G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 38 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 38 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

3 spannende Westernromane lesen und sparen!

G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!


Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2461 bis 2463:

2461: Big-Horn-Patrouille
Sie waren ein Haufen Verlorener, aber bis zuletzt glaubten sie, mit ihrer Goldbeute vor Bad Wolfs Horde fliehen und nach Kanada entkommen zu können ...

2462: Abtrünnig und ausgestoßen
Ich konnte Cindy nur für mich gewinnen, wenn ich mich von Warloks Revolverreitern lossagte. Doch dann wollte Warlok meine Hilfe und drohte Cindy zu entführen, wenn ich mich weigerte ...

2463: Lizzy Bronks Weg
Es sollte ihr Weg in die Freiheit sein, doch er endete in der Hölle. Aber Lizzy ist nicht nur schön und erlebnishungrig, sondern auch eine Kämpferin mit dem Herzen einer Löwin ...

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 192 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 460

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: © Faba/Norma ISBN 978-3-7517-2777-8 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

G. F. Unger

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 38

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2461 - WesternSie waren ein Haufen Verlorener, aber bis zuletzt glaubten sie, mit ihrer Goldbeute vor Bad Wolfs Horde fliehen und nach Kanada entkommen zu können ...Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2462 - WesternIch konnte Cindy nur für mich gewinnen, wenn ich mich von Warloks Revolverreitern lossagte. Doch dann wollte Warlok meine Hilfe und drohte Cindy zu entführen, wenn ich mich weigerte ...Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2463 - WesternEs sollte ihr Weg in die Freiheit sein, doch er endete in der Hölle. Aber Lizzy ist nicht nur schön und erlebnishungrig, sondern auch eine Kämpferin mit dem Herzen einer Löwin ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Big-Horn-Patrouille

Vorschau

Big-Horn-Patrouille

Als Colonel Carrington im Jahr 1866 im Piney-Creek-Gebiet nahe des Powder River das Fort Phil Kearney errichtete, begann der große Indianerkrieg.

Doch davon soll hier nicht geschrieben werden. Dies alles ist längst bekannt. Ich schrieb auch in meinem Roma »Fort Phil Kearney« darüber.

Diese Geschichte hier befasst sich mit einem der viele Ereignisse, die damals von der Armee verschwiegen wurden, weil sie ihrem Ruhm und ihrem Ansehen geschadet hätten. Es ist die Geschichte des Lieutenant Joel Cowley und seiner Patrouille, der sogenannten Big-Horn-Patrouille. Sie blieb damals verschollen.

Was hatte sich ereignet? Waren sie alle desertiert? Oder wurden sie von den Sioux bis auf den letzten Mann getötet – so wie viele Jahre später General Custer mit seinem Regiment?

Auf diese Fragen gab es nie eine Antwort.

Aber vielleicht lief alles so ab, wie ich es mir nach einigen Nachforschungen vorstellen konnte und hier niedergeschrieben habe.

Dabei begann die Geschichte der Big-Horn-Patrouille nicht im noch unvollendeten Fort Phil Kearney, sondern viel weiter nördlich im Goldland von Montana …

Seit sie bei Nacht und Nebel aufbrachen, um sich mit ihrem Gold aus der Last Chance Gulch hinauszuschleichen, ist das Leben für Jodie Gibson nicht einfacher geworden. Denn sie gehört zu den Frauen, deren Anblick ein Mann nicht vergisst.

Und sie reitet mit sieben Männern, von denen jeder selbstbewusst genug ist, um sich an eine Frau wie sie heranzuwagen.

Zuerst waren sie dreizehn Mann und eine Frau. Jetzt sind es nur noch sieben Mann. Sechs von ihnen blieben unterwegs zurück, tot, begraben in der Erde von Montana. Und ihr Gold gehört nun Jodie und den noch lebenden Männern. Denn je weniger sie werden, umso reicher können sich die Überlebenden fühlen. Auch sicherer fühlen sie sich, denn sie schüttelten die Goldwölfe ab und entkamen ihnen.

Und weil die Männer nun weniger Sorgen haben, denken sie immer stärker an die schöne Frau, die mit ihnen reitet mit zwei Satteltaschen voller Gold und sonst sehr geringem Gepäck.

Es sind harte Männer, solche, die auch töten können, um zu überleben. Männer, die ihre Goldausbeute als Startkapital für größere Vorhaben betrachten, die reich und mächtig werden wollen.

Sie begruben Jodie Gibsons Mann in der Erde von Montana in einem verborgenen Camp. Jodie wurde also eine schöne und wohlhabende Witwe.

Sie spürt, dass die Blicke der Männer anders wurden. Und auch wenn sie mit ihr reden, sind sie anders. Ja, sie strömen aus, was jede Frau spüren kann, wenn ein Mann sie haben will.

Jodie weiß also Bescheid, denn sie ist bei aller Schönheit eine Frau, die lange inmitten einer Männerwelt lebte – und das schon, bevor sie ihren Mann kennenlernte. Sie hat stets für sich sorgen können. Und in Last Chance City nannte man sie Goldlady.

Jodie und die sieben Männer blicken immer wieder nach Osten, indes sie wie Indianer hintereinander reiten. Denn zu ihrer Linken zieht sich die Big-Horn-Kette von Nord nach Süd. Zu ihrer Rechten aber fließt der Big Horn River durch das Big Horn Basin.

Über den Mountains kommt nun die Schwärze der Nacht herangezogen. Es wird eine undurchdringliche schwarze Regennacht werden.

Und so ruft einer von ihnen: »Wir sollten etwas finden, wo wir unterkriechen können! Am besten wäre eine Höhle!«

Eine andere Stimme ruft grimmig zurück: »Dann führ uns doch zu einer Höhle, Padden! He, wenn du schon gute Ratschläge gibst, dann musst du auch Rat wissen – oder?«

Einige Stimmen lachen grimmig.

»Padden gibt immer gute Ratschläge«, tönt eine neue Stimme.

Sie alle hören nun das Grollen eines Gewitters. Und in der Schwärze über den Mountains erscheint ein gewaltiger Blitz.

Sie reiten weiter und erreichen eine Felsengruppe. Es sind gewaltige Klötze.

Einer von ihnen sagt trocken: »Das ist es. Hier können wir einigen Schutz finden. Halten wir also an.«

Sie tun es und finden zwischen den Felsen eine Stelle, wo die oberen Ränder fast zusammenstoßen, unten aber Platz genug ist, sodass sie sich fast wie in einer Höhle befinden.

Sie richten sich ein. Einige von ihnen bringen von draußen einige Arm voll trockenes Gestrüpp und einige harte Büffelfladen herbei. Und so setzen sie sogar ein Feuer in Gang, kochen Kaffee und braten Speck.

Jodie sitzt an der Felswand, dort, wo über ihr der Überhang besonders weit reicht. Kauend und vorsichtig den heißen Kaffee schlürfend, betrachtet sie die vom Feuerschein beleuchteten Gesichter der Männer.

Sie alle sind längst bärtig geworden, selbst jene, die sich auf ihren Claims stets rasierten. Tage und Nächte sind sie ja schon auf der Flucht und konnten sich nicht pflegen wie zivilisierte Menschen.

Auch Jodies Äußeres hat gelitten. Und sie weiß, dass sie nach Pferdeschweiß und vielen anderen Gerüchen riecht. Auch ihre Unterwäsche konnte sie nicht wechseln.

Aber sie weiß, dass die Männer dies alles nicht beachten, wenn sie Jodie ansehen und sich wieder voll bewusst werden, dass sie eine Frau ist, eine von der Sorte, die sie sich in ihren Träumen wünschen – und die sie sich vielleicht erobern können, bevor sie mithilfe ihres Goldes irgendwo ein neues Leben beginnen.

Sie betrachtet also die bärtigen Gesichter der Männer. Einige kennt sie etwas besser, denn sie waren Claimnachbarn, andere kennt sie weniger. Doch alle hatten Respekt vor ihrem Mann. Er war ihr Anführer. Doch er starb unterwegs als Erster, als sie in einen Hinterhalt gerieten. Die erste Kugel galt ihm, weil er an der Spitze ritt.

Jodie spürt die Blicke der kauenden und Kaffee schlürfenden Männer wie eine Berührung.

Einige waren Soldaten während des Krieges. Auch Guerillas mochten welche gewesen sein – oder gar Banditen.

Und einer war ein berüchtigter Revolverheld, der nach Norden flüchten musste und dann das Glück hatte, Gold zu finden.

Jodie denkt: Vielleicht werde ich einen von ihnen erschießen müssen, um mich aller zu erwehren. Jetzt, wo uns die Gefahr nicht mehr im Nacken sitzt, kommen sie auf andere Gedanken – verdammt!

Jodie trägt einen Revolver im Holster wie die Männer. Sie trägt auch Männerkleidung, die ihr etwas zu weit ist, ihre makellosen Formen aber dennoch nicht ganz verbergen kann.

Doch außer ihrem Revolver, den jeder sehen kann, hat sie einen kleinen Colt-Derringer in einer Tasche ihrer Kleidung verborgen.

Sie will ihn diese Nacht mit gespannten Hähnen in der Hand halten. Das hat sie sich vorgenommen.

Doch sie wird tief und fest schlafen, weil sie erschöpft ist, so richtig ausgebrannt und erledigt. Wahrscheinlich wird sie erst erwachen, wenn einer der Männer zu ihr unter die Decke will, ihr den Mund zuhält und dabei zischt: »Sei still, Rotkopf, und lass es geschehen wie etwas Unabänderliches. Es muss sein, weil ich dich will!«

Ja, so ähnlich wird der Mann es ihr zischend ins Ohr flüstern.

Und dann wird sie abdrücken.

Eigentlich müsste sie sich vor der Nacht fürchten. Doch das Fürchten hat sie längst verlernt.

Ja, sie wird schießen.

Und wahrscheinlich wird es dieser texanische Revolverheld zuerst bei ihr versuchen. Sie nennen ihn einfach nur Tex, denn im Goldland hat er nie seinen Namen genannt.

Es bricht nun das Gewitter los, und der Wolkenbruch schüttet Wassermassen auf die Erde nieder. Sie finden zwar unter den Überhängen der Felsen einigermaßen Schutz, doch zwischen den Felstürmen entsteht ein kleiner Creek.

Dennoch legen sie sich alle zur Ruhe. Ihre Erschöpfung lässt sie alles ertragen. Weder Donner noch Blitz, noch die niederrauschenden Wassermassen können sie vom Schlaf abhalten.

Und so schläft auch Jodie tief und fest mit dem Derringer in der Hand.

Das Unwetter hält lange an, dauert Stunden.

Jodie Gibson erwacht, als ein Mann über ihr liegt. Sie spürt seine harte und dennoch so geschmeidige Hand auf ihrem Mund und weiß sofort, dass es die Hand des texanischen Revolverhelden ist, den sie Tex nennen.

Sie hört auch die gezischten Worte an ihrem Ohr: »Lass es geschehen, Rotkopf! Ich will dich um alles in der Welt!«

Sie spürt nun seine Hände, die sie unter der Decke entkleiden wollen.

Und im selben Moment, da ein gewaltiger Donner rollt, drückt sie ab.

Der Doppelknall der beiden Läufe geht im Donnerschlag unter.

Keiner der Schläfer bekommt mit, dass sie nun nur noch sechs Männer und eine schöne Frau sind.

Jodie rollt den texanischen Revolverhelden von sich. Und da der Boden sich zur Mitte des hohlwegartigen Zwischenraums der Felsen senkt, rollt der Tote in den entstandenen Creek hinein und wird fortgetragen. Ja, die Strömung des entstandenen Creeks ist stark genug.

Jodie liegt starr und steif, zieht die Decke wieder über sich und lauscht.

Doch niemand regt sich. Würde der Regen nicht so rauschen und alle anderen Geräusche übertönen, könnte sie gewiss einige Männer schnarchen hören.

Jodie entspannt sich endlich wieder. Sie zittert ein wenig, doch nicht wegen der Nässe und Kälte. Sie begreift nun erst richtig, dass sie getötet hat. Doch wie hätte sie sich des Kerls anders erwehren können?

Und wie soll es nun weitergehen?

Um sich Mut zu machen, denkt sie an das Gold, das ihr gehört, und daran, was sie damit machen wird in einer Stadt, in der es sich leben lässt. Ein Hotel mit einem guten Restaurant wird sie bauen, vielleicht in Saint Louis, der großen Stadt an den beiden großen Strömen, die die Lebensadern des gewaltigen Landes sind.

Ja, Saint Louis, das wäre etwas!

Sie möchte wieder elegante Kleider tragen und jeden Tag baden können.

Doch die Beschäftigung mit der Zukunft hält nicht lange an.

Sie hat einen Mann getötet, der rücksichtslos über sie herfiel und sie zu etwas zwingen wollte, was das Schlimmste ist für eine stolze Frau.

Und stolz war sie schon immer, schön und stolz.

Was wird morgen sein?, denkt sie. Dann aber überwältigt sie die Erschöpfung, und so fällt sie in einen Halbschlaf, in dem sie aufs Neue erlebt, was soeben geschehen ist.

☆☆☆

Als es Tag wird und sie erwacht, da herrscht eine seltsame Stille.

Sie glaubt, dass sie alles nur geträumt hat. Doch das kann nicht sein, denn sie erkennt und begreift es an vielen Zeichen.

Zwar donnert, blitzt und regnet es nicht mehr, rauschen keine Wolkenbrüche mehr nieder. Doch die Wassermassen fließen immer noch ab. Von den Felsen rinnt das Wasser. Die Sonne kann die Nässe nicht so schnell tilgen.

Ja, sie erinnert sich wieder an alles und weiß, dass es kein böser Traum war. Sie hat einen Mann erschossen, der über sie herfiel. Und weil in dem Moment der Donner gewaltig grollte, hörte niemand den Doppelknall der kleinen Waffe.

Sie denkt mit Bitterkeit: Der Tag könnte so schön sein. Die Sonne scheint, und wir sind den Banditen des Goldlandes entkommen. Alles wäre gut, wenn …

Sie wird in ihren Gedankengängen unterbrochen, denn die Männer regen sich nun. Ja, sie alle werden wach.

Eine heisere Stimme ruft: »Hoho, kommt hoch! Die Sonne scheint, und wir sind nicht in der Sintflut ersoffen! Kommt hoch und freut euch des Lebens! Denn wie es jetzt aussieht, haben wir gewonnen!« Die heisere Stimme wird immer klarer. Zuletzt ist ein jubelnder Klang in ihr.

Und so erheben sie sich, kommen hoch und bewegen die steifen und verkrampften Glieder.

»Aber ein Feuer werden wir nicht anmachen können«, spricht einer. »Alles da draußen ist nass. Und nasser Buffalomist brennt nicht. Also lasst uns reiten.«

Sie fluchen ein wenig, denn sie hätten gerne heißen Kaffee gehabt und etwas Speck gebraten, der ihnen den trockenen Armeezwieback etwas schmackhafter gemacht hätte.

Und als dann jeder seine Siebensachen in der Sattelrolle hat und sie die mit Gold gefüllten Satteltaschen an die Sattelhörner hängen oder über die Pferdenacken werfen, da fällt ihnen endlich auf, dass Tex fehlt.

Sie halten inne.

Einer fragt heiser: »Ja, wo ist denn der texanische Revolverschwinger?«

Sie sehen sich um. Doch sie sehen nur das Pferd und die Lagerstatt des Texaners. Er selbst ist weg.

»He, was ist das?« So fragt eine Stimme scharf und wie alarmiert.

Aber eine andere Stimme erwidert kichernd: »Vielleicht legt unser Tex gerade irgendwo ein Ei. Das konnte er ja wohl hier zwischen uns nicht machen. Es ist schon genug, dass die Pferde hier ihre Äpfel fallen lassen. Ein verdammter Gaul hat mir sogar auf die Decke geschissen.«

Sie lachen nun wieder durcheinander. Ja, sie sind eine raue Gesellschaft. Dass eine Frau unter ihnen ist, legt ihnen keine Hemmungen auf.

Jemand ruft laut: »Hoiii, Tex, wir reiten los! Was für eine schwierige Geburt hast du da draußen?«

Und wieder lachen sie durcheinander – nur Jodie nicht.

Sie sitzen auf. Und als sie ihre Pferde in Bewegung setzen, da lacht eine Stimme: »Passt auf, wenn wir ins Freie kommen. Vielleicht seht ihr dann einen nackten Texanerhintern!«

Abermals ertönt Gelächter.

Ja, sie sind immer noch in bester Stimmung trotz ihrer knurrenden Mägen.

Sie reiten nun hinaus ins Freie.

Und da sehen sie den Texaner liegen. Der kleine Creek, der im Verlauf der Wolkenbrüche entstand und den Toten mitriss, ist nur noch eine schlammige Rinne. In dieser Rinne liegt Tex keine dreißig Yards von der Felsengruppe entfernt.

Sie begreifen sofort, dass er tot ist.

Doch ertrunken kann er gewiss nicht sein. Das Wasser in der Rinne war kaum kniehoch.

Sie halten an und blicken in die Runde. Nun sind sie alarmiert und spüren eine Gefahr.

Fast zur selben Zeit erblicken sie die Indianer.

Es ist eine Horde von etwa fünfzig Reitern. Heranreitend bieten sie ein wildes, buntes und heidnisches Bild. Da wippen weiße Adlerfedern in der Sonne, flattern Pferdemähnen, Hemd- und Legginsfransen aus gefärbten Rosshaar. Da sind bunte Decken. Und die Gesichter sind mit Kriegsfarben bemalt. Dicht gedrängt kommen sie heran, eine bunte Traube von Reitern, die ständig ihre Form verändert.

»Heiliger Rauch«, stöhnt einer der sechs Männer, zwischen denen Jodie ihr Pferd verhält. »Die sind gewiss unserer Fährte gefolgt. Dann hat der Regen alle Fährten getilgt, aber nun haben sie uns doch eingeholt. Sie werden uns zu töten versuchen. He, für diese roten Jungs haben wir unser Gold bis hierher gebracht – für die da! Wie ungerecht ist doch die Welt!«

Der Sprecher verstummt bitter. Sein Name ist Gus Bannack, und er hat daheim in Tennessee eine verschuldete Farm, eine Frau und fünf Kinder. Im vergangenen Jahr ist er nach Montana geritten, um Gold zu finden und seine Familie aus der Not zu retten. Fast hätte er es geschafft.

Doch da sind die Roten …

»Also gut«, spricht ein anderer der Männer, »dann kehren wir um und verschanzen uns in unserer Felsenburg. Sie hat uns vor dem Unwetter geschützt. Jetzt wird sie uns vor den Roten schützen. Zu welchem Stamm mögen sie gehören?«

☆☆☆

Bad Wolf ist ein noch junger Häuptling vom Stamm der Oglala, einer der sieben Stämme der Sioux. Wie er da so an der Spitze seiner Schar reitet, bietet er einen imponierenden Anblick. Er ist für einen Indianer zwar nur mittelgroß, doch prächtig gewachsen und proportioniert. Sein Gesicht ist von männlicher Schönheit und drückt ständig eine Verwegenheit aus, die von seiner gewiss vorhandenen Klugheit nur mühsam gebändigt wird.

Bad Wolf möchte gerne ein großer Häuptling werden. Doch sein Ruhm müsste dazu erst noch wachsen. Also ist er ständig auf der Suche nach Möglichkeiten für sogenannte kühne Heldentaten.

Die Krieger hinter ihm sind von seiner Sorte, nämlich jung, verwegen, gierig nach Siegen. Sie wollen Beute machen und folgen deshalb Bad Wolf im Glauben an dessen Kriegsglück.

Und nun sehen sie die Reitergruppe, deren Fährte sie folgten, als diese noch nicht vom Unwetter getilgt wurde.

Nun glauben sie wieder an das Kriegsglück von Bad Wolf. Denn diesmal – das wissen sie ziemlich sicher – werden sie nicht nur Pferde, Waffen, Ausrüstung und Skalpe erbeuten – nein, diesmal bekommen sie auch Gold.

Bad Wolf und dessen Krieger wissen zu gut, dass sie bei weißen Händlern für Gold alles bekommen können – vor allem Waffen, die sogar noch besser sind als die Waffen der Mila Hanska, der Soldaten.

Reglos halten sie hinter Bad Wolf an und sehen die Weißen wieder zwischen den Felsen verschwinden.

Sie sehen auch den Toten in der Furche des so rasch entstandenen Creeks, der nun wieder trocken ist.

Bad Wolf sieht nach rechts und links, blickt dann über die Schulter zurück auf seine Krieger. Er sieht ihnen an, dass sie heiß sind auf den Kampf, ja, dass sie gewissermaßen brennen nach Taten.

Er weiß, wenn er jetzt losreitet, dann werden sie ihm folgen.

In dieser Minute überlegt er, wie viele Krieger ihn dieser Angriff kosten würde.

Und weil er klug ist, rechnet er sich mehr als ein Dutzend aus.

Das ist ihm zu viel. Ein solcher Sieg wäre zu teuer bezahlt. Auf diese Weise käme er gewiss nicht zu großem Ruhm. Seine jungen Krieger würden zu zweifeln beginnen an seinen Fähigkeiten als Anführer.

Und so spricht er laut genug, dass alle es hören können: »Die Wasicuns sitzen in der Falle. Wir haben Zeit. Bildet einen Kreis um die Felsengruppe und macht es euch bequem. Die Wasicuns können uns nicht mehr entkommen.«

Als sie das hören, da begreifen sie wieder, wie klug er ist.

Denn sie haben wirklich Zeit. Wer sollte sie stören bei diesem Todesspiel?

☆☆☆

Die sechs Männer um Jodie fluchen böse. Und auch Jodie knirscht bittere Worte. Ja, sie wissen, dass sie in der Falle sitzen.

Sie werfen sich zwischen den Felsen von den Pferden. Doch diesmal geht es nicht darum, sich vor den niederprasselnden Wassermassen zu schützen – nein, diesmal ist es anders. Und so nehmen die Männer ihre Waffen und verteilen sich.

Einer ruft Jodie zu: »Schwester, kümmere dich um die Pferde! Halte sie in guter Deckung. Wir dürfen keines der Tiere verlieren!«

Wenig später ist sie allein inmitten der Felsgruppe.

Es wird nicht einfach sein, die Pferde in Deckung zu halten. Denn man kann natürlich von außen zwischen die Felsen schießen. Und wenn die Kugeln von den Felsen abprallen, dann können die Tiere durch Querschläger böse Wunden erhalten.

Nur in einer Hinsicht spürt sie eine gewisse Erleichterung. Man wird ihr nicht den Tod des Texaners anlasten, sondern eher den Indianern, vielleicht einem ihrer Scouts, der sich nahe an das Camp schlich und dem Tex zum Opfer fiel, als er nach draußen ging, um seine Notdurft zu verrichten.

Es wird nun still. Die Sonne steigt allmählich höher. Doch es wird kein heißer Tag. Der Indianersommer ist fast vorbei.

Indes sie auf die Pferde achtet und alles tut, damit diese zwischen den Felsen in Deckung bleiben, denkt sie über sich und ihr bisheriges Leben nach, das hier vielleicht schon bald enden wird.

Als junges Ding ist sie von daheim weggelaufen. Weg von der armseligen Farm ihrer Eltern. Nachdem es ihr schon zwei Brüder und eine ältere Schwester vormachten. Die weite Welt lockte sie.

Es begann damals ein harter Weg für sie. Zweimal fiel sie auf Männer herein, die ihr das Paradies versprachen und sie dann bitter enttäuschten. Einen hängten sie in einer kleinen Stadt am Mississippi auf, weil er einen Überfall versuchte, bei dem der Storehalter getötet wurde.

Und der zweite Mann, an den sie zu glauben bereit gewesen war, wollte sie an Männer verkaufen, denen sie gefiel. Für eine Nacht wollte er zwanzig Dollar kassieren. Er entpuppte sich also als ein elender Zuhälter.

Sie lief ihm weg und stahl ihm zuvor die gefüllte Brieftasche.

Inzwischen war sie älter und erfahrener geworden. Nun fiel nicht sie auf die Männer, sondern die Männer fielen auf sie herein. Ja, sie schlug sozusagen zurück und rächte sich an anderen für alles, was ihr deren Geschlechtsgenossen antaten.

Irgendwann geriet sie an eine ältere, erfahrene Spielerin. Sie reisten als Tante und Nichte auf den noblen Saloon-Dampfern des Mississippi und wirkten wie seriöse Ladys. Denn Jodie lernte schnell von der erfahrenen Wölfin.

Doch dann trat noch einmal ein Mann in ihr Leben, dem sie vertraute, Jack Gibson. Er nahm sie mit ins Goldland, und sie wurden ein Paar, das sich redlich mühte auf einem Claim, den sie für fünfhundert Dollar kauften.

Zuerst glaubten sie, dass der Claim den Preis nicht wert wäre, doch dann wurde die Ausbeute immer besser. Und nun hat Jodie für mehr als zehntausend Dollar Gold in ihren beiden Satteltaschen.

Aber sie verlor ihren Mann, der sie liebte. Er wollte eine Pferdezucht in Kentucky anfangen. Sie war damit einverstanden. Doch seit sie Witwe wurde, träumte sie von einem Hotel mit Restaurant.

Aber all dies gilt nicht mehr.

Draußen rings um die Felsengruppe sind nun ein halbes Hundert Indianer mit Kriegsbemalung. Nur ein Wunder kann Jodie und ihre Gefährten noch retten. Sie macht sich da nichts vor.

Und so ist sie bereit, sich aus dem kleinen Derringer beide Kugeln in den Kopf zu schießen, obwohl sie erst sechsundzwanzig Jahre alt ist.

Man bekommt nicht immer alles im Leben.

Eigentlich hat sie das schon vor längerer Zeit begriffen, aber der Mensch lebt von der Hoffnung, bis er erkennt, dass es keinen Ausweg mehr für ihn gibt.

☆☆☆

Indes Jodie Gibson also auf die Pferde achtet und ihr diese Gedanken durch den Kopf gehen, sie ständig einen Wechsel von Gefühlen in sich spürt, da verharren die sechs Männer in guter Deckung zwischen den Felsen, sichern ihre Stellung nach allen Seiten und warten auf den Angriff.

Und ihnen ergeht es genau so wie Jodie. Auch sie machen sich nichts vor. Ohne ein Wunder sind sie hier verloren und werden sterben. Und so denkt jeder von ihnen ebenfalls über sein bisheriges Leben nach.

Nur einer – nämlich jener Gus Bannack – hat daheim Familie. Die anderen gehörten stets zu jener Sorte, die nach dem Glück jagt.

Mancher von ihnen war Bandit oder Guerilla während des Krieges. Kaum einer kann auf sich stolz sein. Jeder von ihnen gehörte eher zu den Bösen als zu den Guten.

Da ist zum Beispiel Hank Padden.

Fast hätte man ihn in Nebraska als Pferdedieb am Hals hochgezogen. Er entkam im allerletzten Moment den Verfolgern und rettete sich zur Armee. Aber als er in Fort Dodge stationiert wurde, behagte ihm das Soldatenleben nicht. Er desertierte und wurde im Verlauf seiner Flucht ein Bandit.

Doch als er in der Last Chance Gulch einen verlassenen Claim in Besitz nahm, da hatte er Glück. Und so wollte er eigentlich mit achttausend Dollar in Gold nach Kalifornien, am liebsten nach San Francisco. Und sein Traum wäre eine Pfirsichplantage, seit er einmal Pfirsiche aus einer Konservenbüchse aß.

Aber aus der Pfirsichplantage in Kalifornien wird wohl nichts werden. Die Roten werden sein Gold bekommen, um sich damit Waffen zu kaufen und damit möglichst viele Weiße zu töten, die widerrechtlich in ihr Land eindrangen und für die nur ein toter Indianer ein guter Indianer ist.

Dieser Hank Padden verspürt immer stärker eine wilde Wut in sich aufsteigen. Und er versucht diese Wut abzureagieren mit wüsten Flüchen und Verwünschungen.

Und als er plötzlich einen Roten erkennen kann, der sich von Busch zu Busch und Stein zu Stein springend ihrer Höhle nähert, da knurrt er: »Warte, du roter Affenarsch, dir gebe ich es gleich. Du bist gleich fällig und kommst in die Hölle.«

Hank Padden besitzt einen Spencer-Karabiner der letzten Serie, also das neueste Modell. Er stellt das Visier auf hundert Yards ein und ist überzeugt, dass er den Roten mitten im Sprung erwischen wird. Er weiß ja, wo der Rote in Deckung liegt und hochspringen wird, um die nächste Deckung zu erreichen. Und so zielt er schon, hat den Gewehrlauf aufgelegt auf einen Stein, hinter dem er kniet. Und da schnellt der Rote auch schon auf und will drei oder vier Sprünge weiter.

Hank Padden erwischt ihn tatsächlich. Und weil er in wilder Freude aufspringt, dabei triumphierend brüllt und den Karabiner schwingt, zeigt er sich für einige Sekunden mit seinem Oberkörper über dem großen Stein.

Aber seine Freude wird jäh beendet. Denn er hat plötzlich einen Pfeil in der Magengegend sitzen mit einem noch zitternden Schaft.

Er will es zunächst nicht glauben, denn der Schmerz kommt erst ein wenig später. Und so starrt er ungläubig auf den Pfeilschaft nieder.

Dann kommt der Schmerz, und er begreift, dass es ihn erwischt hat und er hier sterben wird. Denn ein Pfeil in der Magengegend ist ein Todesurteil.

Er stößt einen rebellischen Ruf aus, lässt sein Gewehr fallen und schnappt den Revolver aus dem Holster.

Und dann läuft er brüllend und schießend hinaus und dorthin, wo er weitere Indianer vermutet. Vielleicht kann er noch einen oder zwei mit in die Hölle nehmen. Er wünscht es sich mit aller Kraft.

Doch er schafft es nicht.

Sie schießen mit Pfeilen und Kugeln auf ihn.

Seufzend bricht er zusammen.

Und so erleidet er einen gnädigen Tod, spürt bald keine Schmerzen mehr und muss sich auch nicht quälen bei der Erkenntnis, dass alles vorbei ist und sein großes Glück, Gold gefunden zu haben, letztlich doch zu seinem Unglück wurde.

Und so wie ihm, so wird es auch seinen Gefährten und der Gefährtin Jodie ergehen, wenn kein Wunder geschieht.

Sie sehen ihn dort draußen liegen – und die, die auf der anderen Seite ihre Stellung schützen, hören es. Es ist die Stimme von Tom Benteen, welche ruft: »Sie haben Padden erledigt! Padden ist tot!«

Benteens Stimme gellt.

Dann wird es still. Sie alle wissen, dass sie jetzt nur noch fünf Männer und eine Frau sind.

☆☆☆

Gehen wir in unserer Geschichte einige Wochen zurück. Es ist die Zeit, da sich die anfangs zuversichtlichen Goldsucher in der Last Chance Gulch noch zusammenfinden mussten, um den Ausbruch zu wagen. Beginnen wir den zweiten Handlungsstrang dieser Erzählung im entstehenden Fort Phil Kearney. Denn diese Rückblende ist notwendig, um alles besser zu verstehen.

Es geschehen auf unserer Erde immer wieder Dinge, die scheinbar in keinem Zusammenhang stehen, dann aber aufeinander treffen, als wäre es vom Schicksal so geplant worden.

Als Colonel Henry Carrington den Auftrag erhält, Fort Phil Kearney zu errichten, ist er zweiundvierzig Jahre alt.

Er ist ein kleiner, wie ein Gelehrter wirkender Mann und ganz und gar kein Frontoffizier. Nicht einmal mit Soldaten umgehen kann er. Er versteht die Art und die Seele der einfachen Soldaten nicht. Diese mangelnde Menschenkenntnis und das Fehlen jeglicher Fronterfahrung sind auch der Grund dafür, dass es während der Errichtung des Forts von Anfang an so viele Tote gibt.

Doch nun zu unserer Geschichte!

☆☆☆

Als Lieutenant Joel Cowley sich beim Kommandanten melden muss, da ahnt er noch nicht, was ihm bevorsteht.

Joel Cowley ist ein altgedienter Master Sergeant, der während des Bürgerkriegs zum Captain befördert und wie alle Offiziere nach dem Krieg in der reorganisierten Armee um zwei Ränge zurückgestuft wurde. Vielleicht ist Joel Cowley zurzeit der älteste Lieutenant der Armee.

Colonel Carrington sitzt wie ein typischer Anwalt oder Bürohengst hinter seinem Schreibtisch, so als betrachtete er diesen als eine Art Bollwerk.

Cowley salutiert vorschriftsmäßig, denn der Colonel legt großen Wert auf militärischen Formalitäten.

»Sir, Lieutenant Cowley meldet sich wie befohlen, Sir.«

Cowleys Stimme klingt ruhig. Und dennoch ist in ihr ein Klang von Abneigung, wenn nicht sogar Verachtung erkennbar.

Doch vielleicht erkennt dies nur Carrington und würde jedem anderen entgehen. Denn sie kennen sich, die beiden so unterschiedlichen Männer.

Das Schicksal hat sie hier im Indianerland am Bozeman Trail noch einmal zusammengeführt.

Sie kennen sich aus dem Krieg. Dort war Cowley einer der Männer, die Carrington, als er kurzfristig einmal ein Frontkommando führte, völlig unsinnig in ein vernichtendes Feuer schickte. Cowleys Zug bestand zuletzt nur noch aus sieben Mann, und Cowley selbst wurde schlimm verwundet. Seitdem verachtet er Carrington zutiefst.

Sie betrachten sich beide eine Weile schweigend. Cowley weicht dem Blick seines Kommandanten nicht aus.

Plötzlich lächelt Carrington. »Sie mögen mich nicht, Cowley, nicht wahr?«

»So ist es, Sir«, erwidert Cowley. »Und in zwei Monaten läuft meine Dienstzeit aus, Sir.«

Carrington nickt. »Ich will Sie diese zwei Monate so wenig wie möglich sehen, Cowley. Deshalb bekommen Sie von mir einen besonderen Auftrag. Wir haben hier in den Arrestzellen fast den ganzen Abschaum meiner Truppe. Aber irgendwann muss ich die Banditen wieder Dienst machen lassen, weil sie ihre Arreststrafen abgesessen haben. Und dann habe ich die Mistkerle wieder in den Zügen und Kompanien. Dann untergraben sie wieder die Disziplin und versauen mir meine Truppe. Ich will diese Elemente deshalb also nicht mehr im Fort haben – und wenn, dann nur kurze Zeit und völlig getrennt von allen anderen. Deshalb erteile ich Ihnen, Lieutenant Cowley, folgenden Befehl.«

Carrington macht eine Pause, greift sich eine Zigarre aus der Kiste und setzt sie genüsslich in Brand. Er pafft einige Rauchwolken aus seinem dünnlippigen Mund und spricht dann fast mit Behagen: »Cowley, Sie sind ja einer meiner fähigsten Offiziere. Ihr Rang müsste eigentlich höher sein. Aber leider sind Sie aus dem Mannschaftsstand aufgestiegen. Nun, ich werde meinen Befehl im Fort-Tagebuch damit begründen, dass ich Sie für den Offizier halte, der für diesen Auftrag am besten geeignet ist. Nun gut, Sie holen auf der Stelle alle Mistkerle, Galgenvögel und Exbanditen aus dem Arrest und stellen aus ihnen eine Patrouille zusammen. Wir werden diese Patrouille Big-Horn-Patrouille nennen. Denn sie soll fortwährend das ganze Big-Horn-Gebiet erkunden. Ich will ständig darüber informiert sein, wo die Stämme ihre Dörfer haben und wo ihre Kriegshorden reiten. Und jede Woche dürfen Sie für vierundzwanzig Stunden ins Fort zurück, um zu verschnaufen, zu schlafen und sich neu mit Proviant und allen anderen notwendigen Dingen auszurüsten. Ich will Ihre Patrouille in einer Stunde inspizieren und sie dann, von meinen guten Wünschen begleitet, ausreiten sehen. Also kommen Sie jetzt mächtig in Gang, Lieutenant! Vorwärts! Schaffen Sie mir den ganzen kriminellen Abschaum aus dem Arrest und aus dem Fort!«

Seine Stimme klirrt zuletzt metallisch.

Und in den Augen des Colonels erkennt Cowley den Triumph.

Und so behält er die Kontrolle über sich, salutiert und spricht ruhig: »Yes, Sir, Colonel, ich habe verstanden und werde den Befehl zu Ihrer Zufriedenheit ausführen.«

Und dann geht er. Er hat ja keine andere Wahl, denn er steht unter Befehl. Würde er sich widersetzen, wäre das Befehlsverweigerung und hätte seine sofortige Degradierung zur Folge. Das aber hieße: Seine geringe Lieutenant-Pension wäre auch futsch.

Er tritt wieder hinaus aus der Kommandantur und lässt seinen Blick in die Runde schweifen. Überall herrscht reger Betrieb. Das Fort ist längst noch nicht fertig. Nur die wichtigsten Häuser stehen. Auch der Palisadenzaun ist unvollendet. Unten am Fluss hört man das Sägewerk kreischen. Dort werden Tag und Nacht Bretter gesägt, Balken, Palisadenstämme. Ständig sind die Holzmannschaften unterwegs.

Cowley nimmt dies alles mehr im Unterbewusstsein wahr.

Er denkt immer wieder: Ich muss also mit einer Bande von Halsabschneidern und Banditen hinaus, mit Revolverschwingern und Pferdedieben. Denn das waren sie alle mal. Weil sie davonkommen wollten, gingen sie zur Armee. Hier sind sie sicher vor dem Gesetz. Die Armee bietet ihnen Zuflucht, Schutz und Sicherheit. Dafür sollen sie der Fahne treu sein und gegen die Indianer kämpfen. Bei Gott, nun werden sie das tun müssen. Und ich muss sie unter Kontrolle halten. Verdammt!

Er setzt sich in Bewegung und überquert den zukünftigen Paradeplatz und strebt der Arrestbaracke zu.

Es ist ein primitiver, lang gestreckter Bau mit Gittern. Er wird von bewaffneten Posten bewacht, die fortwährend ihre Runden gehen.

Der Gefängnissergeant meldet sich bei ihm, als ersichtlich wird, dass der Lieutenant ins Gefängnis will, und salutiert.

»Sir, ich habe vom Colonel Anweisung, Ihnen sämtliche Arrestanten zu übergeben«, sagt er dann.

Cowley nickt nur und tritt wenig später ein in den langen Bau mit den vielen Zellen, in denen sich jeweils drei Arrestanten befinden und in dem es stinkt nach allen menschlichen Ausdünstungen und Exkrementen.

Langsam wandert er den Gang entlang. In jeder Zelle sieht er ziemlich böse Vögel, die es inzwischen für ihren größten Fehler halten, zur Armee gegangen zu sein. Denn ihre Sorte kann sich niemals an Disziplin gewöhnen, sondern muss stets gegen alles – besonders gegen jeden Zwang und jede Unterordnung – rebellieren.

Und so war vorauszusehen, dass sie ständig in Arrest sitzen würden.

Wahrscheinlich rechnet so mancher von ihnen damit, dass ihn die Armee eines Tages unehrenhaft zum Teufel jagen wird. Und darauf arbeiten sie sozusagen hin.

Und mit diesen Männern soll Lieutenant Cowley also im weiten Big-Horn-Gebiet Patrouille reiten und die Indianerstämme beobachten.

Er denkt über die Beweggründe von Colonel Carrington nach, und wenn er es ganz objektiv betrachtet, so tat der Colonel von seiner Sicht aus genau das Richtige. Denn er entfernt auf diese Weise die schlechten Elemente aus seiner Truppe wie ein Obstverkäufer faule Äpfel aus einem Korb, von denen die gesunden angesteckt würden.

Und er hat diese Aufgabe einem besonders befähigten Offizier übertragen, der aus dem Mannschaftsstand aufstieg und sich deshalb mit der Denkweise und der Gefühlswelt des einfachen Soldaten genau auskennt.

Colonel Carrington wird für dieses Handeln von seinem kommandierenden General gewiss besonderes Lob erhalten.

Diese Überlegungen gehen Joel Cowley durch den Kopf, indes er an den Zellen entlanggeht und vor jeder Zelle kurz anhält.

Die Arrestanten haben sich zwar erhoben und Haltung angenommen, aber er spürt deutlich den von ihnen ausgehenden Strom von Aufsässigkeit, von Hass gegen den Zwang der Armee, deren Vertreter er ja ist und dem sie bedingungslos gehorchen müssen.

Er hat nun das Ende der Zellenflucht erreicht und kehrt wieder um.

Der Arrestsergeant ist ihm gefolgt und tut es nun wieder.

Als Cowley jäh anhält, prallt der Sergeant fast gegen ihn und weicht dann zwei Schritte zurück.

Cowley sagt knapp: »Sergeant, lassen Sie die Arrestanten draußen antreten.«

Nach diesem ruhig ausgesprochenen Befehl geht er hinaus und wartet, bis der Sergeant die Soldaten aus dem Arrestbau gejagt hat, sie antreten lässt und dann meldet: »Sir, ich melde: siebzehn Arrestanten wie befohlen angetreten.«

Er dankt knapp und geht dann langsam an der Reihe entlang, blickt jedem fest in die Augen und erkennt überall den Ausdruck von Rebellion oder gar Hass. Letzterer gilt nicht ihm, sondern der Armee. Aber er vertritt nun einmal die Armee. Und so ist er die Zielscheibe ihrer Aggressionen.

Er kehrt wieder zur Mitte der langen Reihe zurück und tritt einige Schritte rückwärts, sodass er sie alle gut sehen kann. Und dann spricht er ganz ruhig: »Gentlemen, ihr seid richtige Glückspilze. Denn ich habe euch aus den Löchern geholt, damit ihr etwas vollbringen könnt zum Ruhm der Armee und zum Ruhm unserer Nation. Das müsste euch mit Stolz und Freude erfüllen. Und so möchte ich jetzt nur noch strahlende und glückliche Gesichter sehen.«

Sie staunen ihn an und beginnen wahrscheinlich jetzt erst so richtig zu begreifen, dass er nicht nur ein eisenharter Offizier ist, sondern auch ein Zyniker mit einer besonderen Art von Witz und Schärfe. Vielleicht ahnen oder spüren einige von ihnen sogar, dass er die Armee auch nicht mehr besonders liebt. Sie staunen also und sind etwas verwirrt.

Dann aber hören sie ihn sagen: »Ihr seid keine Arrestanten mehr. Dafür werdet ihr unter meinem Befehl im Big-Horn-Gebiet Patrouille reiten. Wir sind von jetzt an die Big-Horn-Patrouille.«

Und nach einer kleinen Pause spricht er mit metallisch klingender Härte: »In einer halben Stunde steht ihr hier in voller Ausrüstung und mit euren Pferden. Der Colonel wird euch selbst inspizieren. Also macht ihm Freude. Wegtreten!«

Er wendet sich ab, denn er muss ja auch selbst seine Ausrüstung für einen langen Ritt in die beiden Satteltaschen packen und die Sattelrolle vorbereiten, die am Hinterzwiesel des McClellan-Sattels festgezurrt wird.

Seine Unterkunft befindet sich in einer Baracke, in der die Lieutenants jeder eine kleine Kammer haben. Indes er seine Sachen packt, gehen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Aber er ist ja ein alter und erfahrener Soldat, der schon mit allerhand Problemen zurechtkommen musste.

Als es an die Tür klopft, öffnet er und steht dem alten Scout Pike Wolf gegenüber. Sie kennen sich noch nicht besonders gut, wissen jedoch, dass sie einander respektieren können. Denn sie spüren etwas zwischen sich, was man nicht beschreiben kann. Vielleicht ist es die Einsamkeit inmitten der Garnison hier.

Ein alter, grauer Lieutenant und ein alter Scout, der für die Offiziere und Soldaten dieser Truppe fast ein Indianer ist, weil sie an ihm etwas erkennen oder wittern können, was von einem Wolf ausgeht.

Und er heißt ja auch Wolf, weil er seinen richtigen Namen nie erfuhr, als Knabe bei den Roten aufwuchs und von ihnen den Namen erhielt.

»Ich soll mit Ihnen reiten, Lieutenant.« Pike Wolf grinst und zeigt noch recht gute Zahnreihen. Er fügt dann hinzu: »Wir sollen auch reichlich Wild erlegen und das Fleisch zum Fort schaffen, wenn wir jede Woche dorthin zurückreiten.«

»Dann wissen Sie schon mehr als ich, Pike Wolf«, erwidert Cowley. Er schließt die Tür seiner Kammer mit einem Fußtritt und tritt in die Ecke, wo das Wasserfass steht. Dort holt er eine Brandyflasche heraus, nimmt einen Schluck und bietet sie Pike Wolf an.

Der nimmt sie dankend, trinkt zwei lange Züge daraus und reicht sie zurück. »Lieutenant, Sie sind ein Mann von Welt«, sagt er und grinst. »Aber was bedeutet dieser Drink wirklich?«

Nun grinst Cowley. »Wir werden zusammenhalten müssen, Pike. Ohne Sie bin ich mit meinen Reitern aufgeschmissen. Ich bin kein arroganter Lümmel aus West Point. Wenn wir beide uns nicht verstehen, dann führe ich meine Reiter vielleicht schon bald in eine Falle. So sehe ich das.«

»Es sind böse Pilger und Galgenvögel«, erwidert Pike Wolf. »Ohne mich sind Sie der einsamste Mensch auf dieser Erde.«

»Ich weiß – aber nutzen Sie das nicht aus, Pike.«

Dieser starrt ihm in die Augen und schüttelt den Kopf.

»Nein«, erwidert er dann. »Das werde ich nicht. Das ist guter Brandy.«

Cowley nickt nur wortlos und reicht ihm nochmals die Flasche. Und abermals entnimmt ihr der Scout zwei lange Züge und reicht sie zurück, worauf auch Cowley nochmals trinkt.

Dann nicken sie einander zu.

»Das wird was«, sagt Pike Wolf, wendet sich und verschwindet wieder.

Cowley starrt eine Weile auf die geschlossene Tür, die Pike Wolf sachte hinter sich zuzog. Und sein Instinkt sagt ihm, dass zwischen ihm und dem Scout zumindest ein Einverständnis entstehen wird, weil sie die Dinge auf die gleiche Art sehen werden.

Nun klopft es abermals.

Als er öffnet, stehen ein Sergeant und ein Corporal draußen.

Er kennt sie beide.

Sergeant Mike Hanks ist wahrscheinlich der größte Säufer der ganzen Truppe, aber man sieht oder merkt ihm die Mengen von Feuerwasser, die er konsumiert, niemals an. Er meldet sich mit den Worten: »Sir, wir sollen mit Ihnen reiten. Der Colonel hat uns dazu auserkoren, den Ruhm der glorreichen Armee zu vermehren. Dürfen wir Ihnen sagen, Sir, dass wir so richtig glücklich sind?«

»Ihr dürft«, erwidert Cowley und blickt auf den Corporal Matt Hudson. Dieser erwidert seinen Blick ruhig.

»Gibt es noch Fragen?« Cowleys Stimme klingt fast belustigt.

Da nickt der Corporal. »Yes, Sir.«

»Dann fragen Sie, Corporal!«

»Yes, Sir. Es geht um die Art, wie wir Soldaten unsere Revolver tragen müssen. Darf ich meine Waffe unterwegs – ich meine nicht hier im Fort – auf meine besondere Art tragen?«

Cowley wiegt leicht seinen Kopf. Aber dann fragt er: »Man erzählt sich, dass Sie in Texas ein berüchtigter Revolverheld gewesen seien, Hudson. Stimmt das?«

Der Corporal nickt leicht. »Deshalb musste ich auch weg aus Texas und zur Armee. Und aus einer Armeerevolvertasche mit Klappe kann man einen Revolver nicht besonders schnell herausbekommen. Vielleicht aber kann das …«

»Schon gut, Hudson«, unterbricht ihn Cowley. »Sie können unterwegs Ihren Revolver nach Belieben tragen. Und jetzt sorgen Sie beide dafür, dass der Colonel bei der Inspektion der Patrouille nichts zu beanstanden hat.«

Sie salutieren und verschwinden.

Er ist wieder allein. Und irgendwie verspürt er ein gutes und fast dankbares Gefühl in sich. Denn er glaubt, dass der Colonel ihm mit dem Scout Pike Wolf, dem Sergeant Mike Hanks und dem Corporal Matt Hudson keine Weicheier mitgegeben hat.

Aber dass sie mit ihm reiten müssen, kann nur damit zusammenhängen, dass sie dem Colonel schon mal unliebsam auffielen.

☆☆☆

Der Colonel tritt aus der Kommandantur wie ein listiger Fuchs aus seinem Bau. Ja, man kommt irgendwie bei seinem Anblick zu diesem Vergleich. Er versucht stolz und drahtig über den Paradeplatz zu schreiten. Doch einige Male stolpert er über Unebenheiten.

Nein, er bietet keinen besonders imposanten Anblick.

Und dennoch wird dieser Mann ein Fort bauen lassen, an dem nichts auszusetzen und das wahrscheinlich das am besten konzipierte Fort im ganzen Nordwesten sein wird – was wirklich eine gute Leistung darstellt.

Er lässt sich von Cowley melden und schreitet die Front ab.

Da er von Pferden keine Ahnung hat, beachtet er die Tiere gar nicht. Er betrachtet jeden Soldaten einzeln ziemlich lange und versucht etwas von sich auf jeden Mann überströmen zu lassen. Ja, er will eine suggestive Kraft ausstrahlen. Die Männer stehen bewegungslos, und er spürt bei jedem einzelnen dieser Reiter, dass er nicht gemocht wird.

Da tritt er einige Schritte zurück, wippt auf den Stiefelsohlen und spricht laut genug, sodass es über den weiten Paradeplatz schallt: »Männer, ihr seid bisher keine Zierde für die Armee gewesen. Im Gegenteil, einige von euch sind schon zu einer wirklichen Schande geworden. Zwei von euch waren Sergeant und wurden wieder zu einfachen Soldaten degradiert. Die Armee gibt euch jetzt Gelegenheit zur Bewährung. Ihr werdet von jetzt ab unter dem Kommando eines erfahrenen und verdienstvollen Offiziers draußen im Big-Horn-Gebiet die Augen und die Ohren dieses Forts sein, das den Bozeman Trail unter Kontrolle zu halten hat. Macht der Armee keine Schande mehr. Bewährt euch!«

Er verstummt fast schnappend, salutiert und wendet sich ab.

Und als er sich in Bewegung setzt, um zurück zur Kommandantur zu gehen, da stolpert er wieder über eine Unebenheit am Boden.

Aber niemand lacht hinter ihm her. Niemand macht einen Witz.

Dennoch folgt ihm das Schweigen dieser Männer wie ein Tritt in seinen Hosenboden oder Soldatenhintern.

Er verschwindet schnell.

Cowley lässt aufsitzen. Sie haben vorhin schon Proviant, Munition und alle anderen notwendigen Dinge übernommen. Cowley führt sie aus dem erst halb fertigen Fort, das noch kein Haupttor hat.

Der Scout Pike Wolf kommt von den Corrals herübergeritten und setzt sich neben Cowley. Hinter ihnen reitet der Sergeant Mike Hanks, dessen Wasserflasche mit Brandy gefüllt ist. Corporal Hudson reitet am Schluss und behält die Zweierreihe der Kolonne im Auge. Sie haben auch vier Packtiere bei sich, richtige Armeemaultiere. So reiten sie also nach Norden aus dem Fort und schlagen dann eine etwas westliche Richtung ein.

Im Fort ruht die Arbeit. Das Hämmern, Sägen und Rufen und der sonstige Lärm sind verstummt.

Doch dann brüllt eine Stimme: »Kommt mit euren Skalps wieder, ihr verdammten Hurensöhne!«

Und als die Stimme verstummt, johlen fast zweihundert andere Stimmen in weiter Runde.

Der Baulärm wird nun wieder laut. Und alles ist wieder wie zuvor.

Die Big-Horn-Patrouille aber ist jetzt unterwegs.

☆☆☆

Sie reiten einige Meilen schweigend. Dann sagt der Scout Pike Wolf ruhig: »Wir haben Begleitung. Da sind schon ein paar Rote rechts und links.«

»Ich habe sie gesehen«, erwidert Cowley. »Was meinen Sie, Pike? In welchen Verdruss werden wir reiten?«

Der Scout schweigt eine Weile. Endlich erwidert er: »Irgendwann und irgendwo werden sie uns auf die Probe stellen. Doch die Roten sind noch nicht bereit für den Krieg. Sie müssen erst noch viele Büffel jagen und eine Menge Vorräte anlegen für den langen Winter. Sie müssen erst ihre Dörfer versorgen. Was jetzt hier umherschwirrt, sind nur kleine Horden, die das Land bewachen und Fühlung halten. Doch wenn der Indianersommer vorbei ist und auch der Herbst zu Ende geht – nun, wir werden dennoch von einer kleineren Horde angegriffen werden. Die wollen nämlich herausfinden, wie gut wir kämpfen können.«

»Wann?« Cowley fragt es ruhig.

»Irgendwann in den nächsten Tagen. Ich werde schon aufpassen, Lieutenant.« Der Scout verstummt lässig, als wäre er seiner Sache sehr sicher.

»Gut«, erwidert Cowley nur.

Dann reiten sie wieder schweigend an der Spitze der Doppelreihe.

Sie bewegen sich in nordwestlicher Richtung, haben die Rattlesnake-Kette hinter sich, die Big Horns zur Rechten und sehen vor sich die Owl Mountains, die aus dem Big Horn Basin aufsteigen, in das der Big Horn River fließt.

Das Land ist still. Nur dann und wann erblicken sie in der Ferne flüchtendes Wild oder einzelne Büffel, die schon zu alt sind, um mit den Herden zu wandern. Die alten Tiere werden den Frühling nicht mehr erleben.

Cowley denkt einmal bitter: Vielleicht bin auch ich solch ein alter Büffel. Und Washington bleibt meine jämmerliche Lieutenant-Pension erspart.

Er wendet sich im Sattel um und blickt auf die Doppelreihe hinter sich zurück.

Ja, da reiten sie missmutig, verdrossen und angefüllt mit Trotz gegen jeden Zwang. Dennoch müssen sie gehorchen. Denn sie stehen unter Befehl. Und weil dies hier Indianerland ist, gilt das Kriegsrecht. Sie alle wissen es. Er sieht also in trotzige Gesichter, und er weiß, dass sie jeden seiner Befehle nur widerwillig ausführen werden.

Als es Mittag wird, lässt er anhalten und absitzen für eine kurze Pause.

Der Scout Pike Wolf ist verschwunden, tauchte irgendwo in den Hügeln unter, verschwand dort wie ein Geist.

Der Lieutenant lässt die abgesessenen Reiter im Halbkreis herantreten und blickt in ihre Gesichter.

Sie starren zurück. Und so nickt er und spricht: »Gentlemen, ich weiß genau, was in euch vorgeht und dass die meisten von euch verdammte Mistkerle sind. Machen wir uns also nichts vor. Ich habe euch nicht ausgesucht, doch wir sind nun mal die Big-Horn-Patrouille geworden und stehen unter Befehl. Ich bin auch nicht dafür verantwortlich, dass ihr bei der Armee gelandet seid. Ich bin jedoch dafür verantwortlich, dass möglichst alle von euch wieder heil ins Fort zurückkehren. Das bedeutet, dass wir wie eine verschworene Truppe zusammenhalten müssen, wollen wir nicht zum Teufel gehen. Wer von euch das nicht kapiert, dem reiße ich den Arsch auf, damit er es kapiert! In einer halben Stunde reiten wir weiter. Wegtreten!«

Seine Stimme klang die ganze Rede lang freundlich, nicht böse.

Aber sie spüren, dass es eine gefährliche und trügerische Freundlichkeit ist. Ihr Widerwillen und ihre störrische Aufsässigkeit prallt wie ein Atem gegen ihn.

Und er fragt sich, ob er sich auf den Sergeant und den Korporal wird verlassen können. Er ist ein sehr einsamer Mann. Doch als alter Lieutenant war er das immer.

☆☆☆

Als sie eine halbe Stunde später weiterreiten, taucht der Scout wieder auf und lenkt sein Pferd neben das Tier von Cowley.

»Da links von uns fließt der Big Horn. Drei Meilen weiter liegt das Winterdorf meines Namensvetters Bad Wolf. Aber er und seine Krieger sind nicht dort. Die jagen irgendwo Büffel – oder auch Weiße. Wollen Sie hin, Cowley?«

Cowley schüttelt den Kopf. »Ich will nur wissen, wo das Dorf liegt. Das muss ich auf der Karte eintragen. Wir werden das Dorf umreiten.«

»Gut, Lieutenant, gut! Dann folgen Sie mir. Es gibt da eine Furt, sodass wir auf die andere Flussseite können. Auf dieser Seite sammeln die Frauen und Kinder des Dorfes Pilze, Beeren und Wurzeln. Sie würden sich mächtig gestört fühlen von uns. Ein paar alte Krieger des Dorfes, die nicht mehr reiten können, würden uns zu verjagen versuchen. Da geht’s lang, Lieutenant.« Er zeigt nach Westen auf eine Hügelkette.

Und so folgen sie ihm.

Erst nach einer Weile fragt Cowley: »Und der Häuptling des Dorfes heißt ebenfalls Wolf, so wie Sie, Pike?«

»Bad Wolf, also wilder und böser Wolf. Ich bin Pike Wolf. Als mich damals weiße Missionare den Indianern abkauften, weil sie ja erkannten, dass ich ein weißer Junge war und mich fragten, wie mein Name ist, da konnte ich ihnen nur sagen, dass ich Pike hieß. Die Indianer hatten mich Kleiner Wolf genannt. Aber ich wollte lieber Pike heißen. Denn ganz schwach erinnerte ich mich, dass meine Eltern mich so riefen.«

»Und was war mit Ihren Eltern, Pike?« Cowley will es unbedingt wissen. Ja, er ist neugierig wie selten in seinem Leben.

Dieser alte Scout interessiert ihn immer mehr.

»Sie kämpften gegen einen Grizzly«, erwidert Pike. »Als die Bestie meine Mutter erschlagen hatte, tötete mein Vater ihn mit seinem Messer und starb selbst dabei. Indianer, die mich zu sich nahmen, erzählten mir das.«

Pike verstummt ruhig, fügt aber dann hinzu: »Das ist lange, lange her. Es geschah weiter im Norden, in den Bitter Roots von Montana. Die Rothäute sind längst nicht so schlecht wie wir Weißen. Sie wollen nur nicht ihr Land an uns verlieren. Und manchmal frage ich mich, ob es für mich nicht schöner und besser sein würde, wenn ich bei den Indianern geblieben wäre. Doch die Padres wollten meine Seele unbedingt für die Christenheit retten.« Er verstummt mit einem Klang von Sarkasmus in der Stimme.

»Sie mögen die Weißen nicht?« So fragt Cowley.

»Mögen Sie diese land- und goldgierige Bande?«, fragt Pike zurück und deutet nach Norden. »Dort in Montana wird Gold gefunden. Und so entstand der Bozeman Trail mitten durchs Indianerland. Nun baut die Armee eine Kette von Forts entlang dieses Trails. Es wird einen Krieg geben, der die Indianer der Hochprärie endgültig vernichtet. Und warum? Weil in Montana Gold gefunden wird.«

Nun verstummt er grimmig.

☆☆☆

Es ist am späten Nachmittag, als sie auf der anderen Seite des Big Horn nach Norden reiten. Der Wald reicht hier bis an den Fluss heran.

Pike deutet nach Westen und spricht zu Cowley: »Wenn Sie zum Bozeman Trail wollen, Lieutenant, da drüben – etwa eine gute Meile von hier entfernt – verläuft der Trail.«

Er hat kaum ausgesprochen, da hören sie alle das Geschrei von Frauenstimmen.

Es dringt aus dem Wald.

Die Patrouille hält an. Nun können sie es noch besser hören.

Ja, da rufen oder kreischen Frauen, die sich offenbar in Not befinden.

Pike spricht ruhig: »Das sind Squaws aus dem Dorf, die im Wald nach Pilzen suchten und nun um Hilfe rufen. Doch das Dorf auf der anderen Seite des Flusses ist zu weit entfernt. Man hört es dort gewiss nicht.«

»Na gut, dann sehen wir nach«, entschließt sich Cowley.

Die Patrouille reitet wieder an. Wenig später erreichen sie eine Lichtung. Hier stehen einige Pferde, darunter auch Tiere mit Packsätteln.

Einige in Leder gekleidete Weiße sind dabei, drei gefesselte Indianerinnen quer über die Packpferde zu legen und sie dort wie Packlasten festzubinden.

Aber als die Soldaten auftauchen, halten sie inne.

Pike Wolf ruft zu Cowley hinüber: »Das sind Trapper, die sich für die kalten Winternächte ein paar ›Wärmflaschen‹ holen. So einfach ist das, Lieutenant. Die wollen ein paar Squaws in ihrem Camp oder ihrer Jagdhütte haben.«

Cowley hört es und reitet weiter, bis sie die Trapper und deren Gefangene erreicht haben.

Einer der Gebirgsläufer tritt ihnen entgegen und grinst zwischen seinem Vollbart. »He, Colonel, haben Sie sich vielleicht im Wald verirrt trotz Ihres Scouts?«

Cowley erwidert noch nichts. Er sieht sich erst noch um.

Und da sieht er eine Squaw in einem nahen Busch liegen.

Offenbar hatte sie mit aller Kraft gekämpft und ist von einem der Kerle erschlagen worden. Er sieht auch die Körbe der Pilz- und Beerensammlerinnen da und dort. Sie waren gefüllt. Doch jetzt liegt alles verstreut im Gras der Lichtung.

»Ihr seid doch verdammte Dreckskerle«, spricht Cowley dann verächtlich. »Was ihr hier treibt, ist Menschenjagd. Diese Squaws sind kein Wild.«

»Aber, Colonel.« Der Bärtige grinst. »Das sind Wärmflaschen. Und Sie sollten sich nicht um ein paar Squaws kümmern. Wir holen uns immer welche von den Winterdörfern. Wir könnten uns dort auch welche kaufen. Squaws gibt es genug. Für Whisky und ein paar andere Dinge sind sie zu kaufen. Verschwinden Sie besser, Colonel.« Er dehnt das Wort »Colonel« voller Spott, denn längst hat er erkannt, dass Cowley nur Lieutenant ist.

Einer der anderen Trapper ruft jetzt: »Buster, der ist kein Colonel, der ist General! Du musst ihn mit dem richtigen Rang anreden!«

Sie lachen röhrend, und nun wird klar, dass sie zumindest angetrunken sind und somit auch ziemlich enthemmt.

Cowley ruft dem Sergeant zu: »Hanks, sehen Sie nach, was mit der Squaw dort im Busch ist!«

Der Sergeant reitet hinüber, sitzt ab und untersucht den leblosen Körper. »Sir, sie ist tot! Sie wurde erstochen!« So ruft der Sergeant Mike Hanks dann zurück und sitzt wieder auf.

Cowley sieht auf die vier Trapper.

»Wer tat es von euch?« So fragt er ruhig.

Sie grinsen.

Und einer erwidert: »Sie wollte mir ihr Messer in den Bauch stechen. Die kämpfte wie eine Wildkatze. Was konnte ich anderes tun?«

Als der Mann verstummt, wirken sie alle plötzlich wachsam und wie gestellte und in die Enge getriebene Wölfe.

Und ihr bärtiger Sprecher sagt hart: »He, Lieutenant, Sie werden doch wegen einer Oglala-Squaw keinen Ärger machen?«

»Den Ärger habt ihr gemacht«, erwidert Cowley. »Ich nehme euch fest und bringe euch zu einem richtigen Colonel, der dann über euch befinden wird. Was ihr da macht, kann die Roten noch wilder machen, als sie es ohnehin schon sind. Und der da wird vielleicht hängen.«

Er deutet dabei auf den grinsenden Burschen, der die Squaw mit ihrem Messer getötet und dies soeben ungerührt zugegeben hat.

Doch nun grinst der Mann nicht mehr, sondern brüllt: »Du verdammter Blaubauch, du musst verrückt sein! Dich mache ich alle!«

Er reißt den Revolver heraus, ist vor Wut wie von Sinnen.

Wahrscheinlich ist seine Trunkenheit dafür verantwortlich.

Ja, er will tatsächlich den Revolver auf den Lieutenant richten.

Doch dann hat er plötzlich ein Loch in der Stirn.

Es ist wie eine schreckliche Zauberei.

Sie alle blicken auf den Schützen. Es ist der Corporal Matt Hudson. Denn sie sehen den noch rauchenden Colt in der Hand des Texaners, der im Süden ein berüchtigter Revolverheld gewesen sein soll.

Alles ist nun still.

Dann klingt Cowleys Stimme hart: »Lasst die Squaws frei und haut ab!«

Sie zögern nur drei Sekunden.

Dann gehorchen sie.

Die drei Squaws und die Tote bleiben zurück, und die drei Squaws blicken auf den grauköpfigen Lieutenant, der seinem Alter nach noch gar keine grauen Haare haben dürfte. Sie sehen ihn sich genau an.

Dann spricht eine von ihnen in gut verständlichem Englisch: »Wir werden Bad Wolf alles berichten, kleiner Häuptling der Mila Hanska. Und unsere alten Krieger werden unsere Schwester Mondauge mit einem Pferd holen.«

Cowley nickt nur. Dann wendet er sein Pferd und reitet zur Doppelreihe seiner Männer hinüber.

Corporal Matt Hudson hat den Colt wieder im Holster, das er ja gegen die Militärrevolvertasche auswechselte.

Cowley sieht zu ihm hin und tauscht mit ihm einen langen Blick. Er spricht kein Wort, aber der Texaner weiß genau, dass der Lieutenant sich bei ihm wortlos bedankt. Er kann es in den Augen des Lieutenants erkennen.

☆☆☆

Die beiden nächsten Tage vergehen ohne besondere Vorkommnisse. Die Big-Horn-Patrouille ist ständig unterwegs. Es ist ein eintöniges Reiten. Die Soldaten haben ja keinen Blick für die Schönheit dieses gewaltigen Landes. Manchmal können sie von Hügelkämmen aus das weite Big Horn Basin mehr als hundert Meilen weit überblicken.

Sie haben angehalten. Als sie wieder anreiten wollen, bricht am Ende der Zweierreihe zwischen zwei Reitern ein Streit los. Sie schlagen sich fluchend, und einer fällt vom Pferd, landet schwer am Boden. Dann springt er fluchend auf und will seinen Revolver herausholen.

Doch da treibt Corporal Hudson sein Pferd gegen ihn und rammt ihn von den Beinen.

Cowley reitet nach hinten, indes sich der Soldat wieder aufrappelt, wobei er zu dem anderen, der grinsend auf dem Pferd hockt, heiser droht: »Riley, dich bringe ich bei der nächsten Gelegenheit um!«