G. F. Unger Western-Bestseller 2652 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2652 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Obwohl Sinclair die letzte Stunde zu Fuß lief und das Pferd an den langen Zügeln führte, hält das Tier plötzlich an. Es kann nicht mehr. Auf drei Hufen verharrt es. Der vierte Huf ist schon seit Tagen ohne Eisen, und er ist gespalten. Deshalb wurde das Pferd für Sinclair völlig wertlos.
Keuchend betrachtet er es. Er ist ein harter Mann, der schon als kleiner Junge die Erfahrung machen musste, dass das Leben keine Gnade kennt. Das gilt hier im Arizona-Territorium mehr als anderswo. Denn hier im Apachenland sind alle Lebewesen entweder Jäger oder Gejagte. Und am grausamsten ist wahrscheinlich die Natur.
Er lässt die Zügelenden zu Boden fallen, tritt an das Tier heran, nimmt die noch halb gefüllte Wasserflasche vom Sattelhorn und hängt sie sich um. In der Rechten hält er das Gewehr. Den Waffengürtel mit dem Colt hängt er um den Hals, damit er ihn nicht beim Laufen stört.
Nun überlegt er einige Sekunden.
Er hat Grund dazu, einen genau dreißig Pfund schweren Grund. Hinter dem Sattel in der Deckenrolle sind dreißig Pfund Gold einpackt.
Das ist schon was, nicht wahr?


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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Seine Spuren ver‍wehen

Vorschau

Impressum

Seine Spuren ver‍wehen

Obwohl Sinclair die letzte Stunde zu Fuß lief und das Pferd an den langen Zügeln führte, hält das Tier plötzlich an. Es kann nicht mehr. Auf drei Hufen verharrt es. Der vierte Huf ist schon seit Tagen ohne Eisen, und er ist gespalten. Deshalb wurde das Pferd für Sinclair völlig wertlos.

Keuchend betrachtet er es. Er ist ein harter Mann, der schon als kleiner Junge die Erfahrung machen musste, dass das Leben keine Gnade kennt. Das gilt hier im Arizona-Territorium mehr als anderswo. Denn hier im Apachenland sind alle Lebewesen entweder Jäger oder Gejagte. Und am grausamsten ist wahrscheinlich die Natur.

Er lässt die Zügelenden zu Boden fallen, tritt an das Tier heran, nimmt die noch halb gefüllte Wasserflasche vom Sattelhorn und hängt sie sich um. In der Rechten hält er das Gewehr. Den Waffengürtel mit dem Colt hängt er um den Hals, damit er ihn nicht beim Laufen stört.

Nun überlegt er einige Sekunden.

Er hat Grund dazu, einen genau dreißig Pfund schweren Grund. Hinter dem Sattel in der Deckenrolle sind dreißig Pfund Gold einpackt.

Das ist schon was, nicht wahr?

Dreißig Pfund Gold von der Fortuna-Mine, das dort länger als vier Jahre versteckt war – seit jenem Tag, da während des Bürgerkrieges die Schutztruppen das Arizona-Territorium verließen und die Apachen alle Siedlungen und Minen überfielen, sämtliche Straßen und Wege im Land sperrten, sodass selbst so große Städte wie Tucson von der Außenwelt abgeschnitten waren.

Seit vier Tagen sind die Apachen hinter ihm her. Einige konnte er töten, deshalb sind die anderen besonders scharf auf seinen Skalp. Jetzt muss er sich entscheiden.

Soll er das Gold aufgeben?

Dreißig Pfund Gold.

Aber Sinclair ist kein Narr.

Sein Gewehr und die noch halb volle Wasserflasche sind für ihn jetzt sehr viel wertvoller als alles Gold der Welt – sie sind eine schwache Chance zum Überleben.

Einen Moment steigen Bitterkeit und Hass gegen dieses Land in ihm auf. Doch was kann das Land dafür, dass er dreißig Pfund Gold holen wollte?

Er gibt seinem Pferd den Gnadenschuss, wendet sich ab und fällt schon nach wenigen Schritten in eine Art Wolfstrott.

Es ist ein heißer Tag mit flimmernden Hitzeschleiern, einer erbarmungslosen Sonne und der leblosen Stille eines Landes, in dem es nur Jäger und Gejagte gibt.

Von den Apachen ist nichts zu sehen oder zu bemerken.

Trotzdem muss er bei jedem Atemzug darauf gefasst sein, dass sie ihn anspringen wie lautlose Berglöwen, denn sie können sich sein Ziel mühelos ausrechnen.

Es ist die Tinaja im El Lobo Canyon, eine flache Wasserstelle, gerade für ein halbes Dutzend Pferde und Reiter ausreichend.

Wer dieses Wasserloch zuerst erreicht, der ...

Sinclair Everett nimmt den schnellen Schatten nur noch flüchtig im Augenwinkel wahr. Vielleicht ist es schon mehr sein Instinkt.

Er wendet sich blitzschnell um, und weil er das Gewehr in der Rechten über dem Kolbenhals gepackt hält, ist sein Arm um fast den ganzen Gewehrlauf länger als der messerbewehrte Apachenarm.

Der Schlag gegen den Kopf lässt den Angreifer straucheln. Er überschlägt sich und landet in einem Stachelbusch. Doch er spürt die Stacheln nicht mehr – er spürt nie wieder etwas auf dieser Erde.

So ist das hier in diesem Land.

Töten oder getötet werden!

Sinclair blickt sich nicht einmal nach dem Roten um. Er läuft weiter und achtet darauf, dass ihn nicht ein zweiter Angreifer überrumpeln kann.

Doch er hat Glück. Dieser Krieger war allein.

Sinclair trottet weiter und taucht bald schon in einen Arroyo ein, der ihn zum El Lobo Canyon bringen muss.

Das Bachbett in der Mitte des Canyons ist trocken wie alles andere. Es führt nur wenige Wochen im Jahr Wasser und bringt es nach Norden zum Gila River.

Jetzt, zur heißesten und trockensten Zeit des Jahres, gibt es nur die kleine Tinaja am Fuße des Toros, einem Felsen, der die Form eines Stieres hat.

Sinclair ist am Ende seiner zähen, beharrlichen Ausdauer, denn er ist seit vier Tagen auf der Flucht und musste sich mehrmals zum Kampf stellen.

Ein anderer weißer Mann wäre nach den Strapazen längst tot.

Als er die Wasserstelle erreicht hat, erkennt er mit einem Blick, dass hier noch niemand vor ihm getrunken hat. Selbst die Apachen hätten den rötlichen Schaum, der auf der Oberfläche des Tümpels schwimmt, zur Seite geschoben. Dieser Schaum stammt von dem roten Staub der Felsen des Canyons. Trinkt man ihn mit, hat man den feinen Sand zwischen den Zähnen und in der Kehle. Das Zeug brennt fast wie Pfeffer.

Sinclair wendet sich zur Seite und erklimmt den schwarzen Felsen, aus dessen Spalte die dünne Quelle entspringt, die gerade so stark ist, dass das Wasser nicht verdunstet.

Die Dunkelheit fällt über das Land. Im Canyon sind plötzlich die Schatten der Nacht. Ein leichter Wind kommt von Norden her, wispert an den roten Sandsteinwänden und lässt da und dort etwas abbröckeln und niederrieseln.

Dieser Wind, der die Hitze des Tages aus dem Canyon drängt, weht Staub über Sinclairs Fährte. Die Apachen werden sie selbst im Mondlicht nicht erkennen können.

Und die Oberfläche des Tümpels ist unberührt.

Das allein wird zählen.

Sinclair verschmilzt in der Dunkelheit mit dem Torofelsen und legt seine beiden Schusswaffen bereit. Dann wird er bewegungslos, entspannt sich, wartet.

Er konnte keinen besseren Platz finden, um sich der Meute zu stellen.

Die Apachen müssen genauso zum Wasser wie er, und wenn sie glauben, vor ihm die Tinaja erreicht zu haben ...

Sinclair wartet fast eine Stunde, und diese Erholungspause tut ihm gut. Trotz der drohenden Gefahr wäre er fast eingeschlafen, so erschöpft und ausgebrannt ist er.

Doch dann – als er wieder die Augen öffnet – sieht er den ersten Apachen.

Der Apache umrundet den Tümpel und gerät noch mehr ins Mondlicht. Er behält seine lauernde Körperhaltung bei und gleicht einem schleichenden Wolf, der gedankenschnell reagieren kann.

Ob er die Gefahr wittert?

Sinclair bemüht sich, nicht an diesen Krieger zu denken. Er liegt gut verborgen in einer Spalte, geschützt von dornigen Büschen, die auf dem Felsen wachsen.

Der Apache stößt plötzlich den Ruf eines Nachtfalken aus, den er noch zweimal wiederholt.

Nun kommen seine Gefährten.

Er zählt neun Krieger mit neun Pferden. Er glaubt, dass es alle sind, die seiner Fährte folgen.

Alle!

Aber welch eine Übermacht!

Neun gegen ihn! Und dazu noch Apachen! Es gibt in diesem Land keine schlimmeren Gegner als Apachen. Neun dieser Rothäute können mit zwanzig Soldaten zurechtkommen.

Sinclair Everett ist allein.

Und eines ist ihm klar: Jede Sekunde, die er jetzt wartet und zögert, verkleinert seine Chance. Noch sind die Apachen erschöpft und ausgebrannt von einer langen, zermürbenden Jagd. Ihre Instinkte wurden stumpfer, und auch ihre Reaktion ist nicht so blitzschnell wie sonst.

Ein weißer Mann hat jetzt die besten Chancen.

Als er zu schießen beginnt, ist nichts mehr aufzuhalten oder rückgängig zu machen. Er gleicht einem Schwimmer, der sich von einem hohen Felsen in einen reißenden Fluss stürzt – er muss kämpfen, oder er wird untergehen.

Obwohl er mit einem Gewehr schießt, fallen seine Schüsse in unheimlich rascher Folge, denn er schießt von der Hüfte aus, hält den Kolben fest gegen die Seite gedrückt und lädt immer wieder blitzschnell durch.

Beim ersten Schuss spritzt die Kriegsbande auseinander wie eine Wolfsmeute, zwischen der eine Sprengladung explodiert. Es ist unheimlich, wie schnell diese erschöpften Apachen selbst jetzt noch reagieren.

Doch für einige Krieger gibt es keine Deckung. Sie sind zu weit von den auf der anderen Seite des Wasserlochs stehenden Pferde entfernt. Es gibt erst nach einem Dutzend Sprüngen irgendwelche Deckungen für sie. Diese Apachen erwischt Sinclair. Er schießt ohne zu zielen, dennoch trifft er dreimal.

Weitere Kugeln jagt er in die dicht gedrängte Pferdegruppe, zwischen die ein paar Apachen geglitten sind. Er trifft einige Tiere und sprengt die Gruppe, sodass die Roten dazwischen nicht mehr so gut gedeckt sind.

Dann muss er sein Gewehr fallen lassen.

Denn drei Apachen greifen ihn an. Wahrscheinlich sind es die drei erfahrensten Krieger des Rudels. Sie wandten sich nicht zur Flucht, versuchten nicht, eine Deckung zu erreichen.

Sie greifen an, und wenn ein Apache angreift, ist er unwahrscheinlich schnell und kommt nicht schnurgerade auf sein Ziel los.

Sie sind in rascher Bewegung kaum zu treffen.

Doch es gibt Ausnahmen, wenn sie einen Revolvermann als Gegner haben.

Und Sinclair Everett gehört zu dieser Gilde. Sinclair ist kein zweitklassiger Revolverschwinger. Nein, er gehört zu den wenigen Revolverkämpfern, die fast ohne Konkurrenz sind.

So einen Mann frontal anzugreifen ist auch für blitzschnelle, nur schattenhaft sichtbare Apachen fast Selbstmord.

Er schießt mit dem Colt noch schneller und sicherer als mit dem Gewehr. Bevor er den letzten der drei Angreifer trifft, schleudert dieser noch sein schweres Wurfmesser. Obwohl er es im vollen Zickzacklauf von unten nach oben wirft und das Ziel, das Sinclair ihm bietet, wirklich nicht groß ist, bekommt der Weiße das Messer bis zum Heft in die linke Schulter. Dann erst stürzt der Rote – drei Sprünge vom Fuße des Felsens entfernt – und überschlägt sich. Pferde jagen davon, mit ihnen drei der neun Apachen. Ein paar Tiere bleiben schnaubend in der Nähe. Sie sind erschreckt und ängstlich. Doch sie sind an Kugeln und Kampf gewöhnt. Die Witterung des Wassers hindert sie am Fortlaufen.

Einer der sechs Roten, die getroffen am Boden liegen, schnellt plötzlich auf, springt zu einem der Pferde und wirft sich auf dessen Rücken.

Als er das Tier herumreißt, trifft ihn Sinclair.

Dann wird es still.

Sinclair seufzt, schnappt nach Luft und wischt sich mit dem Unterarm über das schweißnasse Gesicht. Er lädt seine Waffen auf und blickt dann auf seine Schulter, aus der neben dem Schultergelenk der Messergriff ragt.

Zum Glück hat dieses Wurfmesser nicht so eine breite Klinge wie ein Bowiemesser. Die Klinge wurde oft geschliffen und ist nicht breiter als die eines Stiletts.

Als er das Messer herauszieht, stöhnt er vor Schmerz. Er reißt sich das Halstuch ab und presst es auf die Wunde, um die Blutung zu stillen.

Dann macht er sich auf den Weg.

Als er an der Wasserstelle kniet, um dort zu trinken und sich den Kopf zu waschen, kommen zwei Apachenpferde. Sie bleiben dicht neben ihm stehen und stillen ihren Durst.

Sinclair hält sich nicht lange auf. Er füllt seine Wasserflasche und schwingt sich auf den Rücken eines dieser Tiere. Es trägt einen Kavalleriesattel, dessen Steigbügel er etwas länger schnallen muss.

So reitet er weiter.

Er verlor das Gold.

Er musste wieder einige Apachen töten. Hätte er ihnen die Skalps genommen, so bekäme er in Tucson für diese Apachenskalps Prämien wie für Wolfsfelle. Denn die Stadt Tucson gehört zu den Städten, in denen die Skalpjäger ihre Beute abliefern. Doch auch drüben in Mexiko werden für Apachenskalpe Prämien gezahlt.

Doch Sinclair ist kein Skalpjäger. Er will nur den eigenen Skalp behalten – nichts anderes.

Er ließ dreißig Pfund Gold, sein Pferd und einige Tote zurück.

Nun sind noch drei Apachen vor ihm.

✰✰✰

Sinclair Everett will vor dem einzigen Gasthof in Santa Cruz absitzen. Doch das schafft er nicht mehr. Als er halb vom Pferd ist, wird ihm endgültig schwarz vor Augen. Er fällt und prallt hart auf.

Seine Ankunft wird kaum beachtet. Denn es ist um die Mittagszeit und heiß wie in der Hölle. Der Ort scheint ausgestorben zu sein.

Doch aus der Tür treten nun nacheinander drei Männer. Es sind Amerikaner. Sie blicken auf den Bewusstlosen, und ihr zweiter Blick gilt dem Apachenpferd und dem Kavalleriesattel.

»Er hat es nicht geschafft«, brummt einer der Männer. »Dieser Hundefloh ist ohne das Gold zurückgekommen, und ich frage mich ...«

Er verstummt, kratzt sich in seinem gelbroten Haar und sagt plötzlich: »Bringt ihn herein! Wir müssen ihm erst mal helfen. Sonst erfahren wir niemals, warum er ohne das Gold auf einem Apachenpferd und an der Schulter verwundet zurückgekommen ist.«

✰✰✰

Es dauert drei Tage, bis sich Sinclair Everetts Fieber legt und er einen klaren Kopf bekommt. Er fühlt sich schwach und elend. Die Wunde in der Schulter hatte sich entzündet. Nun scheint es besser geworden zu sein, denn der leichte Schmerz ist kein Pochen wie bei einer Blutvergiftung.

Eine schweigsame Mexikanerin bringt ihm auf einem Tablett eine gute Fleischsuppe, bettet ihn höher und fragt ihn, ob er kräftig genug sei, um selbst essen zu können. Es ist nicht viel Freundlichkeit in ihrer Stimme.

Er spürt, dass er hier kein willkommener Gast ist. Das ist kein Wunder, denn in den Taschen seiner vollkommen ruinierten Kleidung fand man kein Gold. Er ist ein hilfloser Kranker, der nicht zahlen kann.

Dann denkt er an Barbar Stedloe, die hier in Santa Cruz auf ihn warten wollte – auf ihn und auf das Gold. So war es ausgemacht.

Er sagt der Mexikanerin, dass er allein essen könne, und sie nimmt das wörtlich. Er ist bald allein im kargen Zimmer und löffelt die Fleischsuppe, trinkt dazu dann und wann einen Schluck Wasser und bricht sich etwas von dem Maisbrot ab.

Sein Stoppelbart war vorher schon stark. Als er nun über seine hageren Wangen tastet, begreift er, dass der Bart schon mehr als eine ganze Woche alt ist.

Sein Hunger wächst beim Essen.

Er ist nicht lange allein. Die drei Männer, die zu ihm ins Zimmer kommen, kennt er nicht. Er sah sie noch nie. Doch er weiß sofort, zu welcher Sorte sie gehören. Das sind harte Burschen. Einer sieht aus, als könnte er Kieselsteine zwischen seinen Zähnen zu feinem Pulver zermalmen.

Dieser Mann stellt sich zu Sinclairs Füßen auf, hakt seine Daumen in die Ärmellöcher seiner Weste und grinst. Sein Gesicht ist breiter als lang. Er hat kleine Augen, gelbrote Haare, Sommersprossen und die gesündesten, kräftigsten Zähne, die Sinclair jemals sah. Dieser Mann strotzt nur so vor geballter Kraft, Zuversicht und Selbstbewusstsein.

»Schmeckt es?«, fragt er kehlig.

Sinclair kaut langsam, schluckt und nickt, während er sie alle nochmals der Reihe nach betrachtet. Die Begleiter des breitgesichtigen Burschen sind von anderer Sorte. Einer ist groß, geschmeidig und dunkel wie ein schwarzer Panther, ein Mann mit zwei Revolvern, deren helle Beingriffe sich deutlich von der dunklen Kleidung abheben.

Sinclair kennt diese Sorte von Revolverhelden. Weil sie eitel sind, sind sie gefährlich. Denn ihr Revolverruhm lässt sie sich als eine Art Halbgott fühlen.

Der dritte Bursche ist mittelgroß, gedrungen, braunhaarig und hat auf der linken Wange drei kleine Narben. Er wirkt auf den ersten Blick sehr ruhig und gar nicht gefährlich. Aber seine braunen Augen sind hart. Sein Gesicht ist unbeweglich.

»Seid ihr die Vorsitzenden einer wohltätigen Gesellschaft?«, fragt Sinclair. »Oder warum kommt ihr sonst herein, um zu fragen, ob mir mein Süppchen mundet?«

Sie grinsen, und in ihrem Grinsen ist keine Freundlichkeit.

Der bullige Nussknacker am Fußende von Sinclairs Bett wippt leicht auf den Fußsohlen. Er holt ein Zündholz aus der Westentasche und steckt es zwischen die harten Lippen.

»So ist es richtig«, sagt er. »Nur nicht den Humor verlieren, mag kommen, was da wolle. Wir haben schon eine Menge über dich gehört, Sinclair Everett. Deshalb setzten wir alle Chips auf dich, obwohl wir dich persönlich noch gar nicht kannten. Dein Ruf genügte uns.«

»Ich fühle mich geehrt«, erwidert Sinclair, löffelt immer noch seine Suppe und spürt schon jetzt irgendwie, dass dieser Besuch für ihn nicht erfreulich sein wird.

»Vielleicht solltet ihr endlich zur Sache kommen, Hombres«, murmelt er kauend.

Der rotblonde Bulle nickt, grinst wieder breit und deutet mit dem Daumen gegen seine massige Brust.

»Ich bin Duff Mallone. Man sagt, dass ich hart, aber fair bin. Schon gehört von mir, Black Sinclair?«

Der nickt. »Ich erinnere mich. Du bist der Bursche, der schon seit Monaten die Rechte der Minen erwirbt – für ein Butterbrot, für einen Apfel und ein Ei, wie man im Volksmund so treffend sagt. Solange die Apachen die Straßen und die Wege sperren und es der Armee nicht gelingt, die Apachengefahr zu beenden, sind die Minen so gut wie wertlos. Denn die meisten ihrer Besitzer haben Schulden und mussten damals Hals über Kopf flüchten. Oder ihre Erben wissen mit den Minen nichts anzufangen, sind sich oft ihres Wertes gar nicht bewusst. Du bist der Mann, Mallone, der für irgendwelche Auftraggeber alles aufkauft. Deine Hintermänner oder du selbst, ihr wartet auf den Tag, an dem die Armee alle Apachen getötet oder in Reservate gesperrt hat. Das kann einige Jahre dauern, doch es ist euch gleich. Ihr könnt warten. Sicher ist jedenfalls, dass die Apachen eines Tages erledigt sind. So ist es doch, nicht wahr?«

Duff Mallone nickt und grinst.

»Ich erwarb auch die Schürfrechte der Fortuna-Mine«, erklärt er. »Jede Unze Gold aus der Fortuna-Mine gehört mir. Und du warst dort, um dreißig Pfund zu holen. Wo sind diese dreißig Pfund? Antwort!«

Sinclair legt den Löffel in die fast leere Suppenschüssel zurück. Er weiß, dass es jetzt ernst wird.

Die drei Männer umgeben schweigend sein Bett, und es geht eine unduldsame Härte von ihnen aus.

»Ich ließ das Gold bei meinem toten Pferd zurück«, erklärt Sinclair. »Eine halb volle Wasserflasche und das Gewehr waren wichtiger für mich. Ich konnte das Gold nicht mitschleppen, denn ...«

Er winkt resigniert ab.

»Es liegt irgendwo in der Apachenwüste«, sagte er. »Vielleicht holten es die Apachen. Vielleicht vergruben sie es. Das Gold ist verloren. Es gehörte euch ohnehin nicht. Wenn ihr auch die Schürfrechte erworben habt – das Gold wurde schon vor Jahren gewonnen. Damals gehörten euch die Schürfrechte noch nicht. Als der Minenverwalter wegen der Apachengefahr die Flucht ergreifen musste, ließ er einen Teil der Goldausbeute in einem Versteck im Stollen zurück. Und er tat recht damit, denn sie kamen nicht durch. Nur wenige retteten die nackte Haut. Die Erbin der Fortuna-Mine war Barbra Stedloe. Ihr gehörte das Gold. Und für sie wollte ich es holen. Wo ist sie? Ihr könnt die Schürfrechte doch nur von ihr erworben haben – oder?«

Er erhält keine Antwort. Sie blicken ihn nur schweigend an, und die Härte strömt wie Atem von ihnen aus.

»Was denkst du, Ringo?«, fragt Duff Mallone den dunklen Revolverschwinger.

Dieser schnippt mit den Fingern.

»Lüge! Er hat das Gold gewiss nicht einfach neben dem toten Gaul liegen gelassen, sondern irgendwo so gut versteckt, dass es selbst die Apachen nicht finden können. Das ist doch klar. Man lässt nicht einfach dreißig Pfund Gold wie ein Säckchen Zucker liegen. Er wird uns den Platz genau angeben müssen. Oder wir nehmen ihn mit, damit er uns hinführen kann.«

Der dritte Mann nickt: »Sinclair Everett musste seinen Skalp retten«, sagt er. »Doch er wird das Gold gut versteckt haben. Das glaube ich auch.«

Nach diesem Wortwechsel betrachten sie ihn abermals hart.

Mallone murmelt: »Nun, Amigo Sinclair?«

»Tut mir leid«, sagt dieser. »Selbst wenn es wirklich so wäre und ich das Gold versteckt hätte – ihr bekämt es nicht.«

Als er das gesagt hat, reißt Mallone mit einem einzigen Ruck das Bett um, sodass Sinclair über den Boden rollt. Das tut seiner verletzten Schulter nicht gut. Doch es bleibt nicht dabei. Sie geben es ihm überdies noch mit Fußtritten. Denn sie sind eine mitleidlose, gemeine Bande, nichts anderes. Sie würden für weniger als für dreißig Pfund Gold so rau werden.

Er hat in seinem Zustand keine Chance gegen sie.

Als er wieder zur Besinnung kommt, weil sie den Wasserkrug über ihn leerten, lassen sie zu, dass er sich aufsetzt.