G. F. Unger Western-Bestseller 2646 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2646 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Es ist eine von den Nächten, da Jim Osborne, genannt Durango Jim, an einem glühenden Feuer allein ist, nachdem er in Deadwood eine ganze Woche lang sein Glück beim Poker und bei den Mädchen probiert hat. Jetzt fühlt er sich leer und ausgebrannt. Er denkt an den verrückten Revolverschwinger, der ihn herausforderte und den er gleich mit dem ersten Schuss von den Beinen holte.
Er wird es überleben, denkt Jim und fragt sich wieder einmal, ob das alles einen Sinn hat.
Doch bevor er sich eine ehrliche Antwort auf diese Frage geben kann, erinnert er sich daran, dass er Durango Jim ist, ein Revolverheld, der vor einiger Zeit nach Dakota kam, weil ihm im Süden der Boden zu heiß wurde und die Texas Rangers auf seiner Fährte waren.
Er weiß, dass er von der menschlichen Gemeinschaft gehasst wird und dass er diesen Hass mit Verachtung erwidert.
Für eine Woche fand er in Deadwood Vergessen. Und das ist es, was für ihn zählt: Vergessen!
Jetzt, allein an diesem Feuer unter den Sternen Dakotas, ist alles wieder da, und er fragt sich, wie es weitergehen soll ...



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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Durango Jim

Vorschau

Impressum

Durango Jim

Es ist eine von den Nächten, da Jim Osborne, genannt Durango Jim, an einem glühenden Feuer allein ist, nachdem er in Deadwood eine ganze Woche lang sein Glück beim Poker und bei den Mädchen probiert hat. Jetzt fühlt er sich leer und ausgebrannt. Er denkt an den verrückten Revolverschwinger, der ihn herausforderte und den er gleich mit dem ersten Schuss von den Beinen holte.

Er wird es überleben, denkt Jim und fragt sich wieder einmal, ob das alles einen Sinn hat.

Doch bevor er sich eine ehrliche Antwort auf diese Frage geben kann, erinnert er sich daran, dass er Durango Jim ist, ein Revolverheld, der vor einiger Zeit nach Dakota kam, weil ihm im Süden der Boden zu heiß wurde und die Texas Rangers auf seiner Fährte waren.

Er weiß, dass er von der menschlichen Gemeinschaft gehasst wird und dass er diesen Hass mit Verachtung erwidert.

Für eine Woche fand er in Deadwood Vergessen. Und das ist es, was für ihn zählt: Vergessen!

Jetzt, allein an diesem Feuer unter den Sternen Dakotas, ist alles wieder da, und er fragt sich, wie es weitergehen soll ...

Er grinst halb trotzig und halb verloren, denn er ist ein junger Bursche von fünfundzwanzig Jahren.

Mit siebzehn war er schon Soldat. Er hat das letzte grausame Kriegsjahr mitgemacht und danach die Gnadenlosigkeit eines Gefangenenlagers ertragen und überstanden.

Als er in der Ferne Hufschlag eines Pferdes hört, lauscht er bewegungslos und mit der Erfahrung eines Burschen, der am San Juan River geboren wurde und schon mit neun Jahren eine Schrotflinte auf zwei Apachen abfeuerte, die seine Eltern ermordet hatten.

Das Pferd, dessen Hufschlag Jim hört, ist müde. Es stolpert oft. Der Reiter muss es sehr eilig haben, wenn er das Tier trotzdem antreibt. Er ist dabei, das Pferd zu ruinieren.

Wenig später hält der Fremde auf dem Pfad an und späht zum Feuer herüber. Durango Jim kann es in der hellen Sternennacht erkennen. Er erhebt sich und weicht ein Stück vom Feuer fort.

»He!«, ruft der Reiter heiser und kommt die dreißig Schritte vom Pfad herübergeritten.

»Du bist das, Jim«, sagt er. »Das ist gut. Ich brauche ein gutes Pferd. Gib mir deins! Du hast doch ein Alibi für gestern Nacht, nicht wahr? Willst du mir den Gefallen tun?«

Jim denkt erst eine Weile über die Worte des Burschen nach. Er kennt ihn flüchtig. Sie gehörten ein paar Tage lang zu einer Mannschaft, die mit einer gestohlenen Herde nach Deadwood unterwegs war. Doch das ist schon drei Monate her.

Der Bursche heißt Jorge Graham, und er ist einer von der Sorte, die für einige Dollars alles macht – alles!

»Wer ist hinter dir her?«, will Jim wissen.

»Die Webster-Brüder. Sie wollen mir die Haut abziehen, weil sie der Meinung sind, ich hätte ihre Schwester verführt. Wenn sie mich einholen, schlagen sie mich tot. Gib mir dein Pferd, Jim! Hilf mir!«

Jim überlegt. In der Ferne vernimmt er Hufschlag – eine ganze Mannschaft scheint unterwegs zu sein.

»Wenn du mich angelogen hast, Jorge«, sagt er schleppend, »dann bist du ein toter Mann. Nimm dir mein Pferd. Aber du reitest damit nur bis zu Charly Browns Store. Dort besorgst du dir ein anderes Tier. Los, verschwinde!«

Jorge Graham stößt einen Laut aus, der wie heiseres Jauchzen klingt. Eine Minute später reitet er auf Jims Pinto in die Nacht. Jim Osborne bleibt bewegungslos zurück. Als der Hufschlag seines Pferdes verklingt, hört er das Hufgetrampel der Verfolger.

Er grinst, denn er kennt die Webster-Brüder und deren Schwester gut genug. Er weiß genau, dass man das Webster-Mädel ganz bestimmt nicht mehr verführen kann. Ihre Brüder müssten das längst wissen, wenn sie nicht so dumm und ihrer Schwester gegenüber völlig blind wären.

Als dann die Reiter bei ihm sind, stellt er jedoch fest, dass keiner der Webster-Brüder dabei ist. Er will nach dem Revolver greifen, doch es ist zu spät. Einer der Männer jagt auf dem galoppierenden Pferd an ihm vorbei und schlägt ihm den Lauf eines Gewehres auf den Hut.

Als er wieder wach wird und sich aufrichtet, begreift er, dass Jorge Graham ihn reingelegt hat.

Denn die Verfolger sind nicht Abe und Tate Webster.

Es sind Männer aus der Stadt, und es sind verdammt harte Burschen, die reiten und kämpfen können. Die Stadt ist noch nicht alt. Sie mussten sie dreimal aufbauen. Zweimal wurde sie von Indianern zerstört.

Vier der Männer kennt Jim Osborne, denn er war oft genug in Belle City, das zwischen Pierre und Deadwood am Wagenweg ins Goldland nach Montana liegt.

Jim erkennt Ben Starke, den Schmied, und den Storehalter Jeff Hammer. Gordon Lee, der Saloonbesitzer, ist ein dunkler, geschmeidiger Spielertyp, doch er sitzt im Sattel wie ein Langreiter, und er war es auch, der Jim Osborne mit dem Lauf der Schrotflinte zusammenschlug.

Dann ist noch Henry Mourke mit dabei, der Posthalter von Belle City, dem der Mietstall und die Futter- und Saatguthandlung gehören.

Die drei oder vier anderen Männer zählen nicht. Sie sind nur Begleiter, weil sie im Dienst der vier Großen von Belle City stehen.

Sie umgeben Jim Osborne, und sie sind ein schweigsamer Kreis.

Es geht eine unversöhnliche Härte von ihnen aus. Sie prallt gegen Jim Osborne wie ein heißer Atem. Noch bevor einer der Männer seinen Mund aufmacht, weiß er, dass er so übel in der Klemme steckt wie noch nie in seinem Leben.

»Was soll das?«, fragt er heiser und stöhnend. Sein Kopf schmerzt. Er steht noch etwas schwankend auf den Beinen. Aber er weiß, dass er jetzt besonders wach sein muss. Er braucht seinen ganzen Verstand.

Das spürt er genau.

Sie geben ihm nicht sofort Antwort, sondern betrachten ihn im Schein des Feuers, das sie während seiner Bewusstlosigkeit wieder zum Lodern brachten. Sie haben ihn längst entwaffnet und sich das Pferd Jorge Grahams angesehen.

Als Jim an Jorge Graham denkt, steigt eine heiße Wut in ihm auf. Diese kleine Ratte hat mich reingelegt, denkt er, und ich Narr fühlte mich so großartig, dass es mir Spaß machte, ihm gegen die Webster-Brüder zu helfen. Doch ...

Seine Gedanken werden von einer harten Stimme unterbrochen. Der Posthalter Henry Mourke sagt zu den anderen: »Ich denke, es ist alles klar. Wir hängen ihn an den nächsten Baum – dort drüben.«

»He«, faucht Jim Osborne, »ihr könnt mich doch nicht einfach aufhängen! Warum denn? Was soll denn der Mann, den ihr verfolgt habt und dem ich mein Pferd gab, verbrochen haben?«

Sie starren ihn an, und einer lacht spöttisch. »Jetzt will er sich herauswinden«, sagt der hagere Storehalter Jeff Hammer. »Hört ihr, er will uns weismachen, dass ein anderer Mann im Spiel ist. Ah, diese Burschen gleichen sich alle. Sie sind großspurig und glauben an ihr Glück. Doch wenn sie am Haken sitzen, dann krümmen sie sich wie Würmer. Aber das nützt dir nichts, du Schuft. Wir können Ken Mannen nicht mehr lebendig machen. Doch wir können den Kerl, der ihn durch das Fenster mitten in unserer Pokerrunde erschoss, aufknüpfen. Nichts und niemand wird uns daran hindern. Da helfen keine Märchen. Wir kennen dich einigermaßen, du Sattelstrolch. Du bist genau der Typ, den sich Oldman Rannahan anwerben kann, um einen Kronzeugen erledigen zu lassen. Ich wette, dass er dir nicht mehr als hundert Dollar zu zahlen brauchte. Seht mal nach, ob er das Geld noch in der Tasche hat.«

Zwei der Männer treten sofort vor und durchsuchen Jims Kleidung.

Jim hält still. Sein Kopf schmerzt noch immer von dem Schlag, und er muss sich Mühe geben, um das, was die Männer sagen, zu begreifen.

Sie halten mich für einen Burschen, den jemand angeworben hat, um einen Kronzeugen erschießen zu lassen, denkt er. Und gleich werden sie die fünf Zwanzig-Dollar-Stücke bei mir finden, die ich stets als letzte Reserve aufhebe.

Er hat es kaum gedacht, als auch schon einer der beiden Männer zufrieden brummt und verkündet: »Da sind fünf Zwanzig-Dollar-Stücke in das Taschentuch eingeknotet, Goldstücke!«

»Seht ihr«, sagt Jeff Hammer. »Habe ich es nicht gleich gesagt? Für hundert Dollar erschießt er einen braven Mann. Also, wir hängen ihn dort drüben, nicht wahr?«

Sie starren ihn an, und ihre Mitleidlosigkeit strömt wie ein kalter Hauch zu Jim herüber. Einer der Männer – er ist sonst Begleitfahrer auf den Postkutschen – sagt plötzlich: »Jetzt erkenne ich diesen Hombre. Der Bursche ist als Durango Jim bekannt. Im Süden wird er von einigen Sheriffs gesucht. Er hat immer wieder Revolverkämpfe. Vor etwa drei Monaten gehörte er zu der Rustler-Mannschaft, die eine Herde stehlen und in Deadwood verkaufen konnte. Das ist Durango Jim, ein Revolverheld und Viehdieb! Ja, es ist ziemlich sicher, dass er sich mit einem raschen Schuss hundert Dollar verdienen wollte. Er hat nur das Pech, dass wir uns so schnell Pferde beschaffen konnten. Und wir haben Glück, dass das Land so trocken ist, dass man noch eine ganze Weile später einer Staubfahne folgen kann, die ein Reiter hinter sich lässt. Diese Staubfahne ist ...«

Jim achtet nicht länger darauf, was der Mann über die guten Eigenschaften einer Staubfahne zu sagen hat. Er überlegt vielmehr fieberhaft, wie er diese harten Männer davon überzeugen könnte, dass sie in ihm den falschen Mann erwischt haben.

Plötzlich fällt ihm etwas ein. »Es ist doch ganz einfach, Leute«, sagt er. »Diesem Pferd dort sieht man an, dass es länger als zwanzig Meilen hart geritten wurde. Es ist voller Schaum, Staub und Kletten. Wäre es mein Pferd, dann müsste ich doch nicht viel anders aussehen, nicht wahr? Ich müsste erhitzt sein vom Reiten. Meine Beine müssten mit flockigem Pferdeschweiß bedeckt sein. Und ...«

Er verstummt und macht eine Handbewegung, die mehr als jedes weitere Wort sagt. Es müsste den Männern doch klar sein, dass er nicht der Mann sein kann, der noch vor wenigen Minuten auf diesem abgetriebenen Pferd gesessen hat.

Das scheinen sie jetzt einzusehen, und ihre Zufriedenheit darüber, dass sie ihr Wild eingeholt und gefangen haben, wandelt sich in eine böse Wut. Nun fühlen sie sich reingelegt. Sie begreifen, dass ihnen der Mörder entkam. Auch ihre Pferde sind ziemlich erledigt.

Während sie noch so stehen und versuchen, mit ihrer Enttäuschung fertig zu werden, sagt Durango Jim: »Es war Jorge Graham. Er erzählte mir, dass die Webster-Brüder hinter ihm her seien, um ihn wegen ihrer Schwester zu verprügeln. Jorge Graham hat mich reingelegt. Ich habe ihm geglaubt. Nun, gebt mir eine Chance. Ich hole ihn und bringe ihn nach Belle City. Ich gebe euch mein Wort.«

Als er verstummt, starren sie ihn an.

»Auf dein Wort, du Sattelstrolch, pfeifen wir«, sagt Henry Mourke. »Kerle von deiner Sorte sollte man wie Ungeziefer verfolgen. Wo kämen wir denn hin, wenn wir eurem Wort vertrauen würden?«

Er wendet sich in die Runde.

»Ich sage, dass er wegen Beihilfe zum Mord schuldig ist. Er hat einem Mörder ein frisches Pferd gegeben. Ken Mannen, den wir zum Geschäftsführer unserer Belle City Bank gewählt hatten, war ein guter Mann, für den wir kaum Ersatz finden. Ich meine, dass wir auch dem Helfer seines Mörders keine Chance geben sollten. Wer ist dagegen?«

Er blickt fragend in die Runde. Niemand ist dagegen. Alle sind sich einig. Sie haben einen heimtückischen Mörder verfolgt. Als sie erkannten, dass er ihnen entkommen war, wurden sie bösartig und wütend.

Nun glauben sie ein gutes Werk zu tun, wenn sie Jim Osborne hängen. Wenn sie schon nicht den Mörder selbst bekommen können, dann wollen sie zumindest diesen Burschen dort. Dann kämen sie sich nicht ganz so erfolglos vor, und ihr harter Ritt hätte sich doch noch gelohnt.

»Also gut, bringt ihn hinüber zu den Bäumen!«

Der Posthalter und Mietstallbesitzer Henry Mourke hat das Kommando übernommen.

Jim Osborne spannt seinen zähen Körper an. Er will mit allen Mitteln um sein Leben kämpfen. Vielleicht kann er einige Männer zur Seite schlagen und sich den Weg bis zu den Pferden freikämpfen. Dann säße er blitzschnell mit einem Comanchensprung im Sattel – und vielleicht würden ihn ihre Kugeln nicht erreichen.

Während er verstohlen nach den Pferden blickt, sieht er, dass sie nicht mehr allein sind.

Es ist noch ein Reiter da. Er muss das letzte Stück im Schritt gekommen sein und die wartenden Pferde als Deckung benutzt haben. Jetzt hält er dort hinter den Tieren und blickt herüber. Im Sternenlicht und im Feuerschein kann er gewiss alles gut beobachten, und wenn seine Ohren auch nur einigermaßen normal sind, muss er jedes Wort verstanden haben.

Als er sich etwas bewegt, sieht Durango Jim auf seiner Weste einen Stern im Widerschein des Feuers blinken.

Es ist der Sheriff Bill Clanton.

Dieses Land hat noch nicht lange einen Sheriff. Früher kamen nur dann und wann Deputys her – aber sie verschwanden stets schneller, als sie gekommen waren.

Bill Clanton ist der erste richtige Sheriff. Sein Office ist in Belle City. Jim Osborne begegnete ihm nur einige Male, denn er hat es sich angewöhnt, um Gesetzesvertreter einen Bogen zu machen.

Dennoch erkennt er ihn sofort an der typischen Haltung im Sattel. Jim Osborne erkennt jeden Menschen wieder, den er einmal sah.

Seit Henry Mourkes Kommando sind erst wenige Sekunden vergangen. Und fast im selben Moment, da Jim den Sheriff erblickt, klingt dessen trockene Stimme herüber.

»Daraus wird nichts, Henry Mourke – keine Lynchpartie!«

Sie blicken sich um. Jemand tritt vor und scheucht die Sattelpferde zur Seite. Der Sheriff kommt durch die Lücke geritten und verhält vor den Männern, die ihn missmutig anstarren.

Bill Clanton ist nur mittelgroß und schon etwas grau. Er ist hager, lederhäutig und erinnert an einen erfahrenen, schon etwas zerzausten Jagdfalken. Von ihm geht eine selbstsichere Ruhe aus.

»Warum konntest du nicht ein paar Minuten später kommen, Bill«, sagt Henry Mourke bitter. »Hast du alles gehört?«

Der Sheriff nickt und betrachtet Jim Osborne, der den Blick fest erwidert.

»Es könnte als Beihilfe zum Mord ausgelegt werden«, murmelt der Sheriff. »Und wenn Sie auch noch steckbrieflich gesucht werden, mein Junge, dann kennt der County-Richter keine Gnade.«

Jim Osborne sieht ihn immer noch an.

»Ich wurde reingelegt«, wiederholt er. »Auch hinter mir waren die Webster-Brüder mal her. Ihre Schwester macht jedem Burschen schöne Augen, und es ist leicht, an sie heranzukommen. Doch ihre Brüder wollen es nie wahrhaben. Ich glaubte Jorge Graham in der gleichen Klemme und half ihm. Natürlich sieht es wie Beihilfe zum Mord aus, wenn er jemanden erschossen hat. Ich hörte schon, dass es Ken Mannen ist, der die Belle City Bank leitet. Mitten aus einer Pokerrunde soll man ihn herausgeschossen haben. Das ist nicht mein Stil, Sheriff. Ich schieße nicht aus dem Hinterhalt auf einen Mann, der mir nichts getan hat und der ahnungslos Poker spielt. Der County-Richter wird eine andere Meinung von mir bekommen, wenn ich diesen Jorge Graham einfange und an den Ohren nach Belle City bringe, Sheriff. Bekomme ich diese Chance?«

Der Sheriff brummt, sitzt ab und tritt vor Jim Osborne hin. Er dreht ihn etwas herum, sodass Osbornes hageres Gesicht vom Feuer angeleuchtet wird.

»Und warum sollte ich dir diese Chance geben?«, fragt der Sheriff.

Jim wischt sich über das schweißnasse Gesicht.

»Dorthin, wo Jorge Graham jetzt reitet, kann ihm kein Mensch unbemerkt folgen. Das Nachrichtensystem in diesem Land funktioniert gut. Niemand von euch kommt jetzt noch an Jorge Graham heran. Nur ich! Und ich hole ihn mir. Er hat mich reingelegt. Ich habe ihn gewarnt und ihm gesagt, dass er ein toter Mann wäre, wenn etwas nicht stimmen sollte. Er hat mich reingelegt. Lasst mir die Chance!«

»Nein!«, ruft Henry Mourke barsch. »Sie lügen alle, diese Sattelstrolche und Revolverschwinger!«

»Er glaubt, wir wären dumm«, brummt Ben Starke, der bullige Schmied.

»Ja, das glaubt er wirklich«, knurrt auch Jeff Hammer. »Wir sollten ihn schon deshalb aufknüpfen, weil er so frech ist und glaubt, mit einem derartigen Trick davonzukommen. Sheriff, reiten Sie weiter! Sie haben nichts gesehen. Wir machen das hier schon.«

Aber der Sheriff beachtet ihn gar nicht. Bill Clanton sieht immer noch in Jim Osbornes Augen. Osborne ist dunkel wie ein Indianer, doch seine Augen sind blau. Auf seiner Nase sind ein paar Sommersprossen. Er hält dem Blick des Sheriffs stand – und es ist, als hielten die beiden so verschiedenen Männer eine stumme Zwiesprache.

Plötzlich nickt der Sheriff und sagt: »All right, Junge! Du kannst es versuchen. Nimm das Pferd und mach dich auf die Socken.«

»Bist du verrückt, Sheriff?«, fragt Henry Mourke scharf.

Der Sheriff grinst. »Ich habe meinen eigenen Stil«, sagt er. »Und ich bin euch nicht verantwortlich. Ihr habt mich nicht gewählt, sondern ich wurde vom Gouverneur eingesetzt, weil niemand in diesem Land Steuern zahlen will. Also, reitet heim nach Belle City. Los!«

Sie starren ihn böse an. Jetzt sind sie seine Gegner, nachdem sie ihn die wenigen Wochen seiner Amtszeit nur beobachtet haben. Es hätte an ihm gelegen, ihnen Entgegenkommen zu zeigen. Dann hätte er sie auf seiner Seite gehabt, sie, die mächtigen Männer der Stadt.

Aber er verhindert ihre Lynchpartie und schickt sie nach Hause wie dumme Jungen. Er will sie nicht einmal als Gehilfen oder als Aufgebot bei sich haben.

Und er traut einem Sattelstrolch mehr als ihnen.

Das trifft ihren Stolz.

Gordon Lee, der Saloonbesitzer und Exspieler, der Jim mit der Schrotflinte auf den Kopf schlug, sagt hart: »Das werden Sie zu verantworten haben, Bill.«

Es klingt wie eine Drohung.

Der Sheriff sagt nichts. Er sieht Gordon Lee nur an.

Dieser wendet sich ab und geht zu seinem Pferd. Er ruft den Mann zu sich, der in seinem Saloon als Rauswerfer arbeitet.

Auch die anderen Männer folgen.

Sie fluchen oder stoßen Drohungen aus. Sie geben unmissverständlich bekannt, was sie tun werden, wenn der Sheriff nicht binnen drei Tagen Ken Mannens Mörder nach Belle City bringen sollte.

»Dann kann der Gouverneur gleich einen neuen Sheriff schicken«, erklärt Henry Mourke beim Abreiten.

✰✰✰

Als sich der Hufschlag ihrer Pferde entfernt, atmet Jim Osborne erleichtert auf. »Danke, Sheriff! Das war knapp.«

Bill Clanton wirft Jim schweigend den Revolver zu, den er von einem der Männer bekommen hat. Es ist Jims Colt. Er fängt die Waffe mit einem blitzschnellen Griff.

Bevor er den Colt ins Holster schiebt, untersucht er ihn.

Der grauköpfige Sheriff betrachtet ihn immer noch, und als Jim Osborne diesem Blick nochmals begegnet, ist abermals ein stummes Einverständnis zwischen den beiden Männern.