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Bac Ringloke reitet ein gutes Pferd. Seine Kleidung ist zwar abgenutzt, doch von guter Qualität.
Er ist ein großer, sehniger Bursche, dem man ansieht, dass er so schnell wie ein Wolf in der Apachenwüste sein kann.
Bac Ringloke reitet vor die große Bodega des Ortes. Etwa ein Dutzend Nichtstuer beobachten ihn, schätzen ihn ab und prüfen sein Pferd und seinen Sattel.
Dieser Gringo sieht ihnen zu hart aus, besonders, wenn er sie mit seinen hellgrauen Augen anblickt.
Ein Junge tritt zu Bac Ringloke. »Señor, ich sorge gut für müde Pferde«, sagt er.
»Das glaube ich dir aufs Wort, Chico.« Bac Ringloke grinst und zeigt ihm einen halben Dollar. »Den bekommst du, wenn ich nachher zufrieden bin.«
Nach diesen Worten betritt er die Veranda.
An einem Tisch neben der Bar sieht er Stella McQueen sitzen. Sie macht Einträge in ein dickes Buch.
Aber sie gibt nicht zu erkennen, wie gut sie miteinander bekannt sind. Sie lässt sich nicht anmerken, dass sie einmal ein Paar waren, das heiraten wollte ...
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Sein bitterer Job
Vorschau
Impressum
Sein bitterer Job
Bac Ringloke reitet ein gutes Pferd. Seine Kleidung ist zwar abgenutzt, doch von guter Qualität.
Er ist ein großer, sehniger Bursche, dem man ansieht, dass er so schnell wie ein Wolf in der Apachenwüste sein kann.
Bac Ringloke reitet vor die große Bodega des Ortes. Etwa ein Dutzend Nichtstuer beobachten ihn, schätzen ihn ab und prüfen sein Pferd und seinen Sattel.
Dieser Gringo sieht ihnen zu hart aus, besonders, wenn er sie mit seinen hellgrauen Augen anblickt.
Ein Junge tritt zu Bac Ringloke. »Señor, ich sorge gut für müde Pferde«, sagt er.
»Das glaube ich dir aufs Wort, Chico.« Bac Ringloke grinst und zeigt ihm einen halben Dollar. »Den bekommst du, wenn ich nachher zufrieden bin.«
Nach diesen Worten betritt er die Veranda.
An einem Tisch neben der Bar sieht er Stella McQueen sitzen. Sie macht Einträge in ein dickes Buch.
Aber sie gibt nicht zu erkennen, wie gut sie miteinander bekannt sind. Sie lässt sich nicht anmerken, dass sie einmal ein Paar waren, das heiraten wollte ...
Aber sie erhebt sich und tritt hinter die Bar.
»Tequila, Señor?« So fragt sie. »Abendessen gibt es erst in einer Stunde. Oder ein Bier? Wir haben hier einen Bierbrauer aus Alemania. Bei uns gibt es das beste Bier auf fünfhundert oder sogar tausend Meilen in der Runde.«
»Bier und Tequila«, sagt er und hält dicht am Schanktisch inne.
Sie ist dabei, die Gläser zu füllen.
Aus nächster Nähe sehen sie sich an, nur getrennt durch die schmale Theke.
Sie ist immer noch schön. Obwohl Stella McQueens Mutter eine Mexikanerin war, ist ihr dies nicht anzusehen. Vielleicht erbte sie die Schönheit von ihrer Mutter, doch sie hat kupferrotes Haar und grüne Augen. Und die kann ihr nur ihr schottischer Vater vererbt haben.
»Ich danke dir, dass du gekommen bist«, flüstert sie. »Ich hatte schon keine Hoffnung mehr, dass der durchreisende Fremde meinen Hilferuf an dich ...«
»Er kannte mich«, murmelt Bac Ringloke. »Er war ein alter Bekannter von mir und wusste, wo er mich erreichen würde.«
»Es hat Monate gedauert«, flüstert sie und schiebt ihm die gefüllten Gläser über den Tisch. »Ich hatte schon keine Hoffnung mehr. Aber jetzt bist du ja gekommen. Wann holst du mich hier heraus?«
»Lass mir etwas Zeit – nur ein paar Tage«, murmelt er und trinkt zuerst den Tequila und dann das recht kühle Bier. »Ja, es ist gutes Bier«, sagt er laut. »Wie weit ist es bis zu Don Paco de Coronado?«
Er sieht in ihren Augen, wie sie erschrickt. Und da lächelt er. In seinem dunklen und hageren Comanchengesicht blitzen nun seine weißen Zahnreihen. Das Lächeln macht ihn jünger.
»Ich habe Geschäfte mit ihm«, sagt er, und er gibt seiner Stimme den etwas eitlen Klang von Wichtigkeit.
Aus dem Hintergrund kommt ein Mann, der Weidekleidung, zwei Revolver und am Hut ein goldenes Band trägt, ein geschmeidiger und apachenhaft gedrungener Mann, dessen Muskeln unter der kurzen Jacke das Hemd zu sprengen drohen. Seine Sporen klingeln nicht weniger melodisch als die von Bac Ringloke.
»Geschäfte mit Don Paco?« So fragt er. »Dann sind Sie bei mir schon halbwegs richtig, Señor. Denn ich bin Chat Salvador, der Zweite nach Don Paco in diesem Land. Was wollen Sie, Señor?«
Stella McQueen ist weiß um die Nasenflügel. Aber auf ihren Wangen erscheinen rote Flecken – und am Hals sieht man den Puls nur so in den Adern hämmern.
»Bist du verrückt?«, flüstert sie leise.
»Wie komme ich zu Don Francisco de Coronado?« Das fragt Bac Ringloke höflich.
»Ach, es ist ein weiter Weg, Señor«, sagt Stella zu ihm. »Señor Salvador wartet nur auf das Abendbrot. Dann reitet er heim. Sie können sicherlich mit ihm reiten.«
»Ja, das kann er«, grollt Chat Salvador. »Wenn wir nicht zuvor verhungert sind, weil es das Abendessen wieder mal so spät gibt. Ich werde gleich in die Küche gehen und diesem Juan Gonzalez und seiner dicken Maria Beine machen.«
✰✰✰
Nachdem sie zehn Meilen geritten sind, kommt der Mond über die Berge. Chat Salvador hält an – und mit ihm tun es die anderen Reiter. Außer Bac Ringloke sind noch drei schnauzbärtige und wildäugige Burschen dabei. Sie reiten die prächtigsten Pferde, die man sich denken kann, und sind mit guten Waffen bis zu den Zähnen bewaffnet.
Nun umgeben sie Bac Ringloke.
Als die Geräusche verklungen sind, die Pferde nur noch wenig schnauben und auch das Sattelzeug nicht mehr so knarrt, da sagt Chat Salvador mit grimmiger Freundlichkeit: »Nun, Hombre, jetzt sag es uns! Sag uns, warum du in dieses Land kamst und zu meinem Patron möchtest! Sag mir was von der Art der Geschäfte, die du mit Don Paco machen möchtest.«
»Ich will Pferde und Rinder kaufen – viele Pferde und noch mehr Rinder. Gegen gute Dollars – oder gegen andere Dinge.«
»Welche Dinge?«
»Da soll Don Paco seine Wünsche äußern.«
»Steig ab! Wir untersuchen deine Kleidung, dein Gepäck – alles! Und du musst unbewaffnet zu Don Paco reiten. Wir lassen keinen Gringo bewaffnet an Don Paco heran. Also, herunter vom Gaul!«
Er greift zum Colt.
Doch Bac Ringloke ist schneller, sehr viel schneller.
Fast hätten ihn die drei anderen Reiter aus dem Sattel geschossen. Denn sie, die hinter Salvador und Ringloke ritten, hatten ihre Waffen schon schussbereit, als sie anhielten.
Doch sie tun es nicht. Denn Salvador sagt schnell: »Nicht! Seid ihr verrückt, ihr Affen? Seht ihr nicht, was für ein wunderbar schneller Pistolero er ist? Der schießt noch im Augenblick des Sterbens.«
Er steckt seinen Revolver so plötzlich ein, wie er ihn gezogen hat. Dann nickt er Bac Ringloke zu.
»Si, jetzt reiten wir zu Don Paco. Der wird sich freuen über einen Gringo, der ein berühmter Pistolero sein muss dort drüben im Gringoland. Ay, reiten wir, damit wir heimkommen, bevor Don Paco zu Bett gegangen ist.«
Er reitet an.
Bac Ringloke folgt ihm.
✰✰✰
Sie erreichen die große Hacienda nach zehn weiteren Meilen, und obwohl Bac Ringlokes Pferd schon in der Stadt Angel Baile müde schien, hat es sich in der kurzen Rastpause prächtig erholt und die zwanzig Meilen mühelos durchgehalten.
Nun reiten sie im Schritt in den weiten Hof ein.
Mexikanerjungen nehmen ihnen die Pferde ab.
Bac Ringloke wird immer noch von den drei Männern eskortiert, als er hinter Chat Salvador auf die Veranda geht. Dann muss er mit seinen drei Bewachern warten, indes Salvador im großen Haus verschwindet.
Er kommt nach einer Weile wieder heraus und nickt Ringloke zu.
Dieser tritt ein und weiß nun vier Revolver in seinem Rücken.
Doch dann sieht er Don Francisco de Coronado, den Herrn über alles Land auf hundert Meilen in der Runde – den Herrn über Städte wie Angel Baile – und über Frauen wie Stella McQueen.
Er sieht einen Mann, der vielleicht fünf Jahre älter ist als er selbst, einen schlanken und dunkelhaarigen Mann, der ganz so aussieht, wie man sich einen Don oder Hidalgo vorstellt, dessen Vorfahren in der alten Welt zum spanischen Adel gehörten und die dann herüberkamen, um für die spanische Krone die neue Welt zu erobern.
Goldgier und Machthunger haben diese Burschen schon immer angetrieben.
Er ist ein erfahrener Wolf. Einst kam er mit einer recht kleinen Mannschaft in dieses Land und vertrieb eine sehr viel zahlreichere Banditenbande. Er machte sich zum »Beschützer« dieses Landes, baute die Hacienda auf und erweiterte sein Schutz- und Einflussgebiet ständig.
Er konnte dies ohne besondere Schwierigkeiten tun, den Mexiko wurde von der Revolution erschüttert.
So also stehen die Dinge hier, als Bac Ringloke und Don Paco sich betrachten und einander zu ergründen versuchen.
»Señor, Sie wollen mit mir Geschäfte machen? Und Ihr Name ist Bac Ringloke? Stimmt das?«
So fragt Don Paco zurückhaltend und ganz und gar wie ein Mann, der im nächsten Moment uninteressiert abwinken wird.
»Was lässt Sie hoffen, Señor, dass ich zu Geschäften mit Ihnen bereit sein könnte?« Diese Frage klingt nun schon arrogant.
Bac Ringloke lächelt. »Gute amerikanische Dollars. Oder das, was man dafür drüben bei uns bekommen kann. Waffen aus dem kaum beendeten Krieg. Ausrüstung. Sogar Haubitzen. Munition. Und beides brauchen Sie, Don Francisco. Oder nicht?«
»Und Sie haben es reichlich?«
»So reichlich, wie Sie in Ihrem Land Pferde und Rinder haben, für die es hier keine Absatzmärkte gibt. Ich aber habe Absatzmöglichkeiten. Und so ergibt das zwischen uns eine Menge Möglichkeiten – oder?«
Don Francisco de Coronado blickt ihn eine Weile schweigend an.
Dann wendet er sich ab, tritt an einen Tisch und schenkt aus einer funkelnden Karaffe roten Wein in ebenso funkelnde geschliffene Gläser.
»Betrachten Sie sich als meinen Gast«, sagt er dann. »Wir werden uns in den nächsten Tagen besser kennenlernen. Ich weiß noch nicht, ob ich mit Ihnen Geschäfte machen werde, Señor. Aber ich weiß es sicherlich bald. Trinken wir auf die Zukunft, Señor Ringloke, darauf, dass alles so werden und gelingen möge, wie wir beide es uns wünschen.«
Bac Ringloke tritt ihm entgegen, nimmt das Glas – und dann leeren sie ihre Gläser Auge in Auge.
Ringloke spürt die Gefährlichkeit des Mannes ganz deutlich.
Und er bemüht sich, nicht an das zu denken, was ihn hergebracht hat. Er weiß, dass Don Paco ihn sonst instinktiv als seinen Feind erkennen würde.
Denn wegen Stella McQueen ist Bac Ringloke nicht hergekommen.
Nein!
Dass er Stella McQueen in Angel Baile traf, war Zufall. Er hat niemals einen Brief oder eine Nachricht von irgendeinem Mann übermittelt bekommen. Wen Stella auch gebeten hatte, ihm, Bac Ringloke, ihren Hilferuf zu übermitteln, er hat es nicht getan.
Bac Ringloke kam aus einem anderen Grund.
Aber er ließ es Stella nicht merken.
Stella mag in Angel Baile eine Gefangene dieses Don Francisco de Coronado sein und nun darauf hoffen, dass Ringloke sie befreien wird – aber er kam her, um diesem Don einen für ihn noch sehr viel kostbareren Besitz zu rauben.
✰✰✰
Bac Ringloke schläft lange. Es stört ihn nicht, dass die Tür des Gästezimmers kein Schloss und auch keinen Riegel hat, nur einen sogenannten »Schnapper«, den man von außen und innen betätigen kann.
Als er aus dem Zimmer in den Patio tritt, kommt auch schon ein weiß gekleideter und freundlich grinsender Bursche und sagt ihm, dass er sein Frühstück binnen einer Minute an dem Tisch in der Nähe der Tür gedeckt bekommen würde und dass der Patron ausrichten ließe, er solle sich danach schon einmal die Pferde in den Corrals ansehen.
Bac Ringloke setzt sich an den bezeichneten Tisch.
Dieser Bandit ist ein zweibeiniger Wolf, denkt er. Seine Reiter sind nicht anders. Sie sind eine wilde Horde, die sich getarnt hat. Wenn sie mich bei dem, was ich tun will, erwischen, werden sie mir die Haut abziehen. Verdammt noch mal, noch niemals musste ich mir tausend Dollar so schwer verdienen.
Zehn Minuten später ist er bei den weitläufigen Corrals und Weidekoppeln.
Oha, er sieht Dutzende prächtiger Pferde, und er weiß, dass die zahlreichen erstklassigen Tiere nur ein geringer Teil des gesamten Pferdebesitzes von Don Paco sind.
Endlich aber sieht er, was er suchte. Er sieht die rote Stute Belle Lady.
Er erkennt die Stute sofort, obwohl sie im Moment nicht besonders schön aussieht mit ihrem dicken Hängebauch.
Es gibt keinen Irrtum.
Bac Ringloke seufzt leicht, denn er schätzt, dass die rote Stute innerhalb dieser Woche ihr Fohlen bekommen wird.
Verdammt noch mal, wie soll er das hochträchtige Tier hundert Meilen weit nach Norden über die Grenze bekommen, ohne von Don Paco eingeholt und aufgeknüpft zu werden?
Er wendet den Kopf, als er sporenklingelnde Schritte hinter sich hört. Es ist Don Paco, der nun zu ihm kommt.
Sie nicken sich zu, und wieder ist eine lauernde, gespannte Wachsamkeit zwischen ihnen.
Don Paco lächelt plötzlich. Seine blitzenden Zähne sind sehr stark, sehr regelmäßig und makellos weiß. Aber es ist ein gefährliches Zähnezeigen, kaum ein Lächeln der Freundlichkeit.
Er macht eine Kopfbewegung zu der Stute hin.
»Das ist Belle Lady«, sagt er. »Gewiss haben Sie schon von ihr gehört, Señor – oder?«
Ringloke nickt.
»Ja, da gibt es eine Geschichte«, murmelt er. »Man erzählt sie sich drüben überall, wo man über Pferde redet. Ja, ich kenne die Geschichte. So, so, das ist also die berühmte Belle Lady, die von dem schon legendären Man Killer ein Fohlen bekommen wird? Das also ist die Schöne, die sich der Killerhengst mit in die Berge nahm.«
»Si, so ist es.« Don Paco nickt. Und dann stellt er die glasklare Frage: »Und Sie, Señor Ringloke, sind nicht hergekommen, um Belle Lady und mit ihr das zu erwartende Fohlen für Morgan Gannaway zu stehlen?«
Oha, dies ist wahrhaftig eine glasklare und direkte Frage.
Aber irgendwie hat Bac Ringloke bei diesem Mann etwas in der Art erwartet. Deshalb ist er nicht überrascht. Er grinst ihn an.
»Oha, was für eine Idee? Don Francisco, Sie enttäuschen mich aber sehr. Was könnte ich als Pferdedieb verdienen? Mich reizen größere Geschäfte, solche, die im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossen werden. Wie könnte ein Mann mit diesem Tier aus Ihrem Machtbereich entkommen? Er hätte keine Chance. Vielleicht würde ich es für zehntausend Dollar versuchen. Doch wer würde dafür zehntausend Dollar hergeben?«
»Morgan Gannaway würde es tun«, sagt Don Paco heiser. »Er würde zehntausend Dollar zahlen«, wiederholt Don Paco. »Oder gar zwanzigtausend Dollar. Reiten wir erst mal aus, um die anderen Pferde und die Rinder da und dort zu sehen. Reiten wir!«
Er klatscht laut in die Hände, und schon kommen zwei junge Burschen mit Sattelpferden herbeigelaufen.
Don Francisco und Bac Ringloke sitzen auf und reiten davon.
✰✰✰
Am späten Nachmittag erreichen sie eine der vielen Weide- und Grenzhütten, und sie haben inzwischen viele Rinder gesehen und auch Pferderudel begutachtet. In der Ferne grollt ein Gewitter. Bac Ringloke, der sich in diesem Landstrich zu beiden Seiten der Grenze auskennt, weiß, dass dieses Gewitter erst noch stundenlang herumziehen und dann erst irgendwann in der Nacht losbrechen wird.
Ja, das wäre die Chance, denkt er. Ein Gewitter würde all meine Spuren verwischen.
Sie reiten etwas schneller als zuvor. Ein Wind beginnt zu wirbeln, bläst Staub hoch und jagt Sagebrushbälle umher. Die Sicht wird sehr schlecht.
Sie halten an, denn sie wollen noch einmal verschnaufen, bevor sie wieder in den Staubwirbel reiten.
Bis zur Hacienda sind es mehr als zehn Meilen.
Bac zieht den Revolver, und es wirkt wie ein Zauberkunststück, als er ihn plötzlich dem Don unter die Nase hält.
Coronado zeigt ihm die Zähne zwischen schmalen Lippen, die sich fest gegen das Zahnfleisch pressen.
»Also doch«, sagt Don Francisco, »also doch nur ein Killer, den Morgan Gannaway aussandte. Ich ahnte es. Obwohl ich Sie letztlich nicht für einen Mann hielt, der sich für einen Mord bezahlen lässt.«
»Das bin ich auch nicht«, sagt Ringloke, beugt sich aus dem Sattel und holt sich von Coronado den Colt und auch das Gewehr aus dem Sattelschuh.
»Ich bin noch nicht mal ein Pferdedieb«, sagt er. »Denn Belle Lady gehört immer noch Morgan Gannaway, nicht wahr? Ihm wurde die Stute nicht zurückgebracht. Seine Männer, die er ausschickte, um sie hier abzuholen, wurden ausgelacht. Nun, jetzt hole ich sie. Würden Sie sie mir freiwillig geben, Don Francisco?«
»Nein«, sagt dieser heiser. »Aber ich habe den Hengst gefangen und ihm die Stute abgenommen. Ich musste den Hengst erschießen, weil er mich zu töten versuchte. Seinen Sohn aber werde ich von klein an dazu erziehen, dass er mich liebt. Ringloke, ich werde mir Ihren Skalp an die Tür nageln.«
Er spricht den letzten Satz ganz bedächtig, ganz ernst und in jenem hier an der Grenze gebräuchlichen Englisch. Er spricht es fast so gut wie Ringloke das Mexiko-Spanisch.
Ringloke sagt nichts. Er fesselt ihn mit dem Lasso und bindet ihm das Halstuch als Knebel vor dem Mund. Dann sorgt er dafür, dass Coronado sich der Länge nach hinlegt.
Das Gewitter grollt und donnert in der Ferne, und der Wind dort wirbelt alles, was leicht und trocken ist, durch die Luft.
Ringloke geht ein Stück durch die Felsen zurück, dorthin, wo sie hineingeritten sind. Ihre Fährte ist kaum noch zu erkennen, so sehr ist schon alles zugeweht. Er tritt etwas seitlich hinter einen Felsen und wartet.
Er braucht nicht lange zu warten.
Dann kommt Chat Salvador, Don Francisco de Coronados Vormann. Er ist halb blind vor Staub und froh, endlich in Deckung kommen zu können.
Als er Ringloke zu Gesicht bekommt, ist es für ihn schon zu spät.
Ringloke zeigt ihm den Colt, holt sich Salvadors Waffe und lässt ihn dann absteigen.
»Und die Stiefel ausziehen, Amigo.«
Chat Salvador zögert. Er zittert innerlich vor Zorn, und sein Hass leuchtet in den vom Sand und Staub geröteten Augen. Doch dann gehorcht er, entledigt sich seiner Stiefel und hängt sie ans Sattelhorn seines Pferdes.
»Absitzen und vor mir hergehen«, verlangt Ringloke.
Sie erreichen Don Francisco, den sein Vormann sofort schweigend befreit. Aber dann will Ringloke auch Coronados Stiefel haben.
Er bekommt sie. Dabei sagt Salvador: »Man darf keinem Gringo trauen. Wir hätten ihn gleich am Anfang umlegen sollen. Sein Geschwätz über Geschäfte hat dich betrunken gemacht, Paco.«
»Halt's Maul«, sagt dieser. Er sieht Ringloke einige Atemzüge lang schweigend an, hebt dann den Zeigefinger.
»Pass auf, Gringo Ringloke«, sagt er schließlich heiser. »Pass auf, was ich dir sage. Zwischen mir und Gannaway ist Feindschaft – schon viele Jahre. Du stellst dich auf seine Seite. Dafür wirst du bezahlen müssen, Gringo! Mit deinem Leben.«
»Man muss immer bezahlen – immer auf irgendeine Art. Mein lieber Amigo, ich habe nichts gegen dich persönlich, verstehst du? Ich übernahm einen Job. Von solchen Jobs lebe ich. Ich bringe ein Pferd seinem rechtmäßigen Besitzer zurück. Das ist die Sachlage. Wer mich daran zu hindern versucht, ist ein Pferdedieb. So einfach ist das. Ich möchte nicht auf euch schießen müssen, indes ich mit Belle Lady zur Grenze reite. Auch das beste Pferd und das kostbarste Fohlen der Welt sind es nicht wert, dass Männer ihretwegen sterben. Also, lasst mich ziehen, folgt mir nicht. Es würde schlimm werden – schlimm für uns alle!«