G. F. Unger Western-Bestseller 2706 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2706 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es war ein heißer Nachmittag, als ich durch den Rio Grande ritt und dann am Nordufer noch einmal anhielt, um hinüber nach Mexiko zu blicken. O Vater im Himmel, dachte ich dankbar, du hast mich wieder einmal davonkommen lassen wie schon so oft. Aber wie lange noch wirst du deine Hand über mich halten? Ja, das war die Frage, die ich mir immer öfter stellte. Denn ich, Jed Catermain, war ein Revolvermann. Und ich wusste zu genau, dass wir alle, die wir zu dieser Gilde gehörten, irgendwann zum Untergang verurteilt waren. Es konnte nicht ständig alles gut gehen. Nein, irgendwann und irgendwo waren wir alle an der Reihe zu sterben. Keiner kam immer davon. Und so würde es auch mit mir geschehen. Es war dumm, darauf zu hoffen, dass man selbst eine Ausnahme wäre - es sei denn, man wurde ein anderer Mensch mit einer völlig anderen Lebensweise, änderte also sein Leben und seine Identität. Konnte ich das? Wollte ich es überhaupt? Wie weit würde ich reiten müssen, um meinem bitteren Ruhm entkommen zu können? Zehntausend Meilen? All diese Gedanken und Empfindungen gingen mir durch den Kopf, indes ich hinüber nach Mexiko blickte ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Catermain

Vorschau

Impressum

Catermain

Es war ein heißer Nachmittag, als ich durch den Rio Grande ritt und dann am Nordufer noch einmal anhielt, um hinüber nach Mexiko zu blicken.

O Vater im Himmel, dachte ich dankbar, du hast mich wieder einmal davonkommen lassen wie schon so oft. Aber wie lange noch wirst du deine Hand über mich halten?

Ja, das war die Frage, die ich mir immer öfter stellte. Denn ich, Jed Catermain, war ein Revolvermann. Und ich wusste zu genau, dass wir alle, die wir zu dieser Gilde gehörten, irgendwann zum Untergang verurteilt waren. Es konnte nicht ständig alles gut gehen. Nein, irgendwann und irgendwo waren wir alle an der Reihe zu sterben. Keiner kam immer davon.

Und so würde es auch mit mir geschehen. Es war dumm, darauf zu hoffen, dass man selbst eine Ausnahme wäre – es sei denn, man wurde ein anderer Mensch mit einer völlig anderen Lebensweise, änderte also sein Leben und seine Identität.

Konnte ich das? Wollte ich es überhaupt? Wie weit würde ich reiten müssen, um meinem bitteren Ruhm entkommen zu können? Zehntausend Meilen?

All diese Gedanken und Empfindungen gingen mir durch den Kopf, indes ich hinüber nach Mexiko blickte ...

Ich hatte drüben meinen schnellen Colt krachen lassen und einen Mann getötet, der sich vor dem Gesetz und dem Henker in Sicherheit bringen konnte, weil er einem Sheriffsaufgebot über den Rio Grande entkam. Der Mann hatte gemordet und eine Frau geschändet.

Aber die geschändete Frau, die er zuvor zur Witwe machte, und deren Angehörige wollten nicht, dass der Mistkerl davonkam. Und so warben sie mich und meinen Colt an. Also ritt ich hinüber, suchte den Kerl und fand ihn. Ja, ich ließ ihm eine faire Chance. Es kam zu einem Duell in den einsamen Hügeln. Ich war schneller als er.

Und nun ritt ich zurück. Was er jenen Leuten an Geld und Schmuck geraubt hatte, gehörte nun mir. Das besaß ich schriftlich. Das war mein Revolverlohn.

Nun, lieber Leser meiner Geschichte, damit ist wohl völlig klar, was für ein Bursche ich war – kein Killer jedenfalls, auch kein ruhmsüchtiger Revolverschwinger, nein, dies nicht, doch aber ein Rächer, den man anwerben konnte, wenn das Gesetz es nicht schaffte, einen Schuldigen zu bestrafen.

Ich zog mein Pferd herum, sodass dessen Nase wieder nach Norden zeigte. Und dann ritt ich aus dem Rio Grande Valley hinauf zu den Hügeln und sah bald schon auf einen kleinen Ort nieder, der mitten in einem weiten Tal lag.

Der Ort war wohl von den Spaniern gegründet worden. Das sah ich an der alten Missionskirche und deren Nebengebäuden.

Auf den ersten Blick wirkte alles so friedlich, so freundlich und heil. Alte Cottonwoods standen da und dort, auch auf der Plaza.

Doch dann sah ich, dass kaum Felder oder Äcker vorhanden waren, dass dieses Tal sozusagen trocken war, also ohne Wasser. Der Creek, der sich durch das Tal schlängelte, war trocken, auch die Abzweigungen und die Senken, in denen sich einst mehr oder weniger tiefe Tümpel oder kleine Seen befanden.

Vom Ort her verlief ein Reit- und Fahrweg zum Rio Grande. Er verschwand links von mir in einer Hügellücke. Zwei Wagen kamen aus dem Ort herausgefahren, beladen mit oben offenen Fässern.

Ich begriff sofort, dass dieser Ort sich mit Wasser aus dem Rio Grande versorgen musste, weil es offenbar keine Brunnen gab.

Was war los dort unten? Dies fragte ich mich, und einen Moment lang sagte mir mein Instinkt, dass es wahrscheinlich besser wäre, wenn ich den Ort im weiten Bogen umreiten würde. Ich zögerte einige Atemzüge lang.

Aber was gingen mich die Probleme der Menschen hier an? Ich hatte Hunger und keinen Proviant mehr in den Satteltaschen. Warum sollte ich also einen Bogen um den kleinen Ort machen?

Als ich kurz vor den ersten Häusern und Hütten einen Felsen passierte, der sich wie eine geballte Faust aus dem Boden erhob, da sah ich ein Wort, das in großen Buchstaben in das Gestein eingemeißelt worden war.

Das Wort hieß »Elvita«. Es war wohl ein Frauenname, und so hieß wahrscheinlich der Ort. Elvita also, dachte ich. Warum haben sie es nicht Santa Elvita genannt? Die Spanier verwandten doch sonst die Namen von Heiligen, mochten es weibliche oder männliche sein, als Ortsnamen.

Ich ritt in den Ort, sah nach rechts und links. Die staubige Straße war wie ausgestorben, sogar einige Hunde verschwanden bei meinem Kommen. Doch aus den Fenstern und Hauseingängen beobachteten mich viele Augenpaare. Ich konnte es mehr spüren als erkennen.

Als ich ein lang gestrecktes Gebäude erreichte, in dem sich eine Mischung von Fonda, Bodega und Saloon mit angeschlossenem Store befand, da hielt ich an und band mein Pferd an die Haltestange. Es war ein sehr gutes Pferd, ein roter Hengst, mit dem mich eine Freundschaft verband, wie sie zwischen einem Pferd und einem Mann ganz ungewöhnlich war.

Aber das lag wahrscheinlich daran, dass Red manchmal fast menschlich zu denken vermochte und er meine Zuneigung deshalb nicht nur instinkthaft spürte. Jedenfalls bildete ich mir das sein.

Ich saß langsam ab und wollte hineingehen.

Aber da sah ich von der Plaza her einen Reiter kommen, dessen Pferd lahmte. Ich verspürte sofort einen Widerwillen gegen diesen Reiter, fast schon einen verächtlichen Zorn. Denn jeder anständige Reiter wäre längst abgesessen und hätte das lahmende Pferd vorsichtig geführt. Das Tier musste am linken Vorderhuf verletzt sein.

Verdammt, was kommt da für ein Mistkerl im Sattel eines verletzten Pferdes angeritten! Dies fragte ich mich. Und weil ich mir diesen Burschen genauer ansehen wollte, verharrte ich auf der Veranda und wartete.

Oha, diese Sorte von Burschen kannte ich. Er war noch jung, aber schon ein Mann. Er wirkte kühn und verwegen, hatte ein goldenes Band am Hut, trug silberne Sporen und saß in einem prächtigen Sattel. Diese Burschen konnte man mit Königssöhnen vergleichen, denn sie hatten zumeist einen mächtigen Vater, dem sie fortwährend beweisen wollten, dass sie einmal so werden würden wie er.

Ja, das war die Sorte, zu der der andere da gehörte.

Seine Augen waren beim Heranreiten auf mein Pferd gerichtet. Mir schenkte er kaum einen Blick. Ich sah auch ziemlich abgerissen aus, fast wie ein Tramp. Denn jene Fährte, der ich folgte, war lang gewesen. Ich war stoppelbärtig, staubig und sah halb verhungert aus. Doch ich trug zwei Revolver im Kreuzgurt. Dies hätte den Narren warnen müssen.

Ja, er war ein Narr, ein arroganter Dummkopf, der sich in diesem Land alles erlauben zu können glaubte.

Das bewiesen mir seine Worte, die er vom Sattel seines armen Pferdes zu mir herübersprach. Denn er sagte heiser: »Das trifft sich gut. Ich brauche ein Pferd, denn ich habe es eilig. Ich kaufe dieses da für zwanzig Dollar. Hier!«

Bei seinen Worten griff er mit zwei Fingern in die Westentasche. Und bei seinem letzten Wort warf er mir ein Zwanzig-Dollar-Stück zu.

Ich fing es mit der Linken und warf es ihm zurück.

»Nein«, sagte ich dabei.

Mehr sagte ich nicht. Aber ich hätte ihm sagen können, dass mein roter Hengst den zwanzigfachen Preis wert sei. Gewiss, man konnte jetzt in New Mexico und auch drüben in Texas für zwanzig Dollar ein recht brauchbares Pferd kaufen – doch nicht ein Tier wie meines, das einen hervorragenden Zuchthengst abgegeben hätte.

Ich hätte es ihm erklären können. Doch wozu? Ich wusste, dieser Bursche wollte nun mein Pferd, weil meine Abweisung eine Herausforderung für ihn war.

Er saß still im Sattel seines nun auf drei Hufen verharrenden Tieres und staunte. Dann fragte er ungläubig: »He, Mann, weißt du nicht, wer ich bin?«

»Einigermaßen schon«, erwiderte ich. »Du bist ein Bursche, der auf einem hufkranken Pferd reitet und dem es egal ist, ob das Tier dabei leidet und schließlich so hufkrank wird, dass man es erschießen muss. Ich glaube, du bist ein ganz besonders dummes und arrogantes Schwein!«

Ich sprach ganz ruhig, fast leise – aber in mir war Bitterkeit.

Denn ich wusste jetzt schon ziemlich sicher, wie es ausgehen würde. War das Schicksal? Verdammt, warum kam dieser Bursche gerade jetzt auf seinem lahmenden Tier angeritten? Ja, es musste Schicksal sein!

Er ließ plötzlich ein wildes und fast freudiges Lachen hören. Dann saß er mit einer geschmeidigen Bewegung ab und trat von seinem Pferd weg. Er rückte seinen Colt zurecht und sprach zu mir herüber: »Ich werde dir klarmachen, wer hier ein Schwein ist. Ich bin Arch Lonegan. Wenn ich es mir richtig überlege, dann kommt mir dieser rote Hengst sehr bekannt vor. Wir hatten noch voriges Jahr solch einen Wildhengst in unserem Land, der uns ein Dutzend Zuchtstuten entführte. Du hast ihn gewiss eingefangen und gezähmt. Aber deshalb gehört er immer noch uns Lonegans, denn er wuchs auf unserem Land auf. Her damit! Bring ihn mir oder kämpfe, Sattelstrolch!«

Nun war alles klar.

Er wollte wahrscheinlich auch dem Ort zeigen, dass sein Wille hier Gesetz war, nein, dem ganzen Lande wollte er zeigen, dass es keinen Sinn hatte, sich gegen einen Lonegan behaupten zu wollen. Denn gegen einen Lonegan konnte man niemals gewinnen, nur stets verlieren.

Oh, ich begann zu ahnen, was in diesem Land los war.

Und so überlegte ich tatsächlich einige Sekunden lang, ob es nicht besser wäre, ihm meinen Hengst zu überlassen, als ihn zu töten. Wahrscheinlich bekam er hier in Elvita stets alles, was er haben wollte, weil jeder die Macht fürchtete, die hinter ihm stand.

Sollte ich also aufgeben?

Natürlich hatte ich schon von den Lonegans gehört. Sie besaßen ein Rinderreich. Und den alten Lonegan nannte man Big Duke, was so viel wie großer Herzog bedeutete. Der da war einer seiner Söhne.

Hölle und Teufel, was war schon ein Vierhundert-Dollar-Hengst gegen den Verdruss, den ich mir einkaufen würde, wenn ich diesen Arch Lonegan von den Beinen schoss? Ich besaß genug Geld, um mir ein anderes Pferd kaufen zu können.

Doch dann kam der andere Gedanke. Was würde dieser Hurensohn mit meinem Hengst machen? Ich sah ja, was er mit seinem Tier angestellt hatte. Es stand zitternd auf drei Hufen da und hatte sich ein wenig zur Seite gedreht. Ich sah die blutigen Flanken. Er hatte das Tier – es war ein Pinto-Wallach – mit den Sporen bearbeitet.

Ich sagte: »Lonegan, hau ab hier – nein, nicht mit dem kranken Pferd! Besorg dir ein anderes! Aber hau ab, bevor ich ...«

Weiter kam ich nicht, denn er schnappte nach seinem Colt.

Ja, er war schnell, sehr schnell. Und wahrscheinlich hatte ihn das vor allem so verdorben und arrogant gemacht. Er hielt sich für unbesiegbar.

Ich traf ihn mit meiner Kugel mitten ins Herz, denn weil er so schnell war, musste ich ihn voll erwischen. Mit meiner Kugel im Herzen schoss er noch einmal vor seine Füße in den Staub. Dann fiel er und lag still.

Ich atmete langsam aus, und die Bitterkeit ließ mich seufzen.

Das war es also wieder. Ich hatte gekämpft und getötet.

Mit dem linken meiner beiden Colts in der Hand verharrte ich, ließ meine Blicke nach allen Seiten wandern. Drohte mir vielleicht noch eine weitere Gefahr?

Aber nichts rührte sich außer schwirrenden Fliegen oder anderen Insekten. Sonst war alles still in Elvita.

Ich schob den Colt ins Holster und ging in den Store. Denn ich brauchte Proviant und einige andere Dinge. Ich musste fort, am besten wieder über den Rio Grande zurück nach Mexiko. Denn die Lonegan-Reiter würden meinen Skalp haben wollen.

Ich ging also in den Store, um mich mit allen Dingen zu versorgen, die mir dabei helfen würden, viele Tage jeden Menschen zu meiden und eine einsame Fährte zu reiten und diese zu verwirren. Niemand durfte mich in den nächsten Tagen und Nächten reiten sehen.

Aus dem Halbdunkel im Hintergrund des Store, wo die Regale mit den Waren standen, trat eine Frau. Ja, sie war schon eine Frau, kein Mädchen mehr. Ich erkannte dies an ihren blauen Augen, die mich ernst betrachteten. Sonst war sie dunkel wie eine Mexikanerin. Wahrscheinlich war sie zur Hälfte mexikanischer Abstammung. Nur die blauen Augen verrieten einen angloamerikanischen Elternteil.

Ich griff an meine Hutkrempe, verbeugte mich leicht und sagte meine Wünsche.

Sie aber erwiderte: »Sie müssen sich das alles selbst nehmen, Mister. Denn ich kann Ihnen nichts verkaufen. Ich darf es nicht. Duke Lonegan würde mich bestrafen. Aber wenn Sie sich alles nehmen, bin ich als Frau machtlos. Doch das wird Sie zum Banditen machen. Verstehen Sie?«

O ja, ich verstand es gut.

Sie fügte hinzu: »Er wird uns alle bestrafen – ganz Elvita. Wir werden dafür büßen, dass Sie seinen jüngsten Sohn erschossen haben. Nur Sie werden sich in Sicherheit bringen können, nur Sie.« Sie verstummte bitter und lehnte mit verschränkten Armen an der Wand.

Ich nickte. Dann machte ich mich auf die Suche nach Speck, Bohnen, Rauchfleisch, Mehl, Zucker, Kaffee und anderen Dingen. Ich tat alles in einen Sack, den ich an mein Sattelhorn hängen wollte. Dann zahlte ich den Betrag, den ich schätzte, legte das Geld auf den Ladentisch.

Die junge und so hübsche Frau bewegte sich nicht, sah mir nur zu.

Ich nahm den Sack und ging hinaus.

Mein Pferd war nicht mehr da. Es war weg. Nur das kranke Tier stand noch da auf drei Hufen. Und der Tote lag noch im Staub.

Doch mein Pferd war weg. Jemand hatte es weggebracht. Und das war ein fast unglaubliches Wunder. Denn mein roter Hengst ließ sich sonst von einem Fremden nicht einfach wegführen.

Was nun?

Ich verharrte und witterte in die Runde. Was bedeutete das? Saß ich in der Falle? Ohne Pferd würde ich hier festsitzen und keine Chance haben, den Lonegans zu entkommen.

Während ich so verharrte, hörte ich ein Geräusch. Es war der Hufschlag von Pferden oder Maultieren. Er entfernte sich, wurde also leiser. Ich begriff, dass jemand nicht nur meinen Hengst wegbrachte, sondern wahrscheinlich auch alle anderen Reittiere dieser Stadt wegtrieb.

Und in dieser Minute begriff ich alles. Man musste es mir nicht erklären. Es war zu einfach.

Die kleine Stadt, die im Schatten der mächtigen Lonegans lebte, wollte nicht an meiner Stelle bestraft werden. Ein Lonegan war hier getötet worden. Er lag noch im Staub der Straße. Wenn man mich entkommen ließ, würden die Lonegans dies als eine gegen sie gerichtete feindliche Handlung auffassen und dementsprechend reagieren. Davor fürchtete sich Elvita.

Also sorgte man dafür, dass ich nicht mehr fortreiten konnte.

Ich verhielt immer noch mit dem gefüllten Proviantsack in der Rechten, den ich wie einen großen Beutel in der Hand hielt. Nun ließ ich ihn einfach neben meinen rechten Fuß zu Boden fallen und machte mich auf den Weg.

Ja, ich würde diese armselige Stadt nach einem Reittier durchsuchen. Vielleicht fand ich irgendwo noch eins versteckt in einem Stall, einer Scheune oder einem Schuppen. Selbst wenn es ein altes Maultier wäre – oder ein Wagenpferd, ich würde es nehmen und damit zu entkommen versuchen.

Ich erinnerte mich auch an die beiden Wagen, die mit leeren Fässern zum Rio Grande fuhren, wie ich es vorhin von den Hügeln aus gesehen hatte. Aber die Fahrer würden sich wohl nicht in die Stadt wagen, weil man sie gewarnt hatte. Sie würden mit ihren Zugpferden draußen außerhalb der Stadt bleiben.

Und ein schneller Reiter würde jetzt schon zu den Lonegans unterwegs sein, deren Hauptranch wahrscheinlich nur wenige Meilen entfernt lag.

Nun, ich machte mich also auf den Weg. Und ich war bereit für alles.

Ich ging in jeden Hof, sah in jeden Stall, in jede Scheune.

Aus den Fenstern oder den offenen Hauseingängen beobachteten mich viele Augenpaare. Aber man ließ mich gewähren, versuchte nichts Feindliches gegen mich. Sie wussten ja längst, dass ich ein gefährlicher Revolvermann war, gegen den sogar der großspurige Arch Lonegan keine Chance gehabt hatte.

Es wurde Abend. Die Sonne war nur noch eine rote Scheibe tief im Westen und versank langsam hinter den Hügeln.

Langsam kehrte ich zum Store zurück. Dort lag immer noch mein Proviantsack. Ich spürte nun einen bösartigen Hunger, und so nahm ich den Sack auf und setzte mich auf die Bank an der Hauswand. Ich begann, vom Rauchfleisch zu essen, kaute auch etwas Trockenobst.

Neben mir war der immer noch offene Eingang zum Store. Dort raschelten die Röcke der jungen Frau. Ich blickte zur Seite. Trotz der Dunkelheit – es war inzwischen Nacht geworden – erkannte ich ihre geschmeidige Gestalt, die am Türpfosten lehnte. Ich sagte nichts, sondern kaute ruhig weiter.

Indes ich den ganzen Ort nach einem Reittier durchsucht hatte, war der Tote weggeschafft worden, auch das hufkranke Pferd.

Ich hörte die junge Frau leise sagen: »Wenn Sie etwas trinken wollen, ich hätte roten Wein. Unsere Wasserwagen vom Rio Grande kommen diese Nacht nicht mehr. Und morgen werden die Lonegans kommen. Wollen Sie etwas Wein, Mister?«

»Gern«, erwiderte ich. »Mein Name ist Catermain, Jed Catermain. Sind Sie allein in diesem Store?«

»Ich bin Witwe«, erwiderte sie. »Aber ich habe bei Bedarf Helfer. Denn ich führe auch die Bodega und den Saloon nebenan. Es gehört alles zusammen. In diesem Ort leben Mexikaner und Anglos zusammen. Auch die starke Mannschaft der Lonegans setzt sich so zusammen. Die Lonegans werden Sie töten, Jed Catermain. Morgen schon. Sie haben nur noch diese eine Nacht, um zu leben. Sie tun mir leid. Mein Name ist Laura Henderson. Meine Mutter war eine Gonzales. Verstehen Sie?«

Ich verstand.

»Und Ihr Vater?« So fragte ich.

»Ein verdammter Ire«, erwiderte sie, »der sich aus dem Staub machte, nachdem er meine Mutter geschwängert hatte. Als ich groß genug war, gab meine Mutter mich dem alten Abe Henderson, dem dies alles hier gehörte. Dann wurde sie von einer Klapperschlange gebissen und starb. Vielleicht war das die Strafe dafür, dass sie mich an den gierigen alten Geier verkauft hatte. Sie zog keinen Vorteil mehr daraus. Und auch er nicht. Denn er fiel bald schon betrunken die Kellertreppe hinunter und brach sich den Hals.«

Sie verstummte spröde.

Ich aber fragte: »Und warum erzählen Sie mir das alles, Laura?«

»Damit Sie Bescheid wissen über mich, Jed«, erwiderte sie. »Denn Sie können sich nun denken, dass ich schon mit vielen durchreitenden Fremden, die hier Quartier suchten, ins Bett ging. Vielleicht hoffte ich immer, dass einer von ihnen bei mir bleiben würde. Aber ich konnte keinen von denen, die wirklich Format besaßen, halten. Solche Männer wollten nicht im Schatten der Lonegans leben. Sie aber werden morgen von den Lonegans getötet werden. Ich würde gerne ...«

Sie sprach nicht weiter, sagte also nicht, dass sie mir gerne noch einmal einige Stunden vor dem Sterben schenken wollte. In ihren Armen sollte ich meine Ausweglosigkeit für eine Weile vergessen können.