G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 29 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 29 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

3 spannende Westernromane lesen und sparen!

G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!

Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2434 bis 2436:

2434: Die Adams-Brüder
Die skrupellose Kilroy-Sippe glaubt, die kleine Minenstadt Golden Cruz fest in den Händen zu haben. Doch drei furchtlose Kämpfer belehren sie eines Besseren ...

2435: Letzter Trumpf
Niemand gab Clint Canyon eine Chance im Kampf gegen die Goldwölfe und den mächtigen Missouri-Trust. Doch Clint Canyon hatte noch ein Ass im Ärmel ...

2436: Das Aufgebot
Die Männer des Aufgebots wollen das aus der Bank geraubte Geld. Sheriff Gus Woodward aber will den Freund, der ihn hinterging und ihm mit dem Geld auch noch die geliebte Frau raubte ...

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 192 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 474

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: © Faba/Norma ISBN 978-3-7517-1462-4 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

G. F. Unger

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 29

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2434 - WesternDie Adams-Brüder Die skrupellose Kilroy-Sippe glaubt, die kleine Minenstadt Golden Cruz fest in den Händen zu haben. Doch drei furchtlose Kämpfer belehren sie eines Besseren ... Western-Bestseller - für Western-Kenner immer wieder ein guter Griff!Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2435 - WesternLetzter Trumpf Niemand gab Clint Canyon eine Chance im Kampf gegen die Goldwölfe und den mächtigen Missouri-Trust. Doch Clint Canyon hatte noch ein Ass im Ärmel ... It's Unger-time! Greifen Sie unbedingt zu diesem atemberaubenden Spitzenwestern!Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2436 - WesternDas Aufgebot Die Männer des Aufgebots wollen das aus der Bank geraubte Geld. Sheriff Gus Woodward aber will den Freund, der ihn hinterging und ihm mit dem Geld auch noch die geliebte Frau raubte ... Western-Bestseller - ein Hochkaräter unter den Western!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die Adams-Brüder

Vorschau

Die Adams-Brüder

Als sich die Brüder vor dem Saloon auf ihre Pferde schwingen, fragt Reb Adams noch nichts. Doch als sie die letzten Häuser der Stadt hinter sich lassen, wird er ungeduldig.

»He, Jeff, gibt es auch wirklich einen wichtigen Grund, mich wie einen kleinen Jungen aus dem Saloon zu holen?«

»Wir reiten nach Guntherville«, erwidert Jeff. »Es wird Zeit, dass du nüchtern wirst, Bruderherz. Ollie hatte mit Joey Kilroy einen Kampf. Er hat Kilroy getötet und wurde selbst ziemlich schlimm verwundet. Wenn die Kilroy-Sippe vor uns in Guntherville ist, ziehen sie Ollie die Haut ab. Joey Kilroy war für die ganze Sippe der liebe, goldige Kleine. Sie werden die Nachricht von seinem Tod jetzt gewiss schon erhalten haben und losreiten. Hast du das begriffen, Reb?«

»Genau!« Reb Adams nickt grimmig und gibt seinem Pferd die Sporen. Denn er weiß, dass das Leben seines Bruders auf dem Spiel steht. Es kommt darauf an, wer die zwanzig Meilen nach Guntherville schneller reiten kann – die Adams’ oder die Kilroys …

Guntherville ist ein böser Ort. Früher war es einmal eine kleine, vielversprechende Stadt. Doch während des Krieges wurde der Ort mehrmals von Apachen angegriffen. Und viele Männer kehrten aus dem Krieg nicht mehr heim.

Es ist nun ein recht verlassener Ort. Es gibt hier nur noch einen Store, einen Saloon und ein fragwürdiges Hotel. Der Ort wurde zum Treffpunkt von Reitern, die vom Gesetz gesucht werden und sich in größere Ortschaften, in denen es Gesetzesmänner geben könnte, nicht hineinwagen können.

Viele Häuser stehen leer oder wurden schlimm beschädigt.

Und in solch einem Ort trafen Joey Kilroy und Ollie Adams aufeinander. Sie waren angetrunken und bekamen wegen eines Mädchens Streit.

Mehr wissen Jeff und Reb Adams nicht.

Sie besitzen erstklassige Pferde und legen die zwanzig Meilen in der besten Zeit zurück, die jemals auf dieser Strecke geschafft wurde. Es ist immer noch Nacht, als sie vor dem Papago Saloon ihre keuchenden Pferde anhalten und absitzen.

Ein Mann steht im Schatten der Hauswand, und er hat im Mond- und Sternenlicht die Adams-Brüder längst erkannt.

Dieser Mann sagt nun sanft: »Er lebt noch – doch er muss zu einem Arzt, der ihm die Kugel entfernt. Sind die Kilroys dicht hinter euch?«

»Das wissen wir nicht«, murmelt Jeff Adams und geht in den Saloon hinein.

Reb folgt ihm und sagt zu dem Mann: »Pedro, wo ist Ollies Pferd? Schaff es herbei.«

Dann folgt er Jeff in den Saloon.

Es ist eine Spelunke. Früher mag alles einmal besser und ordentlicher gewesen sein. Doch jetzt wirkt alles sehr vernachlässigt, schmutzig und ganz und gar wie eine üble Spelunke.

Gäste sind nicht mehr vorhanden – teils wohl deshalb, weil sie längst zu ihren Camps oder sonstigen Behausungen heimritten, teils aber auch, weil sie mit den kommenden Dingen und mit der Kilroy-Sippe nichts zu tun haben möchten.

Denn die wilde Kilroy-Sippe bringt es fertig und macht auch die Zuschauer dafür mitverantwortlich, dass Joey Kilroy getötet werden konnte. Bei den Kilroys ist alles möglich.

Es sind nur der Wirt und die drei Mädchen da, die in diesem Saloon die Gäste unterhalten. Sie umgeben Ollie, der auf einer Bank sitzt, mit dem Rücken an der Wand lehnt und sein zerschossenes Bein auf zwei Hocker und eine Decke gebettet hat. Man hat ihm das Hosenbein bis zur Hüfte aufgeschnitten und einen Verband angelegt.

Er ist ziemlich schlimm betrunken und scheint keine Schmerzen zu spüren. Sein Gesicht glänzt vor Schweiß.

Jeff und Reb Adams knurren nur, als sie ihn hochreißen und zur Tür schleifen. Obwohl er völlig betrunken ist, spürt er nun doch die Schmerzen in seinem zerschossenen Bein.

Draußen steht nun auch ein drittes Pferd. Es gehört Ollie. Und der Mann, der draußen wartete und den Reb einfach nur Pedro nannte, sagt aus dem Schatten eines Winkels hervor: »Ich höre schon ihren Hufschlag. Ihr habt nur noch wenige Minuten. Sie sind gleich da. Es sind mehr als ein halbes Dutzend Reiter.«

Jeff und Reb Adams hören es, indes sie den stöhnenden und fluchenden Ollie aufs Pferd binden, sodass er sich nicht befreien und auch nicht herunterfallen kann. Denn er wird die Schmerzen gewiss kaum ertragen können und bald bewusstlos werden.

Als sie fertig sind, sitzen sie auf.

»Danke, Pedro«, sagt Reb kurz.

Dann reiten sie mit dem Bruder los. Ihr Weg führt zum Chelly Canyon hinüber. Durch diesen Canyon gelangt man in ein wildes und unübersichtliches Gebiet, in dem zwei kleine Armeen miteinander erfolgreich Katz und Maus spielen könnten.

Sie haben es mit knapper Not schaffen können, Ollie dem harten Zugriff der gewalttätigen Kilroy-Sippe zu entziehen.

Die Kilroys sind fast alle Revolverhelden, Viehdiebe und Banditen. Sie beherrschen mehr oder weniger dieses Land, und die Adams’ wurden bisher nur von ihnen geduldet, wenn auch mit einigem Respekt.

Nun werden die Kilroys bald die Verfolgung aufnehmen.

☆☆☆

An seinem Ende ist der Chelly Canyon eng. Zu beiden Seiten des Creeks ist kaum noch Platz.

Jeff Adams hält an. Auch Reb, der das Pferd führt, auf dem der bewusstlose Ollie festgebunden ist, folgt seinem Beispiel.

Sie lauschen, und nun können sie vom anderen Ende des Canyons her den Hufschlag der Verfolger hören.

Die Kilroys kennen sich aus in diesem Land. Auch befinden sich unter ihren Freunden und Anhängern fast immer einstige Scouts oder Halbindianer, die sich besonders gut darauf verstehen, eine Fährte zu verfolgen.

»Sie werden uns bald haben«, sagt Reb Adams ruhig. »Wir sollten uns nach einem Platz umsehen, wo wir es ihnen schwer machen können.«

»Noch nicht«, murmelt Jeff Adams und gleitet aus dem Sattel. »Reite mit Ollie schon voraus«, sagt er, indes er das Lasso vom Sattelhorn nimmt und ein Stück zurückgeht.

Reb stößt einen zufriedenen Ruf aus, denn er hat schon begriffen, was Jeff tun will.

»So ist es richtig! Dies wird sie etwas aufhalten und uns vorsichtiger folgen lassen.« So sagt Reb scharf und reitet wieder an. Er zieht das Pferd, auf dem der bewusstlose Ollie festgebunden ist, hinter sich her.

Jeff spannt indes das Lasso zwischen zwei Bäumen aus. Er tut es hoch genug, sodass die Pferde nicht stürzen und sich die Beine brechen können. Doch die Reiter werden aus dem Sattel gestreift, dies ist sicher.

Der Hufschlag der Verfolger ist schon bedenklich nahe, als Jeff sich in den Sattel wirft und den Brüdern folgt.

Dreißig Sekunden später verlässt er den Canyon.

☆☆☆

Und genau zu diesem Zeitpunkt reiten die Kilroys und deren Freunde und Begleiter gegen das aufgespannte Lasso.

Es gib ein schlimmes Durcheinander. Zwei Pferde stürzen. Einige Reiter fliegen aus den Sätteln.

Das wilde, harte Rudel wird also gewaltsam abgebremst, und es tönen einige wilde Flüche, böse und rachsüchtige.

Dann wird es allmählich still.

Eine Stimme sagt: »Das habe ich immer gewusst! Die Adams-Brüder sind gefährlich. Wenn wir sie eingeholt und versucht hätten, sie einfach zu überreiten, so hätte es Tote gegeben. Wir müssen es anders machen. Wenn sie das nächste Lasso in Kniehöhe spannen, brechen sich unsere Pferde die Beine. Wir müssen ihnen jetzt vorsichtiger folgen.«

Nach diesen Worten ist es still. Erst nach einer Weile sagt ein anderer: »Du hast recht, Abe. Doch wir können sie doch nicht mit dem Mörder unseres guten Joey entkommen lassen. Das geht doch nicht!«

»Nein«, mischt sich eine dritte Stimme ein, und diese Stimme klingt kehlig und heiser. »Ihr solltet jetzt mal wieder auf euren Onkel Hogjaw zu hören beginnen, Abe und Lewis, nicht wahr? Ich habe Joey als Neffen genauso gern gehabt wie ihr als Brüder. Und deshalb möchte ich genauso gern den Skalp des Burschen, der ihn tötete. Denkt mal richtig und gründlich nach. Ollie Adams ist verwundet. Man sagte uns, dass die Kugel noch in seinem Knie stecken würde. Also müssen seine Brüder ihn zu einem Arzt bringen. Und wenn sie das getan haben, sitzen sie fest. Sie können dann nicht weiter mit ihm. Und dann haben wir sie. Wir brauchen nur herauszufinden, wohin sie reiten. Es gibt da gar nicht so viele Möglichkeiten für sie. Sie können nur nach Westen, nach Santa Anna oder nach Norden. Dort soll es in Golden Cruz einen Doc geben. Nach Santa Anna sind es etwas mehr als fünfzig Meilen, und nach Golden Cruz werden es knapp siebzig Meilen durch raues Gebiet sein. Ich glaube, sie werden sich für Golden Cruz entscheiden.«

»Was ist das für eine Stadt?«, fragt jemand.

Hogjaw Haggarty, der Onkel der Kilroys, lacht leise.

»Es ist eine verlassene Goldgräberstadt«, sagt er. »Es leben kaum mehr als zwei Dutzend Leute dort. Und der Doc dort ist schon alt und ein Sonderling, der noch aus jener Zeit übrig ist, als man dort Gold fand und die Stadt lebendig und wild war, voller Leben und tausend Sünden. Oha, wenn wir nach Golden Cruz kommen und die Adams’ dort sind, dann übernehmen wir einfach die Stadt. Sie gehört uns – und die Adams’ bekommen die Haut abgezogen. So ist das!«

Er verstummt und stellt dann die Frage: »Können wir reiten?«

»Langsamer, denn unsere Pferde wurden die letzten Meilen scharf geritten, zu scharf!«

Dies sagt Abe Kilroy, und er übernimmt damit wieder die Führung.

☆☆☆

Als es im Osten zu dämmern beginnt, sagt Reb: »Du willst nach Norden, Jeff? Also nach Golden Cruz, wo es einen alten und sonderlichen Doc geben soll. Aber kann unser Kleiner das durchhalten?«

Jeff grinst bitter. »Die Kilroys wissen genau, dass Ollie zu einem Arzt muss«, spricht er. »Und es ist sicher, dass wir mit ihnen kämpfen müssen. Für uns kommt es nur darauf an, dass Ollie wenigstens vorher zu einem Doc geschafft werden kann. Dann will ich mich diesem Rudel stellen. Ich habe es immer kommen sehen, dass wir mit dieser Sippe einmal Streit bekommen würden.«

Reb Adams nickt.

»So ist es. Auch am Spieltisch konnten sie nie verlieren. Ich hasse Burschen, die nicht fair verlieren können. Wir hätten vielleicht das Land verlassen sollen, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Doch wir Adams’ gehören nun mal zu der Sorte, die immer zeigen muss, dass sie sich auf jedem Platz behaupten kann. Vielleicht sind wir Narren, Bruder. Schon unser Vater hatte es sich in den Kopf gesetzt, sich mitten unter den Apachen zu behaupten. Er hätte es in einem anderen Land besser gehabt, leichter und bequemer. Doch er war zu stolz und blieb – zwanzig Jahre lang, bis sie ihn eines Tages doch erwischten und skalpierten. Warum machen wir es nicht besser?«

Er stellt die Frage ziemlich bitter, doch er erwartet darauf offensichtlich keine Antwort. Er denkt nach, indes sie reiten.

Oh, während des Krieges ist er mit Jeff oft so geritten. Jeff hat immer die Führung gehabt, wenn die Situation gefährlich war. Auf Jeff kann man sich verlassen. Er tut immer das Richtige.

Und so wird er es auch jetzt gewiss tun.

Reb glaubt daran.

Er blickt zurück auf Ollie. Oh, der arme, wilde Junge, denkt er. Nun hat er es bekommen, und vielleicht wird er nachher, wenn er noch einmal davonkommt, vernünftig werden – vielleicht.

Spät in der Nacht kommen sie durch eine Schlucht nach Golden Cruz. Der alte Goldgräberort entstand schon damals in der Spanierzeit, als man hier in dem kleinen Tal die ersten Minen in die steilen Felswände trieb.

Es leuchten einige wenige Lichter durch die Nacht herüber.

Den beiden Brüdern ist es, als hätten sie einen schrecklichen Traum hinter sich gebracht. Sie sind vollkommen erschöpft, hungrig und ausgebrannt.

Aber es hat sich gelohnt. Ollie lebt noch. Er hat es überstanden, und nun wird er wahrscheinlich bald in einem Bett liegen und die Hilfe eines Arztes erhalten.

Reb stößt ein heiseres Keuchen aus und reitet wieder an. Jeff, der Ollie bei sich auf dem stolpernden Pferd hat und mit letzter Kraft in den Armen hält, folgt ihm.

Sie kommen bis zum Ortsausgang, dann tritt ihnen aus dem Schatten einer einstigen Schmiede ein Mann mit einer schussbereiten Schrotflinte entgegen.

Dieser Mann sagt mit präziser Härte: »Haltet an! Es kommt niemand in die Stadt! Reitet im großen Bogen um Golden Cruz herum und verlasst das Tal wieder.«

Jeff und Reb können das, was sie hören, zuerst nicht glauben. Sie bleiben eine Weile stumm. Ihr Verstand wehrt sich einfach dagegen, begreifen zu müssen, dass man ihnen den Zugang zur Stadt verweigert.

Aber dann sagt Jeff heiser: »Bruder, wir haben einen Verwundeten bei uns, der sterben wird, wenn der Doc ihm nicht sofort hilft. Wir müssen in die Stadt. Wir brauchen ein Bett für unseren kranken Bruder und die Hilfe des Arztes. Bitte gib uns den Weg frei!«

Adams bittet also.

Doch der Mann sagt noch härter: »Hier kommt keiner rein! Wir haben eine schlimme Seuche in der Stadt.«

☆☆☆

Die Adams-Brüder denken über diese Mitteilung nach. Und wieder weigert sich ihr Verstand, den Worten des Mannes zu glauben.

»Eine böse Seuche«, sagt der indes nochmals zu ihnen. »Die Leute sterben wie die Fliegen. Es muss am Wasser gelegen haben. Der Doc sagt, dass es eine besonders schlimme Art von Typhus wäre. Also schlagt lieber einen großen Bogen um Golden Cruz. Die Stadt ist verseucht und voller Kranker.«

Als seine drängende Stimme verstummt, denken die beiden Brüder immer noch nach. Ollie aber beginnt in Jeffs Armen zu stöhnen.

Sie blicken von ihren Pferden über den Mann hinweg in den Ort hinein, und sie können ziemlich weit hineinsehen, weil die Straße sehr gerade ist.

Aus einigen Häusern fallen Lichtbahnen. Zwei oder drei Sattelpferde stehen vor einer Veranda. Zwei Wagen wurden abgestellt. Der Ort macht einen stillen, ruhigen und völlig normalen Eindruck.

Plötzlich jedoch klingt mitten aus der Stadt eine Detonation wie von einer hochgehenden Sprengladung. Man hört dann auch das Poltern von Steinen und Erdbrocken, die auf irgendwelche Planken fallen oder gegen Hauswände geworfen werden.

Und danach hört man etwa ein Dutzend Stimmen jubeln.

»Ihr sollt verschwinden!« Der Mann mit der Schrotflinte ruft es mit scharfer Strenge.

Doch die beiden Adams’ wirken nun trotz ihrer Müdigkeit wachsam und lauernd wie zwei Wüstenwölfe.

»He«, sagt Reb langsam, »das war eine Sprengung. Und danach hörte man Jubel – Mann, Sie haben uns da etwas von einer Seuche unter die Weste schieben wollen, um uns loszuwerden. Aber es ist uns völlig gleich, was in diesem Ort hier geschieht. Wir wollen nichts anderes als Hilfe für unseren Bruder. Geben Sie den Weg frei!«

In seinen letzten Worten klingt eine kalte und entschlossene Schärfe. Es ist völlig klar, dass Reb Adams sich den Weg auch freikämpfen wird.

Der Mann stößt einen scharfen Schrei aus und will die Schrotflinte abdrücken.

Doch Jeff Adams kommt ihm zuvor. Jeff, der Ollie vor sich auf dem Pferd hat, zog inzwischen hinter Ollies Rücken den Revolver und schießt sofort.

Die Kugel trifft den dicken, doppelläufigen Flintenlauf und stößt die Doppelmündung zur Seite. Indes drückt der Mann ab, doch die beiden Ladungen prasseln gegen die halb verfallene Schmiede.

Reb aber stößt einen Schrei aus, gibt seinem Pferd die Sporen und reitet den Mann nieder. Er beugt sich weit aus dem Sattel und trifft ihn noch mit dem Revolverlauf.

Dann reiten sie mit Ollie weiter in die Stadt hinein. Jeff war schon einmal vor drei Monaten hier und kennt sich aus. Bis zum Hotel ist es nicht weit.

Doch noch bevor sie den Hoteleingang erreichen, tauchen einige Männer auf. Sie alle sind bewaffnet.

Eine heisere Stimme – sie gehört einem Mann mit einem Holzbein – ruft bitter: »Was war das? Warum wurde geschossen? Ihr habt doch wohl nicht unseren Bürgermeister Bill Sanders erschossen dort am Stadteingang? Was soll dieser Überfall? Wir werden euch voll Blei füllen, wenn ihr nicht sofort die Hände hebt und euch ergebt!«

Die heisere Stimme müht sich sehr forsch und grimmig zu klingen. Der Sprecher will ganz offensichtlich den Eindruck erwecken, als wären Jeff und Reb mit Ollie in ein böses Nest gekommen.

Aber im Mond- und Sternenschein der hellen Nacht erkennen die Adams-Brüder schnell, dass dies hier eine armselige Bürgerwehr ist.

Reb sagt grimmig: »Wir haben einen Verwundeten, der sterben wird, wenn ihm der Doc nicht hilft. Wir wollen ein Bett für unseren Bruder und ärztliche Hilfe. Dieser Narr dort am Stadteingang wollte uns nicht hereinlassen. Er erzählte uns sogar etwas von einer Seuche. Doch selbst wenn es hier eine Seuche geben sollte, so werden wir bei euch bleiben. Versucht mal, uns rauszuwerfen! Ihr könnt es aus zwei Revolvern bekommen. Und ihr könnt darauf wetten, dass wir ein halbes Dutzend von euch traurigen Nullen erwischen! Habt ihr das verstanden? Wo ist euer Doc? Er soll ins Hotel kommen und an die Arbeit gehen! Vorwärts!«

Er hat seinen Revolver schussbereit in der Hand und treibt sein Pferd vorwärts.

Die seltsame Bürgerwehr der Stadt verhält sich untätig. Sie sehen zu, wie Jeff dem Bruder vor das Hotel folgt.

Dann ruft Jeff scharf: »Los, zwei oder drei Mann sollen herkommen und mir helfen! Tragt ihn in das beste Bett des Hotels!«

Er hat kaum ausgesprochen, als eine junge Frau aus dem Hotel kommt. Wahrscheinlich hat sie zuvor aus einem der oberen Fenster alles verfolgt und gehört.

Sie sagt nun herb: »Nun helft ihm doch, Leute! Seid ihr schon so kopflos und verrückt, dass ihr einem Kranken nicht helfen wollt?«

Sie stampft mit dem Fuß auf und ruft nun einige Namen.

»Charley, Cane, Arch, los! Was haben Sie mit unserem Wächter gemacht? Haben Sie auf ihn geschossen?«

Die beiden Fragen gelten den Adams-Brüdern.

»Nein, wir haben ihm nur die Schrotflinte aus den Händen geschossen und ihm eine Kopfnuss gegeben«, erwidert Reb bitter.

Sie nickt heftig.

»Wir werden den Doc herbeischaffen«, erklärt sie. »Ich bin Judith Anderson. Meinem Vater gehört dieses Hotel. Wir werden alles tun, um dem Kranken zu helfen. Verzeihen Sie den unfreundlichen Empfang. Doch wir haben Angst vor Banditen.«

»Wir sind keine«, erwidert Jeff und steigt aus dem Sattel. »Und vielen Dank, dass man uns nun helfen will, Miss Anderson.«

Die Minuten vergehen. Niemand kommt. Die beiden Brüder werden wieder ungeduldig.

Jeff geht zum Fenster und blickt hinaus. Er kann die Straße entlang bis zum Ortseingang sehen, durch den sie in die Stadt gekommen waren.

Der Mann, den Reb niederritt, erhebt sich nun mithilfe eines anderen Mannes. Sie bringen ihn in die Stadt hinein.

Plötzlich wird es wieder laut auf der Straße. Eine Stimme ruft gellend durch die Nacht: »Jube Walker ist frei! Jube Walker ist ausgebrochen! Sucht Jube Walker! Er darf nicht entkommen!«

Jeff und Reb zucken zusammen.

Jube Walker kennen sie. Dieser Bursche ist ein windiger Strolch und gehört zur Anhängerschaft der Kilroys. Wenn die Kilroys nach Mexiko hinüberreiten, um dort eine Rinderherde zu stehlen oder sonst wie einen Raubzug zu unternehmen, dann nehmen sie manchmal mehr als fünfzig Reiter mit. Und Burschen wie Jube Walker gehören dazu.

Er war hier in der Stadt offenbar festgesetzt und eingesperrt worden. Nun ist er entwichen. Sicherlich hat er sich die Aufregung, die das Eintreffen der Adams verursachte, irgendwie zunutze machen können.

Jeff und Reb ahnen, dass hier irgendwelche Dinge vorgehen, die sie in ihrem Zusammenhang noch nicht begreifen können.

Plötzlich erblicken sie eine sich schnell bewegende Gestalt, die aus einer der Gassen kommt und aus dem Ort läuft. Zwei oder drei der Bürger tauchen auf und beginnen, auf den Flüchtigen zu schießen. Doch sie treffen ihn nicht. Er ist auch viel besser zu Fuß als sie. Und plötzlich hält er an, wendet sich und schießt mit einem Revolver zurück in die Stadt hinein, bevor er endgültig in der Nacht verschwindet.

Es war Jube Walker.

Niemand folgt ihm. Es hat wohl genügt, dass er zeigte, bewaffnet zu sein. Er konnte also nicht nur entkommen, sondern sich auch bewaffnen.

Reb Adams sagt trocken: »In dieser Stadt sind keine richtigen Männer, die kämpfen können. Hier sind nur verkrachte Existenzen oder müde Opas. All die tragischen Nieten einer Stadt blieben zurück. Es ist erstaunlich genug, dass sie Jube Walker überhaupt festgesetzt hatten. Aber vielleicht war er sinnlos betrunken, als sie das taten. Pah, ich möchte nur wissen, was hier in dieser Stadt los ist. Es muss etwas Besonderes im Gang sein.«

Jeff kann ihm keine Antwort geben. Denn draußen auf dem Gang tönen die Schritte des Mädchens.

»Machen Sie bitte die Tür auf!« So ruft sie von draußen.

Reb gehorcht schnell, und es erweist sich, dass sie beide Hände voll hat. Sie bringt einen Eimer voll dampfendem Wasser, eine Schüssel, Handtücher und einen Schwamm.

»Sie werden den Kranken erst einmal abwaschen wollen, nicht wahr? Ich hole noch mehr heißes Wasser und frische Betttücher. Im Nebenzimmer sind noch ein Tisch und eine Lampe. Der Doc wird Licht brauchen. Er wird gleich kommen.«

»Wir danken Ihnen sehr, Miss Anderson«, sagt Jeff Adams.

Einen Moment betrachten sie sich. Das Mädchen ist nur wenig mehr als mittelgroß. Bei aller Schlankheit ist alles an ihr dran, was zu einer Frau gehört. Sie wirkt sehr selbstständig und sicher. Offensichtlich ist sie es gewöhnt, unter Männern zu leben. Sie hat rote Haare und grüne Augen. Auf eine aparte Art ist sie hübsch.

Wenig später kommt Doktor John Gerald hereingeschwankt, und man denkt bei seinem Anblick unwillkürlich an einen weißbärtigen Seehund, der mühsam über Land watschelt.

Sein Kopfhaar und der Seehundbart sind noch nass. Gewiss hat er irgendwo den Kopf in kaltes Wasser gesteckt, um nüchtern zu werden.

Er betrachtet Jeff und Reb schweigend. Dann tritt er zu Ollie und blickt auf ihn nieder.

»Ihr habt ihn fast umgebracht«, murmelt er. »Musste das sein?«

»Ja«, erwidert Jeff knapp.

Doktor John Gerald stellt keine weiteren Fragen mehr. Er hat eine Tasche mitgebracht, öffnet sie und wirft einige Dinge in das heiße Wasser, das das Mädchen in eine Schüssel gießt.

Dann nimmt er eine Flasche selbst gebrannten Schnaps, trinkt einen Schluck und schüttelt sich.

»Brrr«, sagt er, »früher habe ich solch ein Zeug nicht trinken wollen, doch jetzt gibt es keine Auswahl mehr für mich.«

Er dreht die Flasche einfach um, sodass sich der Inhalt auf Ollies Wunde ergießt.

»Ich habe nichts anderes, um die Wunde desinfizieren zu können«, murmelt er. »Haltet den Jungen jetzt lieber fest. Denn wenn ich in seinem Knie nach der Kugel suche, könnte das auch einen Toten wieder lebendig werden lassen.«

Nach diesen Worten beginnt er mit der Arbeit.

Jeff und Reb halten Ollie eisern fest, der bald zu kämpfen beginnen will, weil der Schmerz sogar bis tief in seine Bewusstlosigkeit dringt und er es nicht aushalten kann.

Judith Anderson macht dem Doc alle Handreichungen. Sie tut es geschickt und gewiss nicht zum ersten Mal.

Der heruntergekommene Arzt ist ein Könner. Dies begreifen Jeff und Reb schnell, als sie ihn nun hantieren sehen.

Bald hat er die Kugel erwischt.

Es wirkt alles so selbstverständlich und leicht, aber es ist Können. Jeder Handgriff sitzt.

Dann legt er den Verband an und gießt den Rest des Schnapses darüber, sodass er getränkt ist mit Alkohol.

»Mehr kann ich nicht tun«, sagt er dann. »Die Blutung war ziemlich heftig, und das war gut. Die Kugel hat ihm die Kniescheibe nicht völlig zerschmettert. Na gut, was können Sie mir bezahlen?«

Er hält die Hand auf.

Jeff Adams schluckt mühsam. »Es tut mir leid, Doc«, murmelt er. »Doch ich besitze nur wenige Cents. Und mein Bruder Reb …«

Er bricht ab, denn er möchte nun doch nicht erzählen, dass Reb vor etwa vierundzwanzig Stunden all sein Geld am Spieltisch verlor.

»Doc, Sie können sich draußen mein Pferd nehmen«, sagt er.

»Oder meines«, mischt sich Reb mit einem schiefen Grinsen auf den schmalen Lippen ein. »Auch das Pferd Ihres Patienten können Sie haben, Doc. Die große Auswahl haben Sie, denn wir werden die Pferde kaum noch nötig haben.«

Es ist still im Raum.

Der Arzt und das Mädchen betrachten die beiden hageren, erschöpften und stoppelbärtigen Brüder.

»Werdet ihr verfolgt?« Dies fragt der Doktor plötzlich. Seine Augen blitzen hinter der billigen Brille. Er besitzt trotz des vielen Alkohols, den er vertilgt hat, immer noch einen scharfen Verstand und hat längst bestimmte Schlüsse gezogen.

Jeff nickt. »Die Kilroys sind hinter uns her. Unser Bruder hatte mit Joey Kilroy einen Revolverkampf. Er hat seinen Gegner getötet, nachdem dieser ihn ins Knie schoss. Nun sind sie hinter ihm her. Doch wir werden natürlich nicht dulden, dass sie ihn töten. Es wird hier in der Stadt einen Kampf geben. Es tut uns leid.«

Er blickt auf das Mädchen. »Wir machen ihnen viel Verdruss, doch …«

Der Doktor beginnt plötzlich, schallend zu lachen. Es ist ein grimmiges und zugleich sarkastisches Lachen.

Die Augen des Mädchens jedoch werden groß. Aber sie hebt zugleich auch mutig und tapfer das Kinn und presst die vollen Lippen zusammen. Wieder ist es besonders ihr ausdrucksvoller Mund, der erkennen lässt, was sie fühlt. Dieses Mädchen spürte gewiss einen heftigen Schrecken. Doch er hielt nicht lange an, weil ihr Mut ihn schnell besiegte.

Der Doktor lacht immer noch und klatscht sich sogar auf die Oberschenkel. Dann nimmt er die Brille ab und wischt sich die Tränen aus den Augen.

»So ist das immer auf dieser Welt«, schnauft er dann. »Es ist immer alles verrückt und läuft völlig anders, als man möchte.«

Er blickt die Brüder an.

»Sind die Kilroys sehr dicht hinter euch?«

»Wahrscheinlich«, nickt Jeff. »Vielleicht werden sie jetzt schon dicht vor der Stadt angehalten haben, um zu verschnaufen. Ich glaube, dass sie noch vor Morgengrauen kommen werden.«

Nun lacht der Doc nicht mehr so schallend. Er stößt ein Glucksen aus.

»Ja, die Welt ist verrückt«, erklärt er. »Vorhin ist Jube Walker aus der Stadt entkommen. Er wird gewiss auf die Kilroys gestoßen sein und ihnen berichtet haben, was hier in der Stadt im Gange ist. Wenn die Kilroys das erst erfahren haben, dann werden sie nicht nur kommen, um sich eure Skalpe zu holen.«

Er verstummt und beginnt, seine Instrumente einzupacken.

»Warum werden sie noch kommen?«, fragt Jeff langsam.

Der Arzt gibt ihm keine Antwort. Doch das Mädchen Judith Anderson sagt ruhig und schlicht: »Es gibt viel Gold in der Stadt. Durch Zufall stießen wir auf die größte Goldader, die es jemals in Arizona gab. Der große Brunnen auf der alten Plaza stürzte ein. Er gab das beste und klarste Wasser. Deshalb ging man daran, den Schaden wieder zu beheben. Dort, wo die Brunnenwand eingestürzt war, trat eine dicke Goldader zu Tage. Die Oldtimer hier in der Stadt haben immer daran geglaubt, dass es solch eine Goldader geben würde. Viele dieser Oldtimer zogen deshalb damals nicht mit den anderen Menschen fort. Auch mein Vater gehörte zu den Männern, die daran glaubten, dass man hier eines Tages noch einmal einen besonders großen Fund machen würde. Nun, die Goldader auf der Plaza gehört allen Bürgern der Stadt. Es sind ja nicht mehr viele. Man beutet die Ader nun schon viele Tage aus. Sie besteht aus fast purem Gold. Man kann es ohne viel Schwierigkeiten aus dem Felsen brechen. Seit vielen Tagen beträgt die Ausbeute pro Schicht mehr als zehntausend Dollar. Es ist die größte und reinste Goldader, die es jemals gab. Vor einigen Tagen kam Jube Walker in die Stadt und fand heraus, was wir taten. Wir konnten ihn festsetzen, obwohl er zwei Männer verwundete. Doch jetzt ist er entkommen und lief bestimmt den Kilroys in die Arme. Auch wir haben schon von den Kilroys gehört. Wir wissen, dass sie Banditen und Revolverhelden sind und dass Burschen wie Jube Walker mit ihnen reiten. Ich glaube, die Kilroys werden jetzt nicht so sehr in die Stadt kommen, um ihren Bruder zu rächen, sondern vielmehr, um sich das Gold zu holen.«

Sie verstummt und wirkt sehr ruhig und gefasst.

Die Brüder blicken das Mädchen an. Dieses erwidert ihre Blicke. Dann wendet sie sich um.

»Ich muss es den Männern sagen – allen Leuten der Stadt! Ich muss ihnen von der großen Gefahr erzählen!«

Sie läuft nun davon, um die Bürger der Stadt zu alarmieren.

☆☆☆

Reb lauert weit vor dem Stadteingang zwischen zwei Felsen und beobachtet das dunkle Maul der Schlucht.

Es kommt ihm wie eine Ewigkeit vor, bis Jeff bei ihm auftaucht. Jeff hat Brot, Rauchfleisch, Schmalz, Rosinen, Nüsse und einige Äpfel mitgebracht, dazu zwei Flaschen Wasser.

Sie beginnen wortlos zu essen und behalten die Schluchtmündung unter Beobachtung. Doch sie können nichts erkennen oder gar hören.

Nun muss er gegen die Müdigkeit ankämpfen. Doch er bleibt nicht lange allein. Jemand kommt mit schnellen Schritten.

Es ist Judith Anderson.

»Ich bringe Ihnen einen starken Kaffee«, sagt sie schlicht. »Die Menschen dort in der Stadt wagen es nicht einmal, die Flucht zu ergreifen. Sie sind sicher, dass die Bande ihnen folgen würde. Der andere Talausgang führt ja in die Wüste hinaus. Sie wagen es nicht. Und dennoch kann ich sie verstehen.«

Jeff sagt nichts. Er trinkt den heißen Kaffee, und dieser Kaffee ist stark und würde vielleicht sogar einen Scheintoten erwecken.

»Leben auch Sie schon all die Jahre hier?« So fragt er nach einer Weile.

Er kann sehen, wie sie heftig den Kopf schüttelt.

»Nein, meine Mutter ging damals mit mir fort. Nur mein Vater blieb. Er hatte das Hotel gebaut, und es hatte all seine Energie und Tatkraft gekostet. Als die Stadt dann von den meisten Menschen wieder verlassen wurde, hatte er keinen Mut mehr. Zuvor schon hatte er auf ähnliche Art mehrmals Pech gehabt. Er wollte nicht mehr. Aber meine Mutter wollte noch nicht aufgeben. So gingen wir fort. Vor einem Jahr starb meine Mutter. Ich kam zurück, um meinen Vater noch einmal zu sehen. Ich wollte ihn nur für einige Wochen besuchen. Doch ich konnte ihn nicht mehr verlassen. Er brauchte mich. Vor einigen Tagen, als man die Goldader fand, da glaubte ich, dass für uns alle ein neues Leben beginnen würde. All die Glücklosen hier erhielten vom Schicksal ein riesengroßes Geschenk. Es sah einige Tage so aus, als müsste jeder dieser Menschen nun endlich das tun können, wovon er bisher nur träumte, was er sich erhoffte und wünschte. Doch schon ein Rudel Hartgesottener wie die Kilroys lässt alles in sich wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Jeff Adams, ich habe in der letzten Stunde eines begriffen, nämlich, dass die Menschen hier nirgendwo Glück haben können. Selbst wenn sie alle Schätze der Welt besäßen, sie könnten sie nicht behalten. Jeder könnte ihnen wegnehmen, was er nur will. Ich werde wieder fortgehen. Ich kann nicht hier bleiben. Mein Vater tut mir leid, doch ich kann hier in der Stadt und unter diesen Menschen nicht länger leben.«

Sie macht eine kleine Pause. Dann fügt sie noch hinzu: »Ich kann meine Mutter jetzt erst richtig verstehen. Sie musste fortlaufen aus diesem mutlosen, zaghaften Verharren, aus dieser Resignation. Nun gut!«

Sie spricht die beiden letzten Worte abschließend.

Und Jeff weiß nun ziemlich gut über sie Bescheid. Oh, er kann sie gut verstehen.

Die Nähe dieses Mädchens berührt ihn sehr. Er spürt irgendwie eine Gemeinsamkeit zwischen ihr und sich, so als würden sie sich schon viele Jahre kennen und stets offen ihre Gedanken ausgetauscht haben.

Er legt ihr die Hand auf die Schulter, und nun ist es ihm, als ginge ein Strom von ihr auf ihn über. Ihre Nähe wird ihm nun noch stärker bewusst. Sie ist ein sehr reizvolles Mädchen.

»Gehen Sie jetzt zurück in die Stadt«, murmelt er. »Ich kann Sie nicht länger hier bei mir dulden, Judith. Denn die Nacht ist fast vorbei. Sehen Sie, dort steigen die ersten Nebel auf – noch dünn zwar, doch sie sind bald stärker. Die Kilroys kommen bald. Gehen Sie, Judith!«

Da beugt sie sich näher zu ihm. Sie legt ihre Hände um seinen Nacken und küsst ihn. Oh, sie ist sehr lebendig. Er spürt ihren Herzschlag und all die Dinge, die sie einem Mann geben könnte.

Er umfasst sie fest und vergisst für eine Weile diese Welt und alle anderen Dinge, die da sind und auf ihn warten. Er durchlebt einige kurze Sekunden, dass dieses Mädchen für ihn ein kostbarer Schatz werden könnte, kostbarer als alle anderen Dinge auf dieser Welt. Dies alles spürt er, indes er sie küsst.

Dann lösen sie sich.

»Warum haben Sie mich geküsst, Judith?« So fragt er verwundert und fügt hinzu: »Wir kennen uns kaum. Sie wissen nicht …«

Sie erhebt sich und streicht ihr Kleid glatt.

»Nein«, sagt sie, »wir kennen uns nicht. Und ich bin auch noch nie in meinem Leben einem Mann um den Hals gefallen wie Ihnen, Jeff. Doch ich musste es tun. Denn Sie sind anders als die Leute dort in der Stadt. Sie wollen kämpfen, wollen sich gegen eine Bedrohung auflehnen, die für die Menschen in der Stadt wie ein unvermeidliches Schicksal ist. Und vielleicht werden Sie bald sterben müssen, Jeff Adams. Deshalb musste ich Sie küssen. Ich konnte Ihnen nicht mehr geben – leider. Verstehen Sie, ich musste Ihnen etwas geben.«

Nach diesen Worten geht sie davon.

Er verspürt mit einem Mal einen kalten Zorn auf die Kilroys.

Und er lädt das Gewehr durch. Es ist eines der neuen Remington-Repetiergewehre aus Illinois. Man kann damit wunderbar schnell schießen.

Auch Reb besitzt solch eine Waffe. Als sie ein halbes Jahr nach dem Krieg aus der Gefangenschaft entlassen wurden, hatten sie sich einige Wochen in Kansas City aufgehalten. Reb hatte dort mit einem Waffenhändler gespielt und von diesem diese neuen Repetiergewehre gewonnen.

Hier im Arizona-Territorium gibt es diese Gewehre sonst noch nicht.

Jeff tritt zu Reb und stößt diesen leicht mit der Fußspitze an.

Obwohl Reb bis ins Mark erschöpft ist und sein Schlaf fast schon einer Bewusstlosigkeit glich, erwacht er sofort.

»He?« Er sagt es fragend. Sicherlich weiß er im Moment nicht, was mit ihm ist und in welcher Situation er sich befindet.

Doch Jeff sagt es ihm trocken: »Steh auf, Reb, und nimm dein Gewehr. Wenn die Kilroys in der Schlucht sind, werden sie in den nächsten Minuten kommen.«

»Na gut, ich habe was für sie«, krächzt Reb bitter und spuckt dann zur Seite. Er trinkt aus seiner Wasserflasche und gurgelt. Dann wiederholt er: »Ja ich habe was für sie – einige lustige, heiße, kleine Burschen aus Blei.«

Nach diesen Worten schweigen sie beide und spähen zum Schluchtmaul hinüber.

Die aufsteigenden Bodennebel sind nun dichter.

»Wir müssen näher heran«, entschließt sich Jeff.

»Sicher«, pflichtet ihm Reb bei, und dann gehen sie näher auf die dunkle Schluchtmündung zu.

»Sie werden versuchen, an uns vorbei ins Tal hinein und um die Stadt zu reiten«, murmelt Jeff. »Dann müssen wir nach mehreren Seiten kämpfen. Wir dürfen sie also nicht an uns vorbei ins Tal lassen. Geh weiter nach rechts, Reb. Lass keinen vorbei!«

»Nein!« Reb spricht es scharf. Er ist jetzt wild wie ein Rebell, und Jeff weiß, dass Reb dann verwegen ist und zu einem Teufel wird.

Die Kilroys mögen gefährliche und auch verwegene Burschen sein und die Adams’ ziemlich gut eingeschätzt haben.

Doch sie kennen die Adams’ noch nicht richtig.

Reb gleitet also vom Weg hinunter und verschwindet nach rechts. Es gibt dort Büsche. Er wird eine gute Deckung haben.

Jeff bleibt auf dem Weg. Die Nebelschwaden reichen ihm nun schon bis zu den Hüften. Wenn er sich duckt, wird er unsichtbar.

Er erschrickt nicht und bleibt ganz ruhig, als er die Reiter kommen sieht. Sie kommen leise. Offenbar haben sie die Hufe ihrer Pferde mit Tüchern umwickelt. Sonst hätte man zuvor gewiss ihren Hufschlag vernommen.

Doch sie kommen leise. Es wirkt gespenstisch. Denn von ihren Pferden ragen nur die Köpfe und Rücken über die Nebelschwaden heraus.

Die Reiter scheinen mit ihren Pferden durch einen milchigen See zu schwimmen. Und sie ducken sich tief in den Sätteln nieder, hoffen, dass in der nächsten Minute schon die Nebel sehr viel höher gestiegen sind.

Doch sie konnten nicht mehr länger warten. Es wäre dann zu hell gewesen. Sie mussten jetzt kommen.

»Haltet an!« Jeff ruft es scharf.

Sie halten wirklich an.

»Ist das einer von den Adams-Brüdern?« So fragt eine harte Stimme herüber.

»Hier ist Jeff Adams!«

»Nun gut, Freund Jeff, wir wollen in die Stadt, um einen Whisky zu trinken und später ein Frühstück einzunehmen. Ihr habt gewonnen! Wir können eurem Ollie nicht die Haut abziehen, weil er ja dort in der Stadt in Sicherheit ist und unter dem Schutz der Bürger steht. Wir wollen nur …«

»Rede nicht so viel«, unterbricht Jeff den Sprecher. »Ich weiß ganz genau, was ihr wollt. Ihr kommt nicht in die Stadt. Wenn ihr es mit Gewalt versucht, so halten wir euch mit den Gewehren auf. Also kehrt um und gebt es auf!«

Einige Sekunden vergehen.

Dann ruft eine scharfe Stimme: »Los, Jungs!«

Sie reiten an, und vier der Reiter weichen sofort aus, um rechts an Jeff vorbei ins Tal und von der Seite in die Stadt kommen zu können.

Fünf Reiter aber reiten geradewegs auf ihn zu.

Doch dies ändert sich schnell, denn Jeff trifft mit dem ersten Schuss das erste Pferd. Als es stürzt, stürzen zwei weitere Pferde mit. Er feuert unwahrscheinlich schnell und hört rechts von sich auch seinen Bruder schießen.

Einer der beiden Reiter, die in den Sätteln blieben, kommt genau auf ihn zu. Es ist ein verwegener Bursche, der wie ein Indianer reitet, den Texanerschrei hören lässt und mit dem Revolver schießt.

Doch er trifft nicht.

Jeff trifft ihn, und der Mann fällt aus dem Sattel und rollt bis vor Jeffs Füße.

Es ist Bill McClellan, einer der berüchtigtsten Komplizen der Kilroys.

Jeff springt zurück und läuft auf die Stadt zu. Er muss verhindern, dass die Angreifer zwischen ihn und die Stadt gelangen können.

Links von sich erblickt er in den Nebelschwaden einen Reiter. Er drückt das Gewehr ab, doch es ist leer geschossen. Er zieht den Revolver und beginnt zu schießen. Der Reiter erwidert sein Revolverfeuer, und seine Mündungsblitze sind für Jeff ein gutes Ziel.

Jeff spürt schmerzhaft eine Kugel, die wie ein Peitschenhieb über seine Rippen brennt. Dann hört er auch dieses Pferd stürzen.

Nun läuft er noch weiter zurück und auf die Stadt zu.

Sein Bruder schießt immer noch rechts von ihm, auch Reb hat sich ganz offensichtlich ein Stück auf die Stadt zurückgezogen, um zu verhindern, dass er abgeschnitten wird von ihr.

Einen Moment verstummen die Schüsse. Man hört die Stimmen der Männer und das schmerzvolle Wiehern eines getroffenen Pferdes, das sich am Boden wälzen muss. Dieses getroffene Pferd macht gewiss alle anderen Tiere verrückt.

Eine Stimme ruft: »Los, Jungs! Wir gehen jetzt zu Fuß weiter! Wir erwischen ihn schon, und dann liegt die Stadt offen vor uns! Es ist ganz einfach! Los, Jungs!«

»Ich bin getroffen!«, stöhnt eine gepresste Stimme.

»Und Bill liegt wie tot da und bewegt sich nicht mehr«, meldet eine andere Stimme.

Wenige Sekunden später klingt diese Stimme noch mal, jetzt schrill und wild.

»Er ist tot! Bill ist tot! Mein guter Bruder Bill ist tot, hört ihr!«

Jeff Adams seufzt bitter, als er dies hört.

Nun hat es also einen Toten gegeben. Nach Joey Kilroy, mit dem alles begann, ist nun auch Bill McClellan tot. Diese Fehde, die von zwei jungen, wilden Burschen wegen eines Mädchens begonnen wurde, ist nun ganz bestimmt nicht mehr aufzuhalten.

☆☆☆

Die steigenden Morgennebel sind für wenige Minuten sehr stark und verhindern eine weitere Sicht als etwa zehn Yards.

Doch die Kilroys verpassen die kurze Chance, weil Don McClellan seinen toten Bruder findet.

Überdies kommt von drüben, wo die vier Reiter versuchten, an Reb vorbeikommen zu können, der fragende Ruf: »Was ist, Jungs? Er hat zwei von uns verwundet. Greifen wir weiter an? Was ist los mit euch? Kommt ihr auch nicht an eurem Mann vorbei?«

»Versucht es zu Fuß! Los, Jungs! Wir greifen zu Fuß an! Es geht los!«

Die Stimme ist tief und kehlig. Sie gehört Hogjaw Haggarty. Er hat also wieder die Führung übernommen, wie immer, wenn seine Neffen nicht weiter wissen.

Jeff Adams lud indes sein Gewehr neu. Er kniet hinter einem Stein, der nicht viel größer ist als ein Schaf.

Die Sicht ist schlecht. Oben am Himmel verblassen die Sterne, und im Osten kommt die erste Helligkeit des Tages über die Hügel.

Und dann kommt noch etwas. Es kommt über die Stadt hinweg und aus dem breiten Canyon, der zur Wüste führt.

Es ist ein ziemlich heftiger Luftzug. Er kommt fast immer um diese Stunde und legt sich wieder nach Sonnenaufgang.

Dieser Luftzug, den die Kilroys nicht einkalkulierten, rettet die Adams-Brüder. Denn schon das erste Wehen lichtet den Nebel, wirbelt ihn empor.

Und die geduckt angreifenden Männer werden sichtbar. Sie haben sich lose verteilt und sind schon sehr nahe – keine zwanzig Yards.

Jeffs Gewehr beginnt zuerst zu krachen, und er trifft einen der drei Angreifer, bevor die beiden anderen sich in Deckung werfen können.

Sie schießen mit den Revolvern auf ihn, und auch er muss sich hinter einen Stein ducken.

Eine Kugel wirft ihm einige kleine Steinsplitter ins Gesicht. Er spürt, wie an seiner Wange Blut hinabläuft.

Rechts von ihm kracht Rebs Gewehr durch das Bellen der Revolver. Dann schießt auch Reb mit dem Colt. Zwischendurch hört man immer wieder Rebs wilden Rebellenschrei, wie ihn die Texaner damals schon bei Alamo hören ließen, als die Mexikaner angriffen, und wie ihn später dann im Bürgerkrieg die Truppen der Nordstaaten fürchten lernten, wenn sie mit der Texas-Brigade zu tun bekamen.

Ja, Reb kämpft wild und verwegen. Er hat bisher nicht weniger Glück als Jeff gehabt und blieb kampffähig.

Es wird still.

Inzwischen blies der Wind den Nebel noch mehr fort. Das erste graue Tageslicht ist da, und alle Dinge auf dieser Welt sind sichtbar. Die Helligkeit nimmt schnell zu.

Rebs Stimme klingt herüber: »Jeff, wie geht es dir?«

Reb ist keine hundert Schritte entfernt. Er hat eine gute Deckung zwischen einigen großen Steinen und konnte mit Erfolg jeden Umgehungsversuch verhindern.

»Mir geht es prächtig, Bruder!« Dies erwidert Jeff, und er gibt seiner Stimme absichtlich einen wilden und verwegenen Klang, obwohl er mit Schmerz und Bitterkeit angefüllt ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass dieser Kampf vorbei sein möge.

»Ich habe zwei verwundet und einen schwerer erwischt!«, ruft Reb nun herüber.

Jeff kann nichts mehr erwidern, denn die Gegner beginnen wieder zu feuern. Es ist ein ziemlich nutzloser Wutausbruch.

Jeff rechnet indes.

Und diese Rechnung sieht recht gut aus. Reb konnte einen der Gegner schwer verwunden. Dieser Mann kann also nicht mehr kämpfen. Dann hat Reb noch zwei weitere der Angreifer leichter verwundet. Also hat er es nur noch mit einem unverwundeten und zwei leicht verwundeten Gegnern zu tun. Reb wird sich gegen diese Männer behaupten können.

Und Jeff selbst?

Er hat Bill McClellan getötet und einen anderen Mann – es könnte Lewis Kilroy sein – verwundet. Als sie zum zweiten Mal angriffen und der Wind die Nebel zerteilte, da erwischte er noch einen der Angreifer. Er hat ihn sogar erkannt. Es ist jener Jube Walker, der aus der Stadt entkommen konnte und dann auf die Kilroys stieß.

Jeff hat es jetzt noch mit Hogjaw Haggarty und Abe Kilroy zu tun.

Die Brüder hatten bis jetzt eine Menge Glück. Doch jede Glückssträhne geht einmal zu Ende. Jeff weiß das genau.

Hogjaw Haggarty und Abe Kilroy sind keine zweitklassigen Burschen. Jeder von ihnen allein könnte es mit Jeff Adams aufnehmen. Wenn es ihnen gelingen sollte, ihn einzukeilen und zwischen zwei Feuer zu bekommen, wird er schnell ein toter Mann sein.

Aber wenn sie ihre wilden Wünsche nach Rache und Vergeltung unter Kontrolle halten können, werden sie Verstärkung heranholen. Sie haben einen langen Tag Zeit und können dann in der kommenden Nacht bestimmt die Stadt in ihre Gewalt bringen und damit nicht nur ihre Rache nehmen, sondern auch das Gold bekommen.

Jeff sieht plötzlich Abe Kilroy nach links laufen und schießt. Er trifft Abe Kilroys Absatz, als dieser sich hinter eine neue Deckung wirft. Mehr trifft er nicht von ihm. Doch er selbst gab sich, indes er feuerte, zu sehr eine Blöße. Hogjaw Haggarty trifft ihn mit der letzten Kugel aus einem Colt an der linken Schulterspitze. Es ist abermals nur eine schmerzvolle und stark blutende Streifwunde.

Jeff schiebt sich das Halstuch unters Hemd, sodass es auf der Wunde liegt.

Es bleibt nun eine Weile still.

Dann klingt Hogjaw Haggartys Stimme: »Bradshaw! He, Bradshaw, kannst du reiten?«

»Ja, das kann ich! Er hat mich nur am Arm erwischt. Ich habe nur einen Kratzer. Ich kann reiten und auch kämpfen.«

»Dann reite ins Jackson-Hole-Camp und sieh zu, dass du dort einige Jungs findest. Bring sie her! Ihr könntet schon am Nachmittag hier eintreffen. Los, Bradshaw!«

Ein zustimmender Ruf antwortet.

Jener Bradshaw gehört zu den Burschen, mit denen Reb zu tun bekam. Jeff kann ihn nun sehen. Bradshaw ist zur Hälfte ein Navajo. Er zieht sich wie eine Schlange zurück, nutzt jede Deckung aus. Die Entfernung zu Jeff beträgt mehr als hundertfünfzig Yards. Und von Reb ist er etwa sechzig Yards entfernt. Reb beginnt nun zu schießen, doch er kann ihn nicht treffen. Überdies beginnen nun auch die anderen Männer wieder zu feuern, sodass sich die Adams-Brüder kaum eine Blöße geben können.

Auch Jeff versucht einige Schüsse. Aber er kann nicht verhindern, dass Bradshaw eines der Pferde erreicht, die bis zur Schluchtmündung zurückliefen, und sich in den Sattel schwingt. Die Entfernung ist nun zu weit für einen sicheren Schuss aus dem ziemlich kurzläufigen Sattelgewehr, wie es Jeffs Remington-Karabiner ist. Man müsste eine lange Spencer haben. Damit könnte man Bradshaw aus dem Sattel holen.

Er verschwindet in der Schlucht und wird nach dem Jackson-Hole-Camp reiten. Jeff kennt diesen Ort nicht. Doch er hat davon gehört. Es soll sich um eine große Höhle handeln, die einigen Geächteten als Zuflucht dient. Es gibt eine ganze Menge solcher verborgener Camps im Land. Wenn sich die Kilroys eine starke Bande für irgendwelche Raubzüge zusammenholen, so rekrutieren sie sie zumeist aus solchen Camps.

Es wird für jenen Bradshaw leicht sein, dort im Jackson-Hole-Camp ein halbes Dutzend Hartgesottener zu finden.

Es wird nun still. Niemand schießt mehr. Die Gegner liegen sich hinter Deckungen gegenüber und belauern sich.

Langsam wird der Tag klarer und heller. Die Sonne kommt über die Hügel, und es sieht aus, als explodierte ein Ball von Licht und schössen Strahlenbündel nach allen Richtungen.

In der Stadt ist es still. Nichts regt sich dort. Jeff blickt mehrmals zurück, und die Bitterkeit und Verachtung gegen die Stadt könnten in ihm nicht stärker sein.

Wie lange werden Reb und er die Banditen davon abhalten können, in die Stadt zu reiten, Ollie zu töten und sich das Gold zu nehmen?

Bis heute Nacht! Keine Stunde länger.

Reb und er wurden schon sehr weit auf den Stadteingang zurückgedrängt. Wäre es dunkel, könnten die Angreifer jetzt schon im Bogen an Reb vorbeikommen und von der anderen Seite in die Stadt eindringen.

Die Adams haben also nur eine letzte Gnadenfrist, die nicht länger währen wird, als der Tag lang ist.

Als Jeff wieder einmal über die Schulter späht, da sieht er den Arzt kommen.

Doktor John Gerald steigt nun sehr in seiner Achtung. Dieser an einen Seehund erinnernde Mann, der dem Whisky verfallen ist, kennt seine Pflicht als Arzt.

Er kommt mit seiner alten, schwarzen Tasche aus der Stadt heran, um Leben zu erhalten.

»Schießt nur nicht, Jungs!« So ruft er. »Ich komme nicht, um an eurem Spaß teilzunehmen, sondern um euch zusammenzuflicken, wenn ihr es nötig habt. Denn schon der gute Martin Luther sagte: ›Die Ärzte sind unseres Herrgotts Flicker.‹ Nun gut, wer braucht von euch am nötigsten meine Hilfe?«

Indes er diese Worte spricht, bewegt er sich watschelnd vorwärts und steht nun zwischen Abe Kilroy und Jeff Adams, die natürlich hinter ihren Deckungen verborgen bleiben.

»Gehen Sie zuerst zu meinem Bruder Lewis«, verlangt Abe Kilroy.

»Jeff Adams, sind Sie damit einverstanden? Brauchen Sie vielleicht auch meine Hilfe?« John Gerald fragt es in Richtung zu Jeff.

»Nehmen Sie sich nur zuerst diese Narren vor«, erwidert Jeff. »Meinen Kratzer können Sie zuletzt zupflastern.«

John Gerald stößt ein seltsames Brummen aus. Dann bewegt er sich weiter. Er verschwindet hinter den Felsen, hinter denen sich Lewis Kilroy und ein anderer Verwundeter befinden.

Der Arzt muss dort ziemlich viel zu tun haben, denn es vergeht eine ganze Stunde. Es geschieht nichts in dieser Stunde. Die Gegner belauern sich. Es ist eine seltsame Situation.

Dann kommt Doc John Gerald zu Jeff. Er kniet bei ihm nieder und hat ein gerötetes, verschwitztes Gesicht. Er keucht sehr.

»Dieser Lewis Kilroy wird einen steifen Arm behalten«, brummt er bitter. »Jube Walker hat einen Schulterdurchschuss. Ich muss dann noch hinüber zu der anderen Gruppe. Dort soll einer der Jungs eine Kugel in der Hüfte haben. Es sieht nicht gut aus für euch, nicht wahr? Die Kilroys bekommen gewiss bald Verstärkung. Und dann seid ihr verloren. Das tut mir leid.«

Er macht sich brummend an die Arbeit, schneidet Jeffs blutverkrustetes Hemd auf und schnauft, als er die Wunde sieht.

»Da muss ich ein breites Pflaster auflegen, das die Ränder zusammenhält«, murmelt er. »Denn ich möchte diesen langen Riss nicht nähen. Der ist wie von einem Säbelhieb. Na gut, ihr seid ja harte Burschen. Ihr werdet es schon noch schaffen, euch gegenseitig umzubringen. Tote kann ich nicht lebendig machen.«

Er arbeitet schnell und geschickt. Er ist wahrhaftig ein erstklassiger Wundarzt.

Als er fertig ist, lässt er Jeff aus einer Wasserflasche trinken und geht wortlos davon.

Auch Jeff sagt nichts. Es gibt ja nichts zu sagen.

Später dann – es ist schon früher Mittag –, da sieht er den Doc wieder in die Stadt zurückgehen.

»Wir holen uns schon noch deinen Skalp und die deiner Brüder, Jeff Adams!«, ruft Abe Kilroy einmal herüber.

Doch Jeff gibt ihm keine Antwort. Es hat wenig Sinn.

Der Endkampf findet erst in der Nacht statt.

☆☆☆

Abe Kilroy sieht sie zuerst, und er vermag es gar nicht zu glauben. Auch Jeff Adams, der die Bürgerwehr mit dem Doc als Anführer nicht viel später als Abe Kilroy kommen sieht, staunt sehr.

Doch dann findet er die Sache gar nicht mehr so sehr verwunderlich. Er hat es schon einige Male während des Krieges erleben können, wie die Bürger friedlicher Städte sich plötzlich zum Kampf entschlossen und keine Furcht mehr kannten. Irgendwann einmal ist auch bei den Zaghaftesten die Grenze der Selbstachtung erreicht.

Abe Kilroy ruft seinem Onkel zu: »Hogjaw, siehst du sie?«

»Ja, Abe!«

»Die wollen doch wohl nicht gegen uns kämpfen?«

»Doch, es sieht so aus, Abe! Und sie haben einige weit reichende Büffelflinten bei sich. Damit können sie außerhalb der Schussweiten unserer Waffen bleiben und fast gefahrlos auf uns schießen. Abe, wir müssen uns zumindest bis in die Schlucht zurückziehen. Komm, Abe!«

»Aber wir können doch nicht hinter der Deckung hervor! Dann schießt uns Jeff Adams ab. Und drüben passiert den Jungs bei Reb Adams das gleiche Unglück!«

In Abe Kilroys Stimme ist eine fassungslose Ungläubigkeit. Was da in Gang kommt, dies vermag er nicht zu glauben.

Doch es ist wahrhaftig so.

Die Bürgerwehr hat einige weit reichende Büffelflinten bei sich. Damit kann sie weiter schießen als die Kilroys, die als typische Revolvermänner nur ihre langläufigen Revolver bei sich haben, weil sie ja sicher waren, dicht genug an den Gegner herankommen zu können.

Nun sitzen sie wahrhaftig in der Falle. Sie können jetzt schon erkennen, wie der Doc die Bürgerwehr ausschwärmen lässt, wie die Männer aus der Stadt bald in ihrem Rücken sein werden und fast völlig freies Schussfeld auf sie haben.

Hogjaw Haggarty weiß genau, wann er verloren hat und aufgeben muss.

Er ruft zu Jeff Adams hinüber: »He, Adams! Jeff Adams!«

»Ja, Haggarty?«

»Wir geben auf! Wir möchten freien Abzug! Wirst du schießen, wenn wir unsere Deckung verlassen und verschwinden?«

Jeff Adams grinst bitter.

»Das war alles nicht nötig, ihr Narren«, sagt er. »Ich werde auf euch schießen, wenn ihr die Waffen nicht wegwerft. Wenn ihr abziehen wollt, dann nur unbewaffnet.«

Abe Kilroy beginnt schlimm zu fluchen, und er stößt auch Drohungen aus. Doch sein Onkel ruft ihm zu, dass er den Mund halten solle.

Hogjaw Haggarty wirft dann seine beiden Revolver in weitem Bogen fort. Dann erhebt er sich hinter seiner Deckung und beginnt zu laufen. Er läuft zur Schlucht zurück, wo ihre Pferde grasen.

Abe Kilroy hört wahrhaftig auf zu fluchen und zu drohen. Er folgt dem erfahrenen Onkel.

Sie halten dann nur an, um die weiter entfernt zwischen Felsen liegenden Verwundeten aufzunehmen.

Auch Reb lässt seine Gegner laufen.

Inzwischen kommen Doc Gerald und einige andere Bürger bis zu Jeff Adams heran. Sie blicken alle zur Schlucht hinüber.

Dort laden die Kilroys den toten Bill McClellan auf sein Pferd. Lewis Kilroy muss sich ebenfalls auf sein Pferd helfen lassen. Die anderen Verwundeten kommen ohne fremde Hilfe in den Sattel.

Sie alle verschwinden nun in der Schlucht.

»Wir haben sie tatsächlich in die Flucht jagen können«, sagt ein Mann namens Windy Longfellow langsam.

»So einfach war das«, staunt auch Bill Sanders.

»Und sie werden gewiss auch wirklich abziehen und nicht in der Schlucht bleiben, weil sie Verwundete haben, die sie unter ein Dach und in die Betten bringen müssen«, erklärt Doc John Gerald.

Er blickt sich unter den Männern um.

»Als eure Stadt von den meisten Menschen verlassen wurde, wurdet ihr alle mutlos. Golden Cruz wurde eine Stadt der Zaghaften, der Mutlosen und der Feiglinge. Jetzt habe ich wieder Hoffnung, denn ihr habt euch im letzten Moment eure Selbstachtung erhalten können. Vielleicht ist deshalb die Stadt Golden Cruz noch nicht verloren. Ich habe euch eine Menge zu sagen. Wir treffen uns alle in einer Stunde im Saloon – auch Sie, Jeff und Reb Adams! In einer Stunde also. Und um die Kilroys brauchen wir uns ziemlich lange keine Sorgen mehr zu machen.«

☆☆☆

Es ist eine seltsame Versammlung, die eine Stunde später stattfindet. Obwohl sie in diesem heruntergekommenen Papago Saloon tagt, sind außer Judith auch die vier anderen Frauen der Stadt zugegen.

Der Doc sitzt hinter dem Schreibtisch auf einem alten Fass und sagt mit trockener Kürze: »Die Bürgerschaftsversammlung von Golden Cruz ist hiermit eröffnet.«

Er klatscht mit der flachen Hand auf den Tisch und zündet sich eine Zigarre an.

Dann spricht er weiter: »Ich stelle den Antrag, Mister Jeff Adams und Mister Reb Adams zu Ehrenbürgern von Golden Cruz zu ernennen. Wer ist gegen diesen Antrag?«

Es meldet sich niemand. Der Doc wendet sich an Bill Sanders.

»Bill, Sie sind der Bürgermeister. Walten Sie Ihres Amtes!«

Bill Sanders staunt noch. Er wischt sich übers Gesicht. Dann aber nickt er, sieht Jeff und Reb Adams an und sagt: »Hiermit sind Sie beide Ehrenbürger von Golden Cruz. Sie besitzen hier Wohnrecht und Stimmrecht. Sie können sich jeder eines der verlassenen Häuser aussuchen.«

Als er dies gesagt hatte, wendet er sich an den Doc und fragt sarkastisch und bitter: »Was soll das, Doc? Eine Ehrenbürgerschaft in Golden Cruz ist keinen Cent wert, und wer weiß, ob diese beiden Gentlemen, von denen ich beschossen, niedergeritten und auf den Kopf geschlagen wurde, überhaupt Wert darauf legen, hier in Golden Cruz Ehrenbürger zu sein!«

»Doch«, sagt der Doc. »Denn sie bekommen als Ehrenbürger genau wie jeder andere Bürger einen Anteil an der Goldader. Der steht ihnen zu. Oder nicht?«

Er blickt sich angriffslustig im Kreis um.

Aber niemand sagt etwas, obwohl sie wissen, dass die Ausbeute der Goldader nun nicht in fünfzehn, sondern in siebzehn Teile gehen wird.

John Gerald grinst nun seltsam.

»Ich komme nun zum eigentlichen Zweck unserer Zusammenkunft«, erklärt er trocken. Wieder klatscht er mit der flachen Hand auf den Tisch.

Nun ist Spannung im Raum.

Man fragt sich, was der Doc will.

Er lässt die Versammlung eine Weile warten.

Dann wendet er sich an Windy Longfellow.

»Windy, was wirst du mit deinem Goldanteil machen?«

Windy Longfellow war früher viele Jahre Sprengmeister und Vorarbeiter in den Minen, bis er dann sein Bein verlor.

Er denkt nach. »Ich weiß nicht recht«, murmelt er. »Wenn Golden Cruz nicht eine solch traurige Stadt geworden wäre, würde ich gar nicht fortgehen wollen. Meine Frau ist hier begraben, und ich selbst brauche nicht viel. Ich würde mich in einer fremden Stadt ziemlich einsam fühlen und gewiss Dummheiten machen. Hier bin ich eigentlich unter guten Freunden. Schade, dass wir alle auseinander gehen werden und …«

Er verstummt hilflos. Einige Männer und auch Frauen nicken zustimmend.

Der Doc lächelt breit und klatscht abermals mit der flachen Hand auf den Tisch.

»Ihr sollt alle hier in Golden Cruz bleiben und die Stadt wieder zu neuem Leben erwecken«, sagt er ernst.

Nun staunen sie ihn an.