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Am späten Nachmittag kommt Cass Cheshum mit den vier Pferden aus den Antelope-Hügeln nach Warbow. Er bringt die vier prächtigen Tiere in den Corral neben dem Saloon. Und dann geht er zum Saloon hinüber. In seiner Tasche sind noch zwei Dollar, und er meint, dass er sich nach vier Monaten Wildpferdjagd, Zureiten und hartem Leben in einem Camp eine kleine Freude verdient hat
»Ich habe vier Hundertdollarpferde draußen im Corral«, sagt Cass Cheshum zum Salooner und wendet sich mit dem Bier in der Hand um. »Ich sitze auf der Veranda und warte auf Käufer.«
Er geht hinaus, kippt einen Stuhl mit der Lehne an die Außenwand und setzt sich so, dass er seine langen Beine auf das Geländer legen kann.
Es wird allmählich Abend.
Und dann kommen drei Reiter.
Cass Cheshums Augen werden schmal. Instinktiv spürt er, dass da ein Mann geritten kommt, auf den er achten muss.
Der Mann ist ein Yankee. Alles an ihm verrät dies - seine Kleidung, der Sattel, die Sporen. Seinen beiden Revolvermännern sieht man an, dass sie gut verdienen. Das sind keine Sattelstrolche ...
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Dem Nordstern entgegen
Vorschau
Impressum
Dem Nordstern entgegen
Am späten Nachmittag kommt Cass Cheshum mit den vier Pferden aus den Antelope-Hügeln nach Warbow. Er bringt die prächtigen Tiere in den Corral neben dem Saloon. Und dann geht er zum Saloon hinüber. In seiner Tasche sind noch zwei Dollar, und er meint, dass er sich nach vier Monaten Wildpferdjagd, Zureiten und hartem Leben in einem Camp eine kleine Freude verdient hat
»Ich habe vier Hundertdollarpferde draußen im Corral«, sagt Cass Cheshum zum Salooner und wendet sich mit dem Bier in der Hand um. »Ich sitze auf der Veranda und warte auf Käufer.«
Er geht hinaus, kippt einen Stuhl mit der Lehne an die Außenwand und setzt sich so, dass er seine langen Beine auf das Geländer legen kann.
Es wird allmählich Abend.
Und dann kommen drei Reiter.
Cass Cheshums Augen werden schmal. Instinktiv spürt er, dass da ein Mann geritten kommt, auf den er achten muss.
Der Mann ist ein Yankee. Alles an ihm verrät dies – seine Kleidung, der Sattel, die Sporen. Seinen beiden Revolvermännern sieht man an, dass sie gut verdienen. Das sind keine Sattelstrolche ...
Er braucht nicht lange zu warten, dann kommen die drei Männer vom Corral zurück. Der Boss sagt: »Mein Name ist Darren McDonald. Die Pferde sind gekauft. Hier sind sechzig Dollar.«
Er streckt die Hand aus und hält zwischen Daumen und Finger drei Zwanzigdollarstücke.
Cass Cheshum brauchte nur die Hand auszustrecken, dann würden die Geldstücke hineinfallen. Aber er schiebt nur den Hut zurück und verändert seine Haltung nicht.
»Hundert Dollar das Stück«, sagt er. »Vierhundert Dollar! Und wenn Sie die Tiere zusammen kaufen, gebe ich Ihnen fünfzig Dollar Nachlass. Ich habe diese Tiere unter einer großen Herde ausgewählt, die in einer Schlucht gefangen war. Es sind die besten Tiere weit und breit. Und sie haben noch nicht mal ein Brandzeichen, sind nicht älter als drei Jahre. Also, Mister?«
Der Yankee sagt nichts mehr. Er steckt das Geld ein und geht in den Saloon.
Auch Cass Cheshum geht jetzt in den Saloon, denn er hat Hunger bekommen und will eine Kleinigkeit essen.
Nach einer Stunde kommt ein Master Sergeant der blau uniformierten Besatzungstruppe mit zwei Soldaten herein, sieht sich kurz im Raum um und tritt an Cheshums Tisch.
»Gehören Ihnen die vier Gäule drüben im Corral – ich meine die vier Tiere ohne Brandzeichen?« So fragt er trocken.
Cheshum betrachtet ihn kauend, und er kennt die Sorte gut. Er sieht einen harten Burschen, einen von der Sorte, die man aussuchte, um Texaner klein zu machen.
Er nickt. »Die vier Gäule gehören mir.« Und er sieht in die flintsteinharten Augen des Sergeants und erkennt in ihnen ein hartes Funkeln.
»Ihr Name?« So fragt der Sergeant und holt ein kleines Buch aus seiner Patrouillentasche.
»Cheshum, Cass Cheshum«, sagt dieser und hat schmale Augen.
Der Sergeant nickt und schreibt. Dann reißt er die Seite heraus und lässt sie auf den Tisch flattern.
»Die Pferde sind von der Union requiriert. Sie wissen doch, Cheshum, dass hier noch Besatzungsrecht gilt? Sie können diesen Gutschein bei jedem Unionszahlmeister gegen Bargeld einlösen. Das wär's wohl.«
Er wendet sich ab und grüßt dabei lässig.
»Moment«, sagt Cheshum und liest indes, was der Sergeant auf den Zettel schrieb.
Requirierung von vier Pferden á 15 Dollar
Gutschrift insgesamt 60 Dollar
Darunter sind die Unterschrift und ein Stempel. Die Blätter im Buch des Sergeants sind offenbar alle schon vorgestempelt.
»Jedes Pferd ist hundert Dollar wert, Sergeant«, sagt Cheshum ruhig.
Dieser grinst nur, mustert ihn kalt und wippt dabei auf den Sohlen seiner Offiziersstiefel.
»Sie sind das Stück fünfzehn Dollar wert«, sagt er. »Und vielleicht wurden sie sogar gestohlen. Fast jeder verdammte Texaner ist ein Pferdedieb. Oder sind Sie anderer Meinung, Cheshum?«
Dieser sieht ihn zwei Atemzüge lang stumm an, blickt dann an ihm vorbei auf die beiden Soldaten. Diese warten fast gierig. Sie sind Schläger. Das kann man unschwer erkennen. Solche Typen haben schon in den Gefangenenlagern Furcht und Schrecken verbreitet.
Und jetzt halten sie sich hinter dem Sergeant bereit, um wieder einmal einen Texaner klein machen zu können.
»Antworten Sie, Cheshum!« Der Master Sergeant bellt es jetzt. Im Raum ist es schon lange still.
Und dennoch blickt kaum jemand von den Gästen her. Sie starren alle mehr oder weniger intensiv in ihre Teller oder auf die Tischplatte.
»Yes, Sir, ich bin ganz Ihrer Meinung«, erwidert Cass Cheshum. »Wir Texaner sind schon wirklich der letzte Dreck auf dieser Erde. Ich träume jede Nacht davon, ein Yankee sein zu können. Und natürlich ist es mir eine Ehre, dass die Union mir vier Pferde abkauft. Alles in Ordnung, Sergeant?«
Auch dieser bekam schmale Augen. Sein hartes Nussknackergesicht arbeitet. Besonders an den Wangen verhärten sich die Muskeln.
Er sagt jedoch nichts, sondern geht wortlos.
✰✰✰
Cheshum hat im Corral neben dem Saloon nachgesehen. Seine vier Pferde sind nicht mehr da. Nach einer Weile kehrt er zurück zum Saloon. Er blickt über die Schwingtür hinweg hinein. In der Ecke sitzt jener Yankee Darren McDonald mit dem Master Sergeant an einem Tisch. Sie trinken und rauchen gute Zigarren.
»Also hat dieser Yankee meine Pferde doch bekommen«, murmelt Cheshum, denn ihm ist jetzt klar, wie die Sache lief.
Aber was kann er dagegen tun?
Er geht wieder zum Corral, sattelt dort sein Pferd und will aufsitzen, als zwei Männer auftauchen. Sie müssen irgendwo in der Dunkelheit auf ihn gewartet haben. Es sind Darren McDonalds zwei Revolvermänner.
»Na, wie ging's denn so, Tex?«, fragt einer lässig.
»Ihr habt alle Trümpfe in der Hand«, erwidert Cheshum. »Gegen euch kann ein Bursche wie ich nicht an. Ihr seid die Größten. Wollt ihr, dass ich meinen Hut vor euch ziehe?«
Sie verharren eine Weile schweigend. Seine Worte verhöhnten sie. Sie spüren genau, dass er mit ihnen noch nicht fertig ist. Oh, sie können das wittern. Darauf verstehen sie sich. Diesen Texaner schätzen sie nicht falsch ein. Seine Worte machen ihnen Sorgen.
✰✰✰
Darren McDonald braucht am nächsten Morgen, als sie mit den vier Pferden unterwegs sind, seine beiden Leibwächter und Revolvermänner nicht lange zu beobachten, um zu erkennen, wie nervös und wachsam sie reiten.
Als sie nach zehn Meilen die Furt eines Creeks erreichen, halten sie an und spähen unruhig hinüber. Dort drüben sind Bauminseln und Buschgruppen. Und die Furt führt zu einem Hohlweg hinüber, den man durchreiten muss, will man hinauf aufs Weideland.
Sie kommen auch gut hinüber, bringen den Hohlweg hinter sich und gelangen aus der Creeksenke heraus auf das Weideland jener Ranch, die am Tag zuvor versteigert wurde und die Darren McDonald als einziger Interessent für einen Spottpreis erwerben konnte.
McDonald denkt einen Moment an das gute Geschäft.
Dann reitet er zu der kleinen Weidehütte hinüber, von der er weiß, dass sie eine Grenzhütte der Ranch ist.
In einem Corral bewegen sich ein paar Pferde. Der oder die hier stationierten Cowboys sind jedoch offensichtlich unterwegs. Denn es rührt sich nichts, auch dann nicht, als einer der beiden Revolvermänner einen lauten Pfiff ertönen lässt.
»Bringt die vier Gäule in den Corral«, sagt McDonald. »Die Jungs hier werden sie später zur Hauptranch bringen. Wir können ohne die ledigen Tiere schneller reiten.«
Er bleibt im Sattel und beobachtet, wie seine beiden Männer die vier Tiere zu den anderen in den Corral bringen.
Dann hört er hinter sich die Stimme des Texaners sagen: »Es sind wirklich gute Hundert-Dollar-Pferde. Selbst für diesen Preis machen Sie noch ein gutes Geschäft, Mister. Sechzig Dollar erhielt ich schon von dem Sergeant. Nun bekomme ich noch dreihundertvierzig von Ihnen. Einen Nachlass kann ich Ihnen leider nicht mehr geben. Diese Chance ist vertan worden. Na?«
Darren McDonald zieht langsam das Pferd herum.
Er sieht den Texaner in der Hüttentür. Er hatte also drinnen in der Weidehütte gewartet. Die Tür knarrte nicht einmal in ihren Ledergehängen. Er lehnt lässig mit einer Schulter an der Blockhütte und hält den Revolver in der Linken.
Damit zielt er auf McDonald.
Die beiden Revolvermänner beim Corral sind einige Sekunden zu spät auf ihn aufmerksam geworden. Sie verharren bewegungslos, denn sie haben sofort begriffen, dass ihr Boss die erste Kugel bekommen würde.
Der Texaner hat sie genau dort überrumpelt, wo sie es nicht erwartet haben. Dennoch versuchen sie es.
Cheshum schießt den beiden die Colts aus der Hand. Er lässt sie am Leben. Bei ihrem Boss braucht er den Colt erst gar nicht. Der manövriert sich durch einen Faustschlag an Cass Cheshums Kopf vorbei gegen die Bretterwand der Hütte, bei dem er sich die Hand bricht, selbst ins Abseits.
»Gestern beim Corral wart ihr schlau genug, euch nicht mit mir anzulegen. Ihr ließt mich reiten. Warum nur wart ihr heute so dumm?« So fragt Cass den Yankee.
Er wartet nicht auf eine Antwort, sondern sieht nach einem der Schießer.
Dieser hockt am Boden und stöhnt. Als Cheshum bei ihm ist, knirscht er: »Mann, du bist ja verrückt, uns am Leben zu lassen. Du wirst Schatten auf deiner Fährte haben, sobald wir wieder ...«
Er verstummt stöhnend, denn er bekommt seine heiße Wut endlich unter Kontrolle. Aber er hat keine Furcht. Er starrt zu Cheshum grauäugig empor, sieht ihn fest an.
Cheshum sagt: »Lasst euch nie wieder mit mir ein – nie wieder! Und sollten wir uns mal irgendwo begegnen, dann freut euch, dass ihr noch am Leben seid. Denn beim nächsten Mal ...«
Und zu McDonald sagt er: »Dreihundertvierzig Dollar, Mister McDonald. Genau diese Summe fehlt noch bei unserem Pferdehandel.«
Er greift ihm in die Jackentasche und holt eine dicke Brieftasche hervor.
Obwohl in ihr eine Menge Hundert-Dollar-Noten enthalten sind, entnimmt er davon nur drei. In der anderen Jackentasche findet er den Lederbeutel mit den Goldstücken. Hier holt er für vierzig Dollar Münzen heraus.
»Ich weiß, Sie sind ein großer Mann, ein Boss mit vielen Verbindungen, einem Haufen Geld hinter sich, mit Macht und Einfluss«, so murmelt er auf den immer noch durch die Nase stöhnenden McDonald nieder, dessen zusammengepresster Mund wirkt wie die Narbe eines Messerschnittes, »aber bleiben Sie nur von meiner Fährte. Sonst töte ich Sie.«
Nach diesen Worten geht er davon. Er verschwindet um die Hüttenecke.
✰✰✰
In den nächsten sechs Tagen und Nächten bleibt Cass Cheshum lange im Sattel.
Am Abend des sechsten Tages erreicht er Fort Worth.
Schon sechs Stunden später – also gegen Mitternacht – sitzt er im Fair Ground Saloon und gewinnt einen Fünfhundert-Dollar-Pott beim Poker, nachdem er zuvor in einigen Spielen ein paar Dollars verlor.
Als er den Stuhl zurückschiebt und sich erheben will mit dem gewonnenen Geld, da sagt einer der hartgesichtigen Mitspieler: »Sie bleiben sitzen und spielen weiter. So geht das nicht. Hier steigt man nach dem ersten dicken Gewinn nicht aus.«
Cass Cheshum begreift, dass er schon wieder Verdruss bekommen wird, wenn er es jetzt darauf ankommen lässt. Diese Yankees aus Kansas haben schon eine Menge Geld verloren – und das meiste davon gewann ein Mann, der wie ein Offizier in Zivil aussieht und gewiss auch einmal Offizier gewesen ist.
Doch jetzt ist er ein Spieler, ein typischer, auf Gentleman zurechtgemachter Kartenhai. Und dieser Mann sagt: »Wenn Sie aufhören wollen, Mister, dann habe ich nichts dagegen. Doch wenn Sie mit im Spiel bleiben, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Es ist für mich stets eine große Ehre, mit einem ehemaligen Soldaten der glorreichen Konföderiertenarmee an einem Tisch beim Spiel zu sitzen.«
Cass Cheshum grinst nur. Aber er blickt tief in die dunklen Augen des anderen Mannes hinein – und plötzlich erkennt er darin das Signal.
Es ist die stumme Bitte um Hilfe und Beistand.
Der Mann hat eine Menge Geld gewonnen, eine große Menge Geld. Es ist fast zehnmal so viel wie Cass Cheshums Spielgewinn. Dieser Mann hat eine Menge Sorgen.
Cheshum betrachtet die Gesichter. Vier sind hart und drohend. Und das des Spielers ist glatt und ausdruckslos – bis auf die stumme Bitte im Hintergrund der Augen.
Cass nickt.
Er setzt sich noch einmal.
»Ich mache noch eine Runde mit«, sagt er. »Eine Runde!«
Die anderen grinsen. Es ist kein freundliches Grinsen, mehr ein Zähnezeigen. Und die Taktik ist völlig klar. Sie haben verloren, immer nur verloren. Obwohl alle gewiss gute Pokerspieler sind, die sich bisher in jeder Runde behaupten konnten, haben sie heute seit Stunden schon verloren, auch als sie den ihnen fremden Tex in ihre Runde aufnahmen, änderte sich nichts an ihrer Pechsträhne.
Nun strömen sie Drohung aus.
Sie wollen gewinnen. Und wenn das nicht sein sollte, werden sie einen Verdruss anfangen.
Wieder sieht Cass Cheshum in den Augen des Spielers die Bitte um Hilfe. Und er nickt leicht und murmelt: »Yeah, geben Sie nur, Mister.«
Dieser lässt sich Zeit damit – und teilt auch sehr langsam aus.
Und der Boss der Kansas-Rinderleute wirft nur einen einzigen Blick in seine Karten. Dann sagt er: »Nun, Leute, machen wir es kurz. Ich habe nicht mehr genug Bargeld, um groß steigern zu können. Doch ich habe eine halbe Meile südlich der Stadt eine Treibherde. Dreitausend Rinder! Hier in Texas sind sie nur zwei Dollar wert das Stück. Hier ist der Besitztitel, also die Kaufurkunde mit der Brandzeichenbestätigung. Sie lautet auf den jeweiligen Inhaber. Ich setzte die Herde gegen alles, was Sie setzen können, Mister Rebellenfreund.«
Der Kartenhai leckt sich über die Lippen. Darüber hat er ein sorgfältig gestutztes Bärtchen. In seine Karten hat er schon gesehen, und sicherlich sind sie ihm vor seinem geistigen Auge stets gegenwärtig.
»Was soll ich mit einer Rinderherde?« So fragt er.
Da lachen die vier Männer.
»Verkaufen«, sagt ihr Boss. »Denn um sie nach Montana zu treiben, dazu hätten Sie keinen Mumm.«
»Warum nach Montana treiben?« Mit dieser Frage mischt sich Cass Cheshum ein.
Sie wenden ihm ihre harten Gesichter zu, und ihre Blicke wirken verächtlich.
»Haben Sie bisher auf dem Mond gelebt, Texas?« So fragt der Boss. »In Montana wird schon eine Weile Gold gefunden. Im Winter beginnen sie wieder mal zu hungern, und noch bevor es Frühling wird, wiegen sie jedes Rindersteak mit Gold auf. Kapiert?«
Cass Cheshum nickt. Lässig fragt er: »Und solch eine Rinderherde, die oben im Norden mit Gold aufgewogen wird, setzen Sie wegen fünf- oder sechstausend Dollar aufs Spiel?«
»Diese Runde gewinne ich«, sagt der Kansasmann.
Der Spieler zögert. Und Cass Cheshum weiß eigentlich nicht, warum er sagt: »Wenn Sie gewinnen, Mister, helfe ich Ihnen, die Herde zu treiben.«
Es sollte eigentlich nur eine Ermunterung, mehr ein Scherz sein.
Doch der Spieler nickt fast feierlich. »Ja, das wäre wohl eine Aufgabe. Ich nehme an. Hier!« Mit entschlossenen Bewegungen schiebt er sodann das ganze Geld, das er vor sich liegen hat, der Tischmitte zu, wo schon der Besitztitel auf die Herde liegt.
»Ich halte den Einsatz«, sagt er. »Und nun will ich sehen, Mister. Wie war doch Ihr Name? Callum?«
»Paul Callum.« Der Mann grinst hartlippig. »Und ich sage Ihnen, Rebellenfreund, dass Sie diesmal nicht gewinnen können – so nicht und anders nicht.«
Besonders seine letzten fünf Worte haben eine unmissverständliche Bedeutung in Zusammenhang mit seinem harten Blick.
Es ist alles zu deutlich. Er hat seine ganze Herde eingesetzt und will damit sein verlorenes Geld zurückgewinnen. Sollte er mit den Karten verlieren, wird er mit dem Revolver gewinnen wollen.
Und der Spieler blickt auf Cass Cheshum. Aber dieser zögert noch, gibt ihm noch kein Zeichen der Ermunterung.
Cass Cheshum aber hat sich inzwischen ausgerechnet, dass die dreitausend Rinder im Goldland von Montana bis zu dreihunderttausend Dollar einbringen könnten.
Und so nickt Cass Cheshum jetzt dem Spieler zu. Dabei erhebt er sich.
»Wenn Sie ein besseres Blatt haben, Mister«, sagt er, »dann zeigen Sie es nur.« Seine Stimme klingt lässiger und schleppender als bisher. Aber er steht da wie ein Mann, der den Dingen standhalten wird.
Callum und dessen drei Männer begreifen staunend, dass dieser gelbhaarige und grünäugige Texaner es mit ihnen aufnehmen will, sollte es notwendig werden.
Vielleicht irritiert sie das etwas.
Und der Spieler nutzt diesen Moment.
Er deckt auf und zeigt vier Könige und ein Ass.
Dann wirft er sich auch schon vom Stuhl.
Denn Paul Callum brüllt auf, wobei er zieht. Auch seine drei Männer schnappen die Colts heraus, denn Callums Brüllen war das Signal.
Aber sie kommen zu spät. Sie sind nicht schnell genug.
Zwei von ihnen bekommen es von Cass Cheshum, bevor sie überhaupt auf ihn zielen können.
Der dritte Mann kann zwar auf ihn abdrücken, doch er ist zu hastig. Die Kugel fetzt nur durch das am Gürtel etwas aufgebauschte Hemd des Texaners und trifft zwei Tische weiter einen Betrunkenen, der sich nicht schnell genug in Deckung werfen konnte.
Dann kann auch der dritte Mann nicht mehr mitmachen. Cheshums Kugel nimmt ihm die Lust am Weiterkämpfen.
Und Paul Callum?
Er schoss zweimal auf den Spieler, traf ihn jedoch nur einmal und wurde im selben Moment selbst getroffen.
Als Cass Cheshum sich nach Paul Callum umsieht, geht dieser schon zu Boden.
Und der Spieler erhebt sich, presst sich die Linke gegen die Seite und verzieht einen Moment schmerzvoll das Gesicht.
Cass Cheshum, der noch zwei Kugeln in seinem Revolver hat, sieht sich um, und der noch rauchende Colt in seiner Linken ist bereit.
Doch Paul Callum hat keine Freunde oder sonst welche Männer mehr auf seiner Seite. Niemand bewegt sich. Alles hält noch den Atem an.
Und wer von all den Gästen es richtig sah, der staunt noch über den langen Texaner, der so schnell schießen konnte, wie niemand es für möglich hielt.
»Wenn Sie in Ordnung sind«, sagt Cass Cheshum zu dem Spieler, »dann packen Sie nur den Ihnen rechtmäßig zustehenden Spielgewinn zusammen. Und dann gehen wir, Freund!«
Seine letzten Worte sind auch für die anderen Gäste bestimmt. Sie sind eine deutliche Warnung für jeden, der vielleicht daran denkt, ihn und den Spieler aufzuhalten.
Fort Worth ist zurzeit ein böses Nest. Revolverkämpfe gibt es hier fast jede Nacht.
Es versucht niemand, sie aufzuhalten.
Sie verlassen den Saloon nicht durch den Haupteingang, sondern gleiten durch eine Seitentür in eine dunkle Gasse.
Nach einigen Dutzend Schritten hält der Spieler an und lehnt sich mit dem Rücken gegen eine Hauswand.
»Wohin?« So fragt Cass Cheshum.