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Die Gefangenen traten nacheinander zum Amboss, und der Schmied setzte bei jedem den Spalthammer auf die Nieten der Fußschellen. Dann schlug er zwei oder dreimal mit dem Handhammer auf den Kopf des Spalthammers. Und so fielen die Fußschellen. Die Kette und die Eisenkugel waren blank gescheuert vom Staub der Straße, an deren Bau die Sträflinge gearbeitet hatten.
Die Namen der fünf Strafsoldaten hatte ich vorher schon im Kopf. Aber der Oberaufseher rief sie nochmals:
»Jim Bannerhan! Chuck McCloud! San Sabe! Hank Lane! Jake Lee!«
Das waren sie also, und jeder dieser Strafsoldaten hatte einige Jahre in Steinbrüchen oder beim Straßenbau gearbeitet. Zwischendurch hatten sie strengen Exerzierdienst tun müssen. Sie waren von früh bis spät geschliffen und geschunden worden.
Nun war ihre Strafe abgelaufen.
Ich trat vor und sagte: »Macht die Ohren auf, Männer. Ich bin Master Sergeant Shayne und habe den Auftrag, euch zum nächsten Kommando zu führen. Denn ihr habt immer noch einen Vertrag mit der Armee. Sie kann auf Hombres wie euch nicht verzichten. Das sollte euch stolz machen. Ihr empfangt jetzt alles, was euch wieder zu Kavalleristen macht. In einer Stunde reiten wir. Wegtreten!«
Es war ein verdammter Job, den die Armee mir diesmal übertragen hatte. Ich wusste, dass ich noch eine Menge Kummer bekommen würde ...
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Verdammter Job
Vorschau
Impressum
Verdammter Job
Die Gefangenen traten nacheinander zum Amboss, und der Schmied setzte bei jedem den Spalthammer auf die Nieten der Fußschellen. Dann schlug er zwei oder dreimal mit dem Handhammer auf den Kopf des Spalthammers. Und so fielen die Fußschellen. Die Kette und die Eisenkugel waren blank gescheuert vom Staub der Straße, an deren Bau die Sträflinge gearbeitet hatten.
Die Namen der fünf Strafsoldaten hatte ich vorher schon im Kopf. Aber der Oberaufseher rief sie nochmals:
»Jim Bannerhan! Chuck McCloud! San Sabe! Hank Lane! Jake Lee!«
Das waren sie also, und jeder dieser Strafsoldaten hatte einige Jahre in Steinbrüchen oder beim Straßenbau gearbeitet. Zwischendurch hatten sie strengen Exerzierdienst tun müssen. Sie waren von früh bis spät geschliffen und geschunden worden.
Nun war ihre Strafe abgelaufen.
Ich trat vor und sagte: »Macht die Ohren auf, Männer. Ich bin Master Sergeant Shayne und habe den Auftrag, euch zum nächsten Kommando zu führen. Denn ihr habt immer noch einen Vertrag mit der Armee. Sie kann auf Hombres wie euch nicht verzichten. Das sollte euch stolz machen. Ihr empfangt jetzt alles, was euch wieder zu Kavalleristen macht. In einer Stunde reiten wir. Wegtreten!«
Es war ein verdammter Job, den die Armee mir diesmal übertragen hatte. Ich wusste, dass ich noch eine Menge Kummer bekommen würde ...
Ich ging in das große Kantinen- und Speiseraumzelt der Aufseher und traf dort auf den Scout Concho Picacho, einen bärtigen und etwas schrägäugigen Hombre, dessen hellhäutige neuenglische Mutter einst von den Yaquis geraubt worden war. Und als später Weiße sie befreiten, ließ sie ihren inzwischen schon vier Jahre alten Sohn bei den Indianern zurück.
Aber später ging Concho Picacho in eine Missionsschule und wurde dort ein besonders guter Schüler bei den Padres.
Er grinste mich an und hob sein Glas.
»Ich trinke auf dich und deinen verdammten Job, Sergeant«, sagte er. »Das Schlimme an der Armee ist, dass sie nur nach Vorschriften handelt und sich deshalb völlig das Denken abgewöhnt. Und in der Vorschrift steht gewiss nur, dass ehemalige Strafsoldaten nach Beendigung ihrer Strafe wieder einem Kommando zugeführt werden müssen, um dort den Rest ihrer Dienstzeit zu erfüllen. Und wem überträgt man bei der Armee solche Dinge? Einem Master Sergeant. Der macht das schon.«
»Sicher«, sagte ich. »Denn ich bin ja nicht allein. Die Armee gibt mir ja den berühmten Scout Concho Picacho mit. Bleib nur schön außer Sichtweite, Concho! Denn du bist meine Überraschung für die Musterknaben.«
✰✰✰
Wir waren jetzt also eine Patrouille.
Und Concho Picacho war mein Scout.
Ich sah ihn nicht und machte mir auch nicht die Mühe, ihn irgendwo zu entdecken. Denn ich wusste zu gut, dass er zur Stelle sein würde, sobald ich ihn brauchte.
Er und ich, wir waren schon oft Partner gewesen.
Wir ritten Meile um Meile, und weil wir die schlechten Pferde schonen mussten, auf denen die fünf Exstrafsoldaten ritten, ließ ich alle Stunde absitzen und eine halbe Stunde lang marschieren.
Das war so üblich bei der US-Kavallerie im Arizona-Territorium.
Die fünf Männer schwiegen. Sie ritten oder marschierten verbissen. Aber ich wusste, dass sie nur auf die Nacht warteten.
Am Abend erreichten wir ein gutes Camp am Aguirre Lake zwischen Lavafelsen und etwas Grün. Ich teilte Soldat Jake Lee zur ersten Wache ein und ließ ein Kochfeuer machen.
Als ich mir den Kaffee in die Blechtasse goss, sagte Jim Bannerhan von der anderen Seite des Feuers herüber: »Sergeant, wohin reiten Sie mit uns?«
Ich trank erst mit vorsichtigen Lippen einen schlürfenden Schluck vom heißen Rand der Blechtasse.
»Wir sind eine Patrouille von Camp Saguaro«, sagte ich. »Das Camp wurde erst vor wenigen Wochen neu angelegt. Es untersteht Captain O'Connel und hat nicht genug Leute. Deshalb setzt die Armee auch so viel Vertrauen auf euch und gibt euch die Chance der Bewährung. Denn ihr alle habt doch eure Strafen noch nicht abgerissen. Ihr seid alle zur Bewährung vorzeitig entlassen, nicht wahr?«
Sie hockten im Halbkreis auf der anderen Seite des Feuers und grinsten herüber. Im Feuerschein waren ihre Gesichter noch verwegener, wilder und böser. Sie gaben sich jetzt keine Mühe mehr, ihre Gefühle tief genug unter der Oberfläche zu verbergen.
Sie zeigten mir ihre ganze böse Aufsässigkeit.
Jim Bannerhan sagte nach einer Weile: »Die Armee und das Camp Saguaro können uns den Buckel rauf- und runterrutschen. Weißt du eigentlich, Meister, warum wir damals Strafgefangene wurden?«
Ich gab ihm keine Antwort auf diese Frage.
Aber ich sagte: »Pass auf, Soldat! Wir sind auf Patrouille! Es herrscht wegen der Apachen Kriegsrecht in diesem Teil des Territoriums. Und beim nächsten Mal hängt euch die Armee. Vorsicht, Soldat Bannerhan!«
»Wir sind fünf Mann«, sagte er. »Warum sollten wir vorsichtig sein? Selbst wenn du einen von uns erwischen solltest, können immer noch vier von uns über die Grenze reiten. Pass auf, Sergeant! Der gute Jake steht hinter dir. Du kannst eigentlich nur passen in dieser Runde. Wir wollen gar keinen Streit mit dir, Sergeant – nur fort möchten wir, nichts als fort von der verdammten Armee. Das musst du doch verstehen können, nicht wahr?«
Ich grinste und nickte. »Verstehen schon«, sagte ich. »Doch ihr vergesst, dass ich einen Vertrag mit der Armee habe. Ich liebe sie auch nicht. Doch ich halte meine Verträge. Und das ist euer Pech.«
Bannerhan erhob sich plötzlich aus seiner kauernden Haltung. Seine Partner taten es ihm nach.
Und so standen sie mir gegenüber. Sie hatten die Klappen ihrer Revolvertaschen geöffnet und warteten lauernd wie ein Rudel Wölfe.
Ich blieb weiterhin auf den Absätzen kauernd am Feuer hocken.
»Du lässt uns keine andere Wahl, Sergeant«, sagte Jim Bannerhan.
Hinter mir klang nun Jake Lees Stimme: »Ich schieße ihm was zwischen die Schulterblätter, wenn er sich auch nur bewegt. Sattelt auch mein Pferd, Amigos. Er ist erledigt, wenn er jetzt nicht aufgibt.«
Ich hörte es und dachte an Concho Picacho. Jetzt wurde es Zeit, dass er sein Geld als Armeescout verdiente.
Und das tat er auch. Auf Concho konnte sich ein Patrouillenführer verlassen.
Von irgendwoher aus der Dunkelheit sagte er: »Shayne, dem schieße ich was ins Kreuz. Und dann schnappe ich mir die anderen, Mann für Mann. Alle, die du übrig lässt, Sergeant, schnappe ich mir hier oder drüben in Sonora.«
Seine Stimme klirrte, doch sie war dennoch völlig leidenschaftslos.
»Der schnappt euch wirklich«, sagte ich zu den Männern. »Mann für Mann bekämpft er euch auf den nächsten zwanzig oder vierzig Meilen – selbst, wenn ich euch alle leben ließe, weil ihr schneller seid mit dem Colt, was zu bezweifeln wäre. Nun, Hombres?« Meine Frage war eine Herausforderung.
Sie dachten nach, und sie rechneten sich aus, dass nur einer oder zwei von ihnen übrig bleiben würden. Und die hatten dann den Scout auf der Fährte.
Ich sah, wie sie sich entspannten. Sie gaben auf.
✰✰✰
Als wir im Morgengrauen in die Sättel stiegen, hatte ich tatsächlich einige Stunden geschlafen.
Meine fünf Männer betrachteten mich im grauen Tageslicht wie knurrende Wölfe ihren Wärter. Es passte ihnen immer noch eine ganze Menge nicht.
Wir ritten langsam an und hielten einen Abstand von drei bis fünf Yards zueinander.
Bis zur Santa-Rosa-Mine waren es siebzehn Meilen.
Wir schafften sie bis Mittag.
Und als wir in den Canyon ritten, tauchte Concho bei uns auf. Er kam einfach zwischen Felsen und Büschen hervor.
Nun sahen ihn meine Männer richtig. Und nun wussten sie, dass er eine Art hinkender Wolf war.
»Die Mine ist tot«, sagte er knapp, und seine recht gute Aussprache stand in einem starken Gegensatz zu seinem verwegenen Äußeren. »Entweder sind die Apachen noch dort oder schon weg. Ich wollte nicht noch näher ran. Willst du hin, Sergeant?«
Er war als Armeescout gleichrangig mit mir, was den Sold betraf. Aber er stand unter meinem Befehl. Und nun forschten seine dunklen, schrägen und so scharfen Yaqui-Augen in mir.
»Wollen will ich nicht«, grinste ich. »Aber müssen muss ich!«
Ich wandte mich an die fünf Reiter.
»Passt auf«, sagte ich. »Wenn Apachen da sind, haben sie sich überall verteilt und lassen uns zwischen sich hindurch reiten. Und auf ein Zeichen fallen sie über uns her wie Wölfe über ein krankes Pferd. Aber wir sind nicht krank. Ich gebe euch rechtzeitig das Zeichen. Wenn ich ›Jetzt!‹ rufe, werft ihr euch aus den Sätteln. Und wenn ihr am Boden seid, habt ihr auch schon die Revolver in der Hand. Ihr schießt vom Boden aus. Und ihr könnt sicher sein, dass ihr ein Ziel findet, welches nur wenige Schritte von euch entfernt ist und sich binnen zwei Sekunden auf euch werfen wird. Ihr braucht also nur richtig zu treffen.«
✰✰✰
In den Corrals war nichts.
Auch sonst war nichts zu sehen.
Die Mine war »tot«. Einer der kleinen Wagen, die auf Holzschienen das goldhaltige Erdreich und Gestein aus der Mine zum Stampfwerk schafften, war noch gefüllt und auf halbem Wege angehalten worden. Der Maulesel davor wurde ausgespannt. Man sah es am Geschirr.
Ich sah dies alles mit schnellen Blicken.
Und ich sah auch die Apachen.
Sie hatten alle Möglichkeiten geschickt ausgenutzt.
Aber ich kannte mich aus. Ich hatte schon mal in der Wüste erlebt, wie sie sich im Sand eingegraben hatten und plötzlich aus dem Boden wuchsen, wo man es am wenigsten vermutet hätte.
Ich spürte instinktiv, welches der richtige Zeitpunkt war. Das konnte man nicht mit dem Verstand erfassen. Man musste es spüren.
Und so brüllte ich gellend: »Jetzt!«
Dabei warf ich mich vom Pferd.
Und meine Männer taten es auch. Dabei brüllten auch sie mehr oder weniger böse und wild. Denn schließlich löste sich in jedem von ihnen eine starke Anspannung. Sie mussten sich ganz einfach Luft machen.
Dieses Brüllen und unerwartete Handeln von uns brachte die Apachen in Tätigkeit. Sie fühlten sich entdeckt und angegriffen. Und so brüllten auch sie gellend los und sprangen aus ihren Verstecken.
Aber wir lagen schon am Boden und hatten die Colts in den Händen.
Keiner von uns brauchte weiter als sechs Schritt zu schießen.
Normalerweise wären neun Apachen mit sieben Weißen zurechtgekommen. Es gab keine gefährlicheren Kämpfer als Apachen. Im Nahkampf waren sie kaum zu schlagen.
Aber wir hatten diese hier glatt geschlagen.
Die Männer sahen mich an – staunend. Denn sie begriffen, dass wir die Apachen reingelegt hatten.
Concho und ich, wir gingen nun zu den Quartieren hinüber.
Hier drinnen hatten die Apachen natürlich gehaust.
Und in dem kleinen Adobehaus des Minenbesitzers, in dem sich auch das Büro der Mine befand, da fanden wir noch etwas.
Wir wollten es zuerst nicht glauben.
Aber es gab keinen Zweifel, je gründlicher wir uns das eine Zimmer ansahen.
Concho sagte schließlich überzeugt: »Hier wohnte bis gestern noch eine Frau, und es war eine schöne und junge Frau – zu schön, um getötet zu werden, zu jung und zu kräftig auch. Das war ein Leckerbissen für einen Apachen. Und ich sage dir, dass es mehr waren als nur jene neun, die wir erledigten. Sie hatten auch selber Tote und Verwundete. Und alles brachten sie mit den Tieren, die sie hier in den Corrals fanden, fort von hier – ihre Toten, ihre Verwundeten, das Gold der Mine – und auch die Frau, welche hier bei Kirby Scottfield lebte.«
Ich nahm meinen alten Feldhut ab und kratzte mir den Kopf.
Verdammt, was wurde mir jetzt hier aufgebürdet! Da gab es gleich eine ganze Anzahl von Problemen.
Und ich hatte nur fünf Soldaten und einen Scout bei mir und musste mich entscheiden. Denn solch eine Entscheidung verlangte jetzt die Armee von mir. Sonst hätte sie mich nicht zum Patrouillenführer gemacht.
Die Apachen hatten eine Weiße entführt.
Hier waren meine Vorschriften nicht so streng. Ich hatte die Pflicht, die Weiße zu retten, wenn die Patrouille selbst nicht dadurch gefährdet werden konnte. Es lag in meinem Ermessen.
Aber die Apachen hatten mit Sicherheit auch das bisher geförderte und gewonnene Gold dieser überaus ertragreichen Mine erbeutet.
Und das bedeutete eine solche Menge Verdruss, dass ich auch dann handeln musste, wenn die Patrouille draufgehen konnte. Die Armee hatte hier für Patrouillenführer klare Anweisungen erteilt.
Denn die Apachen waren keine wilden Affen, keine Steinzeitmenschen, die den Wert von Gold oder Geld nicht kannten.
Für Gold bekamen auch die Apachen alles.
Concho Picacho sah mich fortwährend an. Er konnte offenbar meine Gedanken lesen und tief in meinen Kern sehen. Seine schrägen Augen funkelten.
»Hombre«, sagte er, »du kommst mir wie ein Hund vor, der voller Flöhe ist und sich nicht kratzen kann. Solch ein Hund beginnt plötzlich zu laufen wie verrückt und bis er nicht mehr kann. Sollten wir nicht auch laufen? Einfach nach Camp Saguaro reiten?«
Ich sah ihn an. Die Versuchung war groß.
An die weiße Frau dachte ich weniger. Ich kannte Dutzende von Frauen, die von den Apachen entführt wurden. Sie alle hatten nach ihrer Befreiung weitergelebt. Manche behielten sogar die Kinder bei sich, die sie von den Apachen bekamen.
Dann dachte ich an das Gold.
Ich drehte mich um und sah auf meine fünf Soldaten.
Ich wusste, dass diese fünf Männer über sich hinauswachsen mussten. Sie mussten mir willig folgen und mir blindlings vertrauen.
Ich ging hinüber und sagte: »Macht schneller, Männer. Und dann sind auch noch mehr als ein Dutzend Weiße zu beerdigen. Sie liegen gleich vorne im Stollen.«
Sie hielten inne und starrten mich an – aufsässig und widerwillig. Natürlich würden sie weiterhin meinen Befehlen gehorchen – doch nicht so willig, wie es sein musste.
Ich musste ihnen auf besondere Art Dampf machen.
Deshalb sagte ich: »Die Apachen raubten die ganze Goldausbeute der Mine. Es können zweihundert oder vierhundert Pfund Gold gewesen sein. Diese Mine hier hatte seit Monaten oder gar seit Jahren keine Gelegenheit, das Gold fortbringen zu können. Wenn ihr fertig seid, reiten wir hinter dem Gold her.«
Nach diesen Worten ging ich.
Ich dachte bei mir: Ein verdammter Job, den mir die Armee da aufgeladen hat. Er wird immer verdammter, dieser verdammte Job! Jetzt muss ich mir sogar noch die Goldgier von fünf Soldaten, die bei jeder Gelegenheit desertieren würden, zunutze machen.
Concho erwartete mich. Und er bewies mir seine Klugheit mit den Worten: »Hombre, mich juckt der Gedanke an das viele Gold ebenfalls. Ich denke, dass du die beste Mannschaft haben wirst, mit der ein Sergeant reiten kann – bis wir das Gold haben. Und wenn wir es bekommen sollten, dann geht es bei diesen fünf Pilgern nicht mehr nur ums Desertieren. Und mir geht es dann vielleicht auch nur noch um das Gold. Das sage ich dir jetzt schon ehrlich. Gold! He, dieses Wort ist ein Zauber. Und was könnte ein schlitzäugiger Bursche mit viel Gold hinter sich doch für ein großer Bursche werden. Und du?«
Hinter seinen beiden letzten Worten lauerte ein ganzer Hinterhalt.
»Liebst du die Armee so sehr, dass du ...«
»Halt dein Maul«, sagte ich.
»Richtig!« Er grinste. »Es ergibt sich alles noch. Wenn wir es schaffen und noch am Leben sind, ergibt sich alles von selbst.«
Damit ging er, um sich noch weiter umzusehen.
Und das tat ich auch.
Ich fand sogar später noch ein Bild von jener Frau.
Es war eine ziemlich neue Fotografie. Hinten war der Name des Fotogeschäftes aufgeschrieben. Und das genaue Datum.
Die Aufnahme war am 17. März 1868 in Saint Louis gemacht worden – also vor einem halben Jahr etwa.
Und der Name der Frau war Stella Scottfield.
War sie Kirby Scottfields Frau oder Schwester?
Sie war schön.
Ich hatte noch nie eine solch schöne Frau gesehen. Aber sie sah auch so aus, als könnte sie für sich sorgen. Man sah ihr an, dass ihr in diesem Leben und auf dieser Welt nicht mehr viel fremd war.
Nur eine wirkliche Abenteurerin konnte hier in diesem Land bei einer Goldmine und ihrem Bruder unter harten Burschen leben.
Sie würde jetzt bei den Apachen ihre ganze Lebenskraft nötig haben.
Ich steckte ihr Bild sorgfältig weg.
✰✰✰
Es war schon Nachmittag, als ich aufsitzen ließ.
Mit meinen Männern war eine Veränderung vorgegangen.
Von nun ritten Concho und ich an nicht mehr mit fünf störrischen und widerwilligen Exstrafsoldaten, die bei der ersten Gelegenheit desertiert wären, sondern mit fünf hungrigen Goldwölfen in Uniform.
Wir ritten wieder bis zum Anbruch der Dunkelheit und mussten dann unsere Tiere verschnaufen lassen.
Immer mehr stieg das Gelände an, wurde rauer und rauer. Wir arbeiteten uns aus dem Altar Valley am Aguirre Peak zum Topawa Pass in den Baboquivari Mountains hinauf, und wir ritten auf Pfaden, von denen man glaubte, dass man sie im Sattel von Pferden oder Maultieren gar nicht reiten konnte.
Concho ritt uns voraus.
Ich folgte in einigem Abstand. Und hinter mir blieben die fünf ehemaligen Strafsoldaten. Nun brauchte ich mir vorerst keine Sorgen darüber zu machen, dass sie mir in den Rücken schossen, um ungehindert desertieren zu können.
Im Morgengrauen erreichten wir endlich den Pass, ritten durch die Enge und überquerten die Wasserscheide.
Wir ritten vorsichtig hinter Concho her, saßen geduckt und lauernd in den Sätteln und hielten unsere Revolver schussbereit.
Als die Sonne hochkam, sahen wir die Apachen.
Sie hatten ihr Camp abgebrochen und kamen dort am Creek zwischen großen Felsen hervor. In der klaren und trockenen Luft konnten wir alle Einzelheiten erkennen.
An der Spitze ritt ein älterer Krieger, wohl ein Häuptling. Ihm folgten zwei Krieger mit einem halben Dutzend schneller Pferde, auf denen dem Umfang nach nur leichte Packlasten lagen.
Wir wussten alle, dass es Gold sein musste. Die sechs Pferde trugen nur gefüllte Satteltaschen und wenig anderes leichtes Gepäck.
»Verdammt, das sind sechs Pferde mit je einer Goldlast«, sagte eine heisere Stimme laut hinter mir. Ich brauchte mich nicht umzublicken, um zu wissen, dass sie dem rothaarigen und sommersprossigen Chuck McCloud gehörte. Denn keiner dehnte das Texanische so wie er.
»Um die vierzigtausend Dollar Gold auf jedem Pferd etwa«, sagte Hank Lane, der mich an einen sandfarbenen Wolf erinnerte.
Ich hörte das alles, aber ich kümmerte mich nicht darum. Denn durch das Fernrohr, welches ich auszog und an das rechte Auge hielt, sah ich nun Stella Scottfield ganz deutlich.
Sie ritt ziemlich am Schluss auf einem Maulesel. Ihr honigfarbenes Haar leuchtete in der Sonne. Sie hatte es hinter dem Nacken zusammengebunden. Die Apachen hatten ihr offensichtlich keine Gelegenheit gegeben, sich für den Ritt anzukleiden. Sie trug ein leichtes Leinenkleid, eine Art Kittelschürze, wie Frauen sie bei der Hausarbeit oder in der Küche tragen. Ihre Füße steckten in Sandalen.