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Es begann in El Paso, denn auch ich hatte zu den Dummköpfen gehört, die in den Monaten nach dem für den Süden verlorenen Krieg dorthin geritten waren, weil sie aus irgendwelchen Gründen glaubten, in dieser Stadt auf irgendeine Weise ein paar Dollar ergat¬tern zu können. Wir alle waren Exsoldaten der ehemaligen Konföderiertenarmee. Viele von uns kannten sich zumindest vom Sehen, weil sie alle unter Stonewall Jackson in der Texasbrigade geritten waren. Als ich den dritten Tag in El Paso war, hing mir der Magen bis zu den Kniekehlen und ich fand immer noch keinen Job. Die Rancher brauchten keine Cowboys, die Farmer keine Helfer, und auch für Wildpferdjäger lohnte sich die Mühe nicht. Denn selbst Pferde brachten kaum etwas ein. Es gab nicht genug Bargeld im Süden. Man machte eigentlich nur Tauschgeschäfte. Doch Sattel¬tramps hatten nichts zu tauschen. Am dritten Tag hing mir also der Magen bis zu den Kniekehlen. Und ein hungriger Wolf biss immer wieder hinein und knurrte zwischendurch höllisch. Doch am Abend dieses Tages hatte ich dann endlich Glück ...
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Warwicks Reiter
Vorschau
Impressum
Warwicks Reiter
Es begann in El Paso, denn auch ich hatte zu den Dummköpfen gehört, die in den Monaten nach dem für den Süden verlorenen Krieg dorthin geritten waren, weil sie aus irgendwelchen Gründen glaubten, in dieser Stadt auf irgendeine Weise ein paar Dollar ergattern zu können.
Wir alle waren Exsoldaten der ehemaligen Konföderiertenarmee. Viele von uns kannten sich zumindest vom Sehen, weil sie alle unter Stonewall Jackson in der Texasbrigade geritten waren.
Als ich den dritten Tag in El Paso war, hing mir der Magen bis zu den Kniekehlen und ich fand immer noch keinen Job.
Die Rancher brauchten keine Cowboys, die Farmer keine Helfer, und auch für Wildpferdjäger lohnte sich die Mühe nicht. Denn selbst Pferde brachten kaum etwas ein. Es gab nicht genug Bargeld im Süden. Man machte eigentlich nur Tauschgeschäfte. Doch Satteltramps hatten nichts zu tauschen.
Am dritten Tag hing mir also der Magen bis zu den Kniekehlen. Und ein hungriger Wolf biss immer wieder hinein und knurrte zwischendurch höllisch. Doch am Abend dieses Tages hatte ich dann endlich Glück ...
Ich konnte das Signalhorn, das ich einen Tag vor Kriegsende einem Hornisten der Unionskavallerie abgenommen hatte, für zwei Dollar an einen Quacksalber verkaufen, der mit einer Wundermedizin und vielerlei Salben und Tees handelte, die gegen alle möglichen Krankheiten gut sein sollten.
Ich ging mit den zwei Dollar erst einmal in eine Speiseküche und schlug mir den Bauch voll, bis nichts mehr hineinging.
Auch das hatte ich während des Krieges gelernt, weil man ja niemals wusste, wann man wieder etwas zwischen die Zähne bekommen würde.
Als ich satt und zufrieden wieder auf die Straße trat, besaß ich immer noch eineinhalb Dollar und überlegte, wie ich sie anlegen könnte, damit sie möglichst viel Gewinn brächten. In der Spielhalle war vielleicht was zu machen. Denn meine Pechsträhne konnte doch nicht ewig dauern. Sie musste ja irgendwann einmal enden, und warum sollte das nicht heute sein?
Ich besuchte noch mal mein Pferd an der Haltestange eines Saloons. Es stand dort ziemlich traurig und schnaubte nur verächtlich, als ich neben ihm verhielt und ihm den Hals klopfte.
Ich hatte das Tier schon außerhalb der Stadt weiden lassen, aber es war gewiss nicht richtig satt geworden. Es hätte mal richtiges Futter gebraucht. Doch die ganze Umgebung von El Paso war abgeweidet, vertrocknet und staubig. Mein grauer Wallach hätte mal Mais oder gar Hafer und Kleie haben müssen, damit man seine Rippen nicht so sah und sein Fell wieder zu glänzen begann.
Ich sagte: »Kamerad, eines verspreche ich dir, ganz gleich, ob ich gewinne oder verliere. Ab morgen wird es anders. Da kannst du dich drauf verlassen.«
Er schnaubte wieder verächtlich, dieser graue Wallach mit den Kriegsnarben. Offenbar traute er mir jetzt im Frieden nicht viel zu.
Ich sagte trotzig, indem ich ihm den Hals klopfte: »Du wirst schon sehen, mein Junge, du wirst schon sehen.«
Wenig später war ich in der Spielhalle und machte aus einem Dollar binnen einer Viertelstunde am Black-Jack-Tisch elf.
Am Würfeltisch wurden es dann sehr schnell siebenundzwanzig.
Und da begann ich an eine Glückssträhne zu glauben.
Ich dachte mir, dass sie sicherlich nicht ewig dauern würde, und setzte alles beim Roulette auf die Null, also auf Zero. Ja, ich wollte alles oder nichts. Und wenn die Null gekommen wäre, o weia, dann würden sich meine siebenundzwanzig Dollar um das Fünfunddreißigfache vermehrt haben.
Aber es kam die Dreiundzwanzig.
Und damit stand ich wieder am Anfang. Der einzige Unterschied war nur, dass ich jetzt einen vollen Bauch hatte und wieder drei Tage und drei Nächte hungern konnte.
Doch das wollte ich unter keinen Umständen mehr. Deshalb würde ich nun ein Bandit werden.
Denn hatte ich nicht meinem narbigen Wallach versprochen, dass es vom nächsten Tag an anders werden würde? Oh, zum Teufel, mir langte es jetzt, wie ein Hungerleider und Tramp in El Paso auf ein Wunder zu warten.
Ich musste handeln. Und so begann ich mich in der Spielhalle nach einer fetten Beute umzusehen.
Im hinteren Spielzimmer fand eine besondere Pokerpartie statt. Da saßen fünf hartgesottene Spieler am runden Tisch und spielten um Beträge, die für mich gewaltig waren. Zuschauer durften nicht hinein, aber am Durchgang, da drängten sich die neugierigen Zuschauer, und weil ich ziemlich groß war, konnte ich über die Köpfe oder zumindest Schultern hinwegsehen. Ja, da fand ein Spiel statt, von dem man in Texas gewiss bald erzählen würde.
Aber wer hatte denn jetzt in dieser miesen Zeit noch so viel Geld? Eigentlich konnte es sich da doch nur um Yankees handeln.
Ich fragte meinen Nachbarn zur Rechten: »He, Freund, wer sind die denn da drinnen? Kennst du sie?«
Der bullige Bursche grinste mich an. Er sah wie ein Frachtfahrer und Maultiertreiber aus.
»Aaah«, sagte er grinsend. »Zwei dieser Kerle sind Yankees, die hier bei den Versteigerungen alles zu Schleuderpreisen aufkaufen. Es tut richtig gut, sie verlieren zu sehen. Vielleicht haben sie dann bei den nächsten Versteigerungen nicht mehr genug Bargeld bei sich. Der dritte Bursche – der mit der Schafsnase – ist der Steuereintreiber der Yankees, mit dem die beiden gewiss gemeinsame Sache machen. Der vierte Mann ist nicht einfach nur ein Mexikaner, sondern ein ehemaliger General – ein selbst ernannter General, der früher Bandit war, sich aber auf die Seite der Franzosen schlug und gegen Benito Juarez kämpfte. Er musste über die Grenze flüchten, weil Juarez ihn gerne hängen lassen würde. Er muss drüben reiche Beute gemacht haben.«
»Und der fünfte Mann?« So fragte ich. Denn dieser Mann interessierte mich besonders, aber nicht deshalb, weil er wie ein Boss aussah, der es gewöhnt war, Befehle zu erteilen und Männer zu führen, sondern mehr aus dem Grund, weil er der Mann war, der an diesem Tisch gewann, immer wieder gewann.
Er saß auf der anderen Seite des runden Tisches im Lampenschein, sodass ich ihn genau betrachten konnte. Ja, er war gewiss ein Boss, ein beachtlicher Bursche. Vielleicht war sein Haar schon ein wenig grau geworden, aber er war gewiss nicht älter als vierzig.
Der Frachtfahrer neben mir sagte: »Den kenne ich nicht. Der ist nicht aus El Paso. Er muss sich auf der Durchreise befinden, und ich frage mich, wie lange diese vier Hurensöhne ihn noch gewinnen lassen. Besonders der mexikanische Bandit, den sie Rondo nennen, wird das nicht mehr lange ertragen. Er hat zwei Leibwächter und ständige Begleiter bei sich, gefährliche Pistoleros. Der lässt sich nicht so einfach sein Geld beim Poker abnehmen.«
Ich bedankte mich für die Auskünfte und verharrte weiter in der Gruppe.
Wie lange würde dieses Pokerspiel noch dauern? Es war ja noch nicht mal Mitternacht. Solche Pokerpartien dauerten manchmal Nächte und Tage.
Ich überzeugte mich, dass es aus diesem Hinterzimmer keinen anderen Ausgang gab, und zog mich wieder zurück. Denn nun musste ich warten. Es genügte, dass ich dann und wann mal einen Blick auf die Runde warf.
Als ich an der langen Bar entlangging, an dem die durstigen Kehlen standen, verspürte ich Neidgefühle, weil es offenbar noch genügend Burschen gab, die ein paar Cents für einen Drink hatten.
Einer wandte sich mir zu und sagte: »He, bist du nicht Vance Logan, den General Lee zum Lieutenant ernannte, weil er den Yanks fünfhundert Pferde stehlen und dadurch ein ganzes Regiment zu Fußgängern machen konnte?«
Nun, Vance Logan, das ist mein Name. Ich konnte es nicht abstreiten. Überdies konnte ich mir ausrechnen, dass ich bald einen Drink spendiert bekommen würde. Und so sagte ich: »Der bin ich. Aber dich kenne ich nicht.«
»Das glaube ich«, sagte er und grinste. »Wir waren ja auch nur angetreten, um deiner Beförderung und Belobigung den feierlichen Rahmen zu geben. Aber dann wurden die Pferde verteilt. Auch ich musste nicht mehr laufen. Dafür danke ich dir noch heute. Darf ich dir einen Drink spendieren?«
»Sicher.« Ich grinste. »Wenn du nicht von mir erwartest, dass ich mich revanchiere. Denn ich bin platt und pleite.«
Er lachte. Dann bot er mir die Hand.
»Ich bin John Langdon. Nachdem wir wieder Pferde hatten – was dir zu verdanken war –, griffen wir eine starke Artilleriestellung der Yanks an und eroberten die Geschütze. Und weil ich der Anführer war, wurde auch ich Lieutenant. Das gefiel mir damals sehr. Oha, ich muss dir dankbar sein, Vance Logan.«
Er lachte. Und auch ich lachte. Und dann tranken wir einige scharfe Sachen. Ich hatte gut gegessen und konnte sie vertragen. Wir standen lange an der Bar und unterhielten uns über den verdammten Krieg und was man jetzt tun konnte, um ein paar Dollars zu verdienen.
Und dann sah ich diesen Mann aus dem Hinterzimmer kommen, der immerzu gewonnen hatte und der wie ein Boss aussah.
Ich verabschiedete mich von John Langdon und folgte dem Mann, in dessen Taschen sich jetzt eine Menge Geld befinden musste. Denn ich war mir sicher, dass er auch weiterhin gewonnen und dass sich die Pokerrunde kurz nach Mitternacht deshalb aufgelöst hatte, weil die anderen Spieler nicht noch mehr verlieren wollten.
Ja, ich war entschlossen, ihm die Taschen ein wenig leichter zu machen. Ich hatte lange genug auf eine Chance gewartet, sie überall gesucht.
Die Straßen und Gassen des nächtlichen El Paso waren nicht mehr sehr belebt. Nur drüben im mexikanischen Teil der Stadt feierte man offenbar eine Fiesta. Denn von dort drüben klangen Musik und Gesang, tönten Gelächter und das Kreischen von Frauen und Mädchen.
Der Mann vor mir ging ruhig seines Weges. Er bewegte sich trotz seines Schwergewichtes leicht und geschmeidig. Es würde nicht einfach sein, ihm seinen Spielgewinn abzunehmen, denn dieser Bursche war gewiss sehr reaktionsschnell und konnte kämpfen.
Ob ich mein Vorhaben lieber aufgeben sollte? Dies fragte ich mich.
Aber im nächsten Moment überwand ich mein Zaudern.
Ich hatte mich noch nie vor einem Gegner gefürchtet und sie bisher alle geschafft. Und überdies war ich der Meinung, dass ich diesem Mann da eigentlich nicht wirklich etwas wegnehmen würde – nur seinen Spielgewinn. Und den hatte er anderen Männern abgenommen. Vielleicht war er sogar ein Bursche, der mit Kartentricks arbeitete.
Er strebte dem nördlichen Stadtausgang zu. Aber er war zu Fuß. Also musste er vor der Stadt – aber dicht bei ihr – sein Camp haben.
Als er die letzten Adobehütten erreicht hatte, zwischen denen sich auch Schuppen und Ställe befanden, da trat ihm eine dunkle Gestalt in den Weg. Ich konnte das ziemlich gut in der Nacht erkennen. Und hinter ihm kam noch eine Gestalt aus dem tiefen Mondschatten eines Stalles zum Vorschein.
Ich begriff sofort, dass mir da zwei Hombres zuvorkommen wollten, ja, zwei Hombres, deren Hüte mir verrieten, dass sie Mexikaner waren. Ich hatte sofort eine Ahnung, wer die beiden Burschen waren, nämlich die Leibwächter des Banditengenerals Rondo, jenes Burschen, der mit am Spieltisch saß und eine Menge verlor.
O weia, sie wollten mir meine Beute wegnehmen. Und sie hatten ihn eingekeilt. Eigentlich hatte er keine Chance gegen die beiden Pistoleros, die sich gewiss auskannten in diesem Geschäft.
Ich glitt näher durch den knöcheltiefen Staub und hielt mich im Mondschatten der Hütten, Schuppen und Ställe. In einem der Ställe meckerten Ziegen. Sie übertönten das leise, mahlende Geräusch meiner Stiefel im Staub.
Der Mann vor mir war ganz und gar auf seinen Vordermann konzentriert, der ihm den Rücken zuwandte.
Nur einmal wandte der Eingekeilte und Gestellte den Kopf und blickte über die Schulter zurück.
Wahrscheinlich sah er dabei auch meine Gestalt im Schatten des Stalles, aus dem die Ziegen meckerten, so als wollten sie uns alle auslachen. Dann hörte ich den mir am weitesten entfernten Pistolero sagen: »Hinter dir, Horacio!«
Er sagte es in spanischer Sprache, doch die sprach ich fast so gut wie ein Mexikaner.
Der Mann hatte also auch meinen Schatten hinter seinem Compañero gesehen.
Jener Horacio wandte sich mir zu.
»Ay, du störst hier, Amigo«, sprach er freundlich. »Wenn du nicht möchtest, dass ich dir Beine mache, dann solltest du einfach wieder verschwinden.«
Ich lachte leise und hob meine Hände, zeigte ihm meine Handflächen und trat näher. Dabei sagte ich: »Aber ich will euch doch nur helfen, Amigos. Wisst ihr, dieser Hombre da, den ihr eingekeilt habt, hat ein großes Geheimnis, das ich euch verraten könnte, wenn ihr mich ...«
Länger musste ich kein dummes Zeug reden.
Denn nun war ich nahe genug an ihn herangekommen. Und weil ich ihm in Schulterhöhe meine Handflächen zeigte, dummes Zeug dabei redete und ihn neugierig gemacht hatte, machte er sich keine großen Sorgen. Er hielt zwar seinen Colt in der Hand, doch mit der Mündung nach unten. Allerdings brauchte er den Lauf nur zu heben, um mich in die Mündung sehen zu lassen oder sie mir gegen den Magen zu drücken.
Ich wusste, ich musste verdammt schnell sein.
Aber das war ich schon immer gewesen, wenn es um Reflexe ging.
Und so zögerte ich nicht länger.
Ich schlug mit beiden Händen zu, so als wollte ich eine Fliege zwischen den Handflächen platt machen – nur war sein Kopf keine Fliege. Ich traf ihn rechts und links auf die Backen wie mit zwei Brettern – und dann sauste meine Linke nieder auf seinen Revolverlauf, den er instinktiv hochschwang, um mir in den Bauch zu schießen. Ich drückte den Lauf zur Seite, dann erst krachte der Schuss. Die Kugel ging in den Ziegenstall.
Und dann gab ich es ihm noch mal, diesmal aber nicht mit der flachen Hand, sondern mit der Faust. Er schlug fast ein Rad, so hart traf ich ihn mit meinem Schwinger von rechts auf Ohr und Schläfe.
Auch drüben war es schon vorbei, und ich konnte nur noch staunen. Der andere Hombre war gar nicht mehr zum Schuss gekommen, sondern hatte seinen Revolver fallen gelassen. Jetzt kniete der Bursche im Staub und hielt einen Messergriff umklammert, dessen Klinge bis zum Heft in seiner Magengrube steckte.
Der Mann aber, dem ich das Geld abnehmen wollte, hatte nun seinen Colt in der Hand und sah mir entgegen.
Wir betrachteten uns im Mond- und Sternenschein.
Obwohl ein Schuss gekracht hatte und die Ziegen im Stall nun noch lauter meckerten, blieb es in der Umgebung still.
Wenn in El Paso Schüsse krachten, war man nicht allzu neugierig. Man wollte nicht in heißes Blei laufen, nur um seine Neugierde zu befriedigen.
Der Mann sagte: »Vielen Dank für die Hilfe, mein Freund. Die hatten mich tatsächlich in der Klemme. Das war ein hübscher Trick von Ihnen, ihm erst mal etwas auf die Backen zu hauen. Ich werde mir diesen Trick merken.«
Er deutete mit dem Revolverlauf auf den Bewusstlosen im Staub.
»Der wacht gewiss bald wieder auf. Ich möchte nicht, dass er seinen Herrn und Meister warnt. Wollen Sie mitkommen und mir den Rücken freihalten?«
»Gern, Mister«, erwiderte ich. »Doch erst muss ich meinen Colt laden. Ich habe keine volle Kammer mehr in der Trommel. Aber halt – ich nehme mir den Revolver dieses Hombre. Da liegt er ja.«
Ich holte mir die Waffe des Pistoleros aus dem Staub und prüfte sie kurz. Als ich mich mit der Waffe in der Hand dem Manne zuwandte, den ich hatte ausrauben wollen und dem ich dann Hilfe leistete, da hielt er seine Waffe wie zufällig auf mich gerichtet.
Ja, er war vorsichtig und traute mir nicht. Oha, was war er für ein Mann! Sein Wurfmesser musste er aus einer Nackenscheide geholt und mit einer blitzschnellen Bewegung geworfen haben.
Vielleicht wäre er mit beiden Pistoleros auch ohne meine Hilfe zurechtgekommen, und vielleicht hätte er auch mir einen Trick gezeigt.
Wir gingen nebeneinander den Weg zurück. Ich wusste sofort, wohin er wollte. Es konnte nur die Spielhalle sein, wo dieser Bandit Rondo wahrscheinlich darauf wartete, dass seine beiden Pistoleros ihm das verlorene Geld zurückbrachten und dazu noch eine Menge mehr.
Der Mann, neben dem ich ging und den ich eigentlich hatte ausrauben wollen, wusste genau, zu wem die beiden Pistoleros gehörten und wer sie ihm auf die Pelle geschickt hatte.
Er war nun mit mir unterwegs zu diesem Burschen, der sich mal selbst zum General ernannt hatte, weil er glaubte, seine Banditenbande wäre eine kleine Armee.
Ich sagte: »Mein Name ist Logan, Mister, Vance Logan. Ich habe Sie vorhin in der Spielhalle gewinnen sehen.«
Er hielt an und wandte sich mir zu.
»Ich weiß.« Er grinste im Mond- und Sternenschein. »Sie gehörten zu den Zuschauern, die sich im Durchgang drängten und über das viele Geld auf dem Tisch staunten. War es Zufall, dass Sie den gleichen Weg nahmen wie ich?«
»Nein.« Ich grinste zurück. »Ich folgte Ihnen, weil Sie meiner Meinung nach etwas zu viel Geld mit sich herumschleppen mussten. Aber dann kamen mir diese beiden Bandoleros zuvor. Ich griff eigentlich nur ein, weil ich mir von denen nichts wegnehmen lassen wollte.«
Er lachte nun leise.
»Und Ihr Colt war nicht mal geladen«, sagte er lachend. »Deshalb mussten Sie dem Hombre was auf die Backen geben. Oha, was für ein Spaß! Und wie ist es jetzt mit Ihrer Absicht, mir die Taschen zu leeren?«
Wir standen uns dicht gegenüber, hielten jeder einen geladenen Colt in der Hand, allerdings mit der Mündung nach unten.
Im Mond- und Sternenschein sahen wir uns an. Und er wartete auf meine Antwort auf seine Frage.
Auch ich lachte leise und sprach dann: »Ach, Mister, ich bin jetzt nicht mehr so scharf darauf, mit Ihnen einen Verdruss anzufangen. Ich kann mir denken, wohin wir gehen. Und wenn ich Ihnen den Rücken freihalten kann, dann werden Sie mir gewiss mehr spendieren als nur einen Drink – oder?«
»Mein Name ist Warwick«, sagte er. »Jack Warwick aus Tennessee. Gehen wir.«
Wir legten den Rest des Weges bis zur Spielhalle zurück und sprachen unterwegs kein Wort mehr. Er versprach mir nichts, gar nichts. Und dennoch ging ich mit ihm. Denn ich war einfach zu neugierig darauf, wie er die Sache anpacken würde.
Als wir den Eingang erreichten, verstanden wir uns ohne ein einziges Wort. Ich ließ ihn allein hineingehen, wartete noch etwa zwanzig Sekunden. Denn es sollte niemand erkennen, dass ich zu ihm gehörte.
Als ich in die Spielhalle trat, da hatte die Schau schon begonnen.
Denn ich hörte seine Stimme laut sagen: »Siehst du mich, du Hurensohn? Deine beiden Pfeifenköpfe haben es nicht geschafft. Aber sie sagten mir, wer sie geschickt hat und dass du zu feige seist, es selbst zu versuchen. He, bist du wirklich zu feige, Hurensohn? Hier bin ich. Versuch's doch mal selbst!«
Es waren höhnende Worte, verletzend und herausfordernd.