G. F. Unger Western-Bestseller 2638 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Als Jim Whittaker über den Pass kommt, kann er das lange Tal sehen. Er weiß, dass es das »Belle Fourche Valley« ist. Das Durcheinander von Hütten, Zelten und Häusern ist die hastig errichtete Goldgräberstadt Last Chance Camp.
Jim Whittaker reitet den Passweg abwärts, kommt tiefer und tiefer ins Tal. Überall wird nach Gold gesucht. Niemand kümmert sich um Jim Whittaker. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Fast alle sind bewaffnet oder haben Waffen in Reichweite.
Jim Whittaker ist ziemlich am Ende seiner Kraft und kann den nagenden Hunger kaum noch ertragen, als er die Stadt erreicht. Rechts und links der Fahrbahn werden die Zelte und Hütten größer. Es gibt Saloons, Geschäfte und Speiseküchen.
Beim ersten Speiselokal hält Jim an, rutscht vom Rücken seines Pferdes und bindet das Tier an. Ein Mann kommt aus einem Nebeneingang des Zeltes, betrachtet das Pferd und sagt: »Ich gebe Ihnen hundert Dollar für den Gaul.«
Jim blickt den Mann an. Es ist der Koch dieser Speiseküche und er hält ein großes Messer in der Hand.
»Ist das Fleisch schon so knapp hier?«, fragt Jim.
»Sicher«, sagt der Mann bitter. »Hier in diesem Tal leben zehntausend hungrige Löwen. Auf hundert Meilen in der Runde gibt es kein Wild, und die letzten Büffel sind von hier geflüchtet.«


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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Last Chance Camp

Vorschau

Impressum

Last Chance Camp

Als Jim Whittaker über den Pass kommt, kann er das lange Tal sehen. Er weiß, dass es das »Belle Fourche Valley« ist. Das Durcheinander von Hütten, Zelten und Häusern ist die hastig errichtete Goldgräberstadt Last Chance Camp.

Jim Whittaker reitet den Passweg abwärts, kommt tiefer und tiefer ins Tal. Überall wird nach Gold gesucht. Niemand kümmert sich um Jim Whittaker. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Fast alle sind bewaffnet oder haben Waffen in Reichweite.

Jim Whittaker ist ziemlich am Ende seiner Kraft und kann den nagenden Hunger kaum noch ertragen, als er die Stadt erreicht. Rechts und links der Fahrbahn werden die Zelte und Hütten größer. Es gibt Saloons, Geschäfte und Speiseküchen.

Beim ersten Speiselokal hält Jim an, rutscht vom Rücken seines Pferdes und bindet das Tier an. Ein Mann kommt aus einem Nebeneingang des Zeltes, betrachtet das Pferd und sagt: »Ich gebe Ihnen hundert Dollar für den Gaul.«

Jim blickt den Mann an. Es ist der Koch dieser Speiseküche und er hält ein großes Messer in der Hand.

»Ist das Fleisch schon so knapp hier?«, fragt Jim.

»Sicher«, sagt der Mann bitter. »Hier in diesem Tal leben zehntausend hungrige Löwen. Auf hundert Meilen in der Runde gibt es kein Wild, und die letzten Büffel sind von hier geflüchtet.«

»Wenn ich diesen Gaul zu Steaks und Wurst verarbeite, so stehen hier bald mehr als zweihundert Jungs Schlange.«

»Ich wollte achthundert Longhorn-Stiere herbringen«, murmelt Jim. »Das wäre ein Geschäft geworden, nicht wahr?«

»Sie hätten das Gold nicht alleine tragen können, Cowboy«, erwidert der Koch. »Sie hätten das beste Geschäft gemacht, Texasmann. Nun, wie ist es mit diesem Indianergaul? Indianermustangs schmecken nach Wild. Die Jungs werden denken, dass ich einen Elch für sie gebraten hätte.«

»Ich bin noch nicht abgebrannt«, murmelt Jim. »Und ohne diesen Gaul hätte ich meinen Skalp verloren. Er wird nicht gebraten und gekocht.«

Nach diesen Worten lässt er den Koch stehen und geht auf den Haupteingang des Zeltes zu. Er verschwindet im Zelt, und als er nach wenigen Minuten wieder herauskommt, hat er für einen Teller Bohnensuppe und zwei Pfannkuchen zwei Dollar bezahlt. Für eine Tasse Kaffee und ein Stück Pflaumenkuchen legte er einen weiteren Dollar hin.

Das Pferd ist verschwunden.

Jim Whittaker murmelt einen bitteren Fluch. Er war schon in vielen wilden Städten und Camps, und dort, wo man ihn kannte, wagte es niemand, ihm ein Pferd zu stehlen, nicht einem Red Jim Whittaker.

Er setzt sich sofort in Bewegung und geht um das Speiselokal herum, dessen Wände aus Brettern zusammengenagelt sind und dessen Dach nichts anderes ist als eine geteerte Zeltplane, die früher einmal der Armee gehörte.

Aber schon an der Ecke treten ihm zwei Männer entgegen. Es sind zwei große Burschen, welche von der Sorte, die sich ihren Unterhalt als Preiskämpfer, Rauswerfer oder Leibwächter verdienen.

Jim hält an und betrachtet die beiden Burschen. Sie grinsen ihn an, und der eine sagt lässig: »Um deinen Indianergaul ist es nicht schade, Cowboy! Was willst du nun? Prügel oder hundert Dollar? Den Gaul kannst du bestimmt nicht mehr haben. Der wird im Hof schon auseinander genommen. Was möchtest du also, Cowpuncher?«

Jim Whittaker ist kein Narr. Er ist achtundzwanzig Jahre alt und ein fertiger Mann, der seine Lektionen längst erhalten hat. Er ist kein wilder Junge mehr, der wegen eines nun toten Pferdes einen Kampf beginnt. Solch ein Kampf könnte das arme Tier nicht wieder lebendig machen. Und der Ausgang dieses Kampfes wäre sehr fraglich, denn diese beiden grinsenden Schläger haben sich gewiss für alle Fälle noch abgesichert.

Er grinst plötzlich und nickt den beiden Burschen zu.

»Ich habe alles genau begriffen«, sagt er. »Natürlich sind mir hundert Dollar lieber als Prügel. Ihr habt gewonnen. Wo bekomme ich hundert Dollar für den Gaul?«

Die beiden Burschen lockern sich etwas. Sie grinsen halb zufrieden und halb enttäuscht. Mit diesem großen Cowboy, dessen Haar so herausfordernd leuchtet, hätten sie es gerne mal versucht. Und wenn sie es nicht geschafft hätten, nun, so würde Ed Fisher, der dort im Hintergrund wartet, die Sache schon gemacht haben.

So ungefähr sind die Gedankengänge der beiden Muskelmänner. Einer sagt schließlich zu Jim: »Zweihundert Yards weiter ist Clay Fairburrows Büro. Geh hinein und sag, du hättest dein Pferd an die Küche verkauft. Du wirst dann das Geld bekommen.«

»Clay Fairburrow?«, fragt Jim gedehnt.

»Yeah«, brummt der Mann. »Clay Fairburrow. Dieses verdammte Camp trägt überall seine Zeichen. Dieses Speiserestaurant hier ist nur einer seiner Betriebe. Geh nur, Reddy!«

Jim Whittaker nickt und will sich in Bewegung setzen. Doch da tritt von hinten der hagere und kaltäugige Revolvermann neben ihn und sagt mit sanfter Stimme: »Freund, lassen Sie mich mal Ihren Revolver sehen.«

Jim wendet sich dem Mann zu. Sie sind von gleicher Größe, doch der Revolvermann wirkt hagerer und farbloser, mehr wie ein magerer Wolf. Sie blicken sich eine Weile schweigend in die Augen.

Dann lächelt Jim sparsam und murmelt: »Mein Revolver ist leer. Vor zwei Tagen waren noch einige Cheyennes hinter mir her. Die Waffe ist leer. Wollten Sie das wissen?«

»Ich wollte meine Vermutung bestätigt haben«, erwidert der hagere Mann, und in seinen hellen, fast glasklaren Augen tanzen plötzlich seltsame Funken.

»All right«, sagt er.

Jim Whittaker geht davon, barfüßig und erschöpft. Und doch bewegt er sich mit einer gleitenden Geschmeidigkeit.

Der Revolvermann sieht die beiden Muskelmänner an. »Ihr habt Glück gehabt«, murmelt er. »Dieser Texassohn blieb zahm und friedlich, weil sein Revolver leer ist. Jungs, es ist ein Mann nach Last Chance Camp gekommen, auf den man achten muss.«

»Kennst du ihn, Ed Fisher?«, fragt einer der beiden narbigen Riesen.

Der Revolvermann hebt wie zögernd die knochigen Schultern.

»Ich bin mir nicht sicher, aber er hatte ganz bestimmt keine Furcht. Er war nur klug. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich nur ein Cowboy ist.«

Nach diesen Worten geht Ed Fisher davon. Er ist ein Revolvermann mit einem bitteren und sehr traurigen Ruhm.

✰✰✰

Indes ist Jim Whittaker schon hundert Yards weiter. Er hält vor dem Store inne, über dessen Eingang ein Schild hängt, auf dem zu lesen ist:

Alles-was-ihr-braucht-Store

Fairburrow-Betrieb

Jims Mundwinkel verziehen sich etwas, dann geht er in den Store hinein.

Der Verkäufer blickt auf Jims nackte Füße. »Sie haben Glück gehabt«, sagt er, »wenn Sie Stiefel kaufen wollen, dann haben Sie Glück gehabt.«

»Ich möchte Stiefel kaufen.« Jim nickt. »Und ich möchte ein Hemd, einen Hut und Patronen für meinen Colt. Wenn Sie ein Lederholster haben, nehme ich auch das.«

Wenig später geht er mit einem Paket unter dem Arm weiter und hält vor einem aus Brettern und Zeltleinen errichteten Barbiersalon inne. Ein Plakat verspricht auch, dass es hier eine Badestube gibt, in der man einen großen Holzbottich voll Wasser und ein Stück Seife bekommen kann.

Jim Whittaker geht hinein.

Als er nach gut einer Stunde wieder herauskommt, wirkt er fast elegant und der Kleidung nach wie ein Kartenhai. Aber er konnte ja keine andere Kleidung bekommen als diesen dunklen Tuchanzug, zwei weiße Hemden, eine geblümte Weste und einen schwarzen Hut mit breiter Krempe und niedriger Krone. Seine Stiefel sind geschmeidig und passen wie nach Maß. Jim trägt seinen Colt jetzt im Holster, und er wirkt sehr verändert und richtig stattlich.

Er erreicht nun ein solides und fest errichtetes Haus. Dieses Haus ist sicherlich das beste und festeste Haus im ganzen Belle Fourche Valley und ganz bestimmt von Last Chance Camp.

Neben dem Haupteingang steht ein Schild. Darauf steht:

Fairburrow's Office

Claim-Ankauf und -Verkauf

Frachten – Transporte – Goldwechsel

Verwaltung der Fairburrow-Betriebe

Neben dem Eingang sitzen zwei Männer auf einer Bank, die Jim Whittaker scharf betrachten. Es sind hartgesichtige und scharfäugige Burschen.

Jim Whittaker wird auf Clay Fairburrow immer neugieriger. Er weiß nun schon besser Bescheid über dieses Camp hier. Und er ist in seinem Leben auch schon Männern begegnet, zu deren Sorte dieser Fairburrow sicherlich gehört.

Er tritt ein, und die beiden Wachtposten neben der Tür lassen ihn passieren. In einem großen Raum arbeiten einige Schreiber. Jemand fragt nach Jims Wünschen und nickt dann, als er sagt, dass er hundert Dollar für ein Pferd zu bekommen hat.

»Sicher, wir bekamen schon Anweisung, hundert Dollar an einen Texaner auszuzahlen. All right! Wollen Sie das Geld in Dollars, oder wollen Sie noch zweihundert Dollar zulegen? Wir haben gute Claims zu verkaufen. Für dreihundert Dollar bekommen Sie ein erstklassiges Claim.«

»Ich bin hergekommen, um nach Gold zu suchen«, sagt Jim langsam, und er spricht nicht davon, dass er eigentlich eine Rinderherde herbringen und für gute Dollars verkaufen wollte. Jim Whittakers Gedanken sind jetzt überhaupt ganz tief in seinem innersten Kern verborgen. Niemand kann ihm ansehen, dass er einen bitteren Zorn darüber verspürt, wie Clay Fairburrows Leute bisher mit ihm umgesprungen sind und es auch jetzt noch tun. Da will ihm doch dieser Bursche hier wie einem Greenhorn für dreihundert Dollar ein ganz bestimmt wertloses Claim andrehen!

Und in dieser Sekunde entsteht in Jim Whittakers Kopf auch schon ein Plan. Es reizt ihn plötzlich sehr, dieser Clay-Fairburrow-Organisation zu zeigen, dass auch sie noch dann und wann etwas lernen muss. Und deshalb sagt er: »Nun gut, ich nehme ein Claim. Irgendwie muss ich ja mal hier anfangen, und ich nehme an, dass es hier im Tal keinen Quadratzoll Boden mehr gibt, der nicht abgesteckt und auf einen Namen eingetragen ist.«

»Gibt es auch nicht«, sagt der Fairburrow-Mann grinsend. »Hier im Valley kann man keine Claims mehr abstecken. Man muss sie von den früheren Besitzern kaufen.«

Später verlässt Jim Whittaker langsam und nachdenklich das Büro. Ein pickelgesichtiger Bursche, dessen große Vorderzähne ständig sichtbar sind, begleitet ihn.

Sie wandern aus der Goldgräberstadt hinaus, folgen einem Pfad und klettern bald über Erd- und Steinhaufen, weichen Minenlöchern und Schwemmkästen aus und umgehen Hütten, Zelte und immer wieder schwitzende Goldgräber. Endlich erreichen sie die Falte eines steilen Hanges.

Jim Whittakers Begleiter deutet auf eine kleine Höhle. »Hier ist es«, sagt er. »Dies ist Claim 1311, Südseite. Es ist ein Hang-Claim. Es beginnt hier auf der Talsohle und reicht in einer Breite von hundert Fuß den Hang hinauf bis zum obersten Rand des Kammes.«

Jim Whittaker nickt.

»Es ist gut, mein Junge«, sagt er und legt einen Dollar in die ihm entgegengehaltene und nach einem Trinkgeld heischende Hand.

Der pickelige Junge steckt den Dollar weg und wendet sich schon halb. Doch dann grinst er plötzlich hohnvoll und sagt mit deutlich spürbarer Schadenfreude: »Auf diesem Claim haben schon drei Greenhorns nacheinander ihr Glück versucht. Dieses Claim ist so wertlos wie eine taube Nuss.«

»Das weiß man bei einem Claim nie mit Sicherheit, mein Junge«, erwidert Jim Whittaker sanft.

Dann sieht er dem spöttisch auflachenden Jungen nach und betrachtet endlich seinen Claim.

Ja, man kann es diesem Hang ansehen, dass vor Jim schon drei andere Männer hier ihr Glück versuchten, denn bis hinauf zum Kamm ist der ganze Hang mehr als einen Yard tief umgewühlt worden. Kleine Stollen sind auch in den Hang getrieben worden.

Jim grinst seltsam und betritt dann die kleine Höhle. Hier haben seine Vorgänger gewohnt, doch es ist kaum noch etwas vorhanden. Hier haben sich sicherlich die Nachbarn herausgeholt, was noch zu gebrauchen war.

Jim geht wieder hinaus und betrachtet den Stand der Sonne. Es ist schon später Nachmittag, und wenn er bis zum Abend noch unter Dach und Fach kommen will, muss er sich beeilen.

Er setzt sich also in Bewegung, um nochmals in die Stadt zu gehen. Er wird eine Menge Einkäufe machen müssen, denn er hat beschlossen, hier etwa vier Wochen lang schwere Arbeit zu verrichten.

Zwei Stunden später hat er allerlei eingekauft, schleppt zwei schwere Packen und kennt die wilde Goldgräberstadt Last Chance Camp schon wieder etwas besser.

In seinem Magen knurrt ein mächtiger Hunger. Die Mahlzeit von heute Mittag war viel zu wenig für seinen erschöpften Körper, der Säfte und Kräfte nötig hat.

Fleisch von seinem Indianerpferd möchte Jim jedoch nicht essen, und deshalb geht er in ein Restaurant, das sich in einer mit grüner Farbe angestrichenen Bretterbaracke befindet.

Innen ist alles sehr ordentlich und sauber.

Zwei Chinesen bedienen die Gäste. Und als Jim sieht, wer die Portionen ausgibt, da weiß er, warum dieses Speiselokal so sauber ist. Es wird von einer Frau geleitet, von einer blonden, schlanken und jungen Frau, die so kühl und frisch wie ein junger Morgen wirkt und sehr tatkräftig und energisch.

Goldgräber strömen nur so herein. Jim findet an den Tischen keinen Platz mehr. Doch an der Theke wird einer der Hocker frei. Jim stellt seine beiden Packen ab, nimmt Platz und wartet. Es gibt hier nur ein Menü. Die blonde Frau stellt bald darauf einen Blechteller vor ihn hin. Reis und Backpflaumen sind darin. Dazu gibt es ein Stück Apfelkuchen. Die Apfelscheiben sind mit Zucker bestreut. Und ein Becher mit Kaffee gehört ebenfalls dazu.

»Zwei Dollar«, sagt die Frau, und nun blickt sie Jim zum ersten Mal an. Er lächelt wortlos und legt das Geld vor sie hin. Ihr Blick bleibt länger auf ihn gerichtet, als dies notwendig wäre. Es ist, als hätte sie etwas an ihm erkannt, was von Interesse für sie wäre.

»Wenn ich in die Stadt komme, werde ich immer bei Ihnen essen, Madam«, sagt er gedehnt.

Sie nickt. »Das steht Ihnen frei, Mister aus Texas. Aber die Restaurants in Last Chance Camp werden bald schließen müssen. Sämtliche Vorräte an Lebensmitteln sind bald aufgebraucht. Es kommt kein Nachschub. Die Indianer lassen keinen Wagenzug mehr durch. Sie sind neu hier, nicht wahr?«

Auch sie spricht in dem Tonfall einer Texanerin. Und weil man dies auch bei ihm hören kann, sobald er auch nur wenige Worte spricht, hat sie ihn sofort als Landsmann erkannt.

»Yeah, ich bin heute gekommen«, sagt er. »Und ich habe unterwegs meine Mannschaft und achthundert Rinder verloren. Wo sind Sie geboren, Schwester?«

In ihren Augen blitzt es seltsam.

»Ich komme vom Brazos«, sagt sie. Dann bedient sie, weil nun wieder neue Portionen aus der Küche durchgereicht werden, einige Gäste und versorgt auch die beiden Chinesenkellner.

Als sie dann wieder zu Jim kommt, hat dieser schon eine Menge vertilgt. »Ich bin aus Wichita«, sagt er kauend, »und mein Name ist Jim Whittaker.«

»Red Jim Whittaker, der zu Jesse Chisholms Mannschaft gehörte und später auf eigene Rechnung Treibherden von Texas nach Kansas brachte?«

»Genau, Schwester. Genau der bin ich.«

»Mein Mann hat Sie gekannt, Jim Whittaker. Ollie O'Moore ist vor einigen Jahren mit Ihnen geritten, nicht wahr?«

»Yeah«, murmelt Jim nachdenklich, und weil diese Frau dort Ollie O'Moores Frau sein soll, verspürt er plötzlich ein tiefes Bedauern.

Sie ist gar nicht mehr frei, denkt er, und weil er dabei in ihr Gesicht blickt, wird er sich darüber klar, dass sie auf eine herbe und klare Art schön ist.

»Wo steckt Ollie denn jetzt?«, fragt er.

»Ed Fisher hat ihn vor fast einem Jahr erschossen.«

»Ed Fisher?«

»Ein berüchtigter Revolverheld, der zwei Revolver trägt und wie ein magerer Wüstenwolf aussieht. Sie werden ihm hier noch begegnen, Jim Whittaker.«

»Ich glaube, ich bin ihm schon begegnet«, murmelt Jim noch nachdenklicher. Er muss dann wieder warten und kann den Rest seiner Mahlzeit vertilgen, weil die junge Frau wieder einen neuen Schub Portionen verteilen muss.

Er ist fertig und dreht sich gerade eine Zigarette, als sie wieder zu ihm kommt und ihm gegenüber auf der anderen Seite der Theke ihre Hände verschränkt.

»Ollie O'Moore und ich, wir waren auf dem Chisholm Trail Sattelgefährten und zuletzt Partner«, sagt Jim. »In Dodge City trennten wir uns, weil Ollie heim zum Brazos wollte, wo ein Mädel schon drei Jahre auf ihn wartete. Das Mädel hieß Ginger.«

»Das bin ich.«

»Und Sie sind hier allein in diesem wilden Camp, Ginger?«

»Das ist eine lange Geschichte, Jim.«

»Kann ich sie hören?«

»In zwei Stunden schließe ich. Und in drei Stunden sind meine Helfer und ich mit dem Saubermachen und Abwaschen fertig.«

»Und dann darf ich kommen?«, fragt er.

Sie nickt seltsam heftig. »Ich habe immer darauf gewartet, dass mal einer von Ollies Freunden hier auftauchen würde. Ich habe jeden Texaner nach seinem Namen gefragt. Und Sie sahen wie ein Texaner aus, als Sie hereinkamen, Jim.«

Er stellt keine Fragen mehr, denn das Lokal wird immer voller. Hinter ihm fragt ein Mann: »Wenn Sie gegessen haben, dann kann ich vielleicht auf diesen Platz?«

»Ich komme«, sagt Jim zu Ginger O'Moore, rutscht vom Hocker, nimmt seine beiden Packen auf und geht hinaus. An der Tür blickt er sich noch einmal um. Ginger O'Moore steht noch unbeweglich hinter der Theke und blickt ihm nach.

Ihr Blick wirkt irgendwie hoffnungsvoll.

Und die Erinnerung an diesen hoffnungsvollen Blick nimmt Jim Whittaker mit hinaus.

✰✰✰

Als Jim Whittaker sein Claim erreicht, brennt dort vor der Höhle ein Feuer. Ein Mann erhebt sich bei seiner Annäherung und zeigt ihm die Handflächen beider Hände.

»Ich bin nur Ihr Nachbar. Ich dachte mir, dass Sie Vorräte kaufen waren. Hoffentlich haben Sie nicht in Last Chance Camp schon gegessen. Dann hätte ich dieses Kochfeuer umsonst angemacht.«

Der Mann grinst bei diesen Worten. Es ist ein kleiner, krummbeiniger Bursche, untersetzt und drahtig. Jim Whittaker kennt die Sorte, denn mit solchen Burschen ist er geritten und hat Longhornherden getrieben. Dieser krummbeinige Gent ist ein Reiter, ein Cowboy. Auch er sucht hier nach Gold.

Jim Whittaker erwidert das Grinsen und verschweigt, dass er vor einer knappen Stunde noch gegessen hat. Überdies verspürt er auch wirklich schon wieder Appetit, und das ist kein Wunder.

»Bruder«, sagt er, »kannst du Pfannkuchen machen?«

»Mein Name ist Joel Talbott«, sagt der Kleine. »Ich würde zwar lieber ein paar Steaks braten, aber Pfannkuchen sind besser als nichts. In diesem verdammten Höllenloch, das sich Belle Fourche Valley nennt, gibt es kein Fleisch mehr. Ich bin übrigens restlos abgebrannt, keinen Proviant und kein Geld, verstehst du, Bruder? Ich danke dir wirklich für die Einladung. Ich kann mich revanchieren, weil ich schon lange genug hier bin. Ich kann dir richtig erklären, dass es keinen Sinn für dich hat, wenn du hier den Boden umwühlst. Das haben deine drei Vorgänger auch schon getan, und sie alle waren tüchtige Burschen, die wie Riesenmaulwürfe wühlten und schufteten. Dieses Claim ist vollkommen wertlos.«

Indes er dies alles sagt, hat Jim eines seiner beiden Pakete geöffnet. Er hat allerlei Dinge herausgeholt, die Joel Talbott wie selbstverständlich an sich nimmt.

Jim Whittaker fühlt sich nun sehr müde und erschöpft. Er setzt sich auf den Boden und lehnt den Rücken gegen einen Stein. Langsam dreht er sich eine Zigarette und sieht dann rauchend zu, wie Joel Talbott Pfannkuchenteig bereitet.