G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 39 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 39 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

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G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!

Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2464 bis 2466.

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 192 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 483

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: © Faba/Norma ISBN 978-3-7517-2998-7 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

G. F. Unger

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 39

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2464 - WesternIhre Väter lieferten sich einen erbarmungslosen Kampf um das beste Land im Tal. Und in den Söhnen schwelte der Hass weiter - bis er auch zwischen ihnen zum Ausbruch kam ...Jetzt lesen
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Inhalt

Cover

Impressum

Die Starken

Vorschau

Die Starken

Es war ein erbarmungsloser Kampf. Zwei Männer standen sich gegenüber, und jeder wollte den anderen vernichten.

Zwei Jungen wurden Zeugen des grausamen Schauspiels: Clay Cloudman und Thor Palance, die Söhne der beiden Männer. Sie erlebten mit, wie der Hass ihrer Väter in nackte Gewalt umschlug. Am Ende stand Clays Vater noch auf den Beinen, und Thors Vater lag besiegt am Boden.

Clay war stolz auf seinen siegreichen Vater, stolz darauf, ein Cloudman zu sein.

Thor schämte sich. Bisher war ihm sein Vater riesengroß und unüberwindlich erschienen, doch jetzt war er bezwungen worden. In dieser bitteren Stunde brach für Thor Palance eine Welt zusammen. Er hatte nur noch einen Wunsch: eines Tages Clay Cloudman zerschmettert am Boden liegen zu sehen, um die Niederlage seines Vaters wettzumachen.

Und als Clay und Thor selbst die Starken im Land geworden waren wie damals ihre Väter, kam die Stunde der Abrechnung. Von Neuem begann der gnadenlose Kampf der Giganten …

Clay Cloudman bückt sich unter dem Haltegeländer hindurch zum Plankensteig hinauf. Als er sich aufrichtet, erkennt man erst, wie groß er ist. Im Sattel wirkt er kleiner und massiger.

Er ist ein Mann mit langen Beinen, schmalen Hüften und massigen Schultern. Ein alter Colt hängt an seiner Seite.

Langsam bewegt er sich auf die große Schwingtür des Saloons zu, stößt sie auf und tritt ein.

Duff Lane steht hinter seinem Schanktisch und jagt mit einer Fliegenklatsche Fliegen. Als Clay den Schanktisch erreicht, erwischt der Saloonwirt einen besonders dicken Brummer. Dann sieht er Clay Cloudman an und betrachtet ihn sorgfältig. Es ist ein sehr ernstes Forschen in seinem Blick.

Dann nickt er und füllt zwei Gläser mit Whisky aus einer besonderen Flasche, aus der außer Clay Cloudman noch niemand von den Gästen getrunken hat.

Die beiden Männer prosten sich zu, trinken und stellen die Gläser ab. Sie haben bisher noch kein Wort gesprochen. Erst als sie sich aus einer Zigarrenkiste bedienen, murmelt Duff Lane sanft: »Einige Burschen der Jury sind feige. Die Gerichtsverhandlung wird gleich beendet sein. Die Jury wird kein Schuldig sprechen. Bald wird Meece Cliff hier am Schanktisch stehen und sich von mir einen Whisky einschenken lassen.«

Clay Cloudman hört die bitteren Worte, indes er umständlich die ausgewählte Zigarre in Brand setzt. Als sie brennt, hebt er die Schultern und sagt sanft: »Wenn er freigesprochen wird, kann er auch einen Whisky trinken, nicht wahr? Freispruch ist Freispruch.«

Nach diesen Worten geht Clay zum Billardtisch hinüber. Er legt sich die Bälle zurecht und probiert einen Rückläufer. Es gelingt ihm präzise.

Er will es nochmals versuchen. Bevor er jedoch beginnt, kommt Duff Lane hinter dem Schanktisch hervor, stellt sich an den Billardtisch und sagt: »Dieser Ball dort, der da etwas abseits liegt, das bist du, mein Junge. Der Stock in der Hand, das ist Thor Palance, verstehst du? Und er stößt die anderen Bälle so, dass sie zwar scheinbar woanders hinlaufen aber irgendwie dann auf dich zukommen. Alle Dinge kommen immer mehr auf dich zu, Clay. Und du wirst ihnen nicht ausweichen können. Sie werden eines Tages hart gegen dich prallen und hoffentlich dein Gehirn wieder in Tätigkeit setzen. Hast du mich verstanden, mein Freund?«

»Genau.« Clay grinst. Er hat einen festen, breiten Mund, eine kurze, gerade Nase, hohe Wangenknochen und dichte Augenbrauen. Seine Augen sind von einer rauchgrauen Farbe. Sein Gesicht ist braun und sehr glatt. Nur an den Augenwinkeln sind kleine Fältchen. Er hat den alten Hut zurückgeschoben, und sein Haar ist so rot wie eine Flamme. Er gibt Duff Lane den Stock.

»Versuch es mal. Dieser Ball da, das bin also ich.«

Der Wirt versucht es. Er gibt sich alle Mühe. Aber der Rückläufer gelingt ihm nicht.

»Thor Palance ist ein besserer Spieler als ich«, knurrt er und geht zum Schanktisch zurück.

Draußen auf der Straße wird es laut. Viele Schritte nähern sich.

Aber ein Mann ist noch vor den anderen Männern da. Er kommt in den Raum gestürmt und ruft: »Einen großen Whisky, Duff! Sie haben ihn freigesprochen!«

Der Mann, es ist ein Farmer im blauen Overall, wendet sich bei den letzten Worten Clay Cloudman zu. Aber der spielt ruhig Billard und tut so, als ginge ihn das alles nichts an.

Nun kommt eine ganze Gruppe von Männern in den Saloon. Es sind Siedler, Farmer und kleine Rancher. Indes sie zum Schanktisch gehen, starren sie zu Clay Cloudman hinüber.

Der legt plötzlich den Stock weg und verlässt den Saloon.

Er tritt auf die Straße hinaus und wendet sich nach rechts. Langsam geht er den Plankengehsteig entlang, und er wirkt sehr ruhig, unerschütterlich und selbstsicher.

Die Straße ist jetzt sehr belebt. Viele Menschen beobachten ihn. Es sieht so aus, als zöge er alle Blicke auf sich wie ein Signal oder ein Magnet.

So nähert er sich dem Restaurant, in dem die Verhandlung stattgefunden hatte. Denn Royal ist eine kleine Stadt und hat keine Versammlungshalle.

Vor dem Restaurant schwingen sich soeben über ein Dutzend Reiter in die Sättel. Es ist ein hartes Rudel, das da in die Sättel klettert.

Und dann kommen noch drei Männer aus dem Restaurant.

Es sind Thor Palance, sein Vormann Meece Cliff und der spindeldürre Advokat Frank Zinnek.

Auch sie sehen Clay Cloudman kommen, und sie wenden sich ihm sofort zu.

Thor Palance lächelt. Er ist noch zwei Fingerbreit größer als Clay. Er ist auch etwas schwerer. Seine braunen Augen und sein dunkles Gesicht sind jedoch lebendig. Er ist ein Mann mit schnellen Bewegungen und schnellen Entschlüssen. Er ist prächtig proportioniert. Seine weißen Zahnreihen blitzen.

Aber in der sanften Glätte seiner Worte schwingt ein stählerner Klang.

Er sagt: »Clay, deine Zurückhaltung in dieser Sache war erfreulich. Und vielleicht war sie auch klug, nicht wahr? Die Jury hat gesprochen, und sogar der große Clay Cloudman sollte sich damit abfinden. Was mich betrifft, nun, Clay, ich suche keinen Streit mit dir. Wir haben unsere Grenzen schon vor langer Zeit abgesteckt, nicht wahr? Bleib nur immer auf der anderen Seite des Zaunes.«

Clay Cloudman sieht ihn ruhig an. Dann wendet er sich Meece Cliff zu.

Der Vormann der Hackbeil-Ranch erwidert den Blick mit einem bösen Trotz. Meece Cliff ist nicht groß, aber ungeheuer breit und klotzig. An Meece Cliff ist alles kantig, massig und breit.

Eine braune Haarsträhne hängt ihm in die Stirn. Seine Unterlippe ist ständig vorgeschoben.

Plötzlich sagt er heftig: »Was willst du, Clay? Du kannst von mir alles bekommen, was du nur haben willst, verstehst du? Ich habe dir das schon mehrmals angeboten. Ich kann dich nicht leiden. Ich mag deine Art nicht. Zum Teufel, starr mich nicht so an!«

»Nur ruhig, Meece!«, murmelt Thor Palance sanft und sieht Clay gerade und scharf an.

»Mach dir nur keine Sorgen, Clay«, sagt er. »Meece möchte gern herausfinden, wie gut und hart du in Wirklichkeit bist. Aber ich möchte meinen Vormann nicht verlieren. Deshalb halte ich ihn dir vom Leib.«

Er lächelt.

Clay Cloudman erwidert dieses Lächeln, und jetzt kann man auch in seinen Augen jene hellen Lichter erkennen, die einen kalten Zorn verraten, der tief im Innern Clay Cloudmans ist.

Er sagt ruhig: »Thor, dein Riesenaffe hat einen Siedler totgeprügelt. Dann hat er behauptet, es wäre ein fairer Kampf gewesen. Und eine feige Jury hat sich dieser Behauptung angeschlossen und die ganze Sache für einen bedauerlichen Unglücksfall erklärt.«

»So ist es«, nickt Thor Palance, aber die dunklen Linien in seinem Gesicht verhärten sich. Im Hintergrund seiner Augen glimmt ein gefährliches Licht.

Clay nickt. »Beim nächsten Mal wird die Jury keine Angst haben«, sagt er sanft. »Beim nächsten Mal kaufe ich mich in dieses Spiel mit ein, Mister.«

»Große Worte, Clay! Ich kann gar nicht glauben, dass du für diese kleinen Drei-Kühe-Rancher, Schollenbrecher und Rübenzüchter deinen Skalp riskieren möchtest.«

»Ich habe dich gewarnt«, sagt Clay und geht ins Restaurant hinein. Er dreht den Männern achtlos den Rücken zu.

Meece Cliff macht eine Bewegung, aber Thor Palance hält ihn zurück. Er murmelt: »Ich möchte dich wirklich nicht verlieren, Meece! Du musst dir hinter die Ohren schreiben, dass es außer mir in diesem Land keinen einzigen Mann gibt, der Clay Cloudman gewachsen wäre. Reiten wir.«

Er geht zu seinem Pferd und sitzt auf. Meece Cliff gehorcht.

Und dann reitet Thor Palance mit seiner harten Mannschaft als Sieger aus der Stadt.

Frank Zinnek, der Advokat, sieht ihnen nach.

Er geht schnell davon. Er verschwindet in einer Seitengasse. Und irgendwie ähnelt er einer Ratte.

Im Restaurant sitzen noch zwei Männer am Tisch.

Hinter diesem Tisch hängt die Flagge von Wyoming – ein weißer Büffel im blauen Feld, rot umrandet. Man schreibt das Jahr 1876, und Wyoming ist noch nicht in die Union eingetreten. Das wird erst in zwölf Jahren geschehen.

Die beiden Männer am Tisch sind Richter Ford Walker, der im Hauptberuf der Schmied dieser Stadt ist. Und der zweite Mann ist Sheriff Jim Harding, dessen Amtszeit in zwei Wochen abläuft.

Clay bleibt vor diesen Männern stehen und sagt: »So sehen also zwei Narren aus!«

»Das wissen wir selbst«, knurrt der Schmied und schlägt mit der Faust auf das Gesetzbuch, das vor ihm auf dem Tisch liegt. »Wenn ein Angeklagter sich für unschuldig erklärt, dann muss eine Jury den Spruch fällen, nicht wahr? Und diese Jury fürchtet sich vor Thor Palance. Du aber hast gar nichts getan. Du hast dich aus der Sache herausgehalten, den Neutralen gespielt und kommst jetzt daher und nennst uns zwei Narren. Zum Teufel, für alle Leute sah es so aus, als würdest du Thor Palance nicht in den Weg treten, wenn er noch rauer …«

»Nein, es war eine Sache der Jury. Sie …«

»Es war keine Jury, es waren Feiglinge, die soeben dort durch den Hinterausgang verschwanden, weil sie sich schämten.«

Sheriff Jim Harding spricht die Worte. Er erhebt sich und geht zu einem der Fenster. Er hinkt leicht. Vor knapp vier Jahren war er noch Cowboy und Zureiter.

Er wendet sich um.

»Meine Amtszeit ist bald beendet. Ich werde nicht mehr kandidieren. Für eine Stadt und ein Land voller Feiglinge trage ich keinen Stern. Clay, bekomme ich auf deiner Ranch Arbeit?«

»Sicher, Freund«, sagt dieser ruhig und sieht den Schmied an.

»Was ist mit dir, Ford?«

»Es hat keinen Zweck«, sagt dieser bitter. »Ich kandidiere ebenfalls nicht mehr. Es hätte auch wenig Zweck. Thor Palance wird schon dafür sorgen, dass seine Kandidaten in die Ämter gelangen. Und du, Clay, hast, wie es mir fast scheint, Angst vor ihm. Du bist die größte Enttäuschung für uns alle.«

Clay atmet langsam aus. Er wendet sich ab und geht zur Tür. Dort hält er nochmals an und blickt über die Schulter.

»Ich wollte nur herausfinden, wie groß Recht und Gesetz in unserem Land noch sind«, sagt er. »Jetzt weiß ich es. Es kann die Kleinen und Schwachen nicht mehr beschützen. Nun gut, ich werde Thor Palance in Zukunft aufhalten.«

»Du willst für die Feigen kämpfen?«, fragen Walker und Harding zweistimmig wie eingeübt.

»Nicht für die Feigen, nur für mich selbst! Denn ich bin es, den Thor Palance sich schnappen will. Ich bin der Baum, den er fällen will. Die anderen Burschen, nun, die sind nichts anderes als das Gestrüpp und das Unterholz, das er erst beseitigen muss, um richtig an den Baum herankommen zu können.«

Nach diesen Worten geht Clay hinaus. Er wandert den Plankensteig entlang, tritt an sein Pferd, sitzt auf und reitet langsam aus der Stadt.

Hundert Augenpaare verfolgen ihn.

Die beiden Männer im Restaurant aber sprechen lange nicht.

Dann sagt Jim Harding: »Ford, wir sollten wohl doch kandidieren. Wir sollten wenigstens den Versuch machen, ihm zu helfen. Du hast es gehört, wie Clay die Sache ansieht. Er wollte herausfinden, ob wir noch ein Gesetz im Land haben. Und nun hat er herausgefunden, dass Thor Palance immer wieder eine Jury beeinflussen kann.«

»Clay ist ein rechtschaffener Mann. Und wir werden ihm helfen. Wir werden wieder kandidieren, Ford, nicht wahr?«

Der schüttelt den Kopf.

»Ich habe eine Frau und fünf Kinder«, murmelt er. »Ich bin nicht so stark wie Clay. Und bevor ich aus Feigheit eines Tages meine Amtspflichten verletze, will ich das Amt lieber abgeben. Ich bin nicht so stark wie Clay. Niemand von uns ist so stark.«

Er erhebt sich, nimmt das Gesetzbuch vom Tisch und die Flagge von der Wand.

Und dann verlässt auch er den Raum durch die Hintertür.

Jim Harding aber geht vorn hinaus. Er geht langsam zu seinem Office und betritt dann den Zellenraum. Hier sitzen zwei Satteltramps, die im Mietstall für ihre Pferde Futter stahlen.

Jim Harding öffnet die Zellen und sagt: »Ihr seid frei. Ich kann euch nicht eingesperrt halten, wenn die schlimmsten Halunken von einer Jury freigesprochen werden. Verschwindet binnen zehn Minuten aus der Stadt. Habt ihr mich verstanden?«

Die beiden Satteltramps erheben sich langsam von den Schlafpritschen. Es sind zwei scharfäugige und falkengesichtige Burschen, ziemlich abgerissen und hager vom ruhelosen Reiten.

Sie folgen dem noch sehr jungen Sheriff ins Office. Dort bekommen sie ihre Waffen.

»Es freut uns, dass man uns laufen lässt, weil man die großen Schufte nicht einsperren kann«, sagt der eine Reiter.

»Verschwindet«, brummt Jim Harding und wirft ihnen je ein Dollarstück zu.

»Damit könnt ihr das Futter für eure Pferde bezahlen.«

»Sie sind sehr nobel, Sheriff«, sagt der andere Satteltramp.

Dann gehen sie.

Jim Harding tritt hinter ihnen aus der Tür und blickt ihnen nach. Sie verschwinden im Mietstall. Wenig später kommen sie auf zwei mageren und hässlichen Tieren herausgeritten und verlassen die kleine Stadt.

Der Sheriff blickt die Straße hinauf und hinunter. Es ist, als schämten sich alle Bürger.

Und die vielen Besucher, die nach Royal kamen, jene Drei-Kühe-Rancher, Siedler, Farmer und all die Reiter, von denen niemand weiß, woher sie kommen, wohin sie reiten und von welchen Einkünften sie leben, sind verschwunden.

Aber sie alle haben sehen und erkennen können, wie groß Thor Palances Macht ist. Denn sein Vormann Meece Cliff, der einen Mann totgeprügelt hat, ist von einer feigen Jury freigesprochen worden.

Und Clay Cloudman hat nichts dagegen unternommen.

Die Leute sind enttäuscht von Clay Cloudman, den sie für den zweiten Starken in diesem Land gehalten haben, dessen Schatten nicht kleiner ist als der von Thor Palance.

Aber Clay Cloudman hat nichts getan. So denken die Leute.

☆☆☆

Clay reitet langsam. Es wird Nacht. Er spürt die starken Düfte des Landes, und er wittert den Geruch der noch sonnenwarmen Erde und den Duft der harzigen Kiefern.

Clay nimmt sich Zeit.

Als er dann bei Marthe Millers kleiner Ranch ist, wird in dem niedrigen Holzhaus eine Lampe angezündet. Clay hält an und späht hinüber. Er sieht, wie sich die Tür öffnet. Das Mädchen tritt heraus, und im herausfallenden Licht ist sie gut zu erkennen. Sie geht zu einem leichten Zweispanner, der dicht bei dem Haus steht.

Clay lenkt sein Tier vom Weg und reitet auf das Haus zu. Beim Klang der Hufschläge wird das Mädchen beim Wagen bewegungslos. Aber dann greift es in den Wagen hinein.

Ein Gewehrlauf blinkt matt im Lichtschein, der aus der offenen Tür fällt.

»Ich bin es, Marthe!«, ruft Clay halblaut und reitet langsam heran. Er sitzt ab und murmelt sanft: »Kann ich dir helfen?«

Sie sieht zu ihm auf. Sie ist ein großes Mädchen, blond, hübsch, ernst und schon fast fraulich. Sie ist stolz und tapfer. Vor drei Jahren lebte sie mit ihrem Bruder noch in Deutschland. Dann kamen sie nach einer Reise, die viele Monate dauerte, in dieses Land und bauten hier die kleine Ranch auf. Sie waren beide sehr arbeitsam. Fritz Miller verstand etwas von der Viehzucht, und er wollte hier eine besondere Rinderrasse züchten.

Aber jetzt ist Fritz Miller tot.

Er war jener Mann, der von Meece Cliffs Fäusten zusammengeschlagen wurde und dann starb.

Das Mädchen aus Deutschland betrachtet Clay ruhig und fest.

Dann nickt sie und sagt: »Ich habe einen Zweizentnersack im Wagen. Den könntest du mir in den Stall bringen.«

Clay nimmt den schweren Sack aus dem Wagen und trägt ihn zum Stall hinüber. Er kippt den Inhalt in die große Futterkiste, und er fühlt im Dunkel, dass es sich um Hühnerfutter handelt.

Langsam geht er dann zum Haus hinüber. Er tritt in die Küche. Das Mädchen kniet vor dem Herd und macht ein Feuer an.

»In zehn Minuten kannst du ein Abendbrot bekommen – wenn du möchtest«, sagt sie über die Schulter.

Er nickt, lehnt sich neben der Tür an die Wand, kreuzt die Beine und dreht sich eine Zigarette. Er beobachtet das Mädchen, und er findet alles an ihr sehr erfreulich.

»Marthe«, sagt er, »du warst nicht in der Gerichtsverhandlung?«

»Was sollte ich dort?«, fragt sie zurück, richtet sich auf und wendet sich ihm zu. Die Flammen prasseln jetzt im Herd.

Clay blickt in die großen, ruhigen Augen des Mädchens. Sie sind tiefblau. Das Gesicht ist wie aus Milch und Blut, sauber, frisch und klar. Ihre Lippen sind voll und haben jenen Schwung, den ein Mann gerne sieht.

»Was sollte ich dort?«, fragt sie nochmals, und nun wirkt ihr Mund herb und fast verächtlich. »Ich kann meinen Bruder nicht mehr lebendig machen, nicht wahr? Fritz ist tot. Und ich bin kein Mann, der für seinen Bruder Genugtuung fordern kann.«

Clay wendet sich um und blickt in die Nacht hinaus. Draußen reiten zwei Reiter vorbei, langsam und ruhig. Es sind die beiden Satteltramps, die der Sheriff aus Empörung darüber, dass ein Totschläger freigesprochen wurde, laufen ließ.

Die beiden Reiter wirken irgendwie ziellos und wie verloren. Der Mond ist aufgegangen. Clay kann die beiden Satteltramps gut erkennen. Einmal sieht es so aus, als wollten sie zur kleinen Ranch herüberkommen. Aber sie reiten dann doch langsam vorbei.

Clay denkt daran, wie allein und ohne Freunde dieses Mädchen ist. In der ersten Zeit konnten sie und ihr Bruder sich nur mühsam mit den Leuten im Land verständigen. Sie lernten sehr schwer die Landessprache. Auch jetzt noch wirken die Worte des Mädchens unbeholfen.

Clay ist eigentlich der einzige Mensch im Land, der mit den beiden Geschwistern nach und nach einen fast freundschaftlichen Kontakt aufnahm. Und irgendwie verspürt er ein Schuldgefühl, dass dieses Mädchen nun allein ist.

Er wendet sich plötzlich um. »Marthe«, sagt er etwas rau, »dein Bruder und ich, wir waren schon fast Freunde.«

»Fritz hatte dich gern, und er achtete dich«, sagt sie ruhig.

Clay nickt und schluckt.

»Deshalb hätte Fritz zu mir kommen müssen und nichts allein und auf eigene Faust unternehmen dürfen. Marthe, versprich mir, dass du zu mir kommst, sobald du irgendwie …«

»Ich züchte keine Rinder mehr«, sagt sie. »Ich benutze keine Weide mehr. Also wird es für mich auch keinen Kummer geben. Ich bin nicht mehr so wichtig. Und ich brauche auch keine Freunde mehr. In ein oder zwei Jahren werde ich genügend Geld zusammengespart haben. Dann fahre ich nach Deutschland zurück. Mein Bruder wollte nicht Soldat werden und sich für den Kaiser totschießen lassen. Deshalb kamen wir in dieses Land. Wir dachten, dass es hier Freiheit gäbe. Aber hier gibt es keine Freiheit. Thor Palances Schatten liegt auf diesem Land. Und alle Menschen ducken sich wie ängstliche Hühner, wenn der Schatten eines Raubvogels über sie fällt. Dies ist ein feiges Land, Clay. Hier gibt es nur ein einziges Gesetz – das des Starken! Und außer Thor Palance gibt es keinen, der ihm ebenbürtig wäre an Stärke und Macht.«

Sie blickt Clay Cloudman fest in die Augen.

Aber er schüttelt den Kopf.

»Marthe«, sagt er schwer, »ich kann ihn zerbrechen und in den Boden schlagen. Ich kann das. Aber bis jetzt glaubte ich an die Stärke und Unbestechlichkeit des Gesetzes. Ich konnte mich nicht zum Richter und Vollstrecker machen. Ich musste erst herausfinden, ob …«

»Niemand kann ihn aufhalten. Ab heute herrscht er über uns alle.«

Mit diesen Worten unterbricht sie ihn scharf. Und nun zeigt sich in ihren Augen ein seltsames Leuchten. Sie ist innerlich also sehr vital und heftig. Und sie spürt Schmerz und eine kalte Verachtung gegen das ganze Land. Irgendwie ist auch Clay in diese Verachtung eingeschlossen. Er spürt es plötzlich.

Er schluckt, starrt sie an und nickt dann.

»Marthe«, sagt er, »wenn Thor Palance und ich aufeinander losgehen, dann wird einer von uns beiden sterben müssen. Und ich kann einen Mann nur dann töten, wenn er mich angreift oder wenn ich von seiner Schuld restlos überzeugt bin.«

Nach diesen Worten wendet er sich ab, geht hinaus zu seinem Pferd und sitzt auf.

Als er abreiten will, kommt Marthe Miller schnell aus dem kleinen Haus. Sie hält sich an seinem Steigbügel fest und ruft heftig zu ihm empor: »Wenn du ihm in den Weg treten willst, wird er dich töten oder töten lassen. Und dann habe ich niemanden mehr auf dieser …«

Sie bricht erschrocken ab, wendet sich um und läuft ins Haus zurück. Die Tür knallt zu. Clay hört, wie sie von innen den Querbalken vorlegt.

Nun weiß er, dass sie ihn liebt.

Ihre letzten Worte klingen noch in seinem Ohr.

»Und dann habe ich niemanden mehr auf dieser …«

Er starrt auf die geschlossene Tür. Aber er weiß, dass es jetzt keinen Sinn hätte zurückzukehren. Sie würde ihn nicht einlassen, und sicherlich bereut sie nun tief, dass sie in ihrer Erregung etwas sagte, was sie tief in sich verborgen halten wollte.

Er wendet sein Pferd und reitet davon.

Als er den Creek erreicht, brennt dort ein Feuer. Die beiden Satteltramps sitzen davor und rauchen. Er hält bei ihnen an und blickt auf sie nieder, prüfend und schweigend.

Dann sagt er ruhig: »Zweimal Laramie.«

Die beiden Männer starren ihn an. Einer erhebt sich, tritt an Clays Pferd und betrachtet dessen Brandzeichen.

»Sie sind Clay Cloudman?«, fragt er dann. »In Laramie gibt es nette Mädchen.«

Clay nickt, denn die Erwiderung auf seine Worte »Zweimal Laramie« war nicht zufällig. Was er und die beiden Satteltramps redeten, waren Erkennungszeichen.

Und jetzt weiß er, dass die beiden Weidedetektive, die er bestellt hat, ins Land gekommen sind.

»Ich bin Roy Denver«, sagt der Mann. »Das ist Pat Kenzie. Wir sind als Sattelstrolche gekommen, wie es ausgemacht war. Wir haben im Mietstall Futter für unsere Pferde gestohlen, und der Sheriff hat uns eingesperrt. Aber dann entließ er uns plötzlich und schenkte jedem von uns einen Dollar.«

Clay Cloudman denkt eine Sekunde nach.

»Das sieht Jim Harding ähnlich«, murmelt er dann und betrachtet die beiden Männer sehr sorgfältig.

»Ihr könnt noch aus der Sache herausbleiben«, murmelt er dann. »Es wird nämlich ein sehr gefährliches Spiel werden. Ihr könntet schnell tot sein, wenn ihr auch nur den kleinsten Fehler machtet.«

»Wir sind an diese Art Spiele gewöhnt«, erwidert Roy Denver, und seine dunklen Augen funkeln im Feuerschein. »Was sollen wir tun?«

»Reitet nach Nordosten«, murmelt Clay. »Dort ist der unübersichtlichste Teil meiner Weide. Sucht ein Rudel Mavericks zusammen und brändet sie mit Thor Palances Brandzeichen. Und dann treibt ihr die frisch gebrändeten Rinder zu ihm. Sagt ihm oder seinem Vormann, ihr hättet von guten Freunden gehört, dass er Mavericks kauft.«

»Und wenn er sie nicht kauft«, fragt Roy Denver.

»Dann habe ich mich geirrt. Und dann geht es euch ziemlich schlecht.«

»Und wenn er sie kauft?«, fragt Pat Kenzie.

»Dann ist euer Auftrag erledigt.«

Die beiden Männer nicken. Sie betrachten Clay forschend.

»Wie groß sind die Chancen, dass er Viehdieben Rinder abkauft?«, fragt Roy Denver dann ruhig.

»Wenn er keinen Verdacht schöpft und euch für wirkliche Viehdiebe hält, wird er kaufen.«

»Und das wollen Sie wohl ganz genau wissen, Mister?«

»Ganz genau«, nickt Clay.

Die beiden angeblichen Satteltramps nicken.

»Wir werden es machen«, sagt Roy Denver.

Clay nickt. »Kommt nicht auf meine Ranch. Sprecht mit keinem von meinen Reitern. Ich bin jeden Mittwoch und Samstag für einige Stunden in der Stadt und komme dann hier durch den Creek.«

Er nickt nochmals und reitet durch die Furt davon.

Die beiden Männer lauschen auf seine verklingenden Hufschläge.

Dann sagt Roy Denver zu seinem Partner Pat Kenzie: »Das ist einer von der Sorte, die bedächtig und beharrlich ist und niemals einen falschen Zug macht. Pat, dieser große Mister sucht nach Gründen, um einen Kampf beginnen zu können, bei dem er das Recht auf seiner Seite hat. Der gehört zu der Sorte, die einen Skunk erst tüchtig stinken lässt, bevor sie ihn abschießt.«

☆☆☆

Etwa eine Stunde später erreicht Clay eine seiner vielen Weide- und Grenzhütten.

Jake Scott und Tim Blue sind hier stationiert. Jake hockt am Feuer vor der Hütte und bückt Pfannkuchen. Tim steht an der kleinen Schutzhütte gelehnt und raucht.

Als Clay absitzt, sagt Tim Blue: »Da kommt der Boss, Jake. Und er wird dir bestätigen, dass ich kein Lügner bin. Boss, es stimmt doch, dass Schneeball einen Pfannkuchen fünfzehn Fuß hoch in die Luft werfen und dann wieder auffangen kann, ohne auch nur hinzusehen.«

»Das stimmt«, sagt Clay und hockt sich an der Hüttenwand auf die Absätze. »Schneeball kann das.«

»Siehst du, Jake«, sagt Tim Blue sanft.

Aber Jake ist ein mächtiger Klotz, mit Muskeln bepackt und einem runden Gesicht.

»Niemand backt bessere Pfannkuchen als ich«, knurrt er.

»Sicher«, erwidert Tim Blue sanft und glatt. »Sie munden prächtig. Meine liebe Mutter konnte sie nur eine kleine Idee besser machen. Aber dennoch wirkt Schneeball viel eleganter, wenn er Pfannkuchen bäckt.«

»Ein Neger kann gar nicht elegant wirken«, knurrt Jake, und nun klingt seine Stimme noch böser. »Meine Pfannkuchen waren in Texas, Kansas und Nebraska berühmt. Und ich habe viele Wettbewerbe gewonnen. Wenn ich wollte, so könnte ich das Ding so hoch in die Luft werfen, dass es nur noch mit dem Fernrohr zu erkennen wäre. Bis zum Mond könnte ich …«

»Schneeball wirft ihn mindestens fünfzehn Fuß hoch«, unterbricht ihn Tim Blue sanft.

Da grollt Jake grimmig. Seine Hand, die die große Pfanne hält, macht eine heftige Bewegung. Und der Pfannkuchen segelt in die Luft, steigt senkrecht hoch wie eine Scheibe und verschwindet über dem Feuerschein in der Nacht.

»Jetzt kommt er herunter«, grollt Jake und hält die Pfanne hin.

Bis zu dieser Sekunde war er barhäuptig.

Aber das ändert sich im nächsten Augenblick mit einem deutlich hörbaren Klatschen.

Der große Pfannkuchen bedeckt seinen runden Kopf, reicht bis zu den Ohren und auch über die Augen.

Jake aber steht steif und still da. Er wirkt wie versteinert, und hält sogar den Atem an. Die Pfanne hält er immer noch bereit, als könnte noch ein zweiter Pfannkuchen herunterkommen.

Tim Blue aber sagt bedauernd: »Es ist dir nicht geglückt, mein Junge. Wie fühlst du dich eigentlich mit diesem Ding auf dem Kopf?«

Jake atmet hörbar aus. Dann schnauft er wie ein Büffel und lässt die Pfanne fallen. Er wischt sich den heißen Teig vom Kopf und schleudert ihn ins Feuer. Seine borstigen Haare sind verschmiert. Er ballt seine Fäuste und starrt den Rancher und Tim Blue an.

Aber diese machen todernste Gesichter. Sie machen sogar traurige und mitfühlende Gesichter.

»Nimm’s nicht so schwer, alter Junge«, säuselt Tim Blue. »Ich kannte mal einen Mann, der kam in der Nacht nach Hause und sah auf dem Fensterbrett seines Hauses die Augen einer Eule leuchten. Er sagte wütend: ›Was suchst du hier, du alte Eule? Scher dich zum Teufel!‹ Yeah, das sagte er. Aber es war keine Eule. Es war seine reiche Erbtante, die zu Besuch gekommen war und im offenen Fenster lag und auf den lieben Neffen wartete. Siehst du, Jake, dieser arme Junge hatte damals wirklich Pech. Sonst säße er jetzt nicht hier. Meine reiche Tante hat mich auf der Stelle enterbt, ist in ein Hotel gezogen und war abgereist, bevor ich am nächsten Morgen nüchtern war. Ich bin der arme Junge. Was ist gegen dieses Pech schon einen verirrter Pfannkuchen, nicht wahr?«

Jake Scott hatte regungslos zugehört. Jetzt wischt er sich das Fett aus dem Gesicht und wendet sich an Clay.

»Boss«, sagt er, »ich halte es mit dieser kleinen Wanze nicht mehr aus. Eines Tages wird ein Unglück geschehen. Ich bin nicht ganz so schlau wie er. Aber eines Tages werde ich diesen Kerl reinlegen, ganz bestimmt.«

Nach diesen Worten entfernt sich Jake Scott grollend.

Clay und Tim aber krümmen sich nur so. Sie hüten sich, laut zu lachen, denn sie wissen, dass Jake dann so wütend wird, dass tatsächlich ein Unglück geschehen könnte.

Erst nach einer Weile sagt Clay gepresst: »Tim, treibe es nur nicht zu toll mit ihm.«

»Jake und ich, wir sind große Freunde«, sagt Tim. »Was war in der Stadt, Boss?«

Clay berichtet ihm kurz und fügt dann hinzu: »Reitet morgen Nacht zu den Bergen hinüber und sucht euch dort ein gutes Versteck, von dem aus ihr die Canyons beobachten könnt. Bleibt einige Tage dort und beobachtet. Dann kommt ihr zur Ranch und berichtet mir, was ihr gesehen habt.«

»All right«, sagt Tim Blue trocken.

Und es ist ein Klang von Härte in seiner Stimme.

Clay sitzt wieder auf seinem Pferd, als Jake Scott von der Wasserstelle zurück ans Feuer kommt. Jake hat sich den Kopf und das Gesicht gewaschen.

»Tim weiß Bescheid, Jake«, sagt Clay und reitet weiter. Er reitet langsam und hält oft an, um zu lauschen.

Nach etwas zwei Stunden sieht er das einsame Licht seiner Ranch. Als er vor die Veranda reitet, sieht er die beiden Gestalten auf der Treppe. Er erkennt seinen Vormann Jeff Bart und die schlanke Gestalt von Fee Traven.

Das Mädchen erhebt sich und sagt mit ihrer dunklen und etwas kehlig klingenden Stimme: »Clay, Thor Palance ist bei meinem Bruder. Sie handeln den Kaufpreis für unsere Ranch aus. Meece Cliff ist mit dabei – und ich bin voller Angst davongeritten.«

Als sie dies gesprochen hat, sitzt Clay noch einige Sekunden schweigend im Sattel. Aber dann reißt er plötzlich das Tier herum und spornt es an. Es stürmt in die Nacht hinein, und der Hufschlag verklingt schnell.

»Er reitet zu uns!«, ruft das Mädchen. »Jeff, wir müssen ihm nach. Wir müssen …«

Aber der lange, sehnige Vormann hört das Mädchen schon nicht mehr. Jeff Bart läuft schon zu den Corrals hinüber. Dort steht auch das gesattelte Pferd des Mädchens. Aber das Tier ist zu leicht für Jeff Bart. Er sattelt sich einen der langbeinigen Renner, und doch weiß er, dass er zumindest zehn Minuten später als Clay Cloudman die Traven Ranch erreichen wird. Denn wenn Clay schnell reitet, dann kann ihn niemand einholen.

Das Mädchen kommt angelaufen und will sich auf ihr Pferd schwingen.

»Du bleibst hier!«, ruft der Vormann und gibt seinem Tier die Sporen.

Das Mädchen zögert.

Ein Mann tritt aus dem Schatten des Stalles und sagt höflich: »Das war ein Befehl, Madam. Mister Bart würde mir den Kopf abreißen, wenn ich Sie reiten ließe. Wollen Sie, Madam, dass Mister Bart einem schwarzen Gentleman den Kopf abreißt?«

»Nein, Schneeball«, sagt das Mädchen, wendet sich um und geht ins Ranchhaus zurück.

Drinnen geht sie ruhelos umher und schafft da und dort etwas Ordnung. Sie findet dann eine zerrissene Hose und macht sich daran, sie zu flicken.

Dabei denkt sie ständig an Clay, an ihren Bruder, an Thor Palance und an Meece Cliff. Sie denkt an die Dinge, die sich jetzt bald gewiss sehr stürmisch auf der kleinen Traven Ranch abspielen werden.

Draußen bewacht der Neger Georg Washington, der aber einfach nur Schneeball genannt wird, mit einer Schrotflinte die Ranch. Hier drinnen zwingt sich ein Mädchen bei einer Näharbeit zur Ruhe und zum Abwarten.

Fee Traven ist erst zwanzig. Sie ist ein mittelgroßes, dunkles, rassiges und sehr geschmeidiges Mädchen. Und schon als kleines Mädchen hat sie Clay Cloudman sehr gern gehabt. Und wenn sie sich manchmal in Gedanken den Mann vorstellte, den sie eines Tages heiraten würde – nun, dann erschien immer Clays Bild vor ihren Augen.

☆☆☆

Der Weg zur kleinen Traven Ranch ist nicht weit für einen Mann, der sein Pferd nicht schont und es riskiert, dass er und sein Tier sich auf den gefährlichen Abkürzungen den Hals brechen.

Die Ranch liegt wie die CC Ranch Clays in der Mündung eines Canyons, der tief in die Berge der Sweetwater-Kette führt.

Clay erreicht die Ranch nach etwa vierzig Minuten, und sein Pferd keucht rasselnd und hat die langen Beine des Reiters mit flockigem Schaum bedeckt.

Clay reitet langsam und vorsichtig in den Hof.

Im Ranchhaus brennt Licht. Zwei Sattelpferde stehen am Haltebalken. Auf der obersten Stufe der Verandatreppe aber steht Meece Cliffs breite und viereckige Gestalt. Wie ein Klotz steht er dort, massig und regungslos. Sein Kopf ist gesenkt.

Clay Cloudman hält an.

Als er aus dem Sattel rutschen will, hebt Meece Cliff den breiten Kopf und knurrt halblaut: »Bleib im Sattel und scher dich zum Teufel! Komm nur nicht von deinem Gaul herunter! Versuche es nur nicht! Sonst schlage ich dich ganz einfach ungespitzt in den Boden.«

Bei diesen Worten kommt Thor Palances Vormann die drei Stufen herunter und hält dann wieder an.

Er saugt scharf den Atem ein, als Clay Cloudman sich trotz der drohenden Warnung aus dem Sattel schwingt. Meece Cliff sagt nichts mehr. Er wartet nur.

Clay tritt vor ihn hin.

»Geh mir aus dem Weg, Meece! Ich will zu Vance Traven. Geh mir aus dem Weg!«

Meece Cliff schüttelt langsam den dicken Kopf. Schon allein diese Bewegung drückt all die böse und beharrliche Sturheit aus, die in diesem Mann vorhanden ist.

Er sagt kehlig: »Thor Palance will nicht gestört werden. Und ich stehe hier, damit er Vance Traven in aller Ruhe überzeugen kann.«

Er sagt nicht, zu welcher Sache sein Boss Vance Traven überzeugen will. Aber Clay braucht keine näheren Erklärungen. Er weiß, was dort drinnen vorgeht. Und er glaubt zu ahnen, dass Thor Palance sich so viel Zeit nimmt, weil er auf ihn, Clay Cloudman, wartet. Sonst hätte Meece Cliff bestimmt dafür gesorgt, dass Fee Traven die Ranch nicht verlassen konnte.

Clay atmet langsam aus. Meece Cliff schnauft erwartungsvoll und ballt schon seine Fäuste.

Aber Clay sagt plötzlich sanft und glatt: »Nun gut. Mir ist diese Sache doch nicht so viel wert.«

Er wendet sich ab, als wollte er zu seinem Pferd gehen. Er weiß, dass es keinen Zweck hätte, Meece Cliff mit der Waffe zu drohen. Dieser Mann würde trotz einer auf ihn gerichteten Waffe mit den bloßen Fäusten angreifen.

Als Clay sich abwendet, knurrt Meece Cliff: »Ich habe immer gewusst, Mister, dass du kneifst, wenn es wirklich rau werden könnte. Thor Palance hat dich immer überschätzt.«

Clay hat mitten in der Bewegung innegehalten. Er steht halb seinem Pferd zugewandt und dreht Meece Cliff halb den Rücken zu.

Über die Schulter hinweg sagt er zu ihm: »Meece, wenn du mich mal angreifen würdest, so könntest du schnell herausfinden, ob ich ein Bluffer bin. Aber jetzt lohnt sich die Sache nicht.«

Er wendet Meece Cliff nun vollends den Rücken zu. Aber er achtet auf den Schatten, den Cliffs klotzige Gestalt an die Hauswand wirft.

Er nähert sich dabei langsam seinem Pferd.

Und er hat sich nicht getäuscht. Meece Cliff greift an. Er fällt auf den Trick herein. Und er kommt mit aller Wucht.

Clay gleitet zur Seite. Es ist eine wunderbar leichte und gleitende Bewegung, die man ihm nicht zugetraut hätte bei seiner Größe und seinem Gewicht.

Meece Cliff stürmt an ihm vorbei. Und Clay schlägt ihm den Colt, den er zauberhaft schnell gezogen hat, über den Kopf.

Der klotzige Mann taumelt bis zum Pferd, hält sich daran fest und wendet sich um. Er hätte vielleicht ein oder zwei Sekunden warten sollen, bis das Feuerwerk in seinem Kopf nachgelassen hat. Aber Cliff ist viel zu ungestüm. Er versucht es nochmals und kommt mit vorgeneigtem Oberkörper angestürmt. Seine Arme machen eine umfassende Greifbewegung. Sicherlich will er seinen harten Kopf in Clays Leib rammen und zugleich die Hüften des Gegners umfassen.

Clay schlägt wieder zu. Und der Vormann der Hackbeil-Ranch fällt seufzend vor ihm auf die Knie. Meece Cliffs Hände gleiten kraftlos an Clays Seiten nieder und stützen sich dann auf den Boden. Benommen und schon halb betäubt kauert der Vormann vor Clay.

Und der gibt ihm keine Chance, sondern schlägt zum dritten Mal zu. Das genügt selbst für einen Klotz, wie Meece Cliff es ist. Er seufzt und legt sich hin.

Clay nimmt die Waffe des Mannes und schleudert sie in die Dunkelheit des Hofes.

Dann steckt er den Colt weg und betritt langsam die Veranda. Sein Atem geht nicht besonders heftig.

Er öffnet die Tür. Das Wohnzimmer ist leer. Aber aus Vance Travens Zimmer klingen Stimmen. Die Tür zu diesem Zimmer ist einen Spalt offen.

Felle und indianische Teppiche dämpfen Clays Schritt. Als er langsam die Hand ausstreckt, um die Tür aufzustoßen, hört er Thor Palance sagen: »Also, Vance, die Stunde ist um. Du hast jetzt deine Bedenkzeit gehabt. Deine Schwester ist gewiss zu Clay Cloudman geritten, aber der ist nicht gekommen. Du siehst, dass selbst Clay sich davor hütet, mir in den Weg zu geraten. Und ich zahle dir doch einen fairen Preis, nicht wahr?«

Clay stößt langsam die Tür auf. Sie knarrt leise. Die beiden Männer heben die Köpfe.

»Dein Menschenaffe hat soeben die erste Lektion bekommen«, sagt Clay ruhig zu Thor Palance, der sich langsam erhebt.

Vance Traven bleibt am Tisch sitzen, auf dem ein Papier liegt und eine Flasche und zwei Gläser stehen.

»Clay ist doch gekommen«, krächzt Vance Traven, nimmt sein Glas und leert es. Er schüttelt sich leicht. Er ist ein junger und schlanker Mann, der bis vor kurzer Zeit noch im Osten studierte und Arzt werden wollte. Als dann aber sein Vater starb, musste er das Studium abbrechen und zur Ranch zurückkehren. Er ist so dunkel wie seine Schwester und sehr hübsch. Aber vielleicht ist er innerlich nicht hart und stark genug, um in diesem wilden Land eine Ranch führen zu können.

»Clay«, sagt er fast kläglich. »Clay, er will mich dazu überreden, an ihn zu verkaufen. Ich könnte mit dem Geld mein Studium beenden. Er will mir fünftausend Dollar geben. Und das ist viel Geld für eine Ranch, auf der es kaum noch Vieh gibt.«

»Deine Schwester ist gegen einen Verkauf«, sagt Clay ruhig und sieht Thor Palance dabei an, der ihn aus schmalen Augen fest ansieht.

»Meine Schwester braucht ja auch nicht zu kämpfen«, murmelt Vance Traven. »Aber ich müsste kämpfen, wenn ich nicht will, dass die Viehräuber uns auch die letzten Rinder von der Weide holen. Ich müsste kämpfen. Und ich bin allein. Wer hat denn dem armen Fritz Miller geholfen? Dem hatten sie seinen wertvollen Zuchtbullen gestohlen. Er hatte die Fährte verfolgt und kam auf Thor Palances Weide. Und da war Meece Cliff und wollte Fritz Miller zum Teufel jagen. Der aber wollte Meece Cliff vom Pferd schlagen, und dann prügelten sie sich. Wir kennen doch alle die Geschichte. Und Meece Cliff wurde freigesprochen. In diesem Land hilft mir niemand. Und ich bin kein harter Bursche, der allein gegen den …«

Er verstummt und blickt unruhig auf Thor Palance.

»Sprich nur weiter«, sagt dieser ruhig und lässt Clay nicht aus den Augen. »Sprich nur weiter, Vance.«

Aber der schüttelt den Kopf, greift nach der Flasche und füllt sich sein Glas.

»Ich kann nicht kämpfen. Niemand hilft einem gegen …«

Wieder verstummt er, und es ist ganz klar, dass er sich fürchtet, Namen zu nennen.

Thor Palance lächelt blitzend. Er starrt Clay Cloudman herausfordernd an.

Der nickt ihm leicht zu.

»Thor«, sagt er, »wir kennen uns schon lange, nicht wahr?«

»Sicher, Clay. Wir waren noch Jungen, als unsere Väter in dieses Land kamen. Wir kamen aus Nebraska und ihr kamt aus Texas. Unsere Väter kämpften um das Land, das jetzt dir gehört. Mein Vater verlor und nahm mit dem anderen Land vorlieb. Wir waren Jungen und sahen damals zu, wie unsere Väter es austrugen. Ich habe nie vergessen, wie mein Vater damals besiegt wurde. Und er konnte es ebenfalls nicht vergessen.« Er nickt nachdrücklich. »Wir Palances mussten uns mit dem schlechteren Land begnügen, weil dein Vater stärker war als meiner. Aber nun sind sie beide tot. Wir sind an ihre Stelle getreten. Wenn ich damals an meines Vaters Stelle gewesen wäre, nun, ich hätte damals nicht verloren. Ich hätte mich nicht mit der zweiten Wahl begnügen müssen.«

Als er verstummt, nickt Clay Cloudman. »Ich verstehe dich genau«, sagt er. »Und ich habe jetzt lange genug zugesehen, wie du deinen Ehrgeiz befriedigst. Vance hier, der fürchtet sich davor, die Dinge beim Namen zu nennen. All die Kleinen, die allein sind, so wie Fritz Miller und Vance Traven. Aber sie sind nicht mehr allein. Hörst du mich, Vance?«

»Yeah«, sagt dieser und stellt das leere Glas auf den Tisch.

»Du bist nicht mehr allein, Vance«, sagt Clay Cloudman. »Wer dich angreift, der greift auch mich an. So ist es jetzt. Ich werde herausfinden, wer hinter den Viehdieben steht. Ich werde die letzten Beweise finden. Du, Vance, und alle die kleinen Rancher und Siedler, ihr steht jetzt unter meinem Schutz. Hast du mich verstanden, Vance? Oder bist du schon zu betrunken?«

»Mein Kopf ist ganz klar«, murmelt Vance Traven und sieht Thor Palance an. »Du hast es gehört«, sagt er zu diesem. »Clay sieht jetzt nicht mehr länger zu und verlässt sich auf die Stärke des Gesetzes. Jetzt wird es anders. An Clays Seite kann ich kämpfen. Da habe ich wieder Mut. Wir werden die Viehdiebe erwischen, und dann wird es anders sein als bisher. Dann musst du mehr aufbieten als nur Meece Cliff. Ich verkaufe nicht an dich, Thor Palance.«

Der nickt fast gleichmütig. Dann bewegt er sich um den Tisch herum und zur Tür. Vor Clay Cloudman verhält er und sieht ihn an. Der Zwischenraum beträgt nur einen Schritt. Wenn einer von ihnen die Hand ausstrecken würde, könnte er den anderen berühren.

Der Atem von Gefahr weht durch den Raum. Vance Traven beobachtet die beiden großen Männer, und er spürt deutlich, dass sie sich hassen. Doch auch Hass kann sehr verschieden sein.

Thor Palances Hass wurde geboren, als er noch ein Junge war. Damals gehörte dieses Land noch den Indianern. Und sein Vater war in seinen Augen riesengroß und unüberwindlich. Jack Palance kam mit drei Söhnen und zwei Brüdern in dieses Land. Sie hatten zwei Frauen dabei und sie besaßen drei Wagen, einige Dutzend Rinder und zwei Dutzend Pferde.

Sie suchten ein besonders schönes Stück Land, und das fanden sie dann auch.

Aber während sie von Osten her in dieses Land zogen, kam von Süden her Aharon Cloudman mit seiner Sippe herangezogen. Auch er hatte einige Brüder sowie seine Frau und seinen Sohn bei sich. Und er hatte auch die beste Weide und das schönste Land gesucht.

Die beiden Sippen trafen sich dort, wo heute die CC Ranch steht.

Es gab nur einen kurzen Wortwechsel zwischen den beiden Chefs der Sippen. Dann kämpften sie es aus.

Jack Palance wurde von Aharon Cloudman besiegt. Seine Sippe zog dann davon und ließ sich im Osten des weiten Tales nieder.

Beide Sippen kämpften dann viele Jahre darum, sich in diesem Land behaupten zu können. Sie kämpften gegen die Natur, gegen Raubwild und Indianer. Ihre Frauen, Brüder und Söhne starben. Und jetzt sind nur noch Thor Palance und Clay Cloudman übrig.

Es kamen nach und nach andere Leute in dieses Land. Kleine Rancher und Siedler. Die Stadt entstand und wurde zum Knotenpunkt vieler Wege und Pfade.

Und Thor Palance brütete die ganzen Jahre über der Idee, die Niederlage seines Vaters eines Tages durch einen Sieg auszulöschen.

Jetzt will er die Idee ausführen. Er möchte stärker sein als ein Cloudman, und er möchte das Land erobern, das sein Vater nicht bekommen konnte.

Aus diesem Wunsch heraus entstand sein Hass.

Clay Cloudmans Hass ist völlig anders, und vielleicht ist es gar kein Hass, sondern nur ein gerechter Zorn, der eines Tages in jedem rechtlichen Mann entsteht, wenn er lange genug still und abwartend zugesehen hat, wie Unrecht begangen wurde.

Oh, Clay weiß sehr genau, dass alles Unrecht, das in den letzten Jahren begangen wurde, irgendwie von Osten kam und dort in Thor Palances Schutz lebte.

Aber die letzten Beweise fehlen ihm.

Aus diesem gerechten Zorn heraus sagt er jetzt: »Thor, ich warne dich jetzt ernstlich. Seit Jahren ruinieren die Viehdiebstähle die kleinen Ranches. Und die Viehdiebe kommen stets aus dem Osten und verschwinden in einem Land, das von dir kontrolliert wird. Und wenn ein Rancher wieder mal aufgeben muss, dann kaufst du ihn für ein Spottgeld auf. Du schiebst deine Grenzen jedes Jahr ein Stück weiter vor. Du bist der Nutznießer der Viehdiebstähle, die immer wieder einen der kleinen Leute ruinieren.«

»Was ist daran falsch?«, fragt Thor Palance sanft. »Die Rustler lassen meine Herden zufrieden und schädigen mich nicht. Warum soll ich dann gegen sie kämpfen und meine Reiter totschießen lassen? Ich halte Frieden mit ihnen. Und ich bin kein Wohltäter, der für andere Männer kämpft. Sicher, ich kaufe die ruinierten Ranches. Warum sollte ich nicht? Ich habe auch hier einen fairen Preis geboten, nicht wahr? Aber hütet euch, mich einen Viehdieb zu nennen! Das ist eine Warnung!«

Er sieht Clay fest und scharf an.

Der nickt wieder leicht.

»Eines Tages«, sagt er, »werde ich den Viehdieben folgen. Und ich bin nicht Fritz Miller oder einer der anderen kleinen Burschen. Ich werde den Rustlern folgen, und wenn ich dabei über deine Ranch reiten müsste.«

»Versuch es nur«, sagt Thor Palance trocken. »Versuche es nur, großer Mann.«

»Und wenn ich herausfinden sollte, dass du die Rustler beschützt oder vielleicht sogar mit ihnen Geschäfte machst, Thor Palance, dann werde ich dich zertreten.«

»Du wirst Feuer spucken und mit Blitzen um dich werfen. Du bist eine Art Gott, nicht wahr?«

Mit diesen Worten wendet sich Thor Palance ab und geht zur Tür. Dort wendet er sich noch einmal in den Raum zurück.

»Ich bin stärker, stärker als ihr alle. Die Gerichtsverhandlung war nur eine kleine Kraftprobe. Clay, wenn du auf mich losgehen willst – nun, ich warte nur darauf. Aber vielleicht warte ich nicht mehr zu lange. Die kleinen Burschen habe ich bald alle zum Teufel gejagt. Dann bist du an der Reihe.«

Nach diesen Worten reißt er die Tür auf und geht hinaus.

Meece Cliff richtet sich gerade vom Boden auf. Thor Palance tritt zu ihm, greift ihn am Arm und zieht ihn zu den Pferden mit.

»Na, du Narr«, knurrt er dabei, »hast du jetzt herausgefunden, dass du nicht groß genug für Clay Cloudman bist? Den kann nur ich schlagen. Und dieser Tag wird bald kommen. In den Sattel mit dir, Meece!«

Der Vormann gehorcht knurrend und noch sehr benommen.

Als sie davonreiten, kommt Jeff Bart in den Hof galoppiert. Er kann sein Pferd nur mühsam zur Seite reißen.

Thor Palance erkennt Clays Vormann, beugt sich aus dem Sattel und schlägt Jeff Bart mit einem wilden Hieb vom Pferd.

Clay kommt über den Hof gelaufen und ruft: »Einen Moment, Thor! Einen Moment! Steig ab! Herunter vom Pferd, Thor Palance! Wir können es jetzt gleich austragen!«

Aber Palance lacht nur laut. Er reitet mit seinem Vormann in die Nacht, und ihre Pferde sind ausgeruht.

Jeff Bart kommt fluchend auf die Beine. Er taumelt zuerst, aber dann wird sein Schritt wieder sicherer. Als er in den Lichtschein tritt und vor Clay verhält, erkennt dieser die Anschwellung an Jeffs Schläfe.

Der Vormann sagt: »Ich war unvorsichtig, Clay. Meinetwegen brauchst du nicht mit ihm zu kämpfen.«

»Nein, nicht deinetwegen«, murmelt Clay und wendet sich zu Vance Traven um.

»Vance«, sagt er, »wenn du verkaufen willst, dann verkaufe an mich. Und wenn die ganze Sache vorbei ist, kannst du deine Ranch zum selben Preis wieder zurückbekommen. Dann hast du überhaupt kein Risiko.«

»Ich halte jetzt aus«, krächzt Vance Traven. »Ich halte jetzt schon durch, da ich weiß, dass du nun nicht mehr länger zusiehst, wie er uns kleine Burschen der Reihe nach fertig macht. Wir waren bisher sehr enttäuscht von dir. Viele dachten schon, du hättest Angst.«

Clay erwidert nichts. Er geht zu seinem Pferd. Als er aufsitzt, ist auch Jeff Bart wieder beritten. Der Vormann reitet dicht an die Veranda heran und starrt zu Vance hoch.

Plötzlich sagt er schwer: »Wenn alles vorbei ist, wird deine Schwester sicherlich einen guten Mann bekommen, der die Ranch leiten kann. Dann wird diese Ranch wieder Gewinn abwerfen, und du kannst im Osten dein Studium beenden. Halte nur durch, Vance.«

Nach diesen Worten folgt Jeff Bart seinem Rancher.

Vance Traven starrt ihm nach.

Und er fragt sich, wen seine Schwester wohl zum Mann bekommen wird – Jeff Bart oder Clay Cloudman? Einer von diesen beiden muss es sein. Das ist sicher für Vance.

☆☆☆

Als Clay vor seinem Ranchhaus aus dem Sattel springt, kommt Fee Traven die Treppe herunter. Sie stößt einen befreiten und glücklichen Ruf aus.

Clay wendet sich zu ihr, und plötzlich liegt sie in seinen Armen, stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn heftig. Dann drückt sie ihr Gesicht gegen seine Brust und flüstert: »Clay, Clay, ich hatte Furcht! Und Schneeball ließ mich nicht von der Ranch reiten. Er ließ mich nicht fort, und ich musste hier warten und hatte Angst.«

Jeff Bart, der noch bei den Pferden steht und diese zum Corral führen wollte, hat alles mit angesehen. Er bewegt sich nicht. Er starrt nur auf die beiden eng beisammen stehenden Gestalten.

Und dann hört er Clay sagen: »Du brauchst dich nicht zu fürchten, Mädel. Es ist alles in Ordnung. Vance verkauft nicht an Palance.«

Er streicht ihr übers Haar und will sich dann von ihr freimachen. Aber sie hält sich fest und sagt fast schrill: »Nun habt ihr euch wohl den Krieg erklärt, du und Thor Palance? Clay, ich fühle mich nur in deiner Nähe sicher und geborgen, denn ich fürchte mich vor Meece Cliff. Ich fürchte ihn mehr als den Tod. Einmal hat er mich beobachtet, wie ich im See badete. Und seitdem fürchte ich mich, wenn er in meine Nähe kommt und mich anstarrt. Manchmal erscheint mir dieser Steinzeitmensch Meece Cliff in meinen Träumen und …«

»Du brauchst keine Furcht zu haben«, sagt er nachdrücklich und macht sich frei.

»Vance wollte fortreiten und die Nachbarn besuchen. Allein kannst du auf eurer Ranch natürlich nicht bleiben. Jeff, bring sie zu Marthe Miller!«

»Warum ich?«, fragt Jeff Bart heiser und geht mit den müden Pferden davon. »Ich sattle ein frisches Pferd für dich«, ruft er über die Schulter.

Das Mädchen geht zu ihrer Stute, sitzt auf und reitet aus dem Hof.

»Ich brauche keinen von euch Narren!«, ruft sie wild, und ihre Stimme klingt so zornig wie damals, als Clay ihr Kandis anbot, obwohl sie sich schon erwachsen fühlte und wild wurde, weil er sie immer noch für ein kleines Mädchen hielt.

Clay flucht unterdrückt und geht Jeff Bart nach, der mit den beiden Pferden angehalten hat. Er schwingt sich in den Sattel und knurrt scharf: »Was ist mit dir, Jeff?«

»Sie hat dich geküsst, nicht wahr? Sie liebt dich. Und deshalb steht es dir zu, sie zu begleiten.«

Clay reißt das müde Tier herum und reitet fluchend davon. Er begreift Jeff Barts große Enttäuschung, denn er hat schon lange geahnt, dass Jeff für Fee eine ganze Menge empfindet.

Die Nacht ist nicht sehr hell, aber als Clay nach einer Weile anhält, hört er Fees Hufschlag. Er reitet in dieser Richtung weiter, aber er kann das Mädchen nicht einholen.

Bald begreift er, dass Fee doch zu Marthe Miller unterwegs ist. Auf einem Hügelkamm hält er an und späht in die weite Senke nieder. Dort unten brennt das einsame Licht in Marthe Millers Haus. Später fällt dann ein Lichtstreifen aus der geöffneten Tür. Clay erkennt Fee und Marthe. Sie bringen beide gemeinsam Fees Tier in den Stall.

Clay ist beruhigt und reitet langsam zu seiner Ranch zurück.

☆☆☆

Gegen Mittag des nächsten Tages kommt Vance Traven in den Ranchhof geritten. Er und sein Pferd sind mit Staub bedeckt und vollkommen erschöpft. Er muss die letzten zwölf Stunden ständig geritten sein. Er stellt sein Tier an den Tränketrog, holt sich selbst einen Eimer aus dem Brunnen und steckt den Kopf hinein. Er trocknet sich mit seinem Halstuch ab und kommt steifbeinig auf die Veranda.

Clay liegt bequem in seinem Schaukelstuhl, raucht eine Zigarre und beobachtet ihn. Vance Traven setzt sich seufzend auf die Bank, streckt seine Beine vor sich und holt sein Rauchzeug hervor.

»Es ist zu spät«, murmelt er.

Jeff Bart kommt von den Corrals herüber, setzt sich auf die oberste Stufe der Verandatreppe und lehnt sich gegen den Pfosten des Geländers. Er sagt nichts.

Auch Clay sagt nichts.

Aber Vance Traven wiederholt seine Worte nun noch bitterer: »Es ist zu spät.«

»Was ist zu spät?«, fragt Clay endlich.

Vance macht eine müde Handbewegung. »Ich war überall«, sagt er. »Ich war bei den Greens, bei den Waynes und bei den Delmers, O’Haras und Blaines. Sie ziehen ab und verlassen das Land. Die Drakes und die Kilrains waren schon fort. Sie ziehen alle ab und nehmen ihre kümmerliche Habe mit. Oh, ich habe geredet wie ein Reisender, der Patentmedizin verkaufen möchte. Ich habe ihnen klarmachen wollen, dass du nun endlich nicht mehr untätig zusehen willst. Aber sie hörten mir kaum zu. Ihnen allen saß die Furcht in den Knochen, die richtige, heiße, starke Furcht. Nur Mike O’Hara nahm sich die Zeit, mir ausführlich zu antworten.«

»Und was sagte Mike O’Hara?«, fragt Clay ruhig.

»Er sagte, dass es zu spät wäre. Du hättest dich zu spät besonnen, und überhaupt nur deshalb, weil du endlich gemerkt hättest, dass es dir eines Tages selbst an den Kragen gehen würde. Sie ziehen ab, weil es keinen Schutz und keine Sicherheit mehr für die Kleinen hier im Land gibt. Meece Cliffs Freispruch war der Beweis.«

»Sollte ich vielleicht vor dem Gerichtsgebäude warten und Meece Cliff abknallen?«, fragt Clay zornig. Aber dann bezwingt er seinen Zorn und beginnt nachzudenken.

Oh, er versteht das alles gut. All die Familien und Sippen, die Vance Traven soeben aufzählte, sind sogenannte Nester, also Heimstättensiedler, die sich den Besitztitel erst ersitzen müssen.

Aber nun gehen sie fort und geben das Land wieder frei. Sie verzichten darauf, sich hier ihre Besitzteile zu ersitzen. Es ist ihnen zu gefährlich.

Sie sind keine Kämpfer wie die Rinderleute. Sie kämpfen nicht mit der Waffe. Aber sie sind dennoch Kämpfer, denn sie kämpften viele Jahre gegen die tausend Schwierigkeiten, die jeder Arme in diesem Lande hat.

Es gibt ein Sprichwort für diese Heimstätter. Und es heißt:

Für die Eltern Not und Tod.

Für die Kinder trocken Brot.

Erst die Enkel leiden keine Not.

Clay Cloudman nickt in Gedanken. Er kann verstehen, warum die Leute aufgeben. Die Erkenntnis, dass es in diesem Land nicht den Schutz des Rechts und des Gesetzes für sie gibt, muss sie mächtig niedergeschmettert haben. Und sicherlich hat Thor Palance ihnen gedroht und ihnen klargemacht, was ihnen alles noch geschehen könnte, wenn sie nicht die Weide räumen. Einige von ihnen haben auch mit einer Rinderzucht begonnen wie Fritz Miller und Vance Traven. Und alle haben ihre Rinder verloren.

Jetzt geben sie auf und ziehen fort. Die Gerichtsverhandlung hat ihre letzten Hoffnungen zerstört.

Clay murmelt: »Ich kann sie verstehen. Nun, ich habe nicht auf sie gezählt. Sie waren für mich immer Nullen, genauso wie diese Nullen in der Stadt.«

Jeff Bart hebt den Kopf und sagt: »Wenn eine Eins vor den Nullen steht und diese Nullen anführt, sind es keine wirklichen Nullen mehr. Dann machen sie eine Eins ziemlich groß und bedeutend. Mit der Eins zusammen sind sie dann eine große Zahl, die Gewicht hat und etwas gilt. Unterschätze die Nullen nur nicht, Clay.«

Der gibt keine Antwort. Er sieht Vance an und sagt: »Was wirst du tun?«

»Ich halte durch«, sagt Vance ruhig. »Ken Douglas, Sam Rileh und John Clanton halten ebenfalls durch. Aber sie haben keine Reiter mehr. Ihre Cowboys haben ihnen gekündigt.«

Wieder nickt Clay. Die drei Namen, die Vance nun genannt hat, sind die Namen dreier kleiner Rancher, die von den Viehdieben so gut wie ruiniert wurden. Aber es sind richtige Rinderleute, die eigene Weide besitzen.

»Was werden wir tun?«, fragt Vance plötzlich.

Auch Jeff Bart blickt Clay an.

Der betrachtet die Asche seiner Zigarre und murmelt gedehnt: »Es dauert noch etwas. Ich sitze hier und warte. Vance, du solltest nicht auf deiner Ranch bleiben. Bleib lieber hier und warte ab. Fee ist bei Marthe Miller. Du solltest wirklich nicht allein auf deiner Ranch bleiben.«

Der junge Mann starrt eine Weile ins Leere. Einmal schluckt er hart.

»Doch, ich bleibe auf meiner Ranch. Wir Travens waren immer Rinderleute und Reiter. Wir waren nie Ackerknechte und Schollenbrecher, die sich fürchteten. Es ist meine Ranch, und ich habe ein Recht darauf, dort zu leben. Auch ich will stark sein.«

Er bewegt grüßend die Hand und geht davon. Er sitzt auf und reitet aus dem Hof.

Jeff Bart beobachtet seinen Boss.

»Ich hielt ihn bisher immer für eine Null, die nur hinter einer Eins etwas taugt«, murmelt er.

»Ein Mann trifft irgendwann mal die Entscheidung, ob er ein Mann bleiben will«, murmelt Clay. »Vance hat diese Entscheidung jetzt getroffen.«

Jeff Bart erhebt sich.

»Clay«, sagt er, »ich bin nur der Erste deiner Cowboys. Du bist der Boss und Rancher. Aber manchmal habe ich gedacht, dass wir so etwas wie Freunde wären.«

Clay betrachtet seinen Vormann sehr ruhig.

»Und ich dachte immer«, murmelt er, »du wolltest nur Vormann sein und brauchtest keine Freundschaft. Und vielleicht ist das richtig so, denn ein Vormann kann zu jeder Zeit kündigen. Ein Freund aber muss aushalten bis in die Hölle.«

Jeff Bart zuckt leicht zusammen. Sein Gesicht rötet sich.

»Sei nur nicht zu stolz«, sagt er rau, wendet sich ab und will fortgehen.

Aber Clay erhebt sich schnell. »Jeff«, sagt er. »Jeff, vergiss es! Ich mag dich. Aber jetzt nehme ich keine Freundschaft an, jetzt nicht!«