G. F. Unger Western-Bestseller 2701 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Siebenundfünfzig gute Pferde! Wir hatten im Mesa-Land die dreifache Menge eingefangen und davon diese siebenundfünfzig ausgesucht. Es waren die besten. Diese Pferde sollten für mich der Anfang zum großen Glück werden.
Ich sah auf die kleine Stadt an der Pecos-Biegung vor mir.
Pecos Bend war meine Heimat, und ich suchte das kleine Haus, in dem Sally wohnte. Ich stellte mir vor, dass sie bei meiner Ankunft vor allen Leuten in meine Arme eilen würde.
Der Agent der Fracht- und Postlinie stand im Wagenhof.
»Hallo, Ty Shannon!«, rief er mir zu. »Das hat aber lange gedauert. Wir hätten unsere Relais-Stationen zwischen Pecos Bend und Socorro bald mit anderen Pferden auffrischen müssen. Taugen die Biester denn wenigstens was?«
Ich grinste nur.
Er hatte auch gar keine Antwort erwartet. Er sah sich die »Biester« an und sagte nur: »Jawohl, das sind die Pferde, die wir brauchen, zäh und schnell. Das sind die richtigen Tiere, Ty Shannon. Wir haben uns nicht getäuscht in Ihnen. Sie sind immer noch der beste Wildpferdjäger in diesem Land. Wollen Sie das Geld sofort?«
Ich nickte nur, denn ich hatte es eilig. Man konnte mir das wohl ansehen.
»Shannon, Sie haben keinen Grund, besonders eilig zu sein«, sagte der Fracht- und Postagent Sam Hammer. Aber dann drehte er mir den Rücken zu und marschierte zu seinem Office hinüber ...

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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Allein gegen die Mächtigen

Vorschau

Impressum

Allein gegen die Mächtigen

Siebenundfünfzig gute Pferde! Wir hatten im Mesa-Land die dreifache Menge eingefangen und davon diese siebenundfünfzig ausgesucht. Es waren die besten. Diese Pferde sollten für mich der Anfang zum großen Glück werden.

Ich sah auf die kleine Stadt an der Pecos-Biegung vor mir.

Pecos Bend war meine Heimat, und ich suchte das kleine Haus, in dem Sally wohnte. Ich stellte mir vor, dass sie bei meiner Ankunft vor allen Leuten in meine Arme eilen würde.

Der Agent der Fracht- und Postlinie stand im Wagenhof.

»Hallo, Ty Shannon!«, rief er mir zu. »Das hat aber lange gedauert. Wir hätten unsere Relais-Stationen zwischen Pecos Bend und Socorro bald mit anderen Pferden auffrischen müssen. Taugen die Biester denn wenigstens was?«

Ich grinste nur.

Er hatte auch gar keine Antwort erwartet. Er sah sich die »Biester« an und sagte nur: »Jawohl, das sind die Pferde, die wir brauchen, zäh und schnell. Das sind die richtigen Tiere, Ty Shannon. Wir haben uns nicht getäuscht in Ihnen. Sie sind immer noch der beste Wildpferdjäger in diesem Land. Wollen Sie das Geld sofort?«

Ich nickte nur, denn ich hatte es eilig. Man konnte mir das wohl ansehen.

»Shannon, Sie haben keinen Grund, besonders eilig zu sein«, sagte der Fracht- und Postagent Sam Hammer. Aber dann drehte er mir den Rücken zu und marschierte zu seinem Office hinüber ...

Meine beiden Helfer Pedro und Miguel warteten bei meinem Pferd. Ich gab jedem einhundertzwanzig Dollar Lohn. Und dann erhielt jeder noch dreißig Dollar Prämie für gute Arbeit.

Sie waren zufrieden.

Pedro sagte: »Señor Shannon, mit Ihnen reiten wir zu jeder Zeit wieder. Wenn Sie uns wieder brauchen, kommen wir angesaust.«

Ich nickte und klopfte ihnen auf die Schultern.

Aber dann schwang ich mich auf mein Pferd und ritt los.

Ich konnte meine Ungeduld nicht länger zügeln.

Warum ließ Sally sich nicht sehen? War sie etwa krank?

Und so ritt ich vor das kleine Haus neben dem Sheriff's Office und schwang mich aus dem Sattel.

Die Tür zum Sheriff's Office stand offen.

Ich hörte Noah Wades Stimme rufen: »Komm herein, Ty! Komm, mein Junge!«

Ich war mit drei langen Schritten drinnen.

Sheriff Noah Wade saß hinter seinem narbigen Schreibtisch. Er sah mich prüfend an.

»Sie ist weg«, sagte er dann trocken. »Sally ist weg – für immer! Komm her, mein Junge, und lass dir einen Drink einschütten. Trink einen mit mir.«

Ich stand wie betäubt neben der offenen Tür. Dann trat ich vor, nahm das Glas und kippte den Inhalt herunter. Ich ahnte schon, dass seine Worte eine für mich schreckliche Bedeutung hatten.

Er sah mich ruhig an – und jetzt erst erkannte ich den Schmerz in seinen Augen.

»Sie ist für immer fort«, sprach er. »Es kam ein Spieler in unsere Stadt. Er war nur auf der Durchreise – so zwischen zwei Postkutschen. Er traf sie unten am Fluss und unterhielt sich mit ihr. Wahrscheinlich erzählte er ihr eine Menge von der Welt, von den großen Städten. Er war groß, stattlich und sah nach was aus. Wahrscheinlich von nobler Herkunft. Sie ging mit ihm. Sie wollte die weite Welt sehen. Sie lief ganz einfach mit ihm fort. Es war so, als ob sie nur darauf gewartet hätte, dass solch ein Bursche käme. Verstehst du, Ty?«

Ich schüttelte den Kopf. Denn so schnell konnte ich das nicht verstehen.

»Und – und Sie haben Sally gehen lassen, Sheriff?« So fragte ich.

Er sah mich bitter an. »Sie war mündig. Nein, ich habe sie nicht daran gehindert, mit ihm zu gehen, denn ich wusste, dass sie sonst vielleicht ohne Abschied fortgegangen wäre. Ich soll dich von ihr grüßen, und sie sagte, dass du sie schon verstehen würdest.«

Damit hatte er alles gesagt. Ich sah ihm das an.

Er war ein einsamer alter Mann geworden.

Aber was war ich? Der einzige Unterschied zwischen ihm und mir war nur der, dass ich ein junger einsamer Mann geworden war.

Und ich war kein Sheriff.

Ich konnte mich besaufen. Ja, plötzlich hatte ich den wilden Wunsch danach. Ich wollte alles vergessen können. Und so drehte ich mich wortlos um und ging hinaus.

Als ich vor dem Saloon absaß, sah ich, dass die anderen Pferde den Skull-Brand trugen. Und das war mir gerade recht. Mit den Skull-Reitern hatte ich schon oft Verdruss und Streit gehabt.

Mit dem Vormann Jim McCrae verband mich eine tiefe, bittere Feindschaft. Auch Jim McCrae konnte heute von mir bekommen, was er wollte. Und so ging ich hinein.

Es war drinnen noch nicht viel Betrieb.

Zwei Skull-Reiter spielten Billard. Ein anderer würfelte mit dem Barmann. Und zwei weitere Hombres der Skull saßen in der Ecke und sahen den Billardspielern zu. Sonst waren nur noch drei oder vier andere Gäste da.

Sie alle betrachteten mich.

Oh, ich kannte sie alle ziemlich gut. Es gab eine Zeit, da hatte ich bei der Skull auf der Lohnliste gestanden.

Ich ging zum anderen Ende des Schanktisches. Denn mit den Reitern der Skull wollte ich nichts mehr zu tun haben.

Ich hatte der Skull-Mannschaft mächtig übel genommen, dass sie vor einigen Monaten einen alten Freund von mir an den Ast einer mächtigen Burreiche hängte, nur weil sie ihn mit einigen ungebrannten Kälbern erwischte, deren rechtmäßige Besitzer wahrhaftig nicht festzustellen waren.

Sie warteten, bis ich meinen Whisky getrunken hatte.

Dann sagte einer der beiden Pokerspieler durch den stillen Raum: »Seht ihn euch mal an. Ist das nicht dieser Shannon, der ...«

»Halt dein Maul«, sagte ich dazwischen.

Ja, ich war in der richtigen Stimmung, mich auch mit fünf Skull-Reitern anzulegen.

Sie schwiegen eine Weile überrascht, denn keiner von ihnen war mir Mann gegen Mann gewachsen. Sie kauten an meiner Herausforderung.

Verdammt noch mal, das konnten sie nicht auf sich sitzen lassen.

Und deshalb näherten sie sich jetzt.

Die fünf Hombres von der Skull bildeten einen Halbkreis um mich.

Und jener Lefty, der schon einmal das Maul aufgemacht hatte, sagte: »Du möchtest wohl kleingemacht werden, bis der kleinste Sarg noch zu groß für dich ist, Bruderherz?«

Ich ließ mich auf nichts mehr ein, sondern kam zur Sache.

Denn wenn man sich mit fünf Mann prügeln muss, konnte man nicht darauf warten, bis sie anfingen.

Ich schüttete einem meinen Whisky ins Gesicht, der ihm in den Augen brannte und ihn ein paar Sekunden außer Gefecht setzte.

Und dann traf ich jenen Lefty mit einem linken Haken auf die Leberpartie, dass er nicht mal mehr jaulen konnte. Er fiel auf die Knie und konnte nicht mehr.

Dann waren es nur noch drei.

Ich rammte zwischen zweien hindurch, wirbelte herum und schlug dabei einen Schwinger, der einem fast den Kopf von den Schultern gerissen hätte.

Und weil mir die Übermacht sonst zu gefährlich werden konnte, langte ich mir den nächsten Stuhl und machte die Jungs damit klein.

Aber der Stuhl hielt nicht lange.

Ich musste die Hombres rauswerfen, um Luft zu bekommen.

Das wurde mir schnell klar. Ich traf zwei von ihnen rechts und links mit langen Geraden und langte mir dann einen, der noch die Reste des Stuhles als Halskrause trug.

Ich schleuderte ihn bis zur Schwingtür, folgte ihm und gab ihm einen Aufwärtshaken. Und dann ...

Nun, lieber Leser dieser Geschichte, ich möchte es nicht in allen Einzelheiten schildern und jeden einzelnen Schlag beschreiben.

Ich warf kurz einen Blick zum Sheriff's Office hinüber. Doch Noah Wade kam nicht. Er mischte sich nicht ein, obwohl man ihn bestimmt schon alarmiert hatte.

Ich sah auf die geschlagenen Skull-Reiter und sagte laut hinüber: »Nehmt es nicht so schwer, Jungs. Ihr bekommt vielleicht auf der Skull nicht genug Fleisch zu essen. Haut ab!«

Ich trat dann wieder an die Bar. »Den Schaden ersetze ich, Charly«, sagte ich.

Er betrachtete die Trümmer.

»Hundert Dollar«, sagte er. »Warum musstest du deinen Dampf ausgerechnet hier ablassen, Ty Shannon? Habe ich dir jemals ein unfreundliches Wort gesagt? Das hätte ja schlimm werden können. Und es wird vielleicht noch schlimm, wenn Thor Milebridge kommt. Oder glaubst du nicht, dass er kommen wird?«

Ich nickte nur, legte hundertfünf Dollar auf den Tisch und sagte: »Gib mir eine Flasche. In einer Stunde bin ich so betrunken, dass ich mit niemandem mehr einen Kampf austragen kann. Es wird daher auch hier in deinem Laden nichts mehr beschädigt werden können. Ich setze mich mit der Flasche dort in die Ecke.«

✰✰✰

Ich erwachte, weil sie mich in den Fluss warfen. Das Wasser war kalt – jedenfalls für mich. Und als ich aus dem kalten Nass kriechen wollte, da zog mich jemand mit einem Lasso wieder von den Beinen und ein Stück in die Furt hinaus.

Ich hockte dann auf den Knien im Wasser. Es reichte mir bis unter die Achselhöhlen. Und ich wurde allmählich nüchterner und erinnerte mich an alles.

Ich erkannte einen Reiter, der dabei war, sein Lasso einzuholen. Er hatte die Schlinge schon von mir gelöst. Er musste mich mit dem Lasso geschleift haben wie ein Kalb zum Brennfeuer – nur ein Stück weiter, denn Kälber schleift man nicht weit. Als ich aufstand, erkannte ich Jim McCrae, den Ersten der Skull.

»Jetzt bist du fällig«, sagte er und schlug einen Schwinger nach meinem Kopf. Normalerweise hätte ich dem Schlag ausweichen können. Doch ein betrunkener Mann hat gegen einen nüchternen keine Chance.

Es war ein jämmerliches Bild, welches ich bot.

Und er hatte auch bald schon genug davon, mich zu zerschlagen. Er wusste, dass dies kein Sieg über mich war.

Und so wandte er sich ab und sagte: »Mach weiter, Hugh! Und gib es ihm so, dass er nie wieder Skull-Reiter aus einem Saloon werfen kann.«

Hugh Mannerhan war wie ein Bär. Er kam auf mich zu, und ich schlug nach ihm. Er war nicht so schnell wie Jim McCrae. Deshalb traf ich ihn mitten ins Gesicht.

Doch dann gab er es mir.

Solange ich auf den Beinen blieb, wurde ich zwischen ihnen herumgestoßen und taumelte von einem Schlag in den anderen hinein.

Was der Whisky nicht schaffte – die rauen Skull-Reiter schafften es.

✰✰✰

Ich erwachte, weil sich jemand um mich kümmerte. Man wusch mir mit kaltem Flusswasser das zerschlagene Gesicht.

Zuerst wunderte ich mich, dass ich nichts sehen konnte. Ich bekam meine Augen gar nicht auf. Endlich begriff ich, dass sie zugeschwollen waren und ich nur durch sehr schmale Schlitze blinzeln konnte.

Und dann sah ich Nancy.

Ja, es war Nancy Calhoun, des gehängten Early Calhouns Schwester.

Sie hatte mein Halstuch im Fluss nass gemacht und betupfte mir damit das Gesicht. Offenbar hatte sie viel Blut abwaschen müssen.

Aber dann hörte ich die Stimme des Sheriffs auf meiner anderen Seite. Diese Stimme sagte: »Er kommt zu sich, Nancy. Es ist genug.«

Sie hörte auf, mich mit dem nassen Halstuch abzuwaschen.

»Wir bringen ihn in mein Office«, sagte der Sheriff.

»Nein, zu mir! Wir bringen ihn zu mir!« Dies verlangte Nancy, und selbst mir in meinem jämmerlichen Zustand fiel auf, wie energisch und entschlossen ihre Stimme war.

Eine gnädige Bewusstlosigkeit umfing mich. Es war mir, als versänke ich in bodenlose Tiefen.

Als ich erwachte, war es eigentlich schlimmer als vorher.

Denn nun erst spürte ich richtig, wie schlecht es mir ging und wie schlimm sie mich bestraft hatten.

Da fluchte ich bitter. Meine Stimme klang heiser und misstönig.

Und weil ich offenbar gehört worden war, kam Nancy herein.

Nancy war recht hübsch, mit braunen Haaren und grünen Augen. Sie war mittelgroß und besaß den Stolz einer jungen Frau, die sich in diesem Land auf saubere Art allein durchs Leben schlug.

Sie hatte einen kleinen Laden und verkaufte Frauen- und Kinderkleidung, die sie selbst herstellte. Ihre Nase war vielleicht eine Idee zu klein und hatten einen Schwung nach oben. Und ihre Lippen war wohl etwas zu voll.

Aber das Grübchen im Kinn verriet Energie. Und wenn sie sprach, war ihr Mund sehr lebendig und ausdrucksvoll.

Nancy und ich, wir kannten uns schon viele Jahre.

Vielleicht hatte ich in Nancy stets so etwas wie eine Schwester gesehen. Nur in den letzten Jahren sahen wir uns seltener.

Und als ich nach Pecos Bend zurückkam, war Noah Wade hier Sheriff geworden, und ich traf seine Tochter Sally unten am Fluss.

Ich war sofort verloren. Aber das war wohl jeder Mann, den Sally ansah. Er war verloren.

Aber nun sah ich Nancy an. Sally war weit, weit fort und hatte mich verlassen. Nancy aber stand an meinem Bett.

»Ich danke dir, Grünauge«, sagte ich. Denn das war der Name, den Early und ich ihr gegeben hatten. »Wie lange liege ich hier schon?«

»Die ganze Nacht und den ganzen Tag. In einer Stunde etwa wird die Sonne hinter den Sacramento Mountains verschwinden.«

Ich rechnete mühsam und kam zu dem Schluss, dass ich schon etwa zwanzig Stunden lag. Als ich den Kopf bewegte, sah ich meine Sachen auf dem Stuhl neben dem Bett.

Sie waren gewaschen und geflickt. Die Jacke war gebürstet.

Ich sagte: »Warum hast du dir die Mühe gemacht mit dem alten Zeug? Ich hätte mir ohnehin neues gekauft. Willst du für mich etwas aus dem Store holen? Du kennst doch meine Größen genau. Kauf alles, was ein Reiter braucht. Das Geld hast du doch wohl in der Jackentasche gefunden, nicht wahr?«

»Nein«, sagte sie. »Es war kein Geld in deiner Jacke – oder sonst wo. Aber ich kann dir natürlich aushelfen.«

Ich lag da und konnte es zuerst nicht glauben. Doch dann kam es mir gar nicht so unmöglich vor.

Schufte, die einen Mann so zerschlugen und zertraten wie diese, die bestahlen ihn wahrscheinlich auch. Denn solche Hundesöhne besaßen keine Ehre.

Ich hüstelte, und meine Rippen schmerzten davon.

»Sie haben einen Fehler gemacht«, sagte ich mühsam. »Sie hätten mich nicht leben lassen dürfen, sondern totschlagen müssen. Denn ich lebe und werde auch mal wieder gesund. Und dann ...«

Ich sprach nicht aus, was dann sein würde. Denn es war so klar.

Nancy kam an das Fußende des Bettes zurück.

Sie betrachtete mich seltsam. In ihren Augen war ein Funkeln.

»Sie haben meinen Bruder Early als Viehdieb draußen auf der Weide aufgeknüpft«, sagte sie. »Und sie werden auch dich beim nächsten Mal töten, solltest du ihnen erneut in die Quere kommen. Vielleicht hätten sie dich in der vergangenen Nacht schon totgeschlagen, wäre ich nicht rechtzeitig mit dem Sheriff eingetroffen. Du warst ein Narr. Sally ist es nicht wert, dass ein Mann sich wegen ihr so zum Narren macht. Sally war nie das, was ihr alle von ihr hieltet. Sally war hungrig wie eine Wölfin und sah aus wie ein Lamm.«

Nach diesen zuletzt heftigen Worten ging sie und kam gleich danach mit frischem Tee zurück. Sie hob meinen Kopf etwas an und ließ mich trinken.

»Kauf mir keine neuen Sachen«, sagte ich. »Meine alten genügen mir, bis ich mein Geld wiederhabe. Ist mein Colt auch fort?«

»Nein«, sagte sie. »Ich ging heute am frühen Morgen noch einmal hin und fand ihn im zertretenen Ufersand. Ich habe ihn gereinigt und geladen. Er ist wieder in Ordnung.«

Ich sah sie an, so gut ich konnte.

»Du hasst die Skull«, sagte ich.

Sie nickte stumm.

»Sie wird zerbrechen«, sprach sie dann. »Es braucht nur ein richtiger Mann anzufangen, dann werden sich alle anderen, die von der Skull schon mal getreten wurden, hinter ihn stellen und kämpfen. Es wird zu einem großen Kampf kommen. Alle Geschlagenen und Verjagten gegen die Skull.«

Ich dachte über ihre Worte nach.

Aber Nancy hatte noch etwas zu sagen.

»Ich weiß jetzt, wer meinen Bruder an einen Baum hängte.« Ihre Stimme klirrte vor Sprödigkeit.

Ich glaubte, dass ich gar nicht richtig gehört hätte, sondern vielleicht noch im Fieber etwas hörte, was gar nicht war.

Aber sie wiederholte ihre Worte.

Und da musste ich unwillkürlich fragen: »Wer?«

»Jim McCrae, Hugh Mannerhan und Hank Lorette.«

»Und von wem weißt du es, Nancy?«

Die Frage brannte auf einmal in mir.

Sie zögerte.

Dann hob sie das Kinn. »Ich lud mir in letzter Zeit immer mal einen der Jungs zum Essen ein«, sprach sie. »Auch Hank Lorette war darunter. Er war ja auch mal mit Early befreundet. Sie ritten oft zusammen – bis Hank dann für die Skull zu reiten begann. Ich habe Hank nicht nur Essen, sondern auch reichlich zu trinken gegeben. Und später hat er dann geweint und mich um Verzeihung gebeten. Und der Sheriff forscht immer noch herum. Er hat schon mehr als einen betrunkenen Reiter von der Skull auszufragen versucht.«

Nach diesen Worten ging sie wieder und überließ mich meinen Gedanken.

Nun erst begriff ich richtig, dass es immer noch Menschen gab, die Earlys Mörder finden wollten – nämlich Nancy, seine Schwester, und Noah Wade, der Sheriff.

Nancy hatte sogar mit den Waffen einer Frau schon Erfolg gehabt. Sie konnte die Namen erfahren.

✰✰✰

Am dritten Tag nach der erhaltenen Prügel wollte ich Nancy nicht länger zur Last fallen. Ich ging zu meinem Pferd in den Mietstall.

Red freute sich, dass ich wieder bei ihm war. Ich beschäftigte mich eine Weile mit ihm.

Und dann kamen die Tilburne-Brüder in den Stall. Die Tilburnes hatten einen weiten Weg hinter sich, und es war ein rauer Weg.

Als sie gehen wollten, erkannten sie mich bei meinem Pferd in der Box. Sie hielten inne, um mich anzusehen.

Wir kannten uns gut.

Johnny Tilburne sagte nach einer Weile: »Ollie, sieh ihn dir an. Das könnte Ty Shannon sein.«

»Den hat ein Pferd einen steinigen Hang hinuntergeworfen«, sagte Ollie.

Und da endlich roch ich in der frischen Luft, was drinnen vom Stallgeruch übertönt wurde.

Die Tilburne-Brüder rochen nach Schafen. Aus allen Knopflöchern stanken sie danach. Und ich wusste, dass man nur dann so nach Schafen stinken konnte, wenn man wochenlang mit einer Schafherde unterwegs war oder Schafsmist in der Tasche trug.

Und Letzteres war wohl nicht anzunehmen.

Die Tilburne-Brüder waren Schäfer geworden – oder die Beschützer von Schafzüchtern und deren Hirten und Herden. Das gab es, und besonders in Zusammenhang mit den Tilburnes war das möglich, denn sie waren Revolvermänner, die man zur Revolverhilfe anwerben konnte. Sie waren ein oder zwei Jahre jünger als ich.