G. F. Unger Western-Bestseller 2691 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Als die »Missouri Lady« festgemacht hat, gehen die meisten Passagiere von Bord, um sich an Land ein wenig die Beine zu vertreten.
Bea Bancrowt, die derzeitige Eignerin der »Missouri Lady«, geht ebenfalls von Bord, und man könnte sie für einen der weiblichen Passagiere halten, die von New Orleans heraufkommen und in Saint Louis auf die kleineren Missouri-Dampfboote umsteigen.
Bea Bancrowt hält an Land kurz an. Und dann sieht sie Mark Shannon hinter einem abgestellten Frachtwagen hervortreten. Er kommt auf Bea Bancrowt zu und greift dabei an den Hut, macht eine leichte Verbeugung.
Lächelnd fragt er: »Nun, schöne Bea, immer noch einsam und stolz - oder besser gesagt: stolz und deshalb einsam? Oder hat sich was geändert?«
Sie ist einen Kopf kleiner als er und muss zu ihm aufsehen. Ihr Haar schimmert in der Nachmittagssonne wie poliertes Rotgold. Und ihre Augen sind unter den langen Wimpern von einem intensiven Grün.
Sie lächelt und erwidert: »Es hat sich nichts geändert, Mark Shannon, gar nichts. Es gibt keinen zweiten Mann auf dieser Erde, der mich Tom Bancrowt vergessen lassen könnte - keinen.«

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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Big-Muddy-Fehde

Vorschau

Impressum

Big-Muddy-Fehde

Als die »Missouri Lady« festgemacht hat, gehen die meisten Passagiere von Bord, um sich an Land ein wenig die Beine zu vertreten.

Bea Bancrowt, die derzeitige Eignerin der »Missouri Lady«, geht ebenfalls von Bord, und man könnte sie für einen der weiblichen Passagiere halten, die von New Orleans heraufkommen und in Saint Louis auf die kleineren Missouri–Dampfboote umsteigen.

Bea Bancrowt hält an Land kurz an. Und dann sieht sie Mark Shannon hinter einem abgestellten Frachtwagen hervortreten. Er kommt auf Bea Bancrowt zu und greift dabei an den Hut, macht eine leichte Verbeugung.

Lächelnd fragt er: »Nun, schöne Bea, immer noch einsam und stolz – oder besser gesagt: stolz und deshalb einsam? Oder hat sich was geändert?«

Sie ist einen Kopf kleiner als er und muss zu ihm aufsehen. Ihr Haar schimmert in der Nachmittagssonne wie poliertes Rotgold. Und ihre Augen sind unter den langen Wimpern von einem intensiven Grün.

Sie lächelt und erwidert: »Es hat sich nichts geändert, Mark Shannon, gar nichts. Es gibt keinen zweiten Mann auf dieser Erde, der mich Tom Bancrowt vergessen lassen könnte – keinen.«

»Du müsstest es vielleicht mal ausprobieren«, sagt er. »Und du könntest mit mir anfangen. Wer weiß, vielleicht bin ich schon gut genug. Na?« Es ist zwar ein scherzender Klang in seiner Stimme, doch sie weiß zu gut, dass er es ernst meint. Und sie denkt: Oh, hätte ich ihm und Ben Mannerhan doch nur keine Revanche zugesichert. Hätte ich ihnen doch nur nicht mein Wort gegeben!

Sie hört Mark Shannon indes sagen: »Ben Mannerhan ist auch da, schon seit einigen Tagen. Wir wussten ja nicht so genau, wann deine Missouri Lady hier anlegen würde. Wir haben ausgelost, wer von uns dich abholen durfte. Ich betrachte es als gutes Zeichen, dass ich gewann. Gehen wir, ja?«

Er bietet ihr seinen Arm.

Und sie nimmt ihn, damit er sie sicher durch das Gewimmel führt.

Bald schon streben sie dem River Hotel zu, an welches sich eine Spielhalle und ein Saloon anschließen.

Sie betreten die Spielhalle, und auch hier ist schon alles voll in Betrieb.

Bea Bancrowt sieht den bärtigen Ben Mannerhan an der Bar lehnen. Ihre Blicke begegnen sich im Spiegel. Ben Mannerhan trägt wie immer eine Melone, aber das gehört zur Tracht der Schiffseigner und Flussdampferkapitäne. Sie tragen nicht wie Seeschiffkapitäne Schirmmützen und Uniformen mit blanken Goldknöpfen, nein, diese Flusskapitäne versuchen wie wohlhabende Geschäftsleute auszusehen.

Bea Bancrowt fragt sich bei Ben Mannerhans Anblick wieder einmal mehr, was dieser Mann wohl eher ist, Spieler oder Dampfbootkapitän.

Er stößt sich von der Bar ab und greift an den Rand seiner Melone. Zwischen dem Vollbart blinken seine starken, weißen Zähne.

»Hallo, Bea«, sagt er. »Hat Mark dich wieder gefragt, ob er dich nicht endlich haben kann? Hat er? Nun, fall nur nicht auf ihn herein. Mit mir würdest du besser dran sein, Grünauge. Gehen wir dort in das Nebenzimmer.«

Er deutet auf eine offene Tür, die zu einem kleinen Spielzimmer führt, in welchem alle drei Spieltische besetzt sind.

Bea Bancrowt verharrt bei der Tür. Die beiden Männer gehen hinein in den kleinen Saloon.

Sie hört Ben Mannerhans tiefe Stimme laut genug sagen: »Also gut, Freunde, ihr alle habt jetzt lange genug hier gesessen. Nun wollen wir den Raum für uns haben. Seid so nett und geht raus hier.«

Es ist einen Moment still. Dann fragt eine ärgerlich und grollend klingende Stimme böse: »Und wenn wir dir sagen, dass du total beknackt bist und dich zur Hölle scheren sollst, Bruder?«

Nun scheint alles den Atem anzuhalten und auf die Antwort zu warten.

In Ben Mannerhans Kehle ist ein erwartungsvolles Lachen, als er erwidert: »Nun, bis jetzt war es nur eine Frage, Bruder. Du musst es richtig zu mir sagen, dann wirst du herausfinden, was du wissen möchtest. Na, dann sag es, und frag nicht wenn!«

Bea Bancrowt sieht nur die Rücken der beiden Männer vor sich.

Und obwohl sie sich äußerlich sehr unähnlich sind, wirken sie nun von hinten gesehen wie Zwillinge. Denn sie scheinen zu lauern wie Tiger auf dem Sprung. Bea begreift plötzlich die Artähnlichkeit der zwei Männer.

Plötzlich sagt jemand in die erwartungsvolle Stille: »Das sind Ben Mannerhan und Mark Shannon. Was mich betrifft, so gehe ich lieber freiwillig. Denn die bluffen nie, wenn sie erst mal das Maul so weit aufrissen. Und seht, sie sind mit einer Lady gekommen! Ich gehe freiwillig! Und wer zu mir sagt, dass ich ein Feigling bin, dem haue ich die Ohren ab!«

Ein großer Holzfäller und Flößer, der zu einer rauen Mannschaft gehörte, welche ein Riesenfloß von Norden her den Strom herunterbrachte, erhebt sich und bleibt nach drei Schritten vor Ben Mannerhan stehen.

»Oder halten Sie mich für einen Feigling, Mister?« So fragt er und starrt Ben Mannerhan an.

Der grinst wieder zwischen seinem Vollbart und greift an den Rand seiner Melone.

»Mein Freund«, sagt er, »ich bin Ihnen sehr verbunden. Sollten wir uns in den nächsten Tagen begegnen, dann wäre es mir eine Freude, Sie zu einem Drink einzuladen. Denn ich mag vernünftige Männer.«

Es herrscht plötzlich an den drei Spieltischen Aufbruch. Man hört Füßescharren, Stühlerücken, Schnaufen, leises Fluchen oder aber auch grimmiges Lachen.

Doch sie alle erheben sich und folgen dem Flößer und Holzfäller, der sich zwischen Mannerhan und Shannon hindurch zur Bar des großen Spielsaales drängt.

Bea muss etwas zur Seite treten.

Aber dann folgt sie den beiden Männern in den kleinen Saloon.

Eine Bedienung taucht auf. Es ist ein hinkender Bursche, der sich eine Schürze umgebunden hat, welche wahrscheinlich ein halbes Bettlaken ist.

Er beginnt, den Ecktisch abzuräumen und zu säubern.

Dann bietet er Bea den Stuhl in der Ecke an.

»Ist es recht so? Was darf ich bringen?«

»Besten Bourbon«, verlangt Bea.

»Und Zigarren, aber erstklassige«, sagt Ben Mannerhan.

»Eine Flasche Champagner«, befiehlt Mark Shannon. »Es kam doch welcher von New Orleans herauf gestern, mit der Natchez, nicht wahr?«

Sie setzen sich zu Bea an den runden Tisch.

Bea stellt die große Handtasche darauf und beginnt, ihr Geldpacken zu entnehmen. Es sind Bündel mit Hundert–Dollar–Scheinen, und es sind eine Menge Bündel.

Auch die Männer holen Geld aus allen Taschen. Sie haben es überall in ihrer Kleidung verteilt. Und gewiss tragen sie auch noch Geldgürtel auf dem bloßen Leib, in denen sich das Reservespielkapital befindet.

Bea Bancrowt sieht die beiden Männer nacheinander fest an.

»Also, als wir damals in Saint Louis das große Spiel machten, da gaben wir uns das Wort, dass es Revanche geben würde in einem Jahr hier in Missouri Bend. Mein Schiff übernimmt Holz. Bis alles übernommen ist, wird es Nacht sein, eine schwarze Nacht ohne Mond und Sterne. Wir können deshalb nicht weiter den Strom hinauf. Jedoch beim ersten Tageslicht beende ich das Spiel und gehe an Bord. Gut so?«

Die beiden Männer nicken.

Dann lacht Mark Shannon leise und spricht, so als würde er scherzen: »Bea, wenn ich dein Geld und dein Schiff gewonnen habe in dieser Nacht, dann darfst du dennoch mitfahren. Ich nehme dich mit als meinen Ehrengast, hahahaha!«

Aber sie lachen nicht mit, weder Bea Bancrowt noch Ben Mannerhan.

Sie starren ihn vielmehr forschend und fast schon misstrauisch an, so als spürten sie, dass seine Worte kein Scherz sind.

Doug Sullivan, der Besitzer des Hauses, kommt mit einem schwarzen Kasten, den er öffnet und aus dem er ein Dutzend versiegelte Kartenspiele entnimmt.

»Ich verbürge mich dafür, dass es saubere Karten sind«, sagt er. »Die Siegel sind unversehrt.«

Er verbeugt sich vor Bea und geht zur Tür.

»Darf die Tür offen bleiben?«, fragt er von dort höflich.

Bea nickt. Und auch die beiden anderen Spieler nicken.

Mark Shannon greift eines der Kartenpäckchen, prüft das Siegel und reißt dann die Hülle auf. Er breitet die Karten verdeckt auf der Tischplatte aus.

»Also, dann sehen wir mal, wer mit dem Geben beginnt.« Er lächelt, und in seinen Augen ist ein kaltes Licht.

Das Spiel beginnt bald schon.

Und es ist mehr als nur ein Spiel. Es ist ein Krieg, ein Krieg mit vielen Schlachten.

Denn die beiden Männer wollen die Frau.

Wenn sie die Frau klein machen können, wenn einer von ihnen Sieger sein würde, irgendwann im Laufe der Nacht – nun vielleicht gewinnt er dann auch die Frau im Spiel.

Sie wünschen es sich.

Es ist ihr Ziel.

Und Bea Bancrowt weiß es.

Denn sie versuchten es schon mal vor einem Jahr in Saint Louis.

Sie verloren.

Wie wird es diesmal ausgehen?

✰✰✰

Die Stunden vergehen. Und immer wieder ist Mark Shannon der große Gewinner. Immer wieder schlägt er zu, weiß er mit untrüglicher Sicherheit, dass seine Karten besser sind und er alles riskieren kann, einfach alles bis in die Hölle und zurück.

Zuerst glauben Bea Bancrowt und Ben Mannerhan, dass er nur blufft und sie zum Aufgeben, also Passen, veranlassen will durch sein hohes Steigern der Einsätze.

Doch als sie es mehrmals ausprobieren, sich also nicht aus dem Spiel bluffen lassen, sondern mithalten und mitsteigern, bis sie es nicht mehr verantworten können, da deckt er stets die besseren Karten auf.

Es ist wie Hexerei.

Und sie fragen sich, ob er einfach nur Kartenglück hat – oder ob er ein Zauberkünstler ist.

Sie verlangen dann stets ein neues Kartenspiel und überzeugen sich, dass das Siegel unverletzt ist. Sie sehen auch Mark Shannon – wenn dieser am Geben ist – aufmerksam auf die Finger.

Doch er mischt und gibt fast aufreizend langsam, so als wollte er ihnen demonstrieren, dass er es gar nicht nötig hat, sie mithilfe übler Tricks zu betrügen.

Und einige Male sagt er im Verlauf der Nacht: »Diesmal bin ich nicht zu schlagen. Diesmal ist die schöne Göttin des Glücks ganz auf meiner Seite. Hahaha, ich habe einer alten Medizinfrau der Mandan–Indianer ein Geschenk gemacht. Und sie hat Pulver in ein Feuer gestreut, Knochen auf den Boden geworfen und allerlei anderen Hokuspokus gemacht. Dann hat sie Zauberformeln gemurmelt und mir schließlich gesagt, dass die guten Geister des Glücks nun in mir wären. Ihr seid verloren.«

Sie starren ihn an – misstrauisch, lauernd und böse zugleich, weil sie sich zu sehr herausgefordert fühlen als Spieler.

Ja, sie sind Spieler ganz und gar, durch und durch.

Und sie wollen nicht den Glauben an sich verlieren. Sie wissen, dass sie als Spieler niemals wieder den Glauben an sich und ihr Selbstvertrauen wiederfinden können, wenn sie diesen »Krieg« hier am Spieltisch mit einer totalen Niederlage beenden müssen.

Und so kämpfen sie verbissen, versuchen zu bluffen, jenem Mark Shannon Fallen zu stellen.

Aber er ist Stunde um Stunde der große Gewinner, landet stets einen großen Schlag. Natürlich verliert auch er manchmal einige Spiele hintereinander, doch stets nur kleine Einsätze. Er steigt stets sehr früh aus, bietet also nicht mit, so als wüsste er genau, dass seine Karten schlechter sind.

Manchmal möchten sie aufhören.

Doch ihr Stolz lässt es nicht zu.

Seine Glückssträhne muss doch mal abbrechen!

Oder wenn er betrügen sollte, dann wollen sie ihm auf die Schliche kommen.

Doch immer wieder – so etwa nach jedem sechsten Spiel –, da schlägt er zu, weil sie nicht aussteigen wollen.

Es wird Mitternacht.

Der Kapitän der Missouri Lady kommt herein und meldet seiner Eignerin, dass die Missouri Lady nun wieder bereit wäre und jederzeit ablegen könne.

Doch Bea Bancrowt winkt ab und sagt über ihre Karten hinweg: »Bei Sonnenaufgang, Mister Skinner. Wir machen erst bei Sonnenaufgang die Leinen los. Lassen Sie bei Sonnenaufgang dreimal das Dampfhorn tuten. Dann werde ich an Bord kommen.«

Charly Skinner nickt wortlos und geht.

Er kennt seine Chefin gut genug.

Und das Spiel geht weiter.

Sie alle hier beobachten durch die offene Tür die drei Spieler im Nebenraum. Und sie können immer wieder sehen, wie Mark Shannon gewinnt.

✰✰✰

Es ist dann kurz vor Sonnenaufgang – draußen ist schon das Grau der sterbenden Nacht –, als das Spiel den allerletzten Höhepunkt erreicht und dann jählings endet, sozusagen mit einem Donnerschlag, der für die drei Spieler alles verändert, einfach alles.

Um im Spiel bleiben zu können, nimmt Ben Mannerhan seinen wertvollen Brillantring vom Finger und holt auch die goldene Uhr mit der dicken Uhrkette aus der Westentasche, legt alles auf den Geldhaufen.

»Da sind noch mal fünftausend Dollar«, sagt er kehlig. »Akzeptiert?«

Mark Shannon nickt.

Doch er sagt: »Sie können es aber jetzt noch zurücknehmen, wenn Sie endgültig aufgeben, Mannerhan.«

»Nein«, sagt dieser. »Ich bleibe im Spiel.«

Sie blicken jetzt alle auf Bea Bancrowt.

Die hat nun schmale Katzenaugen. Und ihre Nasenflügel vibrieren.

Sie starrt auf den Geldscheinhaufen in der Tischmitte, und sie weiß, dass sie schon fast ihr ganzes Schiff verloren hat. Wenn sie jetzt mit fünftausend Dollar im Spiel bleibt, dann wird auch der Rest der Missouri Lady zum Einsatz gekommen sein.

Doch sie ist mit dem Fordern an der Reihe.

Und so nickt sie und sagt spröde: »Ich halte mit und möchte sehen.«

Sie decken ihre Karten auf.

Und dann sehen sie es.

Ben Mannerhan hat vier Buben.

Bea Bancrowt hat vier Damen.

Und Mark Shannon deckt vier Asse auf. Dabei lässt er seine weißen Zahnreihen im Lampenlicht blinken.

»Könnt ihr noch?« So fragt er. »Oder habt ihr jetzt genug?«

Ben Mannerhan starrt ihn ungläubig an.

»Das gibt es doch nicht«, murmelt er schließlich. »So viel Glück kann kein Spieler haben. Und auch nicht so viel Instinkt. Shannon, wie haben Sie das gemacht? Wie war es möglich? Sagen Sie es mir.«

Mark Shannon grinst immer noch. Dann tippt er mit dem Zeigefinger gegen seine Nase.

»Riecher«, sagt er. »Instinkt. Und dann vergesst nicht den Zauber der alten Mandan–Medizinfrau. Die lebt bei Fort Bismarck. Vielleicht sollten Sie mal zu ihr hin, Freund Mannerhan.«

Er sagt es mit einem herzlichen Lächeln. Doch in seinen grauen Augen ist der blanke Hohn. Da leuchtet der Triumph des Gewinners.

Ben Mannerhan erwidert nichts. Aber er erhebt sich und schiebt den Stuhl dabei so heftig mit den Kniekehlen zurück, dass er mit Gepolter umkippt.

Als er gehen will, sagt Mark Shannon: »Freund, wollen Sie nicht noch das Ende des Spiels erleben?«

Da verhält Mannerhan.

»Es ist doch alles beendet – oder?« So grollt er.

Doch Shannon schüttelt den Kopf und blickt auf Bea Bancrowt.

Diese sitzt starr da, scheint ins Leere zu blicken mit großen Augen, so als könnte sie dort die Bilder ihrer Zukunft sehen.

Beide Männer wissen plötzlich, was Bea jetzt fühlt und denkt.

Sie wird wieder von vorn anfangen müssen. Ihre Geschichte ist ihnen bekannt. Einst war sie eine Sängerin in den Tingeltangels zwischen New Orleans und Saint Louis. Und eine Spielerin, der nur das große Spielkapital fehlte.

Doch dann lernte sie Tom Bancrowt kennen, den Kapitän und Eigner der Missouri Lady. Der nahm sie an Bord und wenig später zur Frau. Und als sie seine Witwe wurde, war für sie gesorgt.

Denn sie besaß das Schiff, welches nichts anderes als ein schwimmender Luxus–Saloon war und immer noch ist.

Jetzt aber hat sie alles verloren und steht wieder am Anfang.

Und sie kann sich die Bilder ihrer Zukunft deutlich vorstellen. Sie wird wieder dort anfangen, wo sie schon einmal anfangen musste als junges Ding. Gewiss, jetzt ist sie klüger, erfahrener. Jetzt wird es schneller gehen. Es wird ihr nicht schwerfallen, einen reichen Mann zu finden. Denn sie ist reizvoll, begehrenswert.

In diese Stille des Nachdenkens sagt Mark Shannon: »Du hast noch etwas einzusetzen, schöne Bea, etwas, was mir so viel wert wäre wie das, was ich diese Nacht gewinnen konnte. Ich will dich! Das weißt du. Auch Ben Mannerhan wollte immer nur dich. Er hat verloren. Ich möchte dich gewinnen. Also, dann bring dich für unser letztes Spiel zum Einsatz gegen alles, was ich diese Nacht gewinnen konnte. Und wenn ich nochmals gewinnen sollte, dann gehörst du mir. Akzeptiert?«

Sie starrt ihn aus jetzt wieder schmalen Katzenaugen an. Und auch ihre Nasenflügel vibrieren wieder.

Sie starrt auf den Geldscheinhaufen, auf die goldene Uhr und den Brillantring. Auch ihre schriftliche Erklärung, dass sie die Missouri Lady für fünfzigtausend Dollar, die Ladung mit eingeschlossen, zum Einsatz brachte, liegt zwischen den Geldscheinen.

Es ist ein großes Vermögen.

Und sie kann es gewinnen oder sich verlieren.

Wieder sieht sie in Mark Shannons graue Augen.

Und nun denkt sie: Eigentlich ist er ein besonderer Bursche, einer wie sonst kaum ein zweiter Mann unter tausend und noch mehr. Warum nicht? Ja, warum sollte ich mich nicht mit ihm einlassen, wenn ich verliere? Ich ließ mich damals auch mit Tom Bancrowt ein, weil er ein Mann war und mir was zu bieten hatte. Und vielleicht gewinne ich alles.

Sie hört sich sagen: »Wir sind Primitive in einem primitiven Land. Wir sind Spieler, Glücksjäger, die alles haben wollen und manchmal nichts bekommen. Nun gut, Mark Shannon, ich bringe mich zum Einsatz. Aber wir nehmen ein neues Kartenspiel, und Ben Mannerhan wird geben.«

Mark Shannon grinst und nickt.

Und so setzt sich Ben Mannerhan wieder, greift eines der versiegelten Kartenpäckchen vom kleinen Nebentisch, reißt die Hülle ab und beginnt zu mischen.

Er ist angefüllt mit Spannung. Eine heiße Neugierde brennt in ihm, will ihn ungeduldig machen. Doch er beherrscht sich. Er mischt sorgfältig, lässt alles erkennen, was er mit geschmeidigen Händen tut.

Und dann legt er die Karten aus.

Wie einen großen Fächer breitet er sie auf dem Tisch aus.

Denn es wird ja jetzt kein Poker mehr gespielt. Es dürfte ja nicht mehr erhöht und gekauft werden. Der gesamte Einsatz liegt im Spiel. Nur noch die höchste Karte kann gewinnen.

Mark Shannon nickt Bea Bancrowt zu.

»Die Lady zuerst«, sagt er.

Bea starrt auf den Kartenfächer. Ja, man sieht ihr an, dass sie sich voll konzentriert auf ihren Instinkt.

Und dann holt sie mit dem Zeigefinger eine Karte aus dem Fächer, zieht sie ein Stück über den Tisch und deckt sie auf.

Es ist ein Ass, das Herz–Ass.

Aber das hat nichts zu bedeuten. Beim Poker – ganz im Gegensatz zum Skat – sind alle Asse gleichwertig.

Dies erweist sich auch sogleich, denn als Shannon seine Karte zieht und aufdeckt, ist es das Karo–Ass.

Es steht also unentschieden.

Und noch einmal konzentriert sich Bea Bancrowt. Wieder starrt sie auf den ausgebreiteten Kartenfächer, so als könnte sie durch die Kartenrücken hindurchsehen.

Sie zieht dann den Pik–König.

Aber Shannon lässt sie und den nun fast gierig wirkenden Mannerhan nicht lange warten. Er deckt das Kreuz–Ass auf.

Und damit hat er gewonnen.

Bea starrt eine Weile ungläubig auf die Karten.

Dann hebt sie ihren Blick und sieht in Shannons Augen.

Sie kann seinen wilden Triumph darin erkennen.

Sie gehört ihm.

So war es ausgemacht unter Spielern.

Und so nickt sie ihm zu.

»Ja, du hast mich besiegt«, murmelt sie spröde. »Du hast mich gewonnen. Ich gehöre dir mit allem, was ich besitze – nein, besessen habe. Es gehört dir. Na gut, wir werden sehen, ob du Freude daran haben wirst. Wir werden sehen. Es wird wohl dabei mehr auf dich ankommen als auf mich.«

»Das weiß ich«, erwidert er ernst. »Und du brauchst nicht zu befürchten, dass ich dich nicht wie eine Lady behandeln werde. Nein, das musst du nicht befürchten.«

Er sieht schräg zu Ben Mannerhan empor, der sich inzwischen erhoben hat.

»Vielen Dank«, sagt er. »Das nächste Spiel wird vielleicht glücklicher für Sie verlaufen, Mannerhan.«

Aber Mannerhan erwidert nichts. Er geht hinaus und tritt im großen Spielraum an die Bar. Aus der Westentasche holt er eine kleine Münze, betrachtet sie und wirft sie auf die Bar.

»Gib mir einen Drink, Barney«, verlangt er.