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Die Nacht mit Lola war schön gewesen, aber jetzt stand sie auf, um mir das Frühstück zu bereiten - falls ich noch Zeit dafür haben würde. Ich dachte an meine beiden Partner Lewis Scott und Johnny Laredo. Wir waren aus drei verschiedenen Richtungen nach Mesa Verde gekommen. Jeder von uns würde fünfhundert Dollar erhalten, wenn es uns gelingen sollte, Alvarez Kilham und dessen Mörderbande zu vernichten.
Die beiden hatten sich in dem kleinen Ort verteilt. Am Anfang kämpften dessen Einwohner noch selbst gegen die Banditen. Aber es waren zu viele von ihnen getötet worden. Und deshalb hatte man uns angeworben.
Auch ich erhob mich nun. Ich stand gerade am Waschtisch, als ein Reiter vors Haus galoppiert kam.
Eine noch jugendliche Stimme rief: »Mister Savage, sie kommen! Verdammt, sie kommen! Es sind nicht mehr viele, und einige sind verwundet. Sie haben schon anderswo heißes Blei bekommen! Viel Glück, Mister Savage!«
Der junge Bursche auf dem Pferd verstummte, dann jagte er weiter in den Ort hinein.
Ich verharrte einen Moment, und ich wusste voller Bitterkeit: Nun war sie wieder da - die Zeit zum Kämpfen ...
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Seitenzahl: 147
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Zeit zum Kämpfen
Vorschau
Impressum
Zeit zum Kämpfen
Die Nacht mit Lola war schön gewesen, aber jetzt stand sie auf, um mir das Frühstück zu bereiten – falls ich noch Zeit dafür haben würde. Ich dachte an meine beiden Partner Lewis Scott und Johnny Laredo. Wir waren aus drei verschiedenen Richtungen nach Mesa Verde gekommen. Jeder von uns würde fünfhundert Dollar erhalten, wenn es uns gelingen sollte, Alvarez Kilham und dessen Mörderbande zu vernichten.
Die beiden hatten sich in dem kleinen Ort verteilt. Am Anfang kämpften dessen Einwohner noch selbst gegen die Banditen. Aber es waren zu viele von ihnen getötet worden. Und deshalb hatte man uns angeworben.
Auch ich erhob mich nun. Ich stand gerade am Waschtisch, als ein Reiter vors Haus galoppiert kam.
Eine noch jugendliche Stimme rief: »Mister Savage, sie kommen! Verdammt, sie kommen! Es sind nicht mehr viele, und einige sind verwundet. Sie haben schon anderswo heißes Blei bekommen! Viel Glück, Mister Savage!«
Der junge Bursche auf dem Pferd verstummte, dann jagte er weiter in den Ort hinein.
Ich verharrte einen Moment, und ich wusste voller Bitterkeit: Nun war sie wieder da – die Zeit zum Kämpfen ...
Wir hatten einige junge Burschen außerhalb des Ortes als Wachtposten auf die Hügel geschickt. Einige Tage und Nächte waren verstrichen. Doch nun hatte die Warterei ein Ende. Und es würde Tote geben, das war ziemlich sicher.
Ich warf mir den Waffengurt um die Hüften und schloss die Schnalle, rückte das Holster zurecht und band es unten mit dem Riemen am Oberschenkel fest. Dann zog ich einige Male den Colt und prüfte noch einmal die Ladung, ließ die Trommel lautlos drehen.
Ja, es war alles in Ordnung.
Lola war gekommen.
»Dann kannst du wohl nicht mehr frühstücken«, sprach sie, aber es war kein kühles Reden, sondern mehr Worte einer unabänderlichen Hilflosigkeit. Ich sah es in ihren blauen Augen. Und ihr vorhin noch so lockender Mund wirkte jetzt herb.
Ich nickte ihr zu und sagte: »Es gibt immer eine Zeit zum Lieben, zum Kämpfen und zum Reiten. Jetzt ist das Kämpfen an der Reihe.«
Als ich verstummte, da hörten wir draußen den Hufschlag einer Mannschaft, die auf müden Pferden angeritten kam.
Wenn die Bande Verwundete bei sich hatte, dann war ihr Raubzug wahrscheinlich nicht erfolgreich gewesen. Wahrscheinlich kamen sie deshalb jetzt wie böse und gereizte Hornissen auf ihrer Flucht durch die Stadt. Der Weg zur Grenze war nicht mehr weit, kaum weiter als ein Dutzend Meilen. Und so fühlten sie sich gewiss schon einigermaßen sicher.
Was würden sie tun? Einfach durchreiten? Oder reagierten sie hier in dem kleinen Ort erst einmal die Wut über ihre Niederlage ab?
Ich trat an Lola vorbei zur Haustür, welche geschlossen war.
Draußen hielt ein Reiter an. Er saß ab. Ich hörte es am Sporenklingeln. Er stapfte mehrmals mit den Füßen auf, um die Steifheit des langen Reitens aus den Beinen zu bekommen.
Dann hörte ich ihn rufen: »Hoiii, Lola-Schöne! Ich bin gekommen, um dich mitzunehmen. Ich bin da, hörst du mich? Mach die Tür auf! Oder muss ich sie eintreten, Lola-Schöne?«
Ich ließ ihn nicht länger warten und rufen. Ich öffnete die Tür und trat zu ihm ins Freie hinaus.
Er war ein großer, hagerer Bursche, dessen Mutter gewiss mexikanischer Abstammung war. Von ihr hatte er die etwas dunklere Hauttönung. Aber seine Augen waren hell. Er war stoppelbärtig und staubig. Seine Chaps waren mit flockigem Pferdeschweiß bedeckt.
Als er mich sah, senkte sich seine Hand zum Revolverkolben.
Dann verhielt er und starrte mich an.
»Caramba, hast du bei ihr im Bett gelegen?« So fragte er. Und dann setzte er hinzu: »Dafür töte ich dich!«
Er zauberte einen Revolver heraus. O ja, er war schnell.
Doch dann sah ich das Loch in seiner Herzgegend und wurde mir bewusst, dass ich gezogen und geschossen hatte.
Meine Reflexe waren wieder einmal schneller gewesen als jeder Gedanke.
Er fiel um. Und es war vorbei. Seine Kugel war vor meinen Füßen in den Staub geflogen.
Ich lebte, er aber war tot.
Das war es also wieder einmal. Ich wurde mir darüber in den Sekunden danach bewusst, doch diesmal war das Gefühl in mir bitterer als sonst.
Im Ort klangen Schüsse. Ich wusste, dort kämpften Lewis Scott und Johnny Laredo mit Kilhams Bande.
Und so schwang ich mich auf Kilhams müdes Pferd und ritt nach Mesa Verde hinein.
Es waren keine hundert Yards.
Doch als ich den Saloon erreichte, da war schon alles vorbei.
Sie lagen da und dort am Boden zwischen den Pferden – auch Lewis Scott und Johnny Laredo. Sie hatten gegen sechs Mann gekämpft und sie geschlagen.
Doch auch sie hatte es erwischt.
Von den Banditen lebten noch zwei oder drei. Sie lagen im Staub und bluteten.
Und da kamen die Leute – die Bürger von Mesa Verde – mit Knüppeln aus ihren Häusern, mit Mistgabeln, Gewehren – und der Schmied mit dem Hammer – und schlugen die Banditen ohne Gnade tot.
Was mussten die Menschen hier die ganze Zeit alles ertragen haben. Wie groß musste ihre Hilflosigkeit gewesen sein. Wie sehr waren sie immer wieder gedemütigt worden. Und wie sehr hatten sie sich geschämt.
Jetzt brach der Hass aus ihnen hervor. Sie konnten nicht anders, und ich wusste, sie würden sich noch lange Zeit voreinander schämen. Denn Christenmenschen waren sie jetzt nicht. Diese vorhin noch so furchtsamen Menschen, die uns Revolvermänner kommen ließen, sie waren jetzt ein blindwütig brüllender Mob.
Ich hockte im Sattel von Alvarez Kilhams müdem Pferd und sah mir das alles an.
Und ich wusste nicht, ob ich Mitleid oder Verachtung für die Leute von Mesa Verde haben sollte. Ich wusste es wirklich nicht.
✰✰✰
Lewis Scott und Johnny Laredo hatte es ziemlich schwer erwischt. Als ich sie besuchte, lagen sie in einem der drei Zimmer des Gasthauses, welches zur Post- und Frachtstation gehörte. Die Postkutsche kam nur einmal in der Woche nach Mesa Verde. Und es gab hier auch keinen Doc.
Die Frau des Stationsmannes hatte die beiden Revolvermänner recht gut versorgt. Sie sahen mich über ihre Füße und das Fußende des Doppelbettes schweigend an.
Dann endlich knirschte Lewis Scott: »Da hast du aber großes Schwein gehabt, Savage.«
Ich konnte seine Bitterkeit gut verstehen. Als es darauf ankam, war ich nicht bei ihnen, und wahrscheinlich hatten sie gar nicht mitbekommen, dass ich mit Alvarez Kilham gekämpft hatte, der gewiss der gefährlichste Mann der ganzen Bande gewesen war.
Johnny Laredo fragte: »War's schön bei dieser Lola Bakerbee?«
Ich erwiderte noch nichts, aber ich legte jedem fünfhundert Dollar auf die Bettdecke.
Erst dann sprach ich: »Ich habe für euch kassiert. Die Stadt bezahlt auch noch eure Pflege hier, bis ihr wieder reiten könnt. Das habe ich so ausgehandelt.«
Nach diesen Worten wandte ich mich zur Tür. Dort hielt ich noch einmal an und blickte zu ihnen zurück. Nun erst sagte ich: »Wahrscheinlich ist es euch entgangen, dass ich vor Lola Bakerbees Haus einen Revolverkampf mit Alvarez Kilham hatte. Als ich mit ihm fertig war und auf seinem Pferd zu euch wollte, war alles schon vorbei. Viel Glück. Werdet schnell wieder gesund.«
Ich ging hinaus. Nein, wir waren keine Freunde, nur drei angeworbene Revolvermänner, die gemeinsam einen Job zu erledigen gehabt hatten. Ich war besser dabei weggekommen, doch das war reiner Zufall gewesen.
Sie ließen mich schweigend gehen.
Ich machte mich auf den Weg zu Lola Bakerbee.
Sie erwartete mich im kleinen Wohnzimmer. Ihre Augen leuchteten herrlich blau. Sie waren weit offen und sahen mich fragend, ja erwartungsvoll an.
Sie tat mir irgendwie leid, denn ich wusste, dass sie auf der Stelle mit mir gehen würde. Ich musste sie nur fragen.
Ich nickte ihr zu und sagte: »Nun ist die Zeit zum Reiten, Blauauge. Es war schön bei dir. Ich hole nur meine Siebensachen. Dann reite ich.«
Sie stand bewegungslos da und sah mich immer noch unverwandt an.
Aber dann hob sie ihr Kinn. Nein, sie bettelte nicht, dass ich sie mitnehmen solle aus diesem kleinen, verlorenen Ort.
Sie nickte plötzlich.
»Sicher«, sagte sie, »du hast es mir schon gesagt. Es gibt immer eine Zeit zum Lieben, zum Kämpfen – und zum Reiten. Ich habe dein Hemd und dein Unterzeug gewaschen und in eine der Satteltaschen getan. Du wirst wohl nicht mal wieder nach Mesa Verde kommen?«
»Wahrscheinlich nicht, Lola«, erwiderte ich.
Wieder nickte sie.
Zum Teufel, sie war eine mehr als hübsche Frau, die einem Mann eine Menge geben konnte. Hier in Mesa Verde würde ihr Leben verdammt freudlos sein. Hier würde sie nie nach Chancen Ausschau halten können.
Verdammt, sie stand da, versuchte stolz zu sein – und dennoch spürte ich, wie gerne sie mit mir gegangen wäre.
Ich bewegte mich endlich und begann meine Sattelrolle zu packen.
»Du hast immer noch nicht gefrühstückt, und nun ist es schon fast Mittag«, sprach sie. »Soll ich ...«
»Nein«, unterbrach ich sie. »Als ich im Gasthaus der Station hei meinen beiden Partnern war, da habe ich Frühstück und Mittagessen zugleich eingenommen.«
Ich war nun fertig. Da lagen meine Sattelrolle und meine Satteltaschen. Das Gewehr lehnte daneben an der Zimmerwand. Ich musste nur alles nehmen und konnte gehen.
Vorher musste ich Lola Bakerbee allerdings noch bezahlen für Unterkunft, Essen – und Liebe. Verdammt, es fiel mir schwer, ihr jetzt Geld auf den Tisch zu legen. Denn es machte wohl klar, dass ich auch ihre Zärtlichkeiten gekauft hatte.
Verdammt, ich hatte schon einige solcher Frauen für Geld eine Weile gekauft auf meinen Wegen. Vielleicht waren es mehr als ein Dutzend gewesen, und sie ließen mich zumeist lachend gehen, wünschten mir Glück, warteten auf den nächsten Gast.
Aber jetzt diese Lola Bakerbee ...
Verdammt, was war jetzt anders?
Ich hörte mich fragen, so als wäre es ein Fremder: »Hast du ein Pferd? Kannst du überhaupt reiten?«
»Kann ich«, sagte sie. »Ich habe aber nicht nur ein Pferd, sondern auch einen leichten, zweirädrigen Wagen. Warum fragst du, Jones Savage?«
Ich hob die Hand und wischte mir übers Gesicht. Dabei fragte ich mich, ob mich denn plötzlich der Teufel ritt.
Denn wie konnte ich mich nur mit einer Frau belasten, selbst wenn sie so reizvoll war wie Lola? Ich war ein Revolvermann auf rauchigen Wegen!
Ich hörte mich sagen: »Wenn du nach Santa Fe möchtest, dann nehme ich dich mit. Doch ich verspreche dir nichts – gar nichts. Ist dir das klar?«
Sie sah mich mit ihren leuchtend blauen Augen an und schluckte. Ihr Haar war rabenschwarz, und auf ihrer Nase waren einige Sommersprossen.
Als sie sprach, lächelte sie dabei. Ihre starken, weißen Zähne blinkten zwischen ihren vollen, kraftvollen Lippen. Ihr Mund war sehr ausdrucksvoll.
»Ja, nimm mich mit«, sprach sie. »Und du brauchst mir nichts zu versprechen. Ich bin in einer halben Stunde reisefertig. Dies alles hier lasse ich leichten Herzens zurück.«
✰✰✰
Wir verließen Mesa Verde am späten Mittag und schlugen den Weg nach Silver City ein, um von dort zum Rio Grande Valley zu gelangen. Dort kam der große Wagenweg von El Paso herauf und führte nach Santa Fe und Taos. Über den Raton Pass gelangte man nach Colorado, wo jetzt überall rings um das anwachsende Goldgräbercamp Denver Gold gefunden wurde.
Wir fuhren in ihrem leichten Buggy und hatten mein Pferd hinten angebunden. Auch für das Gepäck war hinter den Sitzen etwas Platz.
Irgendwie tat es mir gut, Gesellschaft zu haben. Denn ich hatte wieder einmal gekämpft und getötet. Das alles musste ich sonst stets sehr mühevoll verarbeiten. Es gab sonst stets Gedanken der Bitterkeit und des Unbehagens, der Reue und auch der Schuld.
All diese Gedanken und Gefühle konnte ich jetzt verdrängen, weil Lola neben mir saß und über alle möglichen Dinge plauderte. Sie wirkte fast wie ein sehr junges Mädchen auf mich, welches noch mit großen Hoffnungen in die weite Welt blickt und glaubt, dass all ihre Wege von nun an glücklich wären.
Als wir dann in der Nacht ein Camp aufschlugen irgendwo etwas abseits des Weges in guter Deckung, da überraschte sie mich mit den Worten: »Ich glaube, Jones, dass ich nicht mir dir unter einer Decke liegen sollte. Denn dann könntest du dich zu sehr verpflichtet fühlen. Mir genügt es, wenn du mich nach Santa Fe bringst. Dort werde ich schon irgendwie zurechtkommen, besser gewiss als in diesem verlorenen Nest Mesa Verde.«
Die letzten Worte sprach sie verächtlich.
Ich verspürte einen Moment eine Enttäuschung, denn eigentlich hatte ich fest damit gerechnet, dass wir unter einer Decke schlafen würden. Doch dann war mir ihr Vorschlag recht. Sie sollte mich nicht auf diese Art bezahlen. Und ich wollte ihr auch nicht verpflichtet sein, weil sie mich mit ihren Zärtlichkeiten beschenkte.
Wir schliefen also getrennt.
Und am nächsten Morgen nahm sie im Creek unterhalb unseres Camps ein Bad. Einige Male, indes ich das Pferd anschirrte und mein Tier hinten am Wagen anband, sah ich zwischen den Büschen ihren nackten, wunderbar gewachsenen Körper.
Dann kam sie angekleidet ans Feuer und machte Frühstück. Das ging schnell, denn es gab ja nur Kaffee und Pfannkuchen mit Speck.
Kauend hockten wir uns gegenüber und sahen uns an.
Sie gefiel mir an diesem Morgen noch besser als in Mesa Verde. Irgendwie wirkte sie sehr mutig und hoffnungsvoll, was ihre Zukunft betraf.
Plötzlich fragte sie: »Und du – wohin ziehst du? Hast du über Santa Fe hinaus ein bestimmtes Ziel?«
Ich schüttelte den Kopf. »Manchmal lasse ich mich treiben«, sprach ich dann. »Vielleicht bin ich eine Art zweibeiniger Wolf, der sein richtiges Revier zum Bleiben noch nicht gefunden hat.«
Sie sah mich ernst an.
»Es wäre schade um dich, wenn jemand dich erschießen würde. Eigentlich sollte ein Mann wie du etwas aufbauen, was ihn eines Tages überlebt. Und du hättest das Zeug dazu. Als Revolvermann bist du früher oder später zum Untergang bestimmt. Ist dir das klar?«
Ich nickte stumm und kaute weiter.
Ja, sie sah es wohl richtig.
»Ein Mann wie du, der müsste Kinder zeugen, Söhne und Töchter«, sprach sie weiter.
Ich nickte wieder nur stumm.
Da sprach sie nichts mehr.
Wenig später fuhren wir weiter.
Der Weg zum Rio Grande Valley hinüber war nicht ungefährlich. Es gab in diesem Land Geächtete, Verfolgte, die in verborgenen Camps lebten und sich immer wieder versorgen mussten mit allen Dingen, die nun einmal zum Leben gehörten – auch mit Frauen.
Und es gab auch streifende Apachen in diesem Land.
Ich hielt also die Augen offen, indes wir auf dem einsamen Weg nach Nordosten zogen. Es gab ja viele Zeichen in diesem Land. Man musste vor allen Dingen auf die Vögel am Himmel achten.
Es war dann später Nachmittag, als ich die ersten Zeichen erkannte. Und dann sah ich auf einem der Hügelkämme für Sekundenbruchteile ein Blinken. Irgendein Metallteil hatte es im Sonnenlicht verursacht. Denn die Sonne stand jetzt im Westen, also halb rechts hinter uns.
Ich hatte meine Erfahrungen, und so wusste ich ziemlich sicher, dass wir in der Nacht Besuch bekommen würden. Wahrscheinlich waren es einige Apachen, die zumeist in kleinen Gruppen das Land durchstreiften, manchmal nur zu zwei oder drei Kriegern. Erst wenn sie eine Beute gefunden hatten, die ihnen zu groß und zu wehrhaft war, holten sie eine größere Horde herbei. Ihr Nachrichtensystem war oft ein Geheimnis, aber es funktionierte.
Wir fuhren ruhig weiter bis zur Abenddämmerung. Dann fand ich einen guten Platz an einer Felswand.
Wir kochten unser Abendbrot. Ich versorgte zuvor die Pferde. Und dann ließ ich das Feuer ein wenig ausgehen, sodass der Feuerschein nicht mehr so hell leuchtete.
Zu Lola sagte ich: »Heute wirst du dort oben in der Felswand auf der kleinen Terrasse schlafen.«
»Was ist?« So fragte sie nur.
Da erklärte ich es ihr.
Und so kletterten wir wenig später hinauf. Unten blieben unsere Decken neben dem Wagen liegen. Ich hatte sie ausgestopft, sodass man denken konnte, dass wir dort unsere Lager hätten und schliefen.
Aber die Nacht verging ohne Zwischenfälle. Sollte ich mich so sehr getäuscht haben?
Wir hockten dann beim Frühstück, als sie kamen.
Es waren drei. Zuerst hielt ich sie für Mexikaner, doch dann sah ich, dass es Apachen waren, die sich wie Mexikaner gekleidet hatten.
Solche Burschen waren besonders gefährlich.
Sie trugen sogar Colts wie Weiße und ritten auf Armeepferden und in Armeesätteln.
Ruhig kamen sie herangeritten, und so wusste ich, sie hielten mich für kein gefährliches Wild. Wahrscheinlich wollten sie vor allen Dingen die Frau, nicht nur alles, was wir besaßen.
Sie hielten an und setzten sich bequemer in den Sätteln zurecht. Ja, sie waren unverkennbar Apachen, keine Mexikaner.
Ich spürte ihre mitleidlose und gnadenlose Ausstrahlung.
Aber sie waren vorsichtig. Deshalb kamen sie her, um mich beurteilen zu können.
Einer sprach nach einer Weile des drohenden Schweigens: »Hombre, es geht um die Frau, um die Pferde und um alles, was ihr sonst noch bei euch habt. Wenn du es uns schenkst, dann lassen wir dich leben. Aber sonst ...«
Er verstummte vielsagend, ohne den angefangenen Satz zu beenden.
Ich aber fragte zurück: »Und was würde ich sonst noch bekommen außer meinem Leben, Amigos?«
Ja, meine Stimme höhnte, besonders beim letzten Wort.
Sie grinsten alle drei von einem Ohr zum anderen, denn ihre schmallippigen Münder waren breit. Ihr Grinsen wirkte gierig.
»Nichts bekommst du sonst, Hombre«, erwiderte ihr Sprecher.
Unsere Unterhaltung fand in spanischer Sprache statt, die hier im Südwesten ebenso gebräuchlich war wie die englische. Und als Texaner war sie für mich meine zweite Muttersprache.
Ich nickte langsam, und ich wusste, ich steckte mächtig in der Klemme.
Lola stand neben mir an der Felswand.
Von oben rieselten einige kleine Steinchen nieder. Und so wusste ich, dass sie nicht nur zu dritt waren. Zumindest ein vierter Hombre war von der anderen Seite her auf den Felsen geklettert und befand sich über uns.
Ich hatte gar keine Wahl mehr. Wenn ich nicht gut genug kämpfte, war ich bald tot. Dann gehörte Lola ihnen.
Ich flüsterte Lola aus dem Mundwinkel zu: »Lass dich zu Boden fallen. Jetzt!«