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Barton Kellys Weg war rau und hart. Barton Kelly kam oft in Not und musste kämpfen. Er geriet sogar so sehr in Not, dass er ins Million-Cliffs-Land - in das Land der Banditen - flüchten musste. Doch er verlor nie den Glauben an sich selbst. Er wusste auch stets genau, wo die Grenze liegt, die ein Mann nicht überschreiten darf, wenn er seine Selbstachtung behalten will. Und weil das so war, musste Barton Kelly eines Tages wieder den Weg nach oben und in ein besseres Leben finden.
Dies ist eine Geschichte aus einer Zeit, die längst vorbei ist. Und dennoch gilt auch heute noch die gleiche Wahrheit: Ein Mann darf sich niemals aufgeben!
Barton Kelly soll dafür ein Beispiel sein ...
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Seitenzahl: 169
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Das Million-Cliffs-Land
Vorschau
Impressum
Das Million-Cliffs-Land
Barton Kellys Weg war rau und hart. Barton Kelly kam oft in Not und musste kämpfen. Er geriet sogar so sehr in Not, dass er ins Million-Cliffs-Land – in das Land der Banditen – flüchten musste. Doch er verlor nie den Glauben an sich selbst. Er wusste auch stets genau, wo die Grenze liegt, die ein Mann nicht überschreiten darf, wenn er seine Selbstachtung behalten will. Und weil das so war, musste Barton Kelly eines Tages wieder den Weg nach oben und in ein besseres Leben finden.
Dies ist eine Geschichte aus einer Zeit, die längst vorbei ist. Und dennoch gilt auch heute noch die gleiche Wahrheit: Ein Mann darf sich niemals aufgeben!
Barton Kelly soll dafür ein Beispiel sein ...
G.F. Unger
Tob White betrachtet seinen Schützling wohlgefällig, denn er kann an Barton Kelly all das erkennen, was ihm damals fehlte – damals, als er so jung wie Barton Kelly war und sich einen Namen als Preisboxer machte.
Doch dann stieß er auf Ben Conelly, den man den »Stier von Kentucky« nannte. Oh, Conelly war nicht der Mann, vor dem Tob White sich hätte fürchten müssen. Das wussten damals fast alle Leute. Und deshalb standen die Wetten hoch für ihn, Tob White.
Aber dann verlor er doch gegen Ben Conelly. Er verlor, weil ihn einige Burschen dazu »überredet« hatten, überredet mit massiven Drohungen. Und er hatte damals Furcht gespürt und sich erpressen lassen. Hunderte von Männer, die auf ihn gewettet hatten, wurden so enttäuscht und betrogen. Und jene wenigen, die auf Ben Conelly wetteten, bekamen jeden Dollar zehnfach zurück.
Tob White denkt wieder daran, als er Barton Kelly betrachtet. Und er fragt sich, was Bart wohl tun würde, wenn man auch ihn auf diese Art zu einem Betrug erpressen würde.
Tob White gibt sich sofort die Antwort, denn er kennt Bart wie seinen eigenen Sohn. Er weiß, dass Barton sich nicht erpressen ließe.
Doch dann würden sie ihn umbringen! Das denkt er erschrocken, und etwas von diesem Schrecken muss sich wohl in seinem Gesicht ausdrücken, denn Barton Kelly, der seine Hände in einer Schüssel badet, die mit einer grünlichen Flüssigkeit gefüllt ist, betrachtet ihn und sagt: »Tob, welcher Kummer quält dich jetzt? Deine Augen blicken so erschrocken wie die von Tante Mayflower, als sie beim Ball am Unabhängigkeitstag den falschen Zopf verlor. Was ist mit dir, Tobias?«
Tob White grinst sofort. »Ach, ich dachte nur an die Zeiten, als ich noch so jung war wie du. Ich wurde damals von Ben Conelly geschlagen, das heißt, ich ließ mich schlagen. Alle Leute wussten es. Und ich war nachher erledigt. Ich überlegte mir gerade, was du wohl damals an meiner Stelle ...«
Er kommt nicht weiter, denn die Tür wird geöffnet. Zwei Männer schieben sich in den Raum. Der eine Besucher ist nicht sehr groß, und es ist nichts besonders Auffälliges an ihm, so meint man, bis man in seine Augen blickt. Und dann erschrickt man irgendwie oder wird zumindest vorsichtig und wachsam. Und dieser kleine Mann erscheint einem sodann gar nicht mehr unscheinbar. Er wirkt dann sehr viel beachtlicher als der breite und riesenstarke Kerl, der hinter ihm in den Raum kommt und sich von innen gegen die Tür lehnt, ein langes, dolchartiges Messer zum Vorschein bringt und damit seine Fingernägel zu säubern beginnt.
Barton Kelly nimmt seine Hände aus der Badeflüssigkeit. Es ist ein besonderer Saft, den Tob White nach einem Geheimrezept herstellt. Er macht die Haut hart und fest und verhindert das Aufschlagen der Handknöchel.
Barton Kelly betrachtet die beiden Besucher ruhig. Er ist ein junger Mann von vierundzwanzig Jahren. Er gehört nicht zu den boxenden Riesen, und er ist auch kein superschwergewichtiger Muskelberg. Barton Kelly ist ein junger Athlet von etwa einsachtzig, und er wiegt nicht viel mehr als hundertsiebzig Pfund.
Das ist für einen Preisboxer nicht besonders beachtlich. Denn es gibt ja noch keine Gewichtsklassen. Barton Kelly hat schon mit Männern gekämpft, die sechzig Pfund mehr wogen, und das waren sechzig Pfund mehr Masse, mehr Muskeln, mehr Knochen.
Doch er schlug sie. Und das ist das Besondere an ihm. Er scheint aus einer Substanz gefertigt zu sein, die mehr aushalten und mehr leisten kann als die eines normalen Boxers.
Er ist prächtig gebaut, und sein Gesicht ist fast hübsch. Er ist einer der vielen Kellys, die aus Irland in die neue Welt kamen, und so ist auch sein Haar gekräuselt und rot. Er hat eine Menge Sommersprossen und zwei sehr scharfe grünblaue Augen, die tief geschützt in ihren Höhlen liegen und weit auseinander stehen.
Er lächelt leicht und sagt: »Wenn dies ein Besuch sein soll, dann ist es sicherlich kein freundlicher, nicht wahr?«
»Nein, nicht sehr, nur rein geschäftlich«, sagt der kleine Mann. Er macht eine schnelle Bewegung und hat plötzlich einen Revolver in der Hand. Es wirkt wie Zauberei und ganz so, als hätte er diesen Revolver aus der Luft gegriffen.
»Mein Name ist Mallone«, sagt er fast sanft. »Duff Mallone bin ich. Und dieser Gent an der Tür ist mein lieber Bruder Bill. Wir arbeiten schon eine ganze Weile in Geschäften der Überredung. Und wir sind noch keinem Menschen begegnet, der sich von uns nicht zu seinem Vorteil überreden ließ.«
Er lächelt auf eine Art, die an einen Terrier erinnert, der gerne Ratten jagt und voller Vorfreude seine Zähne zeigt.
Aber Barton Kelly ist keine Ratte. Er bleibt ruhig und fragt sanft: »Und nun möchten Sie mich zu einer Handlungsweise überreden, die überdies auch noch zu meinem Vorteil sein soll, ja?«
»Sie begreifen ziemlich gut und sehr schnell, mein Freund von Irlands grüner Insel«, erwidert Duff Mallone. Er macht dann wieder eine leichte Handbewegung, die selbst für Barton Kellys gutes Boxerauge nicht ganz in ihrem Ablauf zu erkennen ist. Sein Revolver ist verschwunden.
Barton Kelly hört seinen guten, alten Tob leise, doch unverkennbar bitter seufzen. Und in die Stille hört er ihn gepresst flüstern: »Das ist es. Es wiederholen sich wohl manche Dinge im Leben.«
Er kommt zu Barton Kelly, legt seine Hand auf dessen Arm und murmelt bitter: »Diese Mallones sind schlimm. Jeder weiß das. Vielleicht weißt du über sie nicht so richtig Bescheid, Bart, mein Junge. Doch ...«
»Ich wüsste auch Bescheid, wenn ich zuvor noch nie von ihnen gehört hätte«, erwidert Barton Kelly.
Und dann sieht er Duff Mallone an.
»Was soll es sein?«, fragt er.
»Das ist vernünftig«, lächelt der kleine Bandit – ja, er ist ein Bandit, dieser Duff Mallone. Das ist es, was man spürt, wenn man in seine harten und hellen Augen blickt und darin die unversöhnliche Mitleidlosigkeit erkennt.
»Sie werden sich von Ihrem Gegner verprügeln lassen, Barton Kelly«, spricht er dann präzise und leidenschaftslos. »Sie werden einen Schaukampf veranstalten und sich in der fünften oder sechsten Runde auf die Bretter legen. Es muss echt aussehen, wenn Ed Adamson gegen Sie gewinnt. Und wenn er nicht gewinnen sollte ...«
Er verstummt ganz lässig und gedehnt. Doch sein Revolver liegt wieder in seiner Hand. Und sein Bruder wirft plötzlich das dolchartige Wurfmesser, mit dem er an den Fingernägeln kratzte. Das Messer fährt in den Wandkalender. Die Blätter dieses Kalenders sind nicht größer als eine Hand. Die Klinge bohrt sich tief durch alle Blätter und heftet sie mitsamt dem Papprücken fest gegen das Holz der Wand.
Das oberste Blatt zeigt den Tag an.
Es ist der 23. Juni 1870 in Saint Louis, und in den Zeitungen kann man lesen, dass heute am Nachmittag die beiden Preiskämpfer Barton Kelly und Ed Adamson kämpfen.
Man kann auch sehen, dass die Wetten sieben zu eins für Barton Kelly stehen. Und das ist es, was die Besucher hier zu Barton Kelly führt. Denn stünden die Wetten zu Ed Adamsons Gunsten, so würden sich die beiden Mallones wohl bei diesem eingefunden haben, um ihn zu etwas zu überreden, was nichts anderes als ein Wettbetrug sein kann. Der bullige Bill Mallone bewegt sich nun durch das Zimmer und holt sich sein Messer. Er bewegt sich sehr leicht, lässt das Messer in seiner Kleidung verschwinden und starrt Barton Kelly an.
»Wir sind zuverlässig«, sagt er kehlig. »Was wir versprechen, halten wir. Dies sind wir unserem Ruf schuldig. Wir haben versprochen, dafür zu sorgen, dass Ed Adamson den Kampf gewinnen wird. Und wenn ihr uns wortbrüchig machen solltet, dann bekommt ihr was von uns, was euch nicht schmecken wird. Ihr werdet es nicht verdauen können. Bestimmt nicht!«
Nach diesen Worten geht er zur Tür. Und sein Bruder Duff fügt nur noch hinzu: »Das wär's also, Gentlemen!«
Als er es gesagt hat, folgt er Bill, der ihm die Tür aufhält und hinter ihnen schließt.
Es ist jetzt still im Zimmer. In diese Stille tönt dann Tob Whites Seufzen, und gepresst kommen seine Worte: »Das ist es! Jawohl, Bart, mein Junge, sie machen es mit dir genauso wie damals mit mir. Damals kamen drei Burschen zu mir, ein Revolvermann und zwei Schläger. Und als sie gingen, da wusste ich, dass sie mich irgendwie aus dem Hinterhalt erwischen und töten würden, wenn ich nicht das tun würde, was sie von mir verlangten.«
Er verstummt, räuspert sich und wischt sich über das Gesicht.
Dann kommt er zu Barton, legt diesem die Hand auf die Schulter und sagt: »Bart, du weißt, ich bin dein alter, guter Tob. Du weißt, dass ich glücklich sein würde, wenn du all das erreichen könntest, was ich damals nicht schaffen konnte. Doch ich muss dich warnen. Diese beiden Mallones bluffen nicht. Sie werden versuchen, dich zu töten, wenn du den Kampf gewinnen solltest.«
Bart betrachtet ihn seltsam ernst. »Ich weiß«, murmelt er. »Ich habe schon dann und wann mal etwas von den beiden Mallones gehört. Vor zwei Monaten brachten sie einen Kapitän dazu, dass er seinen großen Flussdampfer an eine Schifffahrtsgesellschaft verkaufte, die frisch gegründet worden war. Und dann ...«
Er bricht ab und winkt mit der Hand ab. Dann stellt er Tob die Frage: »Willst du, Tob, dass ich mich ihnen unterwerfe und tue, was sie von mir verlangen?«
Tob White bekommt wieder seinen besonders faltigen Gesichtsausdruck, wie immer, wenn er Kummer spürt. Er geht von Barton Kelly fort und tritt ans Fenster ihres Hotelzimmers. Er kann zum Flusshafen blicken und den Platz sehen, wo der Kampf stattfinden wird. Es ist eine große Plattform auf dem Fluss. Sie schwimmt gut gesichert zwischen zwei Landebrücken, an denen einige Flussdampfer im »Päckchen« festgemacht haben, also je mehrere Schiffe nebeneinander. Zur Strommitte hin sind einige große Flachboote verankert. Und auch das Flussufer zwischen den Landebrücken wird einige Hundert Zuschauer aufnehmen können.
Ja, dort auf der Plattform wird Barton Kelly kämpfen, und am Ufer, auf den vielen ankernden Schiffen und auf den Flachbooten werden die Zuschauer eine vieltausendköpfige und brüllende Meute sein. Fast alle diese Männer und noch sehr viele Leute im Lande und in dieser Stadt werden gewettet haben. Für einige Hunderttausend Dollar Wettgelder stehen auf dem Spiel. Und die Wetten stehen sieben zu eins für Barton Kelly. Wenn Ed Adamson gewinnen sollte, so werden Wetter, die auf ihn zum Beispiel tausend Dollar gesetzt haben, siebentausend Dollar gewinnen. Und wer zehntausend Dollar setzte, wird siebzigtausend bekommen.
Tob White weiß das alles. Und so wie heute, so war es damals vor mehr als einem Dutzend Jahren, als er noch ein berühmter Preiskämpfer war. Er verlor damals, und er wäre von den enttäuschten Wettern fast gelyncht worden. Er war nachher als Boxer ein erledigter Mann. Er bekam keine Kämpfe mehr, die Geld brachten. Er arbeitete auf Jahrmärkten, ging später in den Westen und wurde Rauswerfer in Saloons und Amüsierhallen.
Und jetzt sieht er alles noch einmal neu vor Augen. Jetzt droht es Barton Kelly, den er wie einen kleinen Bruder liebt.
Er wendet sich ihm zu und sagt: »Die Entscheidung kann nur bei dir liegen, Bart. Wenn du gewinnst, werden sie versuchen dich zu töten. Dies sind die Mallones ihrem Ruf schuldig. Und sie werden es sehr klug und raffiniert anstellen, darauf kannst du dich verlassen. Sie werden ein gutes Alibi haben und es so tun, dass es keine Zeugen gibt. Sie haben Erfahrung.«
Wieder schweigt er. Aber dann sprudelt er hervor, so als könnte er die Worte nicht länger zurückhalten: »Aber es ist ein Hundeleben nachher, lass dir das von mir sagen, Bart. Ich verachtete mich selbst, und ich hatte jeden Glauben an mich verloren. Ich brauchte Jahre, um mich wieder besser zu fühlen. Und mein Glück begann erst wieder, als ich dich traf und dir dabei helfen konnte, ein berühmter Boxer zu werden. Überleg dir das alles ...«
»Was wäre dir lieber, Tob? Was würdest du tun, wenn du die Zeit noch einmal zurückdrehen könntest?«
Tob White leckt sich seine trockenen Lippen.
»Zum Teufel, ich würde kämpfen«, sagt er. »Ich würde kämpfen, um zu siegen. Nun, Bart, ich kenne dich gut! Dein Stolz ist groß. Du könntest es nie vergessen, dass du vor zwei Schuften gekniffen hast.«
Er verstummt, und nun wirkt er fast erschrocken.
»Hab Dank für deine Worte, Tob«, murmelt Barton Kelly und blickt auf die Uhr.
»Wir müssen uns fertig machen, nicht wahr?«
✰✰✰
Eine halbe Stunde später tritt er gegen Ed Adamson an, und ringsumher brüllt die Zuschauermenge.
Ed Adamson ist groß, breit, massig und gelbhaarig. Er sieht sehr gewalttätig aus, und man glaubt, dass dort, wo er hinschlägt, kein Gras mehr wachsen kann, wie man so bezeichnend im Volksmund sagt.
Er ist auch sicherlich ein durchschnittlich guter Preiskämpfer. Doch er ist zu langsam. Er ist einer von den Burschen, die eine Menge Schläge hinnehmen und einstecken, um selbst schlagen und treffen zu können, und die dann das größere Stehvermögen haben.
Mit Barton Kelly aber kommt er nicht zurecht, denn dieser geht ständig um ihn herum und erkennt mit seinem guten Auge alle Schläge schon im Ansatz, weicht aus, nimmt den Kopf weg, blockiert und kontert dann fürchterlich hart und trocken, schnell und präzise.
Schon in der dritten Runde glaubt Ed Adamson nicht mehr daran, dass er gegen diesen Mann gewinnen kann.
Die Menge brüllt enttäuscht auf, als die Runde beendet ist. Barton Kelly, der in seiner Ecke von Tob das Handtuch nimmt und sich den Schweiß aus dem Gesicht wischt, hört Tob sagen: »Du kannst ihn schlagen, wie du willst, mein Junge. Das sieht schon jeder halbwegs normale Mann. Er ist mächtig groß und sehr viel schwerer, doch er ist gegen dich ein aufgeblasener Frosch. Jeder erwartet nun, dass du ihn bald von den Beinen schlägst. Aber wirst du es tun, mein Junge?«
»Hast du Angst vor den Mallones, Tob?«
»Ich? Nein! Ich habe einen Revolver in der Tasche. Und wenn ich diesem Duff Mallone nahe genug bin, dann reicht mein Schlag noch aus, ihn drei Yards weit von den Beinen zu stoßen. Ich fürchte mich nicht, Bart! Überdies habe ich tausend Dollar auf dich gewettet, die ich verlieren würde – und das Siebentel für den Sieg dazu.«
»Also gut«, murmelt Barton, und dann beginnt die vierte Runde. Die Kämpfer begegnen sich in der Mitte der schwimmenden Plattform.
Gleich am Anfang trifft Barton Kelly den Mann auf Kinnwinkel und Ohr. Ed Adamson hockt dann eine Weile auf den Knien am Boden und seufzt hörbar. Er steht dann wieder auf und stellt sich. Doch er ist angeschlagen und benommen. Er geht dann wieder zu Boden und verdaut einen Magenhaken. Als er sich erhoben hat und vorgeneigt gegen Barton taumelt, gibt ihm dieser einen Aufwärtshaken, der den Mann fast ins Wasser wirft, so weit taumelt er aus dem Kreidekreis und bis zum Rand der Plattform. Dann fällt er auf die Knie, legt sich auf die Seite, rollt auf den Rücken und streckt Arme und Beine von sich.
Und dort liegt er nun wie tot – ein geschlagener Preiskämpfer.
Barton Kelly blickt auf ihn nieder, und indes der Ringrichter zählt, spürt Barton Kelly wieder einmal mehr, dass dies eigentlich keine Sache ist, auf die er stolz sein könnte.
Er hat für Geld gekämpft. Er hat seine Fäuste immer wieder gegen den Kopf und auf die empfindlichen Körperstellen des Gegners geschlagen, bis dieser kampfunfähig wurde.
Und jetzt gilt er als Sieger. Man hat auf ihn gewettet wie bei einem Pferderennen auf ein besonders schnelles Tier oder wie beim Hahnenkampf auf einen besonders streitbaren Gockel.
Es sind nur wenige Sekunden, die Barton Kelly so steht und wartet und während derer er deutlich spürt, wie wenig ihn dieses Leben als Preiskämpfer befriedigt und wie wenig an dieser Tätigkeit etwas ist, auf das er stolz sein könnte.
Er blickt sich um, als die Masse der Menschen ringsum aufbrüllt, ihm zujubelt und die Musik auf dem Achterschiff der »Rose of Mississippi« einen Tusch spielt.
Ja, Ed Adamson liegt noch, schon weit über der Zeit, auf den Brettern der schwimmenden Plattform.
Tob White ist nun bei Barton und hängt einen Mantel über seine Schultern. Dann gehen sie über den Laufsteg an Land, finden einen Weg durch die Gasse der Menschen und haben es nicht sehr weit bis zum Hafenhotel, in dem der Veranstalter dieses Kampfes ihnen zwei Zimmer reservieren ließ.
Es ist nun später Nachmittag, fast schon Abend. Die Sonne steht tief im Westen, und der Strom und alle Schiffe liegen längst im Schatten. Der Himmel glüht, und die Gassen der Stadt werden dunkel und geheimnisvoll.
Barton Kelly bekam tausend Dollar für diesen Kampf, und er hat den Scheck über diese Summe in Empfang genommen, bevor er die Plattform betrat.
Vor dem Hotel trennen sie sich. Denn Tob White will den Scheck jetzt sofort bei der Bank einlösen. Er sagt: »Besser ist besser, obwohl John Trevor als Veranstalter einen guten Namen hat. Aber wenn wir schnell aus dem Land wollen, ist es gut, viel Bargeld zu haben.«
Damit geht er davon. Barton Kelly wäscht sich und kleidet sich an. Weil Tob immer noch nicht zurück ist und es inzwischen Abend und damit dunkel geworden ist, verlässt er das Zimmer, um Tob entgegenzugehen. Zur Hafenbank ist es nicht weit, nur wenig mehr als hundert Schritte. Diese kleine Bankfiliale ist vor allen Dingen für die Flussschiffer und den Frachtverkehr gedacht.
Überall in den Häusern brennen nun die Lampen, und gelbe Lichtbahnen fallen über die Hafenstraße.
Auf der Uferstraße ist viel Leben. Die Menge schiebt sich stromauf und stromab. Es wird eine warme, sternenklare und betriebsame Nacht. Barton Kelly erreicht den Eingang der Bankfiliale, als Tob White daraus zum Vorschein kommt.
»Es ist gut«, murmelt Tob. »Ich habe auch schon mein Wettgeld einkassiert. Wir sollten unsere Sachen packen und verschwinden. Unseren nächsten Kampf haben wir in Kansas City. Dort wartet Buffalo Jack auf dich. Die Abendpost nach Kansas ist noch nicht abgefahren. Wir könnten sicherlich zwei Fahrkarten bekommen und hätten noch Zeit, unsere Siebensachen aus dem Hotel zu holen. Und vielleicht kommen wir davon, ohne die Mallones zu Gesicht zu bekommen.«
Die letzten Worte spricht er zweifelnd. Seine Hand hält er unter dem Rock verborgen, denn in seinem Hosenbund steckt ein Revolver, den er am Griff gefasst hält. Sein Kopf bewegt sich ständig, und seine Augen prüfen die vorbeiziehenden Menschengruppen.
Natürlich werden sie immer wieder erkannt. Man ruft Barton Kelly dann anerkennende Worte zu.
»Nun gut«, sagt Barton. »Gehen wir zur Kansas-Post und fragen wir, ob noch zwei Plätze nach Westen frei sind.«
Sie setzen sich in Bewegung, und sie müssen die Uferstraße weiter hinunter bis an die Ecke der Allen Street. Hier hat die Kansas-Overland-Linie ihr Büro, und gleich nebenan, vor dem Kansas Hotel, da fahren die Kutschen ab.
Sie bekommen noch zwei Fahrkarten, kehren eilig in ihr Hotel zurück und regeln unten die Rechnungen – das heißt, sie brauchen keine Rechnung zu bezahlen, sondern nur ihre Unterschrift zu geben. Denn der Veranstalter des Kampfes gewährte ihnen freien Aufenthalt für drei Tage.
Der Hotelmann, der sie hinter dem Anmeldepult bedient, ist sehr wortkarg und zurückhaltend. Sein Blick ist vorsichtig und unpersönlich.
»Sie verlassen uns sehr plötzlich und unvorhergesehen«, murmelt er schließlich, als Barton und Tob sich zur Treppe wenden. Doch die beiden Männer geben ihm keine Antwort. Sie eilen hinauf und betreten bald darauf ihr Zimmer.