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Die Lichter waren schon längst angezündet in Laredo, als ich in die Stadt ritt. Immer wieder musste ich durch eine der vielen Lichtbahnen, und ich wusste, dass man auf mein Kommen gewartet hatte.
Viele Augen beobachteten mich. Da und dort standen Gestalten außerhalb der Lichtbahnen in der Dunkelheit. Ich ritt mitten auf der Fahrbahn durch den Staub. Langsam ritt ich.
Vor den Saloons und Geschäften standen Sattelpferde an den Haltebalken, waren auch Wagen abgestellt. Doch die Stadt war still, so als hielte sie den Atem an. O ja, ich spürte den Atem von Drohung und lauernder Gefahr.
Aber ich wusste, es würde nichts passieren - noch nicht.
Und so ritt ich vor das Rio Hotel, saß ab, band mein Pferd an und ging hinein.
Beim Portier am Anmeldepult stand Marshal Buck Custer. Er wandte sich mir zu und betrachtete mich ernst.
»Du willst es wagen, Clay Benson?« So fragte er ruhig.
Ich starrte in seine flintsteinharten Augen.
»Manchmal muss ein Mann etwas wagen«, erwiderte ich ...
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Seitenzahl: 146
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Gunfight in Laredo
Vorschau
Impressum
Gunfightin Laredo
Die Lichter waren schon längst angezündet in Laredo, als ich in die Stadt ritt. Immer wieder musste ich durch eine der vielen Lichtbahnen, und ich wusste, dass man auf mein Kommen gewartet hatte.
Viele Augen beobachteten mich. Da und dort standen Gestalten außerhalb der Lichtbahnen in der Dunkelheit. Ich ritt mitten auf der Fahrbahn durch den Staub. Langsam ritt ich.
Vor den Saloons und Geschäften standen Sattelpferde an den Haltebalken, waren auch Wagen abgestellt. Doch die Stadt war still, so als hielte sie den Atem an. O ja, ich spürte den Atem von Drohung und lauernder Gefahr.
Aber ich wusste, es würde nichts passieren – noch nicht.
Und so ritt ich vor das Rio Hotel, saß ab, band mein Pferd an und ging hinein.
Beim Portier am Anmeldepult stand Marshal Buck Custer. Er wandte sich mir zu und betrachtete mich ernst.
»Du willst es wagen, Clay Benson?« So fragte er ruhig.
Ich starrte in seine flintsteinharten Augen.
»Manchmal muss ein Mann etwas wagen«, erwiderte ich ...
Er nickte langsam. Dann sprach er: »In meiner Stadt werden sich Bancrofts harte Jungs noch zurückhalten. Doch ...«
»Schon gut, Buck Custer, schon gut«, unterbrach ich ihn. »Ich bin mir über alles klar. Dies ist deine Stadt, und sie ist neutral und fair. So wie du. Schon gut.«
Ich ging weiter in den Speiseraum.
Es war Zeit zum Abendessen. Und ich wusste, dass Whitey Houston auf mich wartete. Er wollte mit der Postkutsche weg, die in gut einer Stunde vor dem Hotel die Fahrgäste nach Galveston aufnehmen würde. Gewiss hatte er schon eine Fahrkarte in der Tasche, so sehr vertraute er mir.
Als ich in den Speiseraum trat, sah ich ihn sofort in der Ecke an einem kleinen Tisch sitzen. Er trug den rechten Arm immer noch in einer Schlinge, und wahrscheinlich würde er ihn nie wieder richtig bewegen können.
Whitey Houston war ein bulliger und etwas schwerfällig wirkender Mann. Altersmäßig hätte er mein Vater sein können. Er wirkte jetzt ausgebrannt. Ich wusste, er hatte nur noch eine Hoffnung, nämlich die, dass er von hier weg nach Galveston zu seiner Tochter kam, die dort mit einem Kapitän verheiratet war.
Er sah mich fragend an. Und so nickte ich ihm zu, indes ich mich setzte.
»Es bleibt dabei«, sagte ich. »Zweitausend Dollar für deine Ranch. Ich habe das Geld bei mir. Gut so?«
Er nickte und holte den Besitztitel aus seiner inneren Rocktasche.
»Es ist alles schon unterschrieben«, sprach er heiser. »Wenn ich für das Geld quittiert habe, gehört dir meine Ranch. Du bekommst sie billig, sehr billig, denn sie ist mit den Rindern, Pferden, der Weide und den Wasserrechten dreimal so viel wert.«
»Ich weiß«, erwiderte ich. »Aber ich habe nicht mehr Geld. Und wenn man bedenkt, was für eine Menge Verdruss ich mit deiner Ranch kaufe, zahle ich einen fairen Preis – oder?«
Er schluckte und nickte.
Dann nahm er mein Geld und quittierte auf der Urkunde den Empfang. Als er mir die Urkunde zuschob, murmelte er: »Du wirst ihn töten müssen, Clay Benson. Ich war nicht groß genug dazu. Aber du ...«
Er erhob sich mit einem Ruck und ging.
Sally Lee kam in den Raum. Jemand hatte ihr wohl gesagt, dass ich hier wäre. Ihr gehörte das Hotel.
Sie setzte sich zu mir an den Tisch und sah mich schweigend an.
Sally Lee war eine Augenweide. Es machte Freude, sie anzusehen. Ihre grünen Augen funkelten im Lampenschein.
»Du hast es also getan«, stellte sie fest, denn ihre Worte waren keine Frage. »O Clay«, murmelte sie, »warum haben Männer deiner Sorte nur diesen verdammten Stolz?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist nun mal so«, sagte ich und fragte dann: »Gehst du diese Nacht mit mir ins Bett, Sally? Bist du nun bereit dazu? Nimmst du mich mit hinauf?«
Ihre grünen Katzenaugen wurden schmal. Und ihre sonst vollen und lebendigen Lippen wurden schmal.
»Warum sollte ich das tun?«, fragte sie fast grob.
Ich grinste wieder.
»Weil du nun länger als ein Jahr Witwe bist – und weil es ja sein könnte, dass ich bald tot bin. Also könntest du mir noch einmal das Paradies bereiten. Sally, ich habe immer gespürt, dass ich dich irgendwann mal bekommen würde. Und jetzt wäre der rechte Zeitpunkt. Ich weiß, auch George Bancroft will dich. Aber weil er ohnehin auf mich losgehen wird, spielt es keine Rolle mehr, wie viele Gründe er dafür hat. Bekomme ich dich also diese Nacht?«
Ja, es war eine klare Frage von mir, und vielleicht war sie in ihrer Direktheit sogar ziemlich brutal.
Sie saß mir gegenüber am Tisch. Der Lampenschein gab ihrem Gesicht einen besonderen Zauber. Ich sah nun, dass sie die Augen schloss.
Ihre langen Wimpern waren dunkler als ihr rotgoldenes Haar.
Als ich sie betrachtete, wurde ich mir abermals darüber klar, wie sehr ich sie haben wollte.
Plötzlich sah sie mich wieder an. Und erneut funkelte ihr Blick.
»Gut.« Sie nickte. »Gehen wir also hinauf in meine Wohnung für eine lange Nacht. Ja, du kannst mich haben, so wie ich dich haben will. Steht dein Pferd noch vor dem Hotel? Dann wird Marmaduke es im Hotelstall versorgen.«
Ich sah in ihren Augen, dass sie es wahrhaftig ernst meinte. Doch ich wusste zugleich, warum sie jetzt zu allem bereit war.
Dort oben bei ihr war ich sicher für eine Nacht. Sie hatte Angst um mich. Gewiss, ich war davon überzeugt, dass auch sie mich wollte. Doch jetzt war noch etwas anderes hinzugekommen.
Und so schüttelte ich den Kopf.
»Nein, so nicht«, hörte ich mich murmeln. »Nicht so, schöne Sally. Ich weiß, es wird wunderschön sein mit uns. Aber ich kann mich nicht bei dir verkriechen – nicht in den nächsten zwei Stunden. Ich werde mein Pferd in den Mietstall bringen und dann im Saloon ein oder zwei Drinks nehmen. Erst dann werde ich kommen.«
Wieder schloss sie die Augen. Nun zuckte ihr Mund, verriet mir eine Menge von ihren Gefühlen. Ja, sie hatte Angst um mich. Das war wunderbar, denn es sagte mir, dass ich in ihrem Herzen war. Doch als sie ihre Augen wieder aufmachte, erkannte ich darin ihren Zorn.
»Du wirst auf deinem Stolz in die Hölle reiten«, sprach sie herb und erhob sich. Und stehend sprach sie zu mir nieder: »Komm lieber nicht, Clayton Benson, komm lieber nicht, selbst wenn du es noch könntest.«
Dann ging sie.
Ich sah ihr nach, und es war ein tiefes Bedauern in mir.
Oha, sie war eine wunderschöne, begehrenswerte Frau. Und ich hätte die ganze Nacht in ihren Armen liegen können.
Doch ich konnte nicht kneifen. Wenn ich mich in diesem Land auf meiner Ranch behaupten wollte, musste ich jede Herausforderung annehmen.
Und so trat ich hinaus auf die nächtliche Hauptstraße von Laredo.
Mein Pferd stand noch am Haltebalken neben anderen Tieren.
Ich saß auf, und ich wusste, dass ich nun eine prächtige Zielscheibe abgab. Man konnte mich aus allen dunklen Gassenmündungen oder auch von den Dächern herunter abschießen. Zugleich wusste ich aber, dass viele Augen mich jetzt beobachteten.
Und so zeigte ich allen meine verwegene Furchtlosigkeit.
Vielleicht war es dumm, so dumm, wie mein Stolz es womöglich war. Aber ich konnte nicht anders.
Sie alle – mochten es meine Feinde, meine Freunde oder auch nur die Neutralen sein – mussten mir Respekt zollen. Diesen Respekt brauchte ich, um mich behaupten zu können.
Ich erreichte unbehelligt den Mietstall. Beide Torflügel standen weit offen. Im Lichtschein des Vorraums saßen zwei Männer auf der Futterkiste und spielten Halma. Es waren der Mietstallmann Latigo und der Pferdepfleger der Post- und Frachtlinie Pedro Diaz.
Ich ritt hinein und saß ab.
Sie erhoben sich von der Futterkiste.
Latigo verzog sein runzliges Gesicht und sagte dann: »Sir, der wird bestens versorgt wie immer. Und viel Glück. Einige harte Jungs sind in der Stadt, auch Hogjaw Dallanger.«
Ich nickte nur und gab ihm die Zügelenden in die schwielige Hand. Dann drehte ich mich um und verließ den Hof des Mietstalles.
Rechts lag die Schmiede. Einige Wagen waren davor abgestellt. Und es war ziemlich dunkel. Diese Nacht besaß weder Mond noch Sterne. Überall konnte Unheil lauern.
Und irgendwo – das wusste ich – war Marshal Buck Custer.
Würden sie es wagen in seiner Stadt?
Das war die Frage. Es ging auch um sein Prestige. Und das musste ihn zwangsläufig hier in der Stadt zu meinem Verbündeten machen – es sei denn, er stellte sieh auf George Bancrofts Seite.
Verdammt, dachte ich, warum habe ich mich auf dieses Spiel eingelassen?
Als ich durch einige Lichtbahnen schritt, musste ich auch an mehreren Gestalten vorbei, die da und dort an den Hauswänden lehnten. Einer der Männer schnippte mir eine Zigarettenkippe vor die Füße. Funken sprühten.
Ich hielt inne und fragte: »Hast du irgendeinen Wunsch, Mister?«
»Wir werden dich plattmachen«, erwiderte der Mann. In seiner Stimme war ein Klang von böser Herausforderung.
Da schlug ich zu. Meine Rechte rammte in seinen Magen. Und als er sich vorbeugte, weil es ihn wie ein Huftritt traf, da riss ich das Knie hoch und traf ihn damit unters Kinn. Er prallte rücklings gegen die Wand und schlug hart mit dem Hinterkopf dagegen. Er glitt an der Wand entlang zu Boden und konnte nichts mehr sagen.
Ich ging weiter.
Der Verdruss hatte jetzt begonnen, und ich musste da hindurch. Sonst brauchte ich gar nicht erst zu meiner frisch erworbenen Ranch hinauszureiten. Dann konnte ich gleich aufgeben.
Sie wollten mich klein machen, plattmachen, sagte der Mann. Gewiss war er einer der Revolverreiter der B-im-Kreis-Ranch, und er hatte sich stolz gefühlt.
Vom Stadteingang kam die Postkutsche zurück. Es konnte nur die Kutsche sein, die vorhin mit Whitey Houston weggefahren war. Sonst kamen keine Postkutschen um diese Zeit nach Laredo.
Ein Schrei tönte durch die Straße: »Die Postkutsche kommt zurück!«
Sie hielt wenig später mit kreischenden Bremsen vor dem Marshal's Office. Leute liefen herbei, umringten das Sechsergespann und die Kutsche.
Durch das Schnauben der Pferde hörte ich eine heisere Stimme rufen: »Überfall! Sie haben Whitey Houston aus der Kutsche geholt, erschossen und ausgeraubt! Houston ist tot! Es waren ein halbes Dutzend Maskierte! Sie haben Whitey Houston erschossen, als dieser mit dem Colt in der Hand aus der Kutsche sprang.«
Ich hörte es. Und ich verharrte still, hob die Hand und wischte über mein Gesicht, spürte die kratzenden Bartstoppeln.
Sie hatten Whitey mit dem Erlös für die Ranch nicht entkommen lassen. Er hatte zuletzt noch einmal kämpfen wollen, obwohl er ein Krüppel war. George Bancroft hatte ihn gnadenlos für seinen Ungehorsam bestrafen lassen.
Und nun besaß ich die Ranch.
Was stand mir bevor?
War ich ein verdammter Narr, der geglaubt hatte, billig an eine gute Ranch zu kommen, für die Whitey Houston fast zwanzig Jahre gearbeitet hatte und auf der er seine Frau beerdigen musste?
Ich setzte mich wieder in Bewegung und betrat wenig später den Lonestar Saloon.
Als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, da sah ich, dass alle Figuren in diesem Spiel schon ihre Plätze eingenommen hatten.
✰✰✰
Hogjaw Dallanger stand allein an der langen Bar.
Earl Gates, dem der Saloon gehörte, hatte sich ans Ende der Bar zurückgezogen und putzte Gläser.
Ein halbes Dutzend B-im-Kreis-Reiter waren im Raum verteilt. Zwei spielten Billard, andere hockten an einem Pokertisch zusammen.
Auch einige Bürger der Stadt waren da – zum Beispiel der Schmied, der Storehalter und der Sattler. Sie waren die drei Stadträte. Vielleicht warteten sie jetzt auf Buck Custer, den Marshal. Doch der war durch die Rückkehr der Postkutsche mit dem Toten verhindert.
Ich sah auch einige Fremde da und dort, die es immer wieder hier in Laredo gab.
Aber dann erkannte ich im Hintergrund rechts und links in den Ecken Vance Ringloke und Izee Randy.
In mir stieg ein dankbares Gefühl hoch.
Vance und Izee waren hier. Und sie waren meine Freunde. Sie waren rechtzeitig gekommen und saßen dort im Hintergrund.
Das war gut.
Und so trat ich an den Schanktisch. Hogjaw Dallanger starrte mich unter der gesenkten Stirn hinweg drohend an. Bei seinem Anblick dachte man unwillkürlich an einen angriffslustigen Kampfstier.
Er war George Bancrofts Vormann, stets bereit, seinem Boss zu dienen. Und er hatte hier auf mich gewartet, weil er wusste, ich würde mich ihm hier stellen.
Er starrte zu mir her.
Dann sprach er kehlig mit einem Klang von grimmiger Freude in seiner Stimme: »Also gut, dann bringen wir es hinter uns.«
Ich grinste ihn blinkend an.
»Du hast dir einige harte Jungs mitgebracht, Hogjaw. Ich musste draußen schon einen zurechtstutzen, der mich anpöbelte. Warum bist du denn nicht allein gekommen?«
Er grollte, doch er beherrschte sich.
»Ach, die sehen nur zu«, sprach er heiser. »Weißt du, Benson, ich wollte dich immer schon plattmachen, vom ersten Moment an, als ich dich sah. Du gehörst zu dieser Sorte, die ich schon immer mit Freuden plattgemacht habe. Bisher durfte ich das nicht. Du hattest Schonzeit. Doch jetzt kommen wir endlich zur Sache.«
Er nahm ganz langsam mit zwei Fingern seinen Revolver aus dem Holster und legte ihn auf den Schanktisch neben seinen Hut.
Was sollte ich tun?
Ich war gewarnt worden und hatte die Warnung in den Wind geschlagen. Bancroft hatte gehofft, Whitey Houston vertreiben zu können. Doch dieser hatte an mich verkauft.
Nun war er dafür bestraft worden. Ich würde für seine Beerdigung sorgen. Dazu fühlte ich mich verpflichtet.
Ich nahm meinen Hut ab und schnallte meinen Waffengürtel auf, legte ihn ebenfalls auf den Schanktisch.
Hogjaw Dallanger kam grinsend auf mich zu. Er zeigte mir grinsend seine mächtigen Fäuste.
»Sieh dir diese Knospen an«, sprach er kehlig.
Und dann sprang er auf mich los.
Er war ein Bursche von zweihundertzwanzig Pfund und bestand nur aus Muskeln und starken Knochen. Er war kleiner als ich und hatte abfallende Schultern, in denen eine gewaltige Kraft saß. Sein Hals war dick und hatte Muskelstränge, die in seine Schultern übergingen.
Er versuchte mich mit zwei Schwingern rechts und links am Kopf zu treffen. Doch ich tauchte unter diesen Schwingern weg und stieß ihm meine Gerade mitten ins Gesicht. Er rannte mit seinem ganzen Gewicht und ganzem Schwung dagegen. Ich spürte den Schmerz in meinem Arm bis in die Schulter hinein und glaubte schon, dass Arm und Schulter gebrochen oder zumindest ausgekugelt worden wären. Aber zum Glück war es nicht so. Ich hatte ihn aufgehalten mit einer einzigen Geraden. Er schwankte auf den Absätzen rückwärts. Seine Sporen ritzten den Steinboden des Saloons. Ich setzte ihm nach und gab es ihm auf die Leber und die Magenpartie.
Ich war ein harter Bursche von sechseinhalb Fuß und einhundertneunzig Pfund. Und ich war so schnell wie ein Wildkater.
Ja, ich gab es ihm, indes er rückwärts taumelte, traf ihn hart mit aller Kraft und spürte in meinen Fäusten, wie sehr er mit Muskeln gepanzert war, an denen alles abprallte.
Einen Moment lang war in mir ein Gefühl der Furcht und des Zweifels an mir selbst.
Konnte ich dieses Ungetüm von einem Mann überhaupt schlagen? Ja, ich spürte Furcht und Zweifel. Doch nur für einen kurzen Moment.
Dann bekam mein Stolz wieder die Oberhand.
Ich wusste plötzlich, dass ich um mein Leben kämpfen musste.
Denn obwohl ich diesen Bullen mehrmals mit aller Härte und meiner ganzen Kraft traf, zeigte er kaum Wirkung. Er griff immer wieder an, und ich wusste, ich konnte nicht ständig seinen Schwingern, Haken und Geraden ausweichen, sie abducken oder auspendeln. Irgendwann vielleicht – schon in der nächsten Sekunde – würde er mich voll treffen.
Dann war ich platt. Und dann würde er mich für immer zerbrechen, mich totschlagen oder zum Krüppel machen.
Nun, lieber Leser meiner Geschichte, es ist gewiss nicht nötig, dass ich diesen Kampf in allen Einzelheiten schildere. Darauf kommt es in meiner Geschichte nicht an. Es geht in dieser Geschichte allein darum, dass ich standhalten musste, wollte ich kein Schwacher sein.
✰✰✰
Ich erwachte wie aus einem Rausch und wurde mir bewusst, dass ich breitbeinig über Hogjaw Dallanger stand, der unter mir auf dem breiten Rücken lag und nach Luft röchelte, als würde er im nächsten Moment ersticken.
Ich war bereit, ihm meine blutige Faust ins Gesicht zu stoßen, sobald er versuchen sollte, sich aufzurichten.
Doch er versuchte es nicht mehr.
O Vater im Himmel, es ist vorbei, dachte ich. Und zugleich erinnerte ich mich wieder an den bösen Kampf. In meinem Kopf wurde es wieder klarer. Die Dumpfheit verschwand. Und es waren nicht mehr nur die Gedanken ans Überleben in mir, dieser Selbsterhaltungsinstinkt, der mich beherrscht hatte und immer wieder aufstehen und weiterkämpfen ließ. Denn ich wusste, blieb ich am Boden, würde er keine Gnade gegen den Besiegten kennen.
Ich keuchte ebenfalls nach Luft, und manchmal wurde mir schwarz vor Augen. Aber ich blieb auf den Füßen, ging nicht zu Boden.
Wie aus weiter Ferne hörte ich die Stimme von Vance Ringloke sagen: »Wenn ihr glaubt, dass ihr ihn nun dafür bestrafen müsst, dass er euren Vormann klein machte, dann machen wir mit.«
Mein Blick wurde klarer.
Ich sah, dass Vance und Izee nicht mehr in den Ecken des Raumes saßen, sondern sich erhoben hatten. Sie waren bereit für einen Revolverkampf.
Hogjaw Dallangers Männer verharrten. Wahrscheinlich wollten sie zu mir. Doch nun hielten sie inne. Sie sahen sich nach Vance Ringloke und Izee Randy um.
»Ihr verdammten Sattelstrolche und Viehdiebe«, grollte einer. »Seid ihr verrückt genug, Partei zu ergreifen?«
»Ja, das sind wir«, erwiderte Izee. »Am besten, ihr nehmt euer Ungetüm und schafft ihn zu seinem Herrn und Meister. Haut ab oder holt eure Colts heraus. Ihr könnt es so oder so haben. Wir warten.«