G. F. Unger Western-Bestseller 2664 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Nachdem Stap Sunday die letzte Kiste im Wagen verstaut hat, hält er inne und dreht sich eine Zigarette. Und als er sie angeraucht hat und den Rauch ausbläst, geht sein Blick noch einmal in die Runde. Denn er weiß, dass er dies alles hier erst im späten Frühjahr wieder zu sehen bekommen wird - falls er und sein Partner Ben Vansitter Glück haben und das Frühjahr überhaupt noch erleben. Denn das Land, in dem sie ihre kleine Mine betreiben, ist voller Gefahren.
Stap Sundays Blick schweift über das Gewimmel von Menschen an den Schiffsanlegestellen bei Fort Benton unterhalb der großen Fälle des Missouri. Die Luft riecht nach Schnee.
Stap Sunday wagt gar nicht daran zu denken, was sein wird, wenn er den Wagen mit der so dringend benötigten Ladung nicht rechtzeitig vor dem Schnee zur Mine bringen kann. Er lässt den Rest der Zigarette auf den hart gefrorenen Boden fallen und will auf den Fahrersitz klettern.
Aber da tritt eine Frau an ihn heran ...


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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Der verlorene Wagen

Vorschau

Impressum

Der verlorene Wagen

Nachdem Stap Sunday die letzte Kiste im Wagen verstaut hat, hält er inne und dreht sich eine Zigarette. Und als er sie angeraucht hat und den Rauch ausbläst, geht sein Blick noch einmal in die Runde. Denn er weiß, dass er dies alles hier erst im späten Frühjahr wieder zu sehen bekommen wird – falls er und sein Partner Ben Vansitter Glück haben und das Frühjahr überhaupt noch erleben. Denn das Land, in dem sie ihre kleine Mine betreiben, ist voller Gefahren.

Stap Sundays Blick schweift über das Gewimmel von Menschen an den Schiffsanlegestellen bei Fort Benton unterhalb der großen Fälle des Missouri. Die Luft riecht nach Schnee.

Stap Sunday wagt gar nicht daran zu denken, was sein wird, wenn er den Wagen mit der so dringend benötigten Ladung nicht rechtzeitig vor dem Schnee zur Mine bringen kann. Er lässt den Rest der Zigarette auf den hart gefrorenen Boden fallen und will auf den Fahrersitz klettern.

Aber da tritt eine Frau an ihn heran ...

Oder ist sie noch ein Mädchen?

Er weiß es auf Anhieb nicht so recht abzuschätzen. Aber sie ist auf jeden Fall noch jung und auf eine eigenwillige Art hübsch. Unter ihrer hutartigen Haube quillt gelbes Haar hervor. Und ihre Augen sind von einem leuchtenden Blau, wie das Blau der Kornblumen in einem gelben Getreidefeld.

Er erkennt nun einige feine Linien in ihren Augenwinkeln und um den Mund.

Ihre Stimme gefällt ihm. Es ist eine dunkle und melodische Stimme.

Sie fragt: »Fahren Sie in Richtung Last Chance Gulch?«

»Und wenn?« So fragt er zurück und blickt auf ihr weniges Gepäck.

»Dann würde ich Sie bitten, mich mitzunehmen«, erwidert sie auf seine Frage.

»Es fahren Postkutschen, Ma'am«, erwidert er. »Die wechseln alle dreißig Meilen ihre Gespanne und bringen Sie dreimal schneller ans Ziel als ich mit diesem Wagen.«

Sie lächelt zu seinen Worten. Es ist das Lächeln einer Frau, der nicht mehr viele Dinge fremd sind auf dieser Erde.

Er hört sie sagen: »Ich besitze nur einen Dollar, Mister. Das ist mein Problem. Deshalb kann ich mir keine Postkutschenfahrt leisten.«

»Und in der Last Chance Gulch?«

Er fragt es ein wenig herausfordernd.

»Ach«, sagt sie scheinbar leichthin, »dort werde ich schon für mich sorgen können. Ich könnte dies gewiss auch hier in Fort Benton. Denn auch hier gibt es ja einige Amüsier- und Spielhallen. Aber ich will vor dem Schnee ins Goldland. Kann ich also mit?«

Sie sehen sich an.

Und er denkt: Sie ist eine Goldelster. Eigentlich wirkt sie auf den ersten Blick und auch jetzt noch nicht wie ein Tingeltangelgirl. Soll ich sie mitnehmen?

Wieder betrachtet er sie.

Er ist kein Heiliger, sondern ein Bursche, der sich gestern noch in Dolly Dunns Etablissement amüsierte. Auch einem weiteren Abenteuer mit einer Frau würde er nicht aus dem Wege gehen.

Er denkt: Vielleicht wird das eine sehr amüsante Fahrt, denn wir werden vier Tage und vier Nächte allein sein. Oha, die würde ich nicht unter meiner Decke wegjagen, die nicht.

Und so nickt er. »Na gut«, murmelt er. »Aber was ist, wenn ich ein mieser Bursche bin, der unterwegs Ihre Lage ausnutzen wird?«

Wieder sieht sie zu ihm hoch. Sie ist einen vollen Kopf kleiner als er, aber dennoch für eine Frau mehr als mittelgroß. Er ist ein sehr großer und hagerer Bursche.

»Nein«, sagt sie langsam, »da mache ich mir keine Sorgen.«

»Und warum nicht?«

»Sie sind Texaner. Ich hörte Sie vorhin mit dem Lademeister und dem Zahlmeister der Mary-Lou reden. Sie sind Texaner. Und einem Texaner kann sich eine Frau anvertrauen. Sie tragen auch immer noch Cowboystiefel. Und bei wem wäre eine Frau sicherer und besser aufgehoben als bei einem texanischen Cowboy? Sagen Sie es mir, Freund.«

Er grinst und reibt sich die Bartstoppeln.

»Aha«, murrt er dann. »Sie glauben, dass es genügt, einen Mann bei der Ehre und seinem Stolz zu packen. He, sind Sie damit nicht schon mehrmals böse reingefallen? Wissen Sie nicht, dass die Welt voller Mistkerle ist?«

»Das weiß ich längst«, erwidert sie und will ihr Gepäck vom Boden hochnehmen. Doch er kommt ihr zuvor und wirft alles in den Wagen. Sie klettert vor ihm hinauf auf den Beifahrersitz. Er kann erkennen, dass sie makellos gewachsen und geradezu vollendet proportioniert ist.

Verdammt, denkt er, warum ist so ein Wesen unterwegs auf rauen Wegen?

Er klettert nun ebenfalls hinauf, nimmt die Zügel und treibt die vier Zugtiere an. Es sind Pferde, die man auch als Reittiere benutzen kann. Der Wagen setzt sich in Bewegung.

Die junge Frau sagt neben ihm: »Wenn Sie mal ausruhen wollen, Mister, dann kann ich Sie auch beim Fahren ablösen. Ja, ich kann sogar vierspännig fahren. Mein Name ist Nancy, Nancy Sheridan.«

»Und ich bin Stap Sunday«, erwidert er. »Eigentlich heiße ich ja Staphard, aber man ruft mich nur Stap.«

»Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Stap Sunday«, erwidert sie förmlich.

Er grinst schief. »Freuen Sie sich nur nicht zu früh, Nancy«, sagt er. »Es gibt auch unter den Texanern Mistkerle. Vielleicht bin ich einer.«

Sie blickt schräg zu ihm hoch.

»Das werden wir ja herausfinden«, erwidert sie, und in ihrer Stimme ist ein spröder, harter Klang.

✰✰✰

Am ersten Tag ist der Wagenweg zu den Goldfundgebieten noch ziemlich belebt. Reiter, Packtierzüge und Fahrzeuge aller Art sind unterwegs. Sie alle holten noch Vorräte und vielerlei andere Dinge von der Schiffslandestelle.

Stap Sunday und Nancy Sheridan reden nicht viel an diesem ersten Tag, und dennoch herrscht zunehmend ein stillschweigendes Einverständnis zwischen ihnen.

Als sie dann nach Anbruch der Dunkelheit anhalten im Windschutz einer Hügelkette und eines Tannenwäldchens, da macht sie sich sofort nützlich. Sie bringt ein Feuer in Gang, indes er die vier Tiere versorgt, und sie brät Pfannkuchen mit Speck, kocht Kaffee und hantiert so geschickt, wie es nur eine Frau vermag, die schon oft im Freien kampiert hat.

Er sagt: »Nancy, Sie sind ein guter Kamerad auf einem Trail. Wurden Sie auf einer Rinderranch aufgezogen?«

»Nein«, erwidert sie, und ihre Stimme klingt wieder spröde. »Nein, ich wuchs unter Schafzüchtern auf. Ich stank nach Schafen wie ein Schaf. Damals glaubte ich, dass ich diesen Gestank nie wieder loswerden könnte, damals, als ich weglief von meinem Clan und man mir bald schon zum ersten Mal das Fell über die Ohren zog.«

Sie verstummt mit einem Lachen in der Kehle. Es ist ein Lachen der Verachtung gegen die ganze Welt. Er spürt es genau, und er fragt sich, wie rau wohl ihre Wege waren und ob sie überhaupt noch auf gute Dinge zu hoffen vermag.

Er sagt: »Es wird kalt werden diese Nacht. Zum Glück habe ich auch einen ganzen Stapel Decken für unsere Minenarbeiter gekauft. Ich werde Ihnen im Wagen zwischen den Säcken mit Hülsenfrüchten ein Lager bereiten. Da haben Sie es warm. Ich werde unter dem Wagen schlafen. Gut so?«

Sie sieht ihn über das Feuer hinweg an und nickt. Aber er erkennt dennoch ein wachsames Misstrauen in ihren Augen.

Er erhebt sich, um ihr im Wagen eine Lagerstatt zu schaffen.

Als er fertig ist, tritt sie zu ihm, um über das Vorderrad und die Fahrersitze in den Wagenkasten gelangen zu können.

»Ich werde die Wagenplane vorn und hinten zuziehen und festmachen«, sagt er. Sie verhält einige Atemzüge lang dicht vor ihm. Wenn er wollte, könnte er sie greifen. Doch er tut es nicht.

»Vielleicht sind Sie doch ein verdammt stolzer Texaner«, murmelt sie.

Dann klettert sie hinein.

Wortlos zurrt er vorne und hinten die Wagenplane zu.

Langsam tritt er vom Wagen und auch vom Feuer weg, entfernt sich dann noch ein Stück von den Tieren im engen Seilcorral.

Nun lauscht er in die Nacht.

Er macht sich Sorgen. Diese Sorgen zeigt er Nancy Sheridan nicht. Doch er war den ganzen Tag auf der Hut, obwohl sie sich immer noch auf dem viel benutzten Wagenweg befanden.

Am nächsten Morgen aber wird er einem einsameren Weg folgen müssen.

Und am übernächsten Tag wird es noch einsamer werden.

Er aber weiß, es gibt in diesem Land – und vor allen Dingen in der Nähe der Goldfundgebiete – viele verborgene Camps, in denen Geächtete leben, Goldwölfe und Banditen.

All diese Burschen benötigen Ausrüstung und Proviant für den Winter. Er aber fährt einen ganzen Wagen voll derart begehrter Dinge.

Es könnte sein, dass sich die Banditen wie ein ausgehungertes Rudel Wölfe auf ihn und den Wagen stürzen, etwa so wie nach einem langen Blizzard auf einen im Schnee festsitzenden Elch.

Aber es geschieht nichts diese Nacht, gar nichts.

✰✰✰

Es ist noch dunkel, denn die Tage sind kurz und die Nächte lang um diese Jahreszeit, als die beiden aufstehen, Frühstück machen und aufbrechen.

Bald sind sie schweigend wieder unterwegs.

Erst als die Sonne aufgegangen ist und durch die Wolken am östlichen Himmel hinter ihnen hindurch blinzelt, da fragt er: »Nancy, was werden Sie tun in Last Chance City? Sie können von unserer Mine irgendwie hingebracht werden. Es ist nur eine Tagesreise mit einem leichten Wagen oder auf einem Pferd. Was wird sein mit Ihnen in Last Chance City?«

Sie sieht ihn ernst an, aber dann lächelt sie, und wieder ist es ein Lächeln, das Verachtung erkennen lässt gegen die ganze Welt.

»Nun, ich werde in den nobelsten Saloon gehen, zu dem auch eine Spielhalle gehört. Ich werde einen Job bekommen und wieder ein paar Dollars verdienen. Vor einigen Wochen besaß ich mehr als fünftausend Dollar. Ich wollte aufhören mit diesem Leben und nach San Francisco gehen, mir dort einen Modeladen kaufen. Doch da bekam ich vier Asse. Sagen Sie, Stap, muss man nicht mit vier Assen in der Hand bis in die Hölle mitbieten?«

»Sicher«, erwidert er. »Das muss man.«

Sie nickt.

»Ich setzte also meine fünftausend Dollar«, spricht sie weiter. »Ich hätte sie verdreifacht. Ich wäre reich geworden. Aber ich verlor mit den vier Assen gegen einen Royal Flush. Und dann war ich wieder auf dem gleichen Weg wie schon einige Male. Immer dann, wenn ich glaube, dass ich es geschafft hätte, kommt die Niederlage. Ich komme mir manchmal vor wie ein weiblicher Sisyphus. Wissen Sie, wer das war?«

Er grinst. »Das war ein Gotteslästerer der griechischen Sage. Der musste in der Unterwelt immer wieder einen mächtigen Fels bergaufwärts wälzen. Doch ständig rollt der Fels zurück, und so wurde Sisyphus niemals fertig mit seiner Strafarbeit. Richtig?«

»Richtig«, nickt sie. »Sie sind also ein gebildeter Excowboy aus Texas.«

»Und Sie sind eine gebildete Schafzüchtertochter.«

Er grinst immer noch.

Sie schüttelt den Kopf. »Meine Bildung erhielt ich nicht bei meiner Sippe. Ich konnte mit fünfzehn noch nicht lesen und schreiben. Der alte Mann, der mich zu sich nahm, damit ich ihn mit meinem jungen Körper in den Nächten wärmte, dieser alte Bock ließ mich von einem Privatlehrer unterrichten. Nein, ich war ihm nicht zu Dank verpflichtet, denn ich bezahlte mit meiner Jugend. Als er dann merkte, dass ich ihn mit meinem Lehrer betrog, da jagte er uns aus seiner noblen Villa und hetzte überdies auch noch die Hunde auf uns.«

Sie verstummt hart, und er spürt irgendwie, dass sie nicht weiter über sich reden will.

Im Verlauf des Tages werden sie von einigen Reitern und Packtierzügen überholt, auch von leichten Wagen und einer Postkutsche.

Am späten Mittag aber verlassen sie den Hauptweg und folgen einigen Radfurchen und Hufspuren, die in einen ansteigenden Canyon führen. Nun geht es zwar mäßig, doch stetig bergauf, und es wird klar, warum der Wagen von vier Tieren gezogen werden muss. Einige Male müssen sie sogar vom Wagen heruntersteigen und nebenher laufen, damit es die Pferde möglichst leicht haben.

Als sie nach Anbruch der Dunkelheit anhalten, wiederholt sich alles wie gestern. Sie teilen sich die Arbeit, doch Nancy Sheridan fällt auf, dass der hagere Mann immer wieder verharrt und lauscht, sehr lauernd und wachsam wirkt und auch stets das Gewehr in Reichweite hat.

Sie sagt: »Da ist doch noch eine Schrotflinte im Wagen. Ich kann damit umgehen. Ist sie geladen?«

»Mit Indianerschrot«, sagt er. »Sie könnten damit einen Mann in zwei Teile schießen.«

✰✰✰

Am nächsten Tag – es ist schon später Nachmittag –, da passiert es dann. Ein Rudel Reiter taucht plötzlich auf, und sie beginnen zu brüllen, bevor sie den Wagen umringen und zum Anhalten zwingen.

Es ist sofort klar, dass es Wegelagerer sind, die es auf die Ladung des Wagens abgesehen haben. Sie alle sind sehr abgerissen und ungepflegt, so als lebten sie schon Monate unter freiem Himmel in primitiven Camps.

Stap Sunday stößt Nancy mit einer einzigen Armbewegung nach hinten in den Wagen hinein, wo sie zwischen Kisten und Ballen Deckung findet.

Aber das alles nimmt Stap Sunday gar nicht mehr wahr.

Denn er kämpft schon.

Sein Colt kracht unwahrscheinlich schnell, und jetzt wird klar, warum er es wagen konnte, ganz allein einen Wagen voller Ausrüstung und Proviant durch dieses gefährliche Banditenland zu fahren.

Nachdem er drei der Reiter mit blitzschnellen Schnappschüssen von den Pferden holte, ziehen sich die anderen zurück. Denn sie sind eigentlich eine armselige, feige und drittklassige Bande. Es sind Indianer und Halbblute unter ihnen, aber auch desertierte Soldaten, die noch ihre halb zerrissene Uniform tragen.

Nur die Furcht, im Winter verhungern zu müssen, treibt sie an.

Sie bringen sich aus der Reichweite von Stap Sundays Colt, suchen Deckung überall und beginnen mit ihren Gewehren zu schießen.

Sunday kommt zu Nancy in den Wagen. Auch er sucht Deckung. Er beginnt mit dem Gewehr zu feuern.

Nancy langt sich die Schrotflinte und meint wütend: »Lassen wir sie nur herankommen! Hören Sie auf zu schießen, Bruder. Dann glauben die Kerle, dass Sie getroffen wären. Ich gebe ihnen was mit dieser Bleispritze. Verdammt, ich besorge es diesen Hurensöhnen!«

Sie ist böse und wütend und voller Unversöhnlichkeit. Er kann sie gut verstehen. Ihre Situation ist schlecht genug, und wenn diese Bande sie in ihre Gewalt bekommt, dann ergeht es ihr schrecklich.

Deshalb ist sie bereit zu töten. Ja, sie gleicht einer in die Enge getriebenen Wildkatze.

Indes sie so faucht, zerfetzen Kugeln die Wagenplane, klatschen auch in die Bretter des Wagenkastens, durchschlagen diese und fahren in die Ballen und Kisten.

Es sind noch fünf dieser Kerle gegen Sunday und Nancy. Drei hat er erledigt.

Indes sie sich zwischen die Ladung ducken und die Einschläge der Kugeln spüren, sagt er: »Die werden erst kommen, wenn die Dunkelheit angebrochen ist. Wir werden vorher den Wagen verlassen. Und dann hole ich sie mir Mann für Mann – alle.«

Er spricht es mit einer fast feierlich anmutenden Überzeugung.

Und sie glaubt, dass er es tatsächlich möglich machen wird.

Sie hat begriffen, dass er ein gefährlicher Kämpfer ist, ein Mann wie sonst keiner unter tausend.

Langsam vergehen die Minuten. Das Krachen der Schüsse ist nun verstummt.

Die Kerle sind sicherlich im Zweifel, ob sie den Mann beim Wagen erwischt haben oder nicht.

Doch gewiss denken sie jetzt auch an die Frau. Sie mussten sie auf dem Bock neben dem Mann gesehen haben. Und so wissen sie auch, dass sie noch jung ist.

Diese junge Frau wird sie jetzt nicht weniger reizen als die Aussicht auf die Beute. Eine Wagenladung voller Ausrüstung und Proviant, dazu noch eine junge Frau, dies alles würde ihnen helfen, den langen Winter in einem primitiven Camp durchzustehen.

Nach einer Weile beginnen sie sich von Deckung zu Deckung vorzuarbeiten. Bald werden sie sich wieder in der Reichweite seines Colts befinden.

Er hat seinen Colt längst nachgeladen.

Indes sie so verharren im Wagen, auf den Angriff der Kerle warten und der späte Nachmittag zum Abend übergeht, da denkt Nancy über diesen Mann neben sich gründlich nach.

Sie hat ihn schießen gesehen.

Und jetzt weiß sie noch besser Bescheid über ihn.

Dieser Stap Sunday ist nicht nur ein texanischer Excowboy, der im Goldland sein Glück versucht – nein, er ist ein texanischer Revolvermann.

Sie möchte ihn fragen, ob er aus dem Süden oder Norden flüchten musste, weil er sich zu viele Feinde machte und Schatten seiner Fährte folgen.

Aber sie kommt vorerst nicht dazu.

Denn es erklingt Hufschlag. Abermals kommen Reiter. Und diese Reiter beginnen auf die fünf Banditen zu schießen, noch bevor sie richtig heran sind. Sie jagen die fünf Kerle in die Flucht. Auf ihren unbeschlagenen Mustangs galoppieren die Belagerer davon, und sie gleichen Coyoten, die man von einer fast schon sicheren Beute fortjagt.

Stap Sunday und Nancy Sheridan klettern aus dem Wagen. Für sie sieht es ja so aus, als wäre Hilfe gekommen. In der zunehmenden Dämmerung sind die jetzt langsam im Schritt heranreitenden Reiter auch nicht sofort zu erkennen.

Aber dann, als sie vor dem Wagen und dem Paar halten, da atmet Stap Sunday plötzlich überrascht ein.

Und dann sagt er: »Oha, ihr seid das? Das gibt es doch nicht!«

»Doch, das gibt es, Stap«, erwidert einer der Reiter. Die anderen grinsen.

Es sind sieben Reiter. Nancy zählt sie schnell mit einem Blick. Doch dann betrachtet sie Mann für Mann in der Dämmerung.

Plötzlich versteht sie Stap Sundays raschen Atemzug und seine überrascht klingenden Worte, die eine gewisse Ungläubigkeit verrieten.

Denn diese sieben Reiter gehören zu Stap Sundays Sorte. Es sind Reiter aus dem Süden, Texaner, die in Cowboysätteln sitzen und auch wie Texascowboys gekleidet sind.

Nein, abgerissen wirken sie nicht, auch nicht armselig. Nicht wie die Strolche, die sie soeben verjagt hatten. Diese Mannschaft wirkt einige Klassen besser, beachtlicher. Und dennoch strömen diese Reiter nicht nur Verwegenheit aus. Nein, es ist noch was anderes.

Nancy denkt unwillkürlich an ein Wolfsrudel, das zwar auf der Flucht vor Jägern ist, aber diesen Jägern stets mühelos entkommt, mit ihnen spielt und dabei selbst immer wieder große Beute macht. Also gut genährt und bei Kräften ist, gefährlich, gnadenlos und voller Hass gegen alles andere auf dieser Erde.

Ja, dies alles sagt ihr ein feiner und erfahrener Instinkt.

Denn sie kennt sich aus mit Männern jeder Sorte.

Noch niemals sah sie – und das ist auch gefühlsmäßig gemeint – eine solch hartbeinig wirkende Mannschaft.

Stap Sunday sagt immer noch nichts.

Auch die sieben Reiter sprechen kein Wort.

Aber sie sitzen ab. Jetzt erst sagt einer von ihnen laut genug: »Dieser Platz ist so gut wie jeder andere. Bleiben wir also hier. Nicht wahr, Stap, dir ist es doch recht, dass wir gewissermaßen Wiedersehen feiern?«

Als er die letzten drei Worte spricht, klingt seine Stimme sarkastisch, ja fast hohnvoll.

Und Nancy Sheridan wird sich endlich darüber klar, dass diese sieben Reiter gewiss nicht – oder nicht mehr – Stap Sundays Freunde sind.

Im letzten Licht der Dämmerung betrachten die sieben Reiter nun Nancy. Diese schiebt sich unwillkürlich näher an Stap Sunday heran, so als wollte sie zeigen, dass sie zu ihm gehört.

Und da fragt auch schon einer der Texaner: »Ist sie deine Frau, Stap? Hast du sie mit dem Schiff nachkommen lassen ins Goldland?«

Nancy hält unwillkürlich den Atem an. Sie begreift jäh, dass sie jetzt ganz und gar alles Stap Sunday überlassen muss. Denn nur er kennt die sieben Reiter.

Sie hört ihn sagen: »Ja, das ist meine Frau Nancy.«

»Dann stell uns doch mal vor«, sagt einer der Männer. »Oder hast du ihr noch gar nicht erzählt, dass wir unten im Süden eine berühmte Mannschaft waren, die du dann wie ein Deserteur verlassen hast? Kennt sie uns noch gar nicht?«