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»Oha, du hast also Zahnschmerzen, Cowpuncher«, sagt Jonas Perrit, der Doc, und erhebt sich langsam. Nun zeigt sich, dass er noch etwas größer als sein Patient Curly ist. Curly nickt mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ja, verdammt, und ausgerechnet vor dem großen Round-up.« Jonas Perrit blickt den Cowboy an. »Willst du den Zahn mit Betäubung loswerden oder ohne?« »Das ist mir egal! Hauptsache, das Ding kommt raus!« Curly befindet sich fast schon im Stadium eines Verrückten. Er reißt seinen alten Hut vom Kopf und wirft ihn zu Boden. Er trampelt darauf herum und keucht: »Ich bin ein friedlicher Mensch, aber ...« »In Ordnung! Also mit Betäubung«, sagt Jonas Perrit und feuert ihm die Rechte unters Kinn. Es ist ein knallharter Schlag, präzise und kühl berechnet, der Schlag eines erfahrenen Boxers ...
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Das letzte Round-up
Vorschau
Impressum
Das letzte Round-up
»Oha, du hast also Zahnschmerzen, Cowpuncher«, sagt Jonas Perrit, der Doc, und erhebt sich langsam. Nun zeigt sich, dass er noch etwas größer als sein Patient Curly ist. Curly nickt mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ja, verdammt, und ausgerechnet vor dem großen Round-up.«
Jonas Perrit blickt den Cowboy an. »Willst du den Zahn mit Betäubung loswerden oder ohne?«
»Das ist mir egal! Hauptsache, das Ding kommt raus!« Curly befindet sich fast schon im Stadium eines Verrückten. Er reißt seinen alten Hut vom Kopf und wirft ihn zu Boden. Er trampelt darauf herum und keucht: »Ich bin ein friedlicher Mensch, aber ...«
»In Ordnung! Also mit Betäubung«, sagt Jonas Perrit und feuert ihm die Rechte unters Kinn. Es ist ein knallharter Schlag, präzise und kühl berechnet, der Schlag eines erfahrenen Boxers ...
Curly fällt, ohne ein Wort zu sagen, in einen bequemen Sessel.
Jonas Perrit grinst zufrieden, ergreift eine Zahnzange und betrachtet Curlys Zähne. Er findet den kranken Zahn mit kundigem Blick und setzt ohne Zögern die Zange an. Eine Hand stemmt er gegen Curlys Stirn, und sein Knie drückt er gegen Curlys Leib.
Dann beginnt er zu ziehen. Er ist ein sehr kräftiger Mann, doch er muss sich mächtig anstrengen, bis sich der Zahn zu bewegen beginnt und schließlich knirschend nachgibt.
Er füllt einen großen Becher mit Wasser und holt mit dem Fuß einen großen Spucknapf herbei. Dann drückt er Curly den Becher in die Hand und brummt: »Immer schön spülen, hörst du mich?«
Curly hört und versteht ihn schon wieder. Denn als der Zahn heraus war, erwachte er auch schon aus seiner »Betäubung«. Er spült nun gehorsam und erhebt sich dann.
»Der ist ja wirklich raus«, sagt er.
»Sicher! Und du solltest nun in unserem Saloon ein Gläschen trinken, am besten Gin, der ist hier ziemlich sauber und hochprozentig. Ich bekomme drei Dollar für das Zahnziehen und einen Dollar für die Betäubung. Macht zusammen vier Dollar, nicht wahr?«
Curly nickt. Er greift in die Tasche seiner offenen Weste und holt drei Dollar hervor. Er legt sie dem Doc in die offene Hand.
»Hier«, sagt er.
»Ein Dollar zu wenig«, sagt Jonas Perrit. »Die Betäubung!«
»Geb ich dir zurück.« Curly grinst und trifft ihn auch schon mit seiner Rechten. Er trifft genauso präzise und achtet darauf, dass der Arzt genauso in den Behandlungsstuhl zu sitzen kommt wie zuvor er selbst.
»Was man zurückgibt, braucht man nicht zu bezahlen«, sagt Curly zufrieden und reibt sich die schmerzende Backe und dann die Stelle, wo ihn zuvor die Faust traf. »Dieser eisenharte Doc scheint wohl immer auf eine besondere Art Spaß zu machen. Aber diese Sorte Spaß verstehe ich auch.«
Er spült noch einmal den Mund aus. Dann will er gehen. Doch sein noch einmal in den Raum schweifender Blick fällt auf die Bratpfanne, deren Inhalt Perrit eben als Frühstück verspeisen wollte, als Curly hereinkam.
Er betrachtet den schlafenden Doc und kommt zu der Auffassung, dass das Essen kalt sein würde, wenn der Doc erwacht. Und so erinnert er sich jäh daran, dass er wegen seines Zahnes schon einige Tage nicht mehr richtig essen konnte.
Jetzt kann er nicht länger widerstehen. Er setzt sich hinter den Tisch und beginnt zu essen.
Er macht die Pfanne ziemlich schnell leer, doch er kaut noch, als der Arzt erwacht und ihn staunend betrachtet. Er weiß auch schon wieder, was geschah, und reibt sich das angeschwollene Kinn.
»Das hat geschmeckt«, erklärt Curly. »Es wäre sonst kalt geworden, nicht wahr? Ich werde dir dafür einen Dollar geben, Doc. Ist das gut bezahlt?«
Jonas Perrit sieht einige Sekunden lang so aus, als wollte er sich auf seinen Patienten stürzen. Er ist nicht nur ein grober und gewaltig starker, sondern auch ein sehr rauflustiger und jähzorniger Mann.
In seinen Augen funkelt es.
Doch auch Curly hat funkelnde Augen. Sein rundes Gesicht ist sonst ganz ausdruckslos. Nur einmal schnauft er leicht durch die Nase.
So starren sie sich beide eine Weile an.
Dann beginnen sie, wie auf Kommando zu lachen. Sie beugen sich vor, klatschen sich auf die Oberschenkel und lachen so laut, dass man glaubt, das Haus würde einstürzen.
Dann schnauft Jonas Perrit: »Heiliger Rauch, da bin ich also auf eine ebensolche harte Nuss gestoßen, wie ich eine bin. Wenn es noch mehr von unserer Sorte gäbe, dann könnten wir uns beim letzten Round-up der Sherman Ranch den Löwenanteil sichern. Zehntausend Rinder könnten wir uns fangen, mit unserem Brandzeichen versehen und irgendwohin zu einem Verladebahnhof treiben, wo man sie für gutes Geld verkaufen kann. Wie hoch stehen wohl die Rinderpreise?«
»Oho«, macht Curly, und sein Gehirn arbeitet, dass er fast fürchtet, Jonas Perrit würde es knirschen hören.
»Dreizehn oder vierzehn Dollar zahlt man in den Verladestädten. Manchmal auch schon fünfzehn Dollar, wenn die Stadt an einer Bahnlinie liegt, deren Frachttarife günstig sind. Und Sie sprachen soeben von zehntausend Rindern? Das wären ja hundertfünfzigtausend Dollar – oho, wo kann man sich hier zehntausend Rinder unter den Nagel reißen? Gibt es da nicht eine Menge Leute, die etwas dagegen hätten – Gesetzesmänner zum Beispiel?«
Jonas Perrit betrachtet ihn mit einem breiten Grinsen.
»Eben nicht«, sagt er. »Heute Morgen wurde das Testament eines gewissen Big Jim Sherman verlesen. Er besitzt keinerlei Erben, und er hat seinen ganzen Rindersegen von mehr als zwanzigtausend Rindern den Leuten hinterlassen, die den Kühen ihr Brandzeichen aufdrücken können. Es darf freie Jagd auf alle Rinder gemacht werden. Es findet das letzte Round-up auf dieser Weide statt. Wenn die Rinder fort sind, dürfen Siedler das Land besetzen. Verstehen Sie das, Cowboy?«
»Nononoch ninicht gaganz«, stottert Curly und hat große Augen. Er klatscht sich mehrmals mit der flachen Hand gegen die Stirn, so als befände sich dahinter das Uhrwerk eines Weckers, das stehen blieb und durch die Erschütterung wieder in Gang gebracht werden könnte.
Im Vorraum erklingen nun sporenklirrende Schritte. Die Tür wird aufgestoßen. Zwei Männer treten ein.
»Was macht denn der Mausezahn?« So fragt der Kleinere.
Jonas Perrit betrachtet die beiden Männer. Er hat aus der Frage unschwer erkennen können, dass sie zu Curly gehören oder vielmehr Curly zu ihnen gehört.
Er sieht zwei hartbeinige Burschen. Der Kleine da ist fuchsschlau und kann sicherlich recht giftig werden. Und der weißblonde Große mit dem rötlichen Texanerbart über der Oberlippe, der wirkt ganz wie ein Mann, der nicht nur für sich und seine Freunde denken und sorgen, sondern gewiss auch eine hartbeinige Mannschaft führen kann.
Jonas Perrit kennt sich aus. Er kann einen Kämpfer erkennen, wenn er ihn zu Gesicht bekommt. Und nun sieht er einen. Er weiß jetzt schon, dass dieser blonde Texasmann der Kopf dieses Kleeblattes ist.
Er grinst wieder breit und sagt: »Es war kein Mausezahn, Kleiner. Es war ein Pferdezahn. Man sollte ihn einpacken und an ein Museum im Osten senden.«
»Hoii«, macht Shorty, der Kleine, freudig.
Davis Allison, der andere, aber bleibt stumm und kühl. Sein scharfer, prüfender Blick, dem nichts entgeht, hat inzwischen erkannt, dass jeder der beiden bulligen Männer eine Schwellung am Kinn aufweist. Um seine Augen herum erscheinen nun einige Fältchen der Belustigung. Es ist, als ahnte er sofort, was hier geschah und warum Curly und dieser so urwüchsige und raubeinige Doktor sich so gut zu mögen scheinen.
Curly sagt nun: »Doc, dies sind meine Freunde. Der Kleine ist Shorty John Lee – und dies ist Davis Allison.«
Er spricht den letzten Namen mit einer Betonung, die auch ein Fremdenführer seinen Worten gibt, wenn er die Besucher eines Museums vor das Bild oder die Büste eines bedeutenden Mannes führt.
Jonas Perrit gleicht zwar äußerlich mehr einem Schlächter als einem Arzt. Sein Benehmen ist auch recht hemdsärmelig im Umgang mit Cowboys oder ähnlich primitiven und rauen Burschen. Doch sein Verstand ist recht gut. Er weiß nun sicher, dass an diesem hellblonden Davis Allison etwas dran sein muss.
Curly ist noch nicht fertig, denn er sagt: »Doc, Sie deuteten vorhin an, was man alles machen könne, wenn es noch mehr harte Nüsse von unserer Sorte gäbe. Dies da sind meine Freunde. Und wir verstehen etwas von Rindern. Sie deuteten ein Geschäft an. Oho, wir wären dafür die richtigen Partner! Vielleicht erzählen und erklären Sie uns das alles mal ausführlich, nicht wahr? Und ihr, meine lieben Freunde, seid gerade im richtigen Moment gekommen. Hört euch diesen Doc an.«
Und der Doc erzählt, was sich vor einigen Stunden in der Stadt Rosalia zutrug ...
✰✰✰
Big Jim Sherman ist ein wahrhaftig großer Bursche. Er hinterließ ein mächtiges Stück Weideland, etwa zwanzigtausend Rinder, tausend Pferde und all die anderen Dinge, die nun einmal zu einer großen und mächtigen Ranch gehören.
Und er hinterließ auch ein Testament.
Drei Tage nach seinem Tode lässt der alte Friedensrichter Bill Mervons, der sein einziger Freund war, alle Leute des Landes und der Stadt im Saloon zusammenholen – im Saloon, weil dies hier in der kleinen Stadt Rosalia der einzige große Raum ist, in dem sich so viele Menschen versammeln können. Und als Bill Mervons dann glaubt, dass sie alle versammelt sind, da öffnet er das Testament von Big Jim Sherman und beginnt mit seiner trocken und stets etwas spöttisch und sarkastisch klingenden Stimme zu lesen:
»An meine Mitmenschen im Rosalia-Bezirk!
Ich, Big Jim Sherman, habe keine Erben. Ich wurde ein alter Mann. Und mein einziger Freund, der Richter Bill Mervons, hat eine hübsche Rente und benötigt auf seine alten Tage nur noch Sonnenschein, eine Zigarre und einen Partner beim Schachspiel. Weil das alles so ist, kann ich nach meinem Tode meinen Besitz einfach verschenken.
Meinen Reitern vermache ich die Pferde der Sherman Ranch. Sie sollen die tausend Tiere unter sich aufteilen.
Meinen Landbesitz gebe ich für Siedler frei. Jeder Mensch kann sich hundert Hektar abstecken.
Und meine zwanzigtausend Rinder gehören ebenfalls dem, der sie sich einfangen und mit seinem Brandzeichen versehen kann.
Um es schlicht und knapp zu sagen: Ihr alle könnt euch um meinen Besitz streiten wie die Raben um eine tote Katze. Es ist alles frei zu haben. Ich schenke es euch. Ihr braucht es euch nur zu nehmen.
Es gibt nur eine einzige Bedingung: Die Besiedlung meines Landes und die Eintragung der Parzellen darf vom Richter erst dann geduldet werden, wenn das letzte Round-up stattgefunden hat und alle Rinder ihre Besitzer fanden.
Ich wünsche allen eine gute Jagd!
Big Jim Sherman.«
Nachdem der alte Richter dies alles den staunenden Leuten vorgelesen hat, hebt er den Kopf und nimmt die Nickelbrille ab.
»Nun, meine lieben Freunde«, sagt er. »Ihr werdet vielleicht nicht richtig begriffen haben, warum Big Jim dies alles so haben wollte. Ich werde es euch erklären. Er war der Meinung, dass alle Banditen auf zweihundert Meilen in der Runde um die zwanzigtausend Rinder kämpfen werden. Bei diesem letzten Round-up werden sie sich gegenseitig so sehr dezimieren, dass die wenigen guten und anständigen Menschen in diesem Land die Chance haben, in einer neuen Zeit zu leben. Solange es einen Big Jim Sherman und dessen raue Mannschaft gab, beschützte er euch alle. Das kann er nun nicht mehr tun. Er wusste auch immer, dass ein Nachfolger niemals die Sherman Ranch in ihrer Größe erhalten könnte. Er wirft den Wölfen zwanzigtausend Rinder vor die Füße. Es wird hier ein großes und letztes Round-up geben. Und er hoffte, dass zum Schluss dieses Round-up die Guten stärker sein würden als die Bösen.«
Er macht eine Pause und erhebt sich.
Dann spricht er: »Big Jim hinterlässt sechzigtausend Hektar Weideland, das bester Boden ist. Das gibt sechshundert Parzellen zu je hundert Hektar. Ich habe mit Big Jim alles auf einer genauen Armeekarte abgesteckt und die Parzellen nummeriert. Es können sich sechshundert Leute in eine Liste eintragen. Jeder bekommt seine Nummer. Wenn das letzte Round-up durchgeführt ist, wenn es keine Rinder mehr auf der Weide gibt, dann werden die Parzellen verlost. Habt ihr das verstanden? Hoffentlich begreift ihr auch alle, was Big Jim für euch tat. Ihr seid hier noch keine zweihundert Familien. Wenn diese sechshundert Familien erst auf diesem Land Ernten einbringen, dann wird diese jämmerliche Stadt so wachsen wie eine Pfanne voll Hefeteig. Die Verhandlung ist geschlossen.«
Als er es gesagt hat, bleibt es noch eine Weile still. Sie alle starren ihn mehr oder weniger staunend oder gar dumm an, und sie bemühen sich, alles richtig zu verarbeiten und zu begreifen.
Einer schafft es schließlich zuerst, und er stößt einen schrillen Jubelruf aus und springt durch die Schwingtür zur Straße hinaus, als glaubte er, dass hier drinnen in der nächsten Sekunde eine Sprengladung losgehen würde.
Und so ähnlich ist es auch. Denn nun springen sie alle hoch. Jeder will zuerst draußen sein.
Das letzte Round-up hat begonnen.
Diese Vorgänge also berichtet Doc Jonas Perrit den drei Freunden.
Während sie noch darüber staunen, fragt Perrit: »Wo kommt ihr her? Warum seid ihr so abgerissen? Ihr versteht doch was von Rindern? Werdet ihr vom Gesetz gesucht? Oder warum reitet ihr wie Satteltramps herum?«
Davis Allison ist es, der ihm Antwort gibt.
»Wir sind im vergangenen Jahr mit einer Treibherde nach Norden gezogen, nach Cattle City in Kansas. Dort bekamen wir Streit. Wir haben dann in Kansas überwintert, nicht in Cattle City, sondern in dem nur hundert Meilen entfernten Station City. Und nun sind wir nach Südwesten geritten. Es ist Frühling. Treibherden werden wieder zu den Verladestädten ziehen. Wir wollten uns einen Job suchen bei einer Treibherde, die nach Station City ziehen will.«
»Warum nach Station City?«
»Es ist eine gute Stadt. Die Frachtsätze der Bahnlinie sind besser. Es ist dort alles besser als in Cattle City.«
Er spricht die letzten Worte mit Zurückhaltung, und dennoch kann Jonas Perrit eine grimmige Härte in seiner lässigen Stimme spüren.
Davis Allison richtet nun seinen hellgrauen Blick auf ihn, fest und wachsam. Jonas Perrit spürt noch deutlicher, dass mit diesem Texaner nicht zu spaßen ist.
Aber er erwidert dessen Blick.
Davis Allison fragt: »Warum wollen Sie an diesem Round-up mitmachen, Mister Perrit? Sie sind Arzt, und Ihre Interessen müssten doch auf einem völlig anderen Gebiet liegen. Und warum wollen Sie sich ausgerechnet mit uns zusammentun? Wir kennen uns überhaupt nicht. Wir könnten doch zu jener Sorte gehören, die zum Schluss einen Partner übers Ohr haut und dies auch mit Ihnen macht, nicht wahr?«
Nun grinst Jonas Perrit noch breiter als zuvor. »Yeah, ich bin Arzt«, sagt er. »In dieser jämmerlichen Stadt bin ich der Doc. Ich kann in einer großen und noblen Stadt eine Praxis übernehmen, eine gute Praxis. Aber da muss ich dreißigtausend Dollar auf den Tisch legen können. Ich habe einige Monate Zeit, das Geld aufzutreiben. Und hier bietet sich plötzlich die Chance. Man braucht nur einige harte Burschen, die sich auf Rinder verstehen und die kämpfen können. Kämpfen, jawohl! Denn wer am besten kämpfen wird, bekommt die größte Herde zusammen. Ich kann kämpfen, und wenn ich auch nichts vom Rindertreiben verstehe, so werde ich doch eine Menge andere Dinge bestens erledigen können. Warum ich mich ausgerechnet mit euch zusammentun will? Nun, dieser Bursche da, dem ich den Zahn zog, gefällt mir. Der ist von meiner Sorte. Und da ihr seine Freunde seid, müsst ja wohl auch ihr zu dieser Sorte gehören. Wenn das so ist, werden wir gut miteinander auskommen. Und betrügen kann mich so leicht kein Mann. Dafür sorge ich schon!«
Er grinst abermals breit, doch in seinen Augen ist eine gefährliche Härte.
Davis Allison nickt.
»Wir können uns die Sache ansehen«, sagt er. »Wenn es darum geht, Rinder zu fangen und sie gegen andere Mannschaften zu behaupten, dann sind wir nicht die schlechteste Mannschaft.«
✰✰✰
Sie erblicken während ihres Rittes immer wieder Reitergruppen, die auf Rinderjagd sind.
Das Hügelland wird immer rauer und unübersichtlicher. Es gibt hier schon kleine Täler, und man muss durch Schluchten oder über die Hügelsättel reiten, um vorankommen zu können. Doch in diesem unübersichtlichen Hügelland sind die Rinder zahlreicher.
Sie stoßen plötzlich auf einen Reiter, der ein halbes Dutzend Rinder auf eine Schluchtmündung zutreibt, die durch einen Stangenzaun abgegrenzt wird. Die Weide der Sherman Ranch endet offenbar dort an diesem Stangenzaun vor der Schlucht.
Und der Reiter ist ein Mädchen, das Denim-Hosen trägt und im Männersattel reitet. Ihre Füße stecken in zierlichen Justin-Stiefeln, und es trägt eine grüne Hemdbluse, zu der ihr kupferrotes Haar einen prächtigen Kontrast bildet.
Es hat wahrhaftig grüne Augen.
Dies stellen Davis, Curly und Shorty fest, als sie bei ihr sind und es sich ihnen zuwendet.
»Pass auf, Ginger, wir helfen dir!« So ruft Jonas Perrit. Seine Worte beweisen, dass er mit dem Mädchen gut bekannt ist.
Es betrachtet die Reiter mit blitzenden Augen.
»Oho, Jo! Das sieht ja fast so aus, als wärst du ebenfalls mit einigen Partnern auf Rinderjagd!« So ruft Ginger mit einer kehligen und vor Lebenslust und Jagdeifer verwegen klingenden Stimme. Sie bewegt sich im Sattel wie eine erfahrene Reiterin, und sie hat ein Lasso am Sattelhorn, eine Bullpeitsche am Handgelenk und ein Gewehr im Sattelfutteral. Sie wirkt sehr selbstständig.
Jonas Perrit gibt ihr auf ihren Zuruf, der fast eine Frage ist, keine Antwort.
Die Männer und das Mädchen treiben die Rinder nun schnell auf den Stangenzaun zu. Das Mädchen öffnet ein Gatter und schließt es hinter sich und den Rindern.
Die vier Männer bleiben auf der anderen Seite.
»Ginger, wir machen jetzt ein Geschäft miteinander«, sagt der Arzt mit einer bedächtig wirkenden Ruhe. Er deutet auf seine drei Begleiter und nennt deren Namen.