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G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!
Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2476 bis 2478:
Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 192 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 465
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Cover
Copyright
Contents
G. F. Unger Western-Bestseller 2476
Hartes Geld
G. F. Unger Western-Bestseller 2477
Die Traumweide
G. F. Unger Western-Bestseller 2478
Longhorn Queen
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Contents
Hartes Geld
Als Dan Shane die Wasserscheide des Passes hinter sich gelassen hat, kommt er bald zu jenem Punkt, von dem aus er über das weite Grass Valley blicken kann. Nach langen Jahren sieht er seine alte Heimat wieder. Dan Shane ist ein großer Mann. Er ist von jener hageren Sorte, die starke Knochen, lange Muskeln und eine außergewöhnliche Zähigkeit und Härte besitzt.
Und er ist ein Revolvermann!
Die tiefen dunklen Linien in seinem etwas unregelmäßigen Gesicht erzählen von langen Ritten und Fährten, von einem harten Leben, von Kämpfen und entschlossener Härte.
Dan Shane raucht langsam eine Zigarette. Sein Blick schweift nachdenklich und träumerisch über das Tal. Dann drückt er den Stummel am Sattelhorn aus und macht eine leichte Bewegung im Sattel.
»Weiter, Black Jack«, sagt er zu seinem riesigen Rappwallach. Und dann reitet er auf Silver Falls zu.
Es ist der 3. April 1869.
Dieser Tag ist in der Legende genau überliefert, denn es war Dan Shanes achtundzwanzigster Geburtstag …
Zwei Meilen vor der Stadt trifft er auf einen Reiter, der bei seinem Anblick das Pferd verhält und ihn anstarrt. Dieser Reiter ist Mitch Fisher. Er beginnt auf eine kalte Art zu grinsen und sagt: »Da kommt also der große Tiger wieder heim. Herzlich willkommen, Dan Shane! Wir haben viel von dir gehört. Sie halten dich hier alle für einen Wundermann. Nur ich nicht! Ich bin der Meinung, dass du bisher immer nur eine Menge Glück hattest und noch nicht auf einen wirklich großen Mann gestoßen bist. Aber immerhin, herzlich willkommen in der alten Heimat!«
Mitch Fisher grinst wieder.
Dan sieht ihn ruhig und fest an. Langsam sagt er: »Wir konnten uns nie leiden, Mitch, nicht wahr? Daran hat sich bei mir bis heute nichts geändert. Geh mir aus dem Weg, Mister!«
Er setzt sein Pferd wieder in Bewegung, und da der Reitweg ziemlich schmal ist, muss einer der beiden Reiter dem anderen Platz machen. Dan Shane reitet genau auf Mitch Fisher los und starrt ihn an.
Dieser drängt mit einem Fluch sein Pferd zur Seite, und als Dan neben ihm ist, zischt er ihm zu: »Nur nicht so stolz, großer Mann! Wir ziehen hier alle an einem Lassoende!«
Dan Shane reitet ohne Entgegnung weiter und nähert sich der Stadt.
Die ersten Häuser zu beiden Seiten des Ortseingangs kennt er noch sehr genau, dann bemerkt er einige neue Saloons und Tanzhallen.
Dan Shane reitet vor den Lone Star Saloon und bleibt noch einige Sekunden im Sattel sitzen. Er blickt ruhig auf den kleinen Mann nieder, der auf dem Plankensteig steht und an einem kalten Zigarrenstummel kaut.
Es ist Marshal Ward Bridger. Seine Schnurrbartbürste über der Oberlippe ist fast weiß. Er nickt Dan Shane ausdruckslos und nur unmerklich zu und murmelt: »Wenn du dich an diesem Geschäft hier beteiligst, so wirst du dein Geld auf eine ziemlich harte Art verdienen müssen, mein Junge. Es wird hartes Geld sein, auf die raue Art verdient. Und es wird bedeutend schwerer sein als anderes Geld – weil es dein Gewissen belastet wie schwere Mühlsteine. Nun, mein Junge, ich sehe, du bist ein Mann geworden. Und jeder Mann trägt die Verantwortung für seine Entscheidungen selbst.«
Einen Moment bekommt der eisgraue Marshal einen wärmeren und fast väterlichen Ausdruck in seine sonst so harten Augen. Dann hebt er leicht die Hand und geht davon.
Dan Shane sitzt immer noch im Sattel. Er blickt dem alten Kämpfer nach. Ward Bridger wirkt jetzt noch unscheinbarer als vor einigen Jahren. Aber sein Ruf und viele Legenden, die von seinen Kämpfen zu berichten wissen, strafen sein unscheinbares Aussehen Lügen. Er ist ein alter, eisgrau gewordener zäher Puma.
Dan Shane geht in den Saloon.
Chip Duane steht hinter dem langen Schanktisch und nickt ihm zu, als wäre Dan nur einen einzigen Tag fort gewesen.
Er holt eine besondere Flasche unter dem Schanktisch hervor und schenkt zwei Gläser voll. Dann sagt er trocken: »Willkommen, Dan! Deine Eltern werden sich freuen. Yeah, auch dein Vater wird sich freuen. Der alte Mann hat längst bereut, dass er dich damals …«
»Schon gut, Chip«, murmelt Dan Shane und nimmt das Glas. Als sie trinken, sehen sie sich in die Augen. Und Dan erinnert sich daran, dass Chip Duane immer sehr anständig zu ihm war. Und als er das leere Glas absetzt, greift er in die Brusttasche seines Reithemdes und holt einige Geldscheine hervor. Er zählt hundert Dollar ab und legt sie auf den Schanktisch.
»Du hast mir das Geld gegeben, damals, als mein Vater mich zum Teufel jagte«, sagt er. »Es war mir eine große Hilfe, denn es war Winter, und für einen jungen Burschen gab es nirgendwo Arbeit. Vielleicht hat dieses Geld verhindert, dass ich eine Postkutsche ausraubte. Hier hast du es zurück. Ich danke dir, Chip!«
»Ich habe dir das Geld geschenkt«, murmelt dieser. »Ich habe dir nichts davon gesagt, dass du es mir zurückgeben …«
»Nimm es bitte, Chip! Du gabst mir mit den hundert Dollar einen kleinen Halt mit auf den Weg. Dadurch wurde nicht zu einem verlorenen.«
Chip Duane schnauft. Er schenkt die Gläser nochmals voll. Als sie getrunken haben, sagt er: »Dein Bruder ist in der Stadt. Er …«
Chip Duane spricht nicht weiter, denn jemand kommt von der Straße herein. Dan Shane sieht in den großen Spiegel, der hinter dem Schanktisch an der Wand hängt, und erkennt, dass der Eintretende sein Bruder ist.
Er wendet sich langsam um.
Cole Shane ist stämmig, rotblond und so gesund wie ein junger, von Kraft und Zuversicht strotzender Büffelbulle. Zwischen den beiden Brüdern besteht nicht die geringste Ähnlichkeit. Cole grinst breit und ruft: »Willkommen, Bruderherz! Es ist gut, dich zu sehen! Das ist also der berühmte Dan Shane, der schnellste Revolvermann zwischen dem Rio Grande und der Indianergrenze im Norden! Du bist ein prächtiger Tiger geworden, Bruder, das muss ich zugeben. Und es ist gut, dass du sofort gekommen bist! Wir brauchen dich. Diese Stadt braucht dich. Komm, gehen wir zu Ambrose Hammer hinüber!«
Während dieses Wortschwalls tritt er zu Dan heran und streckt diesem beide Hände entgegen. Er ist zwei Jahre jünger als Dan, aber er wird schon etwas fleischig. In zehn Jahren wird er ein fetter Mann sein. Sein Atem riecht nach Whisky. Eine starke Erregung färbt seine Wangen dunkel.
Dan Shane weiß, dass sein Vater auf Cole große Hoffnungen setzte, nachdem er ihn, seinen ältesten Sohn, damals davonjagte. Und während er Coles Händedruck erwidert und dabei fest in die Augen des Bruders blickt, fragt er sich, ob Cole die Hoffnungen des Vaters erfüllt hat.
Cole lässt ihn nicht zu Wort kommen. Er hakt Dan unter und führt ihn zur Tür.
»Ambrose Hammer wird sich freuen«, sagt er. »Wir alle haben sehnsüchtig auf dich gewartet und hatten große Sorge, dass die ersten Treibherden hier eintreffen, bevor du heimgekommen bist. Ambrose wird sich mächtig freuen!«
Sie überqueren den Fahrdamm.
Hier steht ein stattliches Haus. Neben der Tür ist ein Schild befestigt. Darauf steht: Silver Falls Company, Verpachtung von Wasser-, Weide- und anderen Nutzrechten. Agent: Ambrose Hammer.
Die beiden Brüder bleiben vor dem Schild stehen. Dan Shane liest die Worte bedächtig, Cole kichert, schlägt ihm kräftig auf die Schulter und sagt frohlockend: »Das wird ein Geschäft, nicht wahr? Das wird ein Geschäft! Wir werden alle reiche Leute!«
Er klopft Dan Shane wieder auf die Schulter. Dann öffnet er die Tür und ruft ins Haus: »Achtung, Ambrose! Jetzt bringe ich den berühmten Dan Shane!«
Er hält die Tür auf. Dan tritt langsam ein.
Der erste Raum ist als Büro eingerichtet, doch die beiden Schreibtische sind noch nicht mit Schreibern besetzt. In der Tür, die zu einem zweiten Zimmer führt, erscheint Ambrose Hammer. Er tritt Dan Shane mit ausgestreckten Händen entgegen. Unter seinem strichfeinen Bärtchen blitzen starke weiße Zähne. Sein hübsches, dunkles Gesicht ist in den letzten Jahren markanter geworden. Er ist fast so groß wie Dan und vielleicht noch zehn Pfund schwerer als dieser. Er wirkt wie ein Boss, der das Heft fest in der Hand hält und daran gewöhnt ist, anderen Menschen Befehle zu erteilen. Er trägt einen teuren Anzug und ein weißes Hemd mit einer seidenen Krawatte. Sein Haar ist rabenschwarz und gelockt. Zu seiner städtischen Kleidung trägt er jedoch Reitstiefel mit Sporen, und als sich seine Jacke bei einer Bewegung etwas mehr öffnet, erkennt Dan den Lederriemen eines Schulterholsters.
Er zögert unmerklich, bevor er Ambrose Hammers Rechte drückt. Ambrose Hammer hat sich in den letzten Jahren verändert. Hammer ist zwei Jahre älter als er. Damals war er ein wilder Bursche, der ständig mit sehr zweifelhaftem Gelichter im Land umherritt und immer die Taschen voller Geld hatte, dessen Herkunft fragwürdig war.
Als der Krieg ausbrach, verschwand Ambrose Hammer aus dem Land. Dan Shane machte den Bürgerkrieg als Angehöriger der Südstaatenarmee mit. Von Ambrose Hammer aber hörte er, dass dieser sich der Guerillatruppe des berüchtigten Quantrill angeschlossen hatte. Diese Truppe war in Wirklichkeit nichts anderes als eine rücksichtslose Banditen- und Mordbande, die unter einer schwarzen Flagge kämpfte.
Jetzt scheint Ambrose Hammer hier in Silver Falls der große Mann zu sein.
»Gehen wir in mein Büro«, sagt er mit etwas übertriebener Herzlichkeit. »Besprechen wir alles bei einem Glas Whisky!«
Er lässt Dan und Cole Shane den Vortritt, schließt die Tür und tritt an den Tisch, um dort drei Gläser zu füllen.
»Setzt euch und macht es euch bequem. In der Kiste sind Zigarren«, sagt er.
Dan hockt sich rittlings auf einen Stuhl, legt die Arme über die hohe Lehne und kommt zu der Erkenntnis, dass Hammer ihm jetzt nicht besser gefällt als vor Jahren.
»Für mich keinen Whisky, Ambrose«, sagt er. »Ich habe schon im Saloon getrunken, und ich habe gestern Abend zum letzten Mal etwas gegessen. Vielleicht macht ihr es kurz und bündig. Cole hat mir einen Brief geschrieben, der mich zufällig erreichte. In diesem Brief stand, dass ich heimkommen solle, weil es hier Geld zu verdienen gäbe und meine Mutter mich vor ihrem Tod noch einmal sehen möchte. Nun, jetzt bin ich hier. Und es sieht so aus, als wolltet ihr etwas von mir. Macht es kurz!«
Er blickt erst Ambrose Hammer und dann seinen Bruder fest an. Und er sieht deutlich, wie sein Bruder mühsam schluckt, als hätte er eine trockene Kehle. Cole holt sich sein Whiskyglas vom Tisch und leert es hastig.
Hammer sagt: »Wir brauchen dich, Dan. Zum Wohl der Stadt und unseres Countys brauchen wir dich. Cole wird es dir erklären.« Nach diesen Worten setzt sich Ambrose Hammer hinter seinen Schreibtisch.
Dan Shane aber schaut den Bruder Cole seltsam an. Als er sieht, dass Cole sich ein drittes Glas einschenken will, sagt er knapp: »Hör auf damit, Cole! Der Whisky macht es nicht leichter.«
Cole zuckt zusammen. Er brummt: »Ich weiß genau, wie viel ich vertragen kann und was mir schadet. Aber gut: Ich will dir alles sehr schnell klarmachen. Pass auf! Wir haben hier ein prächtiges Tal, nicht wahr? Auf tausend Meilen in der Runde gibt es hier das beste Gras. Und Wasser haben wir ebenfalls genug. Der Chisholm Trail führt durch unser Tal, und alle Rinder, die über den Pass kommen, haben endlose Meilen wasserlose Wüste hinter sich und sind am Ende ihrer Kräfte. Im vergangenen Jahr haben wir es erlebt. Jede Herde, die über den Pass kam, legte hier einige Tage Rast ein, damit sich die Rinder erholen konnten. Man konnte richtig sehen, wie die Tiere jeden Tag einige Pfund zunahmen und wieder kräftig wurden. Alle Herden fraßen unser gutes Gras. Aber sie zahlten nichts dafür. Und das soll anders werden.«
Er verstummt und sieht Dan vorsichtig an.
Der aber betrachtet Ambrose Hammer.
»Dieser Plan stammt von dir, nicht wahr, Ambrose?«, fragt er.
»Sicher.« Hammer nickt. »Die Herden sollen ihr Futter bezahlen. Es werden dieses Jahr mehr als hunderttausend Rinder durch dieses Tal nach Norden ziehen und sich hier vollfressen. Die Herdenbosse sollen für jedes Tier Futter- und Wassergeld zahlen. Und dieses Geld kommt der Stadt und dem ganzen County zugute. Das bringt mehr ein als Rinderzucht und die Felder der Heimstättensiedler.«
Dan nickt. »Das glaube ich gern. Es gab früher hier ein halbes Dutzend Ranches und mehr als zwei Dutzend Siedlerstätten, auf denen ganze Sippen lebten. Wo sind die Leute geblieben?«
Ambrose Hammer lächelt und zuckt mit den breiten Schultern.
»Nach dem Krieg wurde vieles anders«, murmelt er. »Es gab schlimme Banditenbanden hier. Den Heimstättensiedlern wurde das Land zu rau. Viele zogen fort. Einige kaufte ich auf. Und auch die kleinen Rancher verkauften an mich. Es gibt nur noch eine kleine Ranch hier im Tal, Dan. Es ist die Ranch deiner Eltern. Obwohl auch sie stark verschuldet ist, besteht sie noch – denn ich habe alle Schuldscheine aufgekauft, sodass deine Eltern sicher vor Gläubigern sind. Da Cole mein Freund ist – und auch du hoffentlich mein Freund sein wirst, werde ich diese Schuldscheine nie präsentieren. Deine Eltern können auf ihrer Ranch in aller Ruhe und in Frieden ihr Leben beschließen. Eines Tages wird eine neue Zeit kommen. Es werden überall Eisenbahnlinien gebaut. Es wird andere Treibherdenstädte geben. Schon nach wenigen Jahren wird der Chisholm Trail für die Rinderleute in Texas nicht mehr wichtig sein. Dann ziehen keine Herden mehr durch unser Tal. Aber bis dahin werden wir und diese Stadt reich sein. Dann können wir damit beginnen, uns das Tal auf andere Weise nutzbar zu machen. Dann ziehen wir eine erstklassige Rinderzucht auf und …«
»… und wozu brauchst du mich?«, unterbricht ihn Dan Shane trocken.
»Weil wir mit jeder wilden Treibherdenmannschaft kämpfen müssen.« Ambrose Hammer grinst und schlägt die Faust auf den Tisch. »Du weißt das genauso gut wie ich«, fährt er fort. »Diese wilden Texasmänner werden das Futter in diesem Tal nehmen – aber nicht bezahlen wollen. Wir werden am Anfang mit fast jeder Herdenmannschaft kämpfen müssen, bis es sich herumgesprochen hat, dass wir ziemlich rau und nicht zu schlagen sind. Und für diese Kämpfe brauche ich dich, Dan. Du sollst der Reitboss unserer Kampfmannschaft sein. Dein Name als Revolvermann ist überall bekannt. Du bist gefürchtet. Und du hast …«
»Schon gut«, unterbricht ihn Dan Shane bitter, »ich weiß schon selbst, dass ich ein berüchtigter Revolvermann bin.«
»Ein berühmter!«, verbessert Ambrose Hammer. »Du hast bisher immer nur für eine gute Sache gekämpft. Dein Name hat keinen anrüchigen Klang. Und auch unsere Sache ist gut, denn wir haben hier ein großes Geschäft, und die Stadt und das ganze Land haben Nutzen davon. Du musst uns führen. Schon allein dein Name wirkt mehr als ein Dutzend Gewehrschüsse, die ins Schwarze treffen. Jeder Treibherdenboss wird es sich überlegen, hier mit einer Mannschaft anzubinden, die von Dan Shane geführt wird. Und jede Herde wird dann ihren Zoll zahlen.«
Dan Shane denkt nach. Ihm fallen die Worte ein, die der alte Marshal zu ihm sprach und er wiederholt sie.
»Es wird hartes Geld sein«, murmelt er, »hart verdient und schwer auf dem Gewissen liegen. Es muss durch Blutvergießen und Gewalt verdient werden. Ambrose, ich glaube nicht, dass ich für diese Sache reite.«
»Fürchtest du dich vor rauen Kämpfen?«, ruft Cole und springt auf.
»Ich fürchte mich vor der Verantwortung, die ihr mir aufladen wollt«, antwortet Dan und erhebt sich.
Auch Ambrose Hammer erhebt sich.
»All right«, sagt er, »du zögerst noch. Aber du wirst es dir überlegen. Ich biete dir Freundschaft und Partnerschaft an. Wir drei als Partner könnten schnell groß, reich und mächtig werden. Überleg es dir nur richtig, Dan. Denn wer nicht für mich ist, den betrachte ich als meinen Feind.«
Dan Shanes Augen werden schmal.
»Ich drohe selten«, sagt Ambrose Hammer ruhig. »Aber eines solltest du wissen, Dan: Ich bin nicht so berühmt wie du. Aber ich bin sicher, dass ich dich töten könnte, wenn du mein Feind wärst. Es wäre wirklich besser für uns beide – und für deine Eltern – wenn wir Partner würden.«
»Also doch eine Drohung«, sagt Dan kühl. »Die Ranch meiner Eltern ist verschuldet, und du besitzt diese Schuldscheine. Du würdest die alten Leute von der Ranch jagen, wenn wir Feinde würden?«
»Cole ist immer noch mein Freund«, sagt Ambrose Hammer. »Ihm zuliebe würde ich den blinden Mann nicht von seiner Ranch …«
»Blind?«, ruft Dan Shane erschrocken.
Eine Stille entsteht, in der man nur die Atemzüge der Männer hört. Dann sagt Cole: »Yeah, Dan, unser Vater ist blind. Seit einem Jahr. Er schoss einen Puma vom Baum, und als er hinging, um dem Biest die Ohrspitzen abzuschneiden, schlug es noch einmal mit der Tatze zu – mitten in Dads Gesicht. Wir brachten ihn nach Dallas. Während der langen Reise und auch dort in der Stadt sprach er kein einziges Wort. Er kam in die Behandlung erstklassiger Ärzte. Es kostete viel Geld. Aber sie konnten seine Augen nicht mehr retten. Der Prankenhieb war zu schlimm. Auf dem rechten Auge sieht er noch so viel, dass er unterscheiden kann, ob es Tag oder Nacht ist.«
»Und die Ranch ist verschuldet, weil die Ärzte so teuer waren?«, fragt Dan.
Cole Shane sagt gepresst: »Nicht nur, weil die Ärzte so teuer waren. Ich hatte Pech beim Pokerspiel. Aber bald werden wir eine Menge Geld verdienen, und dann zahle ich alles …«
»Ich werde euch die Schuldscheine schenken«, sagt Ambrose Hammer schnell dazwischen. Er wendet sich um, tritt zu seinem Geldschrank, öffnet ihn hastig und holt nach kurzer Suche ein Bündel Papiere heraus. Er wirft es auf den Tisch und sagt: »Freunde sollten untereinander keine Schulden haben. Cole, nimm ein Zündholz und verbrenn das Zeug!«
Cole zuckt zusammen. Er bringt blitzschnell ein Zündholz aus der Westentasche zum Vorschein.
Aber als er es anreiben will, legt ihm Dan die Hand auf den Arm.
»Nein«, sagt er, »Schulden werden immer beglichen – auch unter Freunden. Aber damit meine ich nicht, Ambrose, dass ich dein Freund bin. Ich werde das Geld beschaffen.«
»Du kannst es nur verdienen, wenn du mit uns zusammenarbeitest«, sagt Ambrose Hammer. »Auf tausend Meilen in der Runde kannst du nicht eine solche Menge Geld verdienen. Aber du brauchst es ja auch nicht!«
Er holt nun selbst ein Zündholz hervor, nimmt die Papiere und zündet sie an.
Dann sagt er hart: »Besuch deine Eltern, Dan. Und morgen will ich wissen, ob du als Reitboss unsere Mannschaft führst.«
☆☆☆
Als sie um die Waldzunge reiten, die aus der Bergfalte ins Tal vorstößt, sehen sie die kleine Ranch vor sich liegen. Sie sind den ganzen Weg schweigsam geritten – und es ist nicht jene Verbundenheit zwischen ihnen, die doch eigentlich zwischen Brüdern sein sollte.
Aber jetzt hält Cole Shane plötzlich an.
»Bringen wir das in Ordnung«, sagt er. »Du bist zornig auf mich, weil ich durch Unglück im Spiel die Schulden der Ranch noch vergrößert habe. Vielleicht passt es dir auch nicht, dass ich mit Ambrose Hammer befreundet bin. Zum Teufel, er wird noch einmal ein sehr großer, wichtiger Mann im Land sein. Mit ihm und in seinem Fahrwasser werde auch ich groß. Auf was bist du eigentlich so stolz? Bist du vielleicht besser als ich oder Ambrose Hammer? Und was weißt du von meinem Leben hier? Als Dad dich zum Teufel gejagt hat, weil du immer lieber auf der Jagd warst als auf der Ranch, war ich seine ganze Hoffnung. In mir sah er seinen Nachfolger. Er zwang mich zu harter Arbeit, für die ich nicht einmal Lohn bekam. Er war streng und unnachsichtig. Es war für mich ein Hundeleben. Als er dann einmal lange Zeit krank war, weil ein Pferd sich auf ihm wälzte, wurde ich frei. Ja, ich ließ mir von ihm nichts mehr sagen. Und während des Krieges ritt ich mit einer schlimmen Bande. Das wurde auch nach dem Krieg nicht anders – bis ich endlich an Ambrose Hammer einen Halt fand. Und mit ihm werde ich aufsteigen und ein großer Bursche werden. Jetzt weißt du alles! Und zum Teufel mit dir, Bruder, wenn du dich für besser hältst! Schuldig an uns ist unser Vater. Er war zu hart und unnachsichtig. Er war für uns immer wie ein Fremder, der uns Befehle erteilte und uns wie Hunde an der Kette hielt.«
Er will sein Pferd antreiben, aber Dan hält ihn zurück.
»Warte noch«, sagt er knapp und reitet dicht neben ihn, sodass sich ihre Steigbügel berühren. »Es stimmt schon«, sagt er heiser. »Ich war früher ein wilder Junge, der sich gegen den Zwang auflehnte und von seinem Vater vielleicht nicht richtig angefasst wurde. Prügel nützten bei mir nichts, sondern machten mich noch schlimmer. Vielleicht fehlte mir die Freundschaft unseres Vaters. Aber als ich dann als Satteltramp durchs Land ritt und überall vom Leben meine Lektionen bekam – nun, ich wäre manchmal gern zurückgekehrt und hätte mich der Härte meines Vaters gebeugt. Mir gefällt Ambrose Hammer nicht. Ich traue ihm nicht. Und ich wette, er hat dieses Tal und die Stadt auf eine ziemlich raue Art unter seine Kontrolle gebracht.«
»Yeah, das hat er«, erwidert Cole spöttisch. »Er hat die Art jener Männer an sich, die eines Tages groß und mächtig werden. Und ich folge ihm bis in die Hölle, wenn es sein muss.«
☆☆☆
Je näher Dan der kleinen Ranch kommt, umso besser kann er erkennen, wie sehr alles reparaturbedürftig ist. Alles sieht verwahrlost aus. Die Dächer müssten ausgebessert werden. Die Corralzäune sind arg beschädigt. Er sieht noch viele andere Dinge, die für ihn ganz klare Zeichen dafür sind, dass diese Ranch verkommt. Früher war es eine mustergültige Ranch.
Dan fühlt einen bitteren Zorn gegen seinen Bruder in sich aufsteigen. Aber dann fällt ihm wieder ein, dass er ja ebenfalls schuldig ist.
Cole ruft nervös: »Es wird alles wieder aufgebaut, Dan! Sobald ich etwas Geld in die Finger bekomme, lasse ich diese Ranch wieder ordentlich …«
»Schon gut«, unterbricht ihn Dan knapp.
Sie reiten in den Hof, und sie sehen den alten Mann auf der Veranda sitzen. Jack Shane sitzt unbeweglich in einem Lehnstuhl. Er hält den Kopf etwas gesenkt, sodass sein Kinn auf der Brust ruht. Sein Haar ist weiß. Eine schwarze Augenklappe bedeckt sein linkes Auge.
Dan lenkt sein Pferd dicht an die Verandabrüstung und starrt auf den Vater. Er sieht und ahnt, wie ausgebrannt dieser Mann innerlich ist. In Jack Shane sind keine Kraft und keine Hoffnung mehr. Er ist ein ausgehöhlter Mann, der wahrscheinlich nur noch auf den Tod wartet und jeden Tag teilnahmslos in der Sonne sitzt.
Und doch erinnert sich Dan Shane noch deutlich daran, wie der Vater kämpfen konnte und niemals aufgab. Er erinnert sich an die Zeit, da seine Eltern mit einem Planwagen in dieses Land kamen. Er war damals acht Jahre alt. Cole war gerade sechs geworden. Sie waren die ersten Weißen in diesem Land. Als sie ihre Hütte errichtet hatten, kamen Indianer. Der Vater kämpfte wie ein Teufel, und die Mutter und er, Dan, luden die Gewehre.
Sie kämpften zwei Tage und zwei Nächte. Als die Indianerhorde Verstärkung bekam und zum letzten Angriff ansetzte, trat Vater hinaus ins Freie und forderte den Häuptling zum Zweikampf heraus.
Dann sah Dan Shane seinen Vater abermals kämpfen. Es war ein höllischer Kampf, von dem der Junge noch viele Jahre lang fast jede Nacht träumte.
Und er sah den Vater siegen. Er sah den Häuptling am Boden liegen, aber der Vater stach nicht mit dem Messer zu, sondern schenkte dem Roten das Leben.
Seit diesem Tag durften sie unbehelligt im Land leben und wurden von den Indianern nie wieder angegriffen oder belästigt.
So ein Mann war Jack Shane!
Dan hätte ihn geliebt und verehrt, wenn der Vater nur ein einziges Mal den Versuch gemacht hätte, ihm ein Freund zu sein. Aber er war immer nur hart, schroff und kalt.
Der alte Mann hebt plötzlich den Kopf und sagt: »Du bist also heimgekommen, Daniel. Und was du siehst, Junge, das erfreut dich nicht besonders, nicht wahr? Nun, du siehst einen geschlagenen Mann, der Pech mit seinen Söhnen hatte – und der wahrscheinlich selbst daran schuld ist.«
Dan Shane gibt noch keine Antwort. Er möchte sprechen, aber er bringt kein Wort heraus.
Plötzlich öffnet sich die Tür des Ranchhauses. Mary Shane tritt heraus. Sie geht an einem Stock, aber ihre zierliche Gestalt hält sich gerade. Sie sieht Dan einige Sekunden forschend an.
Dann sagt sie sanft: »Daniel, mein Junge.«
Dan spürt plötzlich den warmen Strom, der von ihr ausgeht und ihn trifft. Er fühlt den Hauch ihrer Liebe, und er weiß, dass sie die ganzen Jahre ständig an ihn gedacht und ganz bestimmt auch jeden Tag für ihn gebetet hat.
Er wirft sich aus dem Sattel, springt die drei Stufen zur Veranda, nimmt die Mutter in die Arme, und er spürt, wie zerbrechlich sie ist, wie sie in seinen Armen zittert.
»Junge«, sagt sie mühsam. »Junge, mein großer Junge! Wie schön ist es für mich, dass du endlich heimgekommen bist.«
»Verzeih mir, Mom, bitte, verzeih mir, dass ich fortgeritten bin«, sagt er heiser.
»Junge«, erwidert sie ruhig und fest, »ich habe dir nichts zu verzeihen. Und auch dein Vater hat inzwischen erkennen müssen, dass ein Vater seinem Sohn mehr sein muss als nur ein harter Boss.«
Sie wendet sich Jack Shane zu.
»Stimmt das, Jack?«
Der sagt langsam: »Ich habe meine Söhne auf die gleiche Art erzogen, wie ich erzogen wurde. Vielleicht war das falsch, denn ich habe sie dadurch beide verloren. Der eine wurde ein Revolvermann, und der andere ein Spieler, Weiberheld und Taugenichts. Nun, es ist wohl zu spät, um etwas daran zu ändern.«
Er sagt es nicht klagend, und auch nicht anklagend. Es klingt wie eine nüchterne Feststellung.
Dan erhebt sich, löst sich von seiner Mutter und tritt neben ihn.
»Es wird anders werden«, sagt er. »Ich verspreche dir …«
»Versprich mir nichts, Junge! Versprich mir lieber nichts! Ich weiß ziemlich genau, warum du hergekommen bist. Ein blinder Mann hat gute Ohren und hört viel. Ich werde erfahren, wie du dich entscheidest. Und ich wünsche dir von Herzen die Kraft und die Einsicht, dich stets richtig zu entscheiden. Ich wünsche dir viel Glück, mein Junge!«
Er macht eine abschließende Handbewegung. Dann sieht er in die Richtung, in der er seinen zweiten Sohn vermutet. Cole ist ebenfalls abgesessen und steht nun unschlüssig am Fuß der Veranda.
Der alte Mann sagt trocken: »Cole, ich habe dir doch gesagt, dass ich dich hier nicht haben möchte. Geh zu deinen Saloonmädchen, zu den Spieltischen und zu Ambrose Hammer zurück. Ah, ich habe zwanzig Jahre meines Lebens für diese Ranch vertan. Ich wollte für meine Familie etwas schaffen und meinen Söhnen etwas hinterlassen. Und du …«
»Es ist jetzt meine Ranch«, unterbricht ihn Cole trocken. »Du hast sie mir überschreiben lassen, damals, als du so krank warst, dass du glaubtest, sterben zu müssen. Du hast mir diese Ranch überschrieben. Ich bin also der Boss hier. Und ich mache mit dieser Ranch, was ich will. Seid froh, dass ich sie nicht verkaufen musste, um meine Spielschulden zu begleichen. Seid froh, dass ich sie mit Ambrose Hammers Hilfe behalten konnte und ihr hier euren Lebensabend beschließen könnt. Ohne mich müsstet ihr als Bettler durchs Land ziehen. Jeder sorgt auf seine Art für seine Eltern. Was wollt ihr? Ihr habt euer Auskommen. Mehr hättet ihr auch nicht, wenn diese Ranch in Ordnung wäre und Ertrag abwerfen würde.«
Er sagt es mit einem zynischen Unterton.
Dan verlässt die Veranda und tritt auf den Bruder zu. Er bleibt dicht vor ihm stehen und sagt: »Cole, sprich nicht so zu deinem Vater – sprich nie wieder so zu deinen Eltern! Vater hat uns vielleicht nicht richtig behandelt, aber er hat ein Recht darauf, dass seine Söhne diese Ranch nicht verfallen lassen. Sogar unsere Mutter hat für diese Ranch gekämpft und …«
»Ach, lass mich doch mit diesem Gewäsch zufrieden, Bruder! Zum Teufel mit dieser armseligen Ranch! Wir machen auf leichtere und bequemere Art mit Ambrose Hammer zusammen Geld, viel Geld! Zum Teufel mit euch allen, wenn ich durch euch mit Ambrose Hammer Verdruss bekomme und er mich nicht mehr zum Partner haben will! Ich weiß genau, dass ich nur sein Partner bleiben kann, wenn du, Dan, für ihn den Reitboss seiner Mannschaft machst. Und ich zwinge dich dazu! Die Ranch gehört mir. Ich …«
Er spricht nicht weiter, denn jetzt kommt Dans Faust.
Es ist ein harter, präziser Schlag. Er trifft Cole genau auf die Kinnspitze und reißt ihm fast den Kopf von den Schultern. Cole fällt der Länge nach in den Staub des Hofes.
Und als er liegt, sagt die trockene Stimme des alten Mannes hinter Dan von der Veranda: »Du kannst mir noch einen zweiten Gefallen tun, mein Junge. Ich bitte zum ersten Mal im Leben um etwas, Daniel. Bitte, spann ein Pferd vor den leichten Wagen und hilf Mutter, unsere notwendigen Habseligkeiten aufzuladen.«
Dan wendet sich langsam seinem Vater zu und knetet seine schmerzende Hand.
»Wo wollt ihr hinfahren?«
»In die Berge. Alle Leute, die von Ambrose Hammer und deinem Bruder im vergangenen Jahr vertrieben oder auf die raue Art dazu gezwungen wurden zu verkaufen, leben in einem gemeinschaftlichen Camp in den Bergen. Wir gehören jetzt ebenfalls zu diesen Davongejagten und Beraubten. Ich will nicht erst warten, dass mich mein eigener Sohn zum Teufel jagt. Spann den Wagen an, Junge!«
»Nein«, sagt Dan ruhig, »ich werde schon mit den Schwierigkeiten fertig. Macht euch nur keine Sorgen.«
Er geht zum Brunnen, holt einen Eimer Wasser heraus, tritt damit zu dem bewusstlosen Bruder und leert den Eimer über ihm aus.
Die kalte Dusche zeigt sofort Wirkung. Cole beginnt sich zu bewegen.
Und als er sich stöhnend aufsetzt, meldet sich eine andere Stimme: »Der braucht mehr als Prügel und eine kalte Dusche! Wir warten schon seit vielen Tagen darauf, dass er sich hier einmal ohne Freunde blicken lässt.«
Dan Shane wirbelt herum. Seine Hand schnappt nach der Waffe. Aber er zieht sie nicht, denn er sieht in drei Gewehrläufe und in die harten und bärtigen Gesichter dreier Männer.
Er kennt diese Männer nicht. Deshalb fragt er: »Was soll das?«
Bevor ihm einer der Fremden eine Antwort geben kann, lacht Jack Shane auf der Veranda bitter und grimmig auf und sagt: »Das ist Lewis Britt mit seinen Söhnen Zane und Thor. Ich kenne seine Stimme.«
Aber Jack Shane spricht nicht allein, denn seine Frau ruft angstvoll: »Dan! Daniel, lass nicht zu, dass sie Cole töten! Sie wollen ihn töten!«
Sie will von der Veranda laufen, aber Jack Shane greift nach ihr und hält sie am Handgelenk fest.
»Nur ruhig, Mary«, sagt er schwer. »Wir sind nur noch Zuschauer, nicht wahr? Wir haben keinen Einfluss mehr und sehen nur noch zu.«
Die drei Fremden starren Dan Shane an.
Der ältere Mann ist Lewis Britt. Er sagt grimmig: »Sie sind also der schnelle Revolvermann Dan Shane. Nun, auch wir haben von Ihnen gehört. Aber Sie können diesen Schuft jetzt nicht beschützen, denn wenn Sie Ihren Colt ziehen, schieße ich Ihnen eine Kugel durch den Kopf. Haben Sie mich verstanden? Oha, wir werden Ihren Bruder nicht totschlagen, aber er wird jetzt die höllischste Tracht Prügel erhalten, die ein Schuft jemals bekam.«
Cole stöhnt: »Hilf mir, Bruder! Zeig Ihnen, dass du der große Revolvermann Dan Shane bist!«
Dan nimmt die Hand vom Coltgriff und verschränkt die Arme vor der Brust. Er hat die drei Männer abgeschätzt und erkannt, dass sie gefährlich, aber nicht schlecht sind.
Er fragt: »Warum wollt ihr ihn verprügeln?«
Der ältere Mann sieht ihn an. »Shane, schnallen Sie Ihren Waffengürtel los und lassen Sie ihn zu Boden fallen. Zane, hol dir Cole Shanes Colt. Vorwärts!«
Einer der Männer bewegt sich im großen Bogen um Dan herum.
Aber dieser sagt plötzlich scharf: »Halt, Leute! Bleib stehen, Mann! Ich will erst wissen, warum ihr ihn verprügeln wollt. Aber ich werde kämpfen, wenn ihr meinen Colt haben wollt. Nun?«
Lewis Britt überlegt. Dann nickt er.
»Well, Dan Shane! Ich habe viel von Ihnen gehört. Sie sind mehr berühmt als berüchtigt. Well, machen Sie Ihre Ohren weit auf und hören Sie: Im vergangenen Jahr wurden die Siedler und Rancher aus dem Tal vertrieben. Es gab einige Tote, viele Verwundete und einige arme Teufel, die so sehr zerschlagen wurden, dass sie heute Krüppel sind. Das alles haben Ambrose Hammer und Cole Shane gemacht. Sie gaben die Befehle. Sie haben auf die raue Art das ganze Tal in ihren Besitz gebracht. Auch wir hatten uns hier angesiedelt. Und auch wir wurden vertrieben. Wir mussten der Übermacht weichen. Well, das wäre die eine Sache! Und jetzt erzähle ich Ihnen eine andere Sache, Freund. Sie ist der Grund, warum wir auf Cole so mächtig scharf sind.«
Er schnauft, dann fährt er fort: »Als wir im vergangenen Herbst vertrieben wurden, konnten wir nicht nach Silver Falls, um dort zu überwintern, weil Ambrose Hammer auch die Stadt schon in der Hosentasche hatte. Wir konnten auch nicht sehr weit fortziehen, weil die Zeit drängte und wir vor dem Winter noch einigermaßen unter Dach und Fach kommen mussten. Einige von uns hatten Geld für ihre Besitztitel bekommen, ein Spottgeld zwar, aber immerhin doch einige Dollars. Wir zogen also zusammen in die Berge und bauten uns in einem geschützten Tal ein Wintercamp. Wir hielten alle gut zusammen und tun das auch jetzt noch. Es erging uns besser, als wir dachten. Nun, eines Tages wurde meine Frau sehr krank. Wir mussten sie nach Silver Falls schaffen, weil dort ein Doc ist, der jeden Tag nach ihr sehen konnte. Ambrose Hammer duldete auch, dass die Kranke in der Stadt blieb. Und ich habe eine Tochter, Mister – ein gutes Mädel. Sie blieb ebenfalls in der Stadt, um ihre Mutter zu betreuen. Als die Lehrerin eine Lungenentzündung bekam, duldete Ambrose Hammer auch, dass der Stadtrat meine Tochter als Hilfslehrerin anstellte. Dieser Nebenverdienst hat uns sehr geholfen, denn obwohl der Doc meine Frau umsonst behandelte, brauchten wir Geld für Unterkunft und Medizin, und ich wollte von meinen Freunden nichts borgen. Alles ging also verhältnismäßig gut. Aber dann begann Cole, dieser Hundesohn, meiner Tochter nachzustellen. Und weil er immer wieder abgewiesen wurde, wurde er gemein. Eines Tages, als meine Tochter ausritt, um sich mit uns an einem verabredeten Ort zu treffen und uns zu berichten, wie es Mutter geht, lauerte er ihr auf. Wir waren dem Mädel aber etwas entgegengeritten. Wir kamen in letzter Sekunde. Dieser Schuft hörte uns kommen und ergriff die Flucht. Sein Pferd war schneller als unsere mageren Tiere. Und so entkam er uns, weil es bis zur Stadt nicht weit war und wir es nicht wagen konnten, ihn aus der Mitte seiner Freunde zu holen. Aber jetzt haben wir ihn erwischt. Dan Shane, Sie werden uns nicht daran hindern, ihn jetzt zu verprügeln!«
Dan wendet sich dem Bruder zu. »Stimmt das alles, Cole?«
»Sie lügen! Dieses Mädel hat mir schöne Augen gemacht und mich ständig gereizt. Zum Teufel, Bruder, du wirst doch wohl nicht zulassen, dass mich diese Burschen wegen eines lausigen Siedlermädels in Stücke reißen?«
»Du wirst ihren Brüdern Genugtuung geben müssen«, sagt Dan hart. »Wenn ich eine Schwester hätte, die von einem Kerl überfallen wird, würde ich diesen Burschen töten.«
Er wendet sich Lewis Britt zu. »All right! Das ist Coles und eure Angelegenheit. Aber ihr solltet ihm eine faire Chance geben.«
Alle drei Britts sehen ihn staunend an.
Dann sagt der ältere Mann: »He, Dan Shane, Sie meinen es wirklich so und wollen uns nicht täuschen, um uns in Sicherheit zu wiegen und dadurch die Chance zu bekommen, den Colt zu ziehen?«
Als Antwort löst Dan die Schnalle seines Waffengurtes. Der mit Patronen bespickte Gürtel und das Holster mit dem Colt fallen zu Boden.
»Cole wird den Brüdern des Mädchens Genugtuung geben müssen«, wiederholt er. »Ich bitte euch nur, dass ihr ihm eine faire Chance gebt.«
Lewis Britt senkt sein Gewehr. Er schreitet vorwärts, hebt den Waffengürtel auf und hält ihn Dan hin.
»Wenn ich einem ordentlichen Mann begegne«, sagt er, »dann erkenne ich das bald. Hier ist Ihre Waffe, Dan Shane! Eigentlich wollten wir Ihren Bruder gemeinsam in Stücke schlagen. Aber Ihnen zuliebe wollen wir fair sein.«
Er wendet sich an seine Söhne. »Jungs, nehmt ihm den Colt ab. Und dann wird Thor allein mit ihm kämpfen. Er soll seine Chance bekommen.«
Dan nimmt den Gürtel und sieht seinen Bruder an.
Cole ist bullig und stark. Er wird sich wehren können. Aber in Coles Augen erkennt Dan den Ausdruck einer feigen Angst. Er zuckt mit den Schultern.
»Mehr Fairness kannst du nicht verlangen, Cole«, sagt er trocken und geht zur Veranda hinauf. Er tritt neben die Mutter und nimmt ihren Arm.
»Komm ins Haus, Mutter. Cole wird daran nicht sterben. Aber du solltest nicht zusehen. Komm, Mutter!«
Sie lässt sich willig von ihm fortführen. Bevor sie durch die Tür im Haus verschwinden, sagt Jack Shane hinter ihnen her: »Dan, das war nach meinem Herzen. Ein Mann soll immer für seine Taten einstehen. Hoffentlich schlägt Thor Britt Cole etwas Vernunft in den Schädel. Aber anständig wird er deshalb doch nicht werden.«
Dan gab keine Antwort.
»Daniel, du musst meinen zweiten Sohn retten und das Unrecht gutmachen, an dem er beteiligt ist. Ich will …«, flüstert Mary Shane.
»Mach dir keine Sorgen, Mutter«, unterbricht er sie, als sie nach Worten sucht. Er küsst ihr weißes Haar. »Ich bin hier, Mutter. Ich nehme jetzt die Dinge auf meine Art in die Hand. Und was ich auch tun werde, Mutter, zweifle nie an mir. Ich werde es auf meine Art machen.«
Er lauscht wieder zu den Fenstern hin. Draußen hört er die Schläge klatschen, und Coles wimmerndes Stöhnen klingt herein.
Die Mutter zittert und bebt.
Er sagt zu ihr: »Auch ich habe schon oft Prügel bekommen, Mutter. Cole wird nicht daran sterben. Ich – ich habe seit gestern Abend nichts gegessen. Willst du mir etwas …«
Sie erhebt sich sofort und geht in die Küche hinüber. Sie hat sich jetzt wieder unter Kontrolle. Er ist froh, dass er ihr mit seiner Bitte um Nahrung eine Ablenkung aufgezwungen hat.
Langsam tritt er aus der Tür auf die Veranda.
Cole liegt mitten im Hof im Staub. Er liegt auf dem Rücken und hat die Arme ausgebreitet. Er bewegt sich nicht mehr, und seine Kleidung ist zerfetzt, beschmutzt und besudelt. Sein Gesicht ist zerschlagen und voller Blut.
Aber er muss ziemlich gut gekämpft haben, denn Thor Britt, der schwankend bei ihm steht und ihn noch einmal mit der Fußspitze anstößt, sieht nicht viel besser aus.
Thor Britt schwankt zum Brunnen, holt einen Eimer Wasser heraus, und seine Bewegungen sind müde und schlaff. Aber er hat den Kampf gewonnen. Er beginnt sich zu waschen.
Lewis und Zane Britt kommen zum Fuß der Veranda.
»Die Sache wäre also erledigt, Shane«, sagt Lewis Britt schwerfällig. »Er hat seine Prügel erhalten. Aber sagen Sie ihm, dass wir ihn das nächste Mal töten, wenn er zu meiner Tochter noch mal gemein wird.«
»Das wird nicht mehr vorkommen, denn ich behalte ihn jetzt unter Kontrolle«, erwidert Dan ruhig.
Lewis Britt studiert ihn wieder aufmerksam. Er hat helle, feste und ruhige Augen, deren Blick Dan Shane gefällt.
Lewis Britt zögert etwas. Er will sich schon abwenden, aber dann entschließt er sich dennoch zu seiner Frage.
»Ist es wahr, dass Sie hergekommen sind, um für Ambrose Hammer den Reitboss zu machen? Man munkelt davon. Hammer und Ihr Bruder haben schon vor Wochen davon gesprochen, dass sie einen erstklassigen Revolverkämpfer zur Verfügung haben, wenn die ersten Treibherden ins Tal kommen. Und das können doch nur Sie sein, Dan Shane!«
»Und wenn ich es bin, Lewis?«
Der Mann betrachtet ihn wieder sehr aufmerksam. Dann schüttelt er den Kopf. »Ich kann es nicht glauben, dass Sie mit einem Mann wie Ambrose Hammer auf die raue Art Geld machen wollen – hartes Geld, Mister, das höllisch rau erworben werden muss. Ich kann es nicht glauben, dass Sie zum Handlanger Ambrose Hammers werden wollen.«
»Und wenn ich es tue? Geld ist Geld, und wenn es viel ist, muss es auch auf eine harte Art erworben werden.«
»Durch Unrecht, Shane! Ambrose Hammer hat uns vertrieben. Er zieht aus einem Tal Nutzen, das er sich wie ein Pirat geraubt hat. Dan, besuchen Sie mal unser Camp und sehen Sie sich die Leute an, die Hammer vertrieben hat. Wir wollten dieses Tal zu einem blühenden Land machen und dachten an die Zukunft. Hier ist Platz für hundert Familien – für hundert kleine Ranches und Siedlerstätten. Aber Ambrose Hammer will alles für sich. Eine Stadt braucht ein reiches Hinterland mit vielen Menschen, die sie versorgen kann. Ambrose Hammer hält diese gesunde Entwicklung auf. Er duldet keinen Aufbau. Er will ein leeres Grastal für die Texasrinder. Aber wenn diese Texasrinder plötzlich ausbleiben, dann stirbt die Stadt, weil Jahre vergehen werden, bis das Land wieder besiedelt wird und die Menschen darin zu Wohlstand kommen, an dem auch Silver Falls seinen Anteil haben wird. Shane, wenn Sie für Ambrose Hammer reiten, dann machen Sie sich mitschuldig. Sie werden töten und betrügen müssen. Und Sie verhindern das Aufblühen eines Landes, das nicht für Treibherden, sondern für arbeitsame Menschen bestimmt ist.«
Nach diesen Worten wendet sich Lewis Britt ab und winkt seinen Söhnen, dass sie ihm folgen.
Dan Shane ruft ihnen nach: »Ich besuche euch einmal in eurem Camp!«
»Ich weiß nicht, ob Sie uns später, wenn Sie erst für Hammer arbeiten, noch willkommen sein werden«, ruft Lewis Britt bitter zurück.
Die Britts verschwinden um die Ecke des Hauses. Wenig später hört man die leisen Hufschläge einiger Pferde verklingen.
Dan sieht zu seinem Bruder hin, der sich zu bewegen beginnt.
Der alte Jack Shane, der immer noch bewegungslos auf der Veranda sitzt und mit der Hellhörigkeit eines Blinden jedes Geräusch zu deuten weiß, sagt neben ihm fast befriedigt: »Nun, Daniel, du stehst vor einer schweren Aufgabe, nicht wahr?«
Dan sieht ihn überrascht an, und mit einem Mal hat er das Gefühl, dass der Vater seine Gedanken lesen konnte.
»Ich werde für Ambrose Hammer reiten, Vater«, sagt er knapp.
Der alte Mann nickt. Und dann kichert er leise vor sich hin und sagt mit einer seltsamen Zuversicht: »Yeah, du wirst vorläufig für Ambrose Hammer reiten und mit ihm auf die harte Art Geld machen. Das glaube ich dir. Aber ich denke, du wirst auch noch etwas anderes tun. Junge, wir haben uns früher nie gut verstanden, und ich habe mir auch nie Mühe gemacht, dich zu verstehen oder herauszufinden, wie du im Innern bist und was deine Meinung ist. Und doch bist du mein Sohn, der bewiesen hat, dass er einige meiner Eigenschaften besitzt. Deshalb bin ich sicher, dass du nicht lange für Ambrose Hammer reiten wirst. Eines Tages wirst du der große Mann in diesem Land sein, so wie es Hammer jetzt im Moment ist. Und du wirst dem Lauf der Dinge hier im Grass Valley eine andere Richtung geben und vielleicht sogar auch noch aus Cole einen Mann machen. Ich fühle das. Ich spüre den starken Strom, mein Junge, der von dir ausgeht. Schade, dass ich dich nicht sehen kann. Komm her zu mir! Beuge dich nieder!«
Dan Shane gehorcht verwundert.
Und die Finger des Vaters tasten leicht über sein Gesicht, seinen Hals und seine Schultern – und dann über den Colt, den er wieder umgeschnallt hat.
Dann lehnt sich der Alte zufrieden zurück.
☆☆☆
Es ist am Morgen des nächsten Tages, als Dan Shane in die Stadt geritten kommt. Diesmal reitet er von der anderen Seite hinein, denn er kommt ja nicht vom Pass herüber.
Das erste Haus am Ortseingang ist das Schulhaus.
Ein Mädchen tritt heraus und betätigt die Glocke an der Tür. Es bimmelt und klingelt in den Morgen.
Das Mädchen richtet während ihrer Tätigkeit seinen Blick auf den großen Mann, der auf einem riesigen Rappwallach sitzt und das Tier plötzlich verhält.
Die Kinder drängen sich ins Schulhaus hinein.
Aber der Mann und das Mädchen sehen sich an. Erst dann, als Dan Shane grüßend an den Hut greift, wendet sich das Mädchen unwillig ab und verschwindet schnell im Haus.
Dan Shane starrt noch einige Sekunden auf die Tür, die sich ziemlich heftig schließt. Er weiß, dass er Lewis Britts Tochter gesehen hat. Sie hat ihm auf den ersten Blick gefallen.
Langsam reitet er weiter. Als er am Lone Star Saloon vorbeikommt, sieht er dort eine Männergruppe stehen. Die Männer starren ihn an, und er erwidert ihre Blicke hart und kalt.
Das, was Dan sieht, sind schlimme Burschen, Revolverschwinger, die sich für Kämpferlohn vermieten. Das sind harte Burschen, die von ihren Colts leben und sich überall vermieten, wo es Verdruss gibt.
Dan Shane reitet vor Ambrose Hammers Büro und starrt einige Sekunden freudlos auf das Schild neben der Tür. Dann sitzt er ab und geht hinein.
Die Tür zu Hammers Zimmer steht offen. Hammer sitzt hinter dem Schreibtisch. Und auf der Fensterbank sitzt ein zweiter Mann, der beim Eintritt Dan Shanes zu grinsen beginnt.
Dieser Mann ist Tube Ringold.
Dan Shane kennt ihn. Sie haben am Brazos River gegeneinander gekämpft. Tube Ringold führte dort eine Bande von Viehdieben und Maverickjägern.
»Hallo, alter Freund!«, empfängt er Dan Shane grinsend, und sein dunkles, kühnes Piratengesicht wirkt durch dieses Grinsen noch wilder. Er erhebt sich von der Fensterbank und spannt seinen ziemlich muskulösen Körper.
»Diesmal stehen wir beide auf einer Seite, Dan Shane, nicht wahr?« Er grinst. »Ich freue mich mächtig, dass ich mit dir in diesem Land keine Kugeln wechseln muss, obwohl ich immer noch neugierig bin, ob ich den berühmten Dan Shane nicht vielleicht doch bei gleichen Chancen schlagen könnte. Dann wäre ich mit einem Schlag ein berühmter Mann, der Spitzenhonorare bekäme.«
Dan nickt. »Sicher«, sagt er, »wenn du mich mit dem Colt schlagen könntest, Tube, so wärst du mit einem Schlag ein berühmter Mann. Vielleicht versuchst du es gelegentlich mal.«
»Vielleicht, Bruder, vielleicht.«
Ambrose Hammer schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Nur ruhig«, sagt er. »Nur keinen Streit! Ihr werdet euch noch gegenseitig brauchen, wenn ihr auf die harten Burschen aus Texas stoßt. Dan, du siehst, ich habe dir tüchtige Gehilfen besorgt. Mit Tube Ringold und Mitch Fisher zur Seite und einer starken Mannschaft hinter dir, da kannst du den Texasmännern tüchtig die Zähne zeigen, nicht wahr? Oder willst du nicht? Wo ist Cole überhaupt?«
»Cole wurde von den Britts verprügelt, weil er Miss Britt belästigt hat«, erwidert Dan ruhig und setzt sich in einen Sessel. Er blickt einige Sekunden auf den großen Geldschrank in der Ecke und fragt dann: »Dort soll also unser Verdienst aufbewahrt werden, nicht wahr?«
»Yeah! Und ich gebe dir einen Anteil, von …«, beginnt Ambrose Hammer.
»Darüber reden wir später noch«, unterbricht ihn Dan. »Ich mache also mit«, fährt er fort.
Er hat kaum ausgesprochen, als draußen vor dem Haus Hufschläge erklingen und jäh verstummen. Ein Mann kommt sporenklirrend herein. Es ist Mitch Fisher, und man sieht ihm an, dass er viele Meilen schnell geritten ist.
»Sie kommt!«, ruft er. »Die erste Texashorde ist im Anmarsch! Zweitausend Longhorns, zwölf Reiter und zwei Wagen! In drei Tagen werden die Rinder über den Pass in dieses Tal getrottet kommen.«
Er verstummt schnaufend, geht zu dem kleinen Tisch und versorgt sich dort aus der Whiskyflasche, die immer bereitsteht.
Ambrose Hammer sieht Dan Shane an.
»Das wird leicht sein«, sagt er. »Es ist nur eine kleine Mannschaft, mit der wir nicht viel Mühe haben werden. Aber wir wollen Vorbereitungen treffen. Tube, du bringst die Mannschaft heute Abend in unser Camp am Fuß des Passes. Die Herde steht jetzt ständig unter Beobachtung. Dan, du wirst dich mit deiner Mannschaft allmählich bekannt machen müssen. Wir …«
»Das hat Zeit«, unterbricht ihn Dan und erhebt sich. »Ich kenne diese Sorte gut genug. Auf der Ranch gibt es eine Menge Arbeit für mich, weil Cole alles verkommen ließ. Da die Herde erst in drei Tagen ins Tal kommen wird, werde ich zwei Tage auf der Ranch arbeiten. Ich bin rechtzeitig zur Stelle.«
Er will hinaus, aber Ambrose Hammer erhebt sich mit plötzlicher Heftigkeit, kommt um den Schreibtisch herum und sagt scharf: »Halt, mein Freund! Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass du zwar unser Reitboss bist, ich aber der Chef bin. Und wenn ich sage, dass wir heute schon mit der Mannschaft ins Camp am Pass ziehen, dann …«
»Wir sind doch Partner, nicht wahr?«, unterbricht ihn Dan Shane ruhig. »Ambrose, du kannst mir keine Befehle erteilen. Versuch es gar nicht erst. Aber vielleicht willst du die Sache ohne meine Hilfe machen? Dann tu es ruhig! Mit dieser kleinen Mannschaft werdet ihr leicht fertig. Der große Verdruss kommt ja erst, wenn die Herden dichter heranziehen und sich in wenigen Meilen Abstand voneinander nähern. Dann werden sich die Mannschaften einigen und zu einer harten Nuss werden. Vielleicht kommen dann fünfzig wilde Burschen in die Stadt und reißen sie in Stücke.«
Er grinst und geht hinaus.
Ambrose Hammer starrt auf die Tür. Er schlägt mit der Faust wütend durch die Luft und murmelt einen Fluch.
Tube Ringold sagt sanft von der Fensterbank her: »Yeah, das ist der große Dan Shane. Der war schon immer sehr eigenwillig und ließ sich nichts sagen. Ambrose, pass nur schön auf, dass du der Boss in diesem Land bleibst.«
☆☆☆
Dan Shane leiht sich im Mietstall einen Wagen. Dann kauft er in Jeff Millers Store Stacheldraht, Lebensmittel, Munition und Werkzeuge. Er holt sein Pferd, bindet es hinter dem Wagen an und schwingt sich auf den Fahrersitz. Als er die Zügel in die Hand nimmt, sieht er einen Reiter in die Stadt kommen.
Es ist Zane Britt. Er ist unbewaffnet.
Erst vor dem Store, vor dem auch Dan Shane noch mit seinem Wagen steht, zügelt er sein Pferd. Er sitzt ab, nickt Dan zu und verschwindet im Store.
Dan will anfahren, aber da sieht er, wie sich einige Männer vom Lone Star Saloon her nähern. Sie kommen bald in Hörnähe, und er hört eine Stimme sagen: »Dem werden wir jetzt beibringen müssen, dass er nichts in dieser Stadt zu suchen hat – er nicht und auch das übrige Hungervolk nicht, das wir in die Berge gejagt haben.«
Die Männer erreichen nun den Storeeingang und bleiben stehen. Einige schielen über die Schulter zu Dan hoch, der ja seinen Wagen neben dem Gehsteig vor dem Store stehen hat und immer noch nicht abfährt. Aber da Dan sich nicht bewegt, sondern nur ruhig beobachtet, wenden sich die Burschen wieder dem Store zu.
Einer tritt in die offene Tür und ruft hinein: »Komm heraus, Schollenbrecher! In diesem Laden wird dir nichts verkauft! In der ganzen Stadt bekommst du nichts! Komm raus, Schweinezüchter!«
Der Mann tritt grinsend zur Seite. Und die anderen bilden vor dem Store einen erwartungsvollen Halbkreis. Sie haben Dan Shane vergessen oder vertrauen darauf, dass er nur zusehen will wie einige andere Bürger der Stadt, die aus den Häusern treten und sich der wartenden Gruppe nähern.
Es vergeht eine halbe Minute. Dann erscheint Zane Britt am Eingang des Stores. Er sieht die grinsenden Rowdys und sagt grimmig: »Ich bin unbewaffnet. Ja, ich habe eben herausgefunden, dass man mir nichts verkaufen will. Zum Teufel mit dieser feigen Stadt, deren Kaufleute sich befehlen lassen, wem sie etwas verkaufen dürfen, und wem nicht.«
Er ruft die bitteren Worte über die Köpfe der Rowdys hinweg den Bürgern zu, die im Hintergrund aufmerksame Gruppen bilden.
Und dann tritt Zane Britt furchtlos aus dem Eingang des Stores auf den Gehsteig heraus und will zu seinem Pferd.
Aber er rechnet sicher mit Verdruss, denn sein starker Körper ist angespannt. Seine Hände sind geballt. Dan Shane erkennt, dass der junge Mann auf einen Kampf vorbereitet ist und sich nicht ohne Gegenwehr verprügeln lassen wird.
Und dann geht es auch schon los.
Nach dem dritten Schritt befindet sich Zane Britt inmitten der Rowdys. Einer tritt ihm entgegen und stößt ihn gegen die Brust.
Als Zane Britt nach der Seite aus dem Rudel entkommen will, greifen sie ihn an. Sie fallen von allen Seiten über ihn her. Und eine heisere Stimme ruft: »Geben wir es ihm! Sonst bringen auch die anderen Schweinezüchter ihren Gestank in unsere Stadt!«
Zane Britt kämpft hart und wild. Dabei brüllt er wütend auf. Er ist ohne Waffen in die Stadt gekommen und hat aus diesem Grund gehofft, dass man ihn in Frieden seine sicherlich notwendigen Einkäufe machen lassen wird.
Aber jetzt befindet er sich mitten in einem harten Rudel, das auf ihn losprügelt. Sie treiben sich den Schwankenden mit harten Schlägen einander zu und stoßen ihn so von Mann zu Mann.
Bis jetzt hat Dan Shane nur zugesehen. Die harte Erziehung und Schulung, die ihm die letzten Jahre gaben, hielten ihn zurück.
Aber jetzt sieht er, dass die Banditen Zane Britt zum Krüppel schlagen wollen. Wahrscheinlich wollen sie an ihm ein Exempel statuieren, damit sich keiner der Vertriebenen aus dem Camp in den Bergen mehr in diese Stadt wagt. Dann müssen diese Leute endgültig aufgeben und in ein anderes Land ziehen.
Und deshalb greift Dan Shane jetzt ein.
Er springt vom Bock des Wagens, landet dicht neben einem der Schläger, reißt den Mann mit der Linken an der Schulter herum, zieht mit der Rechten seinen Colt.
Er schlägt zu – und er macht es hart, wie es immer bei ihm der Fall ist, wenn er sich zum Kampf gegen eine Übermacht entschlossen hat.
Er trifft den aufbrüllenden Mann mit dem Coltlauf über den Schädel, wirbelt herum und schlägt den nächsten Kerl von der Seite her mit einem zweiten Schlag nieder.
Und er schnellt schon wieder vorwärts auf zwei Burschen los. Als er mit ihnen fertig ist und herumwirbelt, sieht er Zane Britt mit zwei Gegnern kämpfen. Der junge Heimstättensiedler hat wieder Mut geschöpft und sich noch einmal zusammengerafft.
Aber ein dritter Bursche steht abseits und hält schon den Colt in der Hand.
Dan Shane schießt blitzschnell. Und als dieser Schuss kracht, hält alles inne.
Jeder der an dieser Schlägerei Beteiligten erinnert sich jäh daran, dass Dan Shane eingegriffen und jetzt sogar geschossen hat.
Alle Leute starren auf den Burschen, der eben noch seinen Colt in der Hand hielt und jetzt seine blutenden Finger unter die linke Achselhöhle quetscht, sich umdreht und stöhnend davonschwankt.
Dann starren die Leute auf Dan Shane, dessen Colt noch raucht. Drei bewusstlose Rowdys liegen im Staub. Ein vierter Bursche quält sich keuchend auf die Beine. Und die beiden Männer, mit denen Zane Britt zuletzt kämpfte, sind erstarrt.
Dan Shane grinst grimmig.
»Verschwindet«, sagt er knurrend, und seine Stimme ist so trocken wie der aufgewirbelte Staub.
Ward Bridger, der Marshal, kommt aus einer Seitengasse gelaufen, hält inne und zieht seinen Colt. Er bewegt sich jetzt gemessen vorwärts und fragt: »Shane, was war da los?«
»Britt kam unbewaffnet in die Stadt, um einige Einkäufe zu machen. Man wollte ihn in Stücke schlagen. Bridger, ich bin der Meinung, dass jeder Mensch in diesem Land ein Recht darauf hat, sich in dieser Stadt mit den notwendigsten Dingen des Lebens zu versorgen.«
»Dieser Meinung bin ich auch«, sagt Ward Bridger grollend und tritt neben Dan Shane. Er starrt die Rowdys grimmig an, und seine graue Bartbürste sträubt sich deutlich erkennbar.
»Zane, erledige deine Einkäufe«, sagt er laut und scharf. »Die Stadt wird immer noch von mir geleitet!«
Er geht mit seinem Colt auf die Gruppe der Rowdys zu.
»Verschwindet! Verschwindet von der Straße! Und nehmt eure Kranken mit! Vorwärts! Oder soll ich euch einsperren?«
Die Kerle starren ihn an. Dann schielen sie an Ward Bridger und Dan Shane vorbei zum Büro der Silver Falls Company. Dort stehen Ambrose Hammer, Mitch Fisher und Tube Ringold.
Auch Dan Shane wendet sich schnell um, und er sieht noch, wie Ambrose Hammer eine leichte Handbewegung macht, die für die Rowdys nichts anderes als ein Befehl ist.
Sie helfen ihren noch ziemlich angeschlagenen Partnern auf die Füße und ziehen sich zurück. Sie verschwinden im Lone Star Saloon.
Ward Bridger und Dan Shane stecken ihre Colts weg und sehen sich kurz an. In den Falkenaugen des Marshals liegt eine stumme Frage, aber Dan Shane wendet sich ab. Er steigt zum Gehsteig hinauf und tritt in die Tür des Stores.
Jeff Miller steht regungslos hinter dem Ladentisch. Auf seinem Gesicht glänzt Schweiß. Dan Shane sieht den Storehalter grimmig an und sagt: »Miller, was wollte Zane Britt kaufen?«
»Munition wollte er. Und Ambrose Hammer hat mir verboten, den Hungerleidern im Bergcamp auch nur eine einzige Stecknadel zu verkaufen.«