G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 14 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 14 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

3 spannende Westernromane lesen und sparen!

G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!

Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2389 bis 2391:

2389: Höllentrail
Ich sollte einen Wagenzug mit Whiskyfässern mitten durchs Indianerland nach Bozeman bringen. War ich nicht bei Verstand, als ich den Vorschlag der schönen Jessica Barnes annahm?

2390: Die rauen Burschen
Die rechtschaffenden Menschen im Sweetwater Valley leiden unter den wilden Reitern der Bullskull Ranch und unter Wego Slaters Banditen. Doch dann kehrt Gil Glenncannon ins Valley zurück ...

2391: Montana-Marshal
In meinem Job kam ich kreuz und quer durch Montana, und ich wusste, dass ich irgendwann auf die Killer stoßen würde, die meine Frau ermordet hatten ...

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 463

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Norma/Faba ISBN 978-3-7325-9394-1

G. F. Unger

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 14

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2389 - WesternIch sollte einen Wagenzug mit Whiskyfässern mitten durchs Indianerland nach Bozeman bringen. War ich nicht bei Verstand, als ich den Vorschlag der schönen Jessica Barnes annahm? G.F. Unger, der außergewöhnlichste und fantasievollste Westernerzähler deutscher Sprache, wird Sie auch mit diesem Western unnachahmlich unterhalten!Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2390 - WesternDie rechtschaffenden Menschen im Sweetwater Valley leiden unter den wilden Reitern der Bullskull Ranch und unter Wego Slaters Banditen. Doch dann kehrt Gil Glenncannon ins Valley zurück ... Nach wie vor setzen G.F. Ungers Romane Maßstäbe. Nach wie vor steht der einfallsreiche und mitreißende Erzähler bei den Western-Fans unangefochten an der Spitze der Beliebtheitsskala!Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2391 - WesternIn meinem Job kam ich kreuz und quer durch Montana, und ich wusste, dass ich irgendwann auf die Killer stoßen würde, die meine Frau ermordet hatten ... Wer den Western in seiner spannendsten und ehrlichsten Form liebt, kommt an G.F. Unger nicht vorbei!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Höllentrail

Vorschau

Höllentrail

Es war im Jahre 1866, als ich nach Kansas City kam, um dort den Winter zu verbringen. Geld hatte ich genug, denn ich kam ja mit einem Kanu voller Edelpelze in die große Grenzstadt, wo sich der Missouri und der Kansas River vereinigen.

Ja, ich wollte nach vielen Jahren in der Einsamkeit unbedingt in eine große Stadt, dort etwas erleben und mich so richtig amüsieren.

Kansas City war damals ein verdammtes Höllenloch, und die zweibeinigen Wölfe fraßen die zweibeinigen Schafe. Aber das ist ja wohl überall so auf unserer Erde unter den Lebewesen. Es gibt überall Fresser und Gefressene. Mich konnte niemand fressen, bei mir bissen sich die harten Burschen die Zähne aus. Mein Revolver war schneller als die aller anderen. Und das sprach sich herum.

Einmal hörte ich einen der Revolverhelden und Spieler zu einem anderen sagen: »Der da, das ist Kilbourne, Al Kilbourne, ein Trapper aus dem Norden, der den Fluss herunterkam, um sich mal richtig auszutoben. Lass nur die Finger von ihm. Der putzt alles weg wie ein Berglöwe. Der frisst rohes Fleisch in den Bergen von Montana, vielleicht sogar Hundefleisch wie die Indianer …«

Ja, dies also hörte ich.

Und ich grinste in Gedanken. Denn ich hatte mir wahrhaftig Respekt verschafft unter den Hartgesottenen. Und nachdem ich am Heiligen Abend einen Falschspieler, den ich bei einem Kartentrick erwischte und der so dumm war, nach seiner Waffe zu greifen, mitten in die Stirn geschossen hatte, da spielten sie alle nur noch ehrlich mit mir.

Sie zollten mir Respekt. Denn auch mit dem stärksten Bullen in Kansas City trug ich einen Kampf aus, wobei es um tausend Dollar Einsatz ging, die jeder von uns einsetzte. Der Kampf fand in einer großen Scheune statt. Die Zuschauer und Wetter drängten sich wie beim Hahnenkampf. Ich gewann diesen Kampf.

Die meisten hatten auf den anderen gesetzt und verloren. Also waren sie mir böse.

Auch einige Frauen waren unter der gierigen Meute, die nicht nur gewettet hatte, sondern auch einen blutigen Kampf sehen wollte. Eine dieser Frauen – es waren entweder Edelhuren oder Abenteurerinnen und Glücksjägerinnen – trat zu mir. O ja, sie war eine Katze mit schwarzen Haaren und grünen Augen.

Sie hielt mir ein Handtuch hin.

Ich nahm es. Es war ein nasses Handtuch, welches ich mir gegen das zerschlagene Gesicht presste. Die Frau verstand etwas von Dingen, die ich jetzt brauchte.

Sie reichte mir dann mein Hemd und meine Jacke. Denn ich trug ja hier in Kansas City nicht mein Lederzeug.

Als ich das nasse Handtuch von meinem Gesicht nahm, da sah ich, dass sie mir meine Sachen hinhielt. Ich nahm sie und zog mich an.

Noch einmal reichte sie mir das nasse Handtuch, welches sie inzwischen im Eimer ausgewaschen und neu nass gemacht hatte. Ja, ich blutete aus einigen Schrammen. Meine Lippen waren zerschlagen. Zum Glück hatte es meine Nase nicht erwischt.

Doch ich war ohnehin nicht das, was man einen schönen Mann nennt. Ich sah nur wie ein harter Bursche aus. Und wäre mein Haar nicht gelb und wären meine Augen nicht blau gewesen, so hätte man mich gewiss für einen Indianer halten können.

Ich sah sie dann wieder an.

War sie eine von jenen Frauen, welche verrückt nach harten Burschen sind, die vor Männlichkeit nur so strotzen?

Sie sagte: »Gut gekämpft, Kilbourne. Ich habe auf Sie gewettet und dreitausend Dollar gewonnen. Denn die Wetten standen drei zu eins gegen sie. Nun möchte ich mich gerne revanchieren. Gehen wir?«

Die große Scheune hatte sich schon fast geleert. Alle, die vorhin noch gebrüllt und gejohlt hatten, drängten schweigend hinaus.

Ich sah mich nach meinem Gegner um.

Big Bull Mallone saß schon wieder auf dem Schemel. Er hatte zuletzt auf dem Rücken gelegen.

Nun starrte er mich an.

Dann aber grinste er und hob wie grüßend die Hand.

»Es war ein guter Kampf, nicht wahr?« So fragte er.

Ich erwiderte: »O ja, mein Freund, es war ein guter Kampf. Und fast hättest du mich geschafft. Du warst ganz nahe dran.«

Er genoss meine Worte.

Die Frau neben mir sagte: »Gehen wir.«

Und so ging ich mit ihr. In meinem Kopf brummte es noch gewaltig. Aber dass ich mit ihr ging, lag nicht daran.

Ich war einfach nur neugierig.

Sie war – ich sagte es schon – eine grünäugige Katze.

Was wollte sie? Nur einen harten Burschen, dem die Männlichkeit aus allen Knopflöchern strömte? Oder was sonst?

Ich wusste nicht einmal ihren Namen, und ich war ihr hier in Kansas City noch nie irgendwo begegnet.

Sie sah von der Seite her zu mir auf und sagte: »Ich werde Ihre Beulen und Risse gut behandeln. Ich war während des Krieges mal Krankenschwester.«

Ein Mann holte uns ein. Es war Pierce Conelly, den ich hier kennengelernt und mit dem ich so manchen Spaß gehabt hatte. Er reichte mir einen Beutel.

»Hier«, sagte er, »ich habe deinen Wettgewinn kassiert, so wie du es wolltest. Das sind siebentausend Dollar. Eintausend von Big Bull und sechstausend von deinem eigenen Einsatz. Sie haben anstandslos ausgezahlt. Auch ich habe auf dich gesetzt und gewonnen.«

Ich nahm den Beutel und bedankte mich.

Er sah auf die Schöne neben mir. »Ist er bei Ihnen in guten Händen, Lady?« So fragte er höflich.

Sie lachte leise. »Gewiss, mein Guter. Ich habe ein kleines Haus gemietet. Ihm wird es an nichts fehlen. Sind Sie ein Freund von ihm?«

»Ja, das kann man wohl sagen«, erwiderte Pierce Conelly und blieb zurück.

Wir gingen weiter den Uferweg entlang. Hier waren die Landebrücken der Dampfboote.

Mir ging es bei jedem Schritt schlechter. Dieser Big Bull Mallone hatte mich eine ganze Menge von meiner Substanz gekostet. Dass ich ihn schließlich schlagen konnte, lag allein an der Eisenhärte und Zähigkeit, die man brauchte, um in Montana bei der Pelztierjagd zu überleben.

Ich war bei den Indianern aufgewachsen.

Später dann hatte mich ein weißer Händler den Oglalas abgekauft und einen weißen Jungen aus mir gemacht, der auch lesen und schreiben lernte. Aber leider hatte dieser Mann nur noch wenige Jahre gelebt. Immerhin aber machte er einen Weißen aus mir, und manchmal zweifelte ich daran, ob das gut war.

Wir erreichten ein kleines Haus. Es war inzwischen später Nachmittag geworden, fast schon Abend. Bald würde in Kansas City ein anderes Leben erwachen. Schon bei Tag war diese Stadt an zwei Flüssen ein Babylon, böse, schlecht und voller Sünden. Aber nach Nachtanbruch wurde es noch schlimmer.

Diese Stadt war voller Flussleute, also Dampfschiffer, Flößer und Hafenarbeiter. Dazu kamen Frachtwagenfahrer, Excowboys aus dem Süden, die dort keine Arbeit fanden, Exsoldaten, Spieler, Banditen, Revolverschwinger, Betrüger, frei gewordene Sklaven, Büffeljäger, Siedler, die nach Westen wollten, Indianerkämpfer und auch Trapper.

Nun, wir erreichten also ein kleines Haus, in welchem schon Licht war.

Die Tür öffnete sich. Eine füllige Schwarze wurde sichtbar.

»Oooh, Miss Barnes, wie gut ich das abgepasst habe. Ja, das Abendessen ist fertig. Heute kommen Sie sehr pünktlich. Wie schön!«

Sie eilte vor uns her ins Haus zurück. Wahrscheinlich verschwand sie in der Küche. Die Schöne aber führte mich ins Wohnzimmer, wo ich in einen bequemen Sessel sank und die Beine ausstreckte. Dabei konnte ich ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken.

Sie fragte: »Ob Sie wohl etwas essen können?«

»Nein«, erwiderte ich nur, lehnte den Kopf gegen die hohe Sessellehne zurück und schloss die Augen. Nein, ich schlief nicht ein, dazu waren die Schmerzen zu stark. Ich fiel aber auch nicht in Bewusstlosigkeit. Es war eher ein Halbschlaf der totalen Erschöpfung.

In meinen Gliedern war Blei. Und für eine Weile hörte und sah ich nichts mehr.

Irgendwann wurde ich wieder wach. Ich hörte die Stimme der grünäugigen Schönen sagen: »Gut, gut, Mary, du kannst jetzt heimgehen zu deiner Familie. Das Essen hat vorzüglich geschmeckt. Du solltest eine Speiseküche eröffnen. Deine Kochkünste würden sich schnell herumsprechen. Ich kenne einen der Stadträte. Soll ich dir eine Konzession verschaffen?«

»Was nützt mir diese, Ma’am? Ich brauchte auch Betriebskapital. Einer Schwarzen mit einem Krüppel von Mann und fünf Kindern gibt niemand Kredit.«

»Doch, Mary, doch – nämlich ich. Wie viel brauchst du? Du musst ein Haus mieten, eine Küche einrichten, Vorräte kaufen und den Gastraum ausstatten. Was wäre da an Geld nötig?«

»Tausend Dollar, Ma’am, tausend Dollar. Würden Sie das riskieren, Ma’am?«

Ich hörte das alles und machte mir so meine Gedanken über die grünäugige Schöne, deren Nachname offenbar Barnes lautete. Ich hörte sie dann noch sagen: »Mary, ich bleibe gewiss nur noch wenige Tage hier in Kansas City. Aber wenn ich weggehe, dann bekommst du die tausend Dollar.«

»Und Sie scherzen nicht mit einer dicken Niggerin, Ma’am?«

»Nein, Mary, gewiss nicht. Jetzt geh heim.«

Ich hörte bald darauf die Tür klappen.

Dann kam die Schöne zu mir ins Wohnzimmer, wo ich immer noch erschöpft und ausgebrannt mehr im Sessel lag als saß.

»Geht’s besser?« So fragte sie.

Ich nickte und setzte mich auf, befühlte meine Rippen.

»Die sind angeknickt«, stellte ich fest. »Die müssten bandagiert werden. Ob Sie das können, Miss Grünauge?«

»Ich kann eine Menge«, erwiderte sie. »Mein Name ist Jessica Barnes. Nennen Sie mich einfach nur Jessica. Ihr Name ist Al Kilbourne. So hörte ich es. Sie haben sich den ganzen Winter über hier in Kansas City einen Namen gemacht. Sie gelten hier als zweibeiniger Montana-Wolf, mit dem man sich nicht anlegen sollte.«

»Vielleicht ist das so«, sagte ich und versuchte ein Grinsen. Doch ich ließ es bei dem Versuch bleiben, weil meine Lippen wieder zu bluten begannen.

Sie nickte.

»Gehen wir ins Schlafzimmer«, sagte sie ruhig. »Dort helfe ich Ihnen beim Ausziehen. Ich werde Sie mit scharfem Schnaps einreiben und durchmassieren. Sonst sind Sie bald für einige Tage steif. Und natürlich werde ich auch alle Risse und Beulen behandeln. Doch am nötigsten wäre diese Massage, denke ich. Bei Ihnen wird bald alles völlig verkrampft sein. Dieser Big Bull Mallone hätte Sie eigentlich schlagen müssen. Er war einmal ein großer Preiskämpfer zwischen Saint Louis und New Orleans. Sie würden wohl lieber sterben als verlieren?«

»So ist es«, erwiderte ich. »Das lernt man in den Bergen von Montana. Ich meine das Überleben, solange man noch einen Finger bewegen kann. Na gut, gehen wir also zu Ihrem Bett im Schlafzimmer, Jessica. Sie können ja sicher sein, dass ich Ihnen nichts tun werde. Ich meine, als …«

»Ich weiß schon, was sie meinen, Al«, unterbrach sie mich. »Sie sind zu krank, um mit einer Frau Spaß haben zu wollen.«

»Und wäre sie noch so schön und begehrenswert«, sprach ich heiser.

Sie lachte leise. Dann fragte sie: »Gibt es in Montana auch schöne Indianerinnen?«

Ich quälte mich auf die Füße, stand dann schwankend vor ihr.

»Sicher«, erwiderte ich. »Die Frauen und Mädchen der Cheyennes und der Nez Perces sind manchmal wunderschön. Richtige Gazellen. Sonst noch was, Jessica?«

»Nein, Al Kilbourne, nein«, murmelte sie.

Dann gingen wir hinüber. Ich merkte meine Steifheit und Verkrampfung schon. Ja, sie musste mir tatsächlich beim Ausziehen helfen.

Als ich nackt vor ihr stand, da sah sie auch meine vielen alten Narben. Es waren Schussnarben, Messernarben und die Krallennarben eines Grizzlys, der mich damals fast getötet hätte.

Sie legte eine Wolldecke und dann ein weißes Laken auf das Bett und sagte: »Legen Sie sich hin, Al. Ich hole den starken Schnaps. Ich glaube, er ist fünfzigprozentig. Wenn ich Sie einreibe und durchmassiere, wird das zuerst schmerzen. Doch dann wird ein wohliges Gefühl kommen.«

»Ich weiß«, knurrte ich und legte mich lang. Dann murmelte ich noch: »Es ist mir eine Beruhigung, Jessica, dass Sie offenbar schon mehr als einen nackten Mann gesehen haben.«

Aber sie erwiderte nichts, sondern machte sich an die Arbeit.

Ja, zuerst war es die Hölle, denn sie hatte starke, knetende Hände. Es waren irgendwie Zauberhände. So kam es mir vor.

Irgendwann wandelte sich der Schmerz wahrhaftig in ein wohliges Gefühl der Entkrampfung und Durchblutung.

Auch meine anderen Wunden behandelte sie gut.

Nun, ich schlief bald ein.

Und ich wusste immer noch nicht, was die schöne Jessica Barnes von mir wollte.

☆☆☆

Es war gegen Mittag des nächsten Tages, als ich hoch musste, um meine menschlichen Bedürfnisse zu erledigen. Ich fand den Weg zum hinteren Hof, wo der Abort stand. Oh, ich war steif am ganzen Körper und bewegte mich wie ein gichtkranker Greis. Ich trat dann zum Brunnen, holte mit dem Eimer Wasser herauf und wusch mich, so gut ich konnte. Als ich mich umdrehte, da kam die dicke schwarze Mary zur mir und brachte mir ein Handtuch. Ich war immer noch nackt, aber die Schwarze benahm sich ganz natürlich. Es war ein großes Badetuch, mit dem ich mich danach auch einwickeln konnte von den Knien bis unter die Brustwarzen.

»Nun, Mrs Mary, wo ist Miss Barnes?« So fragte ich.

Die dicke Schwarze lächelte mich an. »Ach, Mister«, sprach sie, »Miss Barnes reitet um diese Zeit immer aus. Haben Sie Hunger? Ich bereite Ihnen etwas wirklich Gutes.«

»Eine Fleischsuppe wäre mir recht«, murmelte ich. »Mehr verträgt mein Magen noch nicht. Und Kamillentee wäre auch nicht schlecht.«

Nach diesen Worten ging ich wieder zurück ins Haus. Aber ich legte mich nicht sofort wieder lang. Erst bewegte ich mich – wenn auch unter Schmerzen – im Schlafzimmer umher.

Wieder fragte ich mich, ob es Big Bull Mallone auch ähnlich ging wie mir. Denn das hätte mich zufriedener gemacht.

Als ich später auf dem Bettrand saß, brachte Mary mir die Suppe und den Tee. Ich ging zum Wohnzimmer hinüber und setzte mich an den Tisch.

Und dann kam Jessica Barnes von ihrem Ausritt heim und saß bald neben mir, trank Kamillentee wie ich.

Ich sah sie fest an.

»Jetzt ist es wohl Zeit, dass Sie mir endlich sagen, was Sie von mir wollen«, brummte ich. »Denn Sie haben sich weder in mich verliebt, noch halte ich Sie für einen wohltätigen Engel. Also …«

»Und für was halten Sie mich?« Sie fragte es hart. Ihre Stimme klirrte ein wenig.

Ich dachte nach.

Ja, was für eine Frau war sie?

Ich wollte sie nicht beleidigen, musste also vorsichtig sein. Aber schließlich zuckte ich mit den Schultern und sprach: »Nun, schöne Jessica, es ist wohl so, dass Sie eine nach Beute jagende Raubkatze sind. Und aus irgendeinem Grund brauchen Sie mich.«

»Richtig«, nickte sie und trank einen Schluck Kamillentee.

Und dann sprach sie ganz ruhig: »Ich habe beim Poker einen ganzen Frachtwagenzug mit wertvoller Ladung gewonnen. Vierundzwanzig Murphy-Frachtwagen mit Anhängern. Und jeder wird von einem Dutzend Maultieren gezogen.«

Nun staunte ich. Und nun wusste ich es auch ganz genau. Sie war eine Spielerin, ein weiblicher Kartenhai sozusagen. O ja, ich wusste, es gab solche Ladys. Und sie hatte einen ganzen Wagenzug gewonnen.

Ich fragte nun aus Neugierde: »Und was hat der Wagenzug für eine Ladung?«

»Whisky«, sagte sie knapp, »nichts als Whisky, zweihundert große Fässer Whisky – guter Bourbon, kein Handels-Whisky, sondern bester Bourbon.«

Ich pfiff durch die Zähne. Sie besaß also vierundzwanzig Doppelwagen mit fast dreihundert Maultieren, zweihundert großen Whiskyfässern und zumindest fünfzig Mann. Denn die Fahrer dieser Murphy-Doppelschoner hatten stets einen Gehilfen, der auch als Bremser des Anhängers fungierte, wenn es steil bergab ging.

Ich versuchte mir auszurechnen, was wohl zweihundert große Fässer voll echtem Bourbon wert waren.

Aber da kam es wohl darauf an, wo man sie verkaufen wollte.

Deshalb fragte ich: »Wohin soll das Zeug?«

Dabei sah ich sie an. O weia, ich hätte es vielleicht in diesem Moment nicht tun sollen, denn durch das Fenster fiel nun Sonnenlicht herein und beschien ihr Gesicht. Es war ein Gesicht von einer starken, eindringlichen Schönheit, die vom Leben geformt wird, sodass die angeborene Schönheit sozusagen noch veredelt wird, weil es ausdrückt, dass diese Frau schon durch alle Höhen und Tiefen wandern musste, also die Liebe und auch die Enttäuschungen kannte. Diese Spuren von Glück und vergangener Bitterkeit waren zu erkennen, und so war das wache, leidenschaftliche, herrliche Gesicht einer Frau entstanden, dessen Ausdruck sich jäh zu verändern vermochte.

Himmel und Hölle, sie gefiel mir immer mehr! Denn es gingen starke Strömungen von ihr aus, die ich immer deutlicher spürte. Und ihre Stimme war stets melodisch und klang klar.

Ich war ja inzwischen wieder etwas erholt und konnte klarer denken als gestern nach dem Kampf. Ja, sie gefiel mir mächtig.

Meine Frage stand noch im Raum.

Und nun endlich kam ihre Antwort. »Den Bozeman Trail hinauf natürlich. Denn wo ließe sich bester Whisky teurer verkaufen als im Goldland?«

Nun wusste ich es genau. Und mit einem Mal war alles klar.

Dieser Whisky für besondere Kenner mochte zweihunderttausend Dollar wert sein, wenn nicht noch mehr.

Heiliger Rauch! Und sie wollte das Zeug selbst hinauf ins nordwestliche Montana bringen!

Ich kannte den Weg, denn ich war ihn mehrmals geritten. Von Kansas City ging es auf dem sogenannten Oregon Trail bis etwa dreißig Meilen hinter Fort Laramie. Dann bog der Oregon Trail nach Westen ab. Was weiter nach Norden ging, hieß nun Bozeman Trail. Er endete in Bozeman, einer verrückten Goldgräber- und Minenstadt, die aus einem primitiven Camp entstanden war und ein noch böseres Höllenloch war als Kansas City.

Ich staunte die schöne Jessica immer noch an.

»Nun gut«, sagte ich und grinste vorsichtig, damit meine Lippen nicht wieder aufplatzten. »Zwanzigtausend Liter Whisky sollen nach Bozeman. Was habe ich damit zu tun? Wo liegt der Hund begraben, schöne Jessica?«

Ich hatte nun die gute Fleischsuppe ausgelöffelt und in meinem Magen das Gefühl, er würde es vertragen. Auch der Kamillentee war gewiss nicht schädlich, eher heilend.

»Ich habe mich genau über Sie erkundigt, Al Kilbourne«, sprach sie sanft und klar zugleich. »Sie sind wahrscheinlich der einzige Mann unter zehntausend, der meinen Wagenzug ans Ziel bringen kann. Sie können kämpfen und deshalb eine raue Mannschaft bändigen. Man wird Sie als Boss respektieren. Und Sie kennen den Weg, das Land dort oben und die Indianer. Es sind noch einige andere Trapper und Bergläufer der Hirschlederbrigade aus Montana heruntergekommen. Ihr Name, Al, steht dem von Jim Bridger in nichts nach. Das sagen sie alle. Ich brauche Sie, Al. Sie sollen als Kind bei den Indianern gelebt haben. Einige der großen Häuptlinge sind Ihre Freunde. Ich brauche Sie, Al Kilbourne.«

Nun wusste ich es.

Ja, ich war in gewissen Kreisen in Montana bekannt. Auch die Stämme der Roten kannten mich. Sie hatte gute Erkundigungen eingezogen. Aber das war einfach, denn inzwischen kannte man mich auch in Kansas City in gewissen Kreisen.

Jessica sah mich fest an. Lange blickten wir uns in die Augen. Ihre waren nun weit offen. Ja, sie ließ mich in sich hineinsehen.

Und da konnte ich erkennen, dass ich alles haben konnte – einfach alles. Ja, sie würde bezahlen. Wahrscheinlich war ich nicht der erste Ritter, den sie mit sich selbst bezahlte. Ja, sie brauchte einen Ritter wie eine Königin.

Und sie hatte mich ausersehen.

Jessica sah mich an und wartete, ließ alles, was sie als schönes Weib nur ausstrahlen konnte, nicht nur gegen mich prallen. Nein, es drang irgendwie in mich ein und wurde zum Zauber.

Oha, sie hatte es geschickt gemacht, mich mit zu sich genommen, mich gepflegt. So waren wir uns nähergekommen.

Sie wartete, nippte an der Teetasse und sah mich an.

Verdammt, sie war schön, begehrenswert, und ich würde sie gewiss haben können. Denn ich würde ihr Ritter sein, ihr Beschützer, ihr Partner. Wir würden als Gefährten ein Stück Weg gemeinsam wandern – und auch kämpfen gegen tausend Schwierigkeiten.

Ich kannte mich aus auf dem Bozeman Trail und wusste, dass die Sioux, Cheyennes und Arapahoes keine Wagenzüge durch ihr Land mehr duldeten. Es war alles anders geworden, weil von Fort Laramie aus eine starke Armeeabteilung unter Colonel Carrington ausgezogen war, um längs des Trails Forts oder Armeestützpunkte anzulegen. Das hatte die Stämme der Roten mächtig wild und böse gemacht.

Die Fahrt nach Bozeman konnte nur ein Höllentrail werden.

Es schossen mir aber auch andere Gedanken durch den Kopf.

Eigentlich hatte ich genug von Kansas City und wollte ohnehin zurück nach Norden in mein Jagdrevier. Ich sehnte mich nach meiner Hütte in jenem schönen Hochtal. Da war alles sauber und rein.

Mein Ausflug in die wilde Stadt Kansas City hatte mich den vielen Sorten von Menschen wieder näher gebracht. Und so hatte ich gewiss für die nächsten zwei oder drei Jahre genug.

»Wie hoch ist mein Anteil?« So hörte ich mich fragen und staunte selbst über meine Stimme und Worte, so als hätte jemand anderer gesprochen – nicht ich.

Sie sah mich immer noch grünäugig an.

»Du wirst dich nicht zu beklagen haben«, murmelte sie. »Wenn du der Mann bist, für den ich dich halte, wenn du dies unter Beweis stellst, dann wirst du dich nicht zu beklagen haben. Das schwöre ich dir. Was soll ich dir sonst versprechen? Dort oben in Montana bin ich doch ohnehin in deiner Hand – oder? Du könntest mich an einen Indianer verkaufen für drei Pferde – oder?«

Sie lächelte bei ihren letzten Worten. Ihre Stimme klang scherzend. Doch in ihren Augen war ein ernster Ausdruck.

Und so, wie sie es sagte, so war es wohl auch.

In Montana war sie in meiner Hand. Wenn ich nicht fair war zu ihr, dann ging sie unter wie eine Königin, deren Ritter sie verriet.

Also würde sie verdammt gut zu mir sein müssen.

Ja, ich wollte sie.

Und so schlossen wir damals unseren Pakt.

Nein, wir gingen noch nicht zusammen ins Bett. So etwas musste reifen. Wir würden uns erst menschlich näherkommen müssen.

☆☆☆

Der Tag verging. Wir verbrachten ihn zusammen in dem kleinen Haus an der Uferstraße. Die schwarze Mary wusch Wäsche und kochte dann das Abendessen.

Ich ruhte immer noch aus, denn ich war ja wirklich noch krank. Zwischendurch badete ich meine Hände, kühlte sie immer wieder, damit die Schwellungen zurückgingen und ich in meine Knöchel und Finger wieder die alte Beweglichkeit zurückbekam.

Denn eines wusste ich genau: Ich würde von nun an noch mehr auf meine Revolverschnelligkeit angewiesen sein als je zuvor. Ich hatte eine Menge Geld gewonnen, weil ich diesen Big Bull Mallone besiegte. Andere hatten auf ihn gewettet und Geld verloren. Vielleicht wollte der eine oder andere Wetter etwas von seinem Geld zurückbekommen.

Doch das war nicht das Hauptproblem. Ich begriff das erst so richtig beim Abendessen, als ich Jessica fragte: »Und wem hast du den kostbaren Wagenzug abgewonnen? Ging das so glatt? Fand der Verlierer sich damit ab? Wo steht dieser Wagenzug? Bist du mit ihm nur deshalb nicht aufgebrochen, weil dir ein Mann von meiner Sorte fehlte?«

Ja, es gab für mich noch eine Menge Fragen. Denn endlich konnte ich in meinem Kopf wieder richtig denken.

Sie legte Messer und Gabel hin und sah mich an.

»Der Mann heißt Arch Davenport«, sagte sie. »Wenn du ihn siehst, dann denkst du an einen Löwen. Ja, er ist ein zweibeiniger Löwe, war der Boss von fünfzig eisenharten Frachtfahrern. Er gehörte zu einer Pokerrunde auf der ›Betty-Lou‹, die von Saint Louis heraufgekommen war, dann aber wegen zu großem Tiefgang nicht weiter flussauf konnte. Überdies ist sie ein Seitenraddampfer. Für die ist der obere Missouri zu gefährlich wegen der treibenden Baumstämme. Die ›Betty-Lou‹ ist ein schwimmender Luxuspalast, Spielkasino und Edelbordell. Sie lassen dort nur Gäste an Bord, die für mindestens tausend Dollar gut sind. Ich habe dort einen Tisch gemietet und zahle dafür einen hohen Mietpreis. Nun, wir spielten damals drei Nächte lang jeweils von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. Ich hatte vier Männer gegen mich. Jeder wollte mich haben. Also wollte mich jeder erst einmal mit den Karten klein machen. Es waren Schiffseigner, Reeder und dieser Frachtzugbesitzer Davenport, der hier von einem Frachtsteamer die Whiskyfässer übernommen hatte. Ich machte drei der Mitspieler in der dritten Nacht klein. Sie hatten nichts mehr einzusetzen und gaben auf. Aber dieser Davenport hatte ebenfalls eine Menge gewonnen. Er blieb sitzen, gab nicht auf. Es wurde ein Zweikampf zwischen ihm und mir. Ja, auch er wollte mich, aber ich war sicher, dass ich ihn schlagen konnte. Ich hatte ihn drei Nächte lang studiert und kannte jedes Zeichen in seinem Gesicht, obwohl dies ausdruckslos wie eine Maske schien. Ich wusste, wann er bluffte und wann er ein gutes Blatt hatte. Irgendwie spürte ich das instinktiv oder sah es am Puls in seinen Adern, am Blinzeln seiner Augenlider, erkannte es an seinen Lippen, die sich unmerklich zusammenpressten. Ich kannte all die unmerklichen Zeichen. Irgendwann wollte er mich schließlich aus dem Spiel bieten. Er setzte sogar den ganzen Wagenzug ein. Für zweihunderttausend Dollar. Und er fragte mich, was ich dagegensetzen könnte. Da setzte ich mich selbst ein. Er glaubte tatsächlich, dass er mich nun hatte. Doch ich gewann. Wir hatten beide einen Vierling, doch ich hatte vier Asse, er nur vier Könige. Das war es dann. Ich habe eine von Zeugen unterschriebene Übereignung des ganzen Wagenzugs, zu der auch die Verträge mit den Fahrern gehören. Der Wagenzug steht auf dem Gelände der Missouri-Fracht-Company. Dort ist auch das Camp der Fahrer. Wenn du dich erholt hast, Al, dann können wir aufbrechen. Es liegt alles an dir. Aber natürlich gibt es einen Haken …«

»… der krummer ist als ein Hundebein«, unterbrach ich sie. »Es gibt stets und immer bei solchen Dingen einen Haken. Ich wette, dass dieser Davenport den Verlust nicht einfach so hinnimmt.«

Sie nickte. »Ja, er hat die Fahrer aufgewiegelt, ihnen gesagt, dass er bald wieder der Eigner des Wagenzugs sein werde. Denn ich würde niemanden finden, der diesen Wagenzug nach Bozeman führen könne. Und so verhalten sie sich passiv, also abwartend. Vielleicht wäre dieser Davenport mit dem ganzen Wagenzug schon abgehauen, wenn ich nicht die Town Marshals auf meiner Seite hätte und die Besitzurkunde, also die Übereignung, besitzen würde. Ich könnte dem Wagenzug sogar die Armee nachschicken. Du wirst einige Schwierigkeiten haben, Al Kilbourne.« Sie verstummte lächelnd.

Ich aber fluchte in meinen Gedanken.

Dann fragte ich: »Diese Übereignung – wo ist sie? Die will ich sehen.«

Sie nickte sofort, erhob sich und ging ins Schlafzimmer. Durch die offene Tür sah ich, dass sie die Messingkugel des Bettgestells am hinteren linken Bettpfosten abschraubte. Sie zog das zusammengerollte Papier aus dem Messingrohr des Pfostens und brachte es mir.

Und da konnte ich lesen, dass Archibald Davenport den Wagenzug mit allen Verträgen einer Miss Jessica Barnes übereignet hatte. Ein halbes Dutzend Zeugen, darunter der Kapitän der »Betty-Lou«, hatten unterschrieben. Jessica sagte: »Vielleicht ist die Urkunde bei dir sicherer, Al Kilbourne. Wenn du dieser Meinung bist, dann behalte sie und verwahre sie für uns.«

Es sollte wohl ein Zeichen von Vertrauen sein.

Aber ich schüttelte den Kopf. »Der Bettpfosten ist ein gutes Versteck«, sagte ich und aß weiter.

Mary verließ uns dann, denn sie hatte die Küche aufgeräumt und wollte heim zu ihrer Familie.

Wir waren allein. Ich fragte: »Gehst du heute wieder an Bord der ›Betty-Lou‹, um zu spielen?«

Jessica schüttelte ziemlich heftig den Kopf.

»Das wage ich nicht mehr. Selbst wenn ich jetzt vor Anbruch der Nacht hinginge und erst nach Sonnenaufgang heimkehren würde, wäre es zu gefährlich. Ich bin heute Mittag, als ich ausritt, schon verfolgt worden. Nur weil ich wie ein Cowgirl reiten kann und das beste Pferd aus dem Mietstall bekam, konnte ich entkommen. Davenport will die Urkunde zurück. Ich bleibe hier.« Sie erhob sich, um die Urkunde wieder in das Versteck zu bringen.

Ich sah mir meine Hände an und bewegte die Finger, krümmte sie und öffnete sie wieder.

Heiliger Rauch, dachte ich, was ist mit mir los? Zuerst lasse ich mich auf einen Faustkampf mit einem ehemaligen Preiskämpfer ein, und jetzt sitze ich in einer Falle, weil ich Jessica gewissermaßen mein Wort gab. Ist sie wirklich so ein tolles Weib, dass ich dafür in die Hölle zu springen bereit bin?

Ich wusste, ich würde die Antwort erst viel später bekommen.

Nach einer Weile erhob ich mich. Jessica machte sich noch in der Küche zu schaffen. Ich ging durch die Hintertür zum Hof hinaus. Es war schon fast Nacht. Überall in der Runde brannten jetzt Lichter.

Ich setzte mich auf die Bank an der Hinterwand des Hauses. Ja, es tat mir gut, die jetzt kühler gewordene Luft zu atmen. Ich konnte den Fluss riechen. Aber die Bergluft war mir lieber.

Plötzlich hörte ich drinnen im Haus einige Stimmen. Da war Jessicas Stimme, und dann waren die Stimmen zweier Männer zu hören.

Jemand war gekommen. Es wurde gestritten.

Ich erhob mich und glitt durch die Hintertür wieder ins Haus, gelangte in das halb dunkle Schlafzimmer. Aber die Tür zum Wohnzimmer war offen. Lichtschein fiel herein. Doch im helleren Wohnzimmer sah ich die beiden Kerle sehr viel besser, als diese mich sehen konnten im dunklen Hintergrund.

Ich stand bei einem Stuhl, über dessen Lehne mein Revolvergurt mit der Waffe im Holster hing. Ich nahm den Colt heraus.

Indessen hörte ich, was drüben gesprochen wurde.

Einer der beiden Besucher sprach mit nicht sehr lauter, doch sehr kalt und präzis klingender Stimme: »Also, schöne Lady, wir möchten Ihnen wirklich nichts antun. Aber wenn Sie unsere höflichen Bitten nicht erfüllen und sich weiterhin so störrisch anstellen, dann sind wir gezwungen, Ihnen den Ernst Ihrer Lage deutlich zu demonstrieren. Zum letzten Mal, Schöne: Wir wollen die verdammte Urkunde. Oder wir verunstalten Ihr wunderschönes Gesicht für immer. Und was wird dann aus Ihnen? Also heraus mit der Urkunde!«

Seine Stimme knirschte zuletzt.

Und sein Nachbar, der einen scharfen Dolch in der Hand hielt, stieß ein Kichern aus und sprach dann: »Curly, du bist zu lieb zu ihr, zu freundlich und nett. Die begreift das alles nicht. Lass mich ihr erst mal mein Zeichen auf ihre Stirn ritzen. Dann …«

Ich wusste nun Bescheid und hörte nicht länger zu.

Und so trat ich aus dem Halbdunkel des Schlafzimmers in das offene Türrechteck.

»Freunde«, sagte ich, »ihr solltet abhauen, solange ihr das auf euren Füßen noch könnt.« Ich sprach nicht unfreundlich, eher schon wohlwollend und wie jemand, der einen guten Rat erteilt.

Aber sie gehörten nicht zu der Sorte, die eine solche Freundlichkeit honoriert. Sie gehörten vielmehr zu der anderen Sorte, die Freundlichkeit für Schwäche hält.

Und so taten sie das Dümmste, was sie tun konnten.

Der Mann mit dem Messer schleuderte es mit einer blitzschnellen Handbewegung. Und der andere Kerl schnappte den Revolver heraus.

Ich hielt den Revolver in der Faust, hatte ihn jedoch mit der Mündung zu Boden gerichtet und halb hinter meinem Bein verborgen.

Mit meiner angeschwollenen und unbeweglicher gewordenen Hand hätte ich ihn gar nicht so schnell ziehen können wie der Kerl da vor mir.

Dem Messer entging ich durch eine schnelle Drehbewegung meines Oberkörpers. Es riss mir dennoch den Ärmel auf.

Und dem Kerl mit dem Colt kam ich zuvor. Weil der Messerwerfer nach seinem ersten Fehlwurf hinter den Nacken griff, um dort ein zweites Messer aus der Nackenscheide zu holen, bekam auch er mein heißes Blei.

Sie fielen und lagen dann stöhnend am Boden.

»Jungs«, sagte ich, »ihr seid wirklich nicht besonders klug. Vorhin hättet ihr noch auf eigenen Beinen hinausgehen können. Jetzt muss man euch tragen. Wie konntet ihr die Lady denn nur so bedrohen? Haben eure Mütter euch keinen Respekt vor Frauen beigebracht?«

Sie setzten sich stöhnend auf. Ich hatte beiden die Schultern zerschossen. Und so hockten sie nun auf dem Boden, stöhnten und kämpften gegen ihre Bewusstlosigkeit an.

Von draußen kam jemand herein und hielt die Hände hoch. Der Mann war offensichtlich ein Partner der beiden Stöhner. Er hielt seine Hände in Schulterhöhe und zeigte mir die Handflächen.

»Das wird Mister Davenport aber gar nicht gefallen«, sagte der Mann. »Ich soll ja nur beobachten und melden, wie es ausgegangen ist. Aber wenn Sie erlauben, dann nehme ich Curly und Lefty mit.«

Ich nickte dem Burschen zu.

»Dieser Davenport«, sagte ich, »soll nur nicht noch einmal solche Vögel wie euch schicken. Sonst komme ich zu ihm und hole mir seinen Skalp. Sag ihm das! Und nun raus mit euch!«

Er half den beiden Angeschossenen auf die Füße. Sie fluchten schmerzvoll.

Ich warf die Tür hinter ihnen zu und wandte mich an Jessica.

Sie lehnte an der Wand, nahm nun die Hand aus der Tasche ihres Faltenrocks und zeigte mir den kleinen Colt-Derringer, den sie in der Rocktasche umklammert gehalten hatte.

»Auch ich hätte geschossen, wenn es nötig gewesen wäre«, sprach sie kehlig. »Aber es war ja nicht nötig, Allan.« Sie sagte zum ersten Mal nicht Al, sondern Allan.

Es klopfte an der Tür. Dann trat Pierce Conelly ein.

»Da bin ich wohl ein wenig zu spät gekommen«, sprach er. »Was wollten die Kerle? Das gewonnene Wettgeld oder den Wagenzug? Dieser Davenport lässt überall verbreiten, dass Miss Jessica Barnes ihm den Wagenzug mit miesen Kartentricks abgewonnen hätte. Al, geht es dir gut?«

Ja, es war mein Freund Pierce Conelly, der Spieler, mit dem ich im Hotel das nobelste Doppelzimmer bewohnte, weil es keine Einzelzimmer gab. Ja, ich konnte ihn sicherlich als meinen Freund ansehen. Obwohl er ein Spieler und ich ein Jäger aus Montana war, ein Scout und Bergläufer, hatten wir irgendwie doch manches Gemeinsame. Man kann es mit Worten nicht beschreiben. Es war mehr ein stillschweigendes Einverständnis zu den Dingen auf dieser Erde. Und es hatte manchmal keiner Worte bedurft, um uns gegenseitig beizustehen, wenn es ums Behaupten in dieser wilden Stadt ging.

Er wusste ja, dass Jessica mich damals nach dem Kampf mitgenommen hatte. Und so wusste er auch, wo ich war. Irgendwie fand er das heraus.

Er sagte: »Ich wusste, dass Davenport sie für etwas angeworben hatte. Einer der Barmänner im River Saloon hat es mir gesagt. Sie bekamen auch schon einen Vorschuss. Ich beobachtete sie und folgte ihnen. Aber als ich draußen ankam, da krachten hier drinnen schon die Schüsse. Und so wartete ich erst einmal, wer herauskommen würde.«

Ich nickte Pierce Conelly zu. Und plötzlich fragte ich aus einer Eingebung heraus: »He, Pierce, möchtest du nicht mal einen Ausflug nach Bozeman in Montana machen? Bozeman ist das Tor zum Goldland. Dort pflastern sie die Wege mit Goldbarren, auch mit Silber. Was willst du hier in Kansas City? Hier stinkt alles nach Büffelhäuten. In Montana ist reine Luft, und du lernst richtige Rothäute kennen, die wirklichen Herren der Hochprärie.« Meine Stimme klang lockend, aber ich erwartete nicht, dass er sich betören lassen würde. Eigentlich war in meiner Stimme sogar ein sarkastischer Klang.

Aber zu meiner und gewiss auch zu Jessicas Überraschung nickte er sofort und sagte: »Das passt gut. Ich habe mir hier einige Feinde gemacht, weil ich so gut Poker spiele. Einige harte Jungs haben es jetzt auf mich abgesehen. Und ich möchte nicht schon wieder auf solche Narren schießen, die sich mit mir anlegen. In Montana kennt man mich noch nicht. Auf richtige Indianer bin ich auch neugierig. Du hast mich überredet. Aber wird Ihnen das recht sein, Miss Jessica? Es könnte ja auch sein, dass ich mich in Sie verliebe.«

Jessica lachte.

Wir sahen Pierce Conelly an.

Er war mittelgroß, gut proportioniert und dunkel wie ein Comanche. Nur seine Augen waren grau, also hell.

Ich nickte ihm zu. Dann sagte ich: »Es wäre gut für mich, wenn mir jemand in den nächsten Wochen den Rücken freihalten würde, jemand, auf den ich mich verlassen kann.«

Er grinste.

»Dieser Davenport«, sagte er ernst, »wird etwas dagegen haben, dass du dieser schönen Frau behilflich bist.«

Da sprach Jessica: »Er ist sich auch selbst behilflich, denn wir sind Partner.«

Pierce Conelly bekam große Augen.

»O weia«, sagte er, »da habe ich ja gar keine Chance mehr bei Ihnen, Jessica. Und dabei wären wir ein so schönes Paar gewesen, ein Spielerpaar.«

»Ich spiele jetzt ein anderes Spiel«, erwiderte sie ernst.

☆☆☆

Es war zwei Tage später, als ich mich mit Jessica auf den Weg zum großen Wagenhof vor der Stadt machte, um den Frachtzug zu besichtigen.

Ich wusste, es würde ein schwerer Tag für mich werden.

Doch ich hatte Pierce hinter mir.

Mir ging es wieder ganz gut.

Von Pierce war nichts zu sehen, doch ich wusste, er würde zur Stelle sein, wenn es darauf ankam und ich in der Klemme steckte. Pierce konnte sich gegen alle Town-Wölfe behaupten, und mit solchen würde ich es gewiss zu tun bekommen. Dieser Arch Davenport konnte gar nicht anders handeln, wollte er den Wagenzug zurückhaben.

Jessica schritt neben mir. Sie trug nun einen rehledernen geteilten Reitrock, der von ihren Stiefeln nicht mehr viel sehen ließ. In der rechten Tasche ihres Reitrocks steckte eine kleine Waffe.

Der Wagenhof, wo auch die Frachtwagenzüge in Reihen standen, neben den großen Weidekoppeln und Corrals, lag etwas außerhalb der Stadt. Wir bogen um eine große Scheune herum. Es gab hier viele große Scheunen, denn es mussten ständig mehr als tausend Maultiere und Pferde mit Futter versorgt werden.

Einige Männer, die hinter der Scheune verborgen waren, traten uns in den Weg.

Jessica sagte neben mir: »Das ist er.«

Ich wusste sofort, wen sie meinte. Denn einer der vier Männer ließ bei seinem Anblick an einen Löwen denken. Er war groß, fast riesig schon, und sein blondes Haar erinnerte wirklich an eine Löwenmähne.

Er war recht elegant gekleidet, ganz und gar wie ein Boss, der sich bewusst als solcher auch schon äußerlich zu erkennen geben will. Aber er war trotz seines Prinz-Albert-Gehrocks, seiner Brokatweste und dem weißen, gefältelten Hemd gewiss ein eisenharter Bursche, der vom Maultiertreiber und Frachtfahrer bis zum Boss aufgestiegen war.

Wir hielten an.

Ich sah von Arch Davenport auf die drei anderen Männer. Ja, ich kannte sie alle vom Sehen. Und mit einem hatte ich schon mal zu einer Pokerrunde gehört. Sie waren das, was man Revolverschwinger nannte, also Revolverhelden, die von ihren schnellen Colts lebten.

Davenport hob die Hand und deutete auf mich.

Dann sprach er: »Ich weiß, dass du aus Montana bist, ein Bergläufer und Indianerkämpfer. Du hast dir auch hier in Kansas City einen Ruf als harter Bursche verschafft, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte. Aber ich lege mich mit dir an und sage dir jetzt: Schleich dich! Hau einfach ab! So gut im Bett kann diese Jessica Barnes gar nicht sein, dass es sich für sie zu sterben lohnt. Also, Lederstrumpf, jetzt wird es ernst. Hau ab!«

Er hatte alles gesagt, was zu sagen war.

Die drei Revolvermänner neben ihm waren bereit für alles. Sie gehörten zu jener Sorte, welche niemals kniff.

Oh, ich steckte mächtig in der Klemme.

Und so fragte ich mich, wo wohl Freund Pierce stecken konnte.

Denn wenn er nicht auftauchte, dann musste ich kneifen. Gegen diese vier harten Nummern konnte ich es nicht schaffen.

Verdammt, wo war Pierce?

Jessica flüsterte neben mir: »Al, wir sollten aufgeben, nicht wahr?«

Ich blickte zum großen Areal des Wagenhofes hinüber. Dorthin waren es keine zweihundert Schritte mehr, also etwa nur noch zwei Steinwürfe weit.

Ich sah dort die Frachtfahrer stehen, ein großer Haufen von Männern. Sie starrten herüber.

Heiliger Rauch, wo war Pierce? Diese Frage war nun fast wie ein Schrei in mir. Musste ich wirklich aufgeben und mich davonschleichen? Heißer Zorn stieg in mir auf.

Ich hatte noch nie so bitter kneifen müssen in meinem Leben. Doch jetzt …

Fast hätte ich schon den Ansatz zu jener Bewegung des Wegdrehens gemacht, um zu gehen.

Doch da endlich tauchte Pierce auf.

O ja, er kam sozusagen in allerletzter Sekunde. Doch er kam nicht allein mit seinem Revolver – nein, er hatte noch was bei sich. Es war ein böses, höllisches Ding. Es war eine abgesägte, doppelläufige Schrotflinte der Firma Parker.

Er kam hinter der Scheunenecke hervor und trat hinter die vier Männer, war so leise wie ein Schatten.

Doch dann sagte er ruhig: »Jungs, heute ist nicht euer Glückstag. Ich bin mit meiner Freundin nicht auf eurer Seite. Und dies hier ist meine Freundin.« Er klopfte gegen die Kolbenseite der Schrotflinte. Dann fügte er hinzu: »Jungs, nehmt es nicht persönlich. Aber eigentlich ist es unanständig von euch, es mit vier gegen einen zu versuchen. Wie also wollt ihr es haben? Ich kann euch zwei Ladungen Indianerschrot spendieren. Wollt ihr?«

Sie wollten nicht, dazu waren sie zu klug, denn sie wussten, dass das abgesägte Höllending auf diese Entfernung eine Streuwirkung hatte, die sie alle erwischen würde.

Und zwei Ladungen Indianerschrot waren kein Zuckerschlecken.

Einer sprach über die Schulter zu Pierce hin: »Das wirst du bedauern, wenn du auch nur noch eine Nacht in Kansas City bleiben solltest.«

Sie wollten sich in Bewegung setzen, also nach vorne an mir vorbei in Richtung der Stadt.

Doch ich sagte: »So nicht, Freunde. Lasst eure Revolver hier. Werft sie dort in die Regentonne an der Scheunenecke. Dann könnt ihr gehen.«

Nun zitterten sie vor Wut, denn was ich von ihnen verlangte, war für sie eine Schmach. Aber ich konnte nicht anders handeln. Im Moment hatten wir sie zwischen uns, und vor allen Dingen die Schrotflinte hinter ihnen zwang sie zum Aufgeben. Doch wenn wir sie nicht mehr zwischen uns hatten, dann würde alles plötzlich wieder anders sein. Dann stand es wieder vier gegen zwei.

Denn natürlich zählte ich Jessica nicht mit als Frau.

Davenport knirschte heiser: »Geht nur, geht nur. Tut, was er verlangt, und geht dann. Ich werde es allein gegen ihn versuchen. He, Lederstrumpf, wirst du kneifen, wenn ich dich zum Duell fordere – nur zwischen dir und mir?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Natürlich kneife ich nicht. Aber du solltest es nicht versuchen. Lass es bleiben und gib auf.«

»Niemals«, knirschte er heiser. »Ich lasse mir doch nicht von dieser Katze meinen Wagenzug mit verdammten Kartentricks stehlen. He, Lederstrumpf, das kämpfen wir jetzt und hier von Mann zu Mann aus. Und niemand mischt sich ein.«

Ich seufzte. Doch ich musste da durch. Und so nickte ich und fragte: »Es hat wohl keinen Zweck, dir abzuraten, Davenport?«

»Nein«, schüttelte er den Kopf, dass seine gelben Haare nur so flogen. »Na los, Lederstrumpf, tragen wir es aus. Ohne dich ist sie nur eine streunende Katze, mehr nicht. Tragen wir es aus, verdammt!«

Er war heiß auf das Duell, glaubte an sein Glück.

Nun wandte er sich noch einmal an die drei Revolvermänner. »Ihr seid draußen aus dem Spiel. Ich will ein faires Duell mit ihm – mehr nicht. Ihr seid draußen.«

Sie nickten. Ihr Sprecher von vorhin sah mich an. »Wenn wir draußen sind, könnten wir gehen, ohne die Waffen in die Regentonne zu werfen – oder?«

»Haut ab«, sagte ich.

Und da gingen sie.

Pierce trat zur Seite und stand nun nicht mehr hinter Davenport.

Auch Jessica trat zur Seite. Dabei sagte sie: »Allan, ich schwöre dir, dass ich ihm den Wagenzug nicht mit Kartentricks abgewonnen habe! Er ist nur ein schlechter Verlierer.«

»Schon gut«, murmelte ich und richtete meine Aufmerksamkeit allein auf Davenport. Ja, irgendwie tat er mir leid. Denn ich wusste, dass ich ihn schlagen würde. Er hatte keine Chance. Wahrscheinlich wusste auch er das.

Aber warum wollte er dann dieses Duell?

Als ich ihn das fragte, da sagte er es mir auch schon mit den Worten: »Lederstrumpf, du wirst mich richtig treffen müssen, sonst werde ich dich töten. Ich kann viele Kugeln auffangen wie ein Grizzly. Ich werde auch mit drei Kugeln im Leib noch stehen und schießen.« Er sprach ganz ruhig. Gewiss wollte er mich mit seinen Warten beeindrucken und unsicher machen, aber sich auch selbst Zuversicht geben.

Ich nickte ihm zu. »Du kannst ziehen, wann und wie du willst. Ich warte, bis du die Hand am Kolben hast. Es hat ja keinen Zweck, dir abzuraten.«

»Nein«, erwiderte er fast flüsternd.

Und dann zog er.

Was blieb mir übrig? Ich musste ziehen, ihm zuvorkommen. Und so zerschoss ich ihm die Schulter seines Revolverarms. Die Waffe entfiel ihm. Er wollte sie mit der Linken aus dem Staub greifen. Ja, er war ein eisenharter Bursche, der nicht aufgeben wollte – auch seinem Charakter nach nicht konnte.

Ich hätte ihm auch die andere Schulter mit einer Kugel ruinieren können. Doch ich schoss auf die Waffe im Staub, sodass sie von der Kugel ein Stück weiter weggestoßen wurde. Auf den Knien kroch er ihr nach, wollte sie abermals greifen. Und abermals schoss ich sie ihm vor der Hand weg. Da gab er auf und erhob sich, verharrte schwankend.

»Na gut«, sprach er, »ich musste es versuchen. Diese schwarzhaarige und grünäugige Katze hat mich nochmals schlagen können. Die findet immer einen Narren, der für sie kämpft.«

Nach diesen Worten schwankte er davon. Die drei Revolvermänner warteten ein Stück weiter auf ihn und nahmen ihn dann in ihre Mitte.

Jessica und Pierce traten neben mich. Wir sahen ihnen nach.

Jessica sprach hart: »Er wollte mich, riskierte alles und verlor. Verdammt, was kann ich dafür? Ich hatte meinen Einsatz gemacht wie er.«

Wir sagten nichts zu ihren Worten.

Dann aber lachte Pierce grimmig und sprach: »Ihr habt es ja gehört, nicht wahr? Ich sollte keine Nacht mehr in Kansas City bleiben. Man macht sich immerzu Feinde auf dieser Erde. Doch selbst die harmlosen Schafe haben welche. Wann brechen wir auf?«

»Sofort«, erwiderte ich. »Was wir noch benötigen, lassen wir uns aus dem Store holen. Oder hast du noch etwas in unserem Hotelzimmer versteckt?«

»Nein«, erwiderte er. »Die Schrotflinte hier habe ich ehrlich gekauft. Das ist ein Teufelsding, nicht wahr? Die macht Eindruck.«

Ich nickte.

Dann wandten wir uns um und gingen zum Wagenhof weiter.

Die Frachtfahrer und deren Gehilfen empfingen uns schweigend im Halbkreis. Einer, der wohl ihr Vormann war, trat zwei Schritte vor.

Ich nickte ihm zu und sagte: »Mein Name ist Al Kilbourne. Ich bin ein Mann aus Montana und führe diesen Wagenzug nach Bozeman. Ihr habt Zeit genug gehabt, diesen Wagenzug abfahrbereit zu machen. Also spannt an. In einer Stunde brechen wir auf.«

Sie hörten es alle, und sie starrten mich an.

Der Vormann fragte: »Und wenn wir nicht wollen, weil wir nur für Davenport fahren möchten, für keinen anderen Mann und auch für keine Frau?«

»Ihr habt Verträge für diesen Wagenzug, ganz gleich, wem er gehört«, erwiderte ich ruhig.

Der Vormann nickte. »Sind Sie nicht der Mann, der diesen Big Bull Mallone vor drei Tagen im Faustkampf besiegte?«

Ich nickte.

Da sprach der Vormann: »Big Bull hat sich in einem unserer Wagen verkrochen. Ein paar harte Jungs, die auf ihn gewettet und viel Geld verloren haben, wollten ihn mit ihren Messern aufschlitzen. Auch er war vor seiner Zeit als Preiskämpfer einmal Frachtfahrer und Maultiertreiber. Einige von uns kannten ihn noch.«

»Da wird er sich unterwegs hier bei uns nützlich machen müssen«, erwiderte ich. »Mit Big Bull habe ich keine Probleme. Also, in einer Stunde fahren wir los!«

Sie schwiegen noch. Es ging eine Menge von ihnen aus. Da war Trotz, Unmut, Misstrauen. Sie wussten, dass sie mir vertrauen mussten. Der Trail führte mitten durch das Indianerland.

Der Vormann nickte plötzlich und wandte sich dem Halbkreis hinter sich zu.

»Ihr habt es gehört«, rief er. »In einer Stunde brechen wir auf. Also holt die verdammten Biester aus dem Corral und spannt sie an!«

Ich nickte Jessica und Pierce zu.

Dann gingen wir zum Store des Wagenhofs hinüber.

Auch wir mussten uns ausrüsten. In die Stadt wollten wir nicht mehr. Da würde es sicher Ärger geben.

Und die Urkunde, die bezeugte, dass Jessica der Wagenzug gehörte, hatte ich zusammengefaltet hinter dem Schweißband meines Hutes.

☆☆☆

Wir schafften es tatsächlich. Nach kaum mehr als einer Stunde fuhr der erste Doppelwagen auf den Wagenweg und bog nach Norden ein.

Die lange Reihe folgte ihm.

Jessica, Pierce und ich, wir ritten auf guten Pferden und waren bestens ausgerüstet, denn im großen General Store des Wagenhofs gab es alles, einfach alles. Es war das größte Warenlager in ganz Kansas City. Und Bargeld hatten wir genug. Als wir heute am frühen Morgen das kleine gemietete Haus verließen, da hatten wir unsere sämtlichen Taschen mit Geld gefüllt und trugen auch Geldgürtel auf der bloßen Haut. Auch Pierce, der ja zu meinem Glück dann doch noch rechtzeitig zur Stelle gewesen war und mit der abgesägten Schrotflinte Eindruck machte, hatte sein ganzes Geld bei sich.

Jessica hatte der dicken schwarzen Mary auch die tausend Dollar, die sie ihr versprochen hatte, gegeben.

Und sie hatte dazu gesagt: »Wir gehen zum Wagenhof. Vielleicht kommen wir nicht wieder zurück. Dann gehört dir alles hier, was ich zurücklasse, Mary.«

Die Schwarze hatte Tränen in den Augen, küsste ihr die Hand und sagte feierlich, dass sie jeden Tag für uns beten würde, damit wir nie in Not gerieten.

Nun, Marys Gebete konnten wir gewiss gebrauchen.

Denn der Weg nach Bozeman würde ein Höllentrail mitten durch das Indianerland werden.

Ich sah zur Seite auf Jessica, die neben mir ritt.

O ja, es war eine Freude, sie anzusehen. Sie war eine wunderbare Reiterin, saß leicht und geschmeidig im Sattel ihrer roten Stute.

Ich ritt zur Seite, um den Wagenzug an mir vorbeiziehen zulassen.

Es war ein erstklassiger Wagenzug. Die Murphy-Doppelwagen waren bestens in Schuss und durchaus geeignet für eine lange Reise. Und abermals konnte ich Arch Davenport gut verstehen, dass er diesen Wagenzug mit Ladung nicht so einfach hatte hergeben wollen.

Aber er hatte ihn beim Spiel zum Einsatz gebracht, wollte dadurch eine schöne Frau von sich abhängig machen.

Er hatte gesetzt und verloren.

Ich sah die Wagen also Stück für Stück an mir vorbeirollen. Immer wieder knallten die langen Maultierpeitschen. Manche der Gespanne waren unwillig und noch nicht wieder aufeinander abgestimmt. Dann sprang manchmal der Gehilfe vom hohen Bock, lief nach vorn und ließ die Peitsche knallen. Das genügte zumeist. Denn diese Maultierpeitschen waren böse Dinger. Sie hatten einen Metallknaller an der Spitze. Mit solch einer Peitsche konnte man einem Menschen glatt das Ohr abschlagen und natürlich auch eine Maultierhaut aufplatzen lassen.

Ich wartete, bis der letzte Wagen vorbeigerollt war. Bei keinem Wagen hatte ich etwas auszusetzen. Der Vormann und diese Mannschaft waren in Ordnung.

Dann ritt ich wieder neben Jessica. Sie sah mich an und schenkte mir ein Lächeln. Ich sah mich nach Pierce um, der ein Stück hinter uns ritt, und fragte: »Hast du schon herausgefunden, in welchem Wagen sich Big Bull Mallone versteckt hält?«

»Im dritten Wagen«, erwiderte Pierce grinsend. »Big Bull will herauskommen, sobald wir weit genug von Kansas City weg sind. Er hat wirklich eine Heidenangst vor den Messerhelden, die einige Wettverlierer auf ihn hetzten. Irgendwie hat er etwas gegen Messer, weil eine Kartenlegerin ihm vorausgesagt hat, dass er eines Tages an einem Stück Stahl sterben würde.«

Ich ließ mein Pferd abermals ein Stück zurückfallen, bis ich neben dem dritten Wagen ritt.

»He, Big Bull!«, rief ich.

Er steckte den Kopf hinten aus der Öffnung der Wagenplane.

»Sind wir schon weit genug weg von Kansas City?«, fragte er.

Ich grinste. »Weit genug. Du kannst herauskommen. Wie geht es dir denn?«

»Etwas besser schon«, erwiderte er. »Aber noch nicht so richtig. Du hast mich übel verprügelt. Aber ich bin dir nicht böse. Ich hörte, dass du jetzt der Boss bist. Kann ich mitfahren? Ich werde mich nützlich machen, denn ich war früher selbst mal Maultiertreiber und Frachtfahrer. Was soll ich tun?«

Ich gab ihm darauf noch keine Antwort, aber ich fragte: »Glaubst du wirklich, dass du durch ein Stück Stahl umkommen wirst? Habe ich Freund Pierce richtig verstanden?«

»Genau«, erwiderte er. »Und deshalb fürchtete ich mich vor diesen drei Messerwerfern in Kansas City. Ich könnte sie mit meinen Fäusten zu Brei schlagen. Aber ihre Messer …« Er verstummte hilflos.

Ich aber grinste und sagte: »Dann musst du dich aber auch vor den Lanzen und Pfeilen der Roten vorsehen. Die werfen manchmal auch mit Kriegsbeilen. Und alle haben Stahl an sich. Was sind da schon drei Messer in Kansas City gegen all die Lanzen, Pfeile und Kriegsbeile zwischen hier und Bozeman?«

Er staunte mich an. »He, willst du mir Furcht einjagen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte dir nur klarmachen, dass du überall etwas Stahl zwischen die Rippen oder sonst wohin bekommen kannst. Geh zum Koch auf den Küchenwagen. Vielleicht vertragt ihr euch, denn der Koch sieht mir so aus, als wäre auch er mal ein Preiskämpfer gewesen. Jedenfalls hat er eine zerschlagene Nase und Blumenkohlohren wie du.«

Ich ritt wieder nach vorn neben Jessica. Als ich sie ansah, mich wieder an ihrem Anblick erfreute, da fragte ich mich, wann sie mir ganz und gar gehören würde.

☆☆☆

Es geschah genau drei Tage später. Wir waren dem Wagenzug vorausgeritten und hatten in den Hügeln des Big Belt River einen schönen Platz an einem Creek gefunden, der sich zu einem See staute und am anderen Ende des länglichen Sees wieder abfloss.

Jessica wollte baden, schwimmen.

Und indes ich aufpasste, zog sie sich aus und stieg dann ins Wasser des Sees. Sie zeigte sich mir ohne Scheu, ließ mich ihren makellosen Körper bewundern. In ihren Augen erkannte ich, dass sie mir gehören würde nach dem Bad.

Ja es war so weit. Ich wusste es in dieser Sekunde, da sie vor mir stand und alles zeigte.

Und so breitete ich die Decke aus und wartete.

Es war plötzlich alles ganz einfach und wie selbstverständlich.

Plötzlich waren wir ein Paar an diesem wunderschönen Vormittag. Sie war keine Enttäuschung für mich, o nein. Sie war wundervoll. Und alles, was sie gab, das forderte sie zurück.

Noch niemals wurde ich von einer Frau so beschenkt.

Sie war voller Feuer und Verlangen. Ihre Zärtlichkeiten bereiteten mir das Paradies. Und jetzt wusste ich genau, was ich bisher nur gespürt und geahnt hatte: Jessica war es wert, dass ein Mann ihr die Sterne vom Himmel zu holen versuchte.

Als wir dann später im Schatten der Bäume beieinander lagen, da flüsterte sie: »Allan Kilbourne, du bist der Mann, den ich mir immer wünschte, den ich immerzu suchte. Bring uns nur mitsamt den Whiskyfässern wohlbehalten nach Bozeman, dann steht uns die Welt offen. Zweihunderttausend Dollar – und dazu noch der Erlös für den ganzen Wagenzug. Wir sind reich. In Texas oder in Mexiko könnten wir uns einen Besitz kaufen wie ein Königreich. Oder sollten wir uns lieber die Welt ansehen?«

»Du würdest nach Texas gehen?« So fragte ich, fügte hinzu: »Ich habe eine Menge über Texas gehört und war schon immer neugierig auf dieses Land.«

»Ich bin Texanerin«, sprach sie. »Und darauf bin ich stolz, Mister Lederstrumpf. Woher kommst du denn überhaupt?«

»Meine Heimat waren immer Wyoming und Montana«, erwiderte ich. »Als kleines Kind trieb ich in einem Kanu den Yellowstone River abwärts. Indianer fanden mich und zogen mich groß. Erst mit fünfzehn Jahren ging ich in die Missionsschule von Pater de Smet, einem Jesuitenpater. Von ihm lernte ich viel. Ein weißer Händler hat mich adoptiert und auf die Missionsschule geschickt. Von diesem Händler bekam ich auch meinen jetzigen Namen. Bei den Indianern hieß ich River Kid.«

Sie schwieg eine Weile und staunte. Dann liebten wir uns abermals.

Dann aber sagte eine heisere Stimme hinter uns: »Nun hat sie sich lange genug ausgeruht, die Schöne. Nun kann sie wohl auch uns bedienen.«

Verdammt, es traf mich wie ein Messerstich.

Ich, der erfahrene Bergläufer und Jäger, hatte mich von irgendwelchen Spannern belauschen und beobachten lassen bei unserem Tun.