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Hinter dem Wagen ist ein herrlicher Rappwallach angebunden. Ein mächtiges Tier ist es, und obwohl es sicherlich dreizehn Zentner wiegen dürfte und sechzehn Hand hoch ist, geht es so leicht wie eine Katze. Man traut ihm ohne Weiteres zu, dass es eine Viertelmeile in fünfzehn Sekunden zurücklegen kann.
Der Wagen ist nicht groß und nicht schwer. Er ist ein leichter und gut gefederter Reisewagen, dessen Verdeck man herunterklappen kann. Gepäckstücke und ein prall gefüllter Reisesack liegen hinten. Auf dem Vordersitz aber sitzen ein Mann und eine Frau.
Die junge Frau ist wahrscheinlich nicht das, was man als ausgesprochen schön bezeichnet. Dazu fehlt ihr das letzte Ebenmaß. Aber sie ist prächtig und bietet einen sehr erfreulichen Anblick. Sie ist blond, und ihre braungrünen Augen haben einen sehr ruhigen, festen Blick. Ihr Gesicht ist sonnengebräunt, und ihre hohen Wangenknochen geben ihr ein rassiges Aussehen. Ihre kleine, gerade Nase hat einen leichten Schwung nach oben.
Sie deutet mit der Hand zum Fluss hinunter und zu der kleinen Siedlung hinüber. Und sie sagt mit einer angenehm dunklen Stimme: »Das ist es also, Alamo, nicht wahr?«
»Yeah«, sagt der Mann gedehnt und späht aus schmalen Augen hinüber. »Das ist es, Connie.«
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Seitenzahl: 159
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Das Paar aus Texas
Vorschau
Impressum
Das Paar aus Texas
Hinter dem Wagen ist ein herrlicher Rappwallach angebunden. Ein mächtiges Tier ist es, und obwohl es sicherlich dreizehn Zentner wiegen dürfte und sechzehn Hand hoch ist, geht es so leicht wie eine Katze. Man traut ihm ohne Weiteres zu, dass es eine Viertelmeile in fünfzehn Sekunden zurücklegen kann.
Der Wagen ist nicht groß und nicht schwer. Er ist ein leichter und gut gefederter Reisewagen, dessen Verdeck man herunterklappen kann. Gepäckstücke und ein prall gefüllter Reisesack liegen hinten. Auf dem Vordersitz aber sitzen ein Mann und eine Frau.
Die junge Frau ist wahrscheinlich nicht das, was man als ausgesprochen schön bezeichnet. Dazu fehlt ihr das letzte Ebenmaß. Aber sie ist prächtig und bietet einen sehr erfreulichen Anblick. Sie ist blond, und ihre braungrünen Augen haben einen sehr ruhigen, festen Blick. Ihr Gesicht ist sonnengebräunt, und ihre hohen Wangenknochen geben ihr ein rassiges Aussehen. Ihre kleine, gerade Nase hat einen leichten Schwung nach oben.
Sie deutet mit der Hand zum Fluss hinunter und zu der kleinen Siedlung hinüber. Und sie sagt mit einer angenehm dunklen Stimme: »Das ist es also, Alamo, nicht wahr?«
»Yeah«, sagt der Mann gedehnt und späht aus schmalen Augen hinüber. »Das ist es, Connie.«
Mehr braucht ein Unbeteiligter eigentlich nicht zu hören, um zu wissen, dass dieses Paar aus Texas kommt. Sie lernten sich kennen auf sehr abenteuerliche Art. Irgendwo unterwegs in einer kleinen Stadt heirateten sie dann und reisten weiter. Sie zogen nach Wyoming und erreichten bei Fort Laramie den Anfang der Medicine Road. Und nun sind sie an ihrem Ziel in Oregon, und die kleine Siedlung jenseits des Flusses heißt Owyhee Bridge.
Der Mann ist noch hellhaariger als die Frau. Er ist fast weißblond und wirkt sehr ruhig. Er ist hager, lässig und auf männliche Art hübsch. Auf den ersten Blick wirkt er nur sehr durchschnittlich. Er ist etwa dreißig Jahre, wiegt ungefähr hundertachtzig Pfund und trägt die abgenutzte Tracht eines Weidereiters.
Und doch ist etwas an diesem Mann, was man zuerst nur ahnt. Man spürt plötzlich irgendwie, dass man etwas übersehen hat, wird unsicher und betrachtet den blonden Texaner dann noch einmal.
Oh, es sind nicht die Lassonarben auf seinen Handrücken, denn die hat jeder Weidereiter. Aber es sind die breiten Handgelenke, die fast so breit wie die Handrücken seiner langen und geschmeidigen Hände sind. Wenn man diese Hände sieht, ist man plötzlich sehr daran interessiert zu sehen, wie der Mann seinen Colt trägt.
Sein Colt ist eine alte Waffe mit einem dunklen, abgegriffenen Walnussholzkolben. Sie steckt in einem einfachen und sehr geschmeidigen Holster.
Und wenn man das alles gesehen und begriffen hat, richtet man den Blick nochmals auf das Gesicht des Mannes und möchte seine Augen sehen. Die sind blaugrau. Sie haben einen sehr festen und ruhigen Blick. Man bekommt plötzlich die Ahnung, dass diese Augen auch sehr hart und eiskalt blicken könnten. Sicher, dieser blonde Mann aus Texas ist ein Kämpfer. Wohlgemerkt, er ist kein Rowdy. Nein, er gehört nicht zu jenen wilden Burschen, die immerzu jemanden herausfordern müssen oder selbst die geringste Herausforderung sofort annehmen, um zu beweisen, was für tüchtige und große Kerle sie sind.
Das sind keine Kämpfer. Das sind Rowdys.
Kämpfer sind anders. Sie suchen keinen Streit und gehen ihm sogar aus dem Weg. Sie sind bescheiden und niemals laut. Sie sind die friedlichsten Menschen. Man darf nur nicht den Fehler machen, ihre ruhige Bescheidenheit für Schwäche zu halten.
Ja, dieser blonde Mann dort auf dem Wagen scheint ein solcher Kämpfer zu sein. Und es ist damit nicht gesagt, dass diese Sorte nur zu kämpfen beginnt, wenn ihnen ein anderer Mann gegenübertritt. Nein, solche Männer erweisen sich auch gegenüber anderen Schwierigkeiten als große Kämpfer. Genauer gesagt, sie können große Dinge vollbringen und gegen alle Schwierigkeiten des Lebens und gegen Naturgewalten ankämpfen.
Dieser Mann heißt Alamo Brittlee, und er kommt jetzt mit seiner jungen Frau Connie an den Owyhee River in Oregon.
Unter ihnen liegt das mächtige Tal. Unten am Fluss biegt der Wagenweg nach Süden ab und folgt dem Flusslauf. Nur ein kleinerer Weg führt direkt geradeaus zum Wasser hinunter.
Diesen Weg fährt Alamo Brittlee jetzt.
Es ist genau um die Mittagszeit, als sie den Fluss erreichen. Zurzeit ist es ein sehr sanfter Strom, denn es ist Hochsommer, und schon seit vielen Wochen fiel kein Regen.
Alamo hält den Wagen an und klettert heraus. Er geht zu einem Pfahl hinüber, an dem ein Stück Eisen hängt. Mit einer großen Schraube, die als Schlägel dient, beginnt er das Eisenstück zu bearbeiten, und die lauten Töne fliegen über den Fluss und holen den Fährmann und Storehalter auf der anderen Seite aus dem Holzhaus.
Es ist ein alter Mann. Er ist groß, aber er bewegt sich langsam und vorgeneigt. Sein weißes Haar flattert im Winde. Er geht zur Seilfähre hinunter und stößt ab. Mit der Strömung treibt die Fähre langsam herüber, und nur manchmal hängt der Alte die Handspake ins Seil und zieht einige Schritte.
Dann stößt die Fähre am diesseitigen Ufer auf. Der Alte wirft eine breite Holzklappe ans Ufer, sodass der Wagen auf die Fähre fahren kann.
»Für das Sattelpferd ist kein Platz mehr«, sagt er ruhig.
»Es wird schwimmen«, erwidert Alamo Brittlee, bindet das Tier los und jagt es mit einer Handbewegung und einigen Worten ins Wasser. Der Rappwallach schnaubt willig und gehorcht. Dann führt Alamo das Gespann mit dem Wagen auf die Fähre und schiebt die Holzkeile unter die Räder.
Der alte Mann stößt ab, und wieder beginnt die Strömung ihre Arbeit. Nun kommt der Fährmann langsam nach vorn. Er nickt der Frau zu und richtet seine alten Falkenaugen dann auf den blonden Mann.
»Sie sind Alamo Brittlee, nicht wahr?«, fragt er.
»Yeah, als ich Ihre Anzeige im ›Cheyenne Courier‹ las, da habe ich Ihnen geschrieben«, erwidert Alamo Brittlee ruhig. »Sie haben inzwischen doch wohl nicht verkauft?«
»Nein«, sagt der Alte. »Sie sind der einzige Interessent. Der Store und die Fähre mitsamt den beiden Grundstücken diesseits und jenseits des Flusses sind noch zu haben. Der Preis beträgt achthundert Dollar. Sie können sofort kaufen, wenn Ihnen die Sache achthundert Dollar wert ist.«
Alamo Brittlee erwidert nichts. Er blickt zum anderen Ufer hinüber und betrachtet den Store und die wenigen Häuser einer sehr kümmerlichen Siedlung.
Alamo Brittlee sieht, dass es sich um einen sehr kleinen Store handelt. Aber das hat er alles gewusst. Für achthundert Dollar kann man nicht mehr bekommen. Er blickt auf den Fluss hinunter und fragt dann: »Dort hinter der Biegung liegt Waggoners Further?«
»Yeah«, sagt der Alte, von dem Alamo weiß, dass er Hamp Bowie heißt. Und Hamp Bowie hat sich indes den Texaner genau angesehen. Wie aus einem plötzlichen Impuls heraus sagt er: »Ich würde es mir noch überlegen, junger Mann. Waggoners Further liegt zehn Meilen von hier hinter der Biegung. Der Fluss ist dort so breit und flach, dass das Wasser selbst dann, wenn der Fluss hier braust und orgelt, den Wagen nur bis an die Radnaben reicht. Sie haben dort unten eine prächtige Furt und brauchen keine Brücke. Die Stadt lebt vom durchgehenden Frachtverkehr, und sie würde sterben, wenn es hier eine Brücke gäbe oder auch nur eine große Fähre, auf der auch die schweren Frachtwagen mit ihren Achtergespannen übersetzen könnten. Vance Grant, der die Stadt dort unten leitet, wird niemals zulassen, dass hier eine Brücke gebaut oder eine größere Fähre in Betrieb genommen wird. Schlagen Sie sich diese Idee nur aus dem Kopf, junger Mann. Als ich vor drei Jahren mit meinem Sohn ins Land kam und wir Owyhee Bridge gründeten, waren unsere Köpfe voller Pläne. Mein Sohn war tüchtig, und er konnte auch kämpfen. Aber es hat ihm nicht viel genützt. Eines Tages war er tot. Und ich habe mit Vance Grant ein Abkommen geschlossen, dass ich hier nur einen sehr kleinen Fährbetrieb für Reiter und leichte Wagen aufrechterhalte. Der große Wagenverkehr und die Postlinie gehen über Waggoners Further. Das sind zwar insgesamt zwanzig Meilen Umweg, aber dort gibt es eine bequemere Furt. Und hier wird es nie eine Brücke geben, solange Vance Grant die Stadt dort unten leitet.«
»Aber eine Brücke würde den Wagenweg zum Nordpass um zwanzig Meilen verkürzen«, murmelt Alamo Brittlee.
Hamp Bowie sieht ihn an. Dann deutet er zum Wagen und sagt: »Sie haben eine junge und sehr hübsche Frau. Sie würde um Sie gewiss noch mehr weinen, als ich um meinen Sohn geweint habe. Aber gut, es ist Ihre Sache, mein Junge!«
Inzwischen hat die Strömung die Fähre in ruhigeres Gewässer getragen. Bald darauf führt Alamo das Gespann mit dem Wagen ans Ufer und zum Store hinauf. Einige Menschen haben sich eingefunden. Männer, Frauen und Kinder und einige Indianer, die hier im Store Einkäufe gemacht haben.
Hamp Bowie sagt zu diesen Menschen: »Das ist Alamo Brittlee mit seiner Frau. Wahrscheinlich werden sie meinen Store und die Fähre übernehmen.«
Die kleine Menschengruppe starrt das junge Paar aus Texas an. Connie lächelt ihnen ernst zu. Alamo nickt und hebt leicht die Hand.
»Wir werden uns sicherlich alle bald gründlicher kennen lernen, Ladys und Gentlemen«, sagt er ruhig und gedehnt.
Aber sie erwidern nichts. Sie blicken ihn und Connie nur an, und sie sehen alle sehr armselig und verbittert aus. In ihren Augen ist nichts anderes als eine verzweifelte Resignation zu erkennen.
Hamp Bowie stößt indes die Tür zum Store auf.
»Bringen Sie Ihre Frau und das Gepäck ins Hinterzimmer, Brittlee«, sagt er trocken. »Ich werde mich um das Gespann kümmern. Aaaah, da kommt ja auch Ihr Rappe! Ein prächtiges Tier!«
»Er kann gut für sich sorgen«, murmelt Alamo. Und dann wendet er sich Connie zu. Zum ersten Mal, seit sie den Fluss überquert haben, sieht er sie voller an. Sie lächelt tapfer und nickt ihm zu.
»All right, Mister Brittlee«, sagt sie. »Wir sind also angelangt, nicht wahr? Nun, du brauchst mich nicht so anzusehen. Ich bin nicht enttäuscht. Es sieht hier für mich besser aus, als ich dachte. Und es ist gut für eine Frau, wenn ihr Mann sie nach langer Reise endlich an einen festen Platz gebracht hat.« Sie lächelt nochmals, vertrauensvoll und mutig. Sie lässt ihn spüren, wie sehr sie mit allen Dingen einverstanden ist, die er tut. Ja, sie ist seine vertrauensvolle Kameradin. Und weil das so ist, muss sie ihn wohl sehr lieben. Sie muss auch seine Kraft und Stärke ganz genau kennen.
Und er lächelt zurück. Es ist ein ruhiges, starkes Lächeln. So lächelt ein Mann, der an sich glaubt, der sicher ist, in jeder Lage bestehen zu können.
Hamp Bowie fährt den Wagen ums Haus. Der noch vom Fluss nasse Rappwallach folgt, als wüsste er genau, dass er jetzt in einen Corral zu gutem Futter kommt, und Connie und Alamo tragen ihr Gepäck hinein.
Der Store ist primitiv. In den Regalen längs der Wände sind nur wenige Waren aufgestapelt. Eine Tür führt in eine kleine Küche. Eine andere führt in ein Hinterzimmer und von da aus in eine kleine Schlafkammer. Das ist alles.
Connie wendet sich um und betrachtet die wenigen und primitiven Möbel im Zimmer.
»Wir werden es hier sehr gemütlich haben«, sagt sie. »Lass mich nur machen, Alamo. Ich kann zaubern.«
Er betrachtet sie ernst. Eine starke Freude ist in seinen Augen.
»Mädel«, sagt er etwas rau, »ich bin ein Glückspilz. Habe ich dir schon gesagt, dass du die beste und prächtigste Frau der Welt bist? Habe ich dir das schon gesagt?«
»Schon oft«, erwidert sie und lächelt warm, und ihr hübsches und ausdrucksvolles Gesicht wirkt jetzt schön, weil sich auf ihm alles Glück der Welt widerzuspiegeln scheint. Aber dann schüttelt sie den Kopf und sagt: »Ich bin nicht die beste und prächtigste Frau der Welt – ganz bestimmt nicht. Aber ich liebe dich, Alamo.«
Sie kommt in seine Arme. Sie küssen sich sehr zärtlich. Als sie Hamp Bowies Schritte im Store hören, lösen sie sich voneinander.
Dann kommt der alte Mann herein und sagt: »Ich habe ja gewusst, dass Sie in diesen Tagen hier eintreffen würden. Ich habe meine Sachen schon ausgeräumt und kann im Stall schlafen. Brauchen Sie noch Bedenkzeit, Brittlee?«
»Nein«, sagt Alamo ruhig. »Es ist hier alles so, wie Sie es mir geschrieben haben. Wir können abschließen. Das Geld habe ich bei mir.«
Der Alte nickt, tritt zu einer Kommode, öffnet eine Schublade und holt den Kaufvertrag heraus. Er tritt an den alten Tisch und stellt ein Tintenfass hinzu. Er unterschreibt wortlos, und auch Alamo tut es. Achthundert Dollar wechseln ihren Besitzer.
»Ich wünsche Ihnen Glück«, sagt Hamp Bowie dann. »Ich nehme morgen die Postkutsche nach Salem, wo meine Tochter gut verheiratet ist. Hier bin ich fertig, sobald ich noch die Hinterwand des Stalles ausgebessert habe.«
»Sie schrieben mir, dass Sie fertige Baupläne für die damals geplante Brücke hätten«, murmelt Alamo.
Der Alte nickt. »Sie liegen dort im Fach der Kommode. Ein guter Brückenbaumeister hat uns damals diese Pläne gemacht. Es liegen auch genaue Anweisungen über jeden einzelnen Bauabschnitt dabei. Die Pläne haben damals fünfhundert Dollar gekostet. Jetzt sind sie keinen Hosenknopf wert. Ich sage Ihnen, dass Sie sich den Gedanken mit der Brücke aus dem Kopf schlagen sollen. Schon Ihrer jungen Frau zuliebe. Vance Grant und ganz Waggoners Further werden nicht dulden, dass hier eine Brücke gebaut wird. Es war eine Dummheit von mir, dass ich Ihnen von der Möglichkeit mit der Brücke schrieb. Aber ich wollte einen Käufer finden. Jetzt tut es mir leid, dass ich Ihnen diese Illusion in den Kopf gesetzt habe. Denken Sie daran, dass mein Sohn wegen dieser verdammten Brücke gestorben ist.«
Nach diesen Worten geht er hinaus.
Connie lächelt und meint ruhig: »Ich werde jetzt ein Essen kochen. Und dann werde ich dieses Zimmer verwandeln. Pass auf, wie anders alles aussehen wird, wenn erst an den Fenstern bunte Gardinen sind. Es gibt Arbeit, Mister Brittlee!«
»Yeah«, sagt er und geht in den Store. Er sieht sich um und überlegt, was er tun soll, wenn jemand hereinkommen würde und Nägel, Bohnen oder Tabak oder andere Dinge haben möchte.
Als er von der Möglichkeit las, eine Zollbrücke bauen zu können, die einen wichtigen Wagenweg um zwanzig Meilen verkürzen würde, saß diese Idee sofort fest in seinem Kopf. Doch vorläufig ist er jetzt Fährmann und Storegehilfe seiner Frau. Aber damit wird er sich nicht zufriedengeben.
Hier ist für einen Kämpfer die Möglichkeit vorhanden, sein Glück zu machen.
Er darf sich nur nicht von den Leuten in Waggoners Further einschüchtern lassen. Er hat zwei gegenüberliegende Grundstücke am Fluss erworben. Und da dieses Land ein freies Land ist, kann ihm niemand verwehren, eine Brücke zu bauen. Das ist sein gutes Recht. Und gerade er ist einer jener Männer, die sich ihre Rechte nicht nehmen lassen, sondern dafür kämpfen.
✰✰✰
Am Nachmittag hat Connie ihr Wohnzimmer und die Schlafkammer wirklich sehr verwandelt. Alamo sieht es sich an und kommt zu der Erkenntnis, dass Frauen mit wenigen Mitteln wahrhaftig einem Mann eine freundliche und angenehme Umgebung schaffen können. Er hat früher nur in primitiven Ranchschlafhäusern oder Hotelzimmern gelebt. Jetzt hat er ein Heim und eine Frau.
Alamo hilft ihr etwas. Dann muss er einige Kunden bedienen, die ihn aufmerksam beobachten und abschätzen. Es sind Männer und Frauen der kleinen Siedlung. Sie kaufen Kleinigkeiten, und wahrscheinlich tun sie das nur, um den neuen Storehalter und Fährmann noch einmal begutachten zu können.
Alamo geht dann später zur Rückwand des Stalles, wo Hamp Bowie noch die letzten Handgriffe erledigt.
Dabei sieht der Alte den jungen Mann an. Sein Blick richtet sich auf den Colt an Alamos Schenkel.
»Tragen Sie den immer?«
»Ich konnte es mir noch nicht abgewöhnen.«
»Vielleicht sollten Sie es jetzt doch tun, junger Freund.«
»Warum?«
»Weil Vance Grants wilde Burschen sonst auf die Idee kommen könnten, Sie wären ein Revolvermann.«
»Und was geschieht dann?« Alamo fragt es mit sehr ruhiger und sanfter Stimme. Aber zum ersten Mal erscheint nun in seinen blaugrauen Augen ein hartes Leuchten.
»Vance Grants Bande ist ehrgeizig«, sagt Hamp Bowie. »Wenn eine Wolfsmeute von einem Einzelgänger in ihrem Jagdrevier Wind bekommt, dann probiert sie ihn gerne aus. Und wenn ...«
Er bricht mitten im Satz ab und späht fast erschrocken über Alamos Schulter den Weg entlang, der am Ufer des Flusses nach Süden und zu der Stadt Waggoners Further führt.
Alamo wendet sich ebenfalls um. Er sieht zwei Reiter kommen. Einer ist sehr groß und schwer und der andere ist hager und sehnig.
Er hört Hamp Bowie neben sich gepresst ausatmen und dann seufzen.
»Junger Mann«, sagt Hamp Bowie dann, »gehen Sie jetzt zu Ihrer Frau in den Store. Ich möchte mit diesen beiden Gentlemen lieber allein reden.«
Alamo zögert, aber dann nickt er stumm und geht um den Stall herum. Er bleibt jedoch sofort hinter der Ecke stehen und lehnt sich gegen die Wand.
Wenig später verstummt der Hufschlag der Reiter. Dann hört Alamo das Quietschen des Sattelleders. Er weiß, dass die beiden Reiter nun vor dem Alten angehalten haben, sich bequem in den Sätteln zurechtsetzen und schweigend auf Hamp Bowie niederstarren.
Indes Alamo gespannt hinhorcht, hört er eine kühle und auf eine böse Art lässige Stimme sagen: »Wir haben in Waggoners Further gehört, dass du deinen Besitz verkauft hast, alter Mann.«
»Das habe ich«, sagt Hamp Bowies Stimme gepresst.
»An den Burschen vielleicht, den wir eben noch bei dir sahen?«
»Genau!«
»Aber Mister Vance Grant hat dir doch verboten, an jemanden zu verkaufen, nicht wahr? Nur an ihn selbst hättest du verkaufen können.«
»Vance Grant ist nicht der große Gott im Himmel«, erwidert Hamp Bowies Stimme.
»Das vielleicht nicht, aber er ist der große Mann hier am Fluss. Er ist der Boss in diesem Land am Fluss. Er bestimmt und gibt die Befehle. Und wenn jemand nicht gehorchen will, dann schickt er uns. Nun, Großvater, du wirst den überraschenden Verkauf sofort rückgängig machen. Wir werden dir dabei helfen, den neuen Besitzer dazu zu überreden, dass es besser ist, wenn Vance Grant diese Fähre und die beiden Flussgrundstücke übernimmt.«
»Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Und außerdem weiß der neue Mann hier von mir ganz genau, dass er nichts tun darf, was Vance Grant nicht haben will. Lasst nur den Jungen in Frieden! Er hat eine junge Frau. Es muss Vance Grant doch gleichgültig sein, wer hier den Store führt und die Fähre bedient. Er wird euch keine Schwierigkeiten machen. Dazu ist er viel zu klug. Schon wegen seiner jungen Frau wird er nichts riskieren.«
Die Worte des Alten sind nutzlos, denn die kalte und lässige Stimme sagt jetzt schärfer und deutlich drohend: »Vorwärts, Großvater! Vance Grant denkt mit seinem Kopf anders als du. Er hat eine Menge Großmut bewiesen, dass er dich hier duldete. Aber dieser Großmut galt nur für dich. Vorwärts, führe uns zu ...«
Weiter kommt der Sprecher nicht, denn Alamo tritt nun um die Ecke herum. Er steht ruhig da. Seine Arme hängen lässig nieder. Sein gebräuntes und scharfes Gesicht ist ausdruckslos, als er sagt: »Er braucht euch nicht zu führen. Ich bin da. Was soll es sein, Männer?«
Dabei betrachtet er die zwei so verschiedenen Reiter ruhig, und er weiß, dass es ein Revolvermann und ein Schläger sind. Oh, er kennt beide Sorten. Er hat mit ihnen schon da und dort zu tun bekommen.