G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 5 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 5 E-Book

G. F. Unger

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

3 spannende Westernromane lesen und sparen!

G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!

Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2362 bis 2364:

2362: Staub im Mondlicht

Als Les Gannaway im Pecosland zwischen die Fronten der Rancher und Viehdiebe gerät, glaubt er, am Ende seiner Fährte angelangt zu sein. Denn der Revolvermann des Ranchers Tyrel Starr ist der Mörder seines Bruders ...

2363: Die wilde Stadt

Auf der Suche nach seinem vermissten Partner kommt Lonestar Lane nach Clay City. Den toten Freund kann er nicht wieder lebendig machen, doch er kehrt die wilde Stadt mit eisernem Besen aus ...

2364: Lost-River-Partner

Auf dem reißenden Fluss werden Lance Scott und die schöne Sally Brown zu Partnern. Es ist der einzige Weg nach Lost River City, wo sie beide Rache suchen ...

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
Jetzt herunterladen und sofort sparen und lesen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 473

Veröffentlichungsjahr: 2019

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Manuel Prieto/Norma ISBN 978-3-7325-8252-5

G. F. Unger

Western-Bestseller Sammelband 5

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2362 - WesternAls Les Gannaway im Pecosland zwischen die Fronten der Rancher und Viehdiebe gerät, glaubt er, am Ende seiner Fährte angelangt zu sein. Denn der Revolvermann des Ranchers Tyrel Starr ist der Mörder seines Bruders ...Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2363 - WesternAuf der Suche nach seinem vermissten Partner kommt Lonestar Lane nach Clay City. Den toten Freund kann er nicht wieder lebendig machen, doch er kehrt die wilde Stadt mit eisernem Besen aus ...Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2364 - WesternAuf dem reißenden Fluss werden Lance Scott und die schöne Sally Brown zu Partnern. Es ist der einzige Weg nach Lost River City, wo sie beide Rache suchen ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Staub im Mondlicht

Vorschau

Staub im Mondlicht

Langsam reitet Les Gannaway den sanften Hang hinunter und nähert sich dem Feuer.

Eine Frauenstimme ruft aus der Dunkelheit: »Wer ist dort?«

»Nur ein Tramp«, antwortet Les Gannaway. »Ein Satteltramp, der Hunger hat und ein Essen mit Arbeit bezahlen würde, Ma’am.«

Nach diesen Worten bleibt es eine Weile still. Les wartet geduldig, obwohl sein Magen knurrt. Dann endlich ertönt die Frauenstimme: »In Ordnung! Kommen Sie!«

Er reitet in den rötlichen Lichtkreis des Feuers.

Am Feuer sind zwei Männer. Einer liegt auf einer Decke. Auf seinem nackten Oberkörper erkennt Les einige Pflaster und Striemen. Der Mann schläft.

Les Gannaway nimmt an, dass der Mann vom Pferd gefallen, mit einem Fuß im Steigbügel hängen geblieben und mitgeschleift worden ist.

Der zweite Mann ist ein bulliger Neger, der Cowboytracht trägt, sich aber einen alten Zuckersack als Schürze vorgebunden hat, wie es die Art mancher Treibherdenköche ist.

Die Frau steht etwas abseits vom Feuer beim Hinterrad des Wagens. Sie hält ein Gewehr im Hüftanschlag …

»Bob, sieh dir sein Brandzeichen an«, sagt sie. Ihre Stimme klingt etwas kehlig und hat einen kratzbürstigen Klang.

Sie ist noch jung und offensichtlich gut gewachsen. Das kann Les unschwer erkennen. Vielleicht ist sie noch gar nicht verheiratet, sondern noch ein Mädchen.

Doch ganz gewiss ist sie sehr energisch, an Umgang mit Männern gewöhnt, und kann in fast jeder Situation für sich sorgen. Bei aller Weiblichkeit, die deutlich spürbar von ihr ausgeht, wirkt sie unerschrocken, unerschütterlich und stolz.

Der Schwarze kommt näher an Les Gannaway heran und betrachtet das Brandzeichen des grauen Wallachs.

»Ein fremder Brand, Miss Ann«, spricht er dann mit dunkler und dennoch weicher Bassstimme. Ganz gewiss kann er wunderbar singen, das nimmt man sofort an, sobald man ihn sprechen hört.

»Steigen Sie ab, Fremder«, sagt das Mädchen. »Bob wird Ihnen zu essen geben. Wir haben eine ganze Menge übrig, mehr, als Sie vertilgen können, Fremder.«

Les nickt. Er sitzt langsam ab, und als er dann neben dem Pferd steht, wirkt er beachtlicher als im Sattel. Er ist größer als sechs Fuß, hager und knochig, mit schmalen Hüften und breiten Schultern. In den Schultern wirkt er nicht so hager.

Sein Gesicht ist hohlwangig, dunkel und etwas unregelmäßig. Ganz bestimmt ist es nicht hübsch, doch männlich. Es sind einige harte Linien in diesem Gesicht. Als er nun lächelt, blinken seine Zähne, und er wirkt plötzlich jünger und nicht mehr so hart.

»Danke, Madam«, sagt er. »Ich bin Lesly Fisher und komme …«

»… aus Texas«, unterbricht sie ihn. »Das hört man Ihnen an. Doch es ist uns gleich, woher Sie kommen und wie Sie heißen.«

Er sagt nichts dazu, und er geht mit seinem Pferd zum Wasser, findet eine Stelle, wo er hinunterkann, und versorgt dort das Tier. Er nimmt sich dabei Zeit.

Als er dann zum Feuer kommt, hat der Koch das Essen für ihn bereit.

Er hockt sich nieder und betrachtet dann kauend den verwundeten oder vielmehr verletzten Mann, der ihm gegenüber auf der Decke liegt und manchmal vor Schmerzen stöhnt.

Es handelt sich offenbar um einen Mann in seinem Alter, also noch unter dreißig. Er ist kräftig gebaut, muskulös. Sein Gesicht ist von einigen Pflastern fast völlig verdeckt. Sein Kopf ist verbunden.

»Hatte er einen Unfall?«, fragt Les Gannaway, der sich hier unter einem falschen Namen vorstellte, sich Lesly Fisher nannte.

Er erhält nicht sogleich Antwort, doch er spürt, wie ihn das Mädchen sorgfältig und sehr abschätzend betrachtet.

»Ja, er hatte einen Unfall – so kann man es nennen«, sagt sie dann. »Es ist Clay Moore, mein Verlobter. Wir verloren unsere Mannschaft, und wenn Sie Arbeit suchen, so können Sie die sofort bekommen. Das hier sind vierhundert Rinder, und sie sind noch etwa dreißig Meilen von der Heimatweide entfernt. Wir zahlen Ihnen pro Tag drei Dollar für die Arbeit als Treiber. Aber vielleicht wird es eine gute Prämie geben, wenn Sie nicht fortlaufen wie unsere drei anderen Treiber. Ja, Sie können sich eine gute Prämie verdienen, wenn Sie durchhalten bis zur Moore Ranch. Und Sie sehen so aus, als könnten Sie auch dann noch durchhalten, wenn es etwas rau wird.«

Sie erwartet offensichtlich noch keine Antwort von ihm, denn sie bewegt sich nun, geht zu einem Pferd und sitzt auf. Sie trägt einen geteilten Reitrock, der ihr Bewegungsfreiheit gestattet. Sie reitet im Herrensitz in die Nacht hinaus.

Les Gannaway sah noch nie eine Frau geschmeidiger und leichter aufsitzen. Sie muss schon als Kind im Sattel gesessen haben, noch bevor sie lesen und schreiben konnte.

Mit einem Gewehr im Sattelschuh reitet sie ganz selbstverständlich in die Nacht hinaus, um nach der Herde zu sehen, die auf der anderen Seite des Sees lagert, weil das Ufer dort flacher und auch etwas schlammig ist, sodass sich die Rinder im Schlamm wälzen können, da die Büffelmücken in dieser warmen und windstillen Nacht besonders frech sind.

Hier am Feuer ist es nicht so schlimm.

Les betrachtet den schwarzen Cowboykoch. Der Schwarze ist keiner von diesen unterwürfigen Negern, die gewöhnt sind, zweitklassige Arbeit zu verrichten. Der Schwarze blickt frei und fest, und sein ganzes Benehmen wirkt ungezwungen, selbstbewusst – doch dabei bescheiden und bestimmt nicht großspurig.

Er hat seine Hosen in die Stiefel gesteckt. Im linken Stiefel steckt ein Revolver.

Eine Weile betrachten sich die beiden Männer schweigend.

Dann nimmt der Schwarze Les Gannaways leeren Blechteller und füllt ihn nochmals.

Der Verletzte auf der Decke bewegt sich etwas und stöhnt wieder. Es scheint, als sei sein Schlaf zu einem gewissen Teil Bewusstlosigkeit. Vielleicht hat man ihm ein Schlafmittel gegeben.

Les leert auch den zweiten Teller. Dann fragt er: »Was ist denn hier los, Mister Black?«

»Ich bin Bob Marmaduke«, sagt der Schwarze ruhig. »Man nennt mich in diesem Land entweder Nigger, schwarzer Hundesohn oder Bob. Und wenn Sie etwas wissen wollen, Mister, dann fragen Sie Miss Ann Sheridan.«

In seiner Stimme klingt keine Bitterkeit. Sie klingt auch nicht unfreundlich, nur schlicht und sachlich. Er spricht wie ein Mann, der eine gute Schulbildung erhielt. Es gibt gewiss nur wenige weiße Männer in diesem Land, die ihre Muttersprache so gut sprechen wie dieser Schwarze.

Les sagt nichts mehr. Er nimmt sein Bündel und zieht sich in den Schatten eines Busches zurück. Dort bereitet er sein Lager und ist wenig später schon eingeschlafen.

☆☆☆

Als er am Morgen das Mädchen am Feuer hantieren hört, erhebt er sich, wäscht sich, sattelt sein Pferd und bindet es in der Nähe des Feuers an. Dann tritt er ans Feuer und sagt: »Ich nehme den Job an, denn ich bin so abgebrannt, dass ich jeden Dollar gebrauchen kann.«

Er deutet auf Clay Moore, der immer noch auf der Decke beim Feuer liegt und offenbar noch schläft.

»Was ist ihm zugestoßen?«

»Er wurde mit Bullpeitschen bearbeitet und dann an einem Lasso ein Stück über den Boden geschleift«, spricht sie. Nun klingt ihre Stimme spröde und klirrt wie etwas, das bei der nächsten Gelegenheit zerspringen wird.

»Und Ihre Treiber bekamen Angst und ritten davon?«, fragt Les langsam.

Das Mädchen nickt. Sie kommt um das Feuer herum bis dicht zu ihm. Nun kann er sie im grauen Morgenlicht genauer ansehen. Er hält den Atem an, denn er glaubt, dass er noch niemals solch ein Mädchen sah. Sie ist auf eine herbe, dunkle und dennoch so klare Art von aparter und rassiger Schönheit.

Sie hat grüne Augen, die etwas schräg gestellt sind.

Diese Augen betrachten ihn ernst.

Ihre vollen Lippen sind fest zusammengepresst. Er begreift, dass ihr Mund sonst sehr ausdrucksvoll ist und sehr viel von dem verraten kann, was dieses Mädchen fühlt und denkt.

»Ja«, sagt sie, »unsere Treiber bekamen Angst und ritten davon. Doch es waren durchschnittliche Burschen, die wir nur für diesen Trail angeworben hatten. Sie, Lesly Fisher, sind kein durchschnittlicher Bursche. Ich glaube nicht, dass Sie so leicht fortlaufen können.«

»Vielleicht täuschen Sie sich, Ann Sheridan«, murmelt er, und er wird sich immer mehr ihrer reizvollen Nähe bewusst. Zugleich begreift er, dass dies ihre Absicht ist.

Oh, sie ist ganz bestimmt kein Flittchen! Er hält sie für sehr stolz. Doch sie muss sehr in Not sein, so sehr, dass sie nun sogar mit den Waffen einer zu allem entschlossenen Eva zu kämpfen beginnt.

»Laufen Sie nicht fort«, sagte sie. »Helfen Sie uns, die Herde auf die Weiden der Moore Ranch zu bringen. Sie werden es nicht zu bedauern haben.«

In ihren Augen glaubt er nun etwas zu erkennen, das er als ein Versprechen deuten kann.

Plötzlich möchte er wissen, wie weit sie zu gehen bereit wäre. Er fasst sie an den Schultern, beugt sich nieder und küsst sie.

Zuerst ist sie starr vor Schreck.

Dann versucht sie, ihn etwas spüren zu lassen, das in ihr für ihn gar nicht vorhanden ist.

Dann reißt sie sich los und schlägt ihm klatschend ins Gesicht.

»Nein«, sagt sie. »Ich kann es doch nicht! Scheren Sie sich zum Teufel, Lesly Fisher, oder wie Sie sonst heißen mögen! Ich brauche Ihre Hilfe nicht!«

Seine stoppelbärtigen Wangen brennen, denn sie schlug ihn kräftig rechts und links. Sie ist ein Mädchen, das bei aller reizvollen Weiblichkeit auch kämpfen kann.

Aber er grinst.

»Das wäre geklärt«, sagt er. »Sie können mich also nur mit Geld bezahlen. Und ich verlange tausend Dollar. Das ist mein Preis! Für tausend Dollar bringe ich die Herde dreißig Meilen weit auf die Weide der Moore Ranch.«

Sie sieht ihn an. Nun kann sie ihn im ersten Morgenlicht besser betrachten als im Mondlicht oder beim Feuerschein.

Heute kann sie auch in seinen Augen etwas erkennen, das ihr alles über diesen Mann sagt, denn sie kennt sich aus mit Männern jeder Sorte. Sie hat ihr ganzes Leben unter mehr oder weniger harten Männern verbracht, bis auf wenige Jahre, die sie auf einer feinen Schule im Osten war.

Mit dreizehn Jahren hat sie mit einer Schrotflinte gegen wilde Apachen kämpfen müssen. Zumindest zwei dieser Apachen hat sie damals tödlich getroffen.

Als sie nun den Fremden ansieht, da weiß sie plötzlich, dass er nicht einfach nur ein hartbeiniger Satteltramp ist.

Ihre Nasenflügel vibrieren, als wenn sie eine Witterung bekommen hätte. Oh, sie weiß mit einem Mal, dass sie sich für tausend Dollar einen Revolvermann anwerben kann.

Sie zögert nicht.

»Ich zahle Ihnen diese Summe«, sagt sie. »Sie zweifeln doch nicht, dass ich zahlen kann? Ich bin nicht arm. Nur Clay Moore ist es. Doch er wollte von mir keinen Cent annehmen. All seine Ersparnisse stecken in der Herde. Wenn er sie verliert, wird er so stolz sein, mich nicht zu heiraten. Verstehen Sie das? Er will mich nur heiraten, wenn es ihm gelungen ist, Rancher zu werden. Erst will er sich neben den beiden Großen in diesem Land behauptet haben. Er ist so stolz.«

Les nickt.

»Und nun sagen Sie mir nur noch, wer die beiden Großen sind«, sagt er langsam.

Sie sieht ihn an, etwas staunend, so als könnte sie nicht begreifen, dass er solch eine Frage stellt.

»Einer ist mein Vater, John Sheridan«, sagt sie, »und der andere Mann ist Tyrel Starr …«

»… dessen Antrag Sie abgelehnt haben, weil Sie lieber Clay Moores Braut wurden?« Mit dieser Frage unterbricht er sie.

Sie schweigt und nickt.

Da weiß er auch schon alles.

So einfach und klar ist es.

Ein großer Mann will seine Tochter einem anderen Mann geben, keinem Hungerleider. Doch die Tochter ist stolz und starrsinnig. Sie will sich ihren künftigen Mann selbst auswählen.

Deshalb wurde dieser Mann gestern zerbrochen.

Les fragt sich, ob Clay Moore weitermachen wird, wenn er erst wieder gesund genug ist, um sich entscheiden zu können.

Doch darauf kommt es jetzt nicht an.

Ann Sheridan will weitermachen.

Und er kann sich tausend Dollar verdienen!

Mit tausend Dollar aber kann er wieder längere Zeit unabhängig sein und seiner Aufgabe nachgehen.

»Fangen wir an«, sagt er zu Ann. »Sie fahren wohl den Wagen. Wir legen Clay Moore hinein, nicht wahr?«

☆☆☆

Es ist eine verteufelt schwere Arbeit, vierhundert Rinder zu treiben, wenn man nur einen einzigen Gehilfen dabeihat.

Der schwarze Bob Marmaduke ist ein erstklassiger Cowboy. Noch niemals sah Les solch einen schwarzen Cowboy.

Aber sie sind dennoch zwei Mann zu wenig.

Ann Sheridan hilft ihnen jedoch dadurch etwas, dass sie mit ihrem Wagen langsam an der Spitze fährt und somit den Vorreiter ersetzt. Die beiden Männer treiben die Rinder ziemlich rau und benutzen die Bullpeitschen. Sie können es nicht anders machen, müssen diese Herde eisern unter Kontrolle halten. Sie brächten die Rinder sonst keine vier Meilen weit. Doch Les möchte mit der Herde etwa zehn Meilen pro Tag schaffen.

Es ist eine schlechte Herde, alles nur magere Mischrinder, die gewiss sehr billig waren. Les hat es nicht anders erwartet, als er sich bei Tag die Rinder ansah. Ein Mann wie Clay Moore, der mit seinen Ersparnissen Rinder kauft, um möglichst viel Weide damit besetzen zu können, der legt zuerst einmal Wert auf die Menge.

Mehrmals an diesem Tag denkt Les über diesen Clay Moore nach.

Was mag er für ein Mann sein? Ist er wirklich so stolz? Hat er großen Mut?

Aber er kann sich nicht vorstellen, dass Ann Sheridan sich in einen Mann verliebt hätte und dessen Frau werden wollte, der nicht von besonderer Art ist. Clay Moore muss schon ein besonderer Mann sein. Zu diesem Schluss kommt Les Gannaway immer wieder.

Es ist ein langer Tag für die beiden Treiber. Am späten Nachmittag beginnt Bob Marmaduke nachzulassen. Er ist restlos erschöpft. Les Gannaway jedoch zeigt keinerlei Müdigkeit. Auch sein hagerer Wallach, dem er nur einmal eine Pause von zwei Stunden gönnte, scheint von einer besonderen Substanz zu sein.

Les Gannaway mag ein Revolvermann sein, gewiss er ist zugleich auch durch und durch ein Rindermann. Er treibt Rinder mit einer spielerisch wirkenden Lässigkeit, die nur für den Unkundigen etwas bequem wirkt, weil er keine einzige Bewegung zu viel macht oder dies seinem Pferd zumutet. Doch er kann sich in einen wilden Teufel verwandeln, wenn einer der Stiere auszubrechen versucht und ein Rudel Kühe mitnehmen will. Dann bekommt er sie alle unheimlich schnell unter Kontrolle.

Bob Marmaduke hat das schon sehr bald erkannt. Als er einmal beim Wagen das Pferd wechselt, sagt er zu Ann Sheridan: »Miss Ann, er ist der beste Treiber, den ich jemals sah. Sein grauer Wallach scheint denken zu können wie ein Mensch.«

Aber dies alles hat das Mädchen schon vom Wagen aus selbst beobachten können.

So vergeht also der Tag. Es ist ein heißer Tag, doch er ist nicht besonders staubig. Vor nicht langer Zeit gingen Regenfälle nieder. Die Hügel in der Runde sind grün. Es ist ein recht unübersichtliches Land mit tausend verborgenen Winkeln und Verstecken, mit Hügelketten und gewundenen Tälern, Waldstücken und mit Buschwerk gefüllten Senken.

Sie halten die Rinder rechts und links eines Reit- und Fahrweges, der von Radfurchen und Hufspuren geprägt wurde.

Am späten Nachmittag lassen sie die Herde an einem Creek für eine Stunde rasten. Dann treiben sie noch fast zwei Meilen bis zum Anbruch der Nacht. Sie finden eine geeignete Senke, wo sie die Herde leicht unter Kontrolle halten können, stellen den Wagen am südlichen Rand der Senke auf und erreichen das Camp.

Les bleibt bei der Herde.

Bob beginnt zu kochen, nachdem er Holz herbeischaffte.

Das Mädchen kümmert sich um das Gespann und die Reservepferde. Sie tut dies geschickt und kennt sich aus.

Sie nimmt sich dann ein Sattelpferd und kommt zu Les geritten.

»Ich löse Sie ab«, sagt sie knapp.

Er nickt, zieht seinen Wallach herum und will zum Camp. Doch da sagt sie plötzlich: »Sie verstehen sich gut auf Rinder, Les. Sind Sie auf allen Gebieten so gut?«

Er zögert und sitzt entspannt im Sattel. In seiner müden Stimme ist jedoch ein leicht ironischer Ton, als er antwortet: »Sie wollen doch wissen, ob ich mit dem Colt so gut bin wie beim Rindertreiben. Ich kann Sie beruhigen.«

Nach diesen Worten reitet er davon.

Als er ins Camp kommt, hat Bob das Abendessen fertig. Sie essen schweigend und blicken sich nur manchmal an. Dann spricht Bob Marmaduke: »Es gibt hier in diesem Land einige besondere Nummern, denen Clay Moore einfach nicht gewachsen ist. Haben Sie schon von Henry McLeod gehört?«

Er stellt die Frage überraschend, und er beobachtet Les Gannaway dabei sehr aufmerksam.

Doch Gannaways Gesicht bleibt ohne besondere Zeichen. Er nickt und erwidert: »Gewiss, wer kennt ihn nicht, ich meine, wer hat noch nicht von diesem Revolverhelden gehört? Ich kenne ihn nicht persönlich, weil ich bisher stets auf einer anderen Weide war als er. Was tut Henry McLeod hier in diesem Land?«

Bob Marmaduke grinst. »Er schießt dann und wann einen Mann tot, der glaubt, den beiden Großen dieses Landes trotzen zu können. Passen Sie auf, dass nicht auch Sie von ihm erwischt werden. Ich musste Sie darauf aufmerksam machen – aus Gründen der Fairness, verstehen Sie, Mister?«

Les Gannaway nickt langsam.

Er blickt zum Wagen hin, in dem Clay Moore liegt. »Wie geht es ihm?« So fragt er ruhig.

Bob Marmaduke hebt die Schultern. »Er ist bei Besinnung, doch er stellt sich sehr krank. Er wurde vor den Augen seiner Braut grausam verprügelt, und er war bisher ein recht stolzer Bursche …«

Der Schwarze verstummt gedehnt, und er braucht auch gar nichts mehr zu sagen, denn Les versteht Clay Moores Problem sofort.

Nun fragt er Bob: »Und warum hat man dir nichts getan, Marmaduke?«

Dieser grinst breit: »Ich bin ein Nigger«, sagt er. »Meine Mutter war Ann Sheridans Amme. Dafür schickte mich John Sheridan auf eine gute Schule. Das war nobel. Ich reite für ihn und achte auf seine Tochter. Ich tue, was sie mir sagt. Sie ist ihrem Vater ausgebrochen, und dieser Vater ist sehr froh, dass ich bei ihr bin. Ich stehe sozusagen unter John Sheridans Schutz. Jeder weiß das. Deshalb tut man mir nichts. Bei Ihnen ist das anders, Mister. Sie sind an Clay Moores Stelle getreten. Für tausend Dollar. Sie hätten übrigens zehntausend verlangen können. Auch diesen Preis hätte Ann Sheridan gezahlt. Sie ist reich. Ihre Tante hat ihr eine Million vererbt. Sie ist reicher als ihr Vater und Tyrel Starr zusammen – jedenfalls, was das Geld betrifft. John Sheridan und Tyrel Starr halten mit ihren Rindern viel Land besetzt. Wenn sie dieses Land und die Rinder verlieren, sind sie gar nicht mehr so groß und reich. Verstehen Sie das?«

Les Gannaway nickt.

»Es ist das alte Spiel«, sagt er. »Es ist das alte, raue, harte Spiel. Die Großen lassen keine Kleinen hochkommen. Wenn sich die Kleinen zusammenschließen, gibt es einen Krieg. Nun gut, ich bin froh, dass Ann Sheridan die tausend Dollar wird zahlen können.«

Mehr sagt er nicht. Er ist nun fertig mit dem Essen und erhebt sich.

»Ich werde Ann bei der Herde ablösen«, sagt er und streckt seine sattelmüden Glieder, lockert Schultern und Arme und schüttelt sich geschmeidig.

Als er zu seinem Pferd will, hört er einige Reiter kommen. Sie mussten leise hinter einer Bodenwelle im Schritt bis dicht in die Nähe des Camps gelangt sein. Dann trieben sie ihre Pferde jäh an.

Mit einem Mal sind sie rings um das Camp verteilt.

Les Gannaway steht nun mit dem Rücken zum Wagen und nur zwei Schritte von diesem entfernt.

Bob Marmaduke blieb beim Feuer.

Es sind fünf Reiter, die das Camp umstellt haben.

Dann aber kommt noch ein Reiter. Es ist Ann, die nun nicht länger die Herde bewacht. Sie kommt hinter den Wagen geritten, will dort absitzen.

Doch Les Gannaway sagt knapp: »Sie haben Herdenwache! Reiten Sie zur Herde zurück – sofort!«

»Das werde ich nicht tun«, widerspricht sie heftig. »Denn diese Reiter sind …«

»Sie behindern mich hier«, unterbricht er sie. »Wenn Sie nicht sofort verschwinden, bin ich hier fertig!«

In seiner Stimme ist eine leidenschaftslose Härte, und das Mädchen weiß sofort, dass er nicht blufft. Genau in diesem Moment wird ihr klar, dass dieser Mann niemals blufft.

Zwei Atemzüge lang sitzt sie starr im Sattel.

Dann zieht sie ihr Pferd herum und reitet gehorsam davon.

Einer der bisher schweigsamen Reiter sagt trocken: »Das ist gut so, Miss Ann. Wir werden uns Ihren neuen Mann einmal genauer ansehen, so ganz unter Männern. Und der Nigger verschwindet ebenfalls! Los, du schwarzer Hundesohn, verschwinde!«

Bob Marmaduke sagt nichts. Er erhebt sich aus seiner hockenden Stellung, löst den Zuckersack, den er sich als Schürze umgebunden hat, geht zu seinem Pferd, sitzt auf und folgt dem Mädchen.

Die fünf Männer warten schweigend, bis der Hufschlag weit genug entfernt klingt.

Dann sagt der Sprecher: »Und nun zu dir, Fremder! Wir wollen nicht, dass jemand für Clay Moore arbeitet – auch nicht für Ann Sheridan. Pack deine Sachen und verschwinde! Das ist ein Befehl!«

Les Gannaway bewegt sich nicht. Er lässt fast eine Minute verstreichen. Dann spricht er ganz ruhig: »Ist einer von euch ein Sheriff oder ein anderer Gesetzesvertreter?«

»Was soll die dämliche Frage?«

»Wenn ihr keine Gesetzesvertreter seid, dann ist das jetzt Nötigung. Dann habe ich das Recht, mich dagegen zu wehren. Begreift ihr das, Jungs?«

»Ja, bist du denn verrückt, Fremder?« Der Sprecher schreit es mit überschnappender Stimme.

»Ich möchte nicht unfair sein, Jungs«, erwidert Les Gannaway. »Deshalb will ich euch vorher sagen, dass ich zwei von euch ganz bestimmt aus den Sätteln hole – vielleicht auch drei. Versucht es erst gar nicht mit mir. Verschwindet!«

Sie schweigen einige Atemzüge lang, so verblüfft sind sie. Dann lacht einer wild und fast wütend: »Was machen wir mit diesem Witzbold?«

Nun sitzen sie wie auf ein stillschweigendes Kommando ab.

Einer von ihnen kommt mit schussbereitem Colt um das Pferd herum und richtet die Waffe auf Les Gannaway. Er will es auf eine theatralische, triumphierende Art tun, und vielleicht hätte er auch im nächsten Moment gesagt: »Siehst du, jetzt haben wir dich schon!«

Doch er kommt nicht mehr dazu.

Les Gannaway zieht seinen Revolver. Es wirkt wie eine reflexartige Bewegung, deren Ablauf ein Auge kaum verfolgen kann. Der Revolver liegt einfach ganz plötzlich in seiner Hand und kracht.

Obwohl der andere Mann mit dem Revolver auf ihn zielt, drückt er jenen Sekundenbruchteil zu spät ab, auf den alles ankommt. Les Gannaways Kugel stößt ihn in diesem Moment schon zurück.

Aber es ist noch längst nicht zu Ende. Für jeden dieser Männer genügen Sekundenbruchteile. Sie schwingen ihre Waffen hoch – und Les Gannaway schießt weiter.

Als alles vorbei ist, spürt er den Schmerz einer Streifwunde auf einer der Rippen.

Aber er steht ruhig da und hat immer noch eine Kugel im Lauf.

Ein Pferd wurde von einer verirrten Kugel getroffen.

Zwei der Männer liegen bewegungslos am Boden. Einer kniet und presst beide Hände gegen seine Brust.

Die letzten beiden stehen mit erhobenen Händen da, erschreckt und starr. Sie ließen ihre gezogenen Waffen einfach fallen wie glühende Eisen.

Es sind erst drei Sekunden vergangen, denn alles geschah blitzschnell. Es war ein wilder, explosiver Ausbruch von Gewalttat, nach dem dann alles erstarrt und das Schreckliche erst voll erkennbar wird.

Nun beginnen die Männer wieder zu denken – und begreifen, was geschehen ist.

Der Verwundete stöhnt: »Du lieber Gott, ich verblute. In was sind wir da hineingeraten?«

Das fragen sich die beiden anderen Männer auch, die starr mit erhobenen Händen verharren.

»Helft ihm«, sagt Les Gannaway langsam. »Helft diesem Narren! Ich sagte euch doch, dass ihr es nicht mit mir versuchen sollt! Ich habe euch doch gewarnt, ihr Dummköpfe, nicht wahr?«

In seiner Stimme klingt die ganze Bitterkeit eines Mannes, der Böses tun musste, um am Leben zu bleiben, und der auch nicht gewillt war, sich zerschlagen zu lassen wie Clay Moore.

Er wirkt sehr ernst, bitter und freudlos.

»Ihr Narren!«, sagt er nochmals. »Warum könnt ihr nicht begreifen, dass nicht jeder Mann sich von euch in die Ecke drängen und zerbrechen lässt?«

»Wir konnten doch nicht wissen, dass Ann Sheridan sich einen ganz Großen angeworben hat!« Das erwidert ihm einer der beiden Männer, die ihre Hände herunternahmen und sich um den Verwundeten kümmern.

Die Herde brüllt und muht in der Senke, erschreckt von den Schüssen. Die Pferde tanzen wiehernd zur Seite und schnauben immer noch erschrocken. Doch weil ihre Zügel zu Boden hängen und sie gut dressiert sind, liefen sie nicht fort.

Obwohl die Rinder in der Senke unruhig sind, kommen nun Ann Sheridan und Bob Marmaduke wieder zum Camp geritten.

Sie halten an und starren in die Runde.

»Wenn ihr einen Verbandskasten habt«, sagt Les, »dann holt ihn heraus. Ich übernehme die Herdenwache.«

Er geht zu seinem Pferd, das auf der anderen Wagenseite an das Hinterrad gebunden ist. Er löst die langen Zügelenden, sitzt auf und reitet in die Nacht.

Ann Sheridan und Bob Marmaduke blicken ihm nach. Einer der beiden unverletzt gebliebenen Männer sagt bitter: »Miss Ann, Sie hätten uns sagen sollen, dass Sie sich einen Revolvermann angeworben haben. Er hat Bill Meafitt erschossen, weil dieser den Colt auf ihn richtete. Und er hat Ringo Duane und Jim Troop schlimm verwundet. Gebt uns den Verbandskasten. Wir müssen die Kugellöcher zustopfen. Heiliger Rauch, er hat den Kampf gegen fünf Männer aufgenommen und gewonnen. Der kann es sogar mit Henry McLeod aufnehmen. Oh, wenn die beiden Nummern zusammenstoßen, möchte ich dabei sein. Drei Monatslöhne würde ich dafür zahlen. Oh …«

Er verstummt, denn ihm fällt erst jetzt auf, wie redselig er ist. Dabei ist er sonst so mundfaul. Aber die Aufregung hatte zu sehr von ihm Besitz ergriffen.

☆☆☆

Als es Mitternacht ist, kommt Ann Sheridan vom Camp herübergeritten. Sie hält neben Les Gannaway an. Er weiß sofort, dass sie nicht nur gekommen ist, um ihn abzulösen. Sie will mit ihm reden.

Doch er kommt ihr zuvor: »Sie haben mich für tausend Dollar angeworben, diese Herde dort auf die Weide der Moore Ranch zu bringen – und nichts anderes tue ich. Sie brauchen mich nicht abzulösen. Ich werde die ganze Nacht nicht schlafen können. Da ist es mir schon lieber, hier um die Herde zu reiten. Also kehren Sie ins Camp zurück. Ich hörte, dass die Revolverschwinger mit den Verwundeten und dem Toten abgezogen sind. Es wird eine ruhige Nacht, Miss Sheridan.«

»Was sind Sie für ein Mann?«, fragt sie merkwürdig weich.

Er lacht leise. »Nun ich habe Sie geküsst«, sagt er. »Und Sie schlugen mich. Dann habe ich mich für tausend Dollar an Sie vermietet. Und Sie fragen mich, was für ein Mann ich sei?«

»Ihr Name kann nicht einfach nur Lesly Fisher sein.«

»Vielleicht doch – oder auch nicht. Was macht es schon aus?«

Er reitet von ihr fort, und sie folgt ihm nicht. Sie reitet zum Camp zurück.

Etwa zwei Stunden später hört Les die leisen Geräusche eines Mannes, der sein Pferd äußerst vorsichtig aus der Nähe des Camps führt. Dann hält der Mann mit dem Pferd an. Les hört das Quietschen und Knarren des Sattels. Also sitzt der Mann nun auf. Er stöhnt dabei leicht, und dieses Stöhnen sagt Les endlich, um welchen Mann es sich handelt.

Denn Bob Marmaduke würde nicht stöhnen.

Les reitet aus dem Schatten der Bäume in Richtung der Geräusche. Als er um eine Buschgruppe kommt, stößt er auf Clay Moore und reitet langsam neben diesen. Sie halten Bügel an Bügel, doch stehen ihre Pferde so, dass sie sich gegenseitig die Schwänze um die Nasen schlagen könnten.

Die Männer können sich im Mondlicht betrachten.

Les Gannaway sagt nichts. Er wartet ruhig.

Clay Moore atmet gepresst. »Sie sind der große Mann«, sagt er. »Sie haben sich erfolgreich gegen das Rudel behaupten können, das mich vor Ann Sheridan wie einen räudigen Hund verprügelte, bis ich am Boden lag und darum bat, dass sie aufhören möchten. Ann Sheridan hat dabei zugesehen. Dann hat sie mich abgewaschen und meine Wunden gepflegt, und ich kam mir nochmals wie ein verprügelter Hund vor, der eine mitleidige Seele fand. Können Sie mich verstehen, Lesly Fisher – so nennen Sie sich doch?«

Er fragt es sehr eindringlich, beugt sich vor, um Les besser ansehen zu können.

Les nickt.

»Ich reite fort«, sagt Clay Moore. »Ich komme nie wieder in dieses Land zurück. Ja, ich stehle mich still und heimlich wie ein getretener Hund davon. Ann und Bob schlafen diese Nacht sehr fest. Ich glaubte, ich könnte mir einen Platz neben den beiden Großen dieses Landes erobern. Aber dann genügte ein Rudel Revolverschwinger und Schläger. Der große Mann sind Sie, Lesly Fisher. Wollen Sie mir Ihren richtigen Namen sagen?«

»Wozu, Clay Moore?«, fragt Les ruhig.

Dieser grinst verzerrt.

»Ich stehle mich also davon, aber ich werde in der nächsten großen Stadt zu einem Notar gehen und die Besitzurkunde meiner Ranch auf Ihren Namen umschreiben lassen – auf Ihren Namen, Mister, verstehen Sie? Deshalb muss ich Ihren richtigen Namen wissen. Ein Mann, der es mit einem ganzen Rudel aufnimmt, der kann nicht einfach nur Lesly Fisher heißen. Ich will Ihnen meine Ranch für einen Dollar verkaufen, und ich sende Ihnen die Urkunde in den nächsten Tagen nach El Toro. Hören Sie, es ist keine große Ranch, doch sie ist ausbaufähig. Ich besitze nur ein kleines Blockhaus, einige Corrals und einen Schuppen. Aber die Wasserrechte sind wichtiger als …«

»Und warum wollen Sie mir das für einen Dollar schenken?«

Les Gannaway hat einen bitter-spöttischen Klang in seiner Stimme.

Clay Moore aber muss nicht lange überlegen, um seine Beweggründe zu erklären.

»Ich bin geschlagen«, sagt er. »Doch ich möchte, dass auch Tyrel Starr an einem Mann zerbricht. Vielleicht sind Sie dieser Mann. Ich hoffe es. Sie haben sich von Ann Sheridan für tausend Dollar anwerben lassen, also sind Sie ein Mann, der für einen stolzen Preis zu kämpfen bereit ist. Nun, meine Ranch ist ein stolzer Preis. Sie ist Tyrel Starr gewiss fünfzigtausend Dollar wert, wenn er erst herausfindet, dass er Sie nicht fortjagen kann. Wollen Sie meine Ranch? Dann sagen Sie mir Ihren Namen.«

Les Gannaway überlegt eine volle Minute.

Dann murmelt er: »Mein Name ist Les Gannaway.«

»Ah, dachte ich es mir doch, dass Sie einer von diesen …«, murmelt Clay Moore. Doch er beendet seinen Satz nicht. »Sie bekommen den Besitztitel«, sagt er über die Schulter, als er anreitet. »Schenken Sie den Dollar einem armen Teufel.«

Er verschwindet in der Nacht, ein schief im Sattel hockender Mann, der einmal sehr stolz und selbstbewusst war und den man zerbrochen hat.

Clay Moore wird weit reiten, sehr weit, denkt Les Gannaway, der ihm nachsieht. Er wird es da und dort versuchen, doch er wird immer Zweifel an sich spüren. Es wird niemals mehr als nur Durchschnitt sein, denn er hat hier aufgegeben. Ein Mann kann geschlagen werden – einmal, zweimal und immer wieder. Doch solange er nicht aufgibt und um Gnade winselt, behält er seinen Stolz und bleibt ein Mann.

So denkt Les Gannaway, denn seine Wege waren rau.

Er wendet den Kopf, als er nochmals einen Reiter kommen hört. Es ist Ann Sheridan.

»Clay Moore ist also fort«, sagt sie. »Er hat sich fortgeschlichen, weil er glaubte, ich schliefe unter dem Wagen und er könnte unbemerkt verschwinden. Er hat aufgegeben.«

»Das hat er«, murmelt Les. »Wollen Sie ihm nach, um ihn zurückzuholen? Oder wollen Sie mit ihm reiten – irgendwohin, wohin sein Weg auch führt?«

»Müsste ich das?« Sie fragt es scharf und spröde.

»Wenn Sie ihn lieben«, sagt Les bedächtig, »so müssten Sie jetzt mit ihm reiten. Und wenn es sein müsste, barfuß für ihn betteln gehen.«

»Aus Liebe?«

»Ja, Ann Sheridan – aus Liebe.«

»Nein, nicht für einen Feigling, der aufgibt«, sagt sie herb. »Ich könnte das nur für einen Kämpfer tun.«

Sie wendet ihr Pferd und späht eine Weile in die Richtung, in die Clay Moore davonritt.

»Was wollte er von Ihnen, Lesly Fisher?«

»Ach, er fragte mich nur, ob ich ihn verstehen könnte.«

»Können Sie das?«

»Ja.«

»Wären auch Sie an seiner Stelle davongelaufen?«

»Ich bin nicht wie er. Jeder Mensch ist anders.«

»Ich brauche Sie, Lesly Fisher. Es hat sich doch nichts an unserer Vereinbarung geändert, nicht wahr? Da Clay fortritt, überließ er mir damit seine Ranch, denn ich war seine Braut. Ich trete an seine Stelle.«

»Ich habe mit Ihnen einen Vertrag, Miss Sheridan«, murmelt Les, »einen Tausend-Dollar-Vertrag. Vorerst ändert sich nichts, denn es kommt Ihnen doch nur darauf an, dass die Herde ihr Ziel erreicht.«

»Genau«, sagt sie.

Dann wechselt sie das Thema. »Schlafen Sie zwei Stunden«, sagt sie. »Ich halte jetzt Herdenwache. Sie werden bald all Ihre Fähigkeiten nötig brauchen, Lesly Fisher. Deshalb müssen Sie wenigstens etwas Schlaf bekommen. Also!«

Er reitet wortlos zum Camp hinüber, kriecht unter eine Decke und ist nach drei Atemzügen auch schon eingeschlafen.

☆☆☆

Sie treiben die Herde am nächsten Tag abermals an die zehn Meilen weit durch das Hügelland.

Als sie einmal durch eines der Täler treiben, stoßen sie auf Rinder. Es sind kleinere Rudel, die über die Weide verteilt sind. Einige Rudel wollen sich der größeren Herde anschließen. Die drei haben Mühe, dafür zu sorgen, dass sich kein Rind mit fremdem Brandzeichen unter ihre Herde mischt. Die fremden Rinder auf der Weide tragen sämtlich ein großes S, das nach links gekippt ist.

»Es ist Tyrel Starrs Tumbling-S-Brand«, sagt Ann Sheridan einmal. »Die Viehdiebe können dieses fallende S schlecht in eine Acht ändern. Es würde dann ebenfalls eine fallende Acht sein. Dies genügt für Tyrel Starr schon.«

Auch diesen Abend findet die Herde für die Nacht einen guten Platz. Diesmal übernimmt Bob Marmaduke, der die ganze vorhergehende Nacht geschlafen hat, die Herdenwache. Ann Sheridan kocht, und Les kümmert sich um das Gespann und die Sattelpferde. Er steht dann am Hinterrad des Wagens und beobachtet Ann.

Sie hantiert sehr geschickt und bietet fortwährend einen erfreulichen Anblick. Er glaubt, dass sie sich in fast jeder Situation irgendwie zu helfen weiß.

Als sie dann gegessen haben, sagt sie plötzlich: »Ich bin neugierig, ob Tyrel Starr selbst kommt oder seinen Revolvermann Henry McLeod schickt. Lesly, haben Sie wirklich keine Furcht? Sie sind so gelassen und völlig ruhig. Ach, es ist unmöglich, dass Sie einfach nur der unbekannte Lesly Fisher sind.«

Er erhebt sich vom Feuer, wirft den leeren Blechteller und den Zinnbecher in die Spülwanne und wendet sich zu seinem Pferd, um Bob Marmaduke bei der Herde abzulösen.

Er schiebt schon einen Fuß in den Steigbügel, als er und Ann den Hufschlag von Reitern vernehmen.

Heute ist es anders als gestern. Da kamen die Reiter sehr leise bis dicht an das Camp heran. Ganz plötzlich hatten sie sich ums Camp verteilt.

Heute hört man den Hufschlag schon aus größerer Entfernung. Ein Mann wie Les Gannaway, der sich in diesem rauen Spiel auskennt, weiß schon jetzt, dass dort ein großer Bursche mit einigen Begleitern angeritten kommt, der es nicht nötig hat, leise aufzutreten, denn er fühlt sich zu sehr als Boss und glaubt an seine Macht und Stärke.

Les Gannaway bleibt dicht beim Wagen stehen. Er hat seinen grauen Wallach, dem er den Namen Phil gegeben hat, links neben sich. Er weiß, dass Phil niemanden von dieser Seite nahe heranlassen wird. Er rückt seinen Revolver zurecht. Und dann wartet er geduldig.

Ann steht am Feuer. Er sieht sie an und erkennt, wie sie sich strafft und das Kinn hebt. Sie wirkt ganz wie ein Mensch, der sich sammelt und sich darauf vorbereitet, einem anderen Menschen gegenüber standhaft zu bleiben.

Es sind vier Reiter.

Doch drei halten sich etwas zurück.

Einer reitet bis dicht zu Ann an das Feuer heran und blickt sich dann um. Es ist ein bullig und massig wirkender Mann, der auf einem riesigen Hengst sitzt, den er fortwährend unter Kontrolle halten muss und der ihn ständig beschäftigt.

Solch ein Pferd hält einen Mann in Form. Les weiß das, und er begreift schnell, dass dieser Bursche dort den Kampf und schwere Aufgaben braucht.

»Ann, wo ist Clay Moore?« So fragt er. Seine Stimme ist knapp und kehlig. Es ist die selbstbewusste Stimme eines Mannes, der einen Befehl niemals zweimal geben muss.

»Er ist fort, Tyrel Starr«, erwidert Ann, und sie nennt seinen vollen Namen gewiss nur deshalb, damit Les weiß, wer gekommen ist.

Tyrel Starr schnauft verächtlich durch die Nase. »Er ist einfach fortgeritten?«, fragt er scheinbar ungläubig. »Seine Angst war größer als die Liebe zu dir? Oha, Ann, was hast du dir da für einen Mann ausgesucht? Sei froh, dass er fort ist! Doch ich hörte, du hast schon wieder einen anderen Narren gefunden. Ist es der da? Was hast du ihm versprochen?«

»Tausend Dollar, Mister«, mischt sich Les ein. »Tausend Dollar dafür, dass ich die Rinder auf die Moore Ranch bringe.«

Tyrel Starr nickt, als er dies hört.

»Es freut mich«, sagt er, »dass wir nun zur Sache kommen können, da Sie offenbar schon darauf warten. Sie haben gestern einen meiner Männer erschossen. Dafür könnte ich Sie aufhängen lassen. Doch ich schätze einen Mann, der vor fünf anderen nicht kneift. Ich lasse Sie ungeschoren reiten. Fünf Minuten gebe ich Ihnen. Setzen Sie sich aufs Pferd und verschwinden Sie!«

Les Gannaway bewegt sich nicht.

»Gehen Sie zum Teufel, Starr!«

Dieser zieht sein Pferd herum und reitet ein Stück beiseite.

»Also los«, sagt er nur, und seine Worte sind ein Befehl für die drei anderen Reiter.

Diese sind inzwischen abgesessen. Sie nähern sich dem Wagen. Doch sie kommen nicht als geschlossene Dreiergruppe, sondern von drei Seiten. Einer wirkt etwas dicklich. Seine Stimme klingt näselnd. Er tritt vor das Feuer, sodass er es im Rücken hat und sein fleischiges Gesicht im Schatten ist.

»Ich bin McLeod«, sagt er. »Haben Sie schon von mir gehört?«

»O ja«, erwidert Les Gannaway. »Ich weiß von den Männern, die Sie im Revolverkampf töteten – und ich habe auch von einigen gehört, die Sie einfach so umlegten – einfach so, wissen Sie?«

McLeods rundes Gesicht bleibt unbeweglich. »Vielleicht denken Sie an einen bestimmten Mann«, murmelt er. »Das kommt immer vor. Wer sind Sie denn?«

»Fisher, Lesly Fisher«, murmelt Les Gannaway. »Und Sie können Ihren Kampf bekommen, McLeod, wenn Sie eine Schlangentätowierung auf der linken Hand haben.«

Einen Moment ist es sehr still.

Dann hört man McLeods tiefen Atemzug. Er sagt trocken: »Sie werden auf jeden Fall mit mir einen Kampf bekommen, Freund – ob ich die Tätowierung habe oder nicht!«

»Haben Sie eine?«

Les fragt es scharf und fordernd.

»Ja!« Henry McLeod erwidert es genauso scharf. Er weiß, dass ihn hier ein Mann wegen irgendeiner Sache, die vielleicht schon lange zurückliegt, eingeholt hat. Aber er hält sich jetzt nicht damit auf, darüber nachzudenken, was es für eine Sache war. Er ist ein Mann, der mit vielen Männern Revolverkämpfe hatte – mit Männern, die er tötete und die von Freunden oder Brüdern gerächt werden sollen. Ein Mann wie Henry McLeod ist es gewöhnt, dass andere Männer seiner Fährte folgen, um ihn wegen irgendwelcher Dinge zur Rechenschaft zu ziehen. Das gehört zu seinem Job, denn er ist ein berufsmäßiger Revolvermann.

Eine Waffe ist an ihm nicht zu sehen. Er trägt eine offene Cordjacke. Darunter irgendwo – vielleicht in einem Schulterholster – ist seine Waffe verborgen.

Die beiden Männer rechts und links von ihm sind ebenfalls Revolvermänner. Dies sieht man ihnen an. Sie sind eine Klasse besser oder vielleicht gefährlicher als die Burschen des gestrigen Rudels. Tyrel Starr ist mit seinen schärfsten Tigern gekommen. Deshalb kam er so selbstherrlich, so offen und laut angeritten.

Jetzt hält er sich abseits in der stolzen Pose eines Bosses, der nur die Befehle gibt, deren Ausführung er seinen Männern überlässt.

Der Atem von Gewalt und Gefahr weht über das Camp.

»Nein!«, ruft Ann Sheridan plötzlich. »Ihr feigen Schufte! Er ist allein! Habt ihr denn gar keine Ehre?«

Die drei Revolvermänner bleiben stumm. Sie betrachten Les Gannaway und sie wissen, wie schnell und gefährlich er ist. Sie überlegen, wer der Fremde wohl sein könnte. Sie schätzen ihn ab. Sie belauern ihn und warten auf Henry McLeods Zeichen.

Henry McLeod aber kennt keine ritterliche Ehre.

Überdies meldet sich Tyrel Starr mit leidenschaftsloser Stimme. Er sagt: »Ann, es geht hier nicht um Ehre, Fairness oder Ritterlichkeit. Das weißt du genau.«

»Du Feigling!«, sagt sie. »Er könnte dich schlagen. Ohne deine bezahlten Revolverhelden wärst du nur ein kleiner Wicht. Nur mit ihrer Hilfe konntest du Clay Moore zerbrechen. Und jetzt auch hier …« Sie verstummt und wirkt hilflos.

Henry McLeod sagt scharf in die Stille: »Also los, mein Freund! Wer Sie auch sein mögen! Los, ziehen Sie!«

Er hat seine Hände in Brusthöhe gegen die Aufschläge seiner Jacke gelegt – ganz leicht. Eine seiner Hände wird gedankenschnell unter die Jacke greifen. Das ist jetzt klar. Aber welche Hand?

Die beiden anderen Männer stehen rechts und links von ihm, doch von ihm jeweils mehr als drei Schritte entfernt.

Sie stehen breitbeinig da und halten ihre Hände geöffnet hinter den Coltkolben.

Wenn Les Gannaway gehofft hat, es mit Henry McLeod allein zu tun zu haben, so ist diese Hoffnung längst dahin. McLeod hat keine Ehre. Er ist ein Mordbandit, kein Kämpfer.

Tyrel Starrs Stimme klingt voll böser Ironie, als er nun laut über das Camp fragt: »Nun, Revolvermann, haben Sie jetzt genug, oder wollen Sie immer noch weitermachen? Jetzt haben Sie doch wohl endgültig begriffen, dass es heute anders ausgehen wird. Oder?«

Es bleibt eine Weile still.

Les Gannaway sagt nichts. Er steht nur ruhig da und sieht Henry McLeod an.

Aber dafür meldet sich eine andere Stimme. Sie klingt aus der Nacht und ganz so, als wenn ihr Besitzer eine Menge Spaß und Freude hätte.

Diese Stimme gehört nicht Bob Marmaduke, der bei der Herde wacht. Nein, es ist eine andere Stimme.

Sie sagt laut und ein wenig kichernd: »Ich bin sehr gegen eine solch ungleiche Sache. Tyrel, schämst du dich nicht? Wenn du Brod Conchron und Bat Hughes nicht zurückpfeifst, mischen wir uns ein. Das gibt dann ein sehr großes Begräbnis, stolzer, großer Mann!«

Tyrel Starr zuckt im Sattel zusammen und macht damit seinen Hengst nervös. Er muss ihn mit harter Hand beruhigen und unter Kontrolle bringen. Les, der McLeod beobachtet, erkennt in dessen hellen Augen Unruhe und Ärger.

Dann wendet sich McLeod plötzlich ab, geht zu seinem Pferd, sitzt auf und reitet davon.

Die beiden anderen Männer folgen seinem Beispiel.

Tyrel Starr aber ruft in die Nacht: »Diego, jetzt hast du gegen mich Partei ergriffen! Das war dumm von dir! Hat Ann Sheridan am Ende auch dich angeworben?«

Er erhält keine Antwort.

Also reitet er davon und folgt seinen drei Revolverleuten, die schon in der Nacht verschwanden.

McLeods Rückzug erfolgte blitzschnell und entschlossen.

Er ist ein gefährlicher Wolf, und es ist klar, dass er nicht aus Feigheit verschwand. Er kämpft nicht um Ehre. Deshalb hörte er auf wie ein Spieler, der schlechte Karten bekam.

Jetzt erst kennt Les Gannaway den Revolvermann Henry McLeod richtig.

Doch er fragt sich, wer jener andere Mann ist, der dort draußen in der Nacht lauert.

Er sieht ihn nun kommen. Er kommt allein. Er hat einige Leute bei sich, die jedoch nicht mit ins Camp reiten. Sie sind zu klug. Denn wenn auch sie sich in die Helligkeit des Feuers begäben, könnte Tyrel Starr das Spiel vielleicht mit vertauschten Rollen neu aufnehmen.

Nein, diese Reiter sind zu klug.

Nur einer kommt, und er sagt mit lachender Stimme: »Nun, Ann, was tätest du ohne deinen guten Diego Quantrell? Bin ich rechtzeitig gekommen? Im Feuerschein siehst du recht erfreulich aus – wie das Ölgemälde eines alten Meisters. Wir trafen gestern auf Clay Moore, und der erzählte uns, dass du einen besseren Mann an seiner Stelle hättest. Ich möchte mir den Hombre mal ansehen. Er hat selbst vor McLeod keine Angst. Entweder ist er ein Narr – oder …«

Er verstummt und reitet dicht an Les heran, beugt sich aus dem Sattel und betrachtet ihn. Dabei zeigt er seine blitzenden Zähne. Er ist ein sehr geschmeidiger, piratenhafter Mann, von dem ständig etwas Wildes und Verwegenes ausgeht, so als fühlte er dauernd die Versuchung, rebellieren und die ganze Welt herausfordern zu müssen.

»Sie sehen nicht wie ein Narr aus«, sagt er zu Les. »Also haben Sie nur etwas gegen McLeod. Der hat schon viele Männer auf seiner Fährte gehabt. Aber er überlebte sie alle. Nicht immer bin ich zufällig in der Nähe, um eingreifen zu können. Ich würde Ihnen wohl kaum noch einmal beistehen.«

»Ich habe Sie nicht darum gebeten«, erwidert Les Gannaway ruhig. »Doch ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet. Ich glaubte, McLeod würde einen fairen Kampf suchen. Jetzt erst bin ich mir über ihn im Klaren.«

»Na gut«, Diego Quantrell lacht.

Er zieht mit einer geschmeidigen Bewegung sein Pferd herum.

»Wie ist es mit dir, Ann? Dankst du mir auch? Brauchst du meine Hilfe? Auch ich würde nicht fortlaufen wie Clay! Du weißt, einmal hast du mich geküsst. Dein Vater ließ mich auspeitschen und jagte mich zum Teufel. Seitdem stehle ich sein Vieh. Aber auch du stehst doch nun gegen ihn. Brauchst du meine Hilfe, Ann?«

»Nein, Diego«, sagt sie knapp.

Er nimmt die Abweisung hin, ohne irgendwelche Reaktionen zu zeigen. Er sitzt nur eine Weile unbeweglich im Sattel, betrachtet Ann Sheridan und späht einmal kurz zu Les Gannaway hinüber.

Aber dann fragt er hart: »Und warum nicht, Ann?«

»Mein Vater und Tyrel Starr«, erwidert sie, »sind harte Männer. Sie sind unduldsam und kennen gewiss auch keine Gnade. Aber sie sind dennoch die Großen im Land. Sie haben sich etwas geschaffen, und sie halten es fest, sorgen auf ihre Art dafür, dass man es nicht antasten kann. Du aber, Diego, bist nur ein Strolch. Du hast nie etwas geschaffen. Du stiehlst und musst in verborgenen Camps leben. Du bist nicht groß. Du unterscheidest dich zu sehr von zwei großen Männern. Ich würde mich meinem Vater oder Tyrel Starr lieber unterwerfen, als mich mit dir einzulassen. Kannst du das begreifen, Diego?«

Er nimmt seinen Hut ab, schwenkt ihn mit einer übertriebenen Geste. Sein rotes Haar leuchtet wie die Flammen des Feuers.

»Du wirst dich noch wundern, Ann«, spricht er, und seine Worte sind nicht einfach so leicht daher gesagt, sondern haben etwas Unheilvolles und unumstößlich Entschlossenes.

Er sieht zu Les Gannaway hinüber.

»Sie werden Henry McLeod töten müssen«, sagt er zu Les. »Oder er wird Sie töten.«

Nach diesen Worten reitet er in die Nacht zurück, dorthin, wo seine Leute warten.

Bald entfernt sich der Hufschlag des Rudels. Die Männer reiten schnell und haben gewiss sehr gute Tiere. Man hört dies schon am Hufschlag. Sie reiten wild und verwegen.

☆☆☆

Les hat Bob Marmaduke abgelöst. Als er den vom Camp entferntesten Punkt erreicht hat, stößt er auf einen Reiter, der aus dem tiefen Schatten eines Baumes geritten kommt.

Er erkennt ihn sofort.

Es ist Tyrel Starr.

»Wo haben Sie Ihre Revolverschwinger?«, fragt Les Gannaway mit grimmiger Verachtung.

Doch Tyrel Starr geht nicht auf diesen Hohn ein. Er bleibt ganz sachlich und sagt: »Ich bin meist der Mann, der die Befehle gibt, weil er es sich leisten kann, Männer für jede Art von Arbeit anzuwerben. Doch es gibt dann und wann Dinge, die man selbst erledigen muss und die man keinem Handlanger überlassen kann.«

Er macht eine kleine Pause und drängt seinen mächtigen Hengst näher an Les Gannaways hageren Wallach heran.

»Miss Sheridan nannte mich einen Feigling«, sagt er dann heiser. »Nun, ich möchte jetzt einmal klarstellen, dass ich Clay Moores Nachfolger auch selbst schlagen kann und dazu nicht irgendwelcher Hilfskräfte bedarf. Ich will es Ann Sheridan mal zeigen. Freund, wenn ich mit Ihnen fertig bin, wird es Ann vielleicht aufgeben, immer wieder nach neuen Männern zu suchen. Ich werde Sie Ann Sheridan wie einen erledigten Hirsch vor die Füße legen. Aufgepasst, Mister!«

Ja, er ruft zwar: »Aufgepasst, Mister!«, doch diese Warnung kommt etwas später als der kurz und unheimlich schnell herumgezogene Schwinger.

Les Gannaway kann diesen Schlag nicht mehr abducken. Er bekommt ihn auf das Ohr und den Kinnwinkel.

Es ist ein grausam harter und gewaltiger Schlag.

Er kippt aus dem Sattel und ist fast ohne Besinnung. Nur instinktiv kann er die Füße aus den Steigbügeln bekommen. Er rollt dann von seinem erschrockenen und tanzenden Wallach weg.

Als er aufspringen will, reitet ihn Tyrel Starr nieder, rammt ihn mit dem Hengst, sodass Les sich am Boden überschlägt und in einem Dornenbusch landet.

Seinen Revolver verlor er längst, denn er hatte ihn lose im Holster.

Als er aus dem Busch kriecht, trifft ihn der erste Schlag mit der Bullpeitsche.

Tyrel Starr kennt also ebenfalls keine Fairness, und er kämpft auch nicht nach jenen ungeschriebenen Regeln, die Männer mit Selbstachtung und Ritterlichkeit gegenüber einem Gegner bewahren.

Nein, Tyrel Starr will einfach nur vernichten – etwa so, wie ein Wolf den anderen, der ihm die Führung streitig machen will, nach Möglichkeit vernichtet.

Er bleibt auf seinem mächtigen Hengst sitzen, der schnell wie eine Katze ist. Er schwingt die Bullpeitsche, und es ist gewiss seine Absicht, Les Gannaway immer wieder niederzureiten und mit der Bullpeitsche zu zerschlagen.

Mit solch einer Bullpeitsche kann man die Haut eines Stieres zerfetzen und einem Menschen Wunden zufügen wie von Schwerthieben.

Tyrel Starr fühlt sich zu groß, zu stolz, zu sehr als ein König und lässt sich nicht aus dieser Pose herab, um mit einem Mann wie Les Gannaway nach fairen Regeln zu kämpfen.

Er bestraft. Anders kann man seine Absicht nicht nennen.

Doch es ist nicht so einfach für ihn. Denn jetzt zeigt Les Gannaway ihm den ersten Trick. Als er Les Gannaway nun zum zweiten Mal niederreiten will, stößt dieser einen täuschend echten Pumaschrei aus. Es ist ein wildes, fauchendes Kreischen. Es hört sich so an, wie wenn eine Frau in höchster Todesangst loskreischt – nur noch wilder und böser ist dieser Schrei.

Der Hengst kennt solch einen Pumaschrei.

Er steigt wiehernd hoch, überschlägt sich fast nach hinten, wirbelt dann auf der Hinterhand herum, springt auf die Vorderhand nieder, als wenn er einen Kopfstand machen wollte, und feuert hinten blitzschnell aus.

Tyrel Starr aber, der die Peitsche schwang, kann sich nicht im Sattel halten. Sein Hengst bäumt sich auf, wirbelt herum und keilt zu wild aus. Es geschieht katzenhaft schnell.

Tyrel Starr fällt von seinem hohen Sattel, und er fällt genau in jenen Dornenbusch, aus dem Les Gannaway gekrochen war. Er brüllt in wilder Wut und wütet in dem Dornenbusch wie ein Hund inmitten eines Bienenschwarmes.

Als er herauskommt, ist seine Kleidung zerfetzt, und er selbst ist zerstochen und zerkratzt von den Stacheln des Busches. Er hat ebenfalls seinen Revolver verloren.

Les Gannaway steht vor ihm und hat die Bullpeitsche vom Boden aufgenommen.

»Mister«, schnauft Gannaway, »ich bin Ihnen einen Peitschenschlag schuldig, nicht wahr?«

Tyrel Starr brüllt wieder auf und stürmt wie ein Bulle vorwärts. Er bekommt die Peitsche über Nacken, Schulter und Rücken, so sehr hat er sich voranstürmend vorgeneigt.

Gannaway weicht vor ihm zur Seite wie ein Stierkämpfer vor dem angreifenden Toro.

Tyrel Starr stürmt ins Leere, hält an und wendet sich dann fast bedächtig um. Er hat plötzlich wieder die Kontrolle über sich, nachdem er im Dornenbusch geradezu blindwütig geworden war.

Jetzt ist er es nicht mehr.

»Du großer Mann«, sagt Les Gannaway schnaufend zu ihm. »Habe ich dich heruntergeholt von deinem hohen, stolzen Sattel? Wodurch unterscheidest du dich jetzt von einem deiner Männer, die du dafür bezahlst, dass sie jeden Widerstand gegen deine Macht rau und primitiv zerbrechen? Komm, Mister, jetzt machen wir es richtig, auf die alte, haarige Weise. Komm nur!«

Und Tyrel Starr kommt.

Er ist bullig, ganz und gar ein muskelbepackter Mann mit starken Knochen. Er misst fünfeinhalb Fuß und wiegt zweihundertzehn Pfund. Er ist also fast einen Kopf kleiner als Les Gannaway, doch gewiss mehr als zwanzig Pfund schwerer. Ja, er ist ganz geballte Kraft, die jäh explodieren kann.

Zuerst kommt er langsam, vorsichtig. Er hebt kaum seine Fäuste zur Deckung, hält sie ziemlich unten.

Als er losspringt, nimmt er Gannaways lange Gerade knurrend, auch den Haken in die Magengrube. Dann ist er dicht genug heran und jagt seine Fäuste in Gannaway hinein. Er folgt Gannaway und knurrt nur einmal: »Bleib stehen und kämpfe!«

Les Gannaway versucht es. Sie stehen Fuß bei Fuß und treffen sich mit aller Kraft.

Doch Tyrel Starrs physische Kraft ist größer. Dann trifft er Les unterhalb der Gürtelschnalle. Les dreht ab, weicht zur Seite, fällt auf ein Knie. Starr fällt über ihn hinweg, und da findet Les die Kraft, sich aufzustemmen. Er trägt Starr auf dem gebeugten Nacken und der linken Schulter.

Er wirft ihn in den Dornenbusch, in dem sie beide schon einmal so schmerzvoll festsaßen.

Diesmal wird Tyrel Starr nicht blindwütig. Er stößt nur einen seltsamen Laut aus, der alles über seinen innerlichen Zustand verrät.

Sollte Tyrel Starr diesen Kampf verlieren, so wäre das für ihn sehr viel schlimmer, als es für Clay Moore war. Starr hatte seine stolze Pose aufgegeben, um einen Mann zurechtzustutzen. Er wollte diesen Mann geschlagen und Ann Sheridan besiegt vor die Füße legen.

Wenn es umgekehrt kommen sollte, so könnte er dies gewiss nicht ertragen.

Als er sich blutend und zerkratzt aus dem Dornenbusch gewunden hat, trifft ihn Les Gannaway mit zwei langen Schlägen rechts und links unterhalb der Ohren.

Aber dann erwischt ihn Tyrel Starr knurrend. Der Schwinger kommt wie ein Huftritt und fegt Les Gannaway von den Beinen. Er rollt sich, halb schon betäubt, zur Seite. Dort, wo er lag, stampfen Starrs Füße den Boden. Starr wirft sich mit einem Hechtsprung auf ihn, und sie umklammern sich, rollen übereinander. Dann kniet Starr über ihn und gibt es ihm rechts und links, bis Les Gannaway sich verzweifelt aufbäumt und den schweren Mann von sich werfen kann.

Starr ist einen Sekundenbruchteil früher auf den Beinen, denn er ist nicht angeschlagen. Er ist gedrungener und sehr schnell. Aber als er gegen Gannaway rennt, fällt dieser wieder auf ein Knie, fängt ihn mit der Schulter auf, umklammert ihn und stemmt sich hoch. Er hat ihn abermals über Nacken und Schulter liegen und wirft ihn in den Dornenbusch.

Starr kennt diesen Busch nun schon recht gut, denn er landet zum dritten Mal darin. Dies kommt ihm nun wie eine kaum noch zu überbietende Schmach vor. Er verliert vor heißer Wut wieder die Kontrolle über sich und wütet in dem Busch wie beim ersten Mal. Dabei verletzt er sich nicht wenig und verbraucht auch etwas von seiner Kraft.

Als er herausgetaumelt kommt, ist seine Kleidung restlos zerfetzt. Er blutet aus vielen kleinen Wunden.

Diesmal trifft ihn Les über der Gürtelschnalle und dann mit einem Aufwärtshaken, hinter den er all seine Kraft setzt.

Tyrel Starr befindet sich plötzlich zum vierten Mal in dem Busch, und weil er diese Schmach nicht ertragen kann, beeilt er sich abermals, herauszukommen.

Er hätte sich Zeit nehmen sollen. Denn Les Gannaway wäre ihm nicht fortgelaufen.

Er trifft Starr links auf die Leberpartie, lässt ihn dann ins Leere stürmen und duckt einen Schlag geschickt ab, sodass er ihn nur halb nehmen muss.

Als er sich nach Tyrel Starr umwendet, befindet sich der Busch hinter ihm. Und Starr kommt grollend angestürmt, will ihn ebenfalls mit einigen Schlägen rücklings in den Dornenbusch hineinfegen.

Da zeigt Les ihm den zweiten Trick.

Diesmal ist es kein Pumaschrei. Es handelt sich ganz einfach um die Tatsache, dass Les sehr schnell und sicher zugreifen kann. Er ist dazu besonders befähigt. Seine Hände können zuschnappen wie der Fang eines Wolfes.

So fasst er Starrs Rechte, die nach seinem Kopf schlägt. Er fasst sie am Handgelenk, dreht sich, fällt auf ein Knie und wirft Starr im Armzug über die Schulter nochmals in den Busch, der eigentlich kein richtiger Busch mehr ist, sondern eine Art Dornenverhau, ein Gewirr aus gebrochenen Ästen und Dornen.

Nun bleibt Tyrel Starr einige Sekunden lang liegen. Mit dumpfem Hirn fragt er sich jetzt, ob dies alles Wirklichkeit ist und kein böser Traum.

Er stößt dann einen Laut aus, der wie ein Wimmern ist – aber ein Wimmern der Wut.

»Warum ruhst du dich so lange aus?«, fragt Les Gannaway keuchend. »Wenn du ein Weilchen schlafen möchtest, dann musst du erst bekannt geben, dass du dich geschlagen fühlst. Also, großer Mann, nur keine Müdigkeit vorschützen und nicht den Mut verlieren!«

»Ich bringe dich bestimmt um«, sagt Tyrel Starr mühsam im Busch und arbeitet sich dann heraus. Als er sich auf Les zu bewegt, schwankt er. Doch er schiebt die Fäuste vor und versucht, nahe heranzukommen. Als er vorspringt und Gannaway zweimal rechts und links trifft, spürt dieser, dass Starr keine Kraft mehr in den Fäusten hat. Gewiss, er könnte immer noch jeden nur durchschnittlichen Mann von den Beinen schlagen, doch nicht mehr einen harten Mann, wie Les Gannaway einer ist.