G. F. Unger Western-Bestseller 2723 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2723 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Kirby Mahoun stürzt in das Nachbarzimmer, aus dem die Hilferufe drangen, doch er kommt zu spät. Mit einem Messer im Leib liegt Zane Starr im Sterben. Aber er lebt noch lange genug, um Kirby Mahoun als seinen Erben einzusetzen. Er vermacht ihm eine Option auf tausend Pferde. Der Mörder konnte die Papiere nicht mehr an sich bringen, weil Kirbys rasches Eindringen ihn daran hinderte. »Tausend Pferde«, flüstert Zane Starr. »Du musst sie dir holen - auf der Big Ranch am Tonto Rim bei Big Jo Ketshum, der den Vertrag nicht einhalten wollte und mir deshalb einen Killer schickte! Versprichst du mir das?« Zögernd nickt Kirby Mahoun. Ahnt er schon, in welche Hölle ihn das Vermächtnis des Sterbenden führen wird?


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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Tausend Pferde

Vorschau

Impressum

Tausend Pferde

Kirby Mahoun stürzt in das Nachbarzimmer, aus dem die Hilferufe drangen, doch er kommt zu spät.

Mit einem Messer im Leib liegt Zane Starr im Sterben. Aber er lebt noch lange genug, um Kirby Mahoun als seinen Erben einzusetzen. Er vermacht ihm eine Option auf tausend Pferde. Der Mörder konnte die Papiere nicht mehr an sich bringen, weil Kirbys rasches Eindringen ihn daran hinderte.

»Tausend Pferde«, flüstert Zane Starr. »Du musst sie dir holen – auf der Big Ranch am Tonto Rim bei Big Jo Ketshum, der den Vertrag nicht einhalten wollte und mir deshalb einen Killer schickte! Versprichst du mir das?«

Zögernd nickt Kirby Mahoun.

Ahnt er schon, in welche Hölle ihn das Vermächtnis des Sterbenden führen wird?

Sie beerdigten Zane Starr noch am späten Nachmittag des nächsten Tages nach der Totenschau, die der Sheriff abhielt.

Und indes er so am Grab steht, erinnert sich Kirby Mahoun wieder an die Zeit, da Zane Starr und er gemeinsam in einer Mannschaft ritten. Es war eine rauchige Zeit während des Krieges. Sie versorgten damals die Armee der Konföderierten mit Pferden, die sie jenseits des Rio Grande in Mexiko stahlen.

Es war eine böse und wilde Zeit.

Dann aber nach Beendigung des Krieges brach die harte Mannschaft auseinander. Jeder ritt seines Weges.

Doch das alles ist jetzt schon an die sechs Jahre her. Aus Zane Starr wurde offenbar ein Pferdehändler. Denn wie sonst wäre er in den Besitz von tausend Pferden gekommen?

Kirby und der Sheriff gehen dann zum Office im City House. Sheriff Bac Harrison setzt sich dort hinter seinen narbigen Schreibtisch und sagt ganz ruhig: »Das ist ein Danaergeschenk, Mahoun. Wissen Sie, was ein Danaergeschenk ist?«

»Ich glaube schon.« Kirby grinst. »Das hat was mit dem hölzernen Pferd zu tun, das die Griechen damals bei ihrem Abzug vor Troja zurückließen. In diesem großen hölzernen Gaul waren die Zerstörer von Troja versteckt. Als die Trojaner den Holzgaul in ihre Festung holten, da holten sie zugleich auch ihre Feinde herein. Richtig, Sheriff?«

Der kratzt sich hinterm Ohr. »So gut hat mir das noch keiner erklären können«, knurrt er dann. »Sie sind doch wohl kein intellektuell Gebildeter, der sich als umherziehender Cowboy verkleidet hat, um die Menschen zu bluffen?«

»Ach, ich habe das nur mal in einem schlauen Buch gelesen«, erwidert Kirby bescheiden. »Ich bin wirklich nur ein ganz einfacher, umherziehender Cowboy. Dieser Zane Starr und ich, wir kannten uns von früher, als wir noch Rinder für die hungrigen Mägen der Konföderierten über den Rio Grande brachten.«

»Ach so«, brummt der Sheriff nur.

Dann senkt er den Kopf und liest noch einmal in den Papieren, die Zane Starr in seiner Jackentasche hatte und die sein Killer dort herausholen wollte, indes er Zane Starr in den Armen der Schönen schlafend glaubte.

Kirby wartet geduldig. Und er denkt immer wieder: Tausend Pferde, tausend Pferde, zum Teufel, tausend Caballos.

Dann hört er Sheriff Bac Harrison sagen: »Diese tausend Pferde – nun, es handelt sich eigentlich nur um eine Option auf tausend Pferde. Zane Starr hat dafür vor vier Jahren fünftausend Dollar gezahlt. Das war damals, als niemand Pferde haben wollte – nicht die Leute, nicht die Postlinien und schon gar nicht die wieder reorganisierte Armee –‍, sehr viel Geld. Damals waren Pferde nicht viel wertvoller als Rinder. Fünf Dollar pro Pferd waren ein stolzer Preis. Aber jetzt ist das anders. Jetzt bringt ein gutes Pferd um die dreißig Dollar. Die tausend Pferde könnten also gut und gern ihre dreißigtausend Dollar wert sein. Zane Starr hatte offenbar vor, seine längst bezahlte Option wahrzunehmen. Er wollte die tausend Pferde holen und verkaufen, denn hier sind auch Abschlüsse oder Verträge mit Postlinien, mit der Armee und einigen anderen Großabnehmern, die er beliefern sollte.«

»Na gut.« Kirby Mahoun grinst. »Dann übernehme ich das an Zane Starrs Stelle. Ich reite hin und hole mir die Caballos. Eine Mannschaft werde ich gewiss schnell zusammenbekommen. Ich brauche ja nur ein halbes Dutzend Reiter und einen Koch. Wohin muss ich, um die Option wahrnehmen zu können?«

Bac Harrison sieht ihn einige Atemzüge lang schweigend an.

»Das ist es ja«, murmelt er. »Sie müssen zur Big Ranch am Tonto Rim. Und die gehört einem gewissen Jonathan Ketshum. Schon gehört von Big Jo Ketshum?«

»Ja.« Kirby nickt und fügt hinzu: »Der brauchte wohl damals vor vier Jahren Geld. Und Zane Starr hatte es, woher auch immer, er hatte es. Deshalb kam es wohl zu diesem Geschäft mit der Option. Wann läuft sie ab? Oder ist sie unbefristet?«

»Sie läuft in vier Monaten ab. Danach muss die Big Ranch nicht mehr liefern. Mann, Sie wissen doch, was eine Option ist?«

Kirby lächelt fast mitleidig.

Dann erwidert er: »Sheriff, Sie haben mich schon mal was gefragt und eine schlaue Antwort bekommen. Soll ich Ihnen das auch noch erklären? Na gut! Eine Option ist eine dem Erwerber eingeräumte Befugnis, die Lieferung einer Leistung selbst bestimmen zu können. Zane Starr hat damals darauf gewettet, dass die Pferde irgendwann mal sehr viel mehr wert sein würden, und hat sie gekauft, wobei er für deren Lieferung den Termin selbst bestimmen konnte. Gut so?«

»Ja.« Der Sheriff grinst. »Ich bin mir jetzt völlig sicher, dass Sie sich nur als Cowboy verkleidet haben. Hier sind alle Papiere. Sie sind jetzt der Besitzer der Option und aller Lieferkontrakte. Aber Sie sollten sich einige Sorgen machen. Dieser Big Jo Ketshum will seine Pferde offenbar behalten. Oder warum kam der gute Zane Starr sonst ums Leben?«

»Haben Sie schon nach Zane Starrs Mörder gesucht, Sheriff?«

Kirby fragt es sanft, zu sanft. Es ist eine trügerische Freundlichkeit in seiner Stimme.

»Der ist längst weg«, brummt Bac Harrison. »Der ist abgehauen wie der Blitz, denke ich. Aber selbst wenn er noch in der Stadt wäre, wer hat ihn gut genug gesehen, um sagen zu können, wer es war? Ich habe Rosita gefragt. Aber die hat ja fest geschlafen. Und jene Lily, die ich ebenfalls fragte, sagte, dass es zu finster im Zimmer war. Sie sah nur seine Gestalt, als er sich aus dem Fenster schwang und hinunter in den Hof sprang. Wenn er sich wenigstens ein Bein gebrochen oder nur verstaucht hätte, sodass er hinken musste! Haben Sie ihn so gut gesehen, dass Sie ihn zweifellos als Starrs Mörder erkennen könnten?«

»Nein«, erwidert Kirby Mahoun. »Es sind ja gewiss auch einige Dutzend Fremde in der Stadt – oder?«

»Jede Nacht«, erwidert der Sheriff. »Santa Barbara ist hier der Nabel der Welt. Und auch Sie kamen ja her, um für ein paar Dollars das Paradies auszukosten. Verdammt, was hat man denn schon von diesem Leben!«

Kirby Mahoun grinst nur. Er nimmt sämtliche Papiere, faltet sie sorgfältig zusammen und bringt sie wieder in Zane Starrs alter Brieflasche unter.

Dann geht er hinaus.

Der Sheriff starrt ihm nach und murmelt dann: »Ich glaube nicht, dass man ihn zu diesem Erbe beglückwünschen sollte. Ich habe schon zu viel von der Big Ranch unter dem Tonto Rim und von Big Jo Ketshum gehört. O weia, in was wird dieser gebildete Cowboy hineinreiten, wenn er sich die tausend Pferde holen will? Da nützt ihm wenig, dass er was über die Griechen und Trojaner weiß und erklären kann, was es mit einer Option auf sich hat. Wenn er Big Jo Ketshum zu frech wird, lässt der ihn mit den Ohren an eine Scheunentür nageln. O weia.«

Der Sheriff von Santa Barbara ist ein harter Bursche, gewiss kein Schöngeist mit sensiblen Gefühlen.

Dennoch würde er mit Kirby nicht tauschen wollen. Aber er wird versuchen, Zane Starrs Mörder zu finden.

Doch eigentlich hat er keine Chance.

✰✰✰

Es ist später Vormittag, als Kirby Mahoun aus Santa Barbara reitet. Er hat ein Packtier dabei, das er mit notwendigen Dingen beladen hat. Ja, er machte einige Einkäufe. Geld hat er genug, denn in Nogales am San Pedro, da hatte er beim Poker eine Glückssträhne.

Nun, er reitet also an diesem Vormittag einige Meilen, bis er feststellt, dass ihm jemand folgt.

Und so wartet er an einem Creek auf den Reiter, der sich auch gar nicht mehr bemüht, unentdeckt zu bleiben. Ganz offen kommt er herangeritten und verhält im Sattel, schlingt sogar scheinbar sorglos sein Bein ums Sattelhorn.

Es ist ein mexikanischer Sattel, so wie ihn die Vaqueros bevorzugen, mit einem untertassengroßen Sattelknopf.

Und auch der Reiter ist mexikanischer Abstammung. Unter seinem Schnurrbart blinken zwei weiße Zahnreihen wie ein Tigergebiss, stark und scharf.

»Ay, ay«, spricht er, »ich bin Manuel Cabaza. Und ich ritt mit meinem Patron Zane Starr. Wir waren unterwegs zur Big Ranch am Tonto Rim und vergnügten uns ein wenig in Santa Barbara. Aber dann wurde mein Patron in dieser Puta Casa getötet. Und nun bin ich hinter Ihnen hergeritten, Señor, um Ihnen meine Dienste anzubieten. Señor Starr konnte sich immer auf mich verlassen. Ich trieb schon oft mit angeworbenen Treibern seine Herden. Er vertraute mir.«

Er verstummt nach diesen Worten und zeigt wieder sein blinkendes Gebiss.

Kirby Mahoun betrachtet den Mann eine Weile wortlos und lässt seinen Instinkt gegen ihn strömen, lauscht gewissermaßen auf alles, was von diesem Manuel Cabaza zu ihm herüberströmt. Es ist ein Wittern wie das eines Wolfes, der einem anderen begegnet.

Und es kommt nichts von diesem Manuel Cabaza zurück, was gut ist. Nein, es ist ein ungutes Gefühl, das tief in Kirby Mahouns Kern entsteht. Er hält es tief verborgen. In seinen rauchgrauen Augen ist nichts zu erkennen.

Kirby Mahoun weiß, er kann feindliche Strömungen spüren wie eine Witterung.

Dennoch sagt er: »Gut, Manuel, versuchen wir es miteinander. Reiten wir weiter. Warst du schon mal auf der Big Ranch? Kennst du sie?«

Sie reiten nun nebeneinander.

Manuel Cabaza nickt heftig. »Si, Señor, ich war damals mit Señor Starr dort, als er die Option über tausend Caballos erwarb und fünftausend Dollar zahlte, den ganzen Kaufpreis also. Ja, ich war schon dort. Wir müssen länger als drei Tage reiten.«

Kirby Mahoun nickt nur.

Sie reiten weiter und weiter bis zum Abend, zuletzt mit knurrenden Mägen.

Endlich erreichen sie einen guten Lagerplatz an einem Creek.

Und als die Nacht anbricht, legen sie sich zum Schlafen nieder.

Es wird eine dunkle Nacht, und als das Feuer verloschen ist, legt keiner der beiden Männer Holz nach. Scheinbar schlafen sie beide fest.

Doch dann – es ist schon lange nach Mitternacht – wirft sich Manuel Cabaza mit einem Messer über das erloschene Feuer hinweg auf die Stelle, wo unter den Decken sein Patron liegen muss.

Doch als er in die Decken sticht, da begreift er, dass darunter kein menschlicher Körper liegt.

Er stößt einen wilden Schrei aus vor Wut und Entsetzen zugleich. Dann sieht er in das Mündungsfeuer eines Revolvers und bekommt die Kugel.

Wenig später hat Kirby Mahoun das Feuer wieder in Gang gebracht und betrachtet den nun toten Manuel Cabaza. Dieser kann ihm nichts mehr sagen, gar nichts mehr, aber Kirby ist sich sicher, dass dieser Mann der Mörder von Zane Starr war, ein Mann, den die Big Ranch damit beauftragte, dafür zu sorgen, dass Zane Starr seine Option auf die tausend Pferde nie in Anspruch nehmen kann.

Kirby Mahoun blickt lange auf den Toten nieder, den er in den Kopf traf.

»Oha, Hombre«, murmelt er, »du wolltest mich abstechen wie einen dummen Hammel. Du gehörtest zu der Sorte, die schlimmer ist als eine Klapperschlange. Denn letztere rasselt wenigstens warnend, bevor sie mit ihren Giftzähnen zubeißt. Du Narr wirst nie wieder jemanden abstechen.«

Er beugt sich nieder und durchsucht die Taschen des Killers. Er findet etwa hundert Dollar – und er weiß, dass es wahrscheinlich die Anzahlung für den Auftragsmord ist.

Einige Atemzüge lang verharrt er bei dem Toten. Es ist eine zunehmende Bitterkeit in ihm. Gewiss, er hat wahrscheinlich Zane Starrs Mörder erledigt. Doch das macht Zane Starr nicht wieder lebendig. Und er selbst musste um sein Leben kämpfen.

Er denkt nun an den Auftraggeber. Es kann nur jener Big Jo Ketshum sein, der auf seiner Ranch am Tonto Rim wie ein Herrscher lebt und die tausend Pferde nicht herausgeben will, weil sie inzwischen um die dreißigtausend Dollar wert geworden sind.

Er verspürt einen kalten Zorn auf diesen Mann.

Und er will ihn sehen.

Was dann kommen wird, weiß er noch nicht, aber er will diesem Mann in die Augen sehen.

Und so macht er sich noch in der Nacht daran, Manuel Cabaza unter die Erde zu bringen. Er könnte ihn einfach liegen lassen, aber das widerstrebt ihm. Manuel Cabaza wird sich jetzt einem anderen Richter gegenüber verantworten müssen und gewiss bald in der Hölle schmoren.

Er findet in der allmählich grau werdenden Nacht am Steilufer des Creeks eine überhängende Stelle, die er über dem Toten zum Einsturz bringt. Und so wird Manuel Cabaza unter fast einer Tonne Erdreich begraben.

Die Sonne ist noch nicht hoch, als Kirby Mahoun wieder unterwegs ist.

Er wird die Big Ranch finden. Irgendwo im Tonto Basin am Fuß des Tonto Rims der Mogollon Mesa, da muss sie liegen.

Er ist sich auch darüber klar, dass dieser Manuel Cabaza nicht der einzige Killer war, der auf das Kommen von Zane Starr wartete. Nein, es werden mehrere sein. Denn es sind ja mehrere Wege, die zur Big Ranch führen.

Aber diese lauernden Killer haben die Beschreibung von Zane Starr, nicht seine. Zane Starr war rothaarig und sommersprossig, ein typischer Ire von der grünen Insel. Er aber, Kirby Mahoun, ist dunkel wie ein Comanche, hager und groß.

Er macht sich also keine Sorgen, nicht dicht genug an Big Jo Ketshum herankommen zu können. Und dennoch wird es nicht einfach sein, als Fremder in dieses Kingdom einzudringen. Er weiß aus Erfahrung, dass sich die mächtigen Rancher wie absolute Herrscher fühlen und Fremde erst einmal gründlich überprüfen.

Er reitet an diesem Tag wieder bis zum Abend und erblickt dann in der Ferne die Lichter eines Dorfes.

Als er nahe genug ist, sieht er, dass es ein Dorf mit Einwohnern mexikanischer Abstammung ist, das einst von den Spaniern um eine Mission und deren Kirche gegründet wurde.

Er reitet darauf zu. Denn er möchte gern wieder einmal an einem Tisch sitzen und mexikanisch essen. Gewiss wird er nicht der einzige Gringo dort sein.

✰✰✰

Als er in den Ort reitet, ist es Nacht. Lichtbahnen fallen über die einzige Straße. Die Leute sitzen auf den Veranden.

Er hält mit seinem Packpferd vor einem Gasthof, zu dem auch eine Cantina gehört, aus der Gelächter und nun auch Musik ertönt. Offenbar wird dort ein Fest gefeiert. Das Pferd von Manuel Cabaza nahm er nicht mit. Er ließ es frei, denn es hätte ihn verraten können, weil es gewiss Menschen in diesem Land gibt, die das Pferd kennen und ihn nach Manuel Cabaza gefragt hätten.

Ein Junge tritt zu ihm heran.

»Señor, wenn Sie in unserem Dorf bleiben und hier übernachten wollen, dann sind Sie bei mir richtig. Ich bin Roberto und würde Ihre Pferde gut versorgen, Señor. Der Stall und die Corrals sind gleich hinter dem Haus. Da ist die Einfahrt in den großen Hof.«

Kirby schwingt sich aus dem Sattel.

»Wenn ich zufrieden bin, Roberto, dann bekommst du einen Dollar extra«, sagt er.

»Sie werden zufrieden sein, Señor«, erwidert der Junge selbstbewusst.

Kirby sagt nichts mehr. Er nimmt nur seine Satteltaschen sowie das Gewehr und geht hinein.

Und da sieht er die Frau im Lampenschein. Sie kam die Treppe herunter und verharrt auf der letzten Treppenstufe, sieht ihn prüfend an. Es kommt ihm so vor, als atmete sie irgendwie erleichtert auf, weil er ihr fremd ist, sie ihn also nicht kennt.

Er kann nicht an seinen Hut greifen, weil er ja in beiden Händen etwas trägt. Und so nickt er ihr nur zu und sagt: »Guten Abend, Lady.«

Sie lächelt dankend. Und dann betrachten sie sich beide nochmals eingehend und prüfend.

Sie gefällt ihm. Vom ersten Augenblick an gefällt sie ihm.

Im Lampenschein leuchten ihre Augen grünlich wie die einer Katze. Sie sind auch etwas schräg gestellt. Und ihr Haar ist bei Tageslicht wahrscheinlich rotgolden. Jetzt wirkt es etwas dunkler.

»Hallo, Fremder«, spricht sie mit einer dunklen, doch sehr melodisch klingenden Stimme, als wären ihre Stimme und ihre Sprechweise einmal geschult worden, als Sängerin oder Schauspielerin.

Sie verlässt die Treppe und wendet sich nach links, wo ein Durchgang wahrscheinlich zum Speiseraum führt. Denn von dorther klingt Stimmengemurmel und klappern Bestecke in den Tellern.

Er sieht ihr nach und bewundert ihren Gang.

Dabei denkt er: Was für eine Frau, oho! Und sie ist hier eine Americana, so wie ich in diesem Dorf ein Americano bin. Oho, dies ist doch wohl ein Grund, sich kennenzulernen.

Er tritt an das kleine Anmeldepult, wo nun auch ein kleiner Mann mit einem gewaltigen Schnurrbart erscheint, der ihn mit freundlichen Augen fragend ansieht und dabei mit einer Stimme, die zu einem Riesen passen würde, so tief wie aus einem Keller klingt sie, spricht: »Willkommen in Santo Domingo, Señor. Wünschen Sie ein einfaches oder nobles Zimmer?«

»Ein gutes.« Kirby Mahoun lächelt zurück. »Ich übergab meine Pferde draußen einem gewissen Roberto. War das richtig?«

»Er ist mein Sohn«, erwidert der kleine Wirt stolz und streicht sich über den Schnurrbart. »Sie kommen richtig zum Abendessen. Ich werde Ihnen jetzt Ihr Zimmer zeigen. Kommen Sie, Señor.«

Er führt ihn die Treppe hinauf, und als sie dann das Zimmer betreten, da erweist es sich als wirklich gut, wenn auch nicht nobel.

»Ich bin in zehn Minuten unten, Señor«, sagt Kirby, und dann kann er seine Wissbegier nicht länger zähmen. Er fragt: »Die schöne Señora - wer ist sie? Woher kommt sie? Können Sie mir das vielleicht verraten, Señor?«

Der kleine Mann kratzt sich hinterm Ohr und blickt sehr kritisch zu ihm auf, überlegt einige Sekunden.

Dann aber erwidert er: »Si, sie ist sehr schön, eine Augenweide. Ihr Name ist Linda Edison, und sie kommt von Fort Apache herüber. Dort wurde sie von drei Reitern der Big Ranch in einem Wagen abgeholt. Sie hat viel Gepäck dabei, so als wollte sie lange auf der Big Ranch bleiben. Mehr weiß ich auch nicht. Ihre drei Begleiter oder Beschützer wohnen nicht hier im Haus. Die vergnügen sich gewiss bis zum Morgengrauen im Haus von Dolores Diego. Das tun die Big-Ranch-Reiter immer, wenn sie nach Santo Domingo kommen.«

»Ich bedanke mich für Ihre Auskünfte.« Kirby Mahoun lächelt. »Sie sind ein sehr freundlicher Mensch, Señor ...«

»Mein Name ist Hernàn Blanco«, stellt der Wirt sich nun vor. »Und auch Sie sind ein höflicher Señor. Ich werde Ihnen unten einen schönen Platz reservieren.«

Nach diesen Worten verschwindet er.

Kirby Mahoun aber verharrt noch einige Sekunden, bevor er endlich seine Satteltaschen in einen Sessel wirft und das Gewehr daneben an die Wand lehnt.

Und dabei denkt er immerzu an die schöne Linda Edison, die ja wie er unterwegs zur Big Ranch von Big Jo Ketshum ist.

Was für ein Zufall!

Oder ist es gar kein Zufall, weil alles zum Spiel des Schicksals gehört, dem die Menschen irgendwie unterworfen sind?

Indes er sich am Waschtisch wäscht, denkt er auch über das Geschenk nach, das ihm von dem sterbenden Zane Starr gemacht wurde.

Der Sheriff von Santa Barbara nannte es ein Danaergeschenk.

Ja, diese Option auf tausend Pferde könnte auch ein Geschenk in dem Sinn sein, dass ihm die Annahme zum Verderben wird.