G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 16 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 16 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

3 spannende Westernromane lesen und sparen!

G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!

Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2395 bis 2397:

2395: Cowboy-Wege
Meine Wege als Cowboy waren immer hart gewesen. Doch als ich auf die schöne Jessica traf, die mit einer Fleischherde unterwegs ins Goldland war, und sie mich zu ihrem Partner machte, glaubte ich, endlich einmal auf der Siegerstraße zu sein ...

2396: Main Street
Jake Leerock ist auf dem Weg, ein Gesetzloser zu werden, als er nach San Pablo kommt. Doch dort trifft er auf eine Frau, die er vor Jahren verließ - und die nun sein Leben in andere Bahnen lenkt ...

2397: Das Paar aus Louisiana
Die schöne Louise und ich mit meinem schnellen Colt - niemand würde uns aufhalten können, reich und mächtig zu werden am großen Strom. So dachten wir jedenfalls ...

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 467

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Norma/Faba ISBN 978-3-7325-9396-5

G. F. Unger

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 16

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2395 - WesternMeine Wege als Cowboy waren immer hart gewesen. Doch als ich auf die schöne Jessica traf, die mit einer Fleischherde unterwegs ins Goldland war, und sie mich zu ihrem Partner machte, glaubte ich, endlich einmal auf der Siegerstraße zu sein ... G.F. Unger ist und bleibt der größte Western-Erzähler deutscher Sprache! Der Faszination seiner Erzählungen kann sich niemand entziehen!Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2396 - WesternJake Leerock ist auf dem Weg, ein Gesetzloser zu werden, als er nach San Pablo kommt. Doch dort trifft er auf eine Frau, die er vor Jahren verließ - und die nun sein Leben in andere Bahnen lenkt ... Bei allen Western aus der Feder unseres Spitzen-Autors G.F. Unger ist eine hundertprozentige Spannungsgarantie stets mit inbegriffen!Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2397 - WesternBastei-Western-Bestseller bringt die großen Romanerfolge des beliebtesten und erfolgreichsten Western-Schriftstellers deutscher Sprache! Das Paar aus Louisiana Die schöne Louise und ich mit meinem schnellen Colt - niemand würde uns aufhalten können, reich und mächtig zu werden am großen Strom. So dachten wir jedenfalls ... Es ist unmöglich, sich der Faszination und Spannung eines Unger-Westerns zu entziehen!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Cowboy-Wege

Vorschau

Cowboy-Wege

Wir waren eine müde, angeschlagene und verkaterte Bande. Und wir befanden uns in einer bösen Stimmung. Jemand sagte: »Wenn wir wollten, könnten wir die verdammte Hurenstadt klein machen. Wir brauchen uns das nicht gefallen zu lassen. Wollen wir?«

Wir kochten wahrhaftig vor Wut. Denn vor nicht langer Zeit hatten wir Texaner mit dem ganzen Süden den Krieg verloren. Texas war arm geworden wie eine Kirchenmaus. Dann wurden plötzlich die Rinder etwas wert. In Texas zahlte man zwei Dollar für jedes Longhorn auf dem Huf. Unser Treibboss hatte dreizehn Dollar und fünfzehn Cents für jedes Tier bekommen. Und wir hatten mehr als zehntausend Stück ans Ziel gebracht.

Ohne uns war kein Rindergeschäft möglich. Nicht nur die Rinderbesitzer in Texas, sondern auch diese Stadt, die Eisenbahn und die Fleischfabriken verdienten durch uns. Und nun hatte man uns wie den letzten Abschaum behandelt, nur weil wir eine Art Koller bekamen und ein Hurenhaus klein gemacht hatten.

Es war Nacht geworden. Wir hatten Hunger. Der Weg nach Texas war weit. Kaum einer von uns besaß noch einen Dollar.

Was würde werden?

Es war fast Mitternacht, als einige Cowboys von anderen Herden aus der Stadt zu uns kamen. Sie hatten von unserem Pech gehört, und sie brachten einige Flaschen Whisky mit.

Wir begannen zu trinken und auf grimmige Art lustig zu werden.

Was würden wir am nächsten Morgen tun?

Eigentlich waren wir doch die allerletzten Narren.

Nach einem langen Herdentreiben waren wir jetzt ebenso arm wie in Texas.

Nur ein paar Stunden hatten wir Spaß gehabt, sei es mit den käuflichen Mädchen oder beim Spiel und an den Whiskytränken.

War das ein Leben?

Bald würde der Winter kommen. Was dann? Wir alle waren ja keine Ranchcowboys, sondern Herdentreiber. Ranchcowboys waren fest angestellt und konnten sich im Winter ins Bunkhouse verkriechen. Sie bekamen warmes Essen und hatten einen festen Platz.

Aber wir?

In diesem Jahr konnten wir – selbst wenn es uns gelang, nach Texas zu kommen – keine Herden mehr treiben. Erst im Frühjahr ging das wieder los.

Wir alle dachten darüber nach, was nun werden würde. Denn wir hatten das meiste Geld verjubelt. Und den Rest hatte uns der Richter abgenommen.

Jetzt waren wir frei, jeder für sich verantwortlich. Kein Boss kümmerte sich mehr um uns. Jeder war sein eigener Hüter von jenem Moment an, da ihn der Treibboss auszahlte.

O verdammt, was war das für ein Leben!

☆☆☆

Als die Sonne zu wärmen begann, bewegten wir uns mürrisch. Der Schnaps, den die fremden Cowboys uns brachten, damit wir unseren Kummer darin ertränken konnten, war von der billigsten Sorte gewesen. Unsere verdammten Bumsköpfe schmerzten.

Jemand machte Feuer, um die Reste des Rindes zu braten. Denn wir mussten essen. Wer weiß, wann wir wieder etwas Essbares bekamen. Mürrische Gespräche begannen. Es bildeten sich kleinere Gruppen, die es jede für sich mit etwas versuchen wollten. Wir alle brauchten einen Job, um den Winter zu überstehen.

Einige von uns wollten es als Büffeljäger versuchen. Da sie aber keine Büffelgewehre besaßen, würden sie als Abhäuter arbeiten müssen.

Andere wollten weiter nach Norden, um dort nach Gold zu suchen.

Dann kamen drei Reiter von der Stadt her zu unserem Camp geritten.

Wir witterten sofort, dass es keine Cowboys waren wie wir. Nein, da kam ein Boss mit zwei Begleitern angeritten, die ihn flankierten wie getreue Vasallen. Und als sie nahe genug waren, da begriffen nicht wenige von uns, dass da drei texanische Revolvermänner herangeritten kamen.

Einer von uns sagte plötzlich laut genug, sodass wir es fast alle hören konnten: »Da kommt King Fisher.«

Oha, wir kannten diesen Namen. King Fisher – nun, der war einer der ganz großen Revolverkämpfer. Sein Revolverruhm bestand aus vielen Legenden, die man sich überall in den Saloons, in den Bunkhouses oder an den Campfeuern erzählte.

King Fisher war mit dem Colt in der Hand eine Art Halbgott, denn er hielt den Tod in der Faust.

Da kam er also herangeritten mit zwei Begleitern, und man konnte schon an der Art, wie sie ihn flankierten und sich dennoch etwas hinter ihm hielten, erkennen, dass sie seine Gehilfen waren.

Im Schritt kamen sie in unser Camp geritten.

Was wollten sie von uns? Das war gewiss die Frage in jedem von uns.

Denn zu unserer Sorte gehörten sie nicht. Sie waren keine Rindertreiber, keine Trailmen, nein, sie nicht. Denn sie lebten von ihren Colts. Sie hätte man in Abilene auch nicht wie blöde Hammel ausplündern können.

Wir warteten schweigend, und wir sahen auf King Fisher. Der blickte sich um, sah auch die Reste des Rindes über der Glut des Feuers.

Dann sagte er laut über unsere Köpfe hinweg: »Ja, sie haben euch das Fell abgezogen in Abilene. Ihr seid arglos in ihre Fallen getappt. Es ist eine miese Stadt. Jede Stadt dieser Sorte ist wie eine gierige Hure. Sie lauerten nur auf eure Dollars. Und sie bekamen auch den letzten Cent von euch, nicht wahr?«

Wir erwiderten nichts, nickten nur widerwillig. Und der Groll wurde stärker in uns. Eine unsinnige Wut erfasste uns.

Jemand sprach schließlich aus, was jeder von uns dachte. »Vielleicht reiten wir heute noch in die Stadt zurück und zeigen ihr, dass man mit Texanern nicht so umspringen kann.«

In der Stimme des Sprechers klirrte Bitterkeit, der man anhören konnte, dass sie jetzt schnell in wilden Zorn umschlagen konnte.

Ja, Abilene hatte uns schlecht behandelt. Inzwischen hatte ich, wie es den anderen Herdentreibern ergangen war. Auch sie waren überall ausgenommen worden. Alles war teuer. Der Whisky war schlecht. Die Mädchen, die Spieler und überhaupt fast alle Bürger der Stadt betrogen rücksichtslos. Einige von uns wurden wahrscheinlich mit irgendwelchen Tropfen in den Drinks betäubt und erwachten ausgeplündert in den Seitengassen, wo die Hunde an ihnen schnüffelten oder sie sogar anpinkelten.

King Fisher war ein nur mittelgroßer, hagerer, geschmeidiger und gar nicht besonders beachtlich aussehender Mann – bis, ja bis man in seine schrägen Augen sah.

Denn wenn man auch nur drei Sekunden hineingesehen hatte, wusste man Bescheid.

Ein hagerer, sandfarbener Wolf der Apachenwüste, der hatte solche Augen.

Er sagte laut genug über unsere Köpfe: »Vergesst die Stadt! Vergesst Abilene! Werdet euch wieder bewusst, dass ihr Texaner seid. Oder seid ihr keine Texaner, die Nachkommen der Kämpfer von Alamo?«

Wir grollten und brummten. Einige fluchten.

Dann sagte einer: »Na los, kommen Sie zur Sache, Mister Fisher! Sie sind doch King Fisher – oder? Was wollen Sie?« Es war eine klare, trockene Frage.

Und King Fisher saß kerzengerade im Sattel, nickte und erwiderte: »Der Krieg ist noch nicht vorbei, Jungs. Eine mächtige Interessengruppe von Yankees hat sich zusammengetan. Ihre Beauftragten arbeiten mit den Steuereintreibern der Yankees in Texas zusammen. Dort finden jetzt überall Versteigerungen statt. Die reichen Yanks kaufen halb Texas für einen Apfel und ein Ei. Nur wenn sich die Rinderherden hier in Abilene oder drüben in Dodge City in blanke Dollars verwandeln und diese blanken Dollars als ständiger Strom nach Texas fließen, wird aus dem armen Land wieder ein stolzer Staat. Dann kann man in Texas wieder Steuern zahlen, wird es keine Versteigerungen mehr geben und können die Yanks keine Geschäfte mehr machen. Habt ihr das verstanden?«

Zuerst schwiegen wir. Dann grollte eine Stimme: »He, wir sind doch nicht blöd! Das waren wir nur in Abilene, weil wir so ausgehungert waren nach ein paar Sünden. Aber jetzt sind wir wieder normal. Sollen wir für Texas spenden?«

Als der Cowboy das spöttisch fragte, lachten wir alle grimmig. Denn wir hatten ja nichts mehr, um etwas spenden zu können.

Auch King Fisher und dessen beiden Begleiter lachten. Dann sprach er langsam Wort für Wort: »Jennison, Jenkins und John Brown.«

☆☆☆

Oha, wir alle kannten diese Namen.

Was damals während des Krieges Bloody Bill Anderson, Todd und Quantrill für den Süden waren mit ihren Guerillabanden, das waren John Brown, Alvah Jenkins und Rotbein-Jennison für den Norden.

Diese drei Guerillaführer waren durch die Kapitulationen des Südens bei Nashville und Appomattox sozusagen überflüssig geworden – bis jetzt.

Doch nun sah es anders aus.

King Fisher sagte knapp: »Ihr und einige andere Herden kamen noch unbehelligt durch die Furt des Arkansas River. Jetzt ist es anders. Die Furt ist nun gesperrt. Die Herden müssen Zoll zahlen, sehr hohen Zoll in Bargeld oder Rindern. Es bleibt dann kaum noch ein Gewinn für die Texaner. Die texanische Viehzüchtervereinigung hat mich beauftragt, eine starke Mannschaft zu sammeln und die Exguerillas zu vertreiben. Ich zahle pro Mann und Pferd je Tag einen Dollar und freie Verpflegung – auch Munition. Dazu kommt noch die Ehre, etwas für Texas tun zu können.«

Er sprach den letzten Satz so richtig ernsthaft, ganz und gar wie ein echter Patriot.

War er das wirklich?

Diese Frage tauchte in mir auf. Aber dann dachte ich an meine Lage. Ich war ausgebrannt, und hier versprach mir jemand einen Dollar pro Tag, dazu freie Verpflegung.

Allerdings mussten wir mehr tun, als nur Rinder treiben, nämlich kämpfen, so wie die meisten von uns während des Krieges gekämpft hatten.

Für einen Dollar pro Tag.

Aber hatten wir nicht den ganzen verdammten Trail von San Antonio bis hierher nach Abilene gekämpft? Es gab immerzu irgendeinen Ärger unterwegs. Das ganze Treiben war ein ständiger Kampf gewesen. Zwei Mann hatten wir bei Stampeden verloren. Und Pecos würde ein Krüppel sein bis zum Ende seines Lebens. Wir hatten gegen Indianer und Pferdediebe gekämpft, gegen Unwetter, deren Blitze in unsere Herde schlugen. Wir kämpften gegen Trockenheit, die unsere Herde verdursten lassen wollte – und dann gegen sintflutähnliche Regenfälle, gegen Präriefeuer und Büffelstampeden. Wir kämpften auch ständig gegen unseren eigenen inneren Schweinehund und hielten durch bis Abilene.

Warum also sollten wir nicht für Texas kämpfen?

Überdies brauchten wir Geld.

King Fisher deutete zurück zur Stadt. Dort tauchten zwei Reiter mit einem Dutzend Maultieren auf, die mit Packlasten beladen waren.

»Dort kommt alles, was wir brauchen«, sagte er. »Proviant, Munition, ein paar Gewehre für die von euch, die kein Gewehr besitzen, außerdem Verbandszeug und Medizin. Wir werden eine schnelle und gut ausgerüstete Truppe sein. Wer reitet mit?«

Keiner von uns rief jetzt etwas, was als Zustimmung gelten konnte. Nur einige von uns brummten was. Die meisten fluchten bitter.

Aber wir alle begannen unsere Pferde zu satteln.

Es blieb keiner zurück, als die Packtiere an uns vorbeigingen und King Fisher und den beiden anderen Revolvermännern folgten.

Wir waren etwa fünfzig Mann.

Würden wir stark genug sein gegen die Guerillabanden von Alvah Jenkins und Rotbein-Jennison?

☆☆☆

Bis zur Furt am Arkansas waren es an die hundert Meilen. Die meisten Herden brauchten für diesen Weg bis Abilene zehn Tage.

Wir schaffen den Ritt in zwei Tagen.

Unterwegs gab es stets ein gutes Essen. Denn die beiden Reiter, die unsere Packtiere trieben, waren auch gute Köche. Sie hatten schon für eine Reihe von Treibmannschaften gekocht.

Eigentlich konnten wir zufrieden sein.

Ich ritt zumeist mit meinen alten Sattelgefährten Jesse, Chuck und Wade in einem Rudel. Jimmy Ladun, der ja eigentlich mit zweihundert Dollar zu seinem Mädchen hatte heimkommen wollen, schloss sich uns im Verlaufe des zweiten Tages an. Er hatte wieder Hoffnung, etwas Geld zu verdienen.

Wir ritten am zweiten Tag bis tief in die Nacht hinein und bezogen dann in einer Senke ein Camp. Es gab nur Büffelgras und Dornenbüsche. Doch wir machten heute kein Feuer. Wir waren schon zu nahe der Arkansasfurt und konnten nur hoffen, dass uns die Yankeeguerillas noch nicht entdeckten.

Ich schlief bald ein inmitten meiner vier Sattelgefährten am Rand des Camps. Am Himmel leuchteten immer wieder Sterne durch die Wolkenlöcher, und ich fragte mich, was der Himmel wohl für ein Schicksal für mich bestimmt hatte.

Denn wie alle meine Gefährten glaubte ich an ein unabänderliches Schicksal, dem man letztlich nicht entkommen konnte.

Es war dann schon lange nach Mitternacht, als es laut wurde im Camp.

Bald aber wussten wir, was geschehen war.

Einer von uns – Bac Hammer nannte er sich – hatte versucht, abzuhauen.

Jed Stone aber – er war einer der beiden Revolvermänner, die mit King Fisher zu uns gekommen waren, um uns anzuwerben – hatte ihn eingeholt. Er musste ihn wahrscheinlich mit einem Lasso vom Pferd geholt und dann ziemlich weit durch das harte Präriegras und die Dornenbüsche geschleift haben.

Denn dieser Bac Hammer hatte nur noch Fetzen am Leib und war halb tot. Doch er wimmerte nicht. Er vermochte nur nicht ständig sein Stöhnen zu unterdrücken. Es ging ihm schlecht bei jedem Atemzug.

Wir alle hatten uns erhoben und bildeten einen Kreis.

Die Nacht war hell geworden. Mond und Sterne leuchteten unirdisch auf uns nieder, und sie wirkten jetzt irgendwie erbarmungslos und kalt.

Es war still. Nur die Pferde schnaubten und stampften manchmal. Und das stöhnende Atmen von Bac Hammer war zu hören.

Jed Stone sagte hart: »Die Feuer brennen an der Furt. Und zu diesen Feuern wollte er hin. Ich musste ihm die Schlinge um den Hals werfen. Denn er wollte brüllen. Fast hätte ich ihn gehenkt.«

Als er schwieg, wussten wir alle, was geschehen war.

Bac Hammer mochte zwar ein Texaner sein, doch es gab ein paar Texaner, die sich im Krieg auf die Seite der Union geschlagen hatten, weil sie gegen die Sklaverei waren und den Yanks helfen wollten, diese Sklaverei abzuschaffen.

Zu dieser Sorte gehörte Bac Hammer wahrscheinlich.

Doch der Krieg war vorbei. Die Sklaven waren frei. Der Süden hatte verloren.

Warum also war Bac Hammer immer noch gegen uns? Das war die Frage, die wir uns alle stellten. Und King Fisher sprach sie aus.

»Warum bist du gegen Texas?«

Dann warteten wir auf Bac Hammers Antwort.

Oh, er wusste, dass er klug antworten musste, wollte er am Leben bleiben. Denn er hatte uns verraten wollen. Wir wären in das Gewehrfeuer der Exguerillas geritten ohne jede Chance. Viele von uns wären gestorben.

King Fishers Frage stand noch klar und deutlich unter dem Sternenhimmel.

Bac Hammer hätte alles, was wir ihm vorwarfen, abstreiten können. Er hätte behaupten können, dass er einfach nur seines Weges reiten wollte durch die Furt nach Süden.

Doch auch er besaß diesen verdammten Stolz der Cowboys. Auch er vermochte nicht durch feiges Lügen sein Leben zu retten zu versuchen.

Und so erhob er sich, obwohl ihm dies höllisch schwer fiel und er wie ein Betrunkener auf den Beinen schwankte. Seine Stimme aber wurde mit jedem Wort fester und trotziger.

Er sagte: »Ich bin mit Alvah Jenkins und den Jungs geritten. Ich konnte nicht zulassen, dass ihr sie klein macht. Mit ihnen verbindet mich zu viel, nicht mit Texas.«

Nun hatte er es gesagt.

Wir schwiegen.

Und jeder von uns fragte sich, was King Fisher wohl für eine Entscheidung treffen würde. Würde er ihn töten oder von seinen beiden Vertrauten töten lassen?

Bac Hammer war seiner Sprache nach ein Texaner. Doch er hatte auf der Yankeeseite gekämpft, Texaner getötet und wollte uns nun verraten.

Hatte er den Tod verdient?

Wir wussten, dass wir jetzt herausfinden würden, was King Fisher für ein Mann war.

Aber dann sahen wir, dass er eine fast hilflos wirkende Handbewegung machte, und hörten ihn sagen: »Du bleibst ohne Pferd zurück, wenn wir jetzt zur Furt reiten. Ja, jetzt gleich, Jungs!«

Seine vier letzten Worten galten uns.

Und er fügte hinzu: »Es könnte noch ein Verräter unter uns sein. Wir können uns die Chance der Überraschung nicht nehmen lassen. Im Morgengrauen greifen wir an.«

Damit war alles gesagt.

Im Morgengrauen würden welche von uns sterben. Für einen Dollar pro Tag.

☆☆☆

Wahrhaftig, im Morgengrauen griffen wir an. Es war für uns alle nichts Neues. Im Krieg hatten wir mehr als einmal solche Angriffe durchgeführt. Wir alle wussten Bescheid. Jeder kannte sich aus. Der Unterschied war nur, dass wir diesmal nicht in unseren blaugrauen Uniformen ritten, dass es keine Flagge oder Fahne gab, keinen Hornisten, der das Angriffssignal blies.

Aber sonst war nichts anders.

Wir ritten hier an der Arkansasfurt noch einmal für Texas gegen eine Bande von Exguerillas.

Ich hatte mit Jesse, Chuck, Wade und Jimmy einen besonderen Auftrag von King Fisher erhalten. Er hatte gefragt, wer von uns allen wohl die besten Pferdediebe wären. Und da hatten einige Jungs auf mich gezeigt.

Jemand sagte: »Der beste Pferdedieb ist Josh Pilldarlik. Der hat schon mal einem ganzen Yankeeregiment die Pferde gestohlen mit ein paar Partnern.«

King Fisher nickte mir zu.

»Such dir ein paar Partner aus, Josh. Und dann jage die Pferde der Banditen in den Fluss.«

»Ich werde es versuchen«, erwiderte ich.

Nun, es war dann gar nicht besonders schwer. Denn die starke Bande da an der Furt war sich sehr sicher. Es mussten fast hundert Mann sein. Sie waren uns also zahlenmäßig überlegen.

Wir kamen dicht an ihre Pferde heran, die von zwei Wächtern in einer Senke bewacht und zusammengehalten wurden. Es gab hier keine Bäume, nicht mal Büsche. Also konnten die Kerle für ihre Tiere nicht mal einen Seilcorral machen.

Ich ritt ganz ruhig im Schritt auf einen Wächter zu.

Er sah mir entgegen und fragte: »Kommst du schon ablösen?«

»Sicher«, erwiderte ich. Dann war ich nahe genug, um ihm den Gewehrlauf auf den Hut schlagen zu können. Langsam ritt ich um die Pferderemuda herum. Der andere Wächter sah mir entgegen.

»Was war denn los dort auf der anderen Seite?« So fragte er. Und auch er hielt mich nicht für einen Feind.

»Ablösung«, sagte ich. »Johnny ist nur abgestiegen, um ein Ei zu legen.«

»Ein Ei?« So fragte er staunend und ließ mich ebenfalls nahe genug heran, sodass ich auch ihm mit dem Gewehrlauf was auf die Birne geben konnte.

Wahrscheinlich kannten sich die Kerle dieser starken Bande nicht besonders gut, weil sie aus mehreren kleineren Banden zusammengesetzt war. Anders war mein Glück wohl nicht zu erklären.

Doch ich war schon während des Krieges in ähnlichen Fällen ein frecher Hund gewesen.

Jesse, Chuck, Wade und Jimmy kamen herangeritten. Auch sie ritten im Schritt. Wir trieben die Pferde sachte aus der Senke und bekamen wieder Sicht auf die fast verloschenen Feuer der Camps, die nur einen halben Steinwurf weit entfernt waren.

Niemand rief uns an.

Sie schliefen. Oha, was waren sie nur für Penner! Sie fühlten sich zu sicher auf dieser Seite des Arkansas River. Die Herden waren noch drüben jenseits des Südufers. Also glaubten diese Kerle, dass ihnen nichts passieren könnte.

Ich stellte mich in den Steigbügeln auf und ließ dreimal den Ruf der Nachteule ertönen. Das war das Zeichen für King Fisher.

Indes wir die gewiss fast hundert Pferde zur Furt trieben, brach hinter uns die Hölle los.

King Fisher und dessen Revolvermänner Jed Stone und Vance Jacks führten die Texaner mit Wucht gegen das Camp der Exguerillas. Sie kamen im Galopp und schossen sozusagen aus allen Knopflöchern. Sie ritten und schossen alles nieder, was sich ihnen in den Weg zu stellen versuchte.

Wir hörten den Lärm des Kampfes, indes wir die Pferde durch die Furt trieben. Unsere Texasmannschaft war gewiss in der Minderzahl. Die Exguerillas waren fast doppelt so stark. Dennoch mussten sie verlieren, denn sie waren zu sorglos. Sie wurden völlig überrumpelt, mussten sich erst noch aus ihren Decken rollen, aufspringen, nach den Waffen greifen.

Sie mussten verlieren.

Und so war es gewiss wieder wie während des unseligen Bürgerkrieges, als sich die Kämpfer der Nord- und Südstaaten gegenseitig umbrachten. Der alte Hass brach noch einmal durch. Texascowboys kämpften die Yankees nieder.

Ja, wir hörten sogar die gellenden Rufe: »Für Texas! Gebt es ihnen für Texas!«

Es tobte gewiss ein schrecklicher Kampf.

Ich begriff, dass es für mich und meine Gefährten ein großes Glück war, dass man uns zum Pferdestehlen vorgeschickt hatte. Ja, wir hatten Glück, Jesse, Chuck, Wade, Jimmy und ich.

Als wir die Pferde auf das Südufer trieben, tauchten vor uns einige Reiter auf. Im Mond- und Sternenschein erkannten wir sofort ihre Sorte. Es waren Herdentreiber, Burschen wie wir – aber noch sozusagen im Urzustand, denn sie waren noch abgerissen, stanken aus allen Poren, waren zerstochen von Büffelmücken, die ja alle Herden begleiteten und sich auch auf Menschen und Pferde stürzten, und ließen uns erkennen, wie wir vor wenigen Tagen noch gewesen waren.

Wir hielten voreinander.

»Hey, was ist das für ein Feuerwerk da drüben?« So fragte einer, und die anderen lachten, so als wüssten sie schon genau, was da drüben los war.

Ich erwiderte: »Aaah, wir haben euch nur den Weg freigemacht nach Abilene. Da warteten ein paar böse Pilger auf euch. Schon was gehört von Alvah Jenkins, Rotbein-Jennison und Mister John Brown?«

Sie nickten sofort.

Dann sagte ihr Sprecher: »Wir hätten uns gerne daran beteiligt. Aber eigentlich sollten wir nur erkunden, ob die Furt frei ist. Es kommen fast ein Dutzend Herden im Abstand von je einem Tag. Ist das King Fisher da drüben? Wir haben gehört, dass er den Weg freiräumen soll.«

»Er ist es«, erwiderte ich. »Wenn ihr euch der Pferde hier annehmt, können wir zurück nach drüben reiten.«

Ich wandte mein Pferd und ritt wieder in die Furt. Meine Gefährten folgten mir. Und alle fragten wir uns, wie es wohl ausgegangen war.

Es krachten keine Schüsse mehr. Es war still am anderen Ufer.

☆☆☆

Es sah schlimm aus dort drüben, und ich wurde an die schlimmsten Schlachten während des Krieges erinnert.

O Vater im Himmel, warum mussten wir Menschen uns das immer wieder antun? Warum gab es immer wieder Parteien und irgendwelche andere Interessengruppen auf dieser Erde, die ihre Ziele mit Gewalt zu erreichen suchten?

Warum waren die Menschen die schlimmsten und bösesten Raubtiere?

Wann endlich wurden wir gescheit?

Diese bitteren Gedanken gingen mir durch den Kopf.

Da lagen oder hockten sie überall im Morgengrauen am Boden. Manche waren tot, andere nur bewusstlos. Und die Verwundeten stöhnten, jammerten. Auch tote Pferde lagen da und dort. Denn natürlich schossen auch die Exguerillas, und Pferde boten das größte Ziel.

Es war ein erbärmlicher, böser, trostloser Morgen. Die Nacht starb – und mit ihr starben Männer, die sich ein paar Dollars verdienen wollten.

Wahnsinn!

Ich traf auf King Fisher, der noch im Sattel saß und umherritt, um sich alles anzusehen, mit Verwundeten zu sprechen und nach Alvah Jenkins, Jennison und Brown zu suchen. Doch diese drei ehemaligen Guerillaführer befanden sich nicht unter den Toten oder Verwundeten. Sie gehörten zu jenen, die zu Fuß entkommen waren irgendwohin in die Prärie oder den Busch- und Gestrüppgürtel am Fluss.

Im Morgengrauen nickte King Fisher mir zu. Seine Stimme klang jetzt kalt und metallisch.

»Gute Arbeit, Josh, gute Arbeit. Wir haben sie in Stücke geschlagen. Sie kommen so schnell nicht wieder auf die Beine. In der nächsten Zeit wird keine der heranziehenden Texasherden Schwierigkeiten haben. Wir kämpfen für Texas.« Wieder sprach er die letzten vier Worte wie ein echter Patriot.

Aber wahrscheinlich bekam er einen stolzen Revolverlohn von der Viehzüchtervereinigung von Texas. Nein, dieser Mann und seine beiden Gehilfen kämpften nicht für einen Dollar pro Tag und freie Verpflegung und Munition – nein, die nicht.

Ich erwiderte nichts. Denn ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund.

Dann saß ich ab, um den armen Teufeln zu helfen, die jammernd und stöhnend am Boden lagen. Viele von uns taten das. Verbandszeug hatten wir genügend in den Packlasten der Maultiere.

Daran hatte King Fisher gedacht.

☆☆☆

Schon am nächsten Nachmittag kam die erste Herde durch die Furt – ein meilenlanger Zug gehörnter Schädel, knochiger Rücken, tanzender Schwänze, die manchmal wie aufgerichtete Schlangenleiber wirkten. Büffelmücken in Wolken, Treiber auf zumeist gescheckten Pferden.

Heisere Rufe, Pfiffe, klatschende Lassoenden oder Bullpeitschen.

Und sie hatten fast fünfzehnhundert Meilen hinter sich.

Ja, es wäre ungerecht gewesen, wären sie hier am Arkansas aufgehalten worden. Wahrhaftig, es wäre ungerecht gewesen nach dieser Leistung, die sie alle erbracht hatten durch sieben oder noch mehr Höllen.

Der Herdenboss kam herübergeritten. Er nickte uns zu.

»Texas ist Texas«, sagte er, »auf Texas kann man sich verlassen, Jungs. Was ist mit den Pferden, die ihr meiner Vorhut übergeben habt? Ist das Kriegsbeute? Wenn ja, dann verkaufe ich sie für euch und schicke einen Reiter mit dem Erlös hierher. Gut so?«

Oha, wir rechneten schnell. Es waren fast hundert Pferde. Die brachten fast zweitausend Dollar. Das waren über vierzig Dollar für jeden von uns. Denn wir waren ja etwas weniger geworden. Ein paar von uns waren tot. Für drei Dollar waren sie gestorben. Denn zwei Tage waren wir geritten. Am Anfang des dritten Tages hatten wir gekämpft. Das machte drei Dollar Sterbelohn.

O verdammt!

Aber wir alle nickten zu der Frage des Herdenbosses.

Und wir begriffen in dieser Minute, dass es für uns Beute zu machen gab, wenn wir nochmals gegen die Kansas Exguerillas kämpfen mussten.

☆☆☆

Tage und Nächte vergingen, und jeden Tag kam nun eine brüllende Texasherde durch die Arkansas-Furt. Es hatte sich unter den Treibern natürlich herumgesprochen, dass wir die Furt freigeräumt hatten, und so winkten sie uns zu.

Die Stimmung unter uns wurde immer schlechter. Das lag vor allen Dingen daran, dass wir hier an der Furt herumlungerten. Wir hielten zwar aufmerksam Wache nach allen Seiten, sodass man uns nicht überrumpeln konnte, wie wir die Exguerillas überrumpelt hatten, doch es gab sonst nichts für uns zu tun.

Es wurde Karten gespielt. Einige von uns verloren alles, was sie bisher verdient hatten. King Fisher schlichtete immer wieder Streitigkeiten. Einige der kranken Burschen ritten nach Abilene, hofften, dass der Doc ihnen dort helfen würde. Es kamen aber von Abilene andere Reiter, Burschen wie wir, denen man dort den letzten Dollar abgenommen hatte beim Spiel oder in den Tingeltangels und Freudenhäusern. Sie boten King Fisher ihre Dienste an. Der stellte sie fast alle für einen Dollar pro Tag und freie Verpflegung ein. Manchmal waren wir mehr als achtzig Mann hier an der Furt.

Und Herde auf Herde kam von Texas herauf. Es mussten schon Hunderttausende von Rindern in Abilene eingetroffen sein.

Und jedes Rind verwandelte sich in Dollars, die nach Texas zurückrollten und dem ausgeplünderten Staat halfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Dann aber – es war schon Herbst – hatten sich die Exguerillas gesammelt, neu organisiert und formiert. Alvah Jenkins, Rotbein-Jennison und John Brown machten wieder von sich reden. Sie verursachten weiter im Süden Stampeden, zündeten die trockene Büffelweide an und versuchten alles, um die Herden aufzuhalten.

Wir verließen die Arkansas-Furt, um weiter im Süden Jagd auf die Feinde der Texasherden zu machen.

In diesen Wochen verlor ich nach und nach meine Sattelgefährten. Ja, es erwischte sie alle. Zuerst wurde Wade aus dem Sattel geschossen. Es war sofort tot. Dann ereilte Jimmy Ladun sein Schicksal. Er würde niemals mehr mit zweihundert Dollar zu seinem Mädchen am Concho Creek zurückkehren.

Jimmy starb an einem Bauchschuss. Niemand konnte ihm helfen. Es war schrecklich.

Am Cimarron erwischte es dann Jesse. Er bekam zwar nur einen Streifschuss, doch er fiel vom Pferd ins tiefe Wasser und ertrank, weil er nicht schwimmen konnte.

An diesem Tag fragte Chuck mich, wie lange ich noch mitmachen wollte.

»Ja, reiten wir«, erwiderte ich. »Ich habe genug.«

Und so gingen wir zu King Fisher und ließen uns auszahlen.

King Fisher war nun noch kälter und härter geworden. Seine Augen blickten erbarmungslos.

Er sagte: »Schade, dass ihr uns verlassen wollt. Aber ich kann euch verstehen.«

Dann sah er mich an.

»Dich habe ich manchmal beim Kampf beobachten können«, sagte er langsam. »Wenn es das Schicksal will, wirst du Wege reiten wie ich, Wege, die dich verändern und aus einem Cowboy einen Revolvermann machen. Wenn du das nicht werden möchtest, dann pass gut auf dich auf. Du bist jetzt schon mit deinem Colt zu schnell für einen Cowboy, viel zu schnell.«

»Ich weiß«, murmelte ich.

Dann gingen wir zu unseren Pferden und ritten nach Süden.

☆☆☆

Von Norden her wehte ein kalter Wind. Er traf unsere Rücken. Der Winter stand unmittelbar bevor. Wir wussten, dass von einem Tag zum anderen ein Blizzard die ganze Kansasprärie bis zum Red River mit Eis und Schnee bedecken konnte.

Die Zeit des Herdentreibens war vorbei. Nur noch wenige Herden, die sich aus irgendwelchen Gründen verspätet hatten, waren noch unterwegs.

Chuck und ich, wir ritten Richtung Texas.

Und es sah gar nicht so schlecht für uns aus. Wir hatten jeder um die hundert Dollar in der Tasche.

Aber wir hatten sie auf raue, harte und bittere Weise verdient. Vielleicht hatten wir Gutes getan für Texas, doch es war auf böse Weise geschehen.

Würde uns dieses Kampfgeld Glück bringen?

Was hielt das Schicksal für uns bereit?

Wir wussten es nicht. Nur eines wussten wir genau: Im Süden war es leichter, den Winter zu überstehen. Im Süden war ein Dollar sehr viel mehr wert als im Norden. Und drüben in Mexiko war ein Dollar fast so groß wie ein Wagenrad.

Im Frühjahr würden wir wieder einen Job als Herdentreiber bekommen. Und in Abilene oder Dodge City würden wir hoffentlich schlauer sein als dieses Jahr.

Oha, wir wussten ja nicht, dass Cowboywege niemals so gerade verliefen und auch für uns alles anders kommen würde.

Chuck sagte am ersten Campfeuer einmal: »Eigentlich haben wir Glück gehabt – oder? Eigentlich können wir zufrieden sein.«

Ich nickte stumm, starrte in die Glut und zog an meiner Pfeife.

Zufrieden?

Ich dachte darüber nach.

Was erwartete ich vom Leben? Ich war nun sechsundzwanzig und davon fünf Jahre im Krieg gewesen. Bis zum Sergeant hatte ich es gebracht.

Und jetzt war ich ein freier Cowboy. Ich saß am Campfeuer, hatte einen Sattelgefährten bei mir, und über mir strahlten die Sterne.

Ich roch die starken Düfte des Landes, den beißenden Geruch unseres Campfeuers. Die Erde, das Gras, den Wind. Ich war lebendig. Die Welt war weit. Alle Dinge waren auf irgendeine Art großartig. Und es veränderte sich fortwährend alles. Dem Winter würde der Frühling folgen. Alle Herden würden Kälber bekommen. Und ein paar Abenteuer machten die Tage gut und das Leben süß. Ja, es gefiel mir, ein freier Cowboy zu sein. Und eines wusste ich genau: Die Schwachen gehen eines Tages unter. Sie zählen nicht.

Dies also waren meine Gedanken und Gefühle.

Aber ich spürte bereits etwas anderes tief in meinem Kern.

Ich begann in dieser Nacht mit Chuck am Feuer irgendwie zu ahnen, dass nur die erste Hälfte des Lebens sorglos, hell und leicht ist. Die zweite Hälfte konnte, wenn man verschiedene Dinge bedauern musste, bitter und freudlos werden.

Also musste man wohl so zu leben versuchen, dass man später nichts zu bedauern hatte.

Und wie dachte wohl ein alter Cowboy, der nicht mehr reiten konnte und als Stallmann sein Brot verdienen und in einem elenden Verschlag hausen musste?

Wir ließen uns Zeit, ritten kaum weiter als zwanzig Meilen je Tag, rasteten an silbernen Creeks, fingen Fische, schossen hier und da eine Antilope und waren nichts anderes als Satteltramps.

Einige kleine Ortschaften mieden wir.

Und dann – am siebten Tag – erreichten wir eine an einem Creek rastende Herde. Es war eine kleine Herde, kaum mehr als zweihundert Rinder stark. Sie war unbewacht, aber das war auch nicht nötig, denn sie war offenbar den ganzen Tag getrieben worden und würde den Creek und das Grün zu beiden Seiten dieses nur knöcheltiefen Wassers vorerst nicht verlassen.

Unter einem Baum, dessen Blätter schon bunt waren und bei jedem leichten Windzug zu Boden fielen, brannte ein Feuer. Ein paar Pferde waren angebunden an den Büschen in der Nähe.

Am Feuer hockten eine junge Frau – oder war es noch ein Mädchen? – und zwei Männer, die ganz gewiss keine Cowboys waren. Zwar waren sie abgerissen, unrasiert und hatten gewiss auch diese Rinder getrieben. Doch sie trugen städtisch wirkende Anzüge.

Ich hielt sie für Spieler, Barkeeper oder dergleichen.

Und ihre Colts ließen sie wie typische Townwölfe erscheinen.

Die Frau war wohl doch kein Mädchen mehr. Ich sah es, als sie sich erhob und uns entgegen sah. Sie war zwar eine noch junge Frau, aber eine Frau, die das Leben schon kannte.

»Willkommen, Cowboys«, sagte sie. Ihre Stimme gefiel mir, auch ihre grünen Augen fand ich einmalig und beeindruckend. Sie sah gerade zu mir hoch. Ihr Mund lächelte und ihre Nasenflügel vibrierten, so als würde sie Witterung nehmen.

Ihr Haar war unter dem Hut verborgen. Doch es musste eine rotgoldene Farbe haben. Denn ein paar Strähnen hingen ihr in die Stirn.

Sie deutete auf die Pfannen und die Kaffeekanne.

»Das Essen ist gleich fertig, Cowboys«, sagte sie. »Ihr seid eingeladen. Ihr kommt uns wie gerufen. Vielleicht seid ihr an einem guten Geschäft interessiert.«

»Immer«, erwiderte ich und saß ab.

Und ich wusste, dass ich mit dieser grünäugigen Schönen gerne ins Geschäft kommen wollte, wenn ich dabei die Chance erhielt, mich näher mit ihr zu befassen.

Sie übte von Anfang an einen Zauber auf mich aus, obwohl sie es gewiss nicht darauf anlegte. Dennoch strömte sie etwas aus, was mich tief in meinem Kern berührte und mich neugierig machte.

Aber ich sah mir auch die beiden Männer an. Ja, es waren typische Townwölfe, Burschen, die in den Saloons und Spielhallen lebten. Ich kannte diese Sorte zu gut.

Auch Chuck saß ab und schnalzte dabei leicht mit der Zunge. Aber das Schnalzen galt gewiss nicht seinem Pferd. Ich wusste, er war genauso an dieser Frau interessiert wie ich.

Sie hatte einen großen Topf Fleischsuppe mit Mehlklößchen gekocht und alles gut gewürzt. Auch einige Hand voll Bohnen tat sie hinein. Die ziemlich dicke Suppe schmeckte gut und machte satt.

Auch der Kaffee schmeckte besser als sonst wo.

Chuck und ich nannten unsere Namen. Chuck hieß mit Nachnamen Wagoner. Ich hatte seinen Nachnamen schon fast vergessen.

Sie hieß Jessica Scott, und die beiden Townwölfe sagten widerwillig, dass sie Carlos Madden und Clay Sunday hießen. Aber es war durchaus nicht sicher, ob das ihre richtigen Namen waren.

Als wir mit dem Essen fertig waren, stopfte ich mir meine Pfeife, tauschte mit Chuck einen Blick aus und wandte mich an Jessica Scott.

»Jetzt können wir über das Geschäft reden«, sagte ich. »Doch eines ist mir schon klar. Diese paar Rinder bringen nicht viel in Abilene oder Dodge City, kaum mehr als zweitausend Dollar. Und es ist gar nicht sicher, ob ihr die kleine Herde überhaupt dorthin getrieben bekommt. Oder?«

Ich sah bei der Frage auf die beiden Spieler, die jetzt Cowboyarbeit verrichten mussten.

Warum taten sie das?

Ich begriff, dass die Antwort auf diese Frage sehr zur Klärung aller anderen Fragen beitragen würde.

Jessica Scott sagte: »Ja, wir brauchen zwei erfahrene Cowboys. Der Himmel hat euch zu uns stoßen lassen auf eurem Weg nach Süden. Doch wir wollen nicht nach Norden mit der Herde, nicht nach Abilene oder Dodge City – o nein. Wir wollen nach Westen in die Colorado-Berge, die man ja bei klarem Wetter bereits in der Ferne erkennen kann. Wir kommen vom Santa Fe Trail, trieben einige Tage nach Norden. Doch jetzt müssen wir wohl nach Westen abbiegen – oder?«

Ich nickte nur.

»Ja, Colorado liegt im Westen«, sagte ich. »Und die Berge in der Ferne sind noch zweihundert Meilen entfernt, zumindest hundertfünfzig. Was da zu sehen ist, sind nur die Vorberge. Was wollt ihr mit den Rindern in Colorado?«

»Sie bei den Goldgräbern zu Geld machen«, sagte sie herb. »Die werden uns bei Anbruch des Winters jedes Pfund Rindfleisch mit Gold aufwiegen müssen. Zehntausend und noch mehr Goldgräber und Minenleute überwintern in den Goldfundgebieten von Colorado. Canon City, Cripple Creek, Denver, Leadville, Silver, Georgetown, das sind die wilden Camps, in denen sie bald nach Frischfleisch brüllen werden wir hungrige Raubtiere. Sie werden uns für jedes Rind mehr als hundert Dollar zahlen. Verstanden?«

Chuck und ich, wir nickten langsam.

Denn das war leicht zu verstehen.

»Und wie kommt ihr zu dieser Herde? Ihr seid doch Menschen aus den Saloons und Spielhallen. Ihr habt doch noch niemals Sattelarbeit verrichtet, sondern stets nur Karten gemischt.«

In meiner Stimme waren Skepsis und Misstrauen.

Die beiden Spieler verzogen ihre Gesichter und knirschten Flüche. Dann deutete einer auf Jessica und sagte: »Daran ist sie schuld.«

Chuck und ich, wir sahen auf die Schöne und warteten.

Sie erwiderte unsere Blicke. Dann sprach sie: »Wir saßen in der Expresskutsche von Santa Fe nach Kansas City. Weil die Nacht so schwarz war, blieb der Fahrer mit uns auf einer Station. Zwei Cowboys mit dieser Herde rasteten in der Nähe. Sie erzählten uns, dass sie damit nach Colorado wollten zu den Goldgräbern und Minenleuten. Wir lachten sie aus und sagten, dass dies sicher ein schweres Stück Arbeit wäre, nichts für uns. Denn wir wären Spieler. Wir luden sie auch ein zum Spiel. Weil sie kein Geld hatten und wir auch an ihren Rindern nicht interessiert waren – was sollten wir auch mit dem Viehzeug? –, spielten wir nur so zum Spaß. Wir zeigten ihnen auch einige Kartentricks. Diese beiden Hammel brüsteten sich sogar damit, dass sie mit den Karten sehr viel leichter und auch sehr viel mehr Geld verdienen würden als Cowboys. Es war dann schon gegen Ende der Nacht, als sie uns ihre Colts unter die Nase hielten und ausplünderten. Sie sagten, dass sie von uns gelernt hätten und nun auch mal auf leichte Art Geld verdienen wollten. Und da wir ja Kartenhaie wären, würden wir uns nicht sehr von Banditen unterscheiden. Sie nahmen uns die Geldgürtel ab, räumten auch unsere Taschen aus. Wir waren plötzlich Spieler ohne Spielkapital. Sie ritten mit mehr als zwanzigtausend Dollar davon. Und einer rief uns zu, dass wir ihre Rinder, ihre Ausrüstung und auch ihre Reservepferde mitsamt der Packtiere bekommen könnten als Gegenwert. Und wir sollten, wenn wir zu Geld kommen wollten, an ihrer Stelle die Rinder ins Goldland treiben. Sie wollten es mal bequemer haben. Und nun sind wir also mit der Herde unterwegs. Denn ohne Spielkapital können wir an keinem Pokertisch Platz nehmen. Verstanden?«

Sie hatte alles gesagt.

Und es war leicht zu verstehen.

Zwei Cowboys hatten ihnen eine Lektion erteilt, nachdem sie die beiden gereizt und verspottet hatten, weil Cowboys ihr Geld zu hart verdienen mussten – und Spieler nicht.

So war es wohl.

Ich tauschte mit Chuck einen Blick aus. Er nickte mir leicht zu.

Und da sagte ich: »Wir helfen euch, wenn wir die gleichen Anteile am Gewinn oder Erlös erhalten wie ihr. Es wird alles durch fünf geteilt.«

Die beiden Kartenhaie fluchten nun laut. Carlos Madden sagte: »Verdammt, was glaubt ihr denn, wer ihr seid?«

»Cowboys«, erwiderte ich, »keine Wohltäter. Ohne uns erreicht ihr vor dem Winter niemals die Goldfundgebiete von Colorado. Ihr verliert die Rinder beim ersten Schnee in den Bergen. Also?«

»Gemacht«, sprach da Jessica. »Wir sind fünf gleichberechtigte Partner.«

☆☆☆

Am nächsten Morgen – es war noch nicht richtig Tag – brachten wir die kleine Herde in Bewegung. Und ich sah schon gleich, dass die beiden Spieler schlechte Reiter und noch schlechtere Rindertreiber waren.

Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig und war gewiss ihre einzige Chance, wollten sie wieder zu Geld kommen.

Vielleicht hätten die Kerle lieber eine Bank überfallen oder eine Postkutsche angehalten, um deren Passagiere auszurauben. Doch die Rinder, die wir trieben, schienen ihnen vorerst die sichere Einnahmemöglichkeit zu sein. Deshalb versuchten sie sich als Herdentreiber, und sie fluchten fortwährend, waren schlechter Laune und machten die ganze Welt für ihr Pech verantwortlich.

Ich wusste schon am dritten Tag, dass sie nicht durchhalten würden, wenn es richtig hart auf hart kam. Bisher trieben wir ja über leichtes Gelände. Wir brauchten die Rinder nur wandern zu lassen und einigermaßen zusammenzuhalten.

Aber mit jedem Tag kamen die Hügel näher. Diese Hügel stiegen dann zu den Vorbergen der Rocky Mountains an.

Und wenn uns dann der Winter überfiel – o Moses, dann würden die beiden Townwölfe zerbrechen. Ich wusste es genau.

Sie hatten bisher gewiss nur von ihren Karten und Revolvern gelebt. Ja, sie benahmen sich großspurig, herausfordernd, ganz so wie Burschen, die sich notgedrungen dazu hergeben mussten, eine minderwertige Arbeit zu verrichten, welche eigentlich ihrem Stand oder Niveau nicht angemessen war.

Chuck und ich, wir waren für sie zwar nützliche, doch dumme Cowpuncher, Kuhtreiber also.

Und diese Jessica Scott?

Oha, die gehörte nicht nur deshalb zu einer anderen Sorte, weil sie eine verdammt reizvolle Frau war. Sie war auch sonst aus einem anderen Holz, nämlich härter, beherrschter, geduldiger. Von ihr glaubte ich, dass sie noch durchhalten würde, wenn diese beiden Kartenhaie längst schon aufgegeben hatten.

Ich bekam auch nach und nach heraus, warum diese Frau mit zwei solchen Kerlen zusammen war. Sie hatten nämlich nicht nur zufällig zusammen in der gleichen Postkutsche gesessen. Nein, sie hatten eine kleine Spielhalle in Santa Fe besessen. Jemand – wahrscheinlich ein Besucher ihrer Spielhalle, der zu viel verlor – hatte Feuer gelegt. So war ihre Spielhalle abgebrannt. Sie hatten nur ihr Geld retten können in dieser Nacht.

Und da nahmen sie die nächste Postkutsche nach Kansas City. Offenbar wussten sie genau, dass sie sich Feinde gemacht hatten in Santa Fe, vor allen Dingen unter den dort noch sehr zahlreich lebenden Mexikanern.

Jessica gab andeutungsweise ihren beiden Partnern die Schuld, dass sie aus Santa Fe verjagt wurden. Wahrscheinlich waren die beiden Kerle üble Falschspieler.

Jessica ritt oft neben mir hinter der Herde. Sie war eine gute Reiterin und hatte schnell begriffen, wie man Rinder trieb. Sie ließ ihre ganze Ausstrahlung immer wieder auf mich wirken. Und manchmal sagte sie auch, dass sie mir sehr dankbar wäre und mir ihre Dankbarkeit noch beweisen würde.

Ja, sie machte mir Hoffnungen auf etwas.

O Leute, ich war, was Frauen betraf, ziemlich unerfahren – jedenfalls, was Frauen wie Jessica Scott betraf. Bisher hatte ich nur Umgang mit Tingeltangelmädchen oder käuflichen Frauen gehabt. Ein Cowboy lebt ja meist in der Einsamkeit. Und auch während des Krieges hatte ich nur wenig Gelegenheit, Frauen oder Mädchen kennen zu lernen. Jessica Scott war also etwas völlig Neues und bisher Unbekanntes für mich.

Vielleicht hätte ich es dennoch mit ihr versucht.

Doch da waren ja noch Chuck und die beiden anderen Männer.

Jeder von uns hätte zu gerne mit Jessica unter einer Decke gelegen. Und so passte jeder darauf auf, dass sie keinen anderen vorzog oder sich gar mit einem von uns einließ.

Deshalb musste ich darauf vertrauen, dass sie mir ihre Dankbarkeit später beweisen würde – später, wenn wir die Herde verkauft und uns von den anderen getrennt haben würden.

Oha, ich wünschte mir, mit Jessica drei Tage und drei Nächte in einem Hotelzimmer bleiben zu können.

Ich war halt nur ein Cowboy.

Das Wetter wurde immer schlechter. Fortwährend kam ein kalter Wind von Norden her. Es wurde erst etwas besser, als wir die Prärie hinter uns ließen und in den Schutz der Hügel gelangten.

Dafür bekamen wir dann anderen Ärger.

Es waren plötzlich ständig Wölfe in der Nähe. Und Chuck und ich, wir wussten, was das zu bedeuten hatte. Die Wölfe witterten schlechtes Wetter. Es würde wahrscheinlich bald mit Macht der Winter hereinbrechen. Und dann würden die Wölfe nicht mehr aus unserer Nähe verschwinden.

Es war dann nach der zweiten Nacht, seit die Wölfe uns begleiteten, als ich einen Versuch machen wollte, sie zu verjagen.

Ich sagte es Chuck, und als dann nach dem Frühstück die Herde wieder in Marsch gesetzt wurde, blieb ich auf einem mit Gras und Büschen bewachsenen Felsen zurück. Ich hatte nur mein Gewehr dabei. Denn Chuck würde ja bald mit meinem Pferd zurückkommen, um mich zu holen, nachdem die Schüsse verklungen waren. Gewehrschüsse waren meilenweit zu hören.

Doch ich blieb nicht allein zurück.

Als Jessica nämlich begriffen hatte, was ich versuchen wollte, saß auch sie ab und übergab Chuck ihr Pferd. Sie kam zu mir heraufgeklettert.

Chuck verhielt noch mit den beiden ledigen Pferden auf unserem verlassenen Lagerplatz und starrte neidvoll zu mir hoch. Er begriff in dieser Minute, dass Jessica mit mir dort oben auf dem Felsen allein sein wollte und nun diese Gelegenheit benutzte.

Ja, er war voller Neid und Groll gegen mich.

»Na gut«, sagte er zu uns empor, »dann amüsiert euch gut. Oder wollt ihr wirklich nur auf die Wölfe lauern?«

Er wartete auf keine Antwort, sondern folgte mit den beiden ledigen Pferden der Herde, die bereits brüllend und muhend durch die Hügel nach Westen wanderte, flankiert von Carlos Madden und Clay Sunday, die noch gar nicht mitbekommen hatten, was hinter ihnen geschah.

Im trockenen Hügelland wirbelte die Herde eine Menge Staub aus dem braunen Büffelgras auf. Die Sicht war an diesen grauen Morgen noch sehr schlecht.

Jessica kam also zu mir heraufgeklettert und legte sich neben mich ins Gras und in die Deckung der Büsche, von denen bei jedem Luftzug und jeder Berührung die Blätter abfielen.

Es war ein kalter Morgen. Die Sonne würde nicht herauskommen.

Jessica sagte nichts. Aber sie rollte sich in meine Arme, die ich für sie öffnete, so als wüsste ich genau, was sie wollte. Sie bot mir ihren Mund.

Wir spürten die Morgenkälte bald nicht mehr.

So war das nun mal.

Eine Frau von Jessicas Sorte wollte Schutz und Hilfe. Und sie wählte sich den ihrer Meinung nach besten Beschützer aus unserem Männerrudel.

So war es wohl.

Was mich betraf, ich wollte diese reizvolle Frau in meinen Armen halten. Ich war ein junger und ausgehungerter Bursche.

☆☆☆

Es war mehr als eine Stunde später, als die Wölfe kamen. Jessica lag noch in meinem Arm. Aber nun vergaßen wir alle Zärtlichkeiten. Ich löste mich von Jessica und griff langsam nach dem Gewehr. Die Finger der anderen Hand legte ich auf Jessicas Mund, damit sie schwieg.

Sie biss mir leicht in die Hand, und ich nahm dies als Zeichen dafür, dass ihr die letzte Stunde eine Menge Freude bereitet hatte.

Dann beobachteten wir die Wölfe. Sie kamen vorsichtig und schnüffelten suchend im verlassenen Camp umher, balgten sich dann knurrend um die weggeworfenen Reste unseres Frühstücks.

Sie witterten nach allen Seiten. Aber weil die Witterung von uns und den Pferden immer noch zu stark über diesem Camp lag und am Boden haftete, witterten sie uns zwar gewiss oben auf dem bewachsenen Felsen, glaubten jedoch, in einem verlassenen Camp zu sein.

Ich hatte das Gewehr schon vorher gespannt und natürlich durchgeladen. Es war schussbereit. Denn hätte ich es jetzt erst getan, wären sie vom leisesten Krachen vertrieben worden.

Ich erschoss den Leitwolf mit dem ersten Schuss.

Dann konnte ich nicht mehr sorgfältig zielen. Denn sie huschten gedankenschnell nach allen Seiten davon. Ich war aufgesprungen und schoss mit dem Gewehr aus der Hüfte, lud blitzschnell immer wieder durch.

Sie huschten so schnell davon, dass jeder weitere Treffer reine Glückssache war. Ich traf dennoch zwei von ihnen, aber ich vermochte sie nicht zu töten. Sie entkamen mir verwundet.

Dann war auch schon mein siebenschüssiger Spencerkarabiner leer.

Die Wölfe waren fort. Ihr Leitwolf lag tot inmitten des verlassenen Camps. Die beiden angeschossenen Wölfe heulten in der Nähe.

Jessica stand neben mir und sah mich mit ihren grünen Augen funkelnd an.

»Ich glaube«, sagte sie langsam, »dass du mehr sein könntest als nur ein Cowboy.«

»Was denn?« So fragte ich zurück, und es lag mir auf der Zunge, ihr zu sagen, dass ich gar nichts anderes sein wollte als ein Cowboy. Denn nur als Cowboy war ich frei und konnte reiten, wohin ich wollte. Nur wir Cowboys strebten nicht nach Reichtum und Macht, sondern liebten unser Leben so wie es war.

Aber sie würde es nicht verstehen.

»Was denn?« So fragte sie zurück. »Oh, was denn? Du könntest es weit bringen als Kämpfer, als Boss und – oh, wie soll ich es sagen? Du könntest ein mächtiger Mann werden. Ich habe das von Anfang an in dir gewittert.«

Ich grinste und schüttelte den Kopf.

»Nur weil ich ein paar Wölfe erschoss?«

»Nein«, erwiderte sie. »Das alles sind nur Mosaiksteinchen, die man zusammensetzt zu einem großen Bild.«

Es dauerte noch eine Weile, bis Chuck mit unseren Pferden kam. Die Herde war ja inzwischen schon weiter als eine Meile gewandert.

Chuck warf uns die Zügelenden zu.

Dann betrachtete er uns mit missmutigem Neid und sagte: »He, Jessica, was ist an ihm großartiger als an mir? Auch er ist nur ein Cowboy wie ich. Was hat er, was ich nicht habe?«

Sie lachte ihn an, und sie beging nicht den Fehler, ihm jetzt zu sagen, was ihrer Meinung nach an mir besser war als an ihm.

Sie sagte lachend: »O Chuck, solche Fragen darfst du einer Frau nicht stellen. Denn sie weiß da zumeist keine Antwort drauf.«

»Vielleicht hätte ich an seiner Stelle wegen der Wölfe zurückbleiben sollen«, murrte er.

Wieder lachte sie, so als wollte sie ihn trösten und um Verständnis bitten. Sie lachte nicht spöttisch, sondern mit einer Spur von Bedauern.

»Es vollzieht sich manches, was man nicht zu erklären vermag, Chuck. Nimm es hin wie ein Spieler, der mit guten Karten nicht gewinnen konnte.«

Chuck sagte nichts. Er wandte sein Pferd und ritt der Herde nach.

Wir saßen auf und folgten ihm. Und ich spürte irgendwie, dass Chuck jetzt für mich nicht mehr der Sattelgefährte war wie zuvor. Es hatte sich in ihm etwas verändert.

Ich dachte an die beiden anderen Männer, an die Townwölfe.

Wie würden die sich verhalten, wenn sie erst herausfanden, dass Jessica gewählt und sich für mich entschieden hatte?

Ich fand es schon bald heraus. Es dauerte nur bis Mitternacht. Denn um Mitternacht sattelte ich mein Pferd und ritt zur Herde hinüber, um Carlos Madden abzulösen, der die Herdenwache hatte. Ich fand ihn auf der anderen Seite der Herde, wo er mich mit den Worten empfing: »Na, du Casanova …«

Ich lachte nur, denn ich wollte ihn nicht reizen.

Ich ritt weiter, um die Herde zu umrunden. Denn es war möglich, dass sich die Wölfe in der Nähe befanden und vielleicht ein Jungtier absonderten, um es in der Nacht zu reißen.

Aber er sagte: »Halt, Cowpuncher! Ich bin noch nicht fertig mit dir.«

Ich hielt wieder an.

Denn ich wusste, er wollte Streit. Und wenn ich jetzt kniff, dann würde er den Streit noch mehr wollen.

»Na gut«, murmelte ich mit schmalen Lippen, »was soll’s denn sein?«

»Hau ab«, sagte er, »hau einfach ab von uns. Sie hat sich mit dir eingelassen, und wir sehen nichts an dir, was besser ist als bei uns. Also hau ab, weil wir sie dir nicht gönnen. So einfach ist das. Oder müssen Clay und ich dir erst noch Beine machen, dir und deinem Pferdchen?«

In seiner Stimme war ein Klang, der mich erkennen ließ, wie gekränkt er war. Seiner Meinung nach hätte Jessica sich für ihn oder Clay Sunday entscheiden müssen, nicht für einen Cowboy, den sie erst wenige Tage kannte. Ja, er fühlte sich zurückgesetzt. Das war gefährlich bei einem eitlen Revolvermann, der daran glaubte, dass ein schneller Colt ihm Sonderrechte gab.

Hinter mir war ein Geräusch.

Ich blickte über die Schulter. Die Nacht war ziemlich schwarz, doch ich vermochte dennoch zu erkennen, dass es Clay Sunday war, der mir vom Camp gefolgt war, um seinen Partner zu unterstützen.

Sie hatten mich eingekeilt.

Oh, verdammt, wie konnte ich aus dieser Klemme herauskommen?

Sie waren gefährliche Revolverschwinger, Spieler, Townwölfe. Wenn sie kämpften, dann taten sie es auf gemeine Weise.

Was sollte ich tun?

Oha, ich hätte ihnen einen einfachen Trick zeigen können, indem ich den Pumaschrei hören ließ. Ihre Pferde würden bei diesem Schrei hochsteigen, sie wahrscheinlich sogar abwerfen. Denn sie waren ja immer noch keine guten Reiter.

Aber solch ein wilder, kreischender Pumaschrei hätte die Herde in Stampede versetzen können. Dann hatten wir vielleicht viele Tage damit zu tun, alle Rinder wieder einzusammeln.

Ich konnte ihnen also diesen Trick nicht zeigen.

Und so entschloss ich mich zur einfachsten Sache.

Ich ließ mein Pferd gegen das Tier von Carlos Madden anspringen, indem ich dem Tier die Sporen gab. Natürlich tat mir mein Pferd leid. Denn ich fügte ihm großen Schmerz zu. Doch ich wollte am Leben bleiben. Ich wollte mich auch nicht wegjagen lassen, wie ein Hund.

Als mein Tier wiehernd ansprang, stieg Maddens Tier mit der Vorderhand hoch. Madden fiel rückwärts aus dem Sattel.

Ich riss mein Pferd auf der Hinterhand herum und trieb es gegen Clay Sundays Tier. Dieses war unruhig geworden durch das Wiehern von Maddens Pferd und tanzte bereits. Sunday hatte alle Mühe, es unter Kontrolle zu halten und im Sattel zu bleiben. Nein, er konnte jetzt nicht schießen.

Unsere Pferde prallten zusammen. Ich warf mich hinüber, bekam Sunday zu fassen. Wir fielen zu Boden, und ich schaffte es, ihn unter mich zu bekommen, sodass er schwer aufprallte und ihm die Luft aus der Lunge getrieben wurde.

Als ich aufsprang, kam Carlos Madden. Er rannte in meine Gerade hinein, marschierte auf den Absätzen einige Schritte rückwärts, ruderte dabei mit den Armen und stand endlich wieder fest. Da ich ihm folgte, traf ich ihn in die Magenpartie und dann mit einem Aufwärtshaken.

Ich hatte nun Zeit, mich um Clay Sunday zu kümmern.

Nun, sie waren harte Burschen. Es wurde eine gewaltige Schlägerei. Denn immer dann, wenn ich einen von ihnen von den Beinen schlug, hatte sich der andere wieder einigermaßen erholt, um den Niedergeschlagenen gewissermaßen abzulösen.

Wir kämpften neben der immer unruhiger werdenden Herde in der Nacht.

Doch dass die Herde unruhig wurde, bekamen wir natürlich gar nicht mit. Wir waren zu verbissen.

Dass es die beiden Revolverschwinger nicht mit ihren Colts versuchten, lag wahrscheinlich nur daran, dass auch sie die Herde nicht erschrecken wollten. Vielleicht hatten sie auch ihre Revolver inzwischen verloren.

Es ging ihnen jetzt ganz offensichtlich nur noch darum, sich nicht von mir verprügeln zu lassen, obwohl sie in der Überzahl waren. Sie hatten mich mit eitler Großspurigkeit wegjagen wollen und wurden nun von mir nach Strich und Faden verhauen, solange es mir nur gelang, sie abwechselnd von den Beinen zu schlagen. Ich wusste, dass ich verloren war, wenn sie beide gleichzeitig auf den Füßen blieben und mich von zwei Seiten angreifen konnten.

Ich weiß nicht, wie lange wir kämpften. Waren es nur wenige Minuten oder war es gar eine halbe Stunde oder länger. Jedenfalls setzten ihnen nicht nur meine harten und genauen Schläge zu. Sie litten bald an Luftmangel. Es fehlte ihnen der Sauerstoff. Ihr ganzes Leben, das sich ja hauptsächlich in verräucherten Saloons und Spielhallen abspielte, rächte sich jetzt. Ich aber war eisenhart und zäh geworden auf dem langen Trail von Texas nach Abilene.

Nun, es war dann plötzlich alles vorbei.

Sie lagen nach Luft schnappend und stöhnend am Boden und konnten nicht mehr hochkommen.

Auch ich keuchte. Meine zerschlagenen Fäuste schmerzten – und auch sonst spürte ich jetzt überall am Körper, wo mich ihre Fäuste getroffen hatten. Gewiss, ich war nicht zu Boden gegangen von ihren Schlägen, aber deshalb hatten sie mich nicht weniger schmerzvoll getroffen.

Keuchend sah ich mich um.

Wir waren nicht allein. Chuck und Jessica waren vom Camp herübergekommen. Sie hockten in den Sätteln. Ja, sie waren auf ihre Pferde geklettert, wahrscheinlich um die unruhig gewordene Herde zu beruhigen. Nur vor Reitern hatten die Rinder Respekt.

Nun verhielten sie bei uns und schwiegen.

Ich sah Chuck an. Er war mein Sattelgefährte und hätte mir beistehen müssen, da ich ja gegen zwei Gegner gekämpft hatte. Er hätte einen von ihnen mühelos mit dem Lasso fangen oder mit dem Pferd rammen können.

Aber er hatte nichts getan, nur zugesehen. Ich wusste plötzlich, dass er mir die Prügel gönnte, weil er mir Jessica neidete. Er war nicht mehr mein Sattelgefährte und schon gar nicht mehr mein Freund. Wir trieben nur noch gemeinsam diese Rinder für Geld. Nur das hielt uns noch zusammen in dieser Mannschaft.