G. F. Unger Western-Bestseller 2715 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2715 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als ich Georgia wiedersah, war sie noch schöner geworden. Außerdem war sie an diesem Tag eine glückliche Braut. Vielleicht war sie deshalb noch schöner und strahlender. Ich war auf meinem zähen, narbigen Wallach weit geritten. Am Wassertrog wusch ich mir Staub und Schweiß aus dem Gesicht. Das Hochzeitsfest war schon in vollem Gang. Es war eine herrliche Arizona-Nacht. Ich beobachtete Georgia beim Tanz. Jeder wollte mit der Braut tanzen. Obwohl ich mich im Schatten eines großen Cottonwoods hielt, bei dem einige Wagen abgestellt waren, hatte mein Bruder mich schon entdeckt. Er kam zu mir, stellte sich neben mich und verschränkte die Arme vor der Brust. Chris war etwas jünger als ich, aber von gleicher Größe und Statur. Wer uns sah, der wusste, dass wir Brüder waren. Doch das traf nur für unser Äußeres zu. Sonst waren wir voneinander so verschieden wie ein narbiger Sonora-Lobo von einem treuen, braven Hund ...


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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Sonora-Banditen

Vorschau

Impressum

Sonora-Banditen

Als ich Georgia wiedersah, war sie noch schöner geworden. Außerdem war sie an diesem Tag eine glückliche Braut. Vielleicht war sie deshalb noch schöner und strahlender.

Ich war auf meinem zähen, narbigen Wallach weit geritten. Am Wassertrog wusch ich mir Staub und Schweiß aus dem Gesicht. Das Hochzeitsfest war schon in vollem Gang. Es war eine herrliche Arizona-Nacht. Ich beobachtete Georgia beim Tanz. Jeder wollte mit der Braut tanzen.

Obwohl ich mich im Schatten eines großen Cottonwoods hielt, bei dem einige Wagen abgestellt waren, hatte mein Bruder mich schon entdeckt. Er kam zu mir, stellte sich neben mich und verschränkte die Arme vor der Brust.

Chris war etwas jünger als ich, aber von gleicher Größe und Statur. Wer uns sah, der wusste, dass wir Brüder waren. Doch das traf nur für unser Äußeres zu. Sonst waren wir voneinander so verschieden wie ein narbiger Sonora-Lobo von einem treuen, braven Hund ...

Chris sagte ohne Freude: »Ich freue mich, dass du gekommen bist, um uns Glück zu wünschen. Ich weiß, dass mal was zwischen dir und Georgia war. Aber das ist vorbei. Deshalb möchte ich nicht mit dir reden. Es geht mir darum, dass dein Lebenswandel mir ab heute keine Schande mehr macht. Darum wollte ich dich bitten, Bruder.«

So war Chris. Er strotzte nicht vor brüderlicher Liebe und zog es auch bei mir vor, die Dinge ohne Umschweife so zu sagen, wie sie waren.

Ich grinste und wusste, dass meine Zähne dabei herausfordernd in meinem dunklen Gesicht blitzten.

Er wurde sofort wütend und sagte schärfer: »Du bist mir eine Menge schuldig, Bruder. Vergiss es nicht! Vielleicht bist du auch Georgia etwas schuldig.«

»Vielleicht«, sagte ich. »Sonst noch etwas?«

Er schluckte. Dann sagte er etwas versöhnlicher: »Du bist ein Revolverheld, ein streunender Wolf, fast schon ein Bandit. Das alles könnte mir gleich sein, wenn wir nicht beide Mullegan hießen und Brüder wären. Ich habe den Ehrgeiz, es in diesem Land zu etwas zu bringen. El Toro war früher eine stolze und gute Stadt. Sie war auf dem Weg zum Wohlstand. Aber dann wurden Paco Jimenez und seine Sonora-Banditen zu mächtig. Wie blutsaugende Vampire sitzen diese Sonora-Banditen der Stadt El Toro an der Kehle. Ich will das ändern. Mit einer Bürgerwehr, mit Eingaben an den Gouverneur und ...«

Er brach ab, denn er wollte mir wohl nicht all seine Pläne verraten. Aber er fügte noch hinzu: »Der Name Mullegan muss Vertrauen besitzen, Achtung und Respekt. Wie können mir die Leute vertrauen, wenn ich einen Bruder habe, dessen Ruf ...«

»Ach, halt doch dein Maul!«, sagte ich. »Koch du deine Suppe und lass mich meine kochen.«

Ich trat schnell vor, als Georgia mit einem Tänzer in meine Nähe kam. Nach drei oder vier langen, gleitenden Schritten erreichte ich das Paar und klatschte Georgias Partner die flache Hand auf den Rücken.

Er blieb stehen und fuhr herum, denn er gehörte zu der stolzen, heißblütigen Sorte.

Aber dann erkannte er mich im Feuer- und Laternenschein, und er ging weg wie ein kleiner Pinscher, dem ein Wolf seinen Fang zeigte.

Ich tanzte mit Georgia weiter.

Bald sahen uns alle. Und wie wild ich auch mit Georgia tanzte, wir hatten überall Platz.

Ich wusste, was alle dachten oder sich zuflüsterten: Rae Mullegan ist da! Chris Mullegans großer und wilder Bruder ist gekommen. Seht, dort tanzt er mit der Braut. Hoffentlich gibt es auf dieser Hochzeit keinen Toten, weil es einen der wilden Jungs lockt, sich mit ihm zu messen.

Aber mir war es gleich, was sie über mich sagten oder dachten.

Ich hielt nach langen Jahren wieder einmal Georgia in den Armen. Und wir tanzten wie damals in Santa Rosa, bevor ich dort mit den Bradshaw-Jungs die Schießerei bekam und ihre Sippe mich monatelang durch Mexiko hetzte, bis sie nicht mehr zahlreich genug waren.

Damals hatten wir so getanzt. Und geküsst hatten wir uns auch.

Georgia lag geschmeidig in meinen Armen, aber sie lachte und sprühte nicht mehr vor Freude. Es war mir, als lausche sie tief in sich hinein.

Ihr Blick war fest und nachdenklich, doch mit einer Winzigkeit von Bedauern.

Dann verstummte die Musik. Die Paare zerstreuten sich und strömten vor allen Dingen zur »Tränke«, wo es auch Leckerbissen für eine bessere Grundlage gab. Einige Gäste ließen sich ein Stück vom Ochsen abschneiden, der über einem glühenden Feuer gedreht wurde.

Georgia und ich standen da und sahen uns an.

»Ich wünsche dir viel Glück, Braunauge«, sagte ich. »Du bist die schönste Braut, die ich jemals sah. Es war sicherlich richtig von dir, Chris zu nehmen. Vielleicht wird er noch einmal ein großer Mann in diesem Land. Auf jeden Fall aber ...«

»Schon gut«, unterbrach sie mich. Ihr Blick wurde schmal. »Es muss bei mir ein Mullegan sein«, sagte sie. »Hilf ihm, dieses Land zu verändern – oder geh weit genug fort. Versprich es!«

Ich schüttelte den Kopf.

»Kann ich etwas versprechen?«, fragte ich. »Wie war es denn in Santa Rosa? Als ich dich fragen wollte, ob du meine Frau werden wolltest, forderten mich die Bradshaw-Brüder zum Revolverkampf. Bei mir kommt immer etwas dazwischen. Ich kann nie etwas versprechen. Aber das ist nicht wichtig. Was heute für mich wichtig ist, das ist der Kuss, der mir als dein Schwager zusteht.«

Ich nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie.

Sie stand ganz still, fast starr.

Einen kurzen Moment – einen halben Herzschlag nur – spürte ich genau, dass sie meinen Kuss erwiderte. Ich spürte auch den leisen Ansatz zu einer Bewegung, so, als wolle sie ihre Arme heben, um sie um meinen Hals zu legen.

Aber dann war es schon vorbei. Als ich sie freigab und einen Schritt zurücktrat, stand sie immer noch unbeweglich da. Ihre Augen waren größer als sonst.

»Viel Glück also, Schwägerin!«, hörte ich mich laut sagen, denn erst jetzt wurde mir wieder bewusst, dass alle auf uns sahen. Die ganze Hochzeitsgesellschaft beobachtete uns.

Dort, wo mein Bruder noch im Schatten des Baumes stand, erkannte ich seine hellen Augen. Sie leuchteten grünlich. Sein Zorn strömte zu mir herüber.

War es Furcht? Oder war es Hass?

Ich reichte Georgia den Arm mit einer etwas übertriebenen Verbeugung und führte sie hinüber zu Chris. Als ich sie bei ihm ablieferte, sagte er zu mir mit der heiser und kehlig klingenden Stimme eines Mannes, der seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten muss: »Küsse sie nie wieder, hörst du? Nie wieder! Oder ich schieße mit einer Schrotflinte ein großes Loch in dich.«

Ich sagte nichts.

Aber ich ging zu meinem Pferd, saß auf und ritt in die Nacht hinein.

Ich fragte mich, warum ich einen ganzen Tag lang durch raues Land geritten war, um hier nach wenigen Minuten wieder zu verschwinden. Oder wollte ich nur mit Georgia tanzen und sie nur deshalb küssen, damit sie sich wieder an Santa Rosa erinnerte?

Ich fluchte laut und trieb mein schon ziemlich müdes Pferd in die Dunkelheit. Ich wusste, wo ich genügend Spaß bekommen konnte, um vergessen zu können. Tequila und Putas würden mir dabei helfen.

✰✰✰

Es war schon lange nach Mitternacht, als ich die Pajarito-Station erreichte, die von El Toro aus weiter westlich nahe an der Grenze lag.

Conchita sang und tanzte zum Klang einer Gitarre für ein paar Hombres, die mit ihren brettharten Händen klatschten.

Aber als ich eintrat, war der Spaß für sie vorbei. Denn als Conchita mich erkannte, ging bei ihr die Sonne auf. Sie hängte sich an meinen Hals und küsste mich.

Sie war eine dunkle Katze mit Glutaugen, und dass sie schon etwas üppig wurde und in zwei oder drei Jahren fett sein würde, störte mich nicht.

Nachdem ich einige Tequilas gekippt hatte, begann mein Vergessen. Und später – als ich die Hombres alle hinausgeworfen hatte – tanzte Conchita nur noch für mich.

Ihr Onkel, der hier Wirt und Stationsmann war, zog sich zurück, und auch seine Helfer verkrochen sich irgendwo in ihren Unterkünften oder in der Scheune.

Ich begann meine große Feier mit Conchita.

✰✰✰

Ich weiß nicht so genau, wie oft ich in den nächsten vier Tagen und Nächten betrunken war und wieder nüchtern wurde.

Conchita hielt gut mit. Sie hatte eine kupferne Kehle und einen ebensolchen Magen. Zwischendurch tanzte und sang sie für mich, und wenn die Gitarrenspieler zu müde waren, nahm ich das Klimperding.

Aber in der fünften Nacht fiel Conchita einfach um.

Als ich sie in die Arme nahm und in das obere Stockwerk trug, sagte sie mit letzter Kraft: »Du verdammter Borracho! Du Lobo bravo! Du – du – du – du – aaah, ich kann nicht mehr! Ich bin erledigt! Lass mich in Frieden! Ich sterbe, wenn ich noch eine einzige Nacht mit dir beisammen bleiben muss! Geh zur Hölle, verdammter Gringo!«

Sie meinte es ernst.

So ließ ich sie einfach auf ihr Bett fallen und ging wieder hinunter. Als ich unten am Schanktisch stand, der aus einem alten Wagenboden bestand, den man über zwei Holzböcke gelegt hatte, kam Paco Jimenez mit seinen Muchachos herein.

Oha, das war vielleicht eine Bande! Es waren echte, reinblütige Sonora-Banditen. Manche dieser Hombres trugen große Hüte, dass sie damit nicht durch die Tür kommen konnten. Sie waren alle gut bewaffnet und trugen Patronengurte kreuzweise über der Brust.

Sie waren wildäugig, schnurrbärtig und langhaarig.

Dass sie eine ziemlich erfolgreiche Bande waren, konnte man daran erkennen, dass fast alle Stiefel trugen und nicht nach Indianerart barfuß in Sandalen gingen.

Paco Jimenez lachte vor Freude, als er mich erkannte.

»He, Compadre, was freut sich mein Herz, dich auf dieser schönen Erde wiederzusehen! Nun können wir hier endlich unsere abgebrochene Pokerpartie fortsetzen. Weißt du, damals in Hermosillo kamen die Soldaten von Diaz, diesem Hundesohn, der ganz vergessen hatte, dass auch ich einmal General war wie er. Amigo! He, du siehst so aus, als hättest du hier gute Tage gehabt! Wo ist denn Conchita?«

»Erledigt«, sagte ich und grinste. »Die ist erst in zwei Tagen wieder munter für dich, Paco.«

Einen Moment sah es so aus, als wollte er böse werden. Vielleicht hatte er sich den ganzen Weg nach hier schon auf Conchita gefreut. Wenn er sehr böse wurde, konnte es geschehen, dass er einfach einen seiner beiden Revolver zog und das Objekt seines Zorns in den Bauch schoss. Ich bereitete mich innerlich darauf vor, schneller sein zu müssen als er.

Aber dann grinste er schon wieder.

»Ach, was kümmert mich Conchita«, strahlte er, »wenn ich mit meinem alten Amigo und Compadre Karten spielen kann. Weißt du noch, dass du mir Revanche schuldest? Du konntest damals eine Menge Pesos und Dollars von mir kassieren. Also los!«

Er klatschte in die harten Hände. Seine Männer grinsten und freuten sich. Ein paar von ihnen, die sogar zum Teil anglo-amerikanischer Abstammung waren und nur mit ihm ritten, weil weiter nördlich schon zu viele Galgen auf sie warteten, setzten sich zu uns an den runden Tisch in die Ecke.

Der Wirt, seine Gehilfen und Conchitas Tante mussten springen, und sie taten es gern, um keinen Ärger zu bekommen.

Damals in Hermosillo hatte ich Paco beim Poker fast die Haut abgezogen. Er besaß den bei ihm etwas merkwürdigen Ehrgeiz, mich ehrlich schlagen zu wollen.

Hier in der Pajarito-Station war ich erst recht darauf angewiesen, ihm das Geld abzunehmen. Ich besaß nur noch wenig, weil ich das meiste mit Conchita vertrunken hatte und ihr immer wieder etwas gab, wenn sie ihr heulendes Elend bekam. Ich hatte ihr alle paar Stunden Geld gegeben.

Ich war ein Mann, gegen den Paco Jimenez beim Poker nicht gewinnen konnte. So etwas gab es. Das war eben so. Nur Paco rannte dagegen an wie ein Hammel gegen eine Wand.

So müde und ausgebrannt ich auch von meiner langen Feier war, zum Pokergewinn langte die Funktion meines Gehirns noch. Mein Instinkt konnte immer noch spüren, ob Paco ein wirklich gutes Blatt in der Hand hielt oder ob er nur bluffte.

Die anderen Mitspieler waren nur Statisten.

Nachdem ich dreimal einen dicken Topf gewann, zeigte es sich, dass die Sonora-Lobos gar nicht so gut bei Kasse waren.

Paco strich schon bald seinen Schnurrbart, den er stets sorgfältig pflegte. Paco war ein säbelbeiniger Bulle, untersetzt wie ein Yaqui und hatte auch asiatische Züge. Ich wusste, dass er Kraft genug besaß, um Hufeisen zu verbiegen.

Daran dachte ich, als mir klar wurde, dass ich ihm wieder einmal alles Geld abgewonnen hatte.

Würde er nun böse werden?

Wieder lauerte ich wachsam. Auch die anderen Männer spannten sich. Es herrschte mit einem Mal lauerndes Misstrauen. Wahrscheinlich fiel es diesen Wölfen jetzt doch sehr schwer, sich das Geld beim Poker abnehmen zu lassen. Denn sonst waren sie es stets, die sich nahmen, was sie haben wollten.

Ich grinste und wartete. Ich wurde gewissermaßen vom Teufel geritten.

»Amigos«, sagte ich, »mein Herz weint, dass ich euch Geld abgewinne. Es weint, weil wir doch Freunde sind. Aber sollte ich euch betrügen? Sollte ich falschspielen, damit ihr gewinnt? Seid ihr denn kleine Jungs, die man gewinnen lässt, damit sie nicht heulen?«

Sie knurrten und fluchten. Und sie kauten an ihren Bärten.

Aber dann begann Paco Jimenez zu strahlen.

»Ach, was macht es schon aus!«, sagte er. »Wir werden bald genug Gold haben. Viel Gold! Mullegan, du gibst uns doch Kredit, ja? Wir zahlen jetzt mit Patronen. Jede Patrone zählt zehn Pesos. Und diese Chips werden eingelöst! He, spielen wir also weiter!«

Wir taten es.

Dabei dachte ich über das Gold nach, das sie sich holen wollten.

Gold!

Es konnte sich nur um einen Goldtransport handeln, den sie hier abfangen wollten. Also musste das Gold mit der Postkutsche kommen. Und es musste von einer der Minen sein, die in den Pajarito-Bergen lagen. Vielleicht handelte es sich sogar um eine ganze Jahresausbeute.

Ich grinste. Das war wirklich ein großer Fang für diese Bande.

Dass die Burschen über den Goldtransport so gut Bescheid wussten, wunderte mich nicht. In diesem Land zu beiden Seiten der Grenze gab es viele Nachrichtensysteme und vielerlei Verbindungen.

Ich wusste also, dass Paco Jimenez mit seiner Bande hergekommen war, um einen Goldtransport abzufangen, der mit der Postkutsche kommen würde.

Als ich daran dachte, fiel mir noch etwas ein.

Die Postlinie gehörte Georgia Wells, die meinen Bruder geheiratet hatte. Georgia hatte diese Postlinie von ihrem Vater geerbt. Es war eine kleine Post- und Frachtlinie, die von Yuma her durch die Wüste, die Atascosa Mountains und schließlich durch die Pajarito Mountains bis nach Nogales führte.

Oft genug war diese Linie nicht in Betrieb, weil die Straßen und Wege von Apachen und Banditen gesperrt wurden.

Aber immer wieder versuchte man es, die Linie in Gang zu halten.

Georgias Vater hatte ihr nicht nur die Post- und Frachtlinie, sondern auch eine Reihe von zuverlässigen Helfern hinterlassen. Auch diese Station gehörte dazu.

Da Georgia jetzt mit meinem Bruder verheiratet war, musste Chris der neue Boss dieser Linie geworden sein. Georgia war eine gute Partie!

Als ich das begriff, war mir auch schon klar, in welcher Klemme ich steckte. Ich konnte doch nicht zulassen, dass Paco Jimenez die Postlinie meines Bruders und meiner Schwägerin ruinierte!

Chris hatte große Pläne. Er wollte das Land verändern und der Stadt El Toro zu einem Aufschwung verhelfen. Er wollte eine Bürgerwehr gründen und sich wahrscheinlich zum Sheriff wählen lassen. Er wollte der Mann werden, der in diesem Grenzland eine Wendung herbeiführte.

Wenn es herauskommen sollte, dass ich hier mit den Leuten Poker spielte, die wenig später seine Postkutsche ausraubten, dann ...

Ich brauchte mir die Folgen gar nicht auszumalen.

Mit einem Mal begann ich zu schwitzen. Jetzt wünschte ich mich tausend Meilen weit von diesem Ort fort. Denn wie ich mich auch entscheiden würde, was ich auch tat, es würde mir auf jeden Fall Verdruss einbringen.

Doch ich hatte keine Zeit mehr, meine Probleme länger zu überdenken. Die Sache kam nun schnell in Gang.

Einer von Pacos Banditen kam herein und machte vor der Tür ein Zeichen.

Paco Jimenez warf sofort die Karten hin und sagte zu den anderen Mitspielern: »Also los, Muchachos!«

Sie erhoben sich bereitwillig und gingen hinaus. Alle, die sonst noch im Raum verteilt waren und sich von dem schweigsamen Stations-Ehepaar bedienen ließen, gingen mit hinaus.

Ich wusste, dass sie die Pferde fortbringen und sich dann im Schutz der Nacht verbergen würden. Wenn die Postkutsche erst einmal vor der Pajarito-Station hielt, konnte sie nicht mehr entkommen.

Ich blieb mit Paco am Tisch sitzen.

Er grinste.

»Du machst schnelle Geschäfte«, sagte ich. »Doch du kannst gegen mich nie beim Poker gewinnen. Kommt da wirklich viel Gold mit der Kutsche?«

Er nickte. »Viel, sehr viel«, sagte er. »Es ist die Jahresausbeute der Coronado-Mine, die man vor zwei Jahren wieder in Betrieb nahm. Meine Hombres machen das schon ohne mich.«

Er sah zum Stationsmann hinüber, der mit seiner Frau bewegungslos hinter dem Schanktisch stand.

»Geh hinaus«, sagte er. »Sag den Leuten, die mit der Kutsche kommen, dass hier alles in Ordnung wäre. Oder möchtest du deine Frau ...«

»Schon gut, Capitan«, sagte der Stationsmann und ging hinaus.

Paco Jimenez hatte mich einige Sekunden lang nicht beobachtet, denn er musste sich zur Seite wenden, um den Stationsmann anzusehen.

Als er sich mir wieder zuwandte, hielt ich meinen Colt unter dem Tisch auf ihn gerichtet.

»Du hast heute keinen besonderen Glückstag, Paco«, sagte ich. »Ich habe etwas in der Hand, musst du wissen. Es zielt unter dem Tisch auf deinen Bauch. Ich wette, du brauchst nicht lange zu raten, um zu wissen, was es ist.«

Er sah mich staunend an.

»Hast du Locokraut gefressen?«, fragte er. »Oder machst du nur einen kleinen Scherz unter Amigos?«

»Nein«, sagte ich, »du hast etwas übersehen. Oder deine Spione haben es dir nicht gemeldet, weil sie entweder schliefen oder es nicht für wichtig hielten. Wem gehört diese Postlinie, Amigo Paco?«

»Der schönen Georgia Wells«, erwiderte er grinsend. »Sie lebt in El Toro. Und El Toro ist meine Stadt wie ein weiteres halbes Dutzend Städte, von denen jede mir gehört, sobald ich hinkomme.«

»Bueno, Amigo«, sagte ich. »Und die schöne Georgia Wells heißt nun nicht mehr Wells, sondern Mullegan. Wen wird sie da wohl geheiratet haben?«

Er staunte wieder.

»Dich wohl nicht«, murmelte er. »Du bist zu sehr ein Sonora-Wolf. Dein Bruder Christopher, der sich nördlich von El Toro mit einer Ranch abquält, ist dann wohl der Glückliche, nicht wahr?«

Ich grinste und nickte schweigend.

Paco Jimenez sah fest in meine Augen.

»Du würdest mich wirklich in den Bauch schießen, Amigo?«, fragte er nach einigen Atemzügen.

Ich grinste immer noch. »Würdest du zulassen, dass man deinen kleinen Bruder bestiehlt? Wenn du schon ein schwarzes Schaf wärst und dein Bruder ein weißes, würdest du nicht zusehen, dass es ohne Flecken bleiben kann?«

Er dachte nach.