.

Dieser steht mitten auf dem Uferweg, als sie herankommen.

»He, ihr nassen Katzen«, begrüßt er sie. »Willkommen in River Bend. Maggie Ballard, ich habe dich sofort an Bord erkannt. Gewiss hast du deinen Katzen gesagt, was für ein Mistkerl ich bin. Na gut, dann ist ja alles klar zwischen uns. Und nun müsst ihr mich schön bitten, dass ich euch in die Stadt lasse. Es gibt nämlich hier ein Gesetz, welches mir zur Pflicht macht, jeden Landstreicher aus der Stadt zu weisen. Und Landstreicher ist, wer keine Arbeit hat und keine Barmittel vorzeigen kann, die es ihm möglich machen, drei Tage und Nächte Essen und Unterkunft zu bezahlen. Habt ihr so viel Geld bei euch?«

Zuletzt klingt seine Stimme höhnend.

Auf den Fußsohlen wippend und mit gegen die Hüften gestemmten Händen steht er vor ihnen. Und er ist ein harter, gnadenloser Bursche.

Maggie Ballard aber wendet sich an ihre Mädchen. »Habe ich euch nicht gesagt, dass er ein verdammter Mistkerl ist?«, spricht sie. Dann sieht sie Luke Larkin wieder an. »Wir alle tragen etwas Schmuck an den Fingern, Handgelenken oder am Hals. Wir werden eine ganze Menge Dollars zusammenbekommen und ...«

»Nein«, unterbricht er Maggie Ballard hart. »Ihr werdet keinen Schmuck verkaufen in meiner Stadt. Er könnte gestohlen sein. Ihr könntet ihn wie Hehler billig erworben haben. Ich muss die Bürger dieser Stadt davor schützen, dass sie selbst Hehler werden. Ihr habt nur eine Chance, und du kennst diese Chance, Maggie. Wir sind ja schon alte und gute Bekannte, nicht wahr?«

»O ja, du verdammter Hundesohn. das sind wir – leider«, erwidert sie. »Du willst also unsere völlige Unterwerfung?«

»Auf eine Truppe wie euch habe ich nur gewartet«, erwidert er. »Und es wird euch nicht schlecht gehen. Ich lasse euch die Hälfte aller Einnahmen. Also, gehen wir.«

Er wendet sich um und setzt sich in Bewegung.

Maggie Ballard aber murmelt: »Kommt Zeit, kommt Rat. Wir sind in seiner Stadt. Ja, wir müssen uns ihm unterwerfen. Er hat uns in der Falle. Gehen wir, Kinderchen, gehen wir mit ihm. Ich kenne ihn. Er ist ein harter Hundesohn. Er blufft nie. Folgen wir ihm. Wir brauchen eine Unterkunft, Kleidung, Essen. Folgen wir ihm, bis wir klarer sehen hier in River Bend.«

Sie setzt sich in Bewegung, und sie ist immer noch eine reizvolle Frau.

Es gab mal eine Zeit, da gehörte sie diesem Kerl und war verrückt nach ihm. Damals war er ihr sehr viel jüngerer Beschützer und Liebhaber – bis er sie mit jüngeren Frauen betrog und fortschickte.

Sie biegen in eine Gasse ein, welche vom Fluss zur Stadt hinaufführt, die etwas höher errichtet wurde, um nicht durch Hochwasser gefährdet zu werden.

Immer noch sind sie nass wie aus dem Fluss gekommene Katzen, und gewiss sind sie auch so etwas wie zweibeinige Katzen, ganz gewiss keine hilflosen Hühner. Unter Maggie Ballards Führung haben sie sich überall behaupten können. Und jede von ihnen hat irgendein Ziel für die Zeit »danach«.

Josie will ein Modegeschäft eröffnen, zum Beispiel in San Francisco oder New Orleans. Dee möchte einen Musikladen und Musikinstrumente verkaufen. Sie selbst wollte einmal Pianistin werden und gab als Kind schon Konzerte. Susy denkt an einen Laden für Süßigkeiten jeder Art, besonders für köstliche Pralinen.

Und auch April, Mary, Fay und Esther haben ähnliche Wünsche. Gewiss, sie haben auf irgendwelchen Konten einige Ersparnisse. Doch mit der »Willamette Queen« ging auch für sie alles verloren, was sie mit sich führten.

Sie sind abgebrannt und völlig in der Hand dieses Marshals, der sich »Das Gesetz von River Bend« nennt.

Ihm gehört die Stadt. Gewissermaßen gleicht er einem Kraken, der seine Beute mit unzähligen Armen festhält.

Wer nach River Bend kommt und von wem was zu holen ist, der fällt Marshal Larkin in die Hände. Dann ist er zwar nicht verloren, aber er muss teilen.

Als Maggie Ballard sich einmal umblickt, da entdeckt sie endlich Kim Lacey, den kleinen, unscheinbar wirkenden Burschen, der dem Marshal mit einer abgesägten Schrotflinte stets wie ein Schatten folgt und ihm den Rücken deckt.

Das war damals schon so.

Und so ist es noch immer.

Dieser Kimbrough Lacey wirkt so unscheinbar wie ein halb verhungerter Coyote. Und er ist so gefährlich wie eine Giftviper – eine von jener Sorte, deren Biss den Tod bedeutet, eine von jener Sorte, die nicht rasselt wie eine Klapperschlange, also vor dem Zubiss gewissermaßen warnt, sondern aus dem Hinterhalt zustößt.

Sie erreichen hinter Luke Larkin das Willamette Hotel. Es ist das größte und nobelste in der wilden Holzfäller- und Flößerstadt, die mit einer wilden Goldgräber- und Minenstadt vergleichbar ist.

Der Marshal betritt das Hotel.

Maggie und die Mädchen folgen ihm.

Pat Stone, der Besitzer, steht selbst hinter dem Anmeldepult. Er ist einer der drei Stadträte, denen es Luke Larkin damals zu verdanken hatte, dass er hier den Vertrag als Town Marshal bekam. Und dieser Vertrag gilt jetzt noch zwei Jahre.

Pat Stone hebt seinen Blick und starrt Larkin und den nach diesem eintretenden Frauen entgegen. Dabei sagt er: »He, Luke, was war das für ein Krachen am Fluss?«

»Ein Dampfboot flog in die Luft«, erwidert Larkin. »Und ich brauche vier Doppelzimmer für diese acht Schönen. Ja, ja, sie sehen jetzt nicht besonders aus, mehr wie gerupfte Hühner, aber du wirst staunen, Pat, wie die sich verändern, wenn sie erst wieder trocken sind. Also mach vier Doppelzimmer frei.«

»Ich bin voll belegt, Luke. Ich kann doch nicht ...«

»Doch, du kannst«, unterbricht ihn Larkin. »Schmeiß die ganze Blase raus, die du in den besten Zimmern wohnen lässt. Die Kerle sind ja ohnehin mehr in den Hurenhäusern, in den Spielhallen und Saloons als in deinem Hotel. Schmeiß sie achtkantig raus! Und wenn sie Schwierigkeiten machen, dann lass mich holen.«

Er wendet sich an Maggie Ballard.

»Ich gehe jetzt zum General Store und in den Modeladen. Sie werden euch eine große Auswahl Sachen schicken. Und wenn ihr in diesem Hotel nicht gut bedient werdet, wenn euch der Service nicht zufriedenstellen sollte, dann sagt mir Bescheid. Ich kann solch ein Hotel in dieser Stadt jederzeit wegen Seuchengefahr schließen. Es ist ganz einfach.«

Nach diesen Worten geht er hinaus.

Pat Stone aber starrt auf die acht Frauen.

»Verdammt«, knirscht er, »warum tut ihr mir das an – ihr alle?«

»Das war nicht unsere Idee«, erwidert Maggie Ballard spröde. »Das war seine Idee. Er ist euer Marshal, nicht unserer. Wir wollten hier nicht an Land gehen.«

✰✰✰

Indes geht der Marshal weiter die Straße hinauf.

Und wieder folgt ihm sein Schatten auf der anderen Straßenseite in einigem Abstand.

Luke Larkin erreicht nach etwa hundert Schritten die Bunyan Hall. Paul Bunyan – nun, er ist der Schutzheilige der Holzfäller und Flößer, etwa vergleichbar mit dem Rübezahl in Germany.

Larkin durchquert die Tanz- und Amüsierhalle. An der langen Theke stehen die durstigen Kehlen schon in zwei Reihen.

Eine Kapelle spielt, und die Tanzmädchen lassen sich von den Holzfällern und Flößern herumschwenken.

Der Betrieb hat vorhin erst begonnen, und so geht es noch einigermaßen gesittet zu. Denn es gibt noch keine Betrunkenen.

Als Larkin die Spielhalle nebenan betritt, weicht der Türsteher schnell zur Seite. Larkin verhält kurz neben dem Mann und sagt klirrend: »Ihr seid fertig hier in River Bend, Johnny Benteen, restlos fertig. In einer Stunde seid ihr aus der Stadt. Und jetzt jage ich deinen Boss zum Teufel.«

Er geht weiter. Nach dem dritten Schritt wirbelt er herum.

Und tatsächlich, er hat sich nicht getäuscht. Jener Johnny Benteen, der hier eine Art Hauspolizist ist, hat seinen Revolver aus dem Schulterholster geholt und zielt bereits auf ihn. Dabei ist sein Gesicht vor Wut verzerrt, denn er ist ein eitler Revolverschwinger.

Doch weil Larkin herumwirbelt wie ein Wildkater, dem ein Hund nach dem Schwanz schnappt, entgeht er der Kugel.

Im nächsten Sekundenbruchteil ist Johnny Benteen tot.

In der Spielhalle ist es jetzt noch stiller.

Die Tür von John Duncans Privatzimmer öffnet sich. Es ist zugleich auch sein Office. John Duncan tritt heraus – ein großer, massiger dunkelhaariger Mann, der früher ein Kartenhai war.

Er starrt zu Larkin hinüber.

Und die Stille im Raum scheint noch zuzunehmen, so als ob sie alle ihren Atem anhielten.

In die Stille aber fallen nun Luke Larkins Worte, die er mit trügerisch ruhiger Stimme spricht: »Duncan, ich habe es Ihnen angedroht, nicht wahr? Bei der nächsten Schießerei mit einem Toten schließe ich die ganze Halle. Sie sind fertig hier. Ich gebe Ihnen eine Stunde. Sie können mitnehmen, was Sie wollen. Aber in einer Stunde jage ich Sie aus der Stadt. Ihr Mann wollte mir in den Rücken schießen, wahrscheinlich in Ihrem Auftrag, weil ich Ihnen androhte, dieses Haus zu schließen. Nun gut, Sie sind fertig hier. Raus aus meiner Stadt!«

Immer noch ist es still.

Man hört das schwere Atmen des ehemaligen Spielers John Duncan, der vor Jahren mal einen Lungenschuss abbekam und seitdem Atemprobleme hat. Die verspürt er auch jetzt.

Er starrt Luke Larkin an – und die ganze Gnadenlosigkeit des Marshals trifft ihn wie ein kalter Hauch. Er möchte kämpfen, mehr als nur protestieren. Er möchte seine Leute rufen – all die Barkeeper, die Rauswerfer und Revolverschwinger, die auf seiner Lohnliste stehen.

Aber er wagt es nicht. Er hat nicht die Nerven dazu.

Sein Revolvermann Johnny Benteen liegt tot am Boden, und er weiß zu gut, dieser Marshal ist nie allein. Irgendwo wird Kim Lacey sein und zur rechten Zeit eingreifen.

Die Stille zerrt an John Duncans Nerven. Er weiß, sie alle warten auf sein Reagieren. In diesen Sekunden zerbricht der Ex-Spieler John Duncan. Er ist nicht mehr der Mann, der er früher einmal war. Sie alle sehen es, und einige seufzen sogar.

John Duncan nickt nach einigen Sekunden des stummen Verharrens. Er sagt kein Wort, nickt nur. Dann wendet er sich um und geht schwer atmend in sein Office zurück.

Nun wendet sich Luke Larkin an alle: »Gentlemen, ihr habt es gehört! Dieses Haus ist geschlossen! Der Stadtrat von River Bend wird in den nächsten Tagen entscheiden, was mit der Bunyan Hall geschieht.«

✰✰✰

Es ist am nächsten Tag, etwa eine Stunde vor Mittag, als sich die drei Stadträte mit dem Marshal zusammensetzen, um dessen angebliche Eigenmächtigkeit zu diskutieren. Außer Pat Stone sind das noch George Mullen und Abe Williams. Sie kommen nacheinander ins Office, in dem sich auch die Gefängniszellen befinden.

Luke Larkin sitzt hinter dem Schreibtisch und starrt sie mit seinen stahlblauen Augen an, und es zeigt sich, dass keiner von ihnen seinem Blick lange standhalten kann.

Aber dann bricht Pat Stone, der Besitzer des Willamette Hotels, das grimmige Schweigen. Mit einem bösen Klang in der Stimme sagt er: »Larkin, Sie nehmen sich zu viel heraus. So geht das nicht weiter. Ich musste in der vergangenen Nacht acht gute Gäste aus dem Hotel werfen, um in deren Zimmern acht Huren unterzubringen. Und Sie haben mir gedroht, Larkin! Aber wir sind die Stadträte, wir drei. Wenn Sie uns nicht mehr passen, dann können wir Sie feuern. Auch was Sie mit John Duncan gemacht haben, übersteigt Ihre Kompetenzen bei weitem. Dazu wäre ein Beschluss des Stadtrates nötig gewesen.«

»Sicher.« Larkin grinst. »Diesen Beschluss holen wir jetzt nach. Und zugleich beschließen wir, dass in Zukunft solche Beschlüsse nicht mehr notwendig sind und ich nach eigenem Ermessen handeln kann. Halt, Gentlemen! Bevor Sie wild werden und unüberlegte Worte von sich geben, lassen Sie mich noch einige Dinge klarstellen. Ich bin das Gesetz von River Bend. Ich halte diese Stadt unter Kontrolle, sorge dafür, dass sie nicht zu wild wird, dennoch aber in ihr die Dollars rollen. Gäbe es mich nicht, dann wäre die Stadt längst außer Kontrolle. Die sogenannte ›Schmutzige Gilde‹ hätte River Bend übernommen. Niemand von euch ehrenwerten Bürgern wäre mehr sicher. Ich bin es, der euch schützt – auch eure Frauen, ich allein. Und deshalb brauche ich alle Vollmachten. Entweder wird das jetzt in die Satzung der Stadt geschrieben, oder ich lasse euch sitzen inmitten der Wilden, die hier Nacht für Nacht den Puma rauslassen. Na los, entscheidet euch. Jetzt gleich! Ja, ich setze euch jetzt und hier ein Ultimatum. Jetzt sofort!«

Seine Stimme klirrt.

Und dann starrt er sie wieder nacheinander an. Dabei geht von ihm etwas aus, das sie bis tief in ihren Kern trifft, gewissermaßen in sie eindringt, irgendwie lähmt. Sie wissen zu gut, wie gefährlich er ist und wie schnell er töten kann.

Stone, Williams und Mullen wissen auch, dass die Stadt gewissermaßen explodieren würde wie ein überhitzter Dampfkessel, wenn sie einige Nächte ohne Marshal bliebe.

Und selbst wenn man für Luke Larkin einen Nachfolger finden könnte – wäre er anders?

Sie beginnen nacheinander zu nicken.

Dann murmelt George Mullen: »Nun gut, Marshal, wir werden die Stadtsatzung dahingehend ändern, dass Sie von nun an, ohne den Stadtrat zu fragen, nach eigenem Ermessen alle Vollmachten haben und ausschöpfen können. Aber wir begeben uns damit in Ihre Hand, Larkin. Und das passt uns nicht, verdammt noch mal.«

Da hebt Larkin die Rechte. Es ist seine schnelle Revolverhand. »Aber diese Hand beschützt euch«, spricht er klirrend.

Mehr sagt er nicht. Und auch sie haben nichts mehr zu sagen. Sie erheben sich und wollen gehen.

Er aber spricht hart: »Halt! Erst wird die Satzung geändert – oder besser gesagt in diesem Fall ergänzt. Dann erst können Sie gehen, Gentlemen.«

Sie gehorchen schweigend. Pat Stone ist es, der sich die Kladde geben lässt und einen entsprechenden Eintrag macht, den sie alle drei unterschreiben. Dann erst können sie gehen.

Und keinem von ihnen ist dabei wohl zumute.

»Er hat uns erpresst«, keucht Pat Stone draußen.

»Wir hatten keine andere Wahl«, stöhnt Williams.

»Und wir verdienen nicht schlecht«, knurrt Mullen. »Solange er uns beschützt, verdienen wir nicht schlecht. Das gilt auch für alle anderen Bürger.«

Sie gehen nun wortlos auseinander.