G. F. Unger Western-Bestseller 2648 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Mike Brown, der Keeper des Trailmen Saloons, hat Zahnschmerzen und ist denkbar schlechter Laune.
»Oh, ihr beiden Strolche«, sagt er zu Andy Scott und Morg Callaghan, »kommt ihr eure Schulden bezahlen? Ihr wisst genau, dass Mister Sheridan mir den Kopf abreißen wird, wenn er erst euer Schuldenkonto sieht. Oh, mein, Zahn!«
»Komm, Morg«, sagt Andy bitter, »dieser Barbulle wird nie begreifen, dass er seine Zahnschmerzen immer nur dann bekommt, wenn er uns einen Freiwhisky abschlägt.«
Er grinst Mike Brown schadenfroh an und sagt mit falscher Freundlichkeit: »Der Zahn soll dich jucken, bis dein steinernes Herz so weich wie Pudding wird.«
Mit diesen Worten wendet sich Andy ab. Morg will ihm folgen. Doch Mike Brown knurrt: »Halt, Jungs!«
Sie wenden sich ihm wieder zu
»Wir können es ja mal ausprobieren«, sagt Mike Brown gepresst. »Ich spendiere euch Whisky auf meine Kosten. Wenn der Zahn sich dann beruhigt, ist alles gut. Wenn er jedoch nicht aufhört zu schmerzen, dann ...« Er bricht ab und überlegt erst einmal drei Sekunden. »Dann bekomme ich eure Hosen«, vollendet er den Satz.


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Seitenzahl: 163

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Stunde des Stolzes

Vorschau

Impressum

Stunde des Stolzes

Mike Brown, der Keeper des Trailmen Saloons, hat Zahnschmerzen und ist denkbar schlechter Laune.

»Oh, ihr beiden Strolche«, sagt er zu Andy Scott und Morg Callaghan, »kommt ihr eure Schulden bezahlen? Ihr wisst genau, dass Mister Sheridan mir den Kopf abreißen wird, wenn er erst euer Schuldenkonto sieht. Oh, mein, Zahn!«

»Komm, Morg«, sagt Andy bitter, »dieser Barbulle wird nie begreifen, dass er seine Zahnschmerzen immer nur dann bekommt, wenn er uns einen Freiwhisky abschlägt.«

Er grinst Mike Brown schadenfroh an und sagt mit falscher Freundlichkeit: »Der Zahn soll dich jucken, bis dein steinernes Herz so weich wie Pudding wird.«

Mit diesen Worten wendet sich Andy ab. Morg will ihm folgen. Doch Mike Brown knurrt: »Halt, Jungs!«

Sie wenden sich ihm wieder zu

»Wir können es ja mal ausprobieren«, sagt Mike Brown gepresst. »Ich spendiere euch Whisky auf meine Kosten. Wenn der Zahn sich dann beruhigt, ist alles gut. Wenn er jedoch nicht aufhört zu schmerzen, dann ...« Er bricht ab und überlegt erst einmal drei Sekunden. »Dann bekomme ich eure Hosen«, vollendet er den Satz.

Andy und Morg blicken sich an und überlegen. Sie sehen ziemlich verwildert und heruntergekommen aus. Das ist kein Wunder, denn sie haben die letzten sechs Monate in der Wildnis verbracht und Wildpferde gejagt. Sie haben ein prächtiges Rudel gefangen, eingebrochen und einigermaßen zugeritten. Vor drei Tagen haben sie dieses Pferderudel nach Two Dance gebracht und für einen guten Preis verkauft.

Und gestern hatte Andy Scott beim Poker vier Asse, und eine Zehn in der Hand. Auf dieses Blatt setzen sie dann alles, was sie besaßen ihr ganzes Geld, ihre Pferde, ihre Sättel, ihre Waffen und sogar Andys versilberte Sporen.

Doch Lee Skinner, der Spieler, setzte tausend Dollar dagegen und legte dann einen Royal Flush auf den Tisch. Das war natürlich ein Wunder, und diesem Wunder waren Andys vier Asse und der Zehner nicht gewachsen.

Und so kam es, dass zwei Männer, die sechs Monate in der Einsamkeit waren und harte Arbeit als Wildpferdjäger und Zureiter geleistet hatten, sich nichts mehr von all den schönen Dingen gönnen konnten, von denen sie die ganze Zeit in ihrem einsamen Camp geträumt hatten.

»Nun gut, Mike«, brummt Morg Callaghan.

Mike Brown holt sofort die Flasche und schenkt drei Gläser voll. Er hat große Gläser genommen und spart nicht mit dem Whisky.

Als die Gläser leer sind, schütteln sie sich wie auf Kommando unter dem scharfen Schock des hochprozentigen Feuerwassers. Mike Brown steht dann still und erwartungsvoll da. Sein linkes Augenlid zuckt im selben Rhythmus, wie der Zahnschmerz hämmert.

So vergeht eine volle Minute. Dann nickt Mike Brown grimmig und sagt trocken: »Mein Zahnschmerz hat nichts damit zu tun, dass ich euch seit gestern auf Kredit keinen Whisky mehr gebe. Jetzt habt ihr Whisky bekommen, und der verdammte Schmerz ist immer noch da. Also gebt eure Hosen her, wie ihr es versprochen habt!«

Andy und Morg weichen zwei Schritte zurück. »Dadas kannst du doch ninicht mimit vollem Ernst gemeint haben, Mike?«, stottert Andy.

»Doch!«, sagt Mike Brown hart und bringt seine Schrotflinte, deren Doppellauf abgesägt ist, unter dem Schanktisch hervor.

»Eure Hosen bekomme ich!« Er verlangt es unversöhnlich, und man kann in seinen Augen eine wilde Freude erkennen.

Plötzlich zuckt er wieder zusammen, bekommt staunende Augen und öffnet den Mund. Sein ganzes Gesicht – es ist ein sehr hässliches Gesicht mit all den vielen Narben von Preiskämpfen – drückt nun ungläubiges Staunen aus.

Er steckt sogar einen Finger in den Mund und drückt gegen einen Zahn.

»Die Schmerzen sind wirklich weg!«, ächzt er dann staunend. »Andy, wie hast du das gemacht?«

»In unserer Familie gab es in jeder Generation einen großen Heiler und Beschwörer«, würgt Andy hervor. Und dann verlässt er eilig den Saloon.

Auch sein Freund Morg staunt. Aber dann bekommt er große Angst, dass Mike Browns Zahn plötzlich wieder zu schmerzen beginnen könnte. Er stößt einen gepressten Laut aus und folgt eilig seinem Freund.

»Was war das, Andy? Kannst du mit einem Zauberspruch wirklich ...«

»Es war bestimmt nur ein Zufall«, sagt Andy. »Mike Browns Zahn muss völlig verrückt sein.«

Der riesenhafte Morg Callaghan schüttelt den Kopf. »Nein, es ist ein sehr vernünftiger Zahn«, widerspricht er. »Wir verdanken ihm unsere Hosen. Dieser Zahn ist in Ordnung. Ich wünsche ihm ein langes Leben. Was machen wir nun, Kleiner?«

»Gehen wir zu Lou Chandler ins Restaurant und fragen wir sie, ob sie uns ein gutes Mittagessen gibt«, schlägt Andy vor. Dagegen hat Morg nichts einzuwenden. Sie gehen weiter, und als sie das Post Office erreichen, da taucht die Überlandpost aus Texas zwischen den ersten Häusern des südlichen Stadteinganges auf. Sechsspännig kommt die schwankende Postkutsche hereingerasselt und wirbelt eine Staubwolke auf.

Als der Fahrer die Zügelenden um die Bremse wickelt, herrscht erwartungsvolle Stille, obwohl nun mehr als fünfzig Menschen versammelt sind.

Indes der Begleitmann vom hohen Bock klettert, beißt sich der Fahrer ein neues Stück Kautabak ab und sagt dann laut und gönnerhaft: »Ihr braucht nicht mehr lange zu warten, Leute! Sie kommen! Sie kommen und liefern sich ein heißes Rennen! Der ganze Texasweg ist voller Treibherden. Der Red River hatte drei Wochen Hochwasser, und selbst Reiter kamen nur unter Lebensgefahr durch die Furt. Auch die Postlinie war zwei Wochen unterbrochen. Doch jetzt kommen die Herden. In zwei oder drei Tagen habt ihr zwanzigtausend Rinder hier. Und in einer Woche ist Two Dance von hunderttausend Rindern umgeben, die auf die Verladung warten. Zweihundert wilde Burschen werden sich in eurer Stadt austoben und binnen einer Woche mehr als zwanzigtausend Dollar ausgeben. Ihr werdet gute Geschäfte machen. Eure Stadt wird wieder eine Hölle sein und die Schießeisen werden knallen ...«

Ein Mann unterbricht ihn laut: »Diesmal wird es nicht so schlimm werden, Jorge! Wir haben jetzt einen hartgesottenen Marshal. Der Schmied hat das Amt aufgegeben, und wir haben uns einen hauptamtlichen Marshal angeworben, der schon für Ruhe und Ordnung sorgen und selbst die wildesten Jungs einigermaßen friedlich halten wird. Diesmal wird es nicht so schlimm.«

Der Fahrer steht nun neben der Kutsche und gibt dem Postmeister den Postsack. Dann fragt er trocken: »So? Einen Marshal habt ihr? Was ist das für ein Mann?«

»Es ist Kirby Wagoner«, sagt eine Stimme aus dem Kreis der Bürger.

Jorge Lee, so heißt der Postfahrer, zuckt unmerklich zusammen. Dann ruft er seinen aus der Kutsche kletternden Fahrgästen zu: »In zwanzig Minuten fahre ich weiter! Und ich warte keine einzige Sekunde!«

Nach diesen Worten nickt er dem Postagenten zu und drängt sich durch die Menschenmenge. Auch Andy Scott und Morg gehen weiter.

»Jetzt werden wir im Verladebahnhof todsicher Arbeit bekommen«, sagt Morg zufrieden. »Und wenn wir lange genug als Herdenknechte geschuftet haben, können wir uns eines Tages wieder Pferde, Waffen und Ausrüstung kaufen. Und nie wieder werde ich mein Geld und meinen ganzen Besitz auf dich setzen, Kleiner! Selbst wenn du einen Royal Flush in der Hand hast, werde ich nicht einmal einen Cent riskieren.«

Nachdem er dies bitter gegrollt hat, erreichen sie das Marshal's Office, zu dem auch das Stadtgefängnis gehört. Der Postkutscher Jorge Lee ist soeben vor ihnen im Office verschwunden. Andy und Morg gehen an der Tür vorbei. Doch dicht neben dem offenen Fenster bleiben sie stehen.

Sie hören: »Hallo, Kirby, du bist jetzt also hier Marshal?«

»Hallo, Jorge«, erwidert eine ruhige Stimme. »Yeah, ich bin jetzt hier in Two Dance Marshal. Jeder Schuster bleibt bei seinen Leisten. Fein, dass du jetzt auf dieser Linie fährst, Jorge. Da sehen wir uns ja dann und wann. Kommen Treibherden den Texasweg herauf?«

»Mehr als genug, Kirby – mehr als genug. In einer Woche hast du zwei- oder dreihundert wilde Jungs zu bändigen.«

»Diese Stadt bezahlt mich nobel, Jorge. Und an dieses Handwerk habe ich mich gewöhnt.«

»Und deine Frau, Kirby?«

»Die auch!« Nun klingt die ruhige Stimme des Marshals merklich härter. Dann ist es eine Weile still im Office. Andy und Morg lauschen jedoch mit angehaltenem Atem. Und sie kommen auf ihre Kosten. Denn Jorge Lee spricht nach dieser Pause weiter.

»Kirby, du weißt, dass ich dein Freund bin. Und deshalb gehöre ich zu den wenigen Leuten, die genau Bescheid wissen, warum du damals dein Amt als Sheriff in Texas aufgegeben hast. Doch du bist nicht weit genug nach Norden gegangen. Und du hättest diesen Posten hier nicht annehmen dürfen. Ich bin gekommen, um dir eine schlechte Nachricht zu bringen, Kirby.«

Nach diesen Worten ist es wieder still. Dann fragt die Stimme des Marshals ruhig: »Was für eine Nachricht?«

»In einigen Tagen sind die Jacksons hier. Sie kommen mit einer großen Herde – Duff, Buck und Ollie Jackson. Und ihr Onkel Emmet Fisher ist auch dabei. Sie kommen mit viertausend Rindern und mehr als zwei Dutzend hartbeinigen Treibern. Wenn sie dich hier treffen, werden sie ganz bestimmt auf dich losgehen. Tut mir leid, dass ich dir diese schlechte Nachricht bringen musste, Kirby.«

»So schlecht ist die Nachricht gar nicht, Jorge. Denn ich habe inzwischen tausend Mal bereut, dass ich damals meinen Stern abgab und vor den Jacksons davonlief. Es ist mir recht, wenn sie kommen.«

»Und deine Frau? Und dein Kind?«

»Kate hatte mich damals belogen, Jorge. Sie erwartete kein Kind. Sie hatte mich nur geblufft. Sie fühlte sich gar nicht als werdende Mutter, als sie mich darum bat, meinen Stern abzulegen und vor einem Rudel Banditen davonzulaufen.«

Nach diesen Worten bleibt es wieder eine Weile still. Andy und Morg blicken sich kurz an. Dann gehen sie plötzlich wie auf ein stillschweigendes Übereinkommen weiter.

Und deshalb können sie nicht mehr hören, wie Jorge Lee zu Kirby Wagoner sagt: »Sie tat es gewiss aus Liebe zu dir, Kirby! Kate ist prächtig. Sie hatte Furcht davor, dich tot am Boden liegen zu sehen. Sie wollte dich nicht verlieren. Wenn es keinen Ausweg mehr gibt, dann greift eine liebende Frau zu den verzweifeltsten Mitteln. Kate ist gut. Sie ist in Ordnung. Ich kannte kein besseres Mädchen als sie. Und ich muss das wissen, denn ihr Vater war mein Boss. Ich habe Kate heranwachsen sehen. Wo ist sie? Ich will ihr sagen, was auf dich zukommt.«

»Geh in die Küche«, sagt Kirby Wagoner ruhig. »Von dort aus gelangst du in den Garten. Sie hängt Wäsche auf.«

✰✰✰

Lou Chandler ist eine Frau, bei deren Anblick ein Mann zumindest in Gedanken mit der Zunge schnalzt und von der er noch eine ganze Weile am Feuer einsamer Camps mit offenen oder geschlossenen Augen träumen kann. Ihr rotes Haar hat sie aufgesteckt, und ihre Augen sind grün und ihr voller Mund ist rot. Noch vor kurzer Zeit sang sie mit ihrer etwas kehligen Stimme Lieder vom Mississippi in den Saloons.

Als sie dann in diese Stadt kam, begann sie anders. Obwohl sich alle Saloonbesitzer darum bemühten, sie für ihre Häuser zu verpflichten, machte sie eine Speisewirtschaft auf. Und ihre schwarze Zofe, die Lou auf allen rauen Wegen begleitet hatte, erwies sich als die beste Köchin von Two Dance.

Das also ist Lou Chandler.

Andy und Morg nehmen ihre Hüte ab. Dann sagt Andy: »Wir bekommen im Verladebahnhof bestimmt Arbeit, wenn die Treibherden eintreffen. Doch die ersten Herden sollen erst in zwei oder drei Tagen ankommen. Bis dahin sind wir glatt verhungert. Irgendwo haben wir gehört, dass die berühmte und von allen Männern bewunderte Red Lou ein gutes Herz haben soll und ...«

Lou Chandler unterbricht ihn mit einem kehligen Lachen.

»Ich hätte Arbeit für euch«, sagt sie. »Ich zahle euch den gleichen Lohn wie Kane Stonewell, der Verladeboss. Und für mich braucht ihr nicht verrückte Longhorn-Stiere in die Viehwagen zu laden. Für mich sollt ihr gutes Wildbret für die Küche jagen, aber auch Stiere abhäuten und zerlegen. Ihr sollt Holz herbeischaffen, Bier zapfen und im Restaurant für Ordnung sorgen. Rosy und ich, wir sind allein. Ich brauche zwei tüchtige Männer zur Hilfe und zum Schutz. Und die Verpflegung ist erstklassig.«

Als sie es gesagt hat, öffnet sich die Tür. Kirby Wagoner, der Marshal von Two Dance, tritt langsam ein.

Er nickt leicht und fragt dann: »Lou, haben sie bei dir gebettelt?« Er kommt noch näher und baut sich vor Andy und Morg auf.

»Sie haben von mir soeben eine Anstellung bekommen«, sagt Lou Chandler ruhig. Sie betrachtet Kirby Wagoner ernst – sie kennt ihn gut. Sie und er sind alte Bekannte. Damals in Texas gab es viele Städte und Camps, in denen sie sich immer wieder begegneten. Denn Lou sang überall in den Saloons an der Grenze.

Kirby Wagoner aber trug überall den Stern und war als Revolversheriff bekannt.

Bis er dann Kate Overbridge heiratete.

Und das war damals für Lou Chandler eine Niederlage und das Ende einer Hoffnung, die in ihrem tiefsten Kern verborgen war.

Kirby Wagoner nickt, als er Lous Worte vernimmt, und geht wieder.

✰✰✰

VIRGIL B. SHERIDAN

Verwaltung der Sheridan-Betriebe

Präsident der Vereinigung aller Hotel- und Vergnügungsbetriebe

Haus- und Grundstücks An- und Verkauf!

Verwaltung der Sheridan-Frachtlinie

Viehaufkäufer der B.C. Company Chicago

Weideland-Verpachtung

Kirby Wagoner betrachtet das Schild mit einem kurzen Blick.

Dann tritt er ein. Im Vorzimmer erhebt sich ein Schreiber, blickt ihn an und öffnet den Mund zu einer Frage.

Kirby Wagoner betrachtet den Schreiber hart, geht an ihm vorbei und öffnet eine Tür, ohne anzuklopfen. Als er sie hinter sich schließt, sagt Virg Sheridan hinter seinem Schreibtisch kalt: »Kirby, wenn Sie noch einmal hereinkommen, ohne vorher anzuklopfen, dann werfe ich Sie eigenhändig wieder hinaus – und nicht nur aus diesem Haus. Ich habe Sie schon einmal aus einer Stadt gejagt, nicht wahr?«

Kirby blickt in Virg Sheridans helle Augen hinein.

»Yeah«, sagt er sanft, »ich bin damals fortgelaufen. Doch jetzt bin ich wieder in einer Stadt, in der auch Sie sind, Virg. Und ich trage hier den Stern.«

Virg Sheridan grinst breit und kalt. Er hat einen sehr hartlippigen und breiten Mund. Seine Unterlippe stößt über die Oberlippe vor.

»Ich war damals auf einer längeren Geschäftsreise«, sagt er. »Sonst hätte ich dafür sorgen können, dass Sie nicht in dieser Stadt den Stern bekamen, Kirby. Aber es macht keinen großen Unterschied aus, ob ich Sie oder einen anderen Marshal nach meinen Wünschen zurechtbiegen muss. Im Gegenteil, Kirby! Wir kennen uns! Wir kennen uns gut. Sie wissen, wie rau ich werden kann. Und ich weiß, dass Sie aufhören und fortlaufen, wenn ein richtiger Mann standhalten und richtig zu kämpfen beginnen würde. Nun gut, Kirby! Was wollen Sie? Ist Ihnen das Gehalt der Stadt zu niedrig? Wollen Sie, dass ich Ihnen noch ein zweites Gehalt zahle? Ein Gehalt, von dem nur wir beide etwas wissen?«

Er blickt Kirby lauernd an.

Und nun grinst der Marshal breit und kalt. In seinen grauen Augen erscheint ein unversöhnlicher Ausdruck.

»Ich bin zu Ihnen gekommen, Virg, um Ihnen zu sagen, dass ich hier in der Stadt die gleichen Verordnungen erlassen werde wie damals in jener anderen Stadt. Dieses Recht habe ich mir von den Bürgerschaftsvertretern vertraglich gesichert. Und Sie kennen diese Verordnungen, Sheridan, nicht wahr?«

Virg Sheridan nickt langsam.

»Diese Verordnungen kenne ich«, murmelt er kalt. »Sie werden da und dort in wilden Camps und Städten von hartgesottenen Revolvermarshals aufgestellt. Und ein Marshal oder Sheriff, der es fertigbringt, dass diese besonderen Verordnungen beachtet werden, der ist praktisch der Boss in der Stadt. Aber Sie sind nicht groß genug für dieses Vorhaben, Kirby – Sie nicht! Überdies habe ich auch noch eine kleine Überraschung für Sie, Marshal!« Er dehnt das Wort Marshal auf eine sehr ironische Art.

Dann grinst er und faltet seine großen Hände auf der Tischplatte. Er legt den Kopf zurück und blickt zu Kirby auf.

»Es ist eine feine Überraschung, Kirby. Sie werden bald nur noch von alten Freunden umgeben sein. Lou Chandler ist hier. Lee Skinner ist auch hier. Ich bin hier mit meinen verlässlichen und bewährten Jungs. Und jetzt raten Sie mal, Kirby, wer noch kommen wird?«

Als er das fragt, da weiß Kirby, dass auch Virg Sheridan schon über das Kommen der Jacksons informiert sein muss, deshalb erwidert er nach zwei Sekunden trocken: »Die Jacksons mit ihrem Onkel Emmet Fisher. Und sie kommen mit einer Treibherde und zwei oder drei Dutzend Reitern.«

In Virg Sheridans Augen erscheint kurz der Ausdruck einer Enttäuschung, aber das geht schnell vorbei. Bald darauf grinst er wieder kalt und böse.

»Yeah, die Jacksons kommen«, sagt er. »Ich weiß das schon lange. Ich kenne schon seit Wochen das Brandzeichen jeder Treibherde und den Namen ihrer Besitzer und Treibbosse, die auf dem Weg zu uns sind. Ich hatte einen Mann zum Red River geschickt. Ich brauchte nicht auf den Tag zu warten, da die Nachricht mit der Postkutsche unsere Stadt erreicht. Die Jacksons kommen also. Und Sie, Kirby, haben damals Bill Jackson an den Galgen gebracht. Seine Brüder und sein Onkel werden Ihnen, Kirby, sofort die Haut abziehen oder Sie in Stücke schießen. Ohne Hilfe sind Sie schon so gut wie tot. Sie können nur zwei Dinge tun: Entweder Sie laufen fort, tausend Meilen weit durch das Indianerland bis nach Montana oder Oregon – oder Sie nehmen Hilfe an. Sonst sind Sie in wenigen Tagen ein toter Mann, und Ihre schöne Frau ist eine Witwe.«

Langsam hebt er die Hand und stößt mit dem Zeigefinger gegen Kirby Wagoners Brust.

»Und Hilfe können Sie bekommen, Kirby«, sagt er sanft. »Von mir! Mit meiner Hilfe können Sie die Jacksons erledigen und brauchen sich nie wieder vor ihnen zu fürchten. Und Sie können dann auch Marshal in dieser Stadt bleiben. Als Gegenleistung werden Sie mir als Marshal jede Unterstützung geben, die ich haben möchte. Sie werden mein Marshal sein. Und weil Sie mit Ihrem Stern das Gesetz vertreten, werden Sie in dieser Stadt mein Gesetz vertreten. Das ist mein Vorschlag, Kirby. Nehmen Sie ihn an oder lehnen Sie ihn ab. Mir ist es gleich. Denn entweder bekomme ich Sie auf meine Seite – oder die Jacksons schaffen mir einen unbequemen Marshal vom Hals. Ich werde dann schon zusehen, dass der neue Marshal meine Gesetze vertritt.«

Kirby starrt ihn an. »Diese Gesetze kenne ich«, sagt er. »Und es ist eigentlich nur ein einziges Gesetz. Es lautet: Alles, was Mister Virgil Sheridan und sein raues Rudel auch tun und verüben mögen – vom einfachen Kartenbetrug bis zum Mord –, wird vom Town Marshal gedeckt und geht straffrei aus.«

»Genau!«, sagt Virg Sheridan kalt. »Nun, Kirby. Sie haben die Wahl! Entscheiden Sie sich. In einer Stunde will ich die Antwort haben.«

Kirby geht hinaus auf die Straße und wundert sich unwillkürlich darüber, wie schön der Tag ist und wie warm die Sonne scheint.

✰✰✰

In der Küche sitzt Kate am gedeckten Frühstückstisch, und obwohl der Kaffee längst kalt geworden ist, hat sie noch keinen Bissen gegessen und keinen Schluck getrunken.

Sie hat stumm und steif auf dem Stuhl gesessen und gewartet. Kirby tritt an den Tisch, setzt sich und beginnt nach einer gemurmelten Entschuldigung zu essen.

Als er den letzten Bissen gegessen und den Kaffee getrunken hat, sagt sie mit ihrer etwas kehligen Stimme herbe: »Die Jacksons kommen also?«

»Yeah, Kate«, erwidert Kirby sanft.

»Dann ist alles wieder wie damals, nicht wahr, Kirby?«

»Nein, es ist anders«, murmelt er und dreht die leere Tasse in seinen Händen. »Diesmal kannst du mir nicht sagen, dass wir ein Kind haben werden und du dieses Kind nicht zur Welt bringen würdest, wenn sein Vater getötet werden sollte. Diesmal weiß ich auch, wie es ist, wenn man fortgelaufen ist!«

Sie geht auf den bitteren Scherz nicht ein, sondern fragt nur noch herber: »Also bleibt nur fortlaufen oder aushalten und kämpfen?« Nach diesen Worten holt sie tief Atem und stellt dann ihre letzte Frage: »Wofür wirst du dich entscheiden?«

»Ich habe noch mehr als eine halbe Stunde Zeit«, erwidert er. »Virg Sheridan gab mir eine ganze Stunde Frist.«